Verwirrung um Daniel - Friederike von Buchner - E-Book

Verwirrung um Daniel E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Charlotte und Sophie parkten den Wagen auf dem Parkplatz hinter der Oberländer Alm. Sophie blieb am Auto stehen und sah ihre Cousine ernst an. »Was hast du?«, fragte Charlotte. »Du siehst nicht gerade fröhlich aus.« Sophie nickte. Sie schluckte. »Mir geht es auch nicht gut. Vor lauter Aufregung, Großvater kennenzulernen, habe ich kaum geschlafen. Natürlich freue ich mich, gleichzeitig gehen mir so viele Gedanken durch den Kopf. Wie spreche ich ihn an? Was soll ich sagen? Das ist alles so ungewohnt. Und das liegt nur daran, dass ich ihn jetzt erst kennenlerne. Ich bin so wütend auf meine Eltern. Wie konnten sie mir und meinem Bruder unseren Großvater verheimlichen? Und was wird noch passieren? Meine Eltern hüllen sich in Schweigen. Wie werden sie reagieren? Vielleicht werden sie mir böse sein?

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Toni der Hüttenwirt – 255 –

Verwirrung um Daniel

Auf einmal ist alles anders!

Friederike von Buchner

Charlotte und Sophie parkten den Wagen auf dem Parkplatz hinter der Oberländer Alm.

Sophie blieb am Auto stehen und sah ihre Cousine ernst an.

»Was hast du?«, fragte Charlotte. »Du siehst nicht gerade fröhlich aus.«

Sophie nickte. Sie schluckte.

»Mir geht es auch nicht gut. Vor lauter Aufregung, Großvater kennenzulernen, habe ich kaum geschlafen. Natürlich freue ich mich, gleichzeitig gehen mir so viele Gedanken durch den Kopf. Wie spreche ich ihn an? Was soll ich sagen? Das ist alles so ungewohnt. Und das liegt nur daran, dass ich ihn jetzt erst kennenlerne. Ich bin so wütend auf meine Eltern. Wie konnten sie mir und meinem Bruder unseren Großvater verheimlichen? Und was wird noch passieren? Meine Eltern hüllen sich in Schweigen. Wie werden sie reagieren? Vielleicht werden sie mir böse sein? Möglicherweise sehen sie es als Vertrauensbruch an, dass ich hinter ihrem Rücken Großvater kennenlernen will? Ich bin völlig durcheinander, Lotte. Ich fühle mich, als würde ich in Stücke gerissen.«

Charlotte nickte verständnisvoll. Sie schloss das Auto wieder auf, und sie setzten sich hinein.

»So! Im Sitzen lässt es sich besser reden, Sophie«, sagte Charlotte. »Wir haben alle Zeit der Welt.«

»Ich habe Angst«, sagte Sophie leise.

Charlotte legte ihr kurz die Hand auf die Schulter und schaute sie mitfühlend an. »Ich verstehe dich, Sophie. Ich habe mich mit genau denselben Gedanken herumgeschlagen. Es war schlimm. Tausendmal und mehr fragte ich mich, soll ich oder soll ich nicht. Ich fühlte mich, als würde ich zwischen allen Stühlen sitzen. Ich war neugierig auf Großvater Alois. Gleichzeitig hatte ich Bedenken, wie meine Eltern es aufnehmen würden.«

»Was hatte dich dann doch dazu gebracht, die Berghütte zu besuchen?«

»Das war eine schwierige Entscheidung. Geholfen hat mir dabei die Erkenntnis, dass ich mich genauso schuldig machen würde, wenn ich mich weigerte, Großvater kennenzulernen. Ich würde das Verhalten meiner Eltern und deiner Eltern billigen.« Charlotte seufzte und strich sich eine Haarlocke hinter das Ohr. »Außerdem sagte ich mir, ich bin alt genug, eine eigene Meinung zu haben und meine Entscheidung zu treffen.«

»Hast du uns deshalb anfangs nichts darüber verraten?«

»Ja! Ich gebe zu, dass ich große Angst hatte, man könnte versuchen, das Treffen zu verhindern.«

