Van (Carolina Cold Fury-Team Teil 9) - Sawyer Bennett - E-Book
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Van (Carolina Cold Fury-Team Teil 9) E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Ein Punkt für das Eishockeyteam der Carolina Cold Fury, als ein eiskalter Badass-Spieler für eine Frau dahinschmilzt, die sein Blut zum Kochen bringt. Als einer der härtesten Enforcer der Liga ist Van Turner auf dem Eis gnadenlos. Er spielt hart, weil es der einzige Weg ist, die in ihm brodelnde Wut zu kanalisieren, und ein Ruf als Arschloch ist besser, als wenn jeder sein wahres Ich kennt. Van hat sein ganzes Leben damit verbracht, vor einem Geheimnis davonzulaufen, das ihn davon abgehalten hat, Beziehungen einzugehen – oder lukrative Angebote von Teams an der Ostküste anzunehmen. Dann erhält er ein Angebot des Carolina Cold Fury-Teams, das er nicht ablehnen kann ... und Van trifft eine Frau, der er nicht widerstehen kann. Simone Fournier ist der Sturkopf ihrer Familie – und das will etwas heißen, wenn man bedenkt, dass ihre Brüder Lucas und Max zwei der größten Stars des Cold Fury-Teams sind. Simone bekommt, was sie will, und was sie will, ist Van. Trotzdem gibt es einen Teil von ihm, an den Simone nicht herankommt, egal wie sehr sie es versucht. Privat ist er voller Feuer und Leidenschaft. In der Öffentlichkeit lässt er sie abblitzen. Van mag sie vielleicht von sich stoßen, aber Simone lässt ihn nicht so einfach gehen - denn Simone spielt auf Sieg. Der neunte Teil rund um das Carolina Cold Fury-Team von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett.

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Sawyer Bennett

Carolina Cold Fury-Team Teil 9: Van

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Joy Fraser

© 2017 by Sawyer Bennett unter dem Originaltitel „Van: A Cold Fury Hockey Novel“

© 2024 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

© Covergestaltung: Sabrina Dahlenburg

(www.art-for-your-book.de)

ISBN Print: 978-3-86495-714-7

ISBN eBook: 978-3-86495-715-4

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Vorwort

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Epilog

Autorin

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

falls Sie ein Fan der Cold-Fury-Serie sind, werden Ihnen die Ereignisse in diesem Buch bekannt vorkommen. Das liegt daran, dass Vans Geschichte zum Großteil parallel zu Lucas spielt. Sie haben den knallharten Van bereits in Lucas’ Band kennengelernt. Vans Geschichte beginnt, als Simone zu ihrem Bruder Lucas zieht. Erinnern Sie sich? Falls nicht, können Sie Kapitel 11 von Lucas lesen, dann sind Sie auf dem Laufenden. Haben Sie Lucas noch nicht gelesen, ist das kein Problem. Van kann auch als eigenständiges Buch verstanden werden.

Kapitel 1

Van

Ich sollte aufstehen und ins Fitnessstudio gehen, aber ich bin heute zu faul. Wir befinden uns auf der Zielgeraden der regulären Saison und nächste Woche beginnt die erste Runde der Play-offs. Seit wir den ersten Platz erreicht haben trainieren wir nur noch wenig, weil die Trainer uns so frisch wie möglich halten wollen. Ich beschließe, die gleiche Überlegung auf mich selbst anzuwenden – so frisch wie möglich zu bleiben. Ich bin von Natur aus ein Zauderer und hasse das Trainieren. Es ist ein notwendiges Übel, aber wenn ich eine Einheit auslassen kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, nutze ich das aus.

Lucas kommt aus seinem Schlafzimmer und geht in die Küche. Als er an der Couch vorbeigeht, auf der ich liege, folgt ihm ein Hauch eines Herrenduftes. Das bedeutet, dass er heute ausgehen wird. Ich nehme an, er trifft sich mit der Frau vom Museum. Er scheint ziemlich angetan von ihr zu sein, was mir recht ist. Er verbringt viele Nächte in ihrer Wohnung, sodass ich das kleine Haus meistens für mich habe. Das ist prima, denn ich bin nicht so gern unter Menschen.

Da Lucas und ich zur gleichen Zeit zum Team kamen, hat uns das Management der Cold Fury gefragt, ob wir zusammen wohnen wollten, bis wir Zeit haben, uns mit der Gegend vertraut zu machen. Das schien uns eine gute Idee zu sein, und so mieteten wir dieses Haus für sechs Monate. Bis jetzt lief es gut und wir sind uns nicht in die Quere gekommen. Vor ein paar Tagen war ich ganz offen und ehrlich zu ihm, als er mir von dieser Frau erzählte, mit der er sich trifft. Ich glaube, sie heißt Stephanie. Ich habe ihm gesagt, dass ich als Freund nicht viel tauge, was die Wahrheit ist, und seitdem hat er mir nichts Persönliches mehr mitgeteilt.

Wir haben nur Gespräche wie: „Ich bestelle eine Pizza, willst du auch was?“ Oder: „Alter, du bist dran, den Müll rauszubringen. Es fängt an, zu stinken.“

Wie gesagt, ich prokrastiniere gern.

Ich höre Lucas im Kühlschrank rascheln, während ich die Nachrichten im Auge behalte. Das ist eines der Dinge, von denen ich ein wenig besessen bin, und wenn ich um achtzehn Uhr in der Nähe eines Fernsehers bin, schalte ich stets die Nachrichten ein. Zuerst die lokalen, dann die nationalen. Das ist eine Angewohnheit von mir, seit ich ein kleines Kind war. Ja, ich war ein seltsames Kind, auch ohne die Schuld meiner Eltern. Deshalb wurde ich in der Grundschule auch so oft verprügelt.

Es klopft an der Tür, doch ich zucke nicht einmal mit der Wimper. Ich bin zu faul und kann nur die Kraft aufbringen, die Augen zu verdrehen und Lucas anzuschauen. Ja, er hat heute Abend definitiv ein Date. Das sehe ich daran, wie er gekleidet ist und wie seine Haare gestylt sind. Er starrt mich an und hält eine Wasserflasche in der Hand.

„Machst du mal die Tür auf?“, fragt er, bevor er einen Schluck Wasser trinkt.

„Warum ich?“

„Weil du näher dran bist“, argumentiert er, und das stimmt auch.

Mit einem schweren Seufzer rolle ich mich von der Couch und gehe drei Schritte bis zur Haustür. Wie ich schon sagte, dieses Haus ist klein. Winzig klein.

