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Den jüdischen Witz nennt man die Krone allen Witzes. Mal bitterscharf, dann zuckersüß, bisweilen mehr frivol als fromm, oft sarkastisch und selbstkritisch. Aber immer voller Poesie und Weisheit. Jüdischer Humor, rabbinische Anekdoten, Weisheit, Schlagfertigkeit - gesammelt und mit einem biblischen Wort verknüpft von Axel Kühner. Entstanden sind kleine Texte zum Nachdenken, Schmunzeln oder Anwenden in komplizierten Situationen.
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Seitenzahl: 63
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Drei Männer wetteifern miteinander, wessen Rabbiner die größeren Wunder getan hat. Der eine Mann beginnt: »Kürzlich war unser Rabbi im offenen Wagen unterwegs, als plötzlich ein Platzregen kam. Unser Rabbi hat gebetet, die Hände zu Gott erhoben. Und was soll ich euch sagen, Gott hat den Regen geteilt. Links vom Wagen hat es geregnet und rechts vom Wagen hat es geregnet, und in der Mitte, wo der Rabbi gefahren ist, blieb es trocken.
Ein Wunder!« Nun erzählt der zweite Mann: »Unser Rabbi war an einem Freitag mit dem Auto unterwegs, als plötzlich der Wagen streikte. Es war kurz vor Sonnenuntergang, unmittelbar vorm Sabbat. Der Wagen fuhr nur noch ganz langsam. Unser Rabbi hat gebetet, seine Hände zu Gott erhoben. Und was soll ich euch sagen, Gott hat den Sabbat geteilt. Rechts vom Wagen war Sabbat und links vom Wagen war Sabbat, und in der Mitte, wo der Rabbi gefahren ist, war kein Sabbat. Ein Wunder!«
Und schließlich erzählt auch der dritte Jude: »Unser Rabbi hat kürzlich einen kleinen Jungen gesehen, wie er vor einer hohen Mauer steht und ein Schinkenbrötchen isst. ›Die Mauer soll doch gleich über dich stürzen‹, rief der Rabbi. Doch im selben Augenblick besann er sich und dachte, der kleine Junge weiß es sicher nicht besser. Unser Rabbi hat gebetet, die Hände zu Gott erhoben, dass die Mauer nicht über den Jungen stürzt. Und was soll ich euch sagen, die Mauer blieb stehen. Ein Wunder!«
(Sprüche 14,15)
In einem Zugabteil sitzen sich zwei Juden gegenüber, ein älterer Herr und ein junger Mann, der sich vergebens abmüht, ein Gespräch zu beginnen. Schließlich versucht es der junge Mann mit der einfachsten Masche: »Verzeihung, der Herr, könnten Sie mir vielleicht sagen, wie spät es ist?« Der Herr antwortet nicht. Sie fahren Stunde um Stunde, und immer wieder versucht der junge Mann mit seinem Gegenüber ins Gespräch zu kommen. Schließlich nähert man sich der Endstation. Der junge Mann fasst sich noch mal ein Herz und sagt: »Verzeihung, mein Herr, jetzt habe ich Sie mehrmals höflich gefragt, was die Uhr ist. Und Sie gaben mir nicht eine Antwort!«
Nun wendet sich der Ältere an sein Gegenüber und sagt: »Lieber Mann, ich will Ihnen sagen, was gewesen wäre, wenn ich Ihnen gesagt hätte, was die Uhr ist. Ich hätte Ihnen gesagt, wir haben neun Uhr. Sie hätten mir gesagt, was ich für eine schöne Uhr habe. Ich hätte Ihnen gesagt: Ja, die Uhr ist ein wertvolles Stück. Sie hätten gesagt, wenn man eine so wertvolle Uhr hat, muss man auch machen gute Geschäfte. Ich hätte Ihnen gesagt, dass ich gute Geschäfte mache. Sie hätten mich gefragt, was für Geschäfte ich mache. Ich hätte Ihnen gesagt, dass ich in Papier und Kleber mache. Dann hätten Sie mich gefragt, wo ich wohne. Ich hätte Ihnen gesagt, in Przemysl. Sie hätten mich gefragt, ob ich habe ein schönes Haus. Ich hätte Ihnen gesagt, ich habe ein schönes Haus. Sie hätten mich gefragt, ob ich habe eine Familie. Ich habe eine Tochter. Sie hätten mich gefragt, ob die Tochter schön ist. Ich hätte gesagt, sie ist schön. Dann wären Sie gekommen, hätten einen Besuch gemacht. Dann hätten Sie bei mir angehalten um die Hand meiner Tochter. Jetzt frage ich Sie: Wozu brauche ich in meiner Mischpoche e Parech, was nicht emal an Uhr hat?«
(Sprüche 15,1)
Ein armer Jude findet eines Tages eine Geldbörse mit 700 Talern. Am Gemeindezentrum liest er einen Anschlag, dass ein reicher Jude seine Geldbörse verloren hat und dem ehrlichen Finder 50 Taler Finderlohn zahlen will.
