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Heiße Stunden im kühlen Weinkeller
Lance betreibt erfolgreich die Vine & Coffee Lounge, geht darin vollkommen auf und hat keine neue Beziehung im Sinn. Bis – ja, bis eines Abends eine besondere Frau die Lounge betritt. Eine defekte Tür sorgt dafür, dass der Abend unerwartet im Weinkeller des Lokals endet. Zu zweit – mit anregenden Getränken, viel Anziehungskraft und immer intensiver werdender Nähe.
Am nächsten Tag erfährt Lance jedoch Details über seine nächtliche Partnerin, die ihm einen Schock versetzen. Er verliert jegliches Vertrauen, zieht sich zurück, verweigert jeden weiteren Kontakt zu Jules. Dabei gibt es diesen kleinen Teil in seinem Herzen, der bereits für die ungewöhnliche Frau glimmt. Genau darauf setzt Jules. Sie gibt nicht auf, findet einen Weg für ein Gespräch – alleine, ungestört, in prickelnder Umgebung. Wird sie es schaffen, den Funken in Lance zu einem Feuer zu entfachen?
Der Auftakt der »Story to go Reihe« mit in sich abgeschlossenen Liebesgeschichten, die alle im Zusammenhang mit der Vine & Coffee Lounge stehen.
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Nachweis
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18 - Jules
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Nachwort
Bisher erschienen
Danksagung
Leseprobe
Impressum
Vine & Coffee Lounge
Lance & Jules
Von Mareile Raphael
Nachweis
1. Auflage Mai 2022
Copyright © Mareile Raphael
Covergestaltung: pro_designx Bild: Laifalight / Shutterstock
Lektorat + Korrektorat: Schreibservice More
Alle Rechte vorbehalten.
Unbefugte Nutzung, wie Vervielfältigung, Verbreitung, Übertragung oder Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Personen und Handlungen sind frei erfunden.
Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Menschen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Vorwort
Vielen Dank, dass Du Dich für eines meiner Bücher entschieden hast.
Bei der Story-to-go-Reihe handelt es sich um Einzelromane, die in sich abgeschlossen sind und unabhängig voneinander gelesen werden können. Es gibt jedoch wiederkehrende Charaktere, die alle etwas mit der Vine & Coffee Lounge zu tun haben.
Im ersten Teil geht es um den Inhaber Lance, der heiße Stunden im Weinkeller verbringt, die sein Leben ziemlich durcheinanderwürfeln.
Ich hoffe, dass Dir die Geschichte gefällt.
Deine Mareile
Kapitel 1
Mein Blick schweift aus dem Fenster zu der Birke, die zwischen den Parkbuchten des Restaurants und dem Gehweg in die Höhe ragt. Die dünnen Zweige wiegen sich im Wind. Ich bilde mir ein, das Rascheln der Blätter zu hören.
Plötzlich macht es ›klack‹ und das Weinglas, an dem ich herumpoliere, besteht aus zwei Teilen. Verdammte Unkonzentriertheit! Fluchend werfe ich das Glas in den Mülleimer, greife nach dem nächsten. Wie gut, dass morgen Ruhetag ist, sodass ich einen Tag ausspannen kann.
Mein Restaurant »Vine & Coffee Lounge« hat sich von Anfang an als Goldgrube und Publikumsmagnet herausgestellt. Dabei hat mich die Konkurrenz zu Beginn nur milde belächelt. Einige Freunde wollten mir die Idee sogar ausreden. Die Mischung von kleinen Snacks aus frischen Zutaten, mit Kräutern sowie hochwertigem Essig und Öl gewürzt, zur Mittagszeit; Kaffeespezialitäten am Nachmittag; abends erlesene Weine und Cocktails würde niemals aufgehen, haben alle prophezeit. Doch ich habe an diesem Traum festgehalten und das Konzept ist aufgegangen. Die Bohnen für das Frühstücksangebot mit dem Coffee to go und das Nachmittagsgeschäft inklusive der selbst zubereiteten Kuchen werden vor den Schichten frisch gemahlen. Das Pulver ist damit nie älter als zwölf Stunden, was sich beim Aroma bemerkbar macht. Die Qualität der Bohnen-Mischungen, die ich erwerbe, ist hochwertig - auch das schmeckt man heraus.