Ich schwinge die Tür auf, ohne zu wissen, ob es ein Nachbar, ein Zeuge Jehovas oder vielleicht sogar ein verrückter Fan ist. Ist mir auch scheißegal. Egal wer das ist, ich habe keine Zeit für die Person.

Mein ganzer Körper scheint jedoch zu erstarren, als ich die schöne Frau auf der Türschwelle sehe. Sie hat mehrere Gepäckstücke auf der Veranda zu ihren Füßen stehen, und ich muss zugeben, dass dies die verrückteste Stalkerin ist, von der ich je gehört habe. Zu schade, dass sie verrückt ist, denn sie ist verdammt heiß. Langes braunes Haar mit karamellfarbenen Strähnchen. Haselnussbraune Augen, die mit intensiver Neugierde funkeln, während sie mich betrachtet. Ich frage mich, ob sie in mich oder in Lucas verknallt ist.

Aber dann trifft mich die Erkenntnis. Brünettes Haar, haselnussbraune Augen …

Scheiße, das ist Lucas’ Schwester. Auf dem Fernsehschrank im Wohnzimmer steht ein Foto seiner Familie.

Ich wende mich Lucas zu, trete zur Seite, damit er sie sehen kann, und deute zwischen den beiden hin und her. „Hast du vergessen, mir etwas mitzuteilen?“

„Das ist meine Schwester“, antwortet er und kommt auf uns zu.

Ja, das habe ich schon selbst herausgefunden. Ich weiß nur nicht, warum sie hier ist.

Mit Gepäck.

Ich drehe mich zu seiner Schwester um und bemerke, dass sie mich mustert. Von oben bis unten, mit purer weiblicher Bewunderung im Blick. Wenn ich nicht so abgebrüht wäre, würde ich mich wundern, dass ein Familienmitglied meines Teamkollegen so offensichtlich ist, aber ehrlich gesagt ist es mir scheißegal.

„Was machst du denn hier?“, schnauzt Lucas seine Schwester an.

Ich weiß, dass er mir ihren Namen schon einmal genannt hat, doch ich kann mich ums Verrecken nicht daran erinnern.

Sie erschrickt nicht mal über den harschen Ton ihres Bruders, sondern lässt ihren Blick träge zu ihm gleiten. Sie schenkt ihm ein strahlendes Lächeln und schiebt sich dann an mir vorbei, um das Haus zu betreten. „Ich bleibe hier.“ Als sie an mir vorbeigeht, klopft sie mir auf den Arm und sagt mit seidiger, säuselnder Stimme: „Bringst du bitte meine Koffer rein?“

Ihre Berührung ist leicht, ihr Duft ist süß, doch ich falle nicht darauf rein. Denn ich lasse mich von solchen Frauen nicht beeindrucken.

Niemals.

„Du bleibst nicht hier, Simone“, sagt Lucas frustriert. „Du hast gesagt, du gehst wieder studieren.“

Ihr Name ist also Simone? Der passt zu ihr. Harmoniert gut mit ihrem hübschen französisch-kanadischen Akzent.

Ich beobachte den Streit der Geschwister, wobei ich die Tür noch offen halte, falls Lucas sie hinauswerfen möchte.

„Ich habe es mir anders überlegt“, sagt sie entschlossen und verschränkt die Arme vor der Brust. „Und ich kann nicht auf Dauer bei Max wohnen, weil ich eins der Zimmer der Jungs belege und er es zurückhaben will. Ich mag diese Gegend, ich liebe meine Brüder, also bleibe ich.“

Lucas strafft die Schultern und erwidert ebenso entschieden: „Aber nicht hier.“

Anstatt sich auf einen Pisswettbewerb mit ihrem Bruder einzulassen, wendet sich Simone mir zu und klimpert mit den Wimpern. Ich komme nicht umhin zu bemerken, wie lang und dunkel sie sind und diese Augen einrahmen, in denen Hitze zu glänzen scheint, wenn sie mich ansieht.

„Das stört dich doch nicht, Großer, oder?“, fragt sie mich, wobei ihr Akzent stärker wird, vielleicht ein wenig weicher, während sie versucht, mit mir zu flirten.

Ehrlich gesagt löst das nichts in mir aus und ich werde mich nicht einmischen. Ich zucke mit den Schultern. „Es ist mir scheißegal, aber mein Zimmer bekommst du nicht.“

„Meins auch nicht“, fügt Lucas schnell hinzu.

„Dann ist ja alles geklärt“, findet Simone mit einem strahlenden Lächeln, während sie mit schwingenden Hüften zur Couch geht. Sie lässt sich darauf fallen, und damit ist meine Hoffnung, die Nachrichten zu sehen, dahin. „Es macht mir absolut nichts aus, hier zu schlafen.“

Ich notiere mir geistig, dass ich meinen Fernseher aus der Einlagerung holen muss. Ich habe mich noch nicht darum gekümmert, aber wie es aussieht, werde ich den Fernseher im Wohnzimmer abhaken können.

Lucas gibt nur einen frustrierten Seufzer von sich und senkt den Kopf. Der Typ tut mir ein bisschen leid, also tue ich ihm den Gefallen und hole das Gepäck von der Veranda herein.

„Sei ein Schatz“, schnurrt Simone mit einem weiteren Wimpernschlag, „und bring mein Gepäck in Lucas’ Zimmer, damit es nicht im Weg ist.“

Ich werfe ihr nicht einmal einen Blick zu, sondern stelle ihre Koffer lediglich neben der Haustür ab und kicke diese hinter mir zu. Mit einem resignierten Seufzer denke ich mir, dass ich ins Fitnessstudio gehen sollte. Ich dränge mich an Lucas vorbei in den kleinen Flur, der zu den beiden Schlafzimmern führt.

„Ich heiße übrigens Simone“, ruft mir seine Schwester zu.

Ich antworte nicht, was unhöflich ist, aber es ist mir egal. Ich gehe in mein Schlafzimmer und schließe die Tür. Wenn es ein Schloss an der Tür gäbe, würde ich abschließen. Nicht, weil ich mich nicht sicher fühle, doch weil Simone eine aufdringliche Art hat, und ich würde ihr zutrauen, hereinzuplatzen und ein Gespräch zu verlangen.

Das Haus ist nicht nur klein, sondern auch hellhörig. Auch bei geschlossener Tür höre ich Lucas sagen: „Was zum Teufel soll das, Simone? Das ist selbst für deine Verhältnisse verrückt.“

Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen. Offenbar trifft meine ursprüngliche Einschätzung zu, dass die Frau auf der Veranda verrückt ist.

