Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten - Sheridan Winn - E-Book + Hörbuch

Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten E-Book

Sheridan Winn

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Beschreibung

Vier zauberhafte Schwestern beweisen Mut Im vierten Band über die Cantrip-Schwestern und ihre Freunde wird es so richtig schön gruselig. Eigentlich haben sich die vier Schwestern auf ihre Halloweenparty gefreut. Sie haben sich die tollsten Kostüme ausgedacht, und jede hat einen großen Kürbis ausgehöhlt. Doch keine von ihnen hat damit gerechnet, dass auf Cantrip Towers ein echter Geist auftauchen könnte. Ob die Magie der Mädchen schon stark genug ist, den Geist in Schach zu halten? - Der vierte Band der erfolgreichen Serie - Voller Magie und Abenteuer - Mit vielen zauberhaften Vignetten und einem Familienstammbaum von Franziska HarveyAlle Bände der Serie: Band 1: Vier zauberhafte Schwestern Band 2: Vier zauberhafte Schwestern und der magische Stein Band 3: Vier zauberhafte Schwestern und das Geheimnis der Türme Band 4: Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten Band 5: Vier zauberhafte Schwestern und die große Versöhnung Band 6: Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie Band 7: Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft Band 8: Vier zauberhafte Schwestern und die geheimnisvollen Zwillinge  Band 9: Vier zauberhafte Schwestern und die Weisheit der Eulen Band 10: Vier zauberhafte Schwestern und die unsichtbare Gefahr Prequel 1: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flame und die Kraft des Feuers Prequel 2: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Marina und die Kraft des Wassers Prequel 3: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flora und die Kraft der Erde Alle Bände bei Antolin gelistet

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Sheridan Winn

Vier zauberhafte Schwestern

Und ein Geist aus alten Zeiten

 

Aus dem Englischen von Katrin Weingran

 

Mit Vignetten von Franziska Harvey

Über dieses Buch

 

 

Vier zauberhafte Schwestern beweisen Mut

 

Eigentlich haben sich die vier Schwestern auf ihre Halloweenparty gefreut. Sie haben sich die tollsten Kostüme ausgedacht, und jede hat einen großen Kürbis ausgehöhlt. Doch keine von ihnen hat damit gerechnet, dass auf Cantrip Towers ein echter Geist auftauchen könnte. Ob die Magie der Mädchen schon stark genug ist, den Geist in Schach zu halten?

 

Der vierte Band der erfolgreichen Serie voller Magie und Abenteuer – mit vielen zauberhaften Vignetten von Franziska Harvey

 

Alle Bände der Serie:

Band 1: Vier zauberhafte Schwestern

Band 2: Vier zauberhafte Schwestern und der magische Stein

Band 3: Vier zauberhafte Schwestern und das Geheimnis der Türme

Band 4: Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten

Band 5: Vier zauberhafte Schwestern und die große Versöhnung

Band 6: Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie

Band 7: Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft

Band 8: Vier zauberhafte Schwestern und die geheimnisvollen Zwillinge 

Band 9: Vier zauberhafte Schwestern und die Weisheit der Eulen

Band 10: Vier zauberhafte Schwestern und die unsichtbare Gefahr

Prequel 1: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flame und die Kraft des Feuers

Prequel 2: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Marina und die Kraft des Wassers

Prequel 3: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flora und die Kraft der Erde

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Sheridan Winn lebt in Norwich, England, und arbeitet als freie Kinderbuchautorin und Journalistin für bekannte Magazine und Zeitungen. Sie hat zwei erwachsene Kinder und eine Enkelin und ist selbst in einem großen Haus voller geheimnisvoller Schränke und schrulliger Tanten aufgewachsen. Das Haus hieß Littlewood House, stand auf einem riesigen Grundstück und hat sie auf die Idee gebracht, diese Geschichte zu schreiben. Genau wie die Cantrip-Mädchen ist Sheridan Winn eine von vier Schwestern – die alle an die Kraft der Magie glauben.

 

Franziska Harvey, geboren 1968, studierte Illustration und Kalligraphie und arbeitet als freie Illustratorin für verschiedene Verlage und Agenturen. Sie lebt mit ihrer Familie in Frankfurt am Main.

Inhalt

Die vier zauberhaften Schwestern – Steckbriefe …

… und ihre Familie

Stammbaum

Für meinen Sohn Alex [...]

Die Kraft des Wassers

Ein kleiner Welpe

Der Geist erwacht

Glendas Offenbarung

Der Schatten

Küchenspuk

Der Besucher

Halloween rückt näher

Offene Türen und Fenster

Glühende Kürbisaugen

Der Geist im Turm

Flames Ahnung

Die Halloweenparty

Nach der Party

Gefahr!

In Margarets guter Stube

Entkommen!

Offenbarungen auf Cantrip Towers

Enthüllungen auf Eichenruh

Ein Feuerwerk auf Cantrip Towers

Die vier zauberhaften Schwestern – Steckbriefe …

… und ihre Familie

Stammbaum

Für meinen Sohn Alex und meine Tochter Rosie, in Liebe

 

Die Kraft des Wassers

Es war ein Sonntagmorgen spät im Oktober. Nach vielen Wochen, in denen der Himmel wolkenverhangen gewesen war und ein starker Wind sie alle ordentlich durchgepustet hatte, versprach es der erste richtig schöne Tag zu werden. Mitten in den sanften Hügeln von Norfolk lag Cantrip Towers. Die Wälder leuchteten in den Herbstfarben Karamell, Gold, Feuerrot und Bernstein. Felder mit frisch gepflanzter Wintergerste und solche, die bereits abgeerntet waren, rahmten das riesige Haus ein wie ein bunter Flickenteppich.

Während die Cantrip-Familie beim Frühstück beisammensaß, herrschte eine wohlige Atmosphäre in der warmen Küche, die vom Duft nach Speck, Eiern, Toast und Kaffee erfüllt war.

