Verräter ihres Glaubens - Bruder Andrew - E-Book

Verräter ihres Glaubens E-Book

Bruder Andrew

4,4

Beschreibung

Ahmed hielt es nicht mehr aus. Jesus faszinierte ihn so sehr, dass der junge Mann in der Moschee öffentlich eine Frage stellte. Eine gefährliche Frage. Den Schlägen und Misshandlungen seiner Familie konnte er nach einigen Tagen entkommen. Doch wohin jetzt? Er muss untertauchen. Bald trifft er andere Männer und Frauen, die aus den gleichen Gründen wie er ihre Familie, ihre Arbeit, ihr ganzes soziales Netz verloren haben. Tastend suchen sie nach einem Weg, ständig in der Gefahr, verraten zu werden. Ihr Glaube könnte sie das Leben kosten. Radikale Islamisten und die Geheimpolizei sind ihnen dicht auf den Versen. Aber sie wollen nicht zurück. - Dies ist eine authentische Geschichte von Muslimen, die Christen wurden.

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Bruder Andrew / Al Janssen

VERRÄTERIHRES GLAUBENS

Das gefährliche Leben von Muslimen,die Christen wurden

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel„Secret Believers – What happens when Muslims believe inChrist“ bei Baker Book HouseCopyright © 2007 by Open Doors International

Deutsch von Dr. Friedemann Lux

Die Koranzitate aus:Der Koran, übersetzt von Max Henning, Vorwort vonAnnemarie Schimmel, Verlag Philipp Reclam, Stuttgart 1998

Die Bibelzitate, soweit nicht anders angegeben, aus:Lutherbibel 1984, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung,© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

4. Auflage 2011

© der deutschen Ausgabe

Brunnen Verlag Gießen 2008

www.brunnen-verlag.de

Umschlagfoto: Corbis, Düsseldorf

Umschlaggestaltung: Ralf Simon

Satz: Die Feder GmbH, Wetzlar

Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

ISBN 978-3-7655-4019-6

eISBN 978-3-7655-7150-3

INHALT

Einleitung: Der gute Dschihad

Teil 1: Verräter ihres Glaubens

Teil 2: Was sollen wir tun?

Nachwort

Anhang:

Ein Brief der verfolgten Kirche Christi in Afghanistan

Buchempfehlungen

Anmerkungen

Der Dienst von Open Doors

EINLEITUNG: DER GUTE DSCHIHAD

Der gute Dschihad. Das klingt wie „schwarzer Schimmel“. Bis wir die Bibel bei 2. Timotheus 4,7 aufschlagen, wo Paulus sagt: „Ich habe den guten Kampf gekämpft.“ In der arabischen Übersetzung der Bibel steht hier für „Kampf“ Dschihad.

Wir befinden uns in einem Kampf, genauer gesagt: in einem Krieg. Der Islam greift an. Millionen Muslime haben sich in Europa und Nordamerika niedergelassen, und wir müssen einsehen, dass zumindest einige von ihnen den Westen hassen. Wir haben den 11. September 2001 erlebt, die Terrorangriffe auf Bali, in Madrid, in London, die Ereignisse im Iran und Irak. Tausende Menschen sind gestorben, und extremistische Gruppen wie al-Qaida drohen mit weiteren Anschlägen.

Aber dies ist nicht der wirkliche Krieg. Es ist nicht der Kampf, den Paulus in seinem Brief an Timotheus meint. Sondern diese Dinge sind die Symptome eines geistlichen Kampfes, eines Konflikts in der unsichtbaren Welt. Wie werden wir Christen reagieren? Mit Maschinengewehren und Bomben? Ist dies wirklich unsere einzige Option? Lassen Sie es sich sagen: So kann man einen geistlichen Kampf nicht gewinnen. Unter anderem deswegen, weil dies eine rein defensive Reaktion wäre. Es ist Zeit, dass die Christen in die Offensive gehen!

Wie kämpfen wir also einen guten geistlichen „Dschihad“? Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns eine Gruppe von Christen anschauen, die unter dem Islam leben. Jawohl, es gibt eine Kirche in der islamischen Welt, in Ländern wie dem Iran, dem Irak, Indonesien, Pakistan, Ägypten und den Ländern des Nahen Ostens und Zentralasiens. In manchen dieser Länder kann die Kirche nur im Untergrund und unter größter Gefahr existieren. In anderen gibt es christliche Gemeinden bereits seit der Zeit der Apostel. Diese Kirchen haben die Geburt und den Vormarsch des Islam erlebt, oft unter großen Leiden und Verlusten. Wer wissen will, was auf die Kirchen in Europa und Nordamerika in der Zukunft zukommen könnte, der muss das Leben dieser Kirchen studieren; wir können von ihren Erfolgen und Niederlagen nur lernen.

Wir möchten Ihnen von diesen faszinierenden Christen in der islamischen Welt erzählen, aber wenn wir Ihnen sagen, wie sie heißen und wo sie wohnen, bringen wir sie und ihre Gemeinden in große Gefahr. Andererseits haben sie uns gesagt: Sie wollen, dass wir ihre Geschichten erzählen. Wir haben uns daher zu einem etwas ungewöhnlichen Vorgehen entschlossen. Der größte Teil dieses Buches, etwa 85 Prozent, ist in erzählender Form geschrieben. Alles, was Sie dort lesen, ist wahr. Wir haben nichts erfunden; in einigen Fällen haben wir lediglich aufgrund der Berichte von Freunden, die als Diener Gottes in der islamischen Welt leben, einzelne Lücken aufgefüllt.