„Er ist ein bisschen unhöflich, findest du nicht?“, antwortet sie und meint damit mich.

Das bringt mich zum Grinsen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich als unhöflich bezeichnet werde.

Ich bin auch als verschlossen beschrieben worden.

Introvertiert.

Seltsam.

Ein Arschloch.

Während ich in meinen Schubladen nach den Trainingsshorts krame, höre ich ohne Scham ihrem Gespräch zu, nur ein wenig neugierig darauf, warum seine Schwester hier ist.

„Nicht so unhöflich, wie wenn du mit Gepäck auf meiner Veranda auftauchst und sagst, dass du hierbleibst, ohne vorher zu fragen“, erwidert Lucas und fügt hinzu: „Und nicht so unhöflich, wie wenn du beschließt, nicht mehr zu studieren, nachdem du zugestimmt hast, dass es das Beste für dich ist.“

„Du verstehst nicht …“

„Was ich verstehe“, schreit er sie praktisch an, „ist, dass du in weniger als dreißig Tagen deinen Bachelor-Abschluss an einer verdammten Eliteuniversität machen solltest. Wenn du jetzt wieder zurückgehst, wirst du das nicht versauen. Es ist absolut lächerlich, so kurz vor dem Abschluss abzubrechen.“

Das ist ja interessant. Ich weiß nicht mehr, ob Lucas mir jemals von seiner Schwester erzählt hat, aber sie ist anscheinend eine Streberin. Mit Elitestudium und so.

Das war das Einzige, was ich an meinem Eintritt in die NHL mit achtzehn Jahren bedauerte. Ich wollte eigentlich aufs College gehen. Ich hatte vor, Psychologie zu studieren, doch die Gelegenheit, professionell Eishockey zu spielen, war zu gut, um sie auszuschlagen, und ich dachte, ich könnte immer noch aufs College, wenn ich nach dem Sport in Rente gehe.

Während ich eine kurze Hose und ein T-Shirt heraussuche, kann ich Simone sagen hören: „So kurz vor dem Abschluss bin ich nicht.“

Oha. Jetzt wird es interessant wie in einer Seifenoper. Ich schnappe mir ein T-Shirt und gehe zu meiner geschlossenen Tür, damit ich besser lauschen kann. Ich fange an, mein Flanellhemd und meine Jeans auszuziehen.

Simone fährt mit zögerlicher Stimme fort. „Eigentlich habe ich mich gar nicht für dieses Semester eingeschrieben.“

„Was zum Teufel soll das?“ Lucas schnauzt sie so laut an, dass sogar ich zusammenzucke. „Wieso nicht?“

„Letztes Semester habe ich beschlossen, dass ich genug vom Studium habe“, erwidert sie leise. Ich halte kurz inne und presse mich mit einem Ohr an die Tür. „Ich habe ein Ziel angestrebt, das nicht meins war, sondern das von Dad.“

„Aber es war doch auch deins“, widerspricht Lucas.

„Nein. Dad war immer derjenige, der mich zum Medizinstudium gedrängt hat. Und ich habe ihm nie gesagt, dass ich keine Ärztin werden will.“

„Du hast also beschlossen, das letzte Semester deines Studiums nicht zu beenden? Was hast du denn in den letzten zweieinhalb Monaten gemacht?“

„Ich habe in einem Café außerhalb des Campus gearbeitet.“

Ich erkenne an der leichten Abwehrhaltung in ihrer Stimme und daran, wie schnell sie geantwortet hat, dass das eine Lüge ist. Lügen entlarve ich stets auf der Stelle.

„Und die Studiengebühren und das Geld, das Mom und Dad dir zum Leben gegeben haben?“ Lucas stöhnt auf.

„Die Studiengebühren wurden mir zurückerstattet. Was die Lebenshaltungskosten angeht … ich habe einen Teil des Geldes, das sie mir jeden Monat auf mein Konto überwiesen haben, zur Aufstockung meines Gehalts verwendet.“

„Sie werden dich verdammt noch mal umbringen“, sagt Lucas, und in diesem Moment beschließe ich, mich aus dem Gespräch zurückzuziehen.

Es war interessant, aber das ist nicht mein Problem. Es sieht so aus, als hätten wir für eine Weile eine Mitbewohnerin, doch das stört mich nicht, solange sie mir aus dem Weg geht. Und wenn sie zu aufdringlich wird, kann ich immer noch umziehen und mir eine eigene Wohnung suchen. Ich habe einen Dreijahresvertrag mit den Cold Fury unterschrieben, also werde ich auf jeden Fall etwas kaufen, und es wird groß genug sein, um Etta hierher zu bringen, wenn ich sie überzeugen kann, Kalifornien zu verlassen.

Ich ziehe mich fertig an, nehme mein Handy von der Kommode, setze mich auf das Bett, lehne mich mit dem Rücken ans Kopfteil und rufe sie an. Ich stelle mir vor, dass sie um diese Tageszeit wahrscheinlich auf ihrer Terrasse sitzt und ein Buch liest.

„Hi du“, sagt sie, und die Melodie ihrer süßen Stimme ist die schönste Musik in meinen Ohren.

„Was machst du so?“, frage ich, während ich meine Beine auf dem Bett ausstrecke, wohl wissend, dass das der Todesstoß für meine Motivation, ins Fitnessstudio zu gehen, sein könnte.

„Ich bin gerade von einem späten Mittagessen zurückgekommen“, antwortet sie, und ich höre den Schalk in ihrer Stimme.

„Mit wem?“ Mir fällt auf, wie anders meine Stimme ist, wenn ich mit ihr rede.

Neckend.

Locker.

Lustig.

So was von nicht der Van Turner, den alle anderen sehen, aber das hat Etta schon immer in mir ausgelöst.

„Sein Name ist Mark und er ist Tierarzt“, sagt sie aufgeregt. „Er ist wirklich nett und sieht sehr gut aus. Das Einzige, was mich ein wenig abschreckt, ist, dass seine Praxis auf Reptilien spezialisiert ist. Ich stelle mir vor, wie ich zu ihm nach Hause komme und dort überall Käfige mit Echsen und Schlangen herumstehen.“

Ich lache, denn ich weiß, dass Etta extreme Angst vor Reptilien hat. Zumindest vor kleinen. Einmal stand sie bei mir auf der Kücheninsel, weil sich eine kleine Eidechse herein verirrt hatte.