Das alte Gebäude mit dem kühlen Weinkeller hat sich zudem als Glücksgriff erwiesen. Auf grelle Werbung aus Neonlicht habe ich verzichtet, weil es das Gesamtbild stören würde. Stattdessen wird die Hauswand von alten Straßenlaternen angeleuchtet, was zum Flair passt und genau das Publikum aus jungen aufstrebenden Leuten anzieht, welches ich mir erhofft habe. Yuppies und Jungunternehmer, die kein Problem damit haben, einen angemessenen Preis für ausgefallene hochwertige und frische Zutaten zu zahlen. Die zwölf Tische sind häufig durchgehend besetzt, trotzdem ist die Bedienung zu zweit gut zu schaffen. In der Küche werkelt jeweils nur ein Koch, der den Personalbestand abrundet.
Ich liebe die Lokalität - es war die beste Entscheidung, die ich bisher getroffen habe - aber die freien Tage sind rar geworden. Ich sehne mich nach Abwechslung und Entspannung.
Für diese Gedanken ist keine Zeit mehr, nachdem die ersten Abendgäste den Weg ins Lokal gefunden haben. Sam flitzt zwischen den Tischen hin und her, nimmt Bestellungen auf, reicht diese letztlich an mich weiter. Ich kümmere mich um die Getränke, informiere den Koch über die gewünschten Süßspeisen und Snacks, die allesamt selbst zubereitet werden. Sogar die Cookies sowie Muffins sind aus eigener Herstellung und daher immer frisch. Ein reibungsloser Ablauf, den wir eingespielt bewerkstelligen.
Meine Konzentration wird allerdings gestört, als eine rassige Rothaarige durch die Tür kommt. Sie schüttelt ihre Löwenmähne, fährt sich mit der Zunge über die Lippen und streicht den Rock glatt. Ein kurzer Rock, der ihre langen schlanken Beine perfekt zur Geltung bringt. Ich habe Mühe, einen anerkennenden Pfiff zu unterdrücken. Sam starrt sie ebenfalls ein paar Sekunden lang an und setzt dabei sein Strahlelächeln auf.
›Aufschneider!‹, schießt es mir durch den Kopf. Trotzdem beobachte ich weiter fasziniert jede Bewegung der feurigen Lady. Sie sieht sich im Restaurant um und schreitet zu einem Tisch hinüber, an dem bereits eine Frau sitzt. Diese ist das totale Gegenteil der Rothaarigen: Blond, mit streng zurückgebundenen Haaren, dezent geschminkt, in legerer Kleidung. Sie ist hübsch, ohne Zweifel, aber neben ihrer Tischnachbarin geht sie vollkommen unter. Die beiden begrüßen sich mit Küsschen links und rechts auf die Wangen, verfallen danach sofort in ein angeregtes Gespräch. Mein Angestellter, der an ihren Tisch eilt und nur Augen für die Rothaarige hat, wird zunächst gänzlich ignoriert. Ich grinse in mich hinein.
»Wow«, entfährt es ihm, als er mir den Zettel mit der Getränkebestellung hinlegt. »Was für eine Frau.«
»Die Blondine?«, hake ich unschuldig nach. Sam runzelt die Stirn.
»Blond?« Er sieht mich irritiert an. »Was für eine Blondine?«
Ich ziehe vielsagend die Augenbraue hoch. Mit dem Kopf nicke ich in Richtung des Tisches, an dem die beiden Frauen sitzen.
»Spinner«, kommentiert Sam meine Bemerkung und boxt mir in die Seite. »Kein Wunder, dass du keine Freundin hast. Dir fallen die Rasseweiber nicht einmal auf, wenn sie direkt vor deiner Nase hocken. Ich wette einen Fünfziger, dass der Rotschopf heute Abend noch abgeschleppt wird.«
»Notfalls von dir?«
»Das Opfer könnte ich natürlich bringen«, spottet Sam mit einem Augenzwinkern.
Kopfschüttelnd, aber ohne auf das Wettangebot einzugehen, kümmere ich mich um die Getränke für die Ladys. Ein Glas Chablis des Jahrgangs 2014 und einen Cosmopolitan hat Sam notiert. Ich frage mich beim Zusammenstellen unwillkürlich, welche der beiden Frauen so einen exquisiten Weingeschmack hat. Gespannt verfolge ich daher, wie Sam die Getränke an den Tisch bringt. Das blonde Mauerblümchen bekommt den Wein, der Cosmopolitan geht an die Rothaarige.