Sie werden bemerken, dass die Geschichte in einem nicht weiter benannten Land im Nahen Osten spielt. Die Namen der Personen sind, außer bei Bruder Andrew, geändert, und in vielen Fällen sind die Personen Kombinationen von mehreren Individuen. Auf diese Weise möchten wir unsere Freunde schützen und Ihnen trotzdem den realen Alltag vorstellen, in dem diese Brüder und Schwestern im Glauben leben müssen. Ich (Bruder Andrew) komme in dieser Geschichte zwar vor, aber nicht als Hauptperson. Meine Aufgabe ist es, den christlichen Gemeinden in diesem muslimischen Land nach bestem Wissen und Gewissen zu helfen und Mut zu machen. Aber dies ist nicht meine Geschichte, sodass ich in diesem Buch in den Hintergrund trete und in der dritten Person über mich spreche, während meine Freunde im Vordergrund stehen.

Am Ende dieses Buches, im zweiten Teil, denken wir darüber nach, wie wir auf diese Geschichte reagieren können. Wir im Westen haben in dem guten Kampf eine wichtige Rolle zu spielen, und wir möchten Ihnen eine Strategie vorstellen, wie wir auf die Herausforderung des Islam reagieren können.

Doch zuerst möchten wir Ihnen einige erstaunliche Leute vorstellen. Lassen Sie sich mitnehmen in eine typische arabische Stadt, Suq al Khamis. Dort werden Sie Ahmed kennen lernen, einen Muslim, der vor großen Entscheidungen in seinem Leben steht, sowie Abuna Alexander, den Priester der St.-Markus-Kirche, der versucht, seine Gemeinde inmitten einer feindseligen muslimischen Gesellschaft am Leben zu erhalten. Als Nächstes lernen Sie Butros kennen, der gerade seine Ausbildung in England abschließt und sich entscheiden muss, ob er dort bleibt oder in seine Heimat zurückkehrt. Später kommt Butros’ Frau Nadira dazu; ferner Mustafa, der eine wichtige Rolle in der örtlichen Gruppe der Muslimbruderschaft spielt; Hassan, einer von Ahmeds besten Freunden; die junge Salima, die durch das Satellitenfernsehen Erstaunliches entdeckt; Kareem, ein hoher Regierungsbeamter; und Layla, ein christliches Mädchen, dessen Onkel zum Islam konvertiert ist.

TEIL 1

VERRÄTER IHRES GLAUBENS

1

IN EINEM LAND DES NAHEN OSTENS

Es war Sonntagmorgen in der Stadt Suq al Khamis, und Ahmed dachte an das Undenkbare. Der schlaksige Teenager marschierte in seinem Zimmer hin und her. Sollte er es wirklich riskieren? Er schaute zu dem Poster über seinem Bett hoch, obwohl er den Text auf ihm längst auswendig kannte:

Allah ist unser Ziel.

Die Botschaft ist unser Führer.

Der Koran ist unser Gesetz.

Der Dschihad ist unser Weg.

Auf dem Weg Allahs sterben

ist unsere höchste Hoffnung.

Es war der letzte Satz, der es Ahmed kalt den Rücken herunterlaufen ließ. Erst in der letzten Nacht hatte er wieder so einen Alptraum gehabt. Er saß in einer Grube voller Schlangen. Sie ringelten sich um ihn, stießen mit ihren Giftzähnen auf ihn zu. Er war schweißgebadet aufgewacht. Ja, jedem, der nicht treu die Säulen des Islam befolgte, verhieß Allah ewige Strafe. Die Träume wechselten; manchmal spürte er Flammen, die ihm das Fleisch versengten, dann hing er wieder an seinen Haaren in der Luft, während unsichtbare Hände ihm die Haut abrissen. Dies war die furchtbare Botschaft des Islam, wie die Gruppe der Muslimbruderschaft sie lehrte, die sich oft im Hause seiner Eltern versammelte. Ja, Allah war gnädig, aber er war auch ein Gott der Schrecken, der mit Wonne die Ungläubigen folterte. Und jeder Christ war so ein Ungläubiger oder kafir. Ahmeds einzige Hoffnung, der Hölle zu entkommen, war, ein vorbildliches Leben als Muslim zu führen oder im Dschihad zu sterben.