„Bevor du Zeit in ihn investierst“, sage ich weise, „solltest du ihn vielleicht danach fragen. Nicht, dass ich glaube, dass du nach nur einer Verabredung zum Mittagessen schon bereit bist, zu ihm nach Hause zu gehen.“

Meine Tante hat ihr Leben damit verbracht, mich großzuziehen. Sie hat immer gesagt, dass sie es so wollte, aber ich frage mich manchmal, ob es für sie als alleinstehende Frau mit Kind in Wahrheit zu schwer war, jemanden zu finden, mit dem sie etwas Ernsthaftes hätte anfangen können.

Doch seit ich an die Ostküste gezogen bin, um mich den Cold Fury anzuschließen, hat sie angefangen, sich sporadisch zu verabreden, was mich freut. Aber es mindert nicht wirklich meine Schuldgefühle wegen all dem, worauf sie meinetwegen verzichtet hat.

„Wie läuft es bei dir?“ Geschickt wechselt sie das Thema, denn sie hält mich für wichtiger als sich selbst.

„Ich habe einen Faulenzertag. Jetzt, wo die Play-offs gesichert sind, habe ich keine Motivation mehr, etwas zu tun.“

„Faulpelz“, sagt sie liebevoll. „Und ich nehme an, dass die Antwort auf meine wiederholte Frage, ob du dich mit einer Frau triffst, immer noch dieselbe ist?“

„Ganz genau.“

Es sei denn, man will die Stripperinnen mitzählen, die ich mir in der Tittenbar ansehe, wenn ich einen freien Abend habe.

„Van, du verpasst so viel“, schimpft sie.

„Das Gleiche könnte ich über dich sagen. Wir hatten beide unsere Gründe, uns zu verstecken.“

„Ich weiß“, sagt sie seufzend. „Ich möchte einfach, dass du glücklich bist. Vielleicht solltest du meinem Beispiel folgen und dich auf den Weg machen.“

„Ich bin glücklich“, lüge ich. Ich weiß nicht, ob ich jemals in meinem Leben wirklich glücklich gewesen bin. Okay, das ist nicht ganz richtig. Ich war dankbar, und ich war so glücklich, wie ich nur sein konnte, als Etta mir sagte, dass ich für immer bei ihr leben darf. Für ein achtjähriges Kind, das von seinen Eltern traumatisiert worden war, war das das schönste Geschenk.

„Bist du zu ihm gegangen?“, fragt sie zögernd und mit der deutlichen Abneigung in ihrer Stimme, die nur zu hören ist, wenn sie über diese Person spricht.

„Nein. Und du würdest es wissen, denn du wärst die erste Person, der ich es erzählen würde.“

„Du musst das nicht tun“, sagt sie mit rascher Entschlossenheit.

„Ich weiß. Ich denke noch darüber nach.“

„Du weißt, dass ich ein guter Mensch bin, Van.“ Sie seufzt. „Aber Gott sei meiner Seele gnädig, ich hoffe, er stirbt, bevor du den Mut dazu findest.“

Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Etta war schon immer meine Beschützerin. Und sie ist immer noch fleißig dabei.

„Hör zu.“ Ich stehe vom Bett auf. „Wenn ich mich entschließe, hinzugehen, werde ich es dir vorher mitteilen. Dann hast du die Möglichkeit, es mir auszureden, okay?“

Sie lacht ein wenig. „Okay. Unmögliches Kind.“

Ich nehme meine Turnschuhe. „Ich muss jetzt los. Ich habe beschlossen, doch kein Faulpelz zu sein und zu trainieren.“

„Vielleicht triffst du dort ein hübsches Mädchen“, sagt sie verschmitzt.

„Tschüss, Etta.“

„Ich liebe dich, Kleiner“, sagt sie voller Zuneigung.

„Ich liebe dich mehr“, antworte ich wahrheitsgemäß. Die einzige Frau, von der ich sicher bin, dass ich sie für immer lieben werde.

Nachdem die Verbindung getrennt ist, ziehe ich meine Schuhe an und nehme Portemonnaie und Schlüssel von der Kommode. Ich stecke mein Handy ein und öffne die Zimmertür. Als ich in den Flur trete, werde ich fast von Simone umgerannt, die ihren großen Koffer in Richtung Lucas’ Zimmer schleppt, das gleich neben meinem auf der gegenüberliegenden Seite liegt.

„Tschuldigung“, murmelt sie, als sie zum Stehen kommt, und ich trete zurück in meine Tür, um ihr Platz zu machen.

Ich sehe sie an und warte, dass sie vorbeigeht. Sie tut es nicht und starrt mich an.

„Lucas hat gesagt, dass du mürrisch bist“, sagt sie und legt neugierig den Kopf leicht schief.

„Das stimmt.“

„Hm“, knurrt sie, als würde sie meine gesamte Persönlichkeit einschätzen. „Ich würde es eher grüblerisch nennen. Das passt besser zu deiner heißen Ausstrahlung.“

„Heiß?“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch.

„Ach, komm schon.“ Sie winkt ab. Ihr Blick wandert über meinen Körper. „Sieh dir nur an, was du alles zu bieten hast. So groß und muskulös. Und diese tiefgründigen, sensiblen Augen voller Geheimnisse. Total heiß und grüblerisch.“

„Wie du meinst“, murmele ich und versuche, an ihr vorbeizugehen.

Aber sie stellt sich mir in den Weg. „Ich koche heute Abend für dich und Lucas“, zwitschert sie mit einem strahlenden Lächeln.

Ich gebe zu, dass die beiden Grübchen, die sich dabei zeigen, ihre eigene Skala von heiß erhöht. Doch sie können mich nicht bezaubern. „Ich verzichte. Ich hole mir unterwegs was.“

Sie starrt mich einen Moment an und ich kann die Berechnung in ihren Augen sehen. Sie hat auf jeden Fall etwas vor, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was das sein könnte. Vielleicht ist sie einfach nur verdammt verrückt, wie ursprünglich angenommen.

Schließlich nickt sie hoheitsvoll und geht zur Seite, um mir Platz zu machen. Ich senke meinen Blick und gehe an ihr vorbei.

„Definitiv heiß und grüblerisch. Das gefällt mir“, murmelt sie hinter mir.

Kapitel 2

Simone

Es muss gesagt werden, dass ich Van wirklich gern quäle. Ich weiß nicht, warum, und vielleicht bin ich einfach böse. Aber ich kann nicht anders. Ich fühle mich wahnsinnig zu ihm hingezogen, und zwar auf eine Weise, wie ich mich noch nie zu einem Kerl hingezogen gefühlt habe.