›Passend zu den Haarfarben‹, denke ich noch, ehe ich mich um die weiteren Bestellungen kümmere.
Der Laden wird immer voller. Ich nutze die Chance, den Ladys ihr Essen zu servieren. Sehr zum Verdruss von Sam, der den Augenblick verpasst hat, rechtzeitig nach den Tellern zu greifen. Mit einem triumphierenden Blick in seine Richtung platziere ich die Gerichte auf dem Tisch. Pissaladière für das Rasseweib, einen Salat mit einem Hauch Cheddar und noch weniger Dressing für die schüchterne Blondine, die mich kaum ansieht. Das rote Leuchtfeuer sucht dagegen immer wieder Augenkontakt. Sie kneift die Lider zusammen und starrt auf den Namenszug an meinem Poloshirt.
›Nanu, die Dame scheint kurzsichtig zu sein und ist offenbar zu eitel für eine Brille‹, stelle ich amüsiert fest. Dabei könnte ein schickes Gestell den feinen Gesichtszügen nicht das Geringste anhaben.
»Lance«, raunt die Freundin ihr zu, die den Schriftzug entziffert hat.
›Diese tiefblauen Augen haben also einen scharfen Blick‹, resümiere ich mit einem freundlichen Lächeln. Doch das kommt bei der Blondine nicht an, weil sie sich sofort abwendet, als ich zu ihr schaue.
»Vielen Dank, Lance«, flirtet ihre Tischnachbarin mich dagegen an. Lasziv fährt sie sich mit der Zunge über die Lippen.
»Ich wünsche den Damen einen guten Appetit und hoffe, dass alles zu Ihrer Zufriedenheit ist. Ansonsten scheuen Sie sich bitte nicht, uns anzusprechen«, spule ich meinen üblichen Spruch herunter. Wie gut, dass der so einstudiert ist, denn ich merke, wie meine Hose unter der langen Schürze eng wird.
›Holla, wann ist mir das zum letzten Mal mitten im Restaurant passiert?‹
Kapitel 2
Die Hektik der Bestellungen nimmt so langsam ab. Es ist weit nach 22 Uhr, zu dieser Zeit werden fast nur noch Getränke bestellt. Die meisten Gäste sind versorgt. Sam bekommt es momentan locker alleine hin, die Wünsche aufzunehmen, zusammenzustellen und zu servieren. Das verschafft mir eine kleine Pause, die ich dazu nutze, mich an den großen Kühlschrank zu lehnen. Mein Blick wandert durch das Lokal, bleibt unwillkürlich an IHR hängen. Ich könnte schwören, dass sie inzwischen einen weiteren Knopf ihrer Bluse geöffnet hat. Die rote Mähne liegt hinter den Schultern, sodass ich freie Sicht auf den Brustansatz habe. Ihre helle Haut hebt sich kontrastreich von dem schwarzen, eng anliegenden Oberteil ab. Als sie sich ein wenig nach vorne beugt, kann ich sogar den Spitzenbesatz ihres bordeauxfarbenen BHs erkennen.
Plötzlich steht sie auf und geht in Richtung der Toiletten. Meine Augen folgen ihr ganz automatisch - es sind nicht die Einzigen. Der Rotschopf ist sich der Aufmerksamkeit der Männer an den anderen Tischen durchaus bewusst, das zeigt ihr Gang deutlich. Aufreizend streicht sie mit den Händen von den Hüften abwärts über ihren Rock. Nicht nur ich erfreue mich an diesem Schauspiel.
Wenige Minuten später kehrt sie zurück und kommt direkt auf mich zu. Ohne Scheu betritt sie den Bereich hinter der Theke, um dicht vor mir stehen zu bleiben. Ihre Augen scannen ungeniert meinen Körper von unten nach oben, bis unsere Blicke sich treffen. Die Zunge fährt über die frisch geschminkten Lippen.
»Ich könnte deine Hilfe gebrauchen«, raunt sie mir zu.
»Gerne, wobei?«
»Das zeige ich dir im Damenbereich der Toiletten«, erwidert sie und greift nach meiner Hand.
Ohne Gegenwehr lasse ich mich von ihr durch das Lokal zu den sanitären Anlagen führen. Vor der Damentoilette verharrt sie einen Moment und wirft mir einen kurzen Blick über die Schulter zu. Ihre Augen schimmern in dem gedämpften Licht des Flurs türkisfarben.
