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Diesem Buch liegen wahre Geschichten zugrunde, die ich in meiner Kindheit und im Erwachsenwerden selbst erlebt habe. Lebensweisen, Begegnungen, Sitten und Gebräuche zweier bessarabischer Familien liefern den Stoff für dieses Buch. Es wird von und über Generationen berichtet, aus denen meine Eltern hervorgingen, wie sie sich kennenlernten und die Ehe eingingen. Schließlich bauten sie beide ein Lehmhaus in Klöstitz, in welchem ich als ihr Sohn am 11.12.1931 das Licht der Welt erblickte. Gemeinsam mit drei Geschwistern wuchs ich auf und besuchte bis zur Aussiedelung nach Deutschland 1940 eine rumänische Schule. Die Aktion, „Heim ins Reich“, war ein Teil des Nichtangriffspaktes zwischen Hitler und Stalin. Damit verloren wir Haus und Hof und auch unsere Heimat. Zur gleichen Zeit gab es in Deutschland zwei Familien, die nach national-sozialistischem Recht lebten. Ihr Leben und ihre Arbeit werden von allen Seiten beleuchtet, um die politischen Wirren in den zwanziger Jahren bis zur Machtergreifung Adolf Hitlers verständlich zu machen. Nach den turbulenten Zeiten im Dritten Reich begegneten sich die Sprösslinge aus den zwei Familien. Sie lernten sich kennen und lieben.
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Seitenzahl: 420
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Artur Weiß
UnterHakenkreuz undStalinismus
Schicksalswege eines Siebenbürger Sachsen
Eine wahre Begebenheit über Ländergrenzen hinweg
im Zeitraum 1914 bis 1995.
Was die beiden Weltkriege der Menschheit bescherten:
Millionen Menschen, eingepfercht in Arbeitslagern,
Millionen verloren ihr Leben, unzählige ihre Heimat.
Engelsdorfer Verlag Leipzig 2024
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Copyright (2024) Engelsdorfer Verlag Leipzig
Alle Rechte beim Autor
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt
Titelgestaltung: © birchroad.media
www.engelsdorfer-verlag.de
Vorwort
Erster Teil: Unter Hakenkreuz und Stalinismus
Die Eltern von Wilhelm Antosch
Friedrichs Bestreben nach Eigentum
Ausbau des Hauses
Friederichs Eheschließung mit Katarina
Ostern in Siebenbürgen
Hochzeitsvorbereitung
Die Hochzeit
Friederichs Ehe mit Katarina und Sonstiges
Die Entwicklung der Familie Friederich Antosch
Wilhelms Kindheit
Friederichs letzter Urlaubstag
Wilhelms dritter Geburtstag
Friederichs Heimkehr
Wilhelms vierzehnter Geburtstag
Wilhelms Berufsausbildung
Wilhelms Verlobung mit Herta
Wilhelms Eheschließung
Wilhelms junge Ehe
Die Doppelhochzeit
Wilhelms Urlaub
Wilhelms Fronteinsatz
Der Rückzug
Wilhelms Gefangenschaft
Wilhelms Arbeit unter Tage
Besuch am Heiligabend
Dem Hungertod entronnen
Wilhelms neue Heimat
Weihnachten mit Wilhelm
Wilhelms Wiedersehen mit seiner Familie
Wilhelms Neuanfang
Olafs Hochzeit mit Mona
Bernds Hochzeit
Wilhelms Urlaub in Siebenbürgen
Zweiter Teil Natalias Sibirien-Reise
Johanns Geschichte
Rundreise in Sibirien
Wilhelms plötzlicher Tod
Saschas Urlaub in Deutschland
Natalias Heimkehr
Natalias Beerdigung
Olafs und Monas Sibirien-Rundfahrt
Anhang
Quellenverzeichnis
In der Vergangenheit, etwa im zwölften Jahrhundert, zogen die ersten Siedler aus dem Rheinland und Siebengebirge nach Rumänien. Das geschah im Sinne der Regierenden, um fleißige Handwerker und Gewerbetreibende ins Land zu bringen. Sie gründeten Orte wie Mediasch am Fuße der Karpaten. So entstand in den Folgejahren Siebenbürgen. In der Region entwickelte sich schnell ein reger Markt und über Ländergrenzen hinweg ein blühender Handel. Ihre erfolgreiche Arbeit brachte ihnen nicht nur Ansehen, sondern auch bescheidenen Wohlstand. Davon erfuhren die Verwandten im Rheinischen, so dass im dreizehnten Jahrhundert eine zweite Welle von Siedlern Siebenbürgen erreichte. Die neuen Siedler hatten es bei Verwandten und Bekannten leichter, Fuß zu fassen, weil die Voraussetzungen bessere waren. Es stellte sich heraus, dass überwiegend junge Leute den Schritt wagten, unter denen sich das junge Ehepaar Antosch befand. Mit Unterstützung der Verwandten gehörten sie zu den Ersten, die in ihr eigenes Haus einzogen, aus welchem der Stamm Antosch aufstieg. Generationen später gründete ein Friederich Antosch eine Familie. Diese Ehe brachte einen Sohn hervor. Die Eltern gaben ihm den Namen Wilhelm, weitere Geschwister wurden nach ihm geboren.
Der Lebensweg des Jungen Wilhelm Antosch, der ihn über Ländergrenzen hinausführte, liefert den Stoff für dieses Buch. Die Höhen und Tiefen, die er als Kind und später als Mann erleben wird, sind stellenweise so unmenschlich, dass sie für den Leser unvorstellbar sind.
In der ländlichen Umgebung der Stadt Mediasch, am Fuße der Karpaten gelegen, haben Nachkommen der Familie Antosch sich niedergelassen. Das junge Paar, Friederich und Katarina, waren Kinder der im 13. Jahrhundert aus dem Rheinischen Ausgewanderten. Auch aus Köln, Trier und Lüttig sind Siedler nach Siebenbürgen eingewandert. Das in einem Tal idyllisch gelegene Dorf wählten sie als ihre zukünftige Bleibe. Die jungen Verlobten suchten im Dorf einen Ort, welche für längere Zeit ihr Zuhause sein wird. Weil sie ihre Ersparnisse nicht zu sehr strapazieren wollten, waren sie um Arbeit bemüht. Als Zimmermann fand Friedrich bald eine Anstellung im Nachbarort, seine Verlobte dagegen als Kellnerin im Ort. Das beider Für- und Miteinander festigte sich merklich, auch der Freundeskreis erweiterte sich ständig. Zu ihrer beider Freude sind sie vom Jugendklub zur Maifeier in die Dorfschenke eingeladen worden. Während der Ansprache des Vorstandes wurden die Neulinge vorgestellt und ihnen der Beitritt angeboten. Während der Feier bekundete das glückliche Paar dem Vorstand seinen Beitritt und die Mitarbeit im Klub.
Fortan waren sie mit Herz und Hand dabei, die heimische Siebenbürgische Folklore mit ihren Freunden zu pflegen. Die überlieferten Nadelarbeiten, wie Sticken an ihren Trachten, was auch die der Männer machten, um nur eine ihrer Künste zu nennen. Nicht zu vergessen die Tanzgruppen sowie Gesangvereine, die von den Eltern gegründet und von den Jungen übernommen wurden.
Die vergangene Zeit sorgte dafür, dass sie ein fester Bestandteil der Gemeinde geworden sind und sich auch heimisch fühlten. In ihrer Arbeit sind sie auch vorangekommen, obwohl der Arbeitstag in den Sommermonaten bis zu zwölf Stunden lang war. Daran hat aber keiner Anstoß genommen, so konnten sie problemlos in die Zukunft schauen, die offen vor ihnen lag. Aus diesem Grund machte sich Friederich seit geraumer Zeit seine Gedanken, und war des Öfteren in sich gekehrt, was seine Verlobte Katarina bemerkte.