»Kaum zu glauben, dass wir in ein paar Stunden einen Welpen haben werden«, sagte Sky verträumt.

Mum lächelte ihr zu, dann wechselte sie einen vielsagenden Blick mit Dad, der sich daraufhin an seine Töchter wandte und sagte: »Ich hoffe, euch allen ist bewusst, dass eine Menge Arbeit auf euch wartet. Junge Hunde brauchen viel Aufmerksamkeit.«

»Klar, Dad«, riefen Flame, Marina, Flora und Sky im Chor.

»Wann gehen wir uns die Hunde ansehen?«, wollte Flame wissen.

»Um halb drei«, erwiderte Dad.

»Wie viele Hundebabys sind es denn?«, fragte Marina gespannt.

»Harry hat gesagt, es seien sieben Welpen. Vier männliche und drei weibliche«, antwortete Dad. Dann biss er genüsslich in seinen Toast.

»Und welchen davon bekommen wir?«, hakte Flame nach.

Dad überlegte kurz. Schließlich sagte er: »Da dieser Haushalt fast nur aus Frauen besteht, wäre ich sehr für männliche Verstärkung! Wir sollten also einen Rüden nehmen.«

»Was Bert wohl davon hält?«, fragte Flora und sah den kleinen Dackel an, der in seinem Körbchen beim Herd saß und ihnen den Rücken zudrehte.

»Ach guckt nur, es sieht so aus, als sei der arme Kerl beleidigt!«, rief Marina lachend.

Bert war Grandmas Hund. Als sie vor vier Jahren nach Cantrip Towers gekommen war, um bei ihnen zu leben, hatte sie ihn mitgebracht.

»Macht euch um Bert keine Sorgen. Ich werde ihm in den nächsten Wochen besonders viel Liebe und Aufmerksamkeit schenken«, versicherte Grandma. Als hätte er ihre Worte verstanden, erhob Bert sich aus seinem Körbchen, trottete unter den Küchentisch und kuschelte sich an ihre Füße. Grandma beugte sich zu ihm hinunter, um seine langen, seidigen Ohren zu streicheln.

»Warum hatten wir bis jetzt eigentlich keinen eigenen Hund?«, fragte Marina.

Dad zuckte mit den Schultern und sah Mum an.

Auch die Cantrip-Schwestern blickten zu ihrer Mutter. »Ich hatte genug damit zu tun, mich um euch zu kümmern!«, erklärte sie ihnen lachend.

»Nun, jetzt ist es ja bald so weit, Mädchen«, sagte Dad.

 

Als der Frühstückstisch abgeräumt war, zogen sich Mum und Flame große weiße Schürzen an und begannen, das Mehl für das allwöchentliche Brotbacken abzuwiegen. Grandma ging nach oben, um die Zimmer der Mädchen aufzuräumen, und Sky säuberte die Käfige der Wüstenrennmäuse im Haushaltsraum. Marina und Flora kündigten an, die Ställe der Kaninchen und Meerschweinchen ausmisten zu wollen.

»Ich komme auch gleich, Flora«, sagte Dad und lächelte seine zweitjüngste Tochter an. »Ich muss nur noch einen Telefonanruf erledigen.«

»Ist gut, Dad.« Flora lächelte zurück. Die beiden verbrachten viele schöne gemeinsame Stunden bei der Arbeit im Gemüsegarten. »Wir müssen nach den Kürbissen sehen.«

»Ach ja, bald ist Halloween«, schmunzelte Dad. Kurz darauf verschwand er in seinem Arbeitszimmer.

Marina und Flora zogen sich Sweatshirts und Gummistiefel an, dann liefen sie um die Wette über den Rasen auf die Ställe zu.

Marina lachte, während sie neben ihrer Schwester her rannte. Sie genoss das Gefühl der kalten, klaren Luft in ihrem Gesicht. Aber auf halber Strecke blieb sie plötzlich mitten auf dem Rasen stehen und starrte das Gras zu ihren Füßen an.

Als sie das bemerkte, machte auch Flora kehrt und kam, nach Luft japsend, neben ihrer Schwester zum Stehen. »Was ist los?«

Marina ließ den Blick über die Erde schweifen, man sah ihrer Miene an, wie sehr sie sich konzentrierte. Schließlich sagte sie: »Etwas ist anders. Fühlst du es?«

Flora stand ganz still und streckte die Handfläche über dem Gras aus. Dann schloss sie ihre Augen und konzentrierte sich. Sie benutzte ihre Erdmagie, um zu fühlen, was im Boden vor sich ging. Nach kurzer Zeit öffnete sie die Augen wieder, sah Marina an und nickte. »Irgendetwas bewegt sich unter der Erde.«

»Es ist Wasser«, sagte Marina. Sie streckte ihre Hände mit den Handflächen nach unten aus. »Da ist Wasser unter dem Gras. Es steigt an die Oberfläche.«

»Wo kommt es her?«

»Tief aus der Erde.«

Marina sah sich um. Vor ihnen lagen die Ställe, hinter ihnen war das Haus und zu ihrer Rechten der Geheime Garten.

Flora schloss noch einmal ihre Augen und stand eine Weile ruhig da. Sie dachte an ihre magischen Kräfte und wie sie ihr dabei halfen, zu spüren, was unter der Erde vor sich ging. In ihrem Geiste sah sie ganz deutlich lange, dicke Baumwurzeln, verzweigte Graswurzeln und einige Maulwurftunnel.

Flora besaß die Kraft, Dinge zu binden: Wenn sie mit ihrem Finger auf jemanden zeigte, konnte er sich keinen Millimeter mehr rühren. Er stand stocksteif da, als wäre er von starkem Wurzelgeflecht gefangen, bis sie den Bann löste. Dasselbe galt auch für Gegenstände.