Sie öffnet die Tür und ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass keine andere Frau in dem Raum ist, die sich von meinem Eintreten belästigt fühlen könnte. Ich habe Glück, der Vorraum mit den Waschtischen ist leer. Blitzschnell überprüfe ich die Ausstattung, aber alles ist sauber, vollständig und an seinem Platz.
»Wie kann ich helfen?«
Mein rothaariger Gast setzt einen schelmischen Gesichtsausdruck auf. Erneut fährt sie sich mit der Zunge über die Lippen. Ihre Augen glänzen verheißungsvoll, als sie mich am Kragen packt und zu sich zieht. Meine Hände legen sich wie hypnotisiert um ihre Taille. Im nächsten Moment presst sie die Lippen auf meinen Mund und ich spüre ihre feuchte Zungenspitze, die zum Spiel einlädt. Eine Einladung, die ich nur zu gerne annehme.
Der Kuss, die Art wie sie meine Mundhöhle erforscht, dabei meine Zunge herausfordert, schießt mir direkt bis in den Lendenbereich. Mit den Fingerspitzen fahre ich ihren Rock entlang, bis ich den Saum erreicht habe. Ich umfasse ihn, um den Stoff nach oben zu schieben. Sie lässt es geschehen, drängt sogar ein Bein zwischen meine und reibt sich an mir. Ein Stöhnen entfährt mir. Das weiche Gewebe ihres Rockes bauscht sich inzwischen um ihre Taille, ich taste nach dem Slip. Meine Fingerspitzen suchen ihre Haut ab, werden jedoch nicht fündig. Jesus, sie trägt unter diesem aufreizenden Stückchen Stoff nicht einmal einen Tanga.
Schwer atmend beendet sie unseren Kuss und wirft den Kopf mit einem Stöhnen zurück. Ihr restlicher Körper ist weiterhin an meinen gepresst.
»Setz mich auf den Waschtisch«, haucht sie mir zu.
Eine Aufforderung, der ich sofort nachkomme. Mit beiden Händen umfasse ich ihren Hintern, hebe sie ein Stück an und schiebe sie auf die kühle Platte aus Marmor. Dabei trete ich zwischen ihre Beine, die sie entgegenkommend für mich öffnet.
Mit meinen Händen fahre ich höher und fange an, die restlichen Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen. Der fließende Stoff fällt bereitwillig zu Seite, je weiter ich nach unten vordringe. Jetzt trennt mich nur noch der bordeauxfarbene Büstenhalter von ihren Brüsten. Die Finger der Rothaarigen umfassen meine Hände, führen sie über ihren Körper. Die linke landet an ihrem Busen, wo mein Daumen sofort dafür sorgt, dass der Brustwarze Aufmerksamkeit geschenkt wird. Rau reibe ich über den Stoff und spüre, wie sich der Nippel aufrichtet. Meine rechte Hand schiebt sie zwischen ihre gespreizten Beine. Ihre Mitte ist feucht und warm, lädt mich geradezu ein. Ich schiebe den Zeigefinger in sie hinein, lasse ihn genüsslich kreisen. Meine Gespielin seufzt entzückt auf und lehnt sich zurück, sodass ihre Schultern die Spiegelwand hinter dem Waschtisch berühren.
Mein Finger fährt vor und zurück, rein und raus, hin und her. Dabei schicke ich ihn tief in die Öffnung, um nach dem empfindsamen Punkt in ihrer Vagina zu suchen. Als ich ihn finde, stöhnt sie laut auf und schiebt mir das Becken entgegen. Ich nehme auch den Mittelfinger zur Hilfe, verschaffe ihr so noch mehr Lust. Ihre Beine fangen leicht an zu beben, als mein Handballen immer wieder ihre Klitoris touchiert. Der Rotschopf richtet sich schwer atmend auf. Mit einem aufreizenden Lächeln fängt sie an, unter meiner Kellnerschürze am Gürtel zu nesteln. Nur Augenblicke später hat sie ihn geöffnet und lässt den Knopf meiner Hose folgen. Das ratschende Geräusch des Reißverschlusses, der heruntergezogen wird, hört sich verheißungsvoll an. In Erwartung ihrer Hand, die gleich meinen Schaft umfassen wird, schließe ich die Augen.