Weil sie ihn so nicht kannte, fragte sie nach dem Grund seiner Nachdenklichkeit. Lächelnd stellte er sich ihrer Frage und erwiderte: „Mach dir keine Sorgen, es ist etwas Gutes für uns.“ Dabei ging er auf sie zu, legte seine Hände auf ihre Schultern und zog sie ganz dicht an sich heran. Sie sahen sich eine Weile in die Augen, beide spürten das gewisse Etwas. Sie hatten das Gefühl, dass sich für sie in diesem Moment etwas verändern wird. Friederich unterbrach die Stille mit den Worten: „Liebe Katarina, verlobt sind wie jetzt lange genug, lass uns unser Vorhaben vollenden.“ Diese Worte von ihrem zukünftigen Mann quittierte Katarina mit einem dicken Kuss. Friederich reagierte mit den Worten: „War das ein Ja, du willst meine Frau werden?“ Als Antwort bekam er noch einen Schmatzer. Beide lagen sich noch eine Weile in den Amen, um das, was so eben geschehen war, zu verdauen. Das nun Ausgesprochene verdient es, mit einem Glas Wein zu begossen zu werden, dem folgten noch weitere. Der Wein machte beide gesprächig, bis Friederich das Wort Hochzeit ins Gespräch brachte. Das gab Gesprächsstoff für den ganzen Abend, vor allem für die Braut.
Nun hatte sie ein Betätigungsfeld über den ganzen Winter, um die vielen Dinge zu regeln. Weil sie sich schon als Mädchen wünschte, in Weiß zu heiraten, muss ja ein schickes Brautkleid beschafft werden. Und da fielen ihr gleich die Freundinnen vom Tanzverein ein, die jung verheiratet sind. Dass Friederich mit ihr die Ehe eingehen will, macht sie glücklich und zufrieden. Sie hat auch seitdem das Gefühl, für ihren Zukünftigen sorgen zu müssen. Da hat sich bei ihr der Familiensinn schnell eingestellt, was eine gute Voraussetzung für eine gute Ehe ist. In diesem Sinne wird nicht nur ihr Mann, sondern auch die Kinder werden ein gutes Zuhause haben.
Friederichs Gedankengänge liegen da auf einer anderen Ebene. Er hat für seine zukünftige Familie ein Eigenheim im Sinn. Als Zimmermann schwebt ihm ein modernes Holzhaus vor Augen, das aber lassen seine finanziellen Mittel nicht zu. Ein ausbaufähiger Altbau käme für ihn auch in Frage, den er erwerben könnte.
Oft ist es so, dass ältere Menschen ihr Grundstück in junge Hände geben wollen, um dafür betreut zu werden. Das sind so seine Gedanken, um seiner zukünftigen Familie ein schönes Zuhause zu ermöglichen. Das alles ist noch Zukunftsmusik, weil erst andere Dinge vor der Tür stehen, zum Beispiel Weihnachten. Es hat in Siebenbürgen ergiebig geschneit und überall wird das traditionelle Weihnachten vorbereitet. Darauf wird in keinem Haus verzichtet, weil der alte Brauch schon Generationen lang gepflegt wird. Wie in jedem christlichen Land, wo die Geburt von Jesus Christus zu dieser Zeit gefeiert wird, ist Frohsinn zugegen, der mit gegenseitigen Geschenken aufgewertet wird und allen Kinder Glanz in die Augen zaubert, wenn sie ihre Päckchen auspacken.
Der Lohn für Vater und Mutter ist die Glückseligkeit der spielenden Kinder und ihr glückliches Lachen. Wenn dann zur späten Stunde das Petroleumlicht erlischt, dann ist der Heilige Abend gelungen. So haben Friederich und Katarina ihre Kindheit erlebt, was sie so an ihre Kinder weitergeben werden.
Die höher gelegene Landschaft am Fuße der Karpaten ist ab Dezember jeden Jahres meistens hoch verschneit. Das ist die Zeit der verschiedenen Vereine ihrem Hobby nachzugehen und die siebenbürgische Folklore zu pflegen. Davon lassen sich Friederich und Katarina nicht abhalten, dem Frohsinn auf die Sprünge zu helfen. Beim Tanz und Gesang kommt die Lebensfreude sowie Begegnung voll zum Zuge. Diese Zusammenkünfte sind für den Buschfunk nützlich, um Neuigkeiten zu erfahren.
Dafür wird heute Katarina sorgen, konnte sie doch ihre Hochzeit bekannt geben. Das brachte Freude auf im Klub der Frauen, weil ja fast alle schon verheiratet waren. Die, deren Figuren der Katarinas ähnlich waren, boten ihr die schon mal gebrauchten Hochzeitskleider an. Einige gingen gleich los, um ihre Kleider zu holen, das setzte eine regelhafte Modenschau in Gang. Es boten sich zwei der Kleider an, die nur etwas in der Nähstube geändert wurden, um sie dann anzuprobieren.
Gerne hätte Katarina das Kleid ihrem zukünftigen Mann vorgeführt, das aber hat ihr der Aberglaube ausgeredet. Die Frauen waren alle dafür, es bis zum Tag der Hochzeit im Schrank der Nähstube zu belassen. Somit war die Hauptsorge Katarinas vom Tisch. Was noch fehlte, waren die passenden Schuhe, welche sie auch noch finden wird. Bei der ganzen Aufregung ist es ein langer Abend geworden, der dann schnell sein Ende fand, und alle traten den Heimweg an. Friederich war schon länger von seiner Arbeit zurück und hat Katarina zum Abendbrot erwartet. Die heimische Atmosphäre war wiederhergestellt, als die Wohnungstür ging und sie eintrat. Er umarmte sie mit den Worten: „Da bist du ja endlich.“
„Ja, es hat heute etwas länger gedauert. Warum es etwas später wurde, kann ich dir heute nicht sagen, das wirst du am Tage unserer Hochzeit sehen.“ Während des Abendbrotes hat Friederich das Wort Hochzeit aufgegriffen und stellte die Frage in den Raum: „Wann würdest du denn mich gerne heiraten?“
Die Antwort kam prompt: „Nur im Wonnemonat Mai, mein Schatz.“
„Warum überrascht mich das nicht, fehlt ja nur noch das Datum, das überlasse ich dir.“
„Es wäre mir aber lieb, wenn wir das gemeinsam festlegen könnten, also mein Wunsch wäre, das zweite Wochenende im Mai.“ Auch hier kam prompt die Antwort: „Dem stimme ich zu, weil es die goldene Mitte ist. Da bleibt uns ja nur noch zu überlegen, wie, wo und wer mit uns den Höhepunkt unseres Lebens mit feiern soll. Daran lass uns in den nächsten Wochen arbeiten, haben wir doch gerade das Weihnachtsfest hinter uns gebracht.“
Der Winter hat die Natur in Schnee gehüllt, zur Freude der Kinder, die mit dem Schlitten unterwegs sind. Die größeren bemühen sich, den schönsten und größten Schneemann zu bauen. Damit ist die junge Generation mit sich beschäftigt, ihre Eltern dagegen haben ihren Beruf oder sind dabei, für sich eine Existenz aufzubauen. Damit steckt Friederich voll im Detail, lässt aber sein kulturelles Leben nicht schleifen.
Es ist für ihn immer ein Vergnügen, an dem Jugendtreffen maßgeblich teilzunehmen, das am nächsten Wochenende stattfinden wird. Die Gespräche während der Treffen sind nicht nur informativ, es werden auch Neuigkeiten in Umlauf gebracht. Genau das wird sich Friederich zunutze machen, um sein Vorhaben voran zu treiben, ein Grundstück im Dorf zu erwerben. Im Verlaufe des Abends kam auch Friederich zu Wort, in einem Kommentar gab er das Datum seiner Hochzeit bekannt, wofür er einen Applaus erhielt. Auch bot es sich an, um ein Grundstück zu werben, mit oder ohne Haus, das ihm die Möglichkeit bietet, für seine zukünftige Familie eine Bleibe zu bauen.
Dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, dafür werden die Anwesenden sorgen. Sie versprachen auch, ihm mit Rat und Tat dabei zu helfen. Die heutige Versammlung verließ Friederich mit einer Freude und Zufriedenheit, wie er sie schon lange nicht verspürt hat, und fühlte den Aufwind, der ihn mit Katarina ins wahre Leben trägt. Auf dem Heimweg entstand das Bedürfnis in ihm, über das neuste mit Katarina zu reden, ist es doch eine Sache, die beide angeht. Ergriffen von den Ereignissen, betrat Friederich das Zimmer, wo er schon erwartet wurde, um gemeinsam das Abendessen einzunehmen. Er konnte es gar nicht abwarten, bis Katarina ihn etwas fragte, sondern redete wie ein Wasserfall sich alles von der Seele.