Marinas Wassermagie half ihr, alles Flüssige zu kontrollieren. Sie konnte Flüsse und ganze Seen entstehen, austrocknen oder zu Eis erstarren lassen.

Die Kraft ihrer ältesten Schwester Flame dagegen war die Magie des Feuers. Nichts entkam der Hitze, die aus Flames Fingerspitze schoss, wenn sie ihre Kräfte darauf richtete. Es schmolz oder brannte in Sekundenbruchteilen.

Sky wiederum beherrschte die Magie der Luft, die die Kräfte ihrer drei Schwestern im Gleichgewicht hielt. Sie konnte Dinge in der Luft schweben lassen. Sogar Menschen verloren den Boden unter den Füßen, wenn die jüngste Cantrip-Schwester mit dem Finger auf sie zeigte.

Flora betrachtete nachdenklich den Rasen. »Ja, ich fühle es«, sagte sie und warf Marina einen beunruhigten Blick zu. »Irgendetwas bewegt sich da unten.«

Marina ging hin und her. Sie konzentrierte sich darauf, das Wasser unter der Erde vor ihrem inneren Auge zu sehen. »Hier ist eine Menge Wasser«, sagte sie und bewegte ihre Hand über den Rasen. »Es fühlt sich so an, als würde der Druck steigen.«

Flora nahm plötzlich etwas auf dem Rasen bei den Ställen wahr, und zeigte darauf. »Was ist das?«

Die Schwestern rannten über den Rasen und kamen vor einer Wasserpfütze zum Stehen, die sich gerade auf dem Gras bildete.

»Es sieht aus, als käme Wasser aus einem Schlauch, nur dass da gar kein Schlauch ist«, meinte Marina.

»Es sprudelt aus der Erde«, stellte Flora fest. Sie kniff die Augen zusammen und sah genauer hin. »Wie seltsam!«

»Ich wusste, dass hier Wasser war, ich konnte es fühlen!«, sagte Marina. Sie hielt ihre Hand in das Wasser. »Ob wir es trinken können?«

»Wir warten besser, was Dad dazu sagt«, erwiderte Flora. »Ich lauf schnell und hole ihn.« Als sie sich aufrichtete, sprudelte das Wasser ein wenig höher.

»Hey, guck mal. Es wird stärker«, sagte Marina. Sie sah dem natürlichen Springbrunnen fasziniert zu, während Flora zum Haus rannte.

Kurz darauf jagten Flame, Sky und Flora über den Rasen. Mum, Dad und Grandma folgten ihnen etwas langsamer. Als die Mädchen bei Marina eintrafen, sprudelte das Wasser plötzlich in einer kleinen Fontäne in die Höhe.

»Wow!«, rief Sky, vor Verblüffung stand ihr Mund weit offen.

Flame ging direkt auf das Wasser zu und streckte ihre Hand hinein. »Ist das kalt!«, sagte sie lachend. Ihre Augen leuchteten vor Aufregung.

»Können wir das Wasser trinken, Dad?«, fragte Flora, als ihr Vater näher kam. Dads Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. »Das ist ja unglaublich!«, sagte er und betrachtete die Fontäne. »Wahrscheinlich, Flora, aber wir lassen es besser erst untersuchen.«

»Woher kommt es, Dad?«, wollte Sky wissen.

»Es ist wahrscheinlich Grundwasser, so eine Art unterirdische Quelle«, antwortete er. »Die ganze Gegend hat viel verkarsteten Kalk im Boden. Das Gestein ist ziemlich porös, so dass das Wasser sich hindurchbewegen kann. Wenn der Druck zu groß wird, kommt es an die Oberfläche und bricht hervor. Ich denke, genau das ist hier passiert. Unser Grundstück befindet sich in einer Senke, deshalb kommt das Wasser hier heraus.«

»Colin, wenn es sich um Grundwasser handelt, könnten wir dann eine Bohrung vornehmen? Es wäre wunderbar, unsere eigene Wasserquelle zu haben.«

»Ja! Schon alleine, um den Garten zu bewässern«, sagte er zustimmend.

»Was ist eine Bohrung?«, fragte Flora mit gerunzelter Stirn.

»Man bekommt damit das Wasser aus der Tiefe«, erklärte Dad. »Zuerst bohrt man ein Loch in die Erde und dichtet es ab. Dann verlegt man ein Rohr, versieht das Ganze mit einer Pumpe und holt so das Wasser ins Haus.«

»Du könntest Harry fragen, ob er rüberkommt und mit der Wünschelrute nachschaut, wo genau die Wasserader verläuft«, schlug Mum vor.

»Gute Idee«, sagte Dad. Er holte sein Handy aus der Tasche und rief seinen Freund Harry an, der auf dem großen Bauernhof wohnte, der neben dem Anwesen der Cantrips lag.

»Was ist eine Wünschelrute?«, wollte Sky wissen.

»Sie hilft einem, verborgene Dinge zu finden, wie zum Beispiel Wasser, das unter der Erde verläuft«, erklärte Mum. »Harry ist ein ausgezeichneter Rutengänger. Es sieht aus wie Magie, ihr werdet schon sehen.«

Die Cantrip-Schwestern blinzelten sich verschwörerisch zu, dann lächelten sie ihre Großmutter an. Ihre Eltern hatten keine Ahnung von den magischen Kräften ihrer Töchter. Deshalb konnten Marina und Flora ihnen auch nicht erzählen, dass sie schon herausgefunden hatten, wie viel Wasser sich unter dem Rasen verbarg und wo genau es herkam. Grandma dagegen wusste alles über ihre Kräfte. Vor langer Zeit hatte sie selbst die magischen Kräfte besessen, die in der Cantrip-Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Doch nicht allen Cantrips waren sie vergönnt. Grandma lächelte Marina zu, als wolle sie sagen: Ich schätze, du weißt bereits genau Bescheid.