Aber dann war Zaki, sein bester Freund, auf die Universität gegangen und hatte Ahmed Briefe geschrieben – mit unerhörten Fragen, die den Kern ihrer Religion angriffen. Die beiden Jungen waren zusammen jeden Freitag in die Moschee gegangen und hatten den leidenschaftlichen Predigten ihres Imams gelauscht. Und sie waren in die christliche Schule in der kleinen Stadt gegangen; ihre Väter hatten gefunden, dass ihre Söhne dort am meisten lernten. Die Religion hatte eine wichtige Rolle an dieser Schule gespielt. Jeden Tag gab es eine Religionsstunde – eine für die Christen, die von Abuna Alexander, einem Priester der Episkopalkirche (der Anglikanischen Kirche im Ausland) aus der Stadt, erteilt wurde, und in einem anderen Klassenzimmer eine für die Muslime, die ein junger Absolvent der angesehenen islamischen Universität der Hauptstadt gab. Wenn Ahmed ehrlich war, dann hatte er während seiner ganzen Schulzeit noch nie mit seinen christlichen Klassenkameraden über die Religion gesprochen, außer im Scherz, wenn er und Zaki und ihr gemeinsamer Freund Hassan die christlichen Schüler zum Islam zu bekehren versuchten.

Jetzt also schrieb sein bester Freund das Undenkbare: dass vielleicht doch etwas dran war am christlichen Glauben. Zaki hatte ein Exemplar des Indschil (Injil) ergattert, des christlichen Evangeliums, und las jetzt heimlich über Isa (Jesus). Nicht, dass Jesus im Islam unbekannt war – er wurde oft im Koran erwähnt –, aber die christliche heilige Schrift zeichnete ein ganz anderes Bild dieses Propheten.

Ahmed zog den zerknitterten Brief aus seiner Hosentasche und las sie wieder, Zakis schockierende Worte: „Isa ist der erstaunlichste Mensch, der je gelebt hat. Ich muss ihn einfach mit unserem Propheten, Friede sei mit ihm, vergleichen. Mehr will ich jetzt nicht sagen. Besorge dir ein Indschil und lies selber. Reden wir, wenn ich in den Ferien heimkomme.“

Ahmed stopfte den Brief zurück in die Tasche und dachte wieder nach. Die Träume wurden immer schlimmer. Wenn er in der Kirche wirklich Antworten bekommen konnte, musste er es wohl riskieren. Aber er musste vorsichtig sein. Niemand in seiner Familie durfte davon wissen.

Er sauste durchs Wohnzimmer und zur Haustür hinaus zu seinem Motorroller. Er startete und fuhr in einer aufwirbelnden Staubwolke die ungepflasterte Straße entlang, bis er zur asphaltierten Hauptstraße kam. Der Verkehr war stark, wie immer morgens. Eselskarren, Lastwagen, die zur Hauptstadt unterwegs waren, hoffnungslos überladene Lieferwagen, die als Busse für den Nahverkehr dienten. Ahmed kam an Läden vorbei, an mehreren Moscheen und am belebten Markt – dem Suk (Suq), nach dem die Stadt benannt war –, bis er den Stadtrand erreichte. Dort stand eine aus Lehmziegeln gebaute Kirche, die nach dem heiligen Markus benannt war. Ahmed sah, wie mehrere Gläubige auf die Tür zugingen, wo Abuna Alexander in seinem schwarzen Talar und mit der schlichten Holzkreuzkette stand, um seine Gemeindeglieder zu begrüßen.

Ahmed parkte den Roller am Zaun der Schule gegenüber der Kirche. Er war unschlüssig. Was, wenn jemand ihn erkannte? Wie sollte er das hier seinem Vater erklären? Er schaute um sich und sah niemand Bekanntes. Er ging ein Stück die Straße entlang, überquerte sie und ging zurück zur Kirche. Er würde rasch hineingehen und sich unauffällig in die letzte Bank setzen.

Doch der Priester hatte ihn schon entdeckt. Seine Stirn runzelte sich. „Dich kenn ich doch“, sagte Vater Alexander, wie ihn seine Gemeinde nannte, und trat ihm in den Weg. „Aus der Schule, nicht wahr?“

Ahmed nickte.

„Na, das ist ja eine Überraschung! Und was bringt dich hierher zur St.-Markus-Kirche?“

„Ich möchte Sie nur mal besuchen. Ich mach Ihnen keine Probleme, ehrlich.“

Vater Alexander lachte nervös auf. „Also, das finde ich nicht so gut. Geh zurück nach Hause. Dies ist ein Ort für Christen. Wenn du in einen Gottesdienst willst, geh in die Moschee.“

So eine Begrüßung hatte Ahmed nicht erwartet. Er versuchte stockend, sich zu erklären. „Ich … ich will einfach mal selber sehen, was Sie so glauben.“

„Das tut mir leid, aber das ist hier nicht die richtige Zeit und nicht der richtige Ort.“ Die Stimme des Priesters wurde streng. Es war deutlich, dass er Ahmed nicht hineinlassen wollte.

„Kann ich dann wenigstens das Indschil ausleihen?“

„Für was willst du das Indschil? Du hast deinen Koran. Und jetzt geh. Der Gottesdienst fängt gleich an, und es ist nicht gut, wenn jemand dich hier sieht.“

Ahmed wollte protestieren, aber dann sah er, wie einige der Gläubigen stehen geblieben waren, um die merkwürdige Szene zu betrachten. Ade, heimlicher Kirchenbesuch. Wenn er noch länger blieb, würde womöglich jemand seinem Vater sagen, dass er hier gewesen war. Er drehte sich um und eilte über die Straße zu seinem Roller.

Was wollte dieser muslimische junge Mann in seiner Kirche? Abuna Alexander strich über seinen Bart, während er zuschaute, wie Ahmed auf seinem Motorroller davonbrauste. Der Priester kniff gegen das grelle Sonnenlicht auf dem Sand der Straße die Augen zusammen. Ein schläfriger Esel zog einen Karren mit einem Bauern an der Kirche vorbei, hinaus zu den Feldern, hinter denen drei Kilometer entfernt das nächste Dorf lag. In der Kirche warteten die etwa fünfzig Gläubigen darauf, dass Vater Alexander den Gottesdienst begann.

Es war nicht so, dass der Priester keine Muslime mochte. Er tat sein Bestes, ein guter Nachbar zu sein, auch jetzt, wo gleich nebenan eine neue Moschee erbaut worden war, deren Lautsprecher manchmal absichtlich so laut aufgedreht wurden, dass er in der Markus-Kirche kaum noch sein eigenes Wort verstand. Er hatte freundschaftliche Beziehungen zu mehreren Imamen. Jedes Jahr wünschte er ihnen ein gutes Eid al-Fitr (der Festtag am Ende des Fastenmonats Ramadan), und einige von ihnen wünschten ihm frohe Weihnachten. Doch zur Osterzeit erinnerten die Imame ihn immer daran: Die Muslime glauben nicht, dass Jesus am Kreuz gestorben war; Gott hatte ihn vorher weggenommen, sagten sie. Er fühlte sich immer hilflos, wenn er den christlichen Glauben gegen solche Angriffe zu verteidigen versuchte.

Die Koexistenz zwischen Christen und Muslimen war wacklig. Keine zehn Prozent der 75.000 Einwohner der Stadt bekannten sich zum Christentum, und das war schon mehr als anderswo. Auf dem Papier hatte in diesem Land jeder das Recht, seine Religion selber zu wählen, aber in der Praxis bedeutete dies lediglich, dass jeder, der wollte, zum Islam übertreten konnte. Im Koran stand, dass jemand, der den Islam verließ, ein Ungläubiger und Abtrünniger war, der getötet gehörte. Und mehr noch: Für den frommen Muslim stand die Scharia, das islamische Gesetz, das von der Muslimbruderschaft vehement verfochten wurde, über jedem anderen Gesetz. Diese Fundamentalisten fingen an, einigen in Pfarrer Alexanders Gemeinde Probleme zu machen. So hatten sie den Laden eines Goldschmieds, des treuesten Spenders der Gemeinde, ausgeraubt, und die Polizei hatte nur die Achseln gezuckt. An kleineren Orten war der Druck noch größer; in einem benachbarten Dorf hatten die Extremisten kurzerhand die Kirche angezündet.

Was brachte es also, wenn er einem Muslim erlaubte, seine Kirche zu besuchen? Es konnte seine kleine Gemeinde zerstören. Als Priester war er für die Menschen in seiner Kirche verantwortlich. Er musste sie vor den Wölfen beschützen, und einige der Muslime in dieser Stadt waren reißende Wölfe. In der Vergangenheit hatten sie mehrfach versucht, die Gläubigen zu täuschen und zu verschlingen, und immer wieder hörte man, dass Christen Vergünstigungen angeboten wurden, wenn sie zum Islam überträten.

Vor langer, langer Zeit war die Kirche in diesem Land stark gewesen. Unter den Menschen, die die Pfingstpredigt des Petrus hörten, waren auch Araber gewesen, und schon bald hatte sich das Christentum über die arabische Welt verbreitet. Bis im 7. Jahrhundert der Islam kam. Die Armeen des Propheten hatten die ganze Region überrannt und ganze Dörfer und Städte zwangsbekehrt. Die Christen, die nicht zum Islam übertraten, waren zu Bürgern zweiter Klasse geworden, zu Dhimmis, die dafür, dass sie existieren durften, Strafsteuern zahlen mussten und hundert Beschränkungen und Schikanen unterworfen waren. Und Dhimmis waren sie heute noch.

„Wir müssen aufpassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass uns manche Muslime schon betrogen haben“, hatte Abuna Alexander seinen Gemeinderat erinnert. „Sie haben so getan, als ob sie Christen wurden, nur um unsere Töchter zu verführen, sie zu heiraten und dann zum Islam zurückzukehren.“ So mancher junge Muslim war zu den Gottesdiensten gekommen, weil er sich angeblich für das Christentum interessierte; in Wirklichkeit ging es ihm nur um Mädchen mit nackten Beinen und ohne Kopftuch. Nein, er durfte nicht die Verfolger auch noch in seine Kirche einladen, damit sie die Frauen begaffen konnten.

Aber während er so dachte, meldete sich sein Gewissen: Er wusste doch, Gott wollte, dass alle Menschen zum Glauben kamen und gerettet wurden. Aber wie sollte das zugehen bei einem Muslim? Und welcher Christ konnte das wünschen? Verdienten die Muslime nicht Gottes gerechtes Gericht? Wenn er diesen jungen Mann in seinen Gottesdienst gelassen hätte, wäre die ganze Gemeinde in Gefahr geraten. Die Geheimpolizei wäre gekommen, um ihn zu verhören. Wenn sie wollte, konnte sie die Kirche sogar schließen, und das durfte er nicht riskieren. Der junge Mann wusste das bestimmt; wie konnte er nur …

Er hörte das Läuten der Glöckchen im Altarraum. Abuna Alexander ging in die Kirche, um den Gottesdienst zu beginnen.

2

IN ENGLAND, ZWEI JAHRE SPÄTER

Der Zug nach London ratterte durch die Landschaft. Sofern er nicht seinen versäumten Schlaf nachholte, genoss Butros es, die grüne Landschaft draußen zu betrachten, vielleicht einen Blick auf ein altes Bauernhaus mit Strohdach zu erhaschen. Die Hecken legten ihr grünes Gittermuster über die Felder und Wiesen mit ihren Schafen und Kühen und hin und wieder ein paar Shetlandponys. Es war so ein ganz anderes Bild als der ausgedörrte braune Boden zu Hause im Nahen Osten.

Bald war Butros mit seinem Studium fertig. Er stand vor einer großen Entscheidung. Sollte er in England bleiben, wo es mehrere Missionsgesellschaften gab, die seine Gaben brauchen konnten? Oder doch lieber in seine Heimat zurückkehren, wo die Christen unter der Knute einer vom Islam dominierten Kultur lebten?

Das innere Hin und Her war vor dem Examen immer stärker geworden, und Nadira machte es nicht einfacher. Die beiden studierten an benachbarten Universitäten und hatten sich bei einem Treffen christlicher Studenten kennengelernt. Wie Butros kam auch Nadira aus dem Nahen Osten. Sie genossen es, bei einem Kaffee zusammenzusitzen und sich auf Arabisch über ihren christlichen Glauben auszutauschen. Sie waren nicht fest miteinander befreundet, aber er wusste, dass er bald bei ihrem Vater um ihre Hand anhalten würde. Da sie aus verschiedenen Ländern kamen, wäre es einfacher, wenn sie sich auf „neutralem“ Boden in England niederließen, wo er auch viel bessere Möglichkeiten hätte, eine Familie zu ernähren.

Aber irgendwie spürte er, dass Gott etwas anderes mit ihm vorhatte, und er betete um irgendein Zeichen, was das war. Der Zug rollte in Victoria Station ein, die Reisenden erhoben sich, um sich zum Aussteigen fertig zu machen. Butros wartete, in Gedanken versunken. Erst als der Wagen fast leer war, stand er langsam auf und trat hinaus auf den Bahnsteig. Er ging mit seiner Umhängetasche durch den Bahnhof und hinunter zur U-Bahn, die ihn zu seiner Wohnung bringen würde.

Plötzlich hörte er eine Stimme, die ihn auf Arabisch ansprach. „Lieber muslimischer Bruder, vergiss nicht, zum Freitagsgebet in die Moschee zu kommen! Lass dich nicht vom Westen einwickeln! Wenn wir dem Weg Allahs folgen, werden wir England für den Islam gewinnen!“

Butros blieb stehen und starrte den Missionar an, dann antwortete er höflich: „Entschuldigen Sie, aber Sie irren sich. Ich bin kein Muslim, ich folge dem Herrn Jesus Christus.“

Der Blick des Missionars verfinsterte sich; er drehte auf dem Absatz um und marschierte ans andere Ende des Bahnsteigs. Als Butros in die U-Bahn einstieg und der Zug sich gerade wieder in Bewegung setzte, sah er aus dem Augenwinkel, wie der Missionar den nächsten nichts ahnenden Fremden ansprach.

Und dann hörte Butros es, wie eine innere Stimme: Dieser muslimische Missionar ist entschlossen, ein westliches Land für den Islam zu gewinnen. Kennst du nicht mehr den Missionsbefehl, den ich dir gegeben habe? Butros merkte: Dies waren nicht seine eigenen Gedanken, sondern die leise Stimme des Heiligen Geistes. Und sein Herz antwortete: Der gilt doch für die ganze Welt, Herr, ich kann doch hier in England bleiben und hier meinen Teil zur Erfüllung des Missionsbefehls beitragen.

Doch dann erinnerte er sich an die Worte Jesu: „… und werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde“ (Apostelgeschichte 1,8). Die Evangelisation der Jünger hatte in ihrer Heimat begonnen und sich dann nach außen hin ausgeweitet. Butros spürte, wie Gott auch ihn dazu rief, hinauszugehen – nur dass bei ihm dort „draußen“ seine Heimat war. Es wurde ihm mulmig bei dem Gedanken an die möglichen Folgen. Im Griechischunterricht hatte er gelernt, dass das Wort für „Zeuge“ das gleiche war wie das für „Märtyrer“. Hieß das womöglich, dass er zu Hause eines Tages den vollen, letzten Preis für das Zeugnis für Christus würde zahlen müssen?

Butros saß in der schaukelnden U-Bahn und kämpfte mit Gott. Hatten in seinem Land nicht viele Jahre lang Missionare gewirkt? Und jetzt war christliche Mission zwar nicht mehr erlaubt, aber dafür gab es ausländische Christen, die in verschiedenen normalen Berufen tätig waren und mit ihrem Leben ein Zeichen für Christus waren.

Wie sollte er, falls er denn nach Hause zurückkehrte, eine Familie ernähren? Gut, er konnte Pastor einer Gemeinde werden, aber Pastoren waren so arm wir Kirchenmäuse. Wenn er eine größere Arbeit aufbauen wollte, brauchte er Hilfe, und woher sollte er Mitarbeiter nehmen in einem Land, wo die Bevölkerung zu 95 Prozent muslimisch war? Was hatte Gott dazu zu sagen? Alles, was er hörte, war das Dröhnen des Zuges im Tunnel.

Fast hätte er seine Haltestelle verpasst. Er fuhr mit der Rolltreppe zur Straße hoch. Inzwischen regnete es draußen. Im Laufschritt legte er die kurze Strecke durch zwei Straßen zu seiner Wohnung zurück. Er öffnete die Tür und hob den Poststapel auf, der in den paar Tagen, die er fort gewesen war, durch den Briefkastenschlitz in der Tür auf den Fußboden gesegelt war. Das meiste waren Rechnungen und Werbung. Aber was war das? Ein Brief aus den Niederlanden. Er öffnete den Umschlag und zog einen Brief von Bruder Andrew heraus.

Butros hatte Bruder Andrew vor einem Jahr während eines Sommereinsatzes auf Zypern kennengelernt. Der altgediente Missionar hatte mehrere Vorträge für das Missionsteam gehalten. Nach der Veröffentlichung seines Buches „Der Schmuggler Gottes“, das beschrieb, wie Bruder Andrew Gemeinden in Osteuropa und der Sowjetunion mit dringend benötigten Bibeln versorgte, hatte er nicht mehr in die kommunistischen Länder reisen können. Daraufhin hatte er sein Interesse der islamischen Welt zugewandt. Seine Vorträge behandelten die Herausforderungen, vor die der Islam die christlichen Missionen stellte. Zwischen den Vorträgen hatte Bruder Andrew sich von Butros über die Probleme der Kirchen im Nahen Osten berichten lassen; er hatte gemeint, dass Gott hier vielleicht eine besondere Aufgabe für Butros hatte.

Was schrieb sein Mentor ihm jetzt? Butros verschlang die Worte: „Ich möchte dir Mut machen, nach deinem Examen zurück in deine Heimat zu gehen.“ Butros’ Augen füllten sich mit Tränen, als er die Sätze las. Sie erinnerten ihn so behutsam daran, dass er in seinem Land gebraucht wurde – gebraucht für die Arbeit, zu der Gott ihn gerade berufen hatte. Falls er noch Zweifel gehabt hatte, verflogen sie, als er den letzten Satz des Briefes las: „Ich weiß, dir muss das unmöglich vorkommen. Aber vergiss nicht: Ein Mensch mit Gott ist immer in der Mehrheit.“

Ein paar Wochen danach flog Butros nach Amsterdam, um Bruder Andrew zu besuchen und sich einen Tag lang mit ihm über die Möglichkeiten zu beraten, in seiner Heimat Gott zu dienen. Andrews Büro war wie eine Oase inmitten einer lauten, harten Welt. Von der Decke über dem Schreibtisch kam das leise Summen des Heizgeräts. Durch eine Tür schaute man in ein zweites Büro, dessen Fenster auf einen üppigen Garten ging, in dem Andrew einen Großteil seiner Zeit verbrachte, wenn es nicht regnete. Die Feuchtigkeit von einigen Regenschauern am Morgen ließ die Blätter der Bäume, Sträucher und der hohen Hecke zum Nachbargarten wie tausend Diamanten glitzern. Bruder Andrew saß in einem Schaukelstuhl, während Butros es sich auf einem verschlissenen Kunstledersofa bequem machte.

Butros ließ seine Augen durch das Zimmer schweifen. Er mochte die Bibliotheksatmosphäre, mit den Bücherregalen, die an zwei der Wände bis zur Decke reichten. An einer dritten Wand prangten Erinnerungsstücke aus Andrews Reisejahren. In der Mitte des Raumes stand ein großer alter Blasebalg, der als Couchtisch diente. Andrew erklärte, dass er aus einer Schmiede stammte. „Er erinnert mich daran, dass ich früher ein Schmied war und dass mein Vater auch Schmied war. Er hat sein Bestes getan, mir sein Handwerk beizubringen, aber er hat es nicht geschafft.“ Andrew zog einen kleinen Plüschhund aus der Öffnung des Blasebalgs heraus. „Drück jetzt ja nicht auf das Ding, sonst wird der ganze Teppich voll Russ.“

Butros lachte. „Danke, dass du dir die Zeit für mich nimmst“, sagte er.

Andrew hob die Hand. „Die Ehre ist ganz meinerseits. Ich bin hier, um dir so gut zu helfen, wie ich kann.“

„Also, als Erstes möchte ich dir sagen, dass ich beschlossen habe, in meine Heimat zurückzukehren. Ich glaube, Gott will, dass ich dort für ihn arbeite. Aber ich weiß nicht, wie ich das anfangen soll.“

„Anfangen? Na, am Anfang!“ Bruder Andrew lachte. „Das Erste ist, dass man geht. Als ich damals diese Broschüre über den kommunistischen Jugendkonkress in Polen las, habe ich meinen Pass geschnappt, mir eine Fahrkarte gekauft und bin nach Polen gefahren. Als ich dann dort war, habe ich mich nach den Brüdern umgesehen. Als ich die Gemeinden ausfindig gemacht hatte, ergab sich das andere wie von selbst.“

„Ja, das hast du schon öfter gesagt: ‚Ich suche die Brüder.‘ Aber was kommt danach?“

„Du hörst ihnen zu.“ Bruder Andrew nahm eine der vielen Bibeln, die auf verschiedenen Regalen standen, und schlug sie auf. „Das Buch der Offenbarung, Kapitel 2 und 3.“

„Die Sendschreiben an die sieben Gemeinden“, sagte Butros.

„Richtig. Es waren die Worte an die Gemeinde in Sardes in Offenbarung 3,2, die zu meiner Lebensberufung wurden: ‚Werde wach und stärke das andre, das sterben will.’ Aber ich möchte dich auf zwei Eigenarten dieser Briefe aufmerksam machen. Erstens: Jeder endet mit dem gleichen Satz: ‚Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!’ Das heißt: Der Heilige Geist hat uns in jeder Zeitepoche, in jeder Generation, in jeder Situation etwas zu sagen. Vor vielen Jahren sprach ich auf einer Pastorenkonferenz auf dem Ölberg über dieses Thema. Ein Pastor stand auf und fragte: ‚Andrew, sag uns, was sagt denn nun der Geist den Gemeinden?’ Das ist genau das, was ich dir nicht sagen kann. Du musst selber hören. Was sagt der Geist der Kirche in deinem Land?“

Butros schloss einen Augenblick die Augen, um über das nachzudenken, was Bruder Andrew da sagte. Es schien für ihn so selbstverständlich zu sein, gerade so, als habe er es schon Hunderte von Malen gepredigt – und gelebt. „Heißt das, dass ich mit den Kirchenführern reden soll? Den Bischöfen?“

„Du solltest den Kirchenführern schon mitteilen, was du tust. Aber geh vor Ort, in die Städte und Dörfer. Setze dich mit den Pfarrern und Pastoren zusammen und höre ihnen zu. Bitte sie, dir ihre Hoffnungen und Ängste zu sagen. Schau dir an, wie stark oder schwach ihre Gemeinden geistlich sind.“

„Ich glaube nicht, dass wir sehr stark sind“, murmelte Butros.

„Dann untersuche, warum das so ist. In der Bibel steht zum Beispiel, dass jeder Mensch in der Welt ein Recht darauf hat, das Evangelium zu hören. Was tut deine Kirche auf diesem Gebiet? Missioniert sie? Bewirkt sie etwas in der Gesellschaft? Kommen Menschen zum Glauben an Jesus Christus?“

„Aber wir leben in einer muslimischen Umgebung. Wir sind vielleicht fünf Prozent der Bevölkerung.“

„Will Gott, dass die Muslime das Evangelium hören?“

„Ja, sicher. Und das ist auch mein Herzenswunsch. Aber die meisten Christen bei uns haben Angst, für Jesus Zeugnis abzulegen.“

„Schön, was sagt dann Gottes Geist zu dir? Sollst du helfen, dass die Gemeinden in deinem Land stärker werden, sodass sie ein wirksames Glaubenszeugnis für die Muslime werden? Ich weiß, ich weiß – das ist riskant. Aber Gott hat auch etwas riskiert. Andere hat er gerettet, sich selber konnte er nicht retten. Wir müssen ins kalte Wasser springen und etwas riskieren, aber nicht aus Leichtsinn, sondern um andere zu retten. Ich weiß nicht, was das bei euch bedeutet. Vielleicht, dass Christen ihren Besitz aufgeben, um den Muslimen in ihrer Umgebung helfen zu können. Vielleicht, dass sie sogar zu den Anführern der Terroristen gehen und mit ihnen sprechen. Vergiss nicht: Wir sind da, um andere zu retten.“

Butros holte tief Luft. Was er da hörte, ging ihm an die Nieren. In seiner Heimat waren die Menschen selten so direkt in ihren Gesprächen. Aber Bruder Andrew hatte ihn mit der Nase auf die Probleme gestoßen, denen er gegenüberstehen würde, sobald er nach Hause zurückging. „Du hast gerade von zwei Eigenarten in diesen Briefen gesprochen.“

„Das Zweite ist, dass Jesus in jedem Brief von dem spricht, ‚der überwindet’. Das zeigt mir: Gott will, dass die Kirche in die Offensive geht. Sie soll nicht einfach überleben und weiterexistieren, sie soll expandieren. Und wenn sie das tut, haben wir Gottes Verheißung, dass die Tore der Hölle ihr nicht widerstehen werden. Aber wenn Jesus sagt: ‚Wer überwindet’, dann bedeutet das auch, es ist möglich, dass wir nicht überwinden. Hier habe ich damals meine Berufung bekommen, in Offenbarung 3,2: ‚Werde wach und stärke das andre, das sterben will.’“