Etwas später, am warmen Ofen, sprachen sie noch lange über Friederichs Vorhaben und das, was im nächsten Jahr auf sie zukommen wird.
Beide sehen das gelassen an und gehen mit Freude ihrer Arbeit nach. Nicht nur Friederich und Katarina, sondern alle im Dorf bereiten sich am letzten Tag des Jahres auf den Jahreswechsel vor. Der, wie überall in der Welt, mit persönlichen Wünschen begangen wird. Katarina war ja an diesem Silvesterabend sehr gefordert in der Dorfschenke, wo die Jahreswende ergiebig von Einwohner gefeiert wird und wo Friederich, der nicht allein zuhause bleiben wollte, mit seinen Freunden die letzten Stunden des alten Jahres genoss. Es blieb nicht aus, dass Vereine des Dorfes auftraten und ihre Lieder und Tänze darboten.
Musikanten spielten zum Tanze auf, was auch der Stimmung im Saale zu Gute kam. Friederich schaute sich nach Katarina um, weil es nur noch Minuten sind, bis das neue Jahr 1913 seinen Anfang nimmt. Ihre Blicke trafen sich, bis sie sich dann in den Armen lagen, die Sekunden zählten und der lautstarke Jubel ausbrach.
Nun klirrten die Gläser mit Sekt oder Wein, der Frohsinn nahm minutenlang seinen vollen Lauf. Dann meldete sich vom Kirchturm das Glockengeläut, für alle im Dorf zur Neujahrsfreud. Mit fortlaufender Zeit trat Stille im Dorf ein, weil alle eine gewisse Bettschwere verspürten. Auch Friederich und Katarina empfanden es so, sie fanden nach Hause und waren recht froh. Die Neujahrsnacht war nicht so lang wie sonst, das merkten alle, als der Glockenschlag die Gläubigen zur Neujahrsmesse rief. Die Predigt des Pfarrers war auf den Jahreswechsel zugeschnitten, er erteilte der Gemeinde seinen Segen, bevor er sie entließ.
Auf dem Heimweg roch es nach gutem Mittagessen, was auf die Kirchgänger zu Hause wartet. Friederich und Katarina müssen sich erst etwas kochen, das wird Katarina übernehmen, hat sie doch einen tüchtigen Helfer an ihrer Seite. So nebenbei unterhielten sie sich über die gelungene Silvesterfeier, wo sie beide viel Neues erfahren haben, das soll aber erst nach dem Mittagessen ausgewertet werden. Das neue Jahr wird ereignisreich sein und beiden alles abverlangen, was vorab schon spürbar ist, da sind sie sich sicher.
Den ersten Tag im neuen Jahr nutzen Friederich und Katarina um über ihre Vorhaben zu reden, die sie im Laufe des Jahres angehen wollen. Was das Neuste im Dorf betrifft, darüber wusste Katarina zu berichten. Es wird noch zwei Hochzeiten im Dorf geben, und eine ihrer Freundinnen hat Zwillinge bekommen, weitere zwei haben vor, sich zu verloben.
Ihre Vereinsleiterin wusste von einem Hausbesitzer zu berichten, der sein Leben verändern will und Interessenten sucht. Hier hakte Friederich ein und wollte wissen, wer das im Dorf ist. Das konnte Katarina ihm nicht sagen, hier müsste nachgefragt werden. Nun ergriff Friederich das Wort und lenkte das Gespräch auf den Bau eines Hauses. Er sprach mit Katarina über all seine Pläne, ein neues Haus oder ein altes auszubauen. Der Dorfklatsch hatte diesbezüglich gute Arbeit geleistet, er brachte die gewünschten Hinweise, denen Friederich und Katarina nachgingen. Schon den nächsten Sonntag nutzen sie zum Spaziergang.
Die drei Ziele waren bekannt. Das erste war ein Stück Land am Dorfrand, groß genug für einen Neubau und großen Garten. Für Friederichs Vorstellung neu zu bauen, wäre das ein guter Platz. Aber da waren noch zwei andere Angebote, wo das eine in der Dorfmitte zu finden war, auf welchem ein baufälliges Haus steht. Das wird noch von einem alten Ehepaar bewohnt, die wegen Baufälligkeit des Hauses zu ihren Kindern umziehen wollen. Bleibt nur noch ein Hinweis, den Katarina ins Gespräch brachte. Dieser Hof lag fast am Ende des Ortes, welcher auf beide einen guten Eindruck machte. Friederich betrat mit Katarina den Hof, wo der Hofhund anschlug und ein älterer Mann die Haustür öffnete. Friederich stelle sich und Katarina vor, nannte dem Hausherrn auch den Grund des Besuches. Dieser bat sie dann ins Haus.
Schnell brachte Friederich das Gespräch auf den Punkt. Bereitwillig nannte der Eigentümer die Gründe des Verkaufes. Ein leiser Seufzer ging über seine Lippen, bevor er Teilabschnitte seines bewegten Lebens preisgab, die seine Augen nicht trocken ließen und sein Redefluss oft stoppten ließen. Sein Elternhaus zu veräußern, wo er mit vierundzwanzig eine junge Frau ehelichte, fällt ihm unsagbar schwer. Sie schenkte ihm in diesem Haus drei Söhne und eine Tochter, die nach und nach ausgeflogen sind. Seine Söhne haben in anderen Familien ihr Glück gefunden, die Tochter zog es in die Stadt, um dort den Beruf einer Schneiderin auszuüben.
Mit einem Lächeln und glücklichem Gesichtsausdruck sagte er zu dem jungen Paar: „Ich überlasse euch jungen Leute gerne dieses große geräumige Haus, in der Hoffnung, dass ihr so froh und glücklich sein werdet, wie ich es war.“ Friederich und Katarina waren echt überrascht, das zu hören, was sie glauben machte, das Richtige gefunden zu haben. Somit fand das Gespräch sein Ende mit dem Versprechen, sich wieder zu treffen. Zufrieden traten beide den Heimweg an, wo sie feststellen mussten, genügend Gesprächsstoff für die nächste Zeit gesammelt zu haben.
Sicherlich hatte auch der Verkäufer die Absicht, seine Kinder über sein Vorhaben zu informieren. Der Neujahrsabend dehnte sich nach dem Abendessen aus, mit den Dingen, die sie am Tage in Erfahrung gebracht haben. Dabei half ihnen eine Flasche Wein, die Friederich öffnete. Sie wird die Aufregung beider senken und helfen, die Neuheiten besser zu verdauen. In den wenigen Stunden, die seit dem Besuch auf dem Grundstück vergangen sind, haben beide eigene Vorstellungen entwickelt. Zum einen die Anzahl der Zimmer, welche leer stehen, und zum anderen, dass das Haus ausgebaut werden kann.
Wichtig ist auch der große Garten hinter dem Haus, der für den Gemüseanbau von großer Bedeutung ist. Nur ist er seit Jahren nicht mehr bestellt worden, daher ist eine gründliche Bearbeitung vonnöten. Ein Gemüsegarten durfte im Dorf zur Selbstversorgung der Familie nicht fehlen, auch Obstbäume in allen Varianten nicht.
Wassermelonen gibt es in den verschiedensten Formen, Sorten und Größen. Sie sind im Sommer sehr begehrt. Auch Paprika, Tomaten, Gurken, Bohnen sind begehrt. Der Garten ist das Reich der Hausfrau, den sie nach Bedarf bestellt.
Die beliebte Wassermelone
Es war ganz einfach eine Notwendigkeit, noch in den 1900er Jahren einen solchen Garten zu betreiben. Das wissen Friederich und Katarina aus Ihrer Kindheit, wie nützlich er für die Ernährung ist. Auch wollen sie den Naschgang durch den Garten nicht vermissen und es so ihren Kindern weiterzugeben.