Es dauerte nicht lange und Harry traf in seinem schlammbespritzten Landrover ein. Der große, gutgelaunte Bauer kam mit wiegenden Schritten über den Rasen auf sie zu. In den Händen hielt er zwei L-förmige Wünschelruten aus Messing. »Also, was habt ihr für mich?«, sagte er lächelnd. Schlitzohr, sein schwarzer Labrador, lief aufgeregt neben ihm her.

»Guten Morgen, Harry. Danke, dass du so schnell gekommen bist«, sagte Dad.

»Keine Ursache«, erwiderte Harry. »Das ist ja eine ganz schöne Fontäne, die ihr da habt! Der Wasserdruck muss enorm sein. Und du sagst, sie sei heute Morgen entstanden?«

»Vor etwa einer halben Stunde«, sagte Marina. »Flora und ich haben sie entdeckt. Am Anfang war es nur eine kleine Pfütze auf dem Gras, aber dann wurde es plötzlich stärker. Könnte es die Kaninchen- und Meerschweinchenställe wegschwemmen?«

Harry sah zu den Ställen hinüber. »Nein. Das meiste Wasser wird einfach wieder im Boden versickern.« Er bückte sich, streckte eine seiner großen Pranken aus und fing etwas Wasser in ihr auf. Neben ihm schlabberte Schlitzohr gierig.

»Schmeckt gut«, sagte Harry, nachdem er etwas Wasser aus seiner hohlen Hand getrunken hatte. »Sieht so aus, als hättet ihr eine Wasserader hier drunter, Colin. Ihr solltet eine Bohrung vornehmen.«

»Genau das habe ich auch schon gedacht«, sagte Dad.

»Also gut, lasst uns einen Versuch mit der Rute starten«, meinte Harry. Sie sahen alle zu, wie er die beiden L-förmigen Messingruten vor sich ausstreckte.

Marina war versucht vorzutreten und zu sagen: »Alle mal herhören, ich habe mit Hilfe meiner magischen Kräfte schon herausgefunden, dass hier drunter eine Menge Wasser ist!« Aber sie schwieg.

Flame grinste sie an. Sie wusste, was ihrer Schwester durch den Kopf ging.

Harry spazierte los. Die Cantrip-Schwestern sahen ihm interessiert zu. Sie fragten sich, was wohl passieren würde. Plötzlich begannen die zwei Messingruten wild zu kreisen und sich voneinander abzustoßen. Skys Augen weiteten sich vor Erstaunen, als Harry ins Schwanken geriet. Alle prusteten los.

Dad legte Flora seinen Arm um die Schulter. »Eindrucksvoll, was?«, sagte er.

»Ja«, erwiderte Flora und fragte sich insgeheim, was er sagen würde, wenn sie ihm eine Vorstellung ihrer magischen Kräfte gäbe.

Harry umkreiste die Wasserfontäne in weitem Abstand. Die ganze Zeit kreisten auch die Ruten, die rechte mit dem Uhrzeigersinn und die linke dagegen. Dann kam er zur Fontäne zurück und blieb stehen. »Es fühlt sich an, als sei hier drunter eine ganze Menge Wasser«, sagte er.

»Was meinst du, wo wir bohren sollten?«, fragte Dad.

»Hier, würde ich sagen«, erwiderte Harry und zeigte auf die Fontäne. »Es schmeckt so rein, ich schätze, du hast hier eine erstklassige Wasserqualität. Schön, so was im eigenen Garten zu haben.«

Was Harry nicht wusste – was auch keine der Cantrip-Schwestern wusste –, war, dass sich unter ihren Füßen noch etwas anderes regte. Von allen unbemerkt bewegte sich eine dunkle Energie durch die Erde …

Ein kleiner Welpe

Nach dem Mittagessen, das aus Roastbeef und selbstgezogenem Gemüse bestand, stiegen die Cantrips in Mums großes rotes Auto und fuhren zu Harrys Hof hinüber. Sky war so aufgeregt, dass sie nicht stillsitzen konnte. Mum und Dad unterhielten sich vorn im Wagen. Grandma saß hinten und schaute aus dem Fenster.

Als sie vor dem großen Bauernhaus aus rotem Backstein hielten, drehte Dad sich um. Die Cantrip-Schwestern hörten auf zu schnattern.

»Lasst uns offen miteinander sein, Mädchen«, sagte er. »Ich weiß, ihr würdet am liebsten alle Hunde mit nach Hause nehmen. Aber wir werden uns für einen entscheiden müssen. Und wir haben bereits beschlossen, dass es ein Rüde sein soll.«

Kurz darauf führten Harry, seine Frau Charlotte und ihre drei Kinder die Cantrips um das Haus herum zu den Stallungen. Harry öffnete die große Holztür, und sie gingen hinein. Am Ende des Gangs lag Meg, Harrys zweiter Labrador, in einem Körbchen. Die Hündin war die Mutter der Welpen. Neben ihr im Stroh lagen sieben kleine flauschige Knäuel. Die Tiere waren gerade mal zehn Wochen alt. Bevor Harry den Schwestern vorschlagen konnte, sich die Welpen einfach eine Weile anzuschauen, hatte jede von ihnen eins der flauschigen Hundebabys im Arm.

Harrys Tochter Ellie schnappte sich den siebten Welpen und streichelte seine nasse Schnauze.

»Ellie, gib ihn mal Mr Cantrip!«, sagte da ihr Bruder Liam. Er und George waren Zwillinge und gingen in Skys Klasse.

Ellie reichte Dad den winzigen Hund.

»Danke schön, Ellie«, sagte er lächelnd und nahm den putzigen rundlichen Kerl entgegen.

