Venezianische Maskerade - Karin Kaiser - E-Book

Venezianische Maskerade E-Book

Karin Kaiser

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Beschreibung

Julia verbringt den Karneval in Venedig bei ihrer besten Freundin Gabriela. In einem Kostüm- und Maskenladen begegnet sie dem äußerst faszinierenden Marcello und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Doch der junge Mann hütet ein düsteres Geheimnis ...

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Karin Kaiser

Venezianische Maskerade

Ein düsteres Geheimnis

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Kapitel 1

Fahles Morgenlicht zwängte sich durch den schmalen Spalt zwischen den schweren rot-goldenen Vorhangschals und kitzelte mich wach. Ich gähnte herzhaft und öffnete die Augen. Der ganze Raum war in ein surreales rötliches Licht getaucht. Ich blickte auf eine hohe, mit Stuck umrahmte Decke, in deren Mitte ein kleiner Lüster mit tulpenförmigen Leuchten hing. An den Wänden klebten scharlachrote Tapeten mit einer goldenen Bordüre am oberen Rand. Verwirrt richtete ich mich auf. Wo war ich? Da fiel es mir wieder ein: Venedig!

Schon eine Ewigkeit hatte ich davon geträumt, einmal in Venedig zu leben; jetzt war ich in der Serenissima und durfte in einem Palazzo nächtigen. Nun ja, es handelte sich um einen kleinen Palazzo, aber immerhin. Ich schlug die Bettdecke zurück und sprang aus dem Bett. Das Morgenlicht blendete mich, als ich die schweren Seidenvorhänge zur Seite zog. Dann drehte ich mich neugierig um. Ich war gestern sehr spät in Venedig angekommen und hatte dann noch lange mit Gabriela zusammen gesessen, so dass ich von meinem Zimmer nicht viel wahrgenommen hatte. Es war ein kleines Zimmer, aber deswegen nicht weniger edel. Neben dem alten Fenster, an dessen Rahmen die weiße Farbe schon abblätterte, stand eine Frisierkommode im barocken Stil, über der ein Spiegel in einem verschnörkelten, messingfarbenen Rahmen hing. An der nächsten Wand stand ein kleiner, dunkler Sekretär und neben ihm ein ebenso dunkler Kleiderschrank im Barockstil.

Ich streckte mich kurz und beschloss, den Schlafmief zu vertreiben. Schnell schlüpfte ich in meine Hausschuhe und zog mir meinen weißen Morgenmantel an. Die alte Balkontür sperrte sich erstmal heftig gegen meine Versuche sie zu öffnen, aber nach einer Weile gab sie ächzend nach. Die kühle Morgenluft legte sich um meinen schlafwarmen Körper, als ich mich an das kunstvoll verzierte, steinerne Geländer des kleinen Balkons lehnte. Fröstelnd legte ich die Arme um meinen Oberkörper und blickte hinab auf einen kleinen Hof. Die zwei Bäume dort unten streckten anklagend ihre nackten Äste in den Nebel. Auch die Statue des geflügelten Löwen auf dem Sockel zwischen den Bäumen blickte vorwurfsvoll gen Himmel. Die Wintersonne war nur ein Schimmer hinter dem Nebel – noch ein paar Stunden und sie würde den Kampf gegen die feuchte Nebelwand gewinnen. Aber noch krochen Nebelschwaden über das lichte Gras und die großen alten Steinplatten. Die Feuchtigkeit legte sich auf meine Wangen, und meine Haare fingen an, sich zu kräuseln.