Um den Erwerb des Grundstückes voran zu treiben, sind sich die Interessenten nach einigen Tagen wieder begegnet. Im Hause des Eigentümers trafen sich Friederich, Katarina und der älteste Sohn des Hausherrn, wobei jeder seine Vorstellung einbrachte. Der Verkäufer bat Friederich, dass er seine Meinung und Absicht zu Sache darlegen möchte, was er wohlwollend tat. Es ging ihm leicht über die Lippen zu sagen, dass beide das Grundstück zu fairen Bedingungen erwerben möchten.
Dem fügte er hinzu, dass der Kauf in den nächsten Tagen vollzogen werden solle, damit wegen des Bauvorhabens keine Zeit unnötig verstreicht. Diese Äußerung gefiel Vater und Sohn, weil sich das mit ihrer Vorstellung deckte.
Den Preis ermittelte ein Sachverständiger, den der Sohn vor einiger Zeit beauftragte hatte. Die Summe nannte er nicht, weil sich diese ändern könnte, wenn Friedrich und Katarina ihrem Wunsch nachkämen. Die Bedingungen für das Altenteil erläuterte der Sohn ausführlich, wo er dann die einzelnen Dinge konkret ansprach:
1. Aufsichtspflicht: die ist zurzeit noch nicht notwendig
2. Wäsche: schrankfertig.
3. Verpflegung: nur Mittagessen kochen
4. Wohnrecht: lebenslang
Zur Aufsichtspflicht erklärte er, dass es zur Zeit bis auf weiteres die Nachbarin weiter macht, was bei Bedarf geändert werden kann. Dies trifft auch für Wäsche und Mittagessen zu. Das Wohnrecht tritt nach Kaufvertragsabschluss sofort in Kraft. Hier brachte sich mit einem Blick auf Friederich und Katarina der Eigentümer mit der Frage ein: „Wie gefällt ihnen unser Vorschlag?“
„Er gefällt mir sehr gut“, erwiderte Friederich, „ich erbitte mir aber etwas Bedenkzeit“. Dem stimmte Katarina durch Kopfnicken zu. Die Gesprächsrunde war dann der Meinung, dass vorerst zur Sache alles gesagt ist und vereinbarte ein baldiges Treffen. Das eingesetzte Stöberwetter erschwerte den Heimweg Friederichs und seiner Zukünftigen, aber die Freude über das Erreichte stimmte sie froh. Für den Rest des Tages reichte der Gesprächsstoff, der auch beim Abendessen nicht abriss und dann auch beide mit dem gleichen Gedanken einschlafen ließ.
Am Morgen kam die Überraschung mit dem Winterwetter, das ihnen den Weg zur Arbeit nicht leicht machte. Dazu ihr aufgewühltes Inneres, das stimmte sie nicht grade froh, aber die Aussicht auf ein eigenes Heim stellte ihre Gesichtszüge wieder her. Bevor sie die winterfesten Sachen anzogen, nahm Friederich Katarina mit den Worten in den Arm: „Ich hole dich heute nach der Arbeit ab und mache den Hauskauf perfekt. Es wäre mir lieb, wenn du dir noch einmal Gedanken machst, ob wir dem Plan so zustimmen wollen.“
Mit gemischten Gefühlen trennten sie sich, um ihre Arbeit zu verrichten, was sie für normal hielten. Friederich arbeitet in der Zimmerei an einem Dachstuhl für einen Stall. Für sein Haus wird er vielleicht auch bald auch einen brauchen. Vorerst muss der Kauf realisiert werden, zu allem anderen hat Friederich genaue Vorstellungen.
Zu seinen Arbeitskollegen hat Friederich ein gutes Verhältnis, die ihn für sein Vorhaben bewundern und ihm beim Bau helfen wollen. Von seinem Vorhaben nach Feierabend haben alle erfahren, dabei wünschen sie ihm viel Glück. Etwas früher als sonst legte Friederich sein Werkzeug aus der Hand, um sein Vorhaben umzusetzen.
Der heutige Weg nach Hause war spannungsgeladen. Katarina hat sich die Zeit genommen, ihrer beider Kommen beim Eigentümer anzumelden, hat auch durchblicken lassen, dass es zum Kauf kommen wird.
Katarina war nicht überrascht, als Friederich den Gastraum betrat, wurde er doch von ihr erwartet. Es war auch noch Zeit, mit ihm ein Glas Wein zu trinken. Gestärkt gingen sie dann den ihnen bekannten Weg zum Grundstück, welches bald das eigene sein wird. Es schien, als würden sie schon erwartet, weil der Sohn des Hauses ihnen entgegen kam und beide mit Handschlag begrüßte. Im Haus kamen die Parteien schnell zur Sache, was den Zahlungsablauf betrifft.
Den stellte sich Friederich so vor: Er zahle auf die Hand 10,000 Lee als Anzahlung und unterschreibt dann den Kaufvertrag, um sich das Haus zu sichern. Daraufhin schauten sich Vater und Sohn an, bis sie kopfnickend dem Vorschlag zustimmten. Verwundert schaute Katarina, als Friederich seinen Geldbeutel aus der Tasche zog und die genannte Summe auf den Tisch blätterte. Jedoch der unterschriebene Kaufvertrag sollte im Haus bleiben bis zur endgültigen Bezahlung. Dies schien den Partnern sinnvoll und fair, was sie mit Handschlag besiegelten. Auf Anfrage Friederichs, ob er mit der Renovierung der leerstehenden Zimmer beginnen könne, gab es von Vater und Sohn grünes Licht.
Das Klirren von Gläsern, die der Sohn mit einem Obstler (Slibowitz) füllte, welcher dann seinen Weg wohltuend hinunterfand, war wie Musik in den Ohren der Anwesenden. Der ersten Runde folgten noch weitere, bis sie leicht beschwipst auseinandergingen und durch den hohen Schnee stapfend nach Hause fanden. Der Rest des Abends füllte sich mit der finanziellen Frage, woran sich die Eltern hinsichtlich des Erbteils beteiligen wollen.
Was sich in den vergangenen Wochen ereignete, haben Friederich und Katarina ihren Eltern per Post mitgeteilt, was ja zur damaligen Zeit als der einzige und sicherste Weg galt. Eigentlich wäre eine Antwort fällig, um ihre Meinung zu all den Vorhaben zu hören. „Uns wird es über Winter nicht langweilig werden, weil nach unserer täglichen Arbeit die Renovierung im Haus unverzüglich beginnen soll“, denn im Geheimen hat Friederich sich fest vorgenommen, in seinem eigenen Haus die Hochzeit mit Katarina zu feiern, was er ihr noch nicht verraten will. Nach seiner Überlegung ist es im Winter machbar, alle Zimmer des Hauses zu renovieren, mit inbegriffen ist auch das Zimmer des Mitbewohners.
Die nächste Arbeit Friederichs wird sein, die notwendigen Materialien zu beschaffen. Eigens dafür hat er eine Materialliste erstellt Das meiste bekommt er bestimmt im Dorfladen beim Juden. Auch gibt es Bauhandwerker in der Gemeinde, wo es möglich ist, das Notwendige zu kaufen. Bauholz gibt es in dem zimmereieigenen Sägewerk, wo Friederich oft mit Hand anlegte.
Wieder einmal ist es Wochenende geworden, wo die Menschen ein bisschen Zeit für einander hatten. Diese wurde aufgewertet, als Friedrich ins Zimmer trat und die lang ersehnte Post von seinen Eltern sah. Aufgeregt öffnete er hastig den Brief, das Lesen zauberte ihm ein Lächeln ins Gesicht, so dass er am Ende des Briefes feuchte Augen hatte.
Nachdenklich und mit zufriedenem Gesicht traf Katarina ihn an, als sie von der Arbeit kommend ins Zimmer trat. Verwundert schaute sie Friedrich an, der auf sie zuging, sie in die Arme nahm, küsste und lautstark rief: „Es ist ein Wunder geschehen. Das Hochzeitsgeschenk unserer Eltern ist: Übernahme der Kosten für die Feier und den größten Teil für unser Haus, das haben unsere beiden Eltern mit einander abgesprochen.“ Nun fanden die Tränen auch bei Katarina ihren Weg, die den aufgestauten Druck wegspülten. Dieses Ereignis war es wert, mit einem Glas Wein anzustoßen, um der Freude willen.
