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Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Universität Karlsruhe (TH) (Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Das Mittelmeer in deutschen und europäischen Texten, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Mittelmeerraum hört nicht auf, sich selbst zu erzählen und sich selbst zu erneuern. Unzählige Landschaften und sämtliche Zivilisationen treffen aufeinander. Dort zu reisen heißt, auf römische und prähistorische Lebensbereiche zu treffen. Denn schon immer ist das Mittelmeer Schnittpunkt verschiedener Welten. Die Bildungsreisenden im 18. Jahrhundert brachen vorwiegend nach Italien auf, um die Faszination eines „besseren Landes“, indem Schönheit und Freiheit sich als zusammengehörig erweisen, zu erfahren und sich in die fremde Welt einzuleben. Johann Gottfried Seumes Blick auf Italien ist von Anfang an entgegengesetzt orientiert. Er beharrt auf seiner deutschen Andersartigkeit. Für ihn stellt sein Spaziergang keine Seelen-Kur dar, wie das Rom-Erlebnis für Goethe, sondern es geht ihm um eine Bestandsaufnahme durch einen kritischen Blick. In seinem Reisebericht Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 läuft er zu Fuß fast 6000 Kilometer von Rostock zu seinem Ziel Syrakus. Nicht, der Kunst oder der Sehenswürdigkeiten willen, sondern um sich selbst und der Menschen willen. Seine Wanderung quer durch ungesicherte, mitunter auch weglose Gegenden, ist eine „modern“ anmutende Mischung von Abenteuerlust, physischer Grenzerfahrung, radikalem Aufbruch ins Ungewisse und Flucht aus der gewohnten Umwelt, in der nicht immer leicht Fuß zu fassen ist. Diese Obsession kann ansteckend sein. Zwei Jahrhunderte später ist Seume für viele Menschen wieder aktuell, beispielsweise als Wanderer und kritischer Reiseschreiber. Und er erregt unsere Neugier, schon weil der unangepasste Querdenker in kein gängiges Klischee passt Genau diese Reise aktualisiert Friedrich Christian Delius und zwar zu DDR-Zeiten. Er erzählt die Geschichte eines DDR-Bürgers, dessen größter Traum es ist, auf Seumes Spuren den Spaziergang von Rostock nach Syrakus nachzulaufen. Er bereitet ihn sieben Jahre lang vor, bis ihm kurz vor der Wende die abenteuerliche Flucht im Segelboot tatsächlich gelingt. Im Hauptteil der Arbeit widme ich mich Seumes Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Welche Motivation hinter Seumes Reise steckt und worin sich seine Kulturauffassung von all den anderen unterscheidet, werde ich näher beleuchten. Warum läuft er gerade zu Fuß, wo es doch zu seiner Zeit schon einige bequemere Fortbewegungsmittel gab? Was bedeutet die mediterrane Welt in ihrem Ursprung und was ist sie jetzt? Und inwiefern unterscheidet sich Seumes Reise von den herkömmlichen Bildungsreisen?
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Johann Gottfried SeumesSpaziergang nach Syrakus im Jahre 1802mit Friedrich Christian DeliusSpaziergang von
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Der Mittelmeerraum hört nicht auf, sich selbst zu erzählen und sich selbst zu erneuern. Unzählige Landschaften und sämtliche Zivilisationen treffen aufeinander. Dort zu reisen heißt, auf römische und prähistorische Lebensbereiche zu treffen. Denn schon immer ist das Mittelmeer Schnittpunkt verschiedener Welten. Die Bildungsreisenden im 18. Jahrhundert brachen vorwiegend nach Italien auf, um die Faszination eines „besseren Landes“, indem Schönheit und Freiheit sich als zusammengehörig erweisen, zu erfahren und sich in die fremde Welt einzuleben. Johann Gottfried Seumes Blick auf Italien ist von Anfang an entgegengesetzt orientiert. Er beharrt auf seiner deutschen Andersartigkeit. Für ihn stellt sein Spaziergang keine Seelen-Kur dar, wie das Rom-Erlebnis für Goethe, sondern es geht ihm um eine Bestandsaufnahme durch einen kritischen Blick. In seinem ReiseberichtSpaziergang nach Syrakus im Jahre 1802läuft er zu Fuß fast 6000 Kilometer von Rostock zu seinem Ziel Syrakus. Nicht, der Kunst oder der Sehenswürdigkeiten willen, sondern um sich selbst und der Menschen willen. Seine Wanderung quer durch ungesicherte, mitunter auch weglose Gegenden, ist eine „modern“ anmutende Mischung von Abenteuerlust, physischer Grenzerfahrung, radikalem Aufbruch ins Ungewisse und Flucht aus der gewohnten Umwelt, in der nicht immer leicht Fuß zu fassen ist. Diese Obsession kann ansteckend sein. Zwei Jahrhunderte später ist Seume für viele Menschen wieder aktuell, beispielsweise als Wanderer und kritischer Reiseschreiber. Und er erregt unsere Neugier, schon weil der unangepasste Querdenker in kein gängiges Klischee passt
Genau diese Reise aktualisiert Friedrich Christian Delius und zwar zu DDR-Zeiten. Er erzählt die Geschichte eines DDR-Bürgers, dessen größter Traum es ist, auf Seumes Spuren denSpaziergang von Rostock nach Syrakusnachzulaufen. Er bereitet ihn sieben Jahre lang vor, bis ihm kurz vor der Wende die abenteuerliche Flucht im Segelboot tatsächlich gelingt.
Im Hauptteil der Arbeit widme ich mich SeumesSpaziergang nach Syrakus im Jahre 1802.Welche Motivation hinter Seumes Reise steckt und worin sich seine Kulturauffassung von all den anderen unterscheidet, werde ich näher beleuchten. Warum läuft er gerade zu Fuß, wo es doch zu seiner Zeit schon einige bequemere Fortbewegungsmittel gab? Was bedeutet die mediterrane Welt in ihrem Ursprung und was ist sie jetzt? Und inwiefern unterscheidet sich Seumes Reise von den herkömmlichen Bildungsreisen? Diese Fragen werde ich im Folgenden beantworten. Später gehe ich auf Delius ein und vergleiche dessen Reise mit der Seumes.