Vielleicht liegt es daran, dass er ein echter Mann ist und ich bisher nur mit Jungs ausgegangen bin. Meine Beziehungen waren süße Highschool-Schwärmereien oder unverbindliche College-Abenteuer mit Jungs in meinem Alter.

Van ist sechs Jahre älter als ich, innerlich gefestigt, erfolgreich und, nicht zu vergessen, heiß und grüblerisch. Es gibt da eine Hintergrundgeschichte, und obwohl ich nicht übermäßig daran interessiert bin, sie herauszufinden, bin ich sehr daran interessiert, ihn dazu zu bringen, mir Aufmerksamkeit zu schenken.

Bislang war ich nicht erfolgreich. Meine Versuche, ihn anzusprechen, sind alle gescheitert. Das einzige Mal, dass er von sich aus mit mir gesprochen hat, war vor etwa zwei Wochen, als er über meine Handtasche stolperte und mich anmeckerte. Er war Lucas ins Haus gefolgt, wo Stephanie und ich nach dem Spiel bereits auf sie warteten. Der Plan war gewesen, Steaks zu grillen und ein paar Bierchen zu trinken. Ich hatte wirklich gehofft, dass Van so entspannt sein würde, dass ich weiter gehen könnte als belanglos zu flirten, um seine Aufmerksamkeit zu ergattern. Doch knapp fünf Minuten nachdem er mich angemeckert hatte kam er wieder aus seinem Zimmer und kündigte an, dass er heute Abend weggehen würde. Die eigentliche Enttäuschung seiner Ankündigung war jedoch, dass er sagte, seine Pläne seien heiß und schmutzig.

Das ist ätzend, denn ich kann auch heiß und schmutzig sein, aber er will mich nicht einmal ansehen. Normalerweise würde ich denken, dass es sich um eine Art Bruderkodex handelt, da zwei meiner Brüder seine Teamkollegen sind, und damit könnte ich umgehen. Doch ich spüre, dass es bei Van etwas anderes ist. Ich glaube nicht, dass er überhaupt jemanden an sich heranlässt. In den vergangenen Wochen, in denen wir zusammen in einem Haus gewohnt haben, ist er mir erfolgreich aus dem Weg gegangen. Zugegeben, eine Zeit lang war er wegen der ersten Runde der Play-offs unterwegs, aber wenn die Männer zu Hause waren, blieb er tagsüber fort und kam erst spät abends zurück. Das könnte ein ganz normaler Tagesablauf bei ihm sein, doch ich habe den leisen Verdacht, dass es mehr mit mir zu tun hat als alles andere. Das bringt mich zum Lächeln.

Ich schaue in den Badezimmerspiegel und gebe meinem Make-up den letzten Schliff. Noch eine Schicht Wimperntusche und ein beerenfarbener Lippenstift, der fantastisch aussieht, weil ich die herrlichen Lippen meiner Mutter geerbt habe, die weich und voll sind.

Dann betrachte ich meine Erscheinung kritisch. Heute Abend ist erst mein zweiter Arbeitstag und ich hoffe, dass ich es mit dem Make-up nicht übertrieben habe. Ich will sexy aussehen, aber nicht hurenhaft.

Ich höre, wie sich die Haustür öffnet und wieder schließt, und aufgrund des leisen Geräusches vermute ich sofort, dass es Van ist. Trotz der Tatsache, dass er ein ziemliches Arschloch ist, bewegt er sich mit absoluter Gelassenheit und Anmut. Es ist, als ob er es wegen seiner Größe nicht nötig hätte, auf andere Weise zu punkten.

Und Gott, er ist wirklich groß. Ich dachte immer, meine Brüder wären groß, aber gegen Van sehen sie aus wie Zwerge. Ich schäme mich nicht, zu sagen, dass ich ihn nach unserem ersten Treffen gegoogelt habe, und ich kenne seine Statistik. Fast zwei Meter, hundert Kilo pure Muskeln. Das ist auf dem Eis auch nötig, denn er ist ein Enforcer und soll den gegnerischen Spielern zeigen, dass die Cold Fury es verdammt ernst meinen. Trotz seiner Größe ist er jedoch erstaunlich graziös auf seinen Schlittschuhen. Ich will damit nicht sagen, dass er da draußen Eiskunstlauffiguren oder so etwas macht, aber wenn er jemandem den Kopf gegen die Bande knallt, dann geschieht das fließend, fast so, als wäre es choreografiert.

Im Gegensatz zu diesem Körper, von dem ich mir vorstellen kann, wie er nackt aussieht, ist sein Gesicht ein komplettes Rätsel. Es ist hübsch. Wunderschön, um genau zu sein. Sein Haar ist dunkel und unordentlich, seine Wangenknochen sind hoch und sein Kiefer ist kantig und stark. Da er der harte Kerl des Teams ist, kann ich mir vorstellen, dass diese Nase in seiner Karriere schon ein oder zwei Schläge eingesteckt hat, und doch macht der leichte Höcker die Form natürlicher. Sein Mund sieht weich aus, und wenn er sich nicht gerade mit jemandem unterhält, wirkt er cool und umgänglich. Aber wenn man sich diese blaugrauen Augen genauer ansieht, die entweder eiskalt oder undurchdringlich wie Stahl sein können, erkennt man, dass er sich fest im Griff hat. Man weiß, dass man nie an seinem Äußeren vorbeikommt, um in sein Inneres blicken zu können.

Verdammt, das macht ihn noch attraktiver. Er ist ein typischer böser Junge und ich will ihn. Ich will ihn auf törichte, launische Weise. Er ist der Typ, hinter dem brave Frauen her sind, um ihn zu zähmen. Nur, dass ich keine brave Frau bin. Meine Brüder und meine Eltern glauben das, doch ich bin es nicht. Ich bin verdorben, frech und flirte gern. Auf nette Art, natürlich. Ich kann von einem Mann wie Van genauso wenig ablassen wie von Aspirin an einem Morgen mit Kater.

Ich atme tief durch, trete aus dem Bad und mache mich bereit, mein Zielobjekt zu treffen. Es ist eine Seltenheit, dass er hier ist, und noch seltener, dass er mit mir allein ist. Ich habe das Gefühl, dass er meine kokette Art nicht sonderlich schätzt.

Ich finde Van in der Küche, wo er sich ein Bier aus dem Kühlschrank holt. Als er die Tür schließt, sieht er mich dort stehen und ein Ausdruck von Resignation überzieht sein Gesicht. Er sagt kein Wort und dreht mir den Rücken zu, während er den Kronkorken öffnet und ihn in den Müll wirft.

„Du hast gestern Abend toll gespielt“, sage ich und lehne mich gegen die halbhohe Wand, die Küche und Wohnzimmer trennt.