Voller Freude und Zufriedenheit über so viel Glück begehen beide den Sonntag, der sie in die Kirche führt, wohin das Glockengeläut auch die anderen Gläubigen des Dorfs geleitet. Die gläubigen Nachkommen der Siebenbürger Sachsen halten an der Tradition ihrer Vorfahren fest. Das Evangelium ist ein fester Bestandteil ihres Daseins, aus welchem sie die Kraft schöpfen, um die Last des Lebens zu tragen.
Ihr Seelsorger ist zugleich ein Ratgeber in allen Lebenslagen und ein Beistand in schwierigen Zeiten. Beim Verlassen der Kirche trafen Friederich und Katarina auf den Noch-Eigentümer des Hauses, dem sie die freudige Mitteilung über die Erfüllung seiner Forderungen machten. Welcher daraufhin Friederich ermutigte, mit der Renovierung zu beginnen, was dieser mit einem Kopfnicken beantwortete. Der Rest der Tageszeit war ihrer Zukunft gewidmet, die es zu bewältigen galt. Den Schwerpunkt legten sie auf die Restaurierung des Grundstücks. An dem heutigen Sonntagabend legten Friederich und Katarina fest, mit Hochdruck an ihrem Heim zu arbeiten. Mit dem Gedanken legten sie sich zur Nachtruhe, wo jedem noch ein leises Gebet über die Lippen ging.
Frohen Mutes starteten sie in die Woche, da sie ja ab dem heutigen Montag die Abende mit Arbeit im Haus verbringen werden. Der erste Abend glich einer Lagebesprechung, wo abgelegte Sachen, Möbel und dergleichen entfernt werden müssen, um Baufreiheit zu schaffen. Dazu wird einige Zeit gebraucht werden, um alle Räume besenrein für die Malerarbeiten vorzubereiten. Nach drei Arbeitseinsätzen waren alle Räume vom Inhalt befreit. Äußerst wichtig war die Reparatur des landesüblichen Ofens, mit dem es möglich, war, die ganze Wohnung zu heizen. Das Beschicken des Ofens geschah von der Küche aus.
Ihm konnte man alles Brennbare anbieten: Holz, Kohle, gestochenen Stallmist, trockene Maisstängel usw. Dem folgte die Ausbesserung an Zimmerdecken und Wänden, dem dann die landesübliche Farbgebung folgt, wo meistens Weißkalk Verwendung fand, was zu der Zeit üblich war. Das Anstreichen der Räume hatte Katarina übernommen, dabei halfen ihr die Freundinnen des Klubs.
Eine Überlegung von Katarina war, die Küche und ein Zimmer zügig einzurichten, um zwar beengt, aber bald im Haus zu wohnen. Das hat Friederich lobend zur Kenntnis genommen, was ihr einen Schmatzer einbrachte. In diesem Sinn und zielbewusst ging ihnen die Arbeit von den Händen, nicht selten hat sie ihr Mitbewohner für ihre gute Arbeit gelobt, und ihnen gute Ratschläge gegeben. Der erste Monat des neuen Jahres 1913 verging wie im Fluge, wobei ihr Wunsch in Erfüllung ging, sind sie doch beide in Küche und Stube des Hauses eingezogen. Vorerst fanden die alten Möbel Verwendung, nur in der Küche fehlte einiges, zum Beispiel ein langer robuster Tisch, wo eine Großfamilie Platz finden kann. Als Zimmermann wird Friederich diesen bauen.
Dass sie am ersten Etappenziel angekommen sind, erfüllte beide mit Freude und Zufriedenheit. Ihre Ziele und Wünsche sind bislang, dank der Eltern, alle in Erfüllung gegangen, denen sie brieflich ein Dankeschön schickten. So vergingen die Wochen für Friederich und Katarina, die nicht müde wurden, die Renovierung voran zu treiben. Die fehlenden Materialien brachte Friederich immer vom Juden mit, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Seine Arbeiten haben sich, weil es das Wetter zulässt, auf den Dachboden verlagert, wo er als Fachmann die Feststellung machte, dass der Dachboden ausbaufähig ist, was ihm noch nützlich sein wird. Mit Freude konnte Katarina am Abend verkünden, dass auch die anderen zwei Zimmer bezugsfertig sind. Das nahm Friederich zum Anlass, einen Wein mit den Worten auf den Tisch zu stellen: „Das werden wir mit unserm Mitbewohner feiern.“
Das Einladen übernahm Katarina, sie brachte den Gast auch gleich mit, der sichtlich erfreut war. Friederich füllte die Gläser, die beim Anstoßen auf den Erfolg einen hellen Klang abgaben. Der Klang der Gläser wiederholte sich. Das regte ihren Gast an, aus seinem Leben zu erzählen, das nicht immer rosig war. Aber die Hilfsbereitschaft der Dorfbewohner sowie das Für- und Miteinander der Familie bracht immer alles ins Lot.
An diesem Abend wurde viel über Persönliches von beiden Seiten geredet, worin ihr Gast nicht sparsam war. Lobend erwähnte er seine Kinder, die alle auf eigenen Beinen stehen und ihm schon viele Enkel schenkten. Von seiner einzigen Tochter hält er besonders große Stücke, die in Mediasch eine Damen- und Herrenschneiderei betreibt. Ein neues Gespräch nahm seinen Anfang, als er einen Brief aus seiner Jacke zog, den Katarinas Eltern an ihn adressiert hatten. In ihm wird die Überweisung bis auf einen Rest von 1000 Lee für das Haus bestätigt, der verbleibende Betrag müsse von dem neuen Eigentümer übernommen werden.
Das gab er bereitwillig seinen Gastgebern bekannt und übergab ihnen den Kaufvertrag des Grundstückes. Das brachte Stimmung in den schon späten Abend, der mit einem Scheidebecher ein schönes Ende fand. Als sich der Gast zum Gehen erhob, schaute er in die Augen eines glücklichen Paares. Sie waren sichtlich überrascht, was der Gast ihnen an dem heutigen Abend mitgebracht hatte. Dann steuerte er dem Ausgang zu, wohin ihn Friederich begleitete und sich bedankte. Katarina ging indessen Friederich entgegen, umarmte ihn mit den Worten: „Hurra, wir haben es geschafft!“ Über den Stand der Dinge war täglich die Rede, bis beide erkannten, sich nun dem eigentlichen Vorhaben zu widmen, der Hochzeit im eigenen Heim.
Der Winter im März 1914 übte immer noch seine Herrschaft aus, aber es lag Tauwetter in der Luft, was Friederich ermutigte, auf dem Hof und in den Stallgebäuden Ordnung zu schaffen. Diese Arbeiten waren aufwändig, weil viele Jahre versäumt wurde, Ordnung zu halten, auch Reparaturen waren in den Räumen und auf dem Stallboden notwendig.
Die Beschäftigung auf seinem Hof ist das eine, die Arbeit in der Zimmerei aber eine Pflicht. Die Zeit erlaubte es ihm, abends länger in der Zimmerei zu bleiben und für sich Möbel anzufertigen. Wie schon erwähnt, fehlt in der Küche der große Esstisch mit rundum Sitzgelegenheit, den er zurzeit anfertigt. Sicherlich wird das eine oder andere noch angefertigt werden müssen. Wenn Katarina abends im Haus ihre Einrichtungsarbeiten verrichtet, denkt sie an ihre Klubfreunde, die sie schon lange nicht gesehen hat. Das wird Gesprächsstoff für den heutigen Abend mit Friederich sein, wenn er sein Tageswerk beendet hat und seine Katarina wieder in seinen Armen hält. Darauf brauchte sie nicht lange warten, bis dann die Haustür ging und Friederich mit einem Lächeln ins Zimmer trat.
Es folgte eine Begrüßung wie schon gesagt, die täglich wie automatisch ablief, aber nicht weniger herzlich war. Während des Abendessens, auch noch danach, lenkte Katarina das Gespräch auf das Vereinsleben, an welchem beide längere Zeit nicht mehr teilnahmen. Das musste sein, weil die Arbeit im und um das Haus sie voll in Anspruch nahm. Es ist nun an der Zeit die Kulturarbeit wieder im vollen Umfang aufzunehmen, um mit Freunden die heimische Folklore zu pflegen.