»Seht euch diesen Stummelschwanz an«, sagte Flame. »Der ist so niedlich.«

»Der hier ist so weich«, sagte Marina und vergrub ihre Nase im Fell des kleinen Hundes.

»Seht euch mal diesen rosafarbenen Bauch an«, sagte Flora. Sie streichelte das kleine runde Bäuchlein ihres Welpen.

»Ich bin im Hundehimmel!«, sagte Sky und strich dem kleinen Hund, den sie sich geschnappt hatte, sanft über die nasse Schnauze.

Harry, Charlotte und ihre Kinder sahen belustigt zu, wie die Cantrips die Hunde hin und her tauschten.

»Sie sind einfach alle zum Verlieben«, sagte Mum. »Der Himmel weiß, wie wir uns für einen entscheiden sollen.«

Harry lächelte. »Wenn ihr sie runterlasst, können wir ihnen zusehen, wie sie miteinander spielen.«

»Gute Idee«, sagte Mum.

Einer nach dem andern setzten die Cantrips die Hunde zurück ins Stroh.

Harry bückte sich und nahm die drei Weibchen hoch. Er drehte sich zu Mum und strahlte sie an. »So ist es besser«, sagte er. »Jetzt könnt ihr die Rüden beobachten. Seht ihnen einfach ein bisschen zu. So bekommt ihr schnell einen Eindruck von ihrem Charakter.«

»Einverstanden«, erwiderte Mum.

Die Cantrips beobachteten die vier Welpen.

»Der da ist der größte«, kommentierte Dad und zeigte auf einen.

»Und der da der kleinste«, ergänzte Marina. Ihr Finger deutete auf einen zweiten der jungen Hunde.

»Der da ist am niedlichsten!«, sagte Sky sehnsüchtig und zeigte auf einen dritten.

Der vierte männliche Welpe setzte sich ein paar Meter entfernt auf seinen dicken kleinen Hintern und sah zu den Cantrips hinüber. Er schaute sie einfach nur an. Er war ein selbstbewusster kleiner Hund.

»Das ist er!«, riefen Flame, Marina, Flora und Sky alle auf einmal.

»Ja«, stimmten Mum und Dad ihnen zu.

Grandma lächelte. »Unsere Familie wusste einen gewissen Sinn für Unabhängigkeit schon immer zu schätzen«, sagte sie.

Alle lachten und Harry lobte: »Gute Wahl. Den hätte ich auch genommen.«

Mum nahm das neue Familienmitglied auf den Arm – so konnte es erst gar nicht zu Diskussionen kommen –, und dann gingen sie gemeinsam ins Haus. Dort gab Charlotte Mum ein paar Ratschläge, wie sie den Hund die nächsten Monate füttern sollten und welche Impfungen er brauchte.

»Lasst ihn nicht nach draußen, bevor er geimpft ist«, riet ihnen Harry. »Ihr könnt ihn auf dem Arm mit rausnehmen, aber lasst ihn nicht auf den Boden runter.«

»Er wird wahrscheinlich die ersten Nächte ein bisschen jaulen, weil er es nicht kennt, allein zu sein«, sagte Charlotte. »Aber er wird sich schnell daran gewöhnen.«

»Bert wird ihm Gesellschaft leisten«, sagte Grandma zuversichtlich.

Die Cantrips verabschiedeten sich und fuhren zurück nach Cantrip Towers. Der Welpe lag in Mums Schoß. Sein kleines, flauschiges Gesicht drückte höchste Zufriedenheit aus.

Während sie die Landstraße entlangkurvten, wurde über einen passenden Namen diskutiert.

»Wellington«, schlug Dad vor. Seine Hände lagen fest auf dem Lenkrad.

»Wellington?«, riefen die Cantrip-Schwestern. »Das geht nicht!«

»Warum nicht?«, fragte Dad beleidigt. »Ihr müsst wissen, dass Wellington ein sehr berühmter Mann war!«

Mum grinste.

»Also gut, wie wäre es mit Winston, so wie in Winston Churchill?«, sagte Dad. »Ein guter, anständiger Name und ein berühmter Engländer noch dazu.«

»Das hört sich an, als wäre er uralt«, protestierte Flame.

»Dann lasst mal eure Ideen hören«, sagte Dad.

»Brause!«, rief Sky von der Rückbank.

»Brause?«, erwiderte Dad, vollkommen verblüfft.

»Nein, Sky«, sagte Flame. »So kannst du höchstens ein Meerschweinchen nennen.«

»Hmpf«, machte Sky und reckte ihre Stupsnase in die Luft.

Als sie zu Hause ankamen, setzten sie den Welpen in sein Körbchen neben dem Küchenherd. Er kletterte sofort wieder heraus und stieß seinen Futternapf mit der Schnauze kreuz und quer über den Fußboden.

Dann brachte Grandma Bert in die Küche. Wenn Bert Augenbrauen gehabt hätte, hätte er eine davon hochgezogen. Ich bin hier der Boss, schien er zu sagen. Der kleine Hund blickte ihn abwartend an, während Bert majestätisch dasaß und ihn genau unter die Lupe nahm. Dann stand Bert auf, dackelte um den kleinen Hund herum und beschnüffelte ihn. Das war das Signal für den Kleinen, Bert überglücklich abzuschlecken, nur um dann davonzutapsen und den Wassernapf aufs Neue umzustoßen. Alle paar Sekunden versuchte eine der Cantrip-Schwestern, ihn hochzunehmen, bis Mum darauf bestand, dass sie ihn etwas herumschnuppern ließen.

»Er ist so süß«, schwärmte Marina.

»Ist das himmlisch«, seufzte Sky.

Nach einer Weile sagte Mum: »Ich finde, wir sollten ihm jetzt seine Ruhe gönnen. Er muss ganz schön erschöpft sein.«

»Ich gehe mal in den Garten und sehe nach, was das Wasser auf dem Rasen macht«, meinte Dad und ging seine Schuhe holen.

