vera icona domini - Rainer Siegel - E-Book

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Rainer Siegel

4,7

Beschreibung

Die Kunstrestauratorin Anna Rabe glaubt im Gesicht Jesu auf griechischen Ikonen die Züge des Olympischen Zeus, einem der Weltwunder der Antike, zu erkennen. Martina Berg, eine Geisteswissenschaftlerin trägt weitere Vermutungen zu dieser These bei. Sie lernen Holger Stellenberg kennen, der sie über das möglicher Weise authentische Gesicht Jesu auf dem Schweißtuch der Veronika aufklärt: entgegen der allgemeinen Überlieferung sei es nicht das Tuch, mit dem sich Jesus auf dem Kreuzweg das Gesicht abgewischt hat, sondern das Tuch, das Jesus im Grab auf sein Gesicht gelegt wurde und das sein Gesicht zum Zeitpunkt des Erwachens aus dem Tode zeigt. Zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts verschwand dieses Bild und tauchte später in den Abruzzen wieder auf - jedoch als Fälschung, an der die Maler Albrecht Dürer und Raffael beteiligt waren. Martina Berg lernt einen greisen Jesuitenpater kennen, der die Theorie über Diebstahl und geheimen Aufenthaltsort des wahren Antlitz Jesu nochmals bestätigt und einen entscheidenden Hinweis gibt: Unter einem unbekannten Gemälde Albrecht Dürers soll das echte Tuch verborgen sein. Martina informiert Anna und ihren Mann Thomas. Gemeinsam sprechen sie mit Kardinal Hoffmann über das Thema, werden aber von seinem Sekretär Pietro Meira, einem Mitglied der „Bruderschaft des Antlitz Jesu“, belauscht. Stellenberg, der als strenger Lutheraner das Bildnisverbot äußerst ernst nimmt, heftet sich an die Fersen von Martina und Anna mit dem Vorsatz, das Tuch, sollte es gefunden werden, als Fälschung zu entlarven oder es notfalls zu zerstören. Pietro stößt im Auftrag Kardinal Meazzas und ohne das Wissen Hoffmanns, getarnt als brasilianischer Kirchenrechtler, ebenfalls zu der kleinen Gruppe, um deren „Schatzsuche“ zu überwachen. Martina beginnt eine Affäre mit Pietro, die diesen vor heftige Gewissensprobleme stellt. Anna und Martina gehen gewissenhaft den Spuren des Bildes nach, die sie schrittweise aufdecken. Sie führen zu Gérard Pecqueur, einem ehemaligen Novizen des Jesuitenordens, der das Bild 1941 vor den Nazis retten konnte und seitdem verborgen hielt. Pecqueur schlug danach eine weltliche Laufbahn ein und lebte in Lausanne. Dort nehmen die beiden Kontakt mit der Schwiegertochter Pecqueurs auf und können so letzte Puzzleteile zusammenführen. Die Suche spitz sich immer mehr zu, nachdem Kardinal Hoffmann eines morgens tot aufgefunden wird, Kardinal Meazza hat Killer auf Stellenberg ansetzt, die diesen übel zurichten, und Pietro Martina seine Priesterschaft beichtet. Schließlich gelingt es den Wissenschaftlern, das Bild zu bergen und das Geheimnis zu lüften.

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Vera Icona Domini -

Das Wahre Abbild des Herrn

Rainer Siegel

…es sei unseres Herrn Angesicht in ein Schweißtüchlein gedruckt. Und ist nichts denn ein schwartz Bretlin, viereckt. Da henget ein klaret lin für, darüber ein anderes klaret lin, welches sie auffzihen, wenn sie die Veronica weisen. Da kann der arme Hans von Jene nicht mehr sehen denn ein klaret lin für einem schwarzen bretlin

Martin Luther

Manoppello, 01.09.2006

Pünktlich um 9.45 Uhr landete der Hubschrauber von Papst Benedikt XVI. vor der Kirche des Abruzzen-Örtchens Manoppello. Fast 8000 Pilger hatten in den Straßen und auf dem Kirchplatz auf den Papst gewartet. Winkend und Hände küssend schritt Benedikt XVI. in Richtung Kirche. Spontan erklärte er der begeisterten Menge den Grund für seinen Besuch beim Volto Santo, dem Heiligen Antlitz Jesu: „Wir alle suchen doch das Angesicht des Herren. Wir alle wollen es besser verstehen, denn darin finden wir die Stärke der Liebe und des Friedens, die uns den Weg in unserem Leben weist.“

(…)