Ihr Wohlbefinden war drastisch gestiegen, als sie am nächsten Treffen teilnahmen. Von Freunden umringt begann das Programm mit Tanz, Gesang und Spiel. Wie gewohnt werden beim Treffen natürlich auch Neuigkeiten ausgetauscht. Das Hauptthema des Abends war der Erwerb des Grundstücks von Friederich und Katarina sowie deren anstehende Hochzeit, die Mitte Mai stattfinden wird.
Im Laufe des Abends erklärten sich alle bereit, bei den Vorbereitungen der Feierlichkeiten zu helfen, was das noch verlobte Paar wohlwollend entgegennahm. Diese Hilfsangebote machte sich Katarina zu eigen und verlas den Text der Hochzeitseinladung, der geschrieben werden musste. Auch haben sich bei Friederich Freunde angemeldet, die ihm auf dem Grundstück und auch sonst helfen wollen.
Auf die Hilfsbereitschaft aller Freunde gab Friederich einen zum Besten, wonach dann das Klirren der Gläser wie Musik in den Ohren des Spenders klang. Zu etwas später Stunde leerte sich der Raum und alle fanden durch den Schneematsch stampfend den Weg nach Hause. Der Abend mit Freunden war wie eine Massage für Friederich und Katarina, es fehlte ihnen nur noch der geruhsame Schlaf. Erholt und mit Tatendrang aufgetankt starteten beide in den Tag. Es war der 1. März mit einem Hauch Frühling in der Luft. Das eingesetzte Tauwetter hatte die Schneemassen auf ein Minimum reduziert, was die Natur erwachen ließ.
Ausgestattet mit diesen guten Ereignissen verließ Friederich mit Katarina ihr Haus und sie gingen noch ein Stück gemeinsamen Weg zur Arbeit, wo sie sich dann mit einem Küsschen trennten. Die Sonne zeigte sich schon am frühen Morgen von ihrer warmen Seite, das lockte die Frühblüher aus dem Boden, was Friederich auf dem Weg zur Arbeit genoss. Die Strahlen der Sonne drangen durch die Fenster ins Haus, so auch in die Herzen der Menschen, wo noch die Winterkälte steckte. Das durch den Winter leicht gelähmte Leben im Dorf begann wieder zu pulsieren, was bewirkte, dass sich die Bauern, groß und klein, auf das Bestellen ihrer Ländereien vorbereiteten. Eine wichtige Aufgabe kommt auch auf die Bäuerinnen zu, sich um die Aufzucht des Federviehs zu kümmern.
Das Handwerk versorgte sich mit notwendigen Materialien um seine Aufträge auszuführen, denn der Winter hat seine Spuren hinterlassen. Auch beim Juden namens Samuel Rosenstock ist ein schwer beladenes Pferdefuhrwerk eingetroffen, mit Waren des täglichen Gebrauchs. Sein Laden ist schon seit Generationen ein wichtiger Bestandteil des Dorfes.
Seine Geschäftsbeziehungen sind weitreichend, bedingt durch seine Vorfahren, die aus Mediasch stammen. Es ist bekannt, dass er kinderreich ist und einen Familienbetrieb betreibt. Alles zusammengenommen sind die Beziehungen, das Für -und Miteinander der Dorfbewohner vorbildlich. Gedanklich bereitet man schon das Osterfest vor, wo die kunstvoll buntbemalten Eier wieder zur Geltung kommen.
Noch bei Sonnenschein erreichte Katarina ihr Zuhause, mit dem Gedanken, sich erstmal eine Tasse Tee zu machen, die sie müde, mit hochgelegten Beinen, zu sich nahm. Mit dem Blick durch das Fenster über den Hof bis zum Garten wurde ihr bewusst, dass sie mit der Gartenarbeit beginnen müsse. Spontan fiel ihr eine Ansage der Mutter ein, dass eine gute Hausfrau im Garten eine Kräuterecke haben muss. Das Gehen des Hoftores riss Katarina aus den Gedanken und sie hörte Friederich ins Haus kommen. Was sie nicht sehen konnte war, dass er einen Brief von ihren Eltern aus dem Briefkasten genommen hatte und mitbrachte. Mit Freude las sie den Brief laut vor, in dem beiden zu ihrem Erfolg gratuliert und zum Osterfest alles Gute gewünscht wurde.
Den Inhalt des Briefes haben Friederich und Katerina nicht nur zur Kenntnis genommen, es wird darauf sicherlich eine Antwort ergehen. Vorerst sorgt Katarina für das leibliche Wohl beider, ein Getränk bringt Friederich auf den Tisch. Beim Tischgespräch kamen sie auf den Hof und Gartenarbeit, die in Anbetracht der Zeit fällig ist. Friederich begann mit der Entrümpelung des Hofes und landete beim Einrichten eines Geflügelstalles, der auf einem Hof des Dorfes nicht fehlen darf. Katarina hatte einige Tage mit ihrem Kräutergarten zu tun, wo sie sich Pflanzen und Ableger von Freunden besorgte. Samen gab es beim Juden zu kaufen. Fehlte nur noch Geflügel im Stall, um Leben auf den Selbstversorgerhof zu bringen.
Anfang April begann Friederich mit der Sanierung des großen Obstgartens, wo er sich an die Hilfsangebote seiner Vereinsfreunde erinnerte und sie dann gemeinsam in vielen Stunden Arbeit ihr gestecktes Ziel erreichen. Es war auch vonnöten, verschiedene Obstgehölze zu ersetzen, auch hier hatte Friederich hilfsbereite Freunde vom Fach.
Den Erfolg gemeinsamer Arbeit begossen sie mit einigen Runden Slibowitz, was Katarina mit einen deftig-ländlich-sittlichem Essen krönte. Die wichtigsten Gespräche in der Tischrunde waren: Ostern, insbesondere aber die Hochzeit von Friederich und Katarina im nächsten Monat. Der gelungene Abend im Haus, der allen in Erinnerung bleiben wird, löste sich mit frohen und glücklichen Freunden auf.
Der Glaube in Siebenbürgen ist allgegenwärtig, obwohl die kunstvoll bemalten Ostereier eine gewisse Rolle spielen, geht es doch hauptsächlich um das Schicksal von Jesus Christus am Kreuz.
Für die Menschen des Landes ist es ein Bedürfnis, wenn sie zu ihrer Kirchenburg dürfen, wo der Pastor mit seiner Predigt zur jeweiligen Zeit spricht und der Gemeinde seinen Segen gibt. Das Kulturelle übernehmen die Vereine des Dorfes, mit Umzügen, Tanzauftritten mit musikalischer Umrahmung auf dem Dorfplatz, wo alle Kinder, groß und klein, mit einbezogen sind. Oft gehen die Feierlichkeiten bis spät in die Nacht hinein, wo sie dann am zweiten Feiertag mit traditionellen Spielen weiter gehen. Wenn es dann Abend ist, sind die Gedanken schon am Folgetag angekommen, wo die zeitgemäße Arbeit auf jeden wartet. Besonders auf dem Land ist im Frühjahr weiträumige Arbeit zu leisten, im besonderen bei der Tierzucht, einbegriffen das Geflügel.
Diese Arbeit wird Katarina zufallen, hat sie doch schon von einer Freundin eine Glucke mit vierzehn Hühnereiern geschenkt bekommen, die sie im Stall setzte und in 21 Tagen die Küken schlüpfen werden. Gänse, Enten, auch Puten möchte sie auf ihrem Hof haben. Katarinas eigene Gänseaufzucht auf ihrem Hof ist Fleischversorgung für den langen Winter.
Friederichs Lohn für Zimmererarbeiten bei einem Bauern im Dorf waren zwei Ferkel, so schuf sich Friederich mit Katarina eine feste Grundlage zu ihrer Selbstversorgung. Obwohl sie von ihrem Beruf leben könnten, war es notwendig und Brauch, Lebensmittel zu produzieren, um sie zu vermarkten. Waren sie doch im Aufbau begriffen, da war ein Nebeneinkommen notwendig.
Die zielbewusste Arbeit von Friederich und Katarina wird von ihrem Mitbewohner des Hauses mit Respekt beobachtet, nimmt der Hof doch den Glanz vergangener Zeit wieder an. Dass er das in seinem hohen Alter noch einmal erleben darf, ist für ihn wie ein zweites Leben.