Sie hatten das vierte Spiel der Serie gegen die Florida Spartans und haben sich den Sieg mit einer hervorragenden Torwartleistung meines Bruders Max und einer super Abwehrleistung von Van gesichert. Natürlich waren auch die anderen Spieler großartig und es war ein Teamerfolg, aber Van war fantastisch. Da das Spiel in Miami stattfand, musste ich es mir im Fernsehen ansehen, doch ihr könnt sicher sein, dass ich Van mit Adleraugen beobachtet habe, wenn er auf dem Bildschirm war. Ich habe beschlossen, dass mir, wenn ich schon eine stalkerähnliche Begierde nach ihm habe, keine Verrücktheit zu abgedreht ist.

„Danke“, murmelt er, als er an mir vorbei ins Wohnzimmer geht.

Er lässt sich auf die Couch fallen, auf der ich nachts schlafe, und nimmt die Fernbedienung in die Hand. Er stellt sein Bier auf seinen kräftigen Oberschenkel, der in der Jeans fantastisch aussieht, und richtet die Fernbedienung auf den Fernseher.

Ich trete ins Wohnzimmer und lehne mich gegen die andere Seite der halbhohen Wand. Ich setze mich nicht hin, denn ich weiß, dass mein Outfit toll ist, und ich möchte, dass er die volle Wirkung abbekommt. Skinny Jeans, High Heels und eine schulterfreie Bluse in Cremefarbe, die verdammt durchsichtig ist. Darunter trage ich einen nudefarbenen Spitzen-BH, sodass schwer zu sagen ist, was Haut ist und was nicht.

Van schenkt mir keinen Blick, während er zu den nationalen Nachrichten umschaltet.

„Was machst du heute Abend?“, frage ich ihn freundlich.

„Siehst du doch“, murmelt er.

Verdammt, es ist scheiße, dass ich arbeiten muss, denn es könnte Spaß machen, hier mit Van zu sitzen und Bier zu trinken. Ich bin sicher, dass er keine andere Wahl hätte, als mit einer tödlichen Kombination aus Alkohol und meinem Charme lockerer zu werden.

„Soll ich dir etwas zu essen machen, bevor ich gehe?“, frage ich.

Van seufzt leidgeprüft und schaltet den Fernseher aus. Er erhebt sich schnell von der Couch und geht in Richtung seines Schlafzimmers. Ich folge ihm und kann nicht glauben, dass ich ihn so sehr irritiert habe, dass er sich zurückzieht.

„Ich könnte schnell Spaghetti kochen“, sage ich, als er in sein Zimmer geht. Ich schlüpfe direkt hinter ihm hinein, bevor er die Tür schließen kann, und lasse mich auf dem Bauch auf sein Bett fallen. Ich stütze mein Kinn auf meine Hand auf und schenke ihm ein freches Lächeln, das meine Grübchen zeigt. Normalerweise sind sie unwiderstehlich.

Van starrt mich an. „Was zum Teufel willst du hier?“

„Ich versuche, dich kennenzulernen. Du machst es einem ziemlich schwer, weißt du.“

„Ich will dich aber nicht kennenlernen“, knurrt er. „Ich bin nur ein Mitbewohner auf Zeit bei deinem Bruder. Du bist nur ein Hausgast.“

Ich runzele die Stirn und ziehe einen bockigen Schmollmund. „Das verletzt meine Gefühle.“

„Offensichtlich nicht genug, um dich aus meinem Zimmer zu vertreiben.“

„Komm schon, Van. Gib mir eine Chance. Ich bin ein lustiger Kumpel und wenn du an Freundschaft mit gewissen Vorzügen interessiert bist, bin ich Dynamit im Bett.“

Vans Augenbrauen schießen in die Höhe. „Das hast du nicht gerade zu mir gesagt.“

Ich schaue ihn unschuldig an. „Warum nicht? Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Ob du es glaubst oder nicht, Frauen haben ihre Sexualität fest im Griff. Einige von uns haben sogar tatsächlich gern Sex“, sage ich verschwörerisch.

Vans Mund bleibt offen und zum ersten Mal sehe ich Verwirrung in seinen Augen. Nur kurz und sie erlischt so schnell, wie sie aufflammt, aber ich habe ihn aus dem Konzept gebracht.

„Ich habe sehr, sehr gern Sex“, füge ich hinzu, wohl wissend, dass ich den Bogen wahrscheinlich überspanne. „Und du siehst aus, als ob du fantastisch darin wärst. Also, ich bin jedenfalls fantastisch. Ich bin ziemlich gelenkig im Bett. Meine Beweglichkeit ist …“

Ich halte mitten im Satz inne, weil Van auf dem Absatz kehrtmacht und aus dem Zimmer stürmt.

Ohne zu zögern folge ich ihm. Ich finde ihn in der Küche, den Kopf nach hinten geneigt, während er das Bier in einem Zug leert. Als er fertig ist, wirft er die Flasche in den Müll und holt eine neue aus dem Kühlschrank.

Ich stelle mich sexy an die halbhohe Wand und warte darauf, dass er mich ansieht.

Schließlich sieht er mir in die Augen, nachdem er den Kronkorken der neuen Flasche geöffnet und weggeworfen hat. Mit einem Kopfschütteln sagt er: „Du tickst nicht richtig.“

„Quatsch. Ich glaube, dass du noch nie eine Frau hattest, die dich so direkt angemacht hat.“

„Hören wir an dieser Stelle einfach auf“, antwortet er kalt. „Ich bin nicht an dir interessiert.“

„Simone“, erwidere ich mit strafendem Blick.

„Simone was?“, fragt er und zieht verwirrt die Augenbrauen zusammen.

