Vom Glück der kleinen Dinge - Anselm Grün - E-Book

Vom Glück der kleinen Dinge E-Book

Anselm Grün

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Beschreibung

Wann kann ich mit meinem Leben zufrieden sein? Was brauche ich wirklich, um glücklich zu sein, was nicht? Und was hält mich so oft davon ab, mit dem, was ist, einverstanden zu sein? Anselm Grün denkt in diesem Buch über die verschiedenen Aspekte von Zufriedenheit nach. Und dass es manchmal schon reicht, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, um mit sich und seinem Leben eins zu werden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Haltung der Dankbarkeit: Wer dankbar ist für den heutigen Tag, der kann das Glück auch in den kleinen Dingen finden, wie schwierig die Zeiten auch gerade sind.

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Seitenzahl: 106

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Anselm Grün

Vom Glück der kleinen Dinge

Vier-Türme-Verlag

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2018

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Marlene Fritsch

Umschlaggestaltung: Chandima Soysa

ISBN 978-3-7365-0133-1 (print)

ISBN 978-3-7365-0113-3 (epub)

www.vier-tuerme-verlag.de

Inhalt
Einleitung
Der innere Friede als Voraussetzung für Zufriedenheit
Zufriedenheit als Dankbarkeit, Genügsamkeit und Einfachheit
Zufriedenheit und Anspruchsdenken
Satte Zufriedenheit und innere Ruhe
Der zufriedene Mensch
Zufriedenheit mit dem Leben
Wege zur Zufriedenheit
Der Weg der Stoa
Psychologische Wege
Spirituelle Wege
Friede mit Gott
Wahrhaft zufrieden
Literatur

Einleitung

Oft fragen wir andere: »Wie geht es dir?« oder »Wie geht es gesundheitlich?« oder »Wie geht es in der Familie, mit den Kindern, in der Firma?« Manche antworten dann: »Ich bin zufrieden.« Das kann bedeuten: Es geht mir nicht ganz gut. Ich kann nicht sagen: Alles ist bestens. Aber ich bin zufrieden mit dem, was ist. Ich spüre inneren Frieden, wenn ich an mein Leben denke. Ich bin zufrieden mit meiner Gesundheit. Ich bin jetzt vielleicht nicht mehr so fit wie früher. Aber ich bin zufrieden mit dem, was ist. Ich habe meinen inneren Frieden mit meinem Leben und mit meiner Gesundheit gemacht.

Wir fühlen uns angenehm berührt, wenn uns jemand antwortet, dass er zufrieden ist. Er hat es nicht nötig, mit seinen Großtaten anzugeben. Er muss sein Leben nicht in lauter Superlativen schildern, sondern ist einfach zufrieden mit dem, was ist. Als Robert Lewandowski nach einem Spiel gegen Wolfsburg, in dem er fünf Tore innerhalb einer halben Stunde geschossen hatte, bei der Pressekonferenz befragt wurde, antwortete er nur: »Ich bin sehr zufrieden.« Das war eine sympathische Antwort. Er hat mit seinen Toren nicht angegeben und sich selbst nicht in den Mittelpunkt gestellt. Er sagte einfach nur: Ich bin sehr zufrieden.

Wenn ein anderer im Gespräch zu uns sagt, dass er zufrieden sei, lässt das uns auf offene und ehrliche Weise miteinander sprechen über das, was gerade ist. Das Wort von der Zufriedenheit eröffnet uns ein ehrliches Gespräch. Da muss keiner mit seinen Großtaten angeben. Im Gespräch werden wir vielleicht erfahren, dass nicht alles wunderbar ist, sondern dass es gesundheitliche Probleme gibt, dass es in der Familie Konflikte gibt. Aber der, mit dem wir darüber sprechen, jammert nicht. Er nimmt es einfach hin. Das gehört zum Leben. Er ist trotzdem zufrieden. Es ist ein angenehmes Gespräch, das uns das Wort von der Zufriedenheit ermöglicht.