Das Lob von ihm war für Friederich und Katarina nicht nur ein Ansporn, sondern auch ein „Macht weiter so“.
Dass auf ihrem Hof bäuerliches Leben einkehrte, sich die Ställe füllten, wie sie es von zu Hause kennen, erfüllte beide mit Stolz. Ein Platz im Stall ist noch frei, wo die Milchkuh stehen wird, oder zwei, um immer frische Milch zu haben. Da es jetzt diverses Vieh auf dem Hof gibt, muss Futter beschafft werden, damit ist auch eine Arbeit mehr zu tun, die Versorgung der Tiere. Alles das was auf sie zukommen wird sind keine Neuheiten, sondern von ihren Eltern anerzogene Tätigkeiten. Die sie so an ihre Kinder, die sie sicherlich haben werden, weitergeben.
Auch beim Schlachtfest werden sie zuschauen, um zu wissen, wie aus einem Schwein die Wurst und der Schinken entstehen. Auch als die großen Gänse, Enten und Hühner geschlachtet wurden, halfen sie den Eltern. So lernten alle Kinder aus erster Hand, wo die Lebensmittel herkommen.
Alle Vorbedingungen, die notwendig waren um Hochzeit feiern zu können, sind erfüllt; so kann alles Augenmerk auf das Hauptziel gerichtet werden. Die dörflichen Ereignisse sind in aller Munde, sind es doch drei Eheschließungen, die in der Gemeinde stattfinden werden. Zu diesem Thema sind viele Überlegungen anzustellen, ist es doch der Brauch, dass alle Einwohner zum Gelingen der Veranstaltung oder Feierlichkeit etwas beitragen und daran teilnehmen. In den Vereinen und auch sonst werden Absprachen geführt, wer welche Speisen, Gebäck oder Fleischwaren liefern wird.
Vier Freunde aus dem Verein haben Friederich versprochen die Versorgung mit Fleisch und Wurstwaren zu übernehmen. Das Schwein stammt aus heimischem Stall.
Viel Zeit und so mancher Arbeitsgang werden noch nötig sein, bis das Schwein verarbeitet, die Wurst geräuchert und das Fleisch haltbar gemacht sind (Pökeln). Die Kühltechnik war zu der Zeit auf dem Land noch nicht verfügbar. Vielmehr war es so, dass Speisen, einmal hergestellt, zum sofortigen Verzehr bestimmt waren. Das kann in der warmen Jahreszeit, wie sie im Mai sein wird, zum Problem werden.
Friederich war voller Freude, dass Freunde den wichtigsten Teil der Versorgung übernommen haben, konnte er sich nun den anderen Dingen zu wenden. Als Katarina von der Arbeit kommend ins Zimmer trat, fand sie Friederich nachdenklich am Tisch mit einem Glas Wein. Sie begrüßten sich wie üblich, er reichte ihr dann einen Wein mit den Worten: „Schön, dass du wieder da bist“.
Was Katarina ihm zu berichten hatte, heiterte ihn merklich auf, weil Katarinas Freundinnen das Backen von Brot und Kuchen übernehmen. Eine weitere gute Tat ist, dass Katarinas Arbeitgeber das Mittagessen zubereiten wird.
Die Getränkeversorgung übernehmen die drei ältesten Kinder vom Juden, Samuel Rosenstock, sie sind zwischen zwanzig und sechzehn Jahre alt. Wein aus dem Fass wird es geben, das Friederich beschafft hat, auch der aus Pflaumen gekelterte Slibowitz steht bereit.
Prosit Slibowitz!
Er beklagt das Schicksal seiner Hühner
Die Dorfmetzgerei lieferte eine gewisse Menge an Hühnern für die Küche, wo sie speziell zubereitet werden, denn Schweinefleisch ist bekanntlich nicht jedermanns Sache. Nun wird es auch höchste Zeit, sich beim örtlichen Standesamt anzumelden. Diesen Gang zum Gemeindebüro haben sie beide angetreten, dort einigte man sich für den zweiten Sonnabend im Mai. Es ist leicht nachzuvollziehen, dass Friederich und Katarina nur noch ihre Hochzeit im Kopf haben, denn es soll an dem Tag alles gesittet und ordentlich ablaufen. Es ist gut zu wissen, dass die Versorgung der Hochzeitsgäste in guten Händen liegt. Auch, dass die Zusagen der von außerhalb geladenen Gäste eingegangen sind.
Mit diesen Gedanken betraten beide den Hof, wo sich ihre Haustiere lautstark meldeten, die versorgt sein wollen. Damit kennt sich Friederich gut aus. Indes war Katarina in der Küche am Werken, um das gemeinsame Abendbrot auf den Tisch zu bringen. Schon längst ist es erwiesen, dass beide zu einem guten Team geworden sind, was sich für ihre Zukunft auszahlen wird. Während beide für ihr leibliches Wohl sorgten, lenkte Friederich das Gespräch auf die kirchliche Trauung, die mit dem Pfarrer abgesprochen werden muss. Was sie am Sonntag nach der Kirche angehen wollen, sie haben aber auch noch zwei Arbeitstage und ein Vereinstreffen vor sich. Die Hochzeit von Friederich und Katarina ist nicht nur Dorfgespräch, sondern auch beim Vereinstreffen dominierend, ist sie doch die erste von drei, welche das Dorf in diesem Jahr erleben wird. Alle Mitglieder des Vereins signalisierten dem jungen Paar gutes Gelingen ihrer Feier. In diesem Sinne nahm die Versammlung sein Ende, wo gut informierte Dorfbewohner ihres Weges gingen. Sicher sehen sie sich am morgigen Sonntag in der Kirche wieder, die die gläubigen Siebenbürger immer wieder magisch anzieht.
So entstanden in der zurückliegenden Zeit Wehrburgen – Wehrkirchen
Dörfliche Burgenkirche mit Mauer und Wehrtürmen
Schon immer strömten sie an Sonn- und Feiertagen in ihre Wehrkirchen, die von den Vorfahren zum Schutz gegen Eindringlinge errichtet wurden. In frühesten, lange politisch turbulenten Zeiten ist die Region häufig mit kriegerischen Handlungen überzogen worden und nicht zur Ruhe gekommen. Bei häufigem Krieg, Überfällen und Plünderungen hat sich die Bevölkerung zu ihrem Schutz in der Kirche versammelt.
Weil viele Menschen die immer wieder aufflammenden Kriege und Überfälle nicht mehr ertragen konnten, sind sie in die Nachbarländer ausgewandert. So zum Beispiel in das benachbarte Bessarabien, das begrenzt durch die Flüsse Brut und Dnjester zum Teil auf ukrainischem und moldawischem Territorium lag. Und zu der Zeit unter russischer Verwaltung stand, wo russisch Amtssprache war. Um den verbliebenen Menschen optimalen Schutz zu bieten, wurde es notwendig die Kirchen mit hohen Mauern zu umgeben. Das war zu dieser Zeit eine enorme Leistung, war es doch nur mit Muskelkraft von Menschen und Tieren zu bewältigen.
Siebenbürgen ist wegen seiner großen Anzahl von Kirchburgen, Wehrburgen und Schlösser in der Welt bekannt. Anderseits sind es die Karpaten, wo jährlich viele Urlauber ihren Urlaub verbringen, ob im Winter zum Ski fahren oder mit Wanderungen im Gebirge. Die Tierwelt bietet den Liebhabern bei Führungen gezielte Erfolge, wo es möglich ist, Bären oder Wölfe vor die Linse zu bekommen. Auch ist es möglich, sich auf die Spuren Draculas zu begeben.
Bären hat man oft als Haustiere in Stahlkäfigen gehalten und auf Jahrmärkten vorgeführt, was nun unter Strafe gestellt ist.
Wölfe sieht man oft im Rudel, sie haben ein graziöses Auftreten, sind aber gefährlich Raubtiere, haben aber einen angestammten Platz in der Natur. Jeder Wolf wird zum Problem, wenn er hungrig ist, was in Rumänien, somit auch in Siebenbürgen, zur Genüge glaubhaft bewiesen ist.
