Vom Kalten Krieg in das heiße Afghanistan - Rolf Unverricht - E-Book

Vom Kalten Krieg in das heiße Afghanistan E-Book

Rolf Unverricht

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Beschreibung

Vom kalten Krieg in das heiße Afghanistan. Erlebnisse mit und in der Bundeswehr.

Das E-Book Vom Kalten Krieg in das heiße Afghanistan wird angeboten von Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Kalter Krieg, Afghanistan, Erlebnisroman, Zeitenwende, Zeitgeschichte

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Ich danke allen, die mich bei der Erstellung des Buches unterstützt haben.

Rolf Unverricht

Inhaltsverzeichnis

Vorwort:

Erstes Kapitel: Wie alles anfing!

„Abitur“

Intermezzo!

„Dienstantritt in HEMER!"

Der Stubendurchgang

Einkleidung und eine neue „Braut!“

Mitgefangen-Mitgehangen

Endspurt

Quick Train und Abschlussübung.

Geschafft!

2. Kapitel: Spezialgrundausbildung

Die Schützenpanzer Marder kommen!

Zerstörung von Bundeswehreigentum?

Nachteinsatz

Ohne Funk geht nichts!!

Der Crashkurs

Marsch in die SENNE

Störung!!

Rock and Roll auf der Schießbahn

Schulschießen bei Nacht

Letzte Tage im Kompanietrupp

3. Kapitel: Ausbildung zum Führer

Uffz Lehrgang Truppe

Durchschlageübung in die SENNE

Der Bulle ist los!

Die SPz Kampfbahn

Dienst als Fahnenjunker

Tod auf den Schienen

Fähnrichslehrgang in MUNSTER

Spitzenzugführer

Aufnahme in das Offizierskorps

Damenbekanntschaften

9 Patronen 7.62x51mm fehlen

Quarantäne

Der Marsch der Unwilligen

Einladung zur Abiturfeier in LOHNE

Eine teure Uniform

4. Kapitel Intermezzo 2 KÖLN

Semesterferien und Jobs

IBIZA

Offizier Bewerber Prüfzentale

Wohnungssuche und Umzug

Verlobung

5.Kapitel Augustdorf!

Der Soldat muss auch Fortune haben

Die 5 Tonnen Brücke

Wasserübungsplatz und Hochzeit

Hochzeitsreise

Wolfram und Renate

Erster Offizier Lehrgang (A2)

Moviestar!

Truppenübungsplatz SHILO (KANADA).

Offizier Lehrgang (A1) in HANNOVER

Oberst Enzo Falter

6. Kapitel MUNSTER

Wohnungssuche

Ein Silberstreif am Horizont

Eisregen

Der Umzug

S2 Offizier PzGrenLehrBtl 92

Gartenarbeit

S2 Lehrgang an der Spionageschule

Erste freilaufende Übung als S2

G2 Tagung in FAßBERG

Kompaniechef 3./PzGrenLehrBtl 92

Kampf um den HORBACH

6 Gewehre fehlen!!

Meine Lehrübungen

Ein Major ist im Block

Letztes Treffen / Geländebesprechung

Ein neuer Brigadekommandeur

Marderbiss

Meine Kompaniebesichtigung

Patengemeinde NATENDORF/Grundlehrgang

Kommandowechsel und weitere Übungen

Bälle, Familienrallys, Teambildung

7. Kapitel HILDESHEIM

S3 Verwendungslehrgang

BERGEN HOHNE

Letzte Jahre im Kalten Krieg

14 Tage Divisionsgefechtsübung

Mauerfall

8. Kapitel Folgeverwendungen

HEMER

WEIMAR

AHLEN

KÖLN

Bundessprachenamt

9. Kapitel MÜNSTER

INTERNATIONAL NATO STAFF OFFICER COURSE

ARRC

Übungsbeginn

QUEDLINBURG

Umgliederung zum HRF-HQ

RUMÄNIEN

10. Kapitel Commander StSptBn

NOVA SCOTIA (Canada)

Erste Übung in MUNSTER SÜD

11.Kapitel AFGHANISTAN

Vorbereitungen auf den Einsatz

BUGARIEN SONNENSTRAND

Erkundung in AFGHANISTAN

Weitere Vorbereitungen

CANON CLOUD

Letzte Erkundung

Verlegung nach AFGHANISTAN

Da war es auch schon Weihnachten!.

Im Einsatzland

Eine Rettungsaktion

Kommandoübernahme

Der Einschlag

Mörderisches Klima und gefährliche Umgebung

Ostern und Kurzurlaub

Zurück im Einsatzland

Schusswechsel an der amerikanischen Botschaft

Märkte und Kindergärten

Fehler in der Kühlungskette

Flugzeugabsturz

Der Anschlag

Buskonvoi

Der Zugang zum HQs wird verbreitert

Die Pakistanische Botschaft wird demoliert

Ablösung

Kunsthandel

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Farewell- Partys

Zurück nach DEUTSCHLAND

Literaturverzeichnis

Anhang: Bilder und Dokumente

Vorwort:

Ich war von 1971 bis 2010 als Berufssoldat bei der Bundeswehr. Ich kenne den Kalten Krