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Mutige Reformen wagen: wirtschaftlich, politisch, europaweit. Noch geht es uns vergleichsweise gut. Und doch sind die Zeiten ernst. Was müssen wir tun, um auch in Zukunft in Wohlstand leben zu können? Hans-Werner Sinn, Deutschlands einflussreichster Ökonom, versteht es wie kein anderer, dieser zentralen Frage mit Blick auf die wirklich wichtigen Aspekte nachzuspüren. Besonderes Unbehagen bereitet ihm die mangelnde Fähigkeit und Bereitschaft der meisten politischen Mandatsträger und Meinungsführer, sich mit ökonomischen Grundfragen zu beschäftigen, sich den wirtschaftlichen Realitäten zu stellen und diese in die richtige Politik umzusetzen. Sinn erklärt diese Realitäten kompakt und konkret. Und er fordert eindringlich ein weniger kurzfristiges, ein nicht nur an Wiederwahl und Machterhalt interessiertes Politiker-Verhalten und mehr politischen Mut – nicht nur bei der Bewältigung der Euro-Krise, sondern auch in anderen Handlungsfeldern zur Sicherung des Standorts Deutschland und seiner demokratischen Institutionen, seiner Unternehmen, Arbeitnehmer und Bürger. Sinn macht konkrete Vorschläge für Reformen rund um gute Wirtschaftspolitik, nach-haltige Staatsfinanzen, Wahlrecht und Finanzierbarkeit von Parteiprogrammen, um die mangelnde Langfristorientierung politischen Handelns endlich zu überwinden. Erstmals gibt er zudem Einblicke in seine Wertvorstellungen und die Entwicklung seines Denkens – als Wissenschaftler, wirtschaftspolitischer Mahner und Mensch. Hans-Werner Sinns neues Buch ist auch der Appell eines leidenschaftlichen Forschers und Europäers, die ökonomischen Fakten zur Kenntnis zu nehmen und die Politik zu ändern. Der neue Sinn: persönlich, streitbar, kompakt!
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Seitenzahl: 79
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1. Auflage 2013
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Herausgeber der »Edition Debatte« im Redline Verlag:Prof. Dr. Christoph Lütge und Jens Schadendorf, München
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Satz: Carsten Klein, München
E-Book: Grafikstudio Foerster, Belgern
ISBN Print 978-3-86881-486-6
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-442-4
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-443-1
Weitere Informationen zum Verlag
www.redline-verlag.de
Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort
Aufrütteln und verändern
Jenseits des Euro: Was Deutschland endlich anpacken muss!
Arbeit, Armut, Steuer – aber richtig!
Energiewunde statt Energiewende – Aussteigen aus dem Ausstieg
Familien, Mütter und Kinder nicht mehr diskriminieren
Zuwanderung als Zeitbombe – den Sozialstaat vor dem Kollaps schützen
Schule sinnvoll reformieren, aber nicht auf alles hören
Eine klügere Politik ermöglichen: Vorschläge für mehr Langfristigkeit
Auf einen Blick: Konturen eines neuen »Zukunftsprogramms für Deutschland«
Danksagung
Der Autor
Zehn Jahre ist es her: Im Jahr 2003 wurde die für unser Land so einschneidende Agenda 2010 beschlossen. Die Agenda-Gesetze waren umstritten, und sie sind es teilweise noch. In jedem Fall aber waren und sind sie erfolgreich – auch wenn Diskussionen darüber, wo sie Unerwünschtes bewirken und wie dies zu beseitigen wäre, unbedingt zu führen sind.
In etwa zeitgleich mit dem Agenda-Aufbruch erschienen die ersten Auflagen des Reformbuches Ist Deutschland noch zu retten? von Hans-Werner Sinn, Präsident des renommierten ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Auch Sinns Buch war erfolgreich, es wurde zum Verkaufsrekorde brechenden und mehrfach preisgekrönten Bestseller. Ein Zufall ist das wohl nicht, denn mit der Agenda 2010 hatte Sinn mehr zu tun, als viele wissen. Wolfgang Wiegard, ehemals Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der wirtschaftlichen Lage, beschrieb Hans-Werner Sinns Vorarbeiten in einem Leserbrief an den Spiegel als »intellektuelle Grundlage der Agenda 2010«. Spätestens seit dieser Zeit ist Sinn eine breit wahrgenommene öffentliche Person, der mit ihrer unbestechlichen ökonomischen Fachkompetenz zugehört wird, die als streitbar gilt und manchmal auch aneckt. Für eine fruchtbare Diskussion in Öffentlichkeit und Politik ist diese Kombination unverzichtbar.
Vor zehn Jahren war ich Hans-Werner Sinns Verleger. Nun, genau eine Dekade nach dem von ihm mitfundierten Agenda-Reformschub, wollte ich von ihm wissen, wie er unsere wirtschaftliche Entwicklung seither einschätzt und wo wir heute reformerisch aktiv werden müssen, um auch morgen und übermorgen gut leben können. Diese Fragen schienen mir mehr als berechtigt. Denn auf den ersten Blick mag es uns derzeit im Vergleich zu unseren europäischen Freunden gut gehen. Doch nur dies wahrzunehmen, ist trügerisch. Zugleich nämlich jagt eine Krise die nächste. Einige der Krisen treten deutlich zutage, etwa die europäische Finanzkrise. Andere schleichen sich unspektakulärer ins Bewusstsein, etwa die Krise der Alterssicherungssysteme, die Krise um die sogenannte Energiewende, die Krise des nachlassenden Vertrauens in unsere Politiker, in die Sinnhaftigkeit einer dezentral gelenkten Marktwirtschaft, in unsere demokratischen Institutionen und anderes mehr. Braucht es also eine neue »Agenda« – wie auch immer man sie dann nennen würde? Und welche Themen müsste sie angehen? Dieses kompakte Büchlein ist kein wissenschaftliches Werk, sondern auf eine ganz andere Art und Weise sehr fundiert, sehr kämpferisch und sehr persönlich zugleich. Denn es ist das Ergebnis mehrerer längerer Gespräche, die ich mit dem Autor im Winter 2012/2013 habe führen können. Diese interviewhaften Gespräche hatten den Vorteil, dass sie den Leser, vertreten durch mich, dort abholten, wo er sich gedanklich befinden könnte. Im Anschluss gab es eine Niederschrift, in der Themen geordnet wurden, und danach fanden zahlreiche gründliche Überarbeitungen und Ergänzungen durch den Autor statt. Einerseits blieb so die Dynamik und emotionale Lebendigkeit des persönlichen Gesprächs erhalten, andererseits wurden die rationalen Argumente vertieft. Daraus entwickelte sich eine Bestandsaufnahme wichtiger Herausforderungen, vor denen Deutschland heute steht. Natürlich gehört dazu auch unbedingt die Bewältigung der Eurokrise. Wir entschieden uns jedoch, in diesem Buch die europäische Finanzkrise und die Zukunft Europas nur am Rande zu streifen. Nicht weil diese Themen nicht wichtig und dringlich wären – das Gegenteil ist der Fall –, sondern weil Hans-Werner Sinn sich ihrer im Herbst 2012 mit seinem breit diskutierten WerkDie Target-Fallebereits gründlich angenommen hatte. Wir konzentrierten uns stattdessen auf jene wichtigen Reformhausaufgaben, die unser Land auch ohne seine europäischen Partner selbstverantwortlich und zeitnah angehen wollte und die infolge der Eurokrise zu sehr aus dem Blick geraten sind. Zu nennen sind etwa die gezielte Weiterentwicklung der Agenda 2010, das Fiasko der sogenannten Energiewende, die Überwindung der Diskriminierung von Familien, Müttern und Kindern, der demografisch induzierte drohende Fachkräftemangel, die Eindämmung des massiv anschwellenden Zuwanderungsstroms, der unseren Sozialstaat bedroht, oder das Unvermögen unserer Politik, langfristig tragfähige Entscheidungen zu treffen. En passant entstanden so erste Konturen eines neuen wirtschafts- und sozialpolitischen »Zukunftsprogramms für Deutschland«. Es wird Zeit, dass wir die darin formulierten Herausforderungen fester in den Blick nehmen und dabei nicht mehr nur »auf Sicht« fahren.
»Verspielt nicht unsere Zukunft«, ruft uns Hans-Werner Sinn mit diesem Buch zu: fachlich gewohnt versiert und kämpferisch, exakt auf den Punkt gebracht und verfasst mit dem Willen zu Aufklärung und Einmischung. Sinn bezieht teils unbequeme Standpunkte und ergreift Partei für das aus seiner Sicht politisch Richtige. Und doch ist er kein Mitglied einer politischen Partei und als Professor und Präsident eines staatlich geförderten Forschungsinstituts unabhängig und keinen wirtschaftlichen Einzelinteressen verpflichtet. Er äußert sich als Wissenschaftler und als engagierter Bürger, dem das Schicksal des Landes und seiner Menschen am Herzen liegt. Seine Meinungen sind sachlich und wissenschaftlich begründet, und sie decken sich mit dem gesunden Menschenverstand. Dass sie sich nicht immer mit dem decken, was heute Mehrheiten in Politik, Medien und Gesellschaft denken mögen, ist die Basis der intensiven Diskussion, die dieses Büchlein anstoßen will.
Jens Schadendorf
Co-Herausgeber der »Edition Debatte« im Redline Verlag
München, im April 2013
Herr Sinn, Sie gelten hierzulande nicht nur als einer der einflussreichsten Ökonomen, sondern auch als ein die Vernunft beschwörender Mahner und Aufrüttler. Politiker in Berlin und anderswo wollen Ihre Ratschläge dennoch nur allzu oft vom Tisch wischen ...
Unabhängig davon, was Politiker mit meinen Vorschlägen machen: Ich bin primär der deutschen Öffentlichkeit, also den Bürgern verpflichtet. Als Hochschullehrer und Präsident des ifo Instituts verdanke ich ihnen über die von ihnen gezahlten Steuern auch mein Gehalt. Wenn ich also informiere, aufkläre und aufrüttle, wie Sie sagen, so tue ich das nicht als Selbstzweck. Es ist mein Auftrag, mich zur Wirtschafts- und Finanzpolitik öffentlich zu äußern und Debatten zu initiieren und zu führen, wo ich es für sinnvoll halte. Betriebswirte helfen Betrieben und Volkswirte Völkern. Ich bin Volkswirt – in Diensten der deutschen Bürger und dem Ziel der guten Nachbarschaft in Europa verpflichtet.
Die Wirtschaftspolitik ist dabei der Kern meines Forschungsfeldes »Finanzwissenschaft«, und genau hier habe ich zu informieren und aufzurütteln. Die Finanzwissenschaft beschäftigt sichnichtvorrangig mit der Finanzwirtschaft, wie man vielleicht meinen könnte, sondern mit dem Staat und der Gesellschaft. Es handelt sich um einen historischen Begriff, der auf die staatlichen Finanzen statt auf die privaten abstellt. Finanzwissenschaft ist, vereinfacht ausgedrückt, die Lehre davon, was der Staat in einer Marktwirtschaft wie der unseren tut und tun sollte – also die Lehre davon, wo staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen richtig sind und wo nicht. Es geht darum, die Grenzlinie zwischen Staat und Markt zu ziehen und sinnvolle von unsinniger Staatsintervention zu unterscheiden sowie die geeigneten Instrumente für die staatliche Wirtschaftspolitik zu finden. Das Geschäft des Finanzwissenschaftlers, beziehungsweise des Volkswirtes im Allgemeinen, ist es also, die Marktfehler zu analysieren, darauf aufbauend sinnvolle Regulierungssysteme zu entwickeln und umgekehrt auch falsche Regulierungen zu kritisieren. Und daher frage ich heute: Was ist für die Menschen in Deutschland die richtige Wirtschaftspolitik? In Bezug auf den Euro, in Bezug auf den Arbeitsmarkt, in Bezug auf die Sicherheit der Rentenkassen, in Bezug auf die Banken, in Bezug auf die Umwelt und viele andere zentrale Bereiche. Es ist meine Verantwortung, diese wissenschaftlich begründbaren Erkenntnisse auch in die Öffentlichkeit zu tragen, in der Hoffnung, dass meine Argumente im politischen Prozess benutzt werden und zu einer rationaleren, zu einer besseren, langfristig tragfähigen Politik beitragen.
Das ist mein Anspruch. Das ist meine Hoffnung. Das ist auch meine Leidenschaft. Allerdings habe ich nicht die Illusion, dass meine Vorschläge im Politikbetrieb immer willkommen sind oder gar umgesetzt werden. In der Politik sind Interessen und Kräfte im Spiel, die den besten Argumenten oft nicht zuträglich sind. Dabei sind manche Argumente, die ich vorbringe, wissenschaftlich betrachtet unabweisbar, und sie müssten daher im Grunde sofort zu einer Politikänderung führen. Das tun sie aber nicht. Auch wenn ich die andersartige Logik des politischen Geschehens in Berlin, Brüssel und anderswo verstehe, stört mich die Ignoranz vieler Politiker gegenüber rational fundierten ökonomischen Argumenten. Sie macht mich ungeduldig – denn genauso, wie ich mich selbst als Wissenschaftler in der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft sehe, so sehe ich Politiker in einer solchen Verantwortung.