»Boss,«, ertönt es in diesem Moment neben mir, »hey, Lance.« Jemand berührt meinen Oberarm, ich zucke zusammen. Widerwillig öffne ich die Augen und blicke zur Seite. Neben mir steht Dylan, der Chefkoch der Lounge. Verwirrung macht sich bei mir breit, als ich die Umgebung um mich herum wahrnehme: Die Theke, die Regale mit den Gläsern, die Halterungen, in denen die Flaschen kopfüber hängen.
»Du warst ja meilenweit weg mit deinen Gedanken«, kommentiert Dylan meinen irritierten Ausdruck. »Ich habe dich dreimal angesprochen. In welchen Sphären hast du dich denn herumgetrieben?«
Meine Augen wandern an ihm vorbei zu dem Tisch, an dem das Rasseweib noch immer mit ihrer blonden Freundin sitzt. ›heilige Scheiße, ich habe nur geträumt, aber was für eine sexy Vorstellung!‹
»Was ist los?«, frage ich meinen Koch.
»Feierabend ist los, Boss. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich jetzt gehe.«
Ich schaue auf meine Uhr; bemerke, dass es bereits 23 Uhr ist, und nicke. »Danke, Dylan, schönen Feierabend. Wir sehen uns übermorgen.«
Der Koch geht und Sam nähert sich mit einem breiten Grinsen.
»Diese Wette gewinne ich mit Leichtigkeit, der Typ an Tisch sieben hat den Ladys von der Fünf noch einen Drink spendiert. Als die Rothaarige ihn dafür angelächelt hat, fing er fast an zu sabbern.«
»Schade nur, dass du niemanden gefunden hast, der auf die Wette eingegangen ist«, erwidere ich trocken. Nebenbei beobachte ich den Platz der beiden Frauen - tatsächlich, einige der Männer an den Nebentischen bekommen aufreizende Blicke zugeworfen. Einer von ihnen hat gute Chancen in den Genuss zu kommen, den ich mir bis vor wenigen Augenblicken noch so bildhaft - nahezu spürbar - vorgestellt habe.
In der Tasche an der Innenseite meiner Schürze, wo sich auch das Kellnerportemonnaie befindet, taste ich nach dem Inhalt. Normalerweise habe ich dort immer ein paar Kondome verstaut, da es häufig vorkommt, dass Gäste verstohlen danach fragen, wenn sie eine interessante Bekanntschaft gemacht haben. Eines ist noch vorrätig, ich stecke drei weitere dazu. Es sieht so aus, als könnte der eine oder andere Gast sie heute brauchen.
Kapitel 3
Nachdem Dylan gegangen ist, bricht die letzte Stunde des Abends an. Da es Sonntag ist, werden die meisten Gäste gegen Mitternacht oder kurz danach aufbrechen. Während Sam die Tische im Blick hat, Abschlussbestellungen aufnimmt oder abkassiert, beobachte ich die beiden Frauen an Tisch fünf.
Noch unterschiedlicher könnten sie kaum sein. Die Rothaarige aufreizend, in edlen Klamotten, geschickt geschminkt, zudem mit einem Augenaufschlag, der die Männerherzen um sie herum höherschlagen lässt. Die Blondine dagegen schüchtern und zurückhaltend; in teurer, aber eher unscheinbarer Kleidung in gedeckten Farben. Ihr Blick ist entweder auf ihre Begleiterin oder die Tischplatte gerichtet, die Hände unruhig ineinander verschlungen, so als wäre sie sehr nervös. Warum? Weil sie zum ersten Mal in einer solchen Umgebung ist? Verunsichern sie die Männer, die nur Augen für ihre Freundin haben? Sind die beiden Frauen überhaupt befreundet? Doch, so grotesk es sich auch darstellen mag, sie scheinen sich wirklich gut zu verstehen. Der Rotschopf ist nicht unbedingt die Federführende in den Gesprächen, sie hört genauso oft nickend zu. Außerdem herrscht eine spürbare Verbundenheit zwischen ihnen.
Während ich noch darüber nachdenke, ob sie Schwestern sind - ein Gedanke, den ich sofort beiseite wische - schauen beide Frauen zu mir. Als ich den Blick lächelnd erwidere, zwinkert mir die Rothaarige zu, die Blondine dagegen senkt den Kopf prompt wieder.