»Wir kommen mit«, sagte Mum.

»Darf ich den Welpen tragen, Mum?«, fragte Flame. »Wir können ihn doch noch nicht allein lassen.«

»Ist gut, Liebes«, sagte Mum zustimmend. »Aber lass ihn nicht runter.« Dann fügte sie hinzu: »Zieht eure Gummistiefel an, Mädchen. Der Rasen ist nass.«

Kurz darauf folgte die Cantrip-Familie Dad zu der Fontäne. Bert hoppelte neben Grandma her. Flame trug den kleinen Hund.

»Die Fontäne ist nicht mehr so hoch«, sagte Marina, als sie näher kamen.

»Der Wasserdruck muss nachgelassen haben«, überlegte Dad.

»Aber der Rasen steht total unter Wasser«, sagte Sky. »Seht nur, es hat sich bis hierher ausgebreitet.« Und sie rannte davon, mitten durch das Wasser, das nach allen Seiten spritzte.

»Es ist wie eine riesige Pfütze«, sagte Flame.

»Was ist, wenn der Wasserdruck wieder steigt?«, fragte Flora Dad.

»Dann würden noch mehr Quellen entstehen, damit der Druck entweichen kann.« Dad betrachtete den Rasen nachdenklich. »Ich werde morgen früh direkt die Bauarbeiter anrufen.«

Flora bekam das schon nicht mehr mit. Sie war in Gedanken versunken. Mit einem Mal hatte sie das Gefühl, dass noch etwas anderes unter dem Gras war, nicht bloß Wasser. Es war kein besonders angenehmes Gefühl.

Flame fiel Floras Stimmungswechsel sofort auf. »Was ist los?«, fragte sie ihre Schwester unauffällig.

»Irgendetwas hier ist komisch«, sagte Flora.

»Abgesehen vom Wasser?«

Flora nickte und starrte auf den Rasen.

»Welche Sorte komisch?«, fragte Flame.

»Keine Ahnung«, erwiderte Flora kopfschüttelnd. »Es ist als … als wäre dort etwas gefangen.«

Genau da rief Mum nach ihnen. »Kommt, Mädchen, wir müssen dafür sorgen, dass dieser kleine Welpe hier sich bei uns zu Hause fühlt.«

»Vor allem braucht er einen Namen«, sagte Marina. Sie hakte sich bei ihrer Mutter unter, als sie zum Haus zurückgingen.

»Das könnte dauern«, seufzte Mum.

»Warum?«, wollte Sky wissen, die angehüpft kam.

»Weil jede von uns einen anderen Namen schön finden wird, Dummerchen, deshalb!«, sagte Marina. Und dann lief sie mit ihrer Schwester um die Wette zum Haus zurück.

* * *

Die Diskussion um einen passenden Namen für den kleinen Welpen kam während des Abendessens richtig in Fahrt. Zu diesem Zeitpunkt war ihr neuer Mitbewohner bereits zweimal gefüttert und unzählige Male geknuddelt worden. Sie hatten ihn in sein Körbchen gesetzt, wo er nun tief und fest schlief. Bert beäugte das alles kritisch und hielt seine Nase in die Luft gereckt, als fände er, es würde entschieden zu viel Aufwand um den neuen Mitbewohner getrieben.

»Ich finde Wellington nach wie vor schön«, sagte Dad.

»Nein, Dad! Auf keinen Fall!« Die Schwestern stöhnten auf.

»Also gut, dann lasst mal eure Ideen hören«, erwiderte er.

»Mango«, schlug Flora vor.

»Hm«, machte Dad.

»Kasper«, sagte Flame.

»Ich mag Kasper«, sagte Mum.

»Harry«, schlug Grandma vor.

»Smartie.« Es war Sky, die diesen Vorschlag gemacht hatte.

»Rollo«, sagte Grandma.

»Barry«, warf Mum ein.

»Rex«, sagte Flame grinsend.

»Pfui Spinne«, erwiderte Marina und verzog angewidert das Gesicht.

»Es muss ein Name sein, den man gut rufen kann«, gab Mum zu bedenken. »Ich denke, es ist besser, wenn der Name nicht so lang ist.«

»Dann lasst uns Namen mit zwei Silben sammeln«, meinte Dad.

»Wellington hat drei, also geht der schon mal nicht«, sagte Flame triumphierend.

»Graham«, sagte Dad und lächelte schalkhaft.

»Dad! Das ist ein ätzender Name! Du kannst einen Hund doch nicht Graham nennen!«, protestierte Flame.

»Mungo«, schlug Flora vor.

»Rosine«, sagte Marina.

»Brandy«, ergänzte Flame.

»Gürkchen.« Das war Sky.

»Nein, das ist schon wieder ein Meerschweinchenname«, sagte Marina.

»Dann eben Popelschnute«, konterte Sky.

»Sky Cantrip!«, rief Mum streng. Flame, Marina und Flora lachten.

Sky kicherte. »Ich dachte, der würde dir gefallen, Mum.«

»Wir werden auf keinen Fall eins unserer Tiere Popelschnute nennen«, bekräftigte Mum.

»Es sind sowieso zwei Silben zu viel«, sagte Flame grinsend.

»Winston hat nur zwei Silben«, sagte Dad.

Alle kauten einen Moment lang schweigend. Dann sagte Dad: »Es muss ein Name sein, der Stärke und Selbstbewusstsein ausstrahlt. Ich meine, noch sieht er süß und knuffig aus, aber aus unserem Kleinen wird schon bald ein ausgewachsener großer Hund mit einem gewaltig lauten Bellen werden. Er braucht einen guten, schlichten Namen.«

Ein jeder von ihnen grübelte eine Weile schweigend vor sich hin. Schließlich sagte Grandma: »Wie wäre es mit Archie? Ich habe den Namen schon immer gemocht, und er bedeutet treu und verwegen.«

Alle sahen sie an. Dad nickte. »Hm«, sagte er. »Ein guter Name.«

Mum nickte ebenfalls. »Ich mag ihn, Marilyn.«

Die Cantrip-Schwestern nickten alle.