Wir kennen aber auch eine satte Zufriedenheit, die uns eher unangenehm auffällt. Da ist jemand mit seiner Wohnung und seinem Beruf zufrieden, aber er interessiert sich auch für sonst nichts. Er begegnet den Problemen in der Welt gleichgültig. Das geht ihn alles nichts an. Es ist nur eine kleine Zufriedenheit, die dadurch entsteht, dass man sich aus der Welt heraushält und sich nur auf sein kleinbürgerliches Leben beschränkt. Da ist man schon zufrieden, wenn man im Supermarkt alles kaufen kann, was man braucht und was man haben möchte.

Ich möchte in diesem Buch über diese beiden Aspekte nachdenken, über die angenehme Zufriedenheit und über die satte Zufriedenheit. Und ich möchte nach den Ursachen fragen für die unterschiedliche Haltung und nach den Voraussetzungen, um zu einer guten Zufriedenheit zu gelangen. Dabei wird deutlich werden, dass Zufriedenheit sehr eng mit anderen Haltungen zusammenhängt. Einmal ist die Zufriedenheit verwandt mit Glück. Wir sind glücklich, wenn wir zufrieden sind, wenn wir im Einklang stehen mit uns und unserem Leben. Eine andere Haltung ist die Genügsamkeit. Wer genügsam ist, der ist auch zufrieden mit seinem Leben. Er hat keine übertriebenen Ansprüche. Zur Genügsamkeit gehört auch die Einfachheit. Der Genügsame ist mit einem einfachen Leben zufrieden. Und Zufriedenheit kommt der Haltung der Dankbarkeit nahe. Wer dankbar für das ist, was ihm Gott geschenkt hat, wer dankbar ist für den heutigen Tag, der ist auch zufrieden in seinem Leben.

Als ich für dieses Buch in der Bibliothek nachschaute, was ich zum Thema Zufriedenheit finden kann, fand ich nur ein einziges Buch, in dessen Titel das Wort »Zufriedenheit« vorkam: »Ein Büchlein von der Zufriedenheit«, das im Jahre 1925 vom Kapuzinerpater P. Heinrich Godefried verfasst worden ist. Seine Sprache klingt uns heute fremd. Er nennt drei Wege zur Zufriedenheit: die Zufriedenheit mit Gott, mit dem Nächsten und mit sich selbst. Das ist sicher ein guter Weg, um über das Thema Zufriedenheit nachzudenken. Ich möchte jedoch einen anderen Weg gehen. Ich möchte verschiedene Felder der Zufriedenheit abschreiten.

Im weiteren Umfeld zum Thema stieß ich auf eine ganze Reihe von Büchern über die Einfachheit. Sie gehört sicher auch dazu: einfach leben, mit dem zufrieden sein, was sich mir anbietet, aufhören, nach immer mehr zu streben, das ist sicher ebenfalls ein guter Weg zum Glück, das wir in den kleinen Dingen finden.

Es gibt in der Geschichte der abendländischen Kultur immer wieder Bewegungen hin zur Einfachheit. Rousseau ist einer der wichtigsten Vertreter des sogenannten einfachen Lebens. Aber schon Platon beschreibt das Leben der Wächter der Stadt als ein einfaches Leben. Es ist die Bedingung dafür, dass die Wächter die Stadt nicht ausbeuten, sondern wirklich bewachen. Immer wieder hören wir von Völkern, die noch nicht von der abendländischen Kultur geprägt sind, dass sie zufriedener sind als die Menschen in den zivilisierten Ländern Europas.

Das Wort »Zu-friedenheit« bedeutet eigentlich eine Bewegung. Denn die Vorsilbe »zu-« meint eine zweckhafte Bewegung auf ein Ziel hin. Zufriedenheit meint also: zum Frieden kommen. Wir haben den Frieden nicht als Besitz. Es ist vielmehr eine ständige Aufgabe, zum Frieden zu gelangen, aus dem Unfrieden zum Frieden, aus der Unzufriedenheit zur Zufriedenheit zu finden. Doch die Vorsilbe »zu-« kann auch eine Ruhelage bezeichnen. So sagen wir von jemandem, er sei »zu Hause«. Zufriedenheit kann also auch einen Zustand der Ruhe und des inneren Friedens bezeichnen. Diese Spannung zwischen dem inneren Zustand des Friedens und dem aktiven Zugehen auf den Frieden ist auch in den Redewendungen gemeint, beispielsweise »jemanden zufriedenlassen« oder »zufriedenstellen«. Wir lassen ihn in seinem inneren Frieden. Wir lassen ihm seine Ruhe. Wenn wir jedoch jemanden zufriedenstellen, dann stellen wir aktiv einen Zustand her, mit dem der andere zufrieden sein kann. So möchte ich beides beschreiben: den Zustand und die Haltung der Zufriedenheit und ihre Wirkung auf uns, aber auch die Wege, die wir gehen können, um Zufriedenheit zu erlangen.