›Herrgott Mädel, zeig doch deine wunderschönen blauen Augen, anstatt sie immer abzuwenden!‹
Ein Gast vom Nebentisch scheint einen ähnlichen Gedanken zu haben, denn er beugt sich mit einem breiten Grinsen zu ihr hinüber. Sie beantwortet seine Frage, die ich wegen des Stimmengewirrs und der Musik im Hintergrund nicht verstehen kann, gleichzeitig rückt sie ein wenig von ihm ab. Das hält ihn allerdings nicht davon ab, den Abstand wieder zu verringern. Erst als die Rothaarige ihm auf den Arm klopft und sichtbar angiftet, zieht er sich zurück. Ein paar Sekunden später greift sein Kumpel zu zwei Geldscheinen, die in der Mitte des Tisches liegen, und steckt sie in eine Tasche des Oberhemds.
Sam gesellt sich schnaubend zu mir. Kopfschüttelnd deutet er auf die Männer.
»Wir sind nicht die Einzigen, die heute Abend auf Tisch fünf Wetten abgeschlossen haben. Warum der Blödmann allerdings das Blondchen angemacht hat, verstehe wer will.«
»Weil er bei dem Rasseweib noch deutlicher abgeblitzt wäre.« Als ich Sam ansehe, nickt er bedächtig. Ich werde den Gedanken nicht los, dass er im selben Moment seine eigenen Chancen abwägt. Ich würde sie ebenfalls nicht von der Bettkante schubsen, aber ich sehe das Ganze realistischer - so eine Frau will nicht von einer Bedienung ›bedient‹ werden. Der unerwartete Wortwitz treibt meine Mundwinkel zu einem breiten Grinsen auseinander.
»Du glaubst doch nicht etwa, dass du …«, interpretiert Sam meine Miene.
»Ich lasse dir den Vortritt«, versichere ich, während ich ihm auf die Schulter klopfe. Gleichzeitig beobachte ich aus dem Augenwinkel, wie ein weiterer Gast einen Flirtversuch startet. ›Der Abend wird immer interessanter‹, überlege ich, ›so abwechslungsreich zu später Stunde, dass sogar meine Müdigkeit verfliegt.‹
Die Taktik von ›Mr. geschniegelter Anzug mit schlecht sitzender Krawatte‹ scheint derweil aufzugehen. Mit einer einladenden Geste deutet die Rothaarige auf einen der freien Stühle an ihrem Tisch. Nach einem triumphierenden Lächeln in die Runde lässt der Typ sich darauf nieder. Er verwickelt das Objekt seiner - und der fast aller Männer in diesem Raum - Begierde in ein Gespräch. Was immer er auch sagt, es muss anregend oder fesselnd sein, da ihm die Aufmerksamkeit beider Frauen gewiss ist. Sie kleben regelrecht an seinen Lippen.
›Wie zum Teufel macht er das?‹ Ich hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet ein Typ, der selbst am Sonntagabend in Anzug, Weste und Krawatte herumläuft, das Interesse des Rotfuchses wecken kann. Nach wie vor saugt sie jedes seiner Worte auf. Meine Augenlider verziehen sich zu Schlitzen, als sie ihm auch noch eine Hand auf den Arm legt. Neben mir schnaubt es ein weiteres Mal - Sam ist von ihrer Wahl ebenfalls nicht begeistert.
»Die Leute am Ecktisch wollen zahlen«, weise ich ihn hin. Mit mürrischer Miene macht er sich auf den Weg, sein Blick bleibt dabei die ganze Zeit auf das Schauspiel in der Mitte des Raumes gerichtet - ebenso wie meiner.
Am späteren Abend führt mich mein Weg in den Weinkeller. In den trockenen und kühlen Räumen lagern wir nicht nur sämtliche Getränke, sondern auch die Lebensmittel, die keiner besonderen Kühlung bedürfen. In einem der hinteren Bereiche sind außerdem die Ersatzkissen sowie die verschiedenen Ensembles an Dekorationen - je nach Jahreszeit und Festtagen - untergebracht. Im Laufe der drei Jahre, in denen ich das Lokal bereits betreibe, hat sich eine Menge angesammelt. Das Ganze habe ich größtenteils Charlene zu verdanken, meiner Angestellten, die sich hauptverantwortlich um die Frühstückszeit inklusive des ›Coffee to go‹-Angebotes kümmert.