Nachdenklich schweifte mein Blick über den Hof. Ich konnte es immer noch kaum glauben, dass ich tatsächlich hier stand und nach Karneval hier anfangen würde zu studieren. Das hatte ich Gabriela zu verdanken. Sie stammte aus Venedig und war vorletztes Jahr nach Deutschland gekommen, um ihre deutschen Sprachkenntnisse zu verfeinern und nebenbei noch ein bisschen Touristik und Betriebswirtschaft zu studieren. Ein Lächeln glitt über meine Lippen als ich mich daran erinnerte, wie wir uns in der Uni-Cafeteria kennen gelernt hatten. Wir waren beide in Eile und stießen in der frontal zusammen. Natürlich ging Gabrielas italienisches Temperament mit ihr durch und sie schimpfte wie ein Rohrspatz. Auf Italienisch! Als Halbitalienerin verstand ich natürlich alle ihre Beschimpfungen und konterte entsprechend. Das war damals das erste und letzte Mal, dass ich sie sprachlos erlebt hatte. Einen Lachanfall später waren wir die besten Freundinnen. Und sie war es, die mich überredet hatte, hier eine Weile zu studieren. Ich hatte mich gerne überreden lassen – zum einen, weil ich schon immer einmal ins Ausland wollte, zum anderen, weil mich Venedig magisch anzog. Langweilen würde ich mich auf jeden Fall nicht, denn Gabriela hatte ihrer Großmutter versprochen, dass wir ihr im Hotel unter die Arme greifen würden, sofern das Studium dies zuließ. Und im Gegenzug dazu durften wir im Palazzo wohnen. Auf einmal begann mein Herz heftig zu klopfen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich hier noch einiges erleben würde.

Das Knarzen der Tür riss mich aus meinen Gedanken, und ich fuhr erschrocken herum. In der Tür stand Gabriela. Wie immer sah sie aus wie aus dem Ei gepellt. Ihr langes dunkles Haar trug sie heute offen, ihre dunkelbraunen Augen blitzten schon unternehmungslustig, und auf ihren Lippen lag ein fröhliches Lächeln. Obwohl sie lediglich eine normale Jeans und ein langärmeliges rotes Shirt trug, wirkte sie anmutig und elegant. Sie kam auf mich zu und umarmte mich freundschaftlich.

»Wie hast du geschlafen?«

Ich streckte mich noch einmal genüsslich und antwortete: »Wie ein Baby.«

»Gut, dann bist du ja fit. Wir haben nach dem Frühstück noch einen schönen Fußmarsch vor uns« sagte sie trocken.

Unwillig runzelte ich die Stirn: »Wohin gehen wir?«

»Wird nicht verraten«, antwortete sie seelenruhig und sandte mir einen unschuldigen Blick zu. »Hat was mit deinem Geburtstag zu tun.«

Mein Geburtstag? Der war doch schon im November gewesen. Gabriela hatte mir lediglich einen Blumenstrauß geschenkt und mir erklärt, der Rest des Geschenkes käme an Karneval. Meine Gesichtszüge entspannten sich.

»Das hört sich vielversprechend an.«

»Gut, dann komm hinunter in den Frühstücksraum wenn du fertig bist.«

Gabriela verschwand so schnell wie sie erschienen war. Fröstelnd schloss ich die Balkontür. Auf der alten Recamiere, die sich an das Fußende meines Bettes lehnte, stand noch mein offener Koffer. Seufzend packte ich ihn aus und verstaute meine Klamotten im Schrank. Bewaffnet mit meinem Waschbeutel, meinen Jeans und dem meerblauen Rollkragenpullover machte ich mich auf den Weg ins Bad. Es war modern und zweckmäßig eingerichtet. Lediglich der mit einem verschnörkelten Goldrahmen verzierte Spiegel

verriet, dass ich mich in einem Palazzo befand.

