Vom Erleben des Glücks - Heinrich Lhotzky - E-Book

Vom Erleben des Glücks E-Book

Heinrich Lhotzky

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Beschreibung

Dieser Band beinhaltet sieben kürzere Erzählungen des Publizisten und Theologen Heinrich Lhotzky: Die größten Deutschen. Wisst ihr's schon? Das Erlebnis des Glücks. Du und ich. Von der Freundschaft. Friss und werde. Im Saale der Ungeborenen. In neuer deutscher Rechtschreibung und Korrektur gelesen.

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Heinrich Lhotzky

Vom Erleben des Glücks

Kleine Geschichten

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Zum Buch

Dieser Band beinhaltet sieben kurze Erzählungen des Publizisten und Theologen Heinrich Lhotzky:

 

Die größten Deutschen

Wisst ihr's schon?

Das Erlebnis des Glücks

Du und ich. Von der Freundschaft

Friss und werde

Im Saale der Ungeborenen

 

In neuer deutscher Rechtschreibung und Korrektur gelesen.

 

1. Die größten Deutschen

Das wisst ihr natürlich, dass ganz tief da unten, gerade da, wo der See am breitesten ist, der Märchenpalast des Alten vom Bodensee steht.

Für gewöhnliche Augen ist er in tiefes Dunkel gehüllt, aber wer schauen kann, der weiß, wie es in ihm leuchtet und glänzt von Schätzen und Schönheiten, und wer es vernehmen kann, dem klingt und singt es von Liedern und Sagen, von alten und neuen Tönen und Weisen.

Dort werden wunderbare Farben gemischt, voll Weichheit und Feuer. Dann schütten des Alten Töchter sie verschwenderisch über die Ufer und Berge und mischen sie hinein, wenn sie den Seespiegel fegen und allen Zauber vor Menschenaugen ausbreiten, immer neu, immer anders, aber immer schön, mag ein Frühlingslied oder ein Winterchor, ein Sommerreigen oder eine der unendlich süßen und weichen Herbstweisen angestimmt werden.

Dann sagen die Menschen:

»Wie bist du doch schön, du Bodensee, im Sonnenschein und Mondenlicht, im Regen und Schnee, im Gewittersturm und im Nebelschleier!«

Aber all die Herrlichkeit wird gewoben und gefärbt von den Seejungfrauen, die den Alten umgeben.

Ja sie waren fleißig da unten, wo es am tiefsten ist. Die Schleier des Märchens und der Sage und der ernsten Geschichte wurden gewoben und die lieblichen Ufer damit überkleidet. Kein Fußbreit, den die Fleißigen frei ließen. Oft lagen ganze Geschichten buntes Gewebes übereinander, Um sie nebeneinander breiten zu können, ist der Herrlichkeit zu viel, so weit auch die Ufer sind.

Dreimal in hundert Jahren bauen die Jungfrauen auch eine kristallene Brücke und hüllen sie in weiße Linnen, und das millionenfache Funkeln wird zu einer Decke über den See verdichtet, über die der Reiter vom Bodensee sein Rösslein lenken darf.

Aber lange währt es nicht. Immer neu, immer anders – heißt die Losung. Ein gellender Aufschrei, und lachend stürzen sie die Trümmer der Strahlenbrücke ins Wasser!

Wie oft mögen sie das Spiel erneuert haben! Das geschieht zur Erinnerung an die Zeit, als der Palast des Alten nicht in der Tiefe lag, sondern oben auf der höchsten Höhe, als die Morgensonne mit ihren ersten Strahlen seine Gletscherfirnen vergoldete.

Wenn alle solche Herrlichkeit ausgebreitet wird, dann entsteht ein edler Wettstreit zwischen den Seejungfrauen und den Geistern der Maler, den Geistern der Sänger und Dichter.

Auch sie mischen ihre Farben und weben ihre Schleier, sie malen und sagen, und wenn sie's dann zeigen, dann lachen die silberhellen Stimmen der Jungfrauen vom See:

»Es war gut gemeint, aber verzeiht schon, 's war doch nur für die groben Sinne der Staubgeborenen. Die Schaumgeborenen lassen sich nur ahnen, nicht erreichen. Sie sind die ewig zarten, die duftigen, die holden und doch so ernsten Wesenheiten der letzten Tiefe.«

Kein Sterblicher hat je das Geheimnis des Alten ergründet. Die Forscher versuchten mit Gewalt einzudringen, aber sie wurden untereinander so uneins, dass sie davon abstehen mussten.

Am meisten dürfen noch die Maler und Dichter schauen, wollen sie aber die Geheimnisse ausplaudern, so werden ihnen die Hände gehalten und die Lippen halb geschlossen.

Einer hätte beinah einmal etwas gesehen. Er schaute im tiefen Rhein, also dort, wo der See sich breitet, den der Rheinstrom durchzieht, ein wunderbares Funkeln und Glänzen. Da ging er hin und sang:

 

»Es liegt eine Krone im tiefen Rhein,

Gezaubert von Gold und von Edelstein ...«

 

Noch keiner hat sie heraufgebracht, und keiner ist damit gekrönt worden. Dass sie schon ein Haupt schmückt, das wusste der Dichter nicht. Der sie trägt, den sah er auch nicht.

Das schadet auch nichts. Es ist gut, dass er sie trägt, der größte Deutsche. Gut für uns alle.

Nur wenn die Geister am See ihrer Sinnenwelt entkleidet werden, dann dürfen sie eingehen zu den Töchtern des Alten und schauen und vielleicht auch weben helfen, dann werden sie getröstet, und aller Erdenstaub wird ihnen abgewaschen.

Da wohnen sie, die Geister der Helden, der Sänger, der Künstler, der einsamen Fischer, der Seeopfer, und werden dort eingetaucht in die uralte und ewig neue Herrlichkeit und aufbehalten zum großen Tage.

Kein schlechtes Los!

Aber es geschah etwas Merkwürdiges, noch nie Dagewesenes. Der Tag kündigte sich an mit Dollergrollen und Sturmgebraus. Seit Wochen, seit Monaten rollten die Donner in nimmer schweigendem Murren, und die Waldberge am See hallten wider von seinem Brausen. Die Menschen wussten nicht, ob's Seeschießen sei oder Gewitterrollen oder ferner Geschützdonner.

Auch in den Tiefen schien der Frieden der Herrlichkeit gestört. Da rief der Alte seine jüngste Tochter, seinen Liebling, der immer um ihn war, zu sich:

»Geh, Kind, sieh nach, wer sich unserm Frieden naht. So war's noch nie seit Jahrhunderten. Große Dinge sind im Werden. Gewaltiges muss ins Rollen kommen.«

Bleich und zitternd kehrte das schöne Kind zurück und schmiegte sich bebend in die Falten des väterlichen Gewandes.

»Was sahst du, Kind?«

»Seltsames, Seltsames, Unaussprechliches. Ich fürchte mich.«

»So geh und rufe die Geister der Helden, die bei uns sind. Sie sollen mir Botschaft bringen.«