»Er sieht sogar wie ein Archie aus«, meinte Flame.

»Es ist ein schöner Name«, sagte Marina zustimmend.

»Treu und verwegen ist perfekt«, bekräftigte Flora.

Sky nickte stumm, da sie sich gerade eine Gabel voll Salat in den Mund geschoben hatte.

»Also gut, alle, die dafür sind, den Hund Archie zu nennen, heben jetzt bitte die Hand«, sagte Dad.

Alle hoben ihre Hände. Dad lächelte Grandma zu. »Sieht so aus, Ma, als hättest du das Rennen gemacht!«

»Archie soll er also heißen!«, erwiderte sie lachend.

»Ich dachte schon, wir würden noch bis Weihnachten darüber diskutieren«, sagte Dad.

Er sah zu Archie, der in seinem Körbchen schlief, vollkommen erschöpft von diesem aufregenden Tag.

»Winston!«, rief Dad durch die Küche. Der Welpe schlief weiter.

»Mango!«, rief Dad. Keine Reaktion.

»Smartie«, war Dads nächster Versuch. Nichts.

Dann rief er: »Archie!« Der kleine Welpe hob seinen Kopf und setzte sich auf. Er sah Dad an, als wolle er sagen: »Redest du mit mir?«

Die ganze Cantrip-Familie bog sich vor Lachen.

 

Nach dem Abendessen schnappte sich Dad seine Gummistiefel und sagte: »Ich gehe noch mal nach dem Wasser im Garten sehen.«

Marina und Flora taten es ihm gleich. »Wir kommen mit dir«, sagten sie.

Während Dad auf dem Rasen herumtigerte und mit seiner Taschenlampe hierhin und dorthin leuchtete, flüsterte Flora Marina zu: »Was denkst du?«

»Die Wassermenge ist größer geworden«, erwiderte Marina und ließ ihren Blick über das Gras zu ihren Füßen schweifen.

Einen Moment standen sie schweigend nebeneinander. Dann sagte Flora leise: »Für mich fühlt es sich so an, als bewege sich da noch eine andere Kraft, abgesehen vom Wasser. Etwas stört die Erde in ihrer Ruhe.«

Marina nickte. »Ja, ich fühle, dass etwas mit dem Wasser fließt.«

»Das ist sehr seltsam«, sagte Flora. »Ich frage mich, was hier geschieht.«

Der Geist erwacht

Flora hatte recht. Da war etwas, das sich unter der Erde von Cantrip Towers bewegte. Und es war nicht nur Wasser. Eine ruhelose, übelwollende Energie suchte sich ihren Weg aus der Erde. Und sie gelangte mit dem Wasser an die Oberfläche.

Es war das zweite Mal innerhalb von wenigen Monaten, dass Cantrip Towers von einer dunklen Macht angegriffen wurde. Im Sommer erst hatte die rachsüchtige Feindin der Schwestern, Glenda Glass, versucht, die Familie aus ihrem Zuhause zu verjagen. Sie hatte ihre dunkle Magie benutzt, um das Dach von Cantrip Towers zu beschädigen. Wasser war die Wände hinuntergelaufen und die Holzbalken hatten begonnen zu verrotten. Glendas Hoffnung war gewesen, dass die Cantrips sich die Reparaturen nicht leisten könnten und gezwungen wären, das Anwesen zu verkaufen. Die vier Schwestern hatten Glenda Glass in einer großen Schlacht besiegt und das Haus gerettet.

Doch jetzt machte sich etwas aus den Tiefen der Erde bereit, Cantrip Towers anzugreifen.

 

Als die Mädchen am Montag aus der Schule kamen, spielten Flame, Marina und Sky mit Archie, während Flora draußen nach dem Rechten sah. Gemeinsam mit Dad schritt sie in der Abenddämmerung über den Rasen.

»Die Bauarbeiter kommen morgen früh«, erzählte Dad.

»Das ist gut«, erwiderte Flora. »Sieh mal, die Fontäne ist noch etwas kleiner geworden.«

»Der Druck hat nachgelassen«, sagte Dad und richtete den Schein der Taschenlampe auf das Wasser. »Aber es tritt immer noch eine Menge Wasser aus. Mich überrascht, dass es so plötzlich passiert ist!« Dann fügte er hinzu: »Was ist das nur mit Cantrip Towers und dem Wasser, hm? Erst hatten wir ein undichtes Dach, und jetzt haben wir eine Überschwemmung im Garten.«

Flora fühlte sich unbehaglich. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht, dachte sie. Einen Moment schloss sie die Augen und benutzte ihre Erdmagie, um zu fühlen, was vor sich ging. Es ist, als versuche irgendetwas Böses aus der Erde zu kommen, dachte sie. Ein Anflug von Kälte erfasste ihr Herz, und sie fröstelte.

Ihre Grübelei wurde von Dad unterbrochen, der die Taschenlampe auf den Gemüsegarten richtete. »Lass uns einen kurzen Blick auf die Kürbisse werfen, wo wir schon mal hier sind«, schlug er vor.

»Einverstanden«, erwiderte Flora, und sie traten durch die Öffnung in der Buchsbaumhecke in den Gemüsegarten. In der hintersten Ecke, im Schutz der hohen Backsteinmauer, lag das Kürbisbeet.

Dad ließ den Strahl der Taschenlampe darübergleiten. Eine Reihe prächtiger orangefarbener Kürbisse leuchtete im Schein des Lichts. »Sie sehen toll aus«, sagte er. »Ihr werdet einige Arbeit damit haben, die alle für Halloween auszuhöhlen.«

»Und wir werden bis Weihnachten Kürbissuppe essen!«, sagte Flora lachend.