Der innere Friede als Voraussetzung von Zufriedenheit

Das Wort Zufriedenheit hat in seiner Wurzel mit dem Wort Frieden zu tun. Das deutsche Wort »Frieden« gehört zu der Wortfamilie »frei« und stammt aus der indogermanischen Sprachwurzel »prai«, was »schützen, schonen, gern haben, lieben« bedeutet. Frei ist der Mensch, der geschont wird, der Freund, der, den man gernhat, den man liebt. Frieden meint dann den geschützten Raum, in dem freie Menschen miteinander als Freunde umgehen und einander mit Wohlwollen begegnen. Frieden, so sagt uns die deutsche Sprache, gibt es nicht ohne Liebe. Nur wenn wir einander lieben, können wir in Frieden leben.

Das gilt auch für den inneren Frieden. Wir sind mit uns selbst im Frieden, wenn wir uns schonen, anstatt uns ständig zu bewerten und zu beurteilen. Und wir kommen in Frieden mit uns selbst, wenn wir freundlich und wohlwollend mit uns selbst umgehen und wenn wir uns frei fühlen. Solange wir beherrscht werden von unseren Bedürfnissen, solange wir uns ärgern über uns selbst und über unsere Schwächen, solange können wir keinen inneren Frieden finden. Frieden heißt – wenn wir die deutsche Bedeutung ernst nehmen –, dass in dem geschützten Raum unserer Seele und unseres Leibes alles sein darf. Alles gehört zu uns. Aber es beherrscht uns nicht. Alles, was wir in uns sein lassen, ermöglicht uns ein Leben in Freiheit. Wir stehen nicht unter dem Druck, uns in eine bestimmte Form hineinzuzwingen. Wir schauen frei auf alles, was in uns ist. Und wir schonen, verschonen es, wir bewerten es nicht.

Von dieser Bedeutung des Wortes Frieden ist der Weg zum inneren Frieden, zum Seelenfrieden nicht mehr weit. Seelenfrieden ist ein religiöser Begriff. Er meint, dass der Mensch innere Ruhe gefunden hat. Dieser Seelenfrieden bedeutet, dass wir mit unserer Seele im Einklang sind, dass wir freundlich umgehen mit den Regungen unserer Seele. Sie dürfen alle sein. Wir kämpfen nicht dagegen an, sondern halten sie alle im geschützten Raum unseres befriedeten Bereiches. Die Germanen stellen sich vor, dass Friede und Freiheit nur in einem geschützten, in einem »be-friedeten« Bereich möglich sind.

Die christlichen Mystiker haben diese Idee übernommen. Sie glauben: In uns ist auf dem Grund unserer Seele ein geschützter, ein befriedeter Bereich. Dort darf alles sein. Dort sind wir frei gegenüber allen Emotionen, gegenüber allem, was sich in unserer Seele regt. Denn in diesem inneren Raum der Freiheit herrscht Gott. So sind wir frei von der Herrschaft unserer Leidenschaften und Bedürfnisse und von der Herrschaft der Erwartungen anderer Menschen.