„Wenn du mir so etwas sagen willst, dann mit Überzeugung. Das klappt besser, wenn du mich beim Namen nennst. Zum Beispiel so: Ich bin nicht an dir interessiert, Simone.“

Van presst die Lippen aufeinander und in seinen Augen blitzt Wut auf. Er spricht seine Worte deutlich aus und beugt sich leicht zu mir vor. „Ich bin … nicht … an … dir … interessiert … Simone.“

Ich rümpfe die Nase und schüttele den Kopf. „Nein, das war nicht wirklich überzeugend. Aber ich mag, wie mein Name aus deinem Mund klingt. Versuche es noch mal, wenn du willst.“

Kurz befürchte ich, dass Van einen Schlaganfall erleiden könnte. An seiner Schläfe pulsiert eine Vene, und sein Kiefer ist so verbissen, dass ich sein Zähneknirschen hören kann. Er öffnet den Mund, um, wie ich vermute, die Worte zu wiederholen, aber ich beschließe, ihn ein wenig abzulenken. Ich lehne mich sexy gegen die halbe Wand und ziehe die durchsichtige Bluse über meinen Kopf. Ich lasse sie auf den Boden fallen und fahre mit einem Finger über den oberen Rand des Spitzen-BHs. Nacktheit ist etwas, womit ich mich sehr wohl fühle. Ich senke verrucht die Stimme. „Meinst du, ich sollte diesen BH zu der Bluse tragen? Ich befürchte, dass er ein wenig zu gewagt sein könnte.“

Weil er ein Mann ist und ich auch nichts anderes erwartet habe, fällt Vans Blick auf meine Brüste. Die Wut in seinen Augen ist immer noch da, aber ich werde mit einem Aufblitzen männlicher Wertschätzung belohnt, als er meinen Brüsten nicht nur einen flüchtigen Blick schenkt.

Er schaut mich an.

Ich meine, so richtig.

Ein Schauer der Erregung läuft mir über den Rücken, während er sich an mir sattsieht, und ich ziehe kurz die Möglichkeit in Betracht, dass ich heute zu spät zur Arbeit kommen könnte. Ich halte den Atem an und warte ab, was er tut.

Er hebt seinen Blick, um mir in die Augen zu sehen. „Immer noch kein Interesse.“

Tja, verdammt.

Ich werfe ihm einen schmollenden Blick zu, der nicht aufgesetzt ist. Ich bin wirklich enttäuscht. „Komm schon, Van. Ich stehe halb nackt vor dir. Ich weiß zufällig, dass meine Brüste fantastisch sind. Lucas ist heute Abend bei Stephy. Was zum Teufel stimmt nicht?“

„Du bist nicht mein Typ“, sagt er mit einem überheblichen Grinsen. „Ich mag Frauen etwas weniger hemmungslos.“

Ich würde nach Luft schnappen, wenn ich wirklich beleidigt wäre, aber das bin ich nicht. Ich benehme mich wie ein Flittchen, doch ich kann nicht anders. Schließlich habe ich dieses enorme Verlangen nach ihm. Ich muss ihn nur noch ein bisschen mehr mit meiner nervigen Art bezaubern. Und weil ich weiß, dass ihm meine Brüste gefallen haben, muss ich mehr Dekolleté zeigen.

Ich versuche ein letztes Mal zu bekommen, was ich will. Ich gehe ein paar Schritte auf ihn zu und schwinge die Hüften. Die Anstrengung ist umsonst. Vans Blick kehrt kurz zu meiner Brust zurück, bevor er mich wieder ansieht.

„Ich wette, wenn ich dich jetzt abtasten würde, würde dein Körper beweisen, dass du lügst“, sage ich leise.

Er antwortet nicht, aber seine Augen glänzen bei der Vorstellung, dass ich Hand an ihn lege.

„Oder ich lasse dich in Ruhe, und du gibst dafür wenigstens zu, dass du dich ein bisschen zu mir hingezogen fühlst.“

Kaum habe ich die Worte herausgebracht, steht Van mit seiner enormen Größe direkt vor mir. Er berührt mich nicht, ist jedoch so schnell auf mich zugekommen, dass ich zurückweiche, verblüfft von seinen katzenartigen Reflexen. Eine Zierleiste an der halbhohen Wand bohrt sich in meinen Rücken. Vans Nase stößt fast an meine. Unsere Körper sind lediglich wenige Zentimeter voneinander entfernt und ich bin leicht erregt.

„Ich werde das nur noch ein Mal sagen, Simone“, sagt er mit Betonung auf meinem Namen. „Ich bin nicht an dir interessiert, also geh mir aus dem Weg. Du willst doch nicht, dass ich sauer werde, oder?“

Mein Atmen hat sich in ein Keuchen verwandelt, und ich bin ziemlich sicher, dass meine Nippel nicht noch härter werden könnten. Er ist so nah, dass ich ihn küssen könnte, und trotz seiner warnenden Worte habe ich die Wölbung seines Schwanzes gesehen, der gegen seine Jeans drückt. Er kann es leugnen so viel er will, aber er steht total auf mich.

Ich lecke mir über die Lippen, um sie zu befeuchten, und beschließe, es mit Vernunft zu versuchen. „Van … ich glaube …“

Ehe ich mich versehe, hat Van seine große Hand an meinen Hals gelegt und seinen Daumen unter mein Kinn gepresst. Er drückt warnend leicht zu, was nicht schmerzt, aber mir einen Eindruck von seiner Kraft gibt. Er zwingt meinen Kopf leicht nach hinten und kommt näher an mein Gesicht.

„Letzte Warnung“, sagt er leise.

Verdammt, diese Augen. Nicht eisig oder undurchdringlich, sondern brennend vor Wut, Frustration und, Gott steh ihm bei … Begierde.

Er will mich.

Das hätte er nicht zeigen dürfen. Er hätte das Geheimnis vor mir bewahren sollen, denn jetzt bin ich noch entschlossener, seinen Panzer zu knacken. Gott helfe mir. Bisher wollte ich Van wirklich nur rein körperlich kennenlernen. Doch nun bin ich auf einer tieferen Ebene an ihm interessiert. Jetzt möchte ich herausfinden, wie ein Mann wie dieser tickt.

Vans Blick bohrt sich in meine Augen. Damit glaubt er, mich zum Gehorchen zu bringen, doch so leicht lasse ich mich nicht einschüchtern. Seine Finger drücken in meinen Nacken, vielleicht als zusätzliche Warnung, aber ich kann nur daran denken, dass ich es lieben würde, wenn er mich beim Sex so festhalten würde.

Nach einem weiteren intensiven Blick lässt Van von mir ab. Zum ersten Mal höre ich ihn durch das Haus stampfen. Schluss mit Anmut und Grazie. Er tritt auf wie ein Mann, der stinksauer und mehr als genervt ist. Er knallt sogar die Tür zu, als er aus dem Haus geht.

Ich stoße einen Seufzer der Niederlage aus und schaue auf die Uhr. Gleich muss ich arbeiten gehen. Ich werde meine Schicht damit verbringen, einen neuen Plan auszuhecken, denn meine bisherige Taktik funktioniert offensichtlich nicht.