Als sie zum Haus zurückgingen, fragte Flora: »Dad, hat schon mal jemand auf dem Gelände gegraben? Weißt du, ob da etwas im Boden ist?«

»Nun, es gab ein anderes Haus hier, bevor Cantrip Towers gebaut wurde«, sagte Dad. »Ich glaube, es stand hier irgendwo, wo jetzt unser Rasen ist. Es könnte sein, dass noch Reste der Grundmauern existieren.«

»Was für ein Haus war das?«

»Ein sehr altes. Ich glaube, Sidneys Schwester hat hier gelebt. Frag Grandma, sie weiß es sicher.«

Und damit gingen sie nach drinnen.

 

In der Küche spielten Flame, Marina und Sky mit Archie. Als Dad und Flora hereinkamen, freute der kleine Hund sich so, dass er auf Dads Gummistiefel pinkelte.

Die Mädchen explodierten schier vor Lachen. Dad sah sehr viel weniger begeistert aus und wischte die Pfütze auf. »Na toll«, sagte er.

»Keine Sorge, du bist nicht der Einzige, dem das passiert ist. Archie macht seine Pfützen überallhin«, sagte Mum. »Ich bin schon den ganzen Tag am Wischen.«

Leider hatte Grandma Cantrip Towers verlassen, um mit ein paar Freunden essen zu gehen. Deshalb konnte Flora sie nicht nach dem alten Haus fragen, das Dad erwähnt hatte. Später, als die Mädchen ihre Zähne putzten, erzählte Flora ihren Schwestern, was er gesagt hatte. Sie waren wie elektrisiert.

»Das müssen wir unbedingt genauer wissen«, sagte Flame. »Ich frage mich, warum es bis jetzt nie jemand erwähnt hat.«

»Wahrscheinlich hatte Dad es schlicht vergessen«, meinte Marina.

»Wir müssen unbedingt Grandma danach fragen«, sagte Flame.

 

Am Morgen jedoch, als die Schwestern sich für die Schule fertig machten, fand sich wieder keine Gelegenheit, mit ihr zu reden, da Mum die ganze Zeit in der Nähe war. Also gingen sie in die Schule, ohne mehr über das Haus erfahren zu haben, das einst auf ihrem Grundstück gestanden hatte.

Flora grübelte darüber nach, als sie zwischen zwei Unterrichtsstunden über die Schulflure ging. Flame dagegen hatte andere Dinge im Kopf. Sie beschäftigte vor allem, wer Kapitän des Mädchen-Hockeyteams werden würde. Würde die Trainerin sich für sie entscheiden oder für Verena Glass?

Genau wie Flame hoffte Glenda Glass’ Enkeltochter, dass die Wahl auf sie fallen würde. Beide Mädchen waren schnell, geschickte Strateginnen und gleichermaßen angriffslustig. Sie sahen sogar ähnlich aus: Sie waren groß, mit langem, glattem Haar. Der einzige Unterschied war, dass Verenas Haar blond und Flames kupferfarben war. Beide besaßen eine große Portion sportlichen Ehrgeiz, und keine von ihnen gab ein Spiel gern verloren. Aber nur eine konnte Mannschaftskapitän werden.

Flame ging ihrer entfernten Cousine an diesem Tag aus dem Weg. Als sie über den Schulhof schlenderte, musste sie an zwei Magneten denken, die einander abstießen. So wie ihre Physiklehrerin es ihnen im Unterricht demonstriert hatte. Verena und ich sind wie gleichgepolte Magneten, dachte Flame. Wir sind uns einfach zu ähnlich, deswegen gibt es immer Probleme, wenn wir uns zu nahe kommen.

Marina Cantrip dagegen wurde von Verena angezogen. Obwohl Marina ein Jahr jünger war, waren die beiden Mädchen Freundinnen geworden. Als Einzelkind, das mit einer unfreundlichen und egoistischen Großmutter zusammenlebte, wusste Verena Marinas Herzlichkeit und ihr mitfühlendes Wesen zu schätzen.

Als die beiden Mädchen sich in der Mittagspause auf dem Schulhof begegneten, begannen sie sofort, miteinander zu quatschen.

»Was ist los?«, fragte Marina, der nicht entgangen war, dass Verena traurig aussah.

»Ich habe eine E-Mail von meiner Mutter bekommen. Sie möchte wieder nach Hause kommen.«

»Aber das ist doch toll!«, sagte Marina. »Freust du dich nicht darüber?«

»Doch, natürlich«, erwiderte Verena seufzend. »Ich hasse es, mit Großmutter leben zu müssen, und ich habe nie verstanden, wie Mum uns so einfach verlassen konnte, um nach Südamerika zu gehen.«

Marina wartete schweigend ab, während Verena grübelnd dastand.

Sie sah in Marinas freundlich blickende Augen und sagte leise: »Sie schreibt, dass sie einen schrecklichen Fehler gemacht hat, als sie mit diesem anderen Mann mitgegangen ist, und dass sie Daddy immer noch liebt. Sie möchte nach Hause kommen.«

»Weiß dein Vater davon?«

Verena schüttelte ratlos den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht … Ich hatte letztens das Gefühl, als frage er mich aus. Du weißt schon, so als versuche er etwas herauszufinden.«

»Was hält sie davon ab, zurückzukommen?«

»Bevor sie diesen Schritt wagt, muss sie wissen, ob Daddy das überhaupt will. Er war sehr verletzt, als sie gegangen ist. Und wie würde sie mit Grandma auskommen? Weißt du, ich habe das Gefühl, Grandma mag Mummy nicht und will sie aus dem Weg haben.«

»Weiß dein Vater, wie unglücklich du mit deiner Großmutter bist?«