Der arme Jude freut sich und bringt dem Reichen die Börse. Als der sein Geld wiederbekommt, bereut er schon sein Versprechen, einen Finderlohn zu zahlen. Also zählt er vor dem Armen das Geld nach und meint: »Wie ich sehe, hast du dir schon den Finderlohn herausgenommen, denn in meiner Börse befanden sich 750 Taler. Damit wäre also alles geregelt!« Doch der arme Jude will das nicht gelten lassen und bringt die Sache vor den Rabbi. Der hört sich in Ruhe beide Männer und ihre Standpunkte an. Der Reiche beschwört den Rabbi, dass er ihm glauben müsse.
»Ich glaube dir, dass in deiner Börse 750 Taler waren, aber ich glaube auch dem Finder, denn sonst hätte er die Börse gar nicht zurückgebracht, sondern behalten. Daher kann die Börse, die er gefunden hat, nicht von dir sein.« Der Rabbi gibt dem Armen die 700 Taler mit der Bitte, sie aufzubewahren, bis sich der Mann meldet, der 700 Taler verloren hat. Und wenn nicht, mag er sie behalten. Den Reichen aber bittet er, darauf zu warten, bis jemand seine Börse mit 750 Talern gefunden hat.
(Sprüche 22,22f)
Ein Jude möchte seinen Sohn gut verheiraten, möglichst also mit einer Braut aus einer bekannten und vermögenden Familie. Er wendet sich mit seinem Anliegen an den Schadchen. Und der besucht den berühmten Bankier Rothschild. »Herr Baron, ich hätte da ganz im Vertrauen einen wunderbaren Ehemann für ihre bezaubernde Tochter.« Doch Rothschild weist ihn ab: »Machen Sie sich bitte keinerlei Hoffnung. Um meine Tochter bewerben sich so viele ausgezeichnete Männer.« Doch der Schadchen setzt nach: »Aber was halten sie vom Vizepräsidenten der Weltbank als Schwiegersohn?« Rothschild sichtlich beeindruckt: »Nun, einen solchen Bewerber würde ich wohl akzeptieren!«
Am nächsten Tag fliegt der Schadchen nach Washington, und es gelingt ihm tatsächlich, zum Weltbankpräsidenten vorzudringen. »Herr Präsident, ich hätte da ganz im Vertrauen einen wunderbaren Vizepräsidenten für Sie.« Der Präsident verärgert: »Kein Interesse, auf diese Position bewerben sich so viele exzellente Leute.«
Doch der Schadchen setzt nach: »Aber was halten Sie vom Schwiegersohn vom Bankier Rothschild?« Der Präsident sichtlich beeindruckt: »Den würde ich natürlich allen anderen vorziehen!«
(Sprüche 14,25)
Eine Großmutter ist mit ihrem kleinen Enkelkind am Strand.
Das Kind spielt fröhlich am Wasser, die Oma schaut aus dem Liegestuhl beglückt zu. Da kommt plötzlich eine riesige Welle heran, und als das Wasser zurückströmt, ist kein Enkelkind mehr da – einfach weggespült. Erschrocken beginnt die Großmutter zu wehklagen: »Großer Gott, wie konntest du mir das antun? Bin ich keine gute Mutter und Großmutter? Habe ich nicht alles für meine Familie getan? Habe ich nicht deine Gebote von Kind auf gehalten? Und nun das?« Eine Stimme aus dem Himmel antwortet: »Beruhige dich, ist ja schon gut!« Gleich darauf rollt wieder eine riesige Welle auf den Strand, und als das Wasser zurückgeht, spielt das Enkelkind wieder am Strand, lacht und freut sich, als wäre nie etwas gewesen. Und wieder ertönt die Stimme aus dem Himmel: »Ich habe dir dein Enkelkind wieder gegeben. Bist du nun zufrieden?« Darauf die Großmutter: »Aber das Kind hatte ein Hütchen auf!«