Ein blasses und noch verschlafenes Gesicht blickte mir im Spiegel entgegen. Ausnahmsweise war mein langes, dunkelbraunes Haar nicht völlig zerzaust und legte sich brav über meine Schultern. Meine blauen Augen unter den dunklen Augenbrauen blickten noch etwas kritisch. War es wirklich die richtige Entscheidung, nach Venedig zu kommen? Ich war noch nie so lange weg von meiner Familie gewesen und sie fehlten mir jetzt schon. Aber irgendwann musste ich mich ja abnabeln. Und hier würde ich Christoph endlich nicht mehr über den Weg laufen. Vier Jahre war ich mit ihm zusammen gewesen und erst vor kurzem hatte ich mit bekommen, dass er mich in diesen vier Jahren mit allem betrogen hatte, das weiblich war und zwei lange Beine hatte. Als wäre es nicht genug gewesen, dass er mich so kalt abserviert hatte, war ich ihm auch noch auf dem Weg zu meinem Zug nach Venedig über den Weg gelaufen. An seinem Arm hatte er eine rasant hübsche, blutjunge und langbeinige Südamerikanerin. Eine steile Ärgerfalte schlich sich zwischen meine Augen, als ich an sein bedeutungsvolles Grinsen dachte. Gegen diese Frau kam ich natürlich nicht an. Ich atmete tief ein und versuchte, meine Gesichtszüge zu glätten. Christoph war jetzt Geschichte, ich war jetzt hier in Venedig und ich würde hier bestimmt kein Kind von Traurigkeit bleiben. Schließlich gab es hier genügend hübsche Studenten. Meine Augen blitzten auf und ich war wieder mit mir selbst im Reinen. Ich spritzte mir eine große Ladung Wasser ins Gesicht und rubbelte es mit dem beigefarbenen Handtuch trocken, sodass es frisch und rosig aussah. Dann sprang ich in die Dusche.

Ungefähr eine Viertelstunde später sah ich zufrieden in den Spiegel. Die Falte zwischen meinen Augen war verschwunden und der blaue Pulli vertiefte den Blauton meiner Augen sehr vorteilhaft. Ich ging aus dem Bad, zog meine warmen Laufschuhe an und verließ das Zimmer. Der rot-goldene Teppich, der auf dem Flur lag, dämpfte angenehm meine Schritte. Die Marmortreppe war auch mit einem roten Teppich ausgelegt, und ich kam mir beinahe wie eine Königin vor als ich die Stufen hinab schritt. Am Fuß der Treppe bog ich nach links ab und ging durch die einladend geöffneten Flügeltüren in den größten Raum des Hauses, in dem auf altem Parkett dunkle Tische mit barock aussehenden Stühlen standen. Das reich gedeckte Frühstücksbuffet ließ keine Wünsche offen. Ich winkte zuerst Gabriela zu, die als einzige noch im Frühstücksraum an einem Tisch am Fenster saß, und deckte mich mit Kaffee, Croissant und ein wenig Obst ein.

»Du hast aber zugeschlagen!«, meinte Gabriela lachend, als ich an den Tisch kam.

»Wer weiß, wo du mich überall hinschleppst. Da muss ich gestärkt sein«, gab ich trocken zurück.

Gerade als wir mit dem Frühstück fertig waren, kam eine ältere Dame an den Tisch. Das musste Gabrielas Großmutter sein. Und sie war wirklich beeindruckend. Sie trug ein gelbes Kostüm und hatte ihre grauen Haare hochgesteckt. Ihre Augen waren schwarz wie Onyx und warm und lebensfroh, aber es stand auch ein geheimnisvolles Leuchten in ihnen. Ihre dezent rosenholz-rot gefärbten Lippen teilten sich zu einem herzlichen Lächeln, das einen Kranz Fältchen um ihre Augen zauberte.

»Buongiorno, Giulia!«, begrüßte sie mich mit einer dunklen, noch erstaunlich jung gebliebenen Stimme und reichte mir eine gepflegte, reich beringte Hand. Auch ihr Händedruck war erstaunlich fest für eine Frau in ihrem Alter. Sie war mir sofort sympathisch.

»Buongiorno«, antwortete ich heiser.

»Schön, dass du da bist, mein Kind. Gabriela hat mir schon viel über dich erzählt. Fühle dich hier

wie zu Hause.«

»Das tue ich jetzt schon. Danke.«

Gabriela machte Anstalten aufzustehen, und ich tat es ihr nach.