Kapitel 3

Van

Die Haustür fliegt auf, Lucas stürzt hinein und fällt auf die Knie. Als er aufsteht, taumelt er, und man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um zu erkennen, dass er besoffen ist. Ich grinse amüsiert und nippe an meinem Bier. An den Abenden, an denen Simone arbeitet, kann ich mich zurücklehnen und entspannen. Ich muss nicht jede verdammte Sekunde auf der Hut sein und mich ständig gegen ihr Flirten und ihre sexuellen Anspielungen wehren, mit denen sie mich anmacht, sobald Lucas nicht in Hörweite ist.

Lucas versucht, einen Schritt nach vorn zu machen, stolpert aber nach rechts, wo er gegen die Wohnzimmerwand prallt.

Mein Gott, er ist total hinüber.

„Alles okay, Alter?“, frage ich, während ich mich auf meinem Sitzplatz auf der Couch nach vorn lehne. Ich stelle meine Bierflasche auf den Boden.

Er schaut langsam in meine Richtung und seine Augen sind glasig. Er sieht mich an, als würde er mich nicht einmal erkennen. Lucas antwortet auch nicht auf meine Frage, sondern versucht erneut, zu laufen. Diesmal kippt er nach vorn und knallt mit dem Gesicht voran auf den Teppich.

„Himmel noch mal“, sage ich und springe auf. Ich gehe neben ihm auf die Knie und drehe Lucas auf den Rücken. Ich rechne damit, dass er bewusstlos ist, doch seine Augen sind offen, wenn er mich auch nicht wirklich sieht. Er hat vom Teppich eine kleine Schürfwunde am Kinn, aber er hat Glück, dass er sich nicht die Nase gebrochen hat oder so.

Lucas versucht, sich aufzusetzen. Ich lege einen Arm um ihn, um ihm zu helfen. Er versucht weiterhin, sich vom Boden hochzustemmen, und ich helfe ihm, indem ich ihn auf die Beine ziehe.

„Alles in Ordnung?“, frage ich noch einmal, obwohl es das offensichtlich nicht ist. Nicht, dass Lucas nicht öfter mal etwas trinken würde, aber ich habe ihn noch nie so sturzbetrunken gesehen.

„Nein, ich bin verdammt noch mal nicht in Ordnung“, lallt er und zuckt mit den Schultern.

Ich lasse ihn los, und er beginnt sofort, sich zur Seite zu neigen, also packe ich ihn wieder.

„Okay“, sage ich, als würde ich mit einem Kind sprechen. „Dann wollen wir mal sehen, wie wir dich ins Bett kriegen, damit du dich ausschlafen kannst.“

„Scheiß drauf!“, ruft er und dreht sich so heftig von mir weg, dass ich meinen Griff um ihn lösen muss.

Er stürzt in die Küche und sieht sich einen Moment orientierungslos um. Sein Blick fällt auf eine halb leere Auflaufform mit Lasagne, die Simone heute Abend gemacht hat. Ich habe mich geweigert, mit ihr zu essen. Lieber habe ich mich in meinem Zimmer verkrochen, um ihren sündigen kleinen Körper nicht in Sichtweite zu haben. Aber ich habe etwas gegessen, nachdem sie zur Arbeit gegangen war. Es war verdammt lecker.

Lucas stolpert nach vorn, nimmt die Auflaufform auf und schleudert sie zu meinem großen Entsetzen mit einem wütenden Gebrüll quer durch die Küche. Sie schlägt gegen die Wand neben dem Kühlschrank. Die Lasagne explodiert in alle Richtungen, als wäre eine Bombe darin gewesen.

„Verdammte Stephanie!“, brüllt er, stolpert und fängt sich wieder. Er starrt mich an, schwankt, hebt eine zittrige Hand und zeigt auf mich. „Tu es nicht, Mann. Verlieb dich niemals. Es ist das verfickte Fegefeuer.“

Ich verzichte darauf, ihm zu sagen, dass er sich da keine Sorgen machen muss, denn das ist sinnlos. Daran wird er sich morgen sicher nicht mehr erinnern. Stattdessen packe ich ihn am Arm. „Komm schon, Alter. Ich bring dich ins Bett, damit du dich ausschlafen kannst.“

Lucas wehrt sich diesmal nicht, sondern schwankt brav in sein Zimmer. Ich schaffe es, ihn auf sein Bett zu bugsieren, wo er an die Zimmerdecke starrt. Ich lasse ihn für einen Moment allein und gehe zurück in die Küche, um Wasser zu holen. Ich hole auch einen Eimer, denn ich habe das Gefühl, dass er noch vor den Morgenstunden seinen Magen entleeren wird. Als ich zurück in sein Zimmer komme, starrt er immer noch an die Decke. Er hebt den Kopf nicht, aber er muss mich gehört haben.

„Warst du jemals verliebt, Van?“, fragt er, wobei seine Worte seltsamerweise nicht sehr undeutlich sind.

„Nein“, antworte ich, stelle eine Pillendose neben das Bett und öffne die Wasserflasche. „Kannst du dich aufsetzen? Du musst das trinken.“

Lucas sträubt sich ein wenig, schafft es aber, sich hochzuziehen, sodass er halb an das Kopfteil gelehnt ist. Ich reiche ihm das Wasser und beobachte, wie er es trinkt, wobei eine große Menge auf sein Hemd tropft.

„Stephy hat heute Schluss gemacht“, murmelt er, nachdem er mehr als die Hälfte der Flasche getrunken hat.

Ich stehe nur da und weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hatte noch nie einen engen Freund, mit dem ich über solche Sachen geredet habe, also habe ich keine Ahnung, ob er Mitleid, Ratschläge oder stille Solidarität sucht. Ich hoffe, es ist Letzteres, denn das ist alles, was ich anbieten kann.

„Ich habe ihr gesagt, dass ich sie heiraten und eine Familie mit ihr gründen will“, murmelt er kläglich. „Und weißt du, was sie geantwortet hat?“

„Was?“, frage ich, denn ich habe wirklich keine Ahnung. Ich kann mich mit diesem Gespräch nicht identifizieren.

„Sie hat gesagt, sie wolle Abstand“, sagt er verbittert und die Worte werden undeutlicher. „Sie will einfach nur wieder befreundet sein.“

„Das ist scheiße, Mann“, antworte ich leise, und es ist meine beste Idee, was in dieser Situation angemessen sein könnte. Ich kenne Lucas nicht sehr gut, aber ich habe erfahren, dass sowohl er als auch sein Bruder Max ein Herz aus Gold haben. Jeder im Team weiß das, und ich weiß, dass der Typ besonders traurig sein muss, weil Stephanie schwanger ist. Das hat er dem Team vor ein paar Wochen mitgeteilt und seine Aufregung war mit Händen zu greifen.