In seiner auf Videoleinwänden vor der Kirche übertragenen Ansprache mahnte der Papst zum Abschluss die Pilger: „Wer das Gesicht Gottes in den anderen und in den Ereignissen des Alltags erkennen will, der braucht unschuldige Hände und reine Herzen.“

www.tagesschau.de vom 01.09.2006

Prolog

Abruzzen, Montag, 12. Oktober 1506

Der Mann ging mit schnellen Schritten durch die Dämmerung. Der Feldweg war steinig und er musste in dem schlechten Licht auf seine Schritte achten. Er trug die einfache Kutte eines Franziskaners und sehr zu seinem Leidwesen auch nur Sandalen an den Füßen. Seine guten Stiefel hatte er mit seinen Kleidern, dem Mantel und seinem Reittier in der Herberge zurückgelassen. Es waren nur fünf Meilen zu laufen, aber die Sandalen schützten seine Füße nur mäßig und scheuerten obendrein. Aber egal, er wollte noch heute seine Mission erfüllen und dann so schnell wie möglich wieder verschwinden. Zunächst müsste er zurück nach Rom reiten und von dort mit der Kutsche nach Perugia fahren, um dem jungen Raffael das versprochene Geschenk zu bringen. Er musste lächeln, als er an den fröhlichen jungen Maler dachte. Vierundzwanzig Jahre jung, aber was für ein Talent! Und was für ein Frauenheld, der mit seinem unschuldigen Engelsgesicht der Damen Triebe auf unglaubliche Art erweckte. Sie hatten sich ein halbes Jahr lang mit dem Tuch und seinen Eigenschaften beschäftigt, hatten dafür zunächst die berühmte Reliquie in Turin studiert und das schemenhafte Gesicht darauf vermessen. Dank seiner Popularität hatte es keine Schwierigkeiten bereitet, das Tuch einen ganzen Tag lang studieren zu dürfen und sich ausgiebig mit der Darstellung des Toten zu beschäftigen. Er selbst glaubte nicht an die Echtheit des Grabtuches Christi, dafür hatte er schon zu viele hanebüchene Reliquien gesehen, aber alleine die Tatsache, dass es dieses Tuch mit seiner unerklärlichen Darstellung eines Gekreuzigten überhaupt gab, war schon beeindruckend. Das Gesicht des Toten war überraschend gut zu sehen, wenn man das Tuch von hinten beleuchtete und es war einfach gewesen, Skizzen in Originalgröße anzufertigen und die markanten Punkte des Schädels, wie Stirn, Wangen, Nase, Kinn und Mund millimetergenau zu dokumentieren. Die Arbeit im Atelier war ungleich schwieriger gewesen. Sie mussten lange experimentieren um eine Technik zu finden, das hauchdünne Gewebe zu färben, ohne Malspuren zu hinterlassen. Schließlich war es der Altmeister aus Florenz gewesen, der die rettenden Ideen hatte und die Technik entwickelte. Der Schlingel Raffael hatte es überaus spannend gefunden, als Modell für Christus dienen zu dürfen und sich redlich Mühe gegeben, einen einigermaßen heiligen Gesichtsausdruck zu zeigen.

Der Mann näherte sich jetzt dem Dorf und überprüfte nochmals seine Verkleidung. Er hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, sodass nur die untere Hälfte seines bärtigen Gesichts zu sehen war. Das lange gewellte Haar hatte er vorsorglich zu einem Pferdeschwanz gebunden und unter der Kapuze versteckt. Das kleine Päckchen, das er versteckt im Ärmel trug, wog fast nichts.

Es war mittlerweile beinahe dunkel und er gab Acht, nicht zu vielen Menschen zu begegnen, als er zielstrebig auf die Kirche zuhielt. Er trat zur Türe des Pfarrhauses und gab das vereinbarte Klopfzeichen. Die Türe wurde einen Spalt geöffnet und die großen Augen des jungen Priesters erschienen. Er öffnete den Mund um den Reisenden zu begrüßen, doch dieser legte einen Finger an die Lippen und gebot ihm zu schweigen. Langsam griff er mit der Rechten in den linken Ärmel seiner Kutte und zog das Päckchen vorsichtig heraus. Sachte, fast liebevoll nahm er es in beide Hände und streckte sie dem Priester entgegen. Mit zitternden Fingern griff der junge Mann danach und sah den Besucher fragend an. Dieser legte nochmals einen Finger an die Lippen, neigte das Haupt und verschwand in der Dunkelheit.

Vorsichtig packte der Priester das Päckchen aus und hielt den Schleier gegen das matte Licht seiner Lampe. Ehrfürchtig betrachtete er das Antlitz, das langsam sichtbar wurde. Das hauchdünne Tuch bewegte sich leicht in dem zugigen Raum und es schien ihm, als würde das Gesicht zum Leben erwachen. Es sollte kein Tag in seinem Leben mehr vergehen, an dem das wunderbare Antlitz sich ihm nicht neu und lebendig offenbarte. In all den Jahrzehnten, in denen er noch in dem kleinen Städtchen Manoppello dienen und diesen großartigen Schatz hüten sollte, reifte mehr und mehr die Überzeugung in ihm, dass ihm an jenem Abend ein Engel erschienen war und ihm die bedeutendste Reliquie der Christenheit überbracht hatte.

Paris, Freitag, 16.04.1943

Jetzt aber ein bisschen flott, sonst kracht’s! Der Reichsführer SS hat befohlen, das Bild ausfindig zu machen und will es persönlich dem Führer zum Geburtstag überreichen. Soll in das Führer-Museum nach Linz gebracht werden. Ich habe keine Lust, den Kopf dafür hinzuhalten, wenn ihr nicht einmal ein lausiges Bild aus einem Keller holen könnt!“