„Ich habe den Eindruck, dass die Kirche in meinem Land nur noch überleben will.“

„Dann stärke sie. Gott hat ihr eine wichtige Aufgabe gegeben. Die Aufgabe der Kirche ist nicht, dass sie überlebt, sondern dass sie den Missionsbefehl Jesu erfüllt. Sie ist dafür da, alle Völker zu Jüngern zu machen. Du weißt, dass der Islam eine aggressiv missionarische Religion ist. Ein Großteil der christlichen Kirche stellt sich dieser Herausforderung nicht. Wir tun nicht das, was Gott uns aufgetragen hat. Wir sollen darauf hinwirken, dass die ganze Welt voll wird von der Erkenntnis des Herrn.“

„Hast du irgendwelche Konzepte, die ich benutzen könnte, die sich in anderen Ländern schon bewährt haben?“

Bruder Andrew schüttelte den Kopf. „Wir sind nie in ein Land gegangen und haben der kranken oder leidenden Kirche dort gesagt, welche Medizin sie nehmen muss. Sondern wir haben immer gefragt: ‚Was können wir für euch tun?’ Der Geist selber muss zu den Menschen reden. Wir gehen hinaus und stärken die Gemeinden, damit sie in ihrer Situation, unter einem politischen oder religiösen Regime, das ihre missionarische Arbeit behindert, funktionieren können. In Osteuropa brauchten die Christen vor allem Bibeln. In anderen Ländern gibt es keine theologischen Seminare, und die Pastoren brauchen dringend Schulung und Ausbildung. In vielen muslimischen Ländern sind die meisten Christen Analphabeten, sodass wir, um die Kirchen zu stärken, Lesekurse anbieten. Wieder in anderen Ländern sind die Christen am unteren Ende der ökonomischen Leiter, also helfen wir ihnen, sich als Kleinstunternehmer selbstständig zu machen, sodass sie sich selber ernähren können und ein größeres Gewicht in ihrer Umgebung haben.“

„Da höre ich schon die Einwände. Die Muslime werden uns nicht erlauben, zu evangelisieren. Die islamische Kultur unterdrückt die Christen. Die Pastoren werden sagen, dass es zu gefährlich ist, die Muslime zu missionieren.“

„Natürlich ist es gefährlich, aber es ist noch viel gefährlicher für uns alle, wenn wir es nicht tun. Selbst in einer siegreichen Armee gibt es Gefallene. Beim Missionsbefehl darf es uns nicht um unsere persönliche Sicherheit gehen. Die Kirche ist nicht dazu da, zu überleben, sie ist auch nicht dazu da, dass es ihr gut geht, sondern sie soll dienen. Wie sieht dieses Dienen bei dir und bei euch aus?“ Andrew machte eine kurze Pause. „Manchmal bringt das Dienen den Tod.“

Sie schwiegen einen Augenblick. Das Heizgerät hatte sich ausgeschaltet, und das einzige Geräusch war das sachte Trommeln des Regens auf dem Oberlicht.

Dann sagte Butros: „Ich will ganz ehrlich sein: Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“

Bruder Andrew sah ihn aufmerksam an. „Ich weiß.“ Seine Stimme war leise. „Du fühlst dich der Sache nicht gewachsen. Genau so ging es mir auch, als ich hinter den Eisernen Vorhang fuhr. Aber nach und nach bekam ich Verstärkung durch andere. Vergiss nicht: Du machst das ja nicht alleine. Der Heilige Geist ist bei dir und wird dich führen. Er wird andere Christen in deinem Land rufen und dir an die Seite stellen, und im Laufe der Zeit wirst du andere Missionare kennenlernen, die der verfolgten Kirche in muslimischen oder kommunistischen oder hinduistischen Ländern dienen. Die Christen im Westen helfen ebenfalls; wenn sie hören, was Gott durch dich tut, werden sie für dich beten und dich mit dem, was sie haben, unterstützen. Wenn du Gott gehorchst, wird er dir alles geben, was du brauchst, um seine Arbeit zu tun. Ich möchte dir hiermit sagen, dass ich jeden Tag für dich beten werde. Und wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann, um dir zu helfen, dann werde ich es tun.“

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EIN LAND IM NAHEN OSTEN, EIN JAHR SPÄTER

Ahmed spürte, wie seine Depressionen ihn wie viele wilde Tiere packen und in den Abgrund der Verzweiflung ziehen wollten. Schon wieder. Bestimmt würde er in der Nacht die nächsten Alpträume haben, wenn er seine Gedanken nicht in andere Bahnen lenkte. Er packte seinen Block und den Kugelschreiber und schrieb: „Der rationale Mensch, der Fragen, Zweifel und Vermutungen aufwirft, ist hundertmal größer als ein Gott, der mit der Schere des Zensors und dem Auge des Polizeispitzels herumläuft, um zu spionieren und zu beschlagnahmen.“ Er spürte förmlich, wie sein Zorn auf das Papier floss. Das Arabische war die perfekte Sprache zum Ausdruck solcher Gefühle, und die Tradition der arabischen Dichtung war in seiner Familie hoch angesehen. Dies hier waren gefährliche Gedanken, aber der zwanzigjährige Student wusste nicht, wie er das, was ihn umtrieb, auf andere Art in den Griff bekommen sollte. „Ein Mensch, der deine Meinung nicht teilt, aber dennoch höflich bleibt, ist hundertmal größer als ein Gott, der die abweichende Meinung oder kritische Stimme nicht ertragen kann – wie der zerbrechliche Thron eines Diktators.“

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