»Da hast du sicherlich nicht falsch gelegen, Charlotte. Also, ich kann mir die Reaktion meiner Mutter lebhaft vorstellen. Außerdem spricht das Schweigen meiner Eltern Bände. Deine Eltern haben dich gestern noch angerufen. Du bist zu ihnen gefahren, und ihr habt euch ausgesprochen.«

»Ich hätte dich nicht damit belasten sollen, Sophie.«

»Du meinst, es wirft kein gutes Licht auf meine Eltern?«

Charlotte zuckte mit den Achseln. »Ich will mir kein Urteil erlauben, Sophie.«

»Himmel, Lotte! Was wahr ist, muss gesagt werden. Dass meine Mutter ein Biest sein kann, wenn es um Geld geht, das weiß ich. Mein Vater passt sich an. Das habe ich schon als Kind herausgefunden. Ich sagte mir oft, als ich älter war, dass die Liebe seltsame Blüten treibt. Aber jetzt ist alles für mich sehr schwer. Wieweit müssen Eheleute zusammenhalten? Warum passt man sich dem Ehepartner an, auch wenn der Unrecht hat? Das macht mir Angst, Lotte. Deshalb möchte ich mich am liebsten nie verlieben.«

»Mm, irgendwie kann ich das verstehen, Sophie. Aber uns muss es ja nicht so ergehen. Ich habe mir geschworen, immer meinem Herzen und meinem Gewissen zu folgen, egal was mein Mann denkt und tut, sollte ich mal einen haben.«

»So sollte es sein. Andererseits muss es aber in einer Familie Zusammenhalt geben.«

Charlotte trommelte leise mit den Fingern auf das Lenkrad. »Du hast Angst vor dem großen Streit?«

»Ja,« sagte Sophie leise und nickte. »Wie schwierig sie auch sind, ich liebe meine Eltern und meinen Bruder. Es ist nicht leicht. Wenn ich nur wüsste, wie Vater es aufgenommen hat. Warum hat er sich nicht gemeldet?«

Charlotte dachte einen Augenblick nach.

»Es kann doch sein, dass er deiner Mutter noch nichts erzählt hat. Vielleicht war er sehr überrascht und will erst einmal alleine darüber nachdenken und eine Entscheidung fällen? Er hat jetzt eine Chance, eine zweite Chance. Wo steht geschrieben, dass er deiner Mutter etwas erzählen muss? Er kann doch ein Geheimnis haben, wie ich es hatte. Er kann seinen Vater auf der Berghütte besuchen, ohne dass deine Mutter etwas davon erfährt. Vielleicht war dein Vater genauso unglücklich wie mein Vater? Es kann sein, dass er schweigt, bis die beiden sich in der nächsten Woche wieder zum Stammtisch treffen.«

Sophie schaute sie mit großen Augen an.

»Das würde passen«, sagte Sophie dann nachdenklich »Und dann ist da noch mein Bruder Kuno. Ich bin gespannt, wie er es aufnimmt. Er hat mich noch nicht angerufen und auch keine SMS geschickt. Es war schon merkwürdig, wie er gestern davon gestürzt ist.«

»Habe Geduld, Sophie! Außerdem solltest du dir nicht so viele Gedanken machen über deine Eltern und deinen Bruder. Es geht jetzt alleine um dich. Es gibt nur die eine Frage: Willst du unseren Großvater kennenlernen?«

Sophie nickte. Sie hatte hochrote Wangen. »Sind viele Leute auf der Berghütte? Es wird Aufsehen erregen oder?«

Charlotte zog ihr Handy aus der Hosentasche.

»Das lässt sich alles regeln. Also, ich mache mich jetzt auf den Weg. Kommst du mit zur Berghütte? Denke nach!«

Charlotte stieg aus dem Auto. Sie entfernte sich so weit, dass Sophie nicht hören konnte, wie sie telefonierte.

Sophie stieg aus dem Wagen.

»Ja, ich komme mit«, rief sie.

Charlotte beendete das Gespräch.

»Dann lass uns gehen! Ich habe mit Großvater gesprochen. Er wartet hinter der Berghütte auf uns. Dort sind wir allein. Dorthin kommt kein Hüttengast. Dort hackt Toni das Holz, und Anna hängt die Wäsche auf. Außerdem spielen die Kinder hinter der Berghütte, wenn sie ungestört sein wollen.«

»Das ist gut«, seufzte Sophie.