Die schwere Eichenholztür knarrt, als ich sie öffne. Routiniert schiebe ich den Keil vor die Schwelle, damit die Tür nicht zufällt. Die Beschläge sind seit Monaten locker, sodass die Knäufe ab und an herausfallen. Jede Woche nehme ich mir von Neuem vor, sie zu reparieren oder auszutauschen, und verschiebe es im gleichen Maße wieder. An die Nutzung des Keils haben sich alle Angestellten so sehr gewöhnt, dass es mir von Mal zu Mal weniger wichtig erscheint, mich um eine neue Ausstattung zu kümmern.
Hinter der Tür befindet sich eine halbmondförmige Empore, die von einem verzierten Eisengeländer umgeben ist. Die Erbauer des Hauses haben selbst hier einen Sinn für Ästhetik gehabt. Auf dem großzügig bemessenen Steinportal stehen vier Bierfässer. Der Platz ist ideal, da wir sie so nicht direkt im Keller lagern müssen, und sie zusätzlich leicht zum Tresen rollen können. Es muss lediglich die zwei Zentimeter hohe Türschwelle überwunden werden. Von der Empore aus führen fünfzehn breite Stufen, die wie eine Mondsichel geformt sind, nach unten in die Kellerräume.
Mit der Ausbeute von drei Flaschen Wein und Whiskey steige ich die Stufen kurze Zeit später wieder hinauf. Dabei fällt mein Blick auf den Tisch neben der steinernen Treppe, auf dem Zutaten bereitstehen. Offensichtlich plant Dylan ein neues Rezept. Mit seinen ausgefallenen Kuchenspezialitäten überrascht er selbst mich hier und da. Alleine der Anblick von Schokolade und Pistazien lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Je mehr wir uns Mitternacht nähern, desto leerer wird das Lokal. Inzwischen sind nur noch zwei Tische besetzt. Vor den meisten Gästen liegt eine hektische Arbeitswoche, die sie nicht übermüdet beginnen wollen. Im Gegensatz zu ihnen stehe ich kurz vor einem freien Montag, den ich zum Joggen und Ausspannen nutzen werde. Meine Träumerei davon wird unterbrochen, als sich an Tisch fünf etwas tut.
Sam, der mit einem Tablett voller benutzter Gläser hinter den Tresen kommt, verdreht die Augen, als der Gewinner bei der Rothaarigen lautstark nach ihm ruft, um die Rechnung zu verlangen. Ich signalisiere ihm, dass ich das übernehme, und gebe die Nummern der Tische, an denen der Typ den Abend über gesessen hat, in die Kasse ein. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen stelle ich mich neben den Mann in dem teuren Anzug.
»Alles zusammen?«
»Natürlich, die Bestellungen der Damen gehen auf mich, außerdem der Rest von dort drüben«, antwortet er mit einem Nicken auf den Nebentisch, den seine Begleiter bereits vor einer halben Stunde verlassen haben. Die beiden Frauen stecken derweil die Köpfe zusammen, flüstern sich lächelnd etwas zu. Als Folge steht die Blondine auf und verschwindet in Richtung der sanitären Anlagen.
Während ich den Rechnungsbetrag inklusive eines großzügigen Trinkgeldes entgegennehme, kassiert Sam am letzten Tisch ab. Gemeinsam räumen wir das Geschirr von den übrigen Plätzen, sammeln die Dekoration ein und rücken die Stühle zurecht. Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie die Rothaarige zusammen mit dem Schlipsträger das Lokal verlässt. Besitzergreifend hat er einen Arm um ihre Taille gelegt, was sie nicht zu stören scheint. Die Blondine, die vermutlich vor ihnen hinausgegangen ist, tut mir leid - sie muss sich wie die überflüssige Dritte im Bunde fühlen.
Bevor ich mein Tablett zum Tresen bringe, schließe ich die Eingangstür ab, damit kein Nachtschwärmer unseren Feierabend hinausschiebt. Nur noch kurz das Geschirr in die Spülmaschine räumen, die Kasse abrechnen und die Lichter löschen - freier Tag, ich komme. Sam kümmert sich bereits um die benutzten Utensilien, sodass ich mich der Kasse zuwende und das Abrechnungsprogramm starte. Nebenbei stecke ich das Trinkgeld der letzten Rechnung in die Sammelkassette, so wie die anderen Bedienungen es ebenfalls tun. Am Monatsende teile ich die Summe stets unter allen Mitarbeitern auf. Eine Regelung, die bei den Angestellten Anklang findet - schließlich macht das Gesamtpaket den Erfolg aus, der vom ganzen Team gewährleistet wird. Zu dem gehören auch die Leute in der Küche sowie vom Reinigungsdienst, die so gleichermaßen von den Trinkgeldern profitieren.