Über die Schönheit der siebenbürgischen Natur, die Karpaten mit einbegriffen, gäbe es noch viel zu berichten, aber Friederich und Katarina haben zunächst den Vortritt. Noch sind es zwei Wochen bis zu ihrem großen Tag, wobei viel Arbeit auf seine Erledigung wartet.
Im Garten muss der Gemüsesamen in den Boden und gewisse Pflanzungen getätigt werden, was Katarinas Werk in den nächsten Jahren sein wird. Friederich hat noch immer auf dem geräumigen Hof zu tun, wo ja alle seine Gäste einen Platz finden sollen. Ansonsten ist er guter Dinge, weil bislang alles mit Hilfe seiner Freunde im Dorf Gestalt annimmt.
Mittlerweile hat er seinen großen Tisch für die Küche fertiggestellt, der mit einem Pferdefuhrwerk abgeholt und auf den Hof gebracht wird. Das hat Katarina aus der Nähe beobachtet, wie sich beide mühten, dieses schwere Möbel in das Haus zu bringen. Das erste Abendessen wird besonders gut am neuen Tisch schmecken, ein Glas Wein dazu sicherlich auch.
Die Zeit schreitet unaufhaltsam voran, so ist das erste Wochenende im Mai angebrochen, an dem alle Vereine des Dorfes ihre Versammlungen einberufen haben. Auf ihrer Tagesordnung stehen die wichtigsten Ereignisse des Dorfes. Ganz obenan steht die Hochzeit von Friederich und Katarina, die am nächsten Sonnabend und Sonntag stattfinden wird.
In Friederichs Gruppe werden Festlegungen getroffen sowie Aufgaben verteilt, auch, wer den Hut aufhat. Das gibt Friederich die Sicherheit, dass alles in den besten Händen liegt, was er sich an dem Abend etwas kosten ließ. Diese Geste haben seine Freunde voll verstanden, was sie mit einem Lächeln quittierten, ein Schulterklopfen beim Verabschieden war auch noch drin.
Das Treffen der Frauen verlief viel aufgeregter, ging es doch um die Braut sowie um deren Kleid, es gab ja eine regelrechte Modenschau.
Erst als Katarina voll als Braut eingekleidet, der Schleier perfekt angebracht war, die passende Schuhe an den Füßen hatte, waren alle zufrieden. Nun erst gingen sie zum gemütlichen Teil über. Weil sich alle so liebevoll um Katarina kümmerten, spendierte sie eine Runde Wein. In der nun folgenden Zeit war die Hochzeit das einzige Thema des Abends, wobei ja einige aus Erfahrung sprachen. Letztendlich war man dafür, das Kleid im Klub zu belassen und dass zu gegebener Zeit zwei Freundinnen die Braut in ihrem Haus besuchen und startklar machen.
Mit dieser Festlegung beendeten die Frauen ihren Abend bis zum Tag der Hochzeit.
Überraschend haben sich die Eltern des Brautpaares brieflich angemeldet, dass sie ein paar Tage früher kommen, um bei den Vorbereitungen zu helfen. Da war es gut, dass Katarina schon beide Stuben für ihre Eltern hergerichtet hat. Eigentlich freut sich Friederich mit Katarina, ihre Eltern nach langer Zeit wieder zu sehen. Dieser Wunsch hat sich schon am nächsten Tag erfüllt, als sie von Mediasch kommend am Hoftor standen. Das Klopfen am Tor vermeldete der Hofhund, das wenig später Friederich öffnete und den erwarteten Besuch herein bat.
Indess ist auch Katarina erschienen, wobei die gegenseitige Umarmung nicht ausblieb und die Freudentränen sich ihren Weg suchten. Mit dem kleinen Handgepäck führte Friederich die Eltern ins Haus, wo alle sich häuslich niederließen. Katarina versorgte alle mit den gewünschten Getränken, auch kam etwas Essbares auf den Tisch. Schnell entwickelte sich ein heiteres Gespräch über die vergangene Zeit, wo jeder sein Erlebtes zu Gehör brachte. Aus dem Gespräch heraus ermahnte Katarina, doch erst mal die Zimmer zu beziehen, dem alle nachkamen. Es folgte eine kurze Besichtigung der Räumlichkeiten, die für die Frauen in der Küche ihr Ende fand.
Die Männer fanden sich in der Wohnstube wieder, wo Friederich einige Getränke servierte, als Willkommensgruß musste ein Slibowitz herhalten. Ein zweiter Schnaps führte ihr Gespräch ins Alltägliche, das Friederich aufmerksam verfolgte, wobei er viel Neues in Erfahrung brachte.
Wie immer unter Männern landeten sie in der Politik, die ja zurzeit nicht rosig aussah, weil es nach Krieg roch. Wo im Ernstfalle alle jungen Männer Rumäniens, somit auch die Siebenbürger, zur Armee einberufen werden. Das heikle Gespräch nahm sein Ende, weil Katarina zum Mittagstisch gerufen hatte, den diesmal drei Frauen deckten.
Der große Familientisch darf heute sechs Personen um sich vereinen, wobei ganz sicher ist, dass es irgendwann mehr sein werden. Alle am Tisch haben einen guten Appetit mitgebracht, an Gesprächsstoff hat es auch nicht gefehlt. Dem leiblichen Wohl war Genüge getan, dem ein Spaziergang durch das Dorf folgen könnte.
Die Maisonne lockte auch andere Einwohner aus den Häusern, welche neugierig die ersten Gäste begrüßten. Der Rundgang führte an der Kirche vorbei, wo am Sonntag die Trauung sein wird. Im Gespräch vertieft landete die Gruppe in der Feldmark, wo rührige Bauern ihren Acker bestellten. Eine Schäferfamilie war beim Melken ihrer Schafe, aus deren Milch der landesübliche Schafskäse hergestellt wird, auch die Wolle ist begehrt. Seit Generationen betreibt die Großfamilie die Schäferei, was ihre Lebensgrundlage ist.
Der Spaziergang dauerte länger als vorgesehen. Nun fand er an dem Sitzplatz unterm Walnussbaum sein Ende. Die drei Frauen wünschten sich eine Tasse Tee, wobei die Männer einem Glas Wein den Vorrang gaben. Entspannt zurückgelehnt, ihren Blick auf den Garten gerichtet, meinte Katarinas Mutter: „Ihr habt ja euren Garten so schön sauber.“
„Ja, er muss nur noch bepflanzt werden.“
„Das muss ich mir mal ansehen, dann gehen wir doch gleich zu dritt und lassen die Männer auf dem Hof zurück.“
Das Kräuterbeet fiel der Mutter gleich auf, was sie auch in Augenschein nahm. Die Gartennachbarn waren beim Pflanzen der Gemüsepflanzen, sie grüßten freundlich herüber und gaben zu verstehen, dass sie noch Pflanzen übrighaben.
Mittlerweile ist es Abend geworden, wo die Frauen vom Garten kommend die Männer beim Versorgen der Tiere vorfanden. Noch ist der Viehbestand nicht vollzählig, weil im Stall noch eine Milchkuh fehlt, die im Herbst ihren Platz einnehmen wird. Gut aufgelegt begab sich die Gruppe ins Haus, wo im Wohnzimmer jeder einen Platz fand.
Weil die Frauen das Thema Hochzeit in den Raum stellten, kam auch die Finanzierung des Grundstücks ins Gespräch, da es das Erbteil beider war. Friederich und Katarina bedankten sich wiederholt bei den Eltern, wobei nicht ausblieb, dass lange über die Ausbaupläne gesprochen wurde. Während man sich zu Tisch begab, holte Friederich seinen Mitbewohner zum Abendessen, der hocherfreut am Tisch Platz nahm.
Durch den Briefwechsel kannte man sich, saß sich jetzt aber persönlich gegenüber, wobei sich dann ein reges Gespräch über die Ansiedlungszeiten der Siebenbürger Sachsen entfachte. Es wurde ein langer Abend bei Slibowitz oder Wein, bis die Runde sich zur Nachtruhe begab.
Am Morgen nach dem Frühstück beschlossen die Frauen, den heutigen Tag im Garten zu verbringen, haben doch die Nachbarn ihnen diverse Gemüsepflanzen angeboten. Als sie mit Werkzeug in den Händen ankamen, waren die Nachbarn schon bei der Arbeit.