Das griechische Wort für Frieden, »eirene«, kommt aus einem anderen Bereich, nämlich der Musik, und meint die Harmonie, das Zusammenklingen der verschiedenen Töne. Das ist auch ein schönes Bild für den inneren Frieden: Wenn wir die lauten und leisen, die hohen und tiefen, die schrägen und die schönen Töne miteinander zusammenklingen lassen, dann kommen wir in Einklang mit uns selbst. Und wenn wir im Einklang sind mit uns selbst, kommen wir auch zu einem Zusammenklang mit anderen Menschen. Dann kann Friede mit anderen Menschen werden. Wenn wir die vielen Töne in uns zusammenklingen lassen, dann sind wir zufrieden mit uns selbst, mit dem inneren Klang. Es muss kein perfekter Klang sein, sondern einer, der alles in uns erklingen lässt, damit alles zusammenklingt. Der Begriff »eirene« bedeutet im Griechischen aber noch mehr: Es ist die Bezeichnung für eine der drei Horen – Göttinnen, die die Stunden unseres Lebens prägen sollen. Dahinter steht also das Bild, dass der Friede in uns auch der göttlichen Hilfe bedarf. Wir sollen darauf vertrauen, dass Gott alles, was in uns ist und was wir oft nicht zusammenbringen, in Einklang bringt. Wir bitten Gott gleichsam als den Dirigenten, dass er die vielen Töne in uns zusammenklingen lässt, damit ein Wohlklang für alle Zuhörer entsteht.

Das lateinische Wort für Frieden heißt »pax«. Es kommt von »pacisci«, »übereinkommen, miteinander sprechen«. Die Römer waren also überzeugt, dass ein Friede immer das Gespräch zwischen Konfliktparteien verlangt. Am Ende der Friedensverhandlungen steht dann ein Friedensvertrag. Auch das können wir als inneres Bild verstehen: Wir sprechen mit allen Emotionen und Leidenschaften, die in uns auftauchen, mit allen Stimmen, die sich in uns zu Wort melden. Wir lassen ihnen ihren berechtigten Raum und nehmen ihre Bedürfnisse ernst. Aber wir lassen sie miteinander sprechen, damit sie sich auf einen Friedensvertrag einigen. Dieser Friede, der durch die Gespräche entsteht, ist dann bindend für alle. Wenn wir das lateinische Verständnis von Frieden auf den inneren Frieden anwenden, dann heißt es: Ich spreche mit den verschiedenen Bedürfnissen in mir, mit meinen Emotionen und Leidenschaften, mit all dem, was in mir auftaucht. Und ich spreche mit denen, die ich als inneren Gegner empfinde, also mit den Seiten in mir, die ich am liebsten verbergen möchte, die mir nicht so angenehm sind.

Jesus hat dazu ein schönes Gleichnis erzählt: »Wenn ein König gegen einen anderen in den Krieg zieht, setzt er sich dann nicht zuerst hin und überlegt, ob er sich mit seinen zehntausend Mann dem entgegenstellen kann, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? Kann er es nicht, dann schickt er eine Gesandtschaft, solange der andere noch weit weg ist, und bittet um Frieden« (Lukas 14,31f). Das Gleichnis können wir auf unsere innere Situation hin auslegen: Wir kämpfen oft gegen unsere Fehler und Schwächen. Wir möchten sie am liebsten ausradieren. Sie stören uns, sie stellen das Bild infrage, das wir von uns selbst haben. Wir möchten gern voller Selbstvertrauen sein, wir möchten nicht so empfindlich reagieren auf manche Kritik, mehr Selbstdisziplin haben. Wir ärgern uns, wenn wir zu viel essen oder trinken, wenn wir zu viel über andere reden. Wir nehmen uns dann vor, diese Fehler zu überwinden. Doch oft ist es ein vergeblicher Kampf. Wir haben die feste Vorstellung, dass wir möglichst fehlerfrei sind. Doch das Ringen um diese Fehlerfreiheit führt dazu, dass wir unzufrieden sind mit uns selbst. Denn wir spüren, dass sich die Fehler nicht einfach ausradieren lassen.

Ich erlebe viele Menschen, die mit sich nicht zufrieden sind, weil sie dem Bild nicht entsprechen, das sie sich von sich selbst gemacht haben. Sie meinen, sie könnten alle Schwächen durch ihre Disziplin oder durch ihre Spiritualität überwinden. Doch dann wird es ein vergeblicher Kampf. Um im Bild Jesu zu bleiben: Sie spüren, dass die Fehler gleichsam zwanzigtausend Soldaten zur Verfügung haben, während sie selbst nur mit zehntausend Mann kämpfen. Doch sie wollen nicht wahrhaben, dass sie in ihrem Kampf gegen ihre Schattenseiten, gegen ihre Schwächen unterlegen sind.