»Entschuldigung?« Die leise Stimme neben mir lässt mich zusammenzucken. Tiefblaue Augen schauen mich verschämt an, als ich zur Seite blicke. »Verzeihung, ich wollte Sie nicht erschrecken.« Die Freundin der Rothaarigen knetet nervös ihre Finger, während sie auf eine Reaktion von mir wartet.
»Wo kommen Sie denn her?«, entfährt es mir. Immer noch vollkommen überrascht sehe ich zur Eingangstür, in dessen Schloss der Schlüssel steckt.
»Ich war auf der Toilette und jetzt haben Sie bereits abgeschlossen. Würden Sie mich bitte hinauslassen?«
Eine logische Erklärung, auf die ich auch selber hätte kommen können. Natürlich ist die Blondine keine Nachfahrin von Houdini, die Schlösser knackt oder sich auf andere Weise in einen Raum zaubert. Ein Lächeln umspielt meine Lippen, das sie zögernd erwidert.
›Na bitte, geht doch - sie verliert ein wenig ihre Scheu.‹ Als Sam sie jedoch neugierig mustert, nachdem er die Klappe des Geschirrspülers geschlossen hat, ändert sich ihre Miene sofort wieder - keine Spur mehr von einem Lächeln. Ihre Schultern sacken herab, die aufrechte Haltung fällt regelrecht in sich zusammen, der Blick senkt sich, die Hände zittern leicht.
»Ich begleite Sie zur Tür«, biete ich an, was sie nickend annimmt. Gemeinsam gehen wir zum Ausgang. In meinem Kopf suche ich nach einem Scherz, der sie nicht verschreckt, oder nach ein paar aufmunternden Worten. Flotte Sprüche sind eigentlich Sams Spezialität, der sich heute auffallend zurückgehalten hat, wie mir in diesem Moment klar wird. Hat er etwa ein Formtief? Aber ich selbst bin doch sonst auch nicht auf den Mund gefallen - trotzdem fällt mir jetzt nichts Passendes ein. Bevor ich mich noch darüber wundern oder ärgern kann, haben wir die Pforte bereits erreicht. Ich drücke die Tür gegen den Rahmen, um den Schlüssel leichter drehen zu können. Mein letzter Gast beobachtet mich dabei aus den Augenwinkeln.
»Kommen Sie gut nach Hause«, wünsche ich der Blondine mit einer angedeuteten Verbeugung. Wieder blitzt kurz ein scheues Lächeln bei ihr auf, ehe sie durch den Türspalt huscht. Ein leises »danke« kommt noch bei mir an, im nächsten Moment eilt sie schon über den Gehweg. Ich blicke ihr nach. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob ich ihr wünschen soll, dass die Freundin mit ihrem Begleiter auf sie wartet oder bereits gegangen ist. Das Geturtel der beiden ist bestimmt nicht leicht zu ertragen, erst recht nicht für so ein graues Mäuschen.
Bevor die Blondine um die Ecke biegt, um zum Parkplatz zu gelangen, schaut sie sich noch einmal um. War das ein zaghaftes Winken in meine Richtung? Ich erwidere es automatisch. Erst als sie aus meinem Sichtfeld verschwunden ist, schließe ich die Tür wieder und drehe den Schlüssel.
Sam mustert mich ganz offen, als ich zum Tresen zurückkomme. Er hat die Schürze abgenommen, schlüpft soeben in seine Jacke. Grinsend lässt er sein Schlüsselbund um den Zeigefinger kreisen.
»Leider der falsche Gast von Tisch fünf«, zieht er mich auf. »Bei der Rothaarigen hätte ich mich persönlich als Bodyguard für den Nachhauseweg angeboten. Das unscheinbare Blondchen wird sich dagegen kaum von dem Grau der Gehwegplatten abheben. Die ist sicher, so viel steht fest.«
»Du kannst mich schlagen, aber die Kleine hat trotzdem was.