Charlotte schloss das Auto ab, und sie gingen los.

Toni und Anna begrüßten Charlotte und Sophie, als sie auf der Berghütte ankamen.

»Euer Großvater wartet hinten. Er ist sehr aufgeregt und freut sich«, sagte Toni. »Anna hat euch Kaffee und Kuchen hingestellt. Ihr trinkt schön zusammen Kaffee und plaudert! Du wirst sehen, Sophie, es wird alles ganz einfach sein.«

Charlotte gab Toni ihren Rucksack. Dann nahm sie Sophie an die Hand und zog sie mit sich fort.

Auf dem Holzplatz hinter der Berghütte stand ein Tisch. Darauf lag eine schöne weißblau karierte Tischdecke. Der Tisch war für drei Personen gedeckt. In einer Vase standen Wiesenblumen.

Charlotte hakte sich bei Sophie unter, als sie auf Alois zugingen, der vom Tisch aufstand.

»Grüß Gott, Großvater!«, sagte Charlotte und küsste ihm die Wange.

»Hier bringe ich dir deine andere Enkelin. Das ist Sophie.«

»Grüß Gott, Sophie! Ich bin dein Großvater. Sei mir herzlich willkommen! Dank sei dem Himmel und den Engeln vom ›Engelssteig‹, dass wir uns kennenlernen.«

Der alte Alois streckte Sophie die Hand entgegen. Sie schüttelten sich zuerst lange die Hand, dann zog Alois das Madl in seine Arme. Sophie wurden die Augen feucht und Alois ebenso.

»So, jetzt trinken wir Kaffee und essen Kuchen. Setzt euch!«

Alois bediente seine Enkelinnen.

»Du kannst mich alles fragen, was du fragen willst, Sophie«, sagte er.

Sophie zuckte mit den Schultern. »Ich habe keine Fragen, vielleicht kommen die später. Es ist nur, dass ich das Ganze immer noch nicht fassen kann. Das ist doch hirnrissig, richtig deppert, diese langen Jahre des Schweigens über dich, Großvater«, stieß Sophie hervor. »Mir fehlen einfach die Worte.«

»Das kann ich verstehen, Sophie«, sagte der alte Alois. »Doch denke nicht an die Vergangenheit! Das kann niemand ändern. Die Gegenwart und die Zukunft sind wichtig.«

»Du bist nicht ärgerlich und wütend?«

»Nein, das bin ich nicht. Ich habe mich auch nicht gerade so verhalten, wie ich es sollte. Hauptsache, jetzt wird ein neuer Anfang gemacht. Du und Charlotte – ihr habt den Weg hier herauf gefunden und ich hoffe, es gibt bald eine richtige Familienzusammenkunft.«

»Großvater«, sagte Charlotte, »was meine Eltern angeht, kannst du Hoffnung haben. Ich hatte gestern Abend noch eine Aussprache mit ihnen. Mein Vater war die ganzen Jahre über sehr unglücklich. Das hat er mir gestanden. Er war erleichtert, als er erfuhr, dass ich oft bei dir zu Besuch bin. Er lässt dich grüßen. Es tut ihm alles sehr leid. Er hat sich von Harald beeinflussen lassen und von Tante Karola. Er bedauert es sehr. Das soll ich dir schon einmal sagen, bevor er es dir selbst sagt.«

Alois griff über den Tisch und tätschelte seiner Enkelin Charlotte die Hand. Er lächelte glücklich.

»Sage Emil, dass er jederzeit herzlich willkommen ist. Er wird von mir keine Vorhaltungen zu hören bekommen. Richte ihm aus, das ich mich freue, ihn und Monika zu sehen!«

»Das werde ich machen. Papa und Mama werden sich freuen.«

Charlotte griff zu ihrem Handy und schickte ihren Eltern eine SMS.

Sie lautete:

Sophie und ich sind auf der Berghütte. Großvater Alois freut sich auf euch. Papa, du musst keine Angst haben und dich nicht schämen. Ich soll ganz liebe und herzliche Grüße senden.

Sophie und ich bleiben einige Tage.

Grüße Lotte

Alois lenkte geschickt das Gespräch. Er sah, dass Sophie immer noch gehemmt war. Für das Madl war es schwer zu verstehen, was lange vor ihrer Geburt geschehen war. Alois erinnerte sich daran, als sei es gestern gewesen, wie sein ältester Sohn Harald ihn mit seiner Freundin Karola auf der Berghütte besuchte. Dann war der fatale Streit entstanden. Die geschäftstüchtige Karola legte Alois nahe, die alte Berghütte zu verkaufen und nach München zu ziehen. Die Berghütte sei altmodisch und wenig profitabel. Sie schlug vor, von dem Geld Harald auszuzahlen, also ein vorzeitiges Erbe. Für Emil, den jüngeren Buben von Alois, wollte Karola das Geld anlegen, bis der volljährig wäre. Alois und sein Frau Hedwig könnten ja anderweitig Arbeit suchen und in eine kleine Wohnung ziehen. Alois weigerte sich entschieden, die Berghütte aufzugeben. Es kam zum großen Streit, und danach sah Alois seinen Buben nie mehr. Emil, der damals noch zur Schule ging, zog nach München und machte, mit Unterstützung seines älteren Bruders und dessen Frau, eine Lehre, dann die Meisterprüfung. Dabei schloss er sich seinem älteren Bruder immer mehr an. Schließlich hatte auch Emil keinen Kontakt mehr zu seinen Eltern. Hedwig wurde krank und starb, ohne ihre Buben wiederzusehen. Alois wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass seine Enkelkinder gar nicht ahnten, dass die Großeltern und später Alois noch lebten. Dass man Charlotte, Sophie und Kuno in dem Glauben aufwachsen ließ, es gäbe väterlicherseits keine lebenden Verwandten mehr, schmerzte ihn sehr. Das gab er aber nie zu. Denn er wollte seinen Enkelkindern das Herz nicht schwer machen. Außerdem freute er sich sehr darüber, dass ein guter Weg eingeschlagen worden war und lebte in der Hoffnung, dass er Emil und Harald bald in die Arme schließen könnte.

»So und jetzt erzählst du mir, was du machst, Sophie!«, forderte Alois seine Enkelin auf. »Ich weiß schon ein wenig über dich von Charlotte.«

»Was soll ich dir sagen? Ich habe das Uhrmacherhandwerk erlernt. Es macht mir viel Freude, die alten Uhren zu reparieren.«

»Wir haben drinnen im Wirtsraum eine ganz alte Wanduhr. Sie läuft auf die Minute genau. Willst du sie sehen?«

»Gern! Ich bin sehr neugierig auf die Berghütte. Lotte hat erzählt, es sei alles noch so, wie es damals gewesen war, als Papa und Onkel Emil hier aufgewachsen sind.«

Der alte Alois schmunzelte. »Fast ist es noch so. Sagen wir zu neunzig Prozent.«

»So? Was ist anders?«

Sophie schaute Alois fragend an.

»Damals habe ich das Bier aus dem Tal heraufgeschleppt, Fass für Fass auf dem Rücken heraufgetragen. Heute wird das Bier mit dem Hubschrauber gebracht. Einer von Tonis Freunden ist Leiter der Bergwacht in Kirchwalden und Hubschrauberpilot. Es müssen Übungsflüge absolviert werden. Das ist Vorschrift. Dabei geht es auch darum, Lasten abzusetzen und Lasten aufzunehmen. Die Last sind die vollen und leeren Bierfässer. Damit ist allen geholfen.«

»Tolle Sache!«, sagte Sophie. »Und was ist noch neu?«

»Als Toni und Anna die Berghütte übernommen hatten, kaufte Toni eine Waschmaschine und dazu einen Stromgenerator. Deine Großmutter hatte die Wäsche noch auf dem Herd gekocht. Jetzt ist es einfacher. Wir benutzen zwar kein elektrisches Licht, aber wir bieten jetzt den Hüttengästen die Möglichkeit, ihre Handys aufzuladen. Das mit den Handys finde ich gut. Da kann man schnell Hilfe holen, wenn es sein muss. Früher war das sehr mühsam und hat gedauert. Doch komm mit, ich zeige dir alles!«, sagte der alte Alois.

Er ging mit Sophie hinein. Charlotte deckte den Tisch ab, stellte alles auf ein Tablett und gab es Anna durch das Küchenfenster. Anschließend setzte sie sich auf die Terrasse und schaute über das Tal.

Sie wollte Alois und Sophie Zeit für sich geben.

Alois macht mit Sophie einen Rundgang durch die Berghütte. Sophie war begeistert.

»Nun, wie gefällt es dir?«, fragte Anna, als die beiden in die Küche kamen.

»Es ist ein Traum! Wie im Märchen. Die Atmosphäre verzaubert. Es ist so friedlich hier. Ich fühle mich sehr wohl, irgendwie geborgen.«

Alois strahlte. Er streichelte Sophie über die Wange.

»Das hast du schön gesagt. Du kannst mich jederzeit besuchen.«

»Danke, das mache ich. Ich habe noch Urlaub zu bekommen. Ich werde versuchen, einige Tage hierzubleiben, wenn es dich nicht stört.«

»Madl, was redest du da für einen Schmarrn? Ich freue mich. Hast du ein Dirndl? Ich meine, ein richtiges Festtagsdirndl?«

»Warum?«

»Weil ich dich gern am Sonntag allen Waldkoglern vorstellen möchte, wie ich es mit Charlotte gemacht habe. Mei, das wird ein Fest werden, wenn wir durch die Hauptstraße gehen bis zur Kirche. Eine fesche Enkelin am rechten Arm, eine fesche Enkelin am linken Arm. Also, wie ist es mit einem Dirndl?«

»Ein richtiges Festtagsdirndl habe ich nicht. Ich trage mehr Jeans und solche Sachen. Okay, ich habe ein Trachtenkostüm aus Jeansstoff mit Stickereien. Ich kann heimfahren und es holen.«

»Das machen wir ganz anders«, sagte Alois.

Er rief nach Charlotte.

»Charlotte, kannst du mit Sophie nach Kirchwalden fahren? Sie braucht ein schönes Festtagsdirndl. Du verstehst?«

Charlotte lachte.

»Ich verstehe, Großvater. Willst du uns jetzt beide stolz vorzeigen, am Sonntag, wie?«

»Du hast es erraten, Lotte. Kommt beide mit in meine Kammer! Aufi!«

Charlotte und Sophie folgten ihm in seine Kammer. Dort gab er den beiden eine größere Summe.

»So und jetzt fort mit euch! Lotte, du sorgst dafür, dass Sophie eine gute Wanderausrüstung bekommt, mit Rucksack und guten Schuhen. Und sie soll sich ein schönes Dirndl kaufen, dazu gehören ein Schultertuch, Kropfkette und schwarze glänzende Schuhe und so weiter, wie du es auch hast. Die Leute sollen Augen machen. Mei, die werden glotzen«, kicherte der alte Alois.

»Du kannst dich auf mich verlassen«, sagte Charlotte.

Sophie bedankte sich.

»Es ist das Recht eines Großvaters, seine Enkelinnen zu verwöhnen. Du kannst sicher sein, das ich große Freude daran habe. Und jetzt fort mit euch! Zum Abendessen seid ihr wieder hier.«

Charlotte und Sophie machten sich sofort auf den Weg.

Sie waren auf dem Parkplatz hinter der Oberländer Alm angelangt, als Sophies Handy klingelte. Sie schaute auf das Display.

»Oh Gott! Das ist Kuno. Lotte, was soll ich sagen?«

»Hör dir an, was er will! Dann sagst du, dass du jetzt keine Zeit hast, mit ihm zu reden. Du wärst beim Einkaufen. Dann legst du auf und schaltest es aus.«

»Gute Idee!«

Sophie nahm das Gespräch an. »Ja, Kuno, was gibt es?«

Charlotte sah, wie Sophie die Stirn runzelte.

»Kuno, ich habe keine Zeit. Sage, was du zu sagen hast«, zischte Sophie.

Charlotte ließ Sophie nicht aus den Augen. Die winkte Lotte heran und ließ sie mithören.

Kuno redete, ohne Atem zu holen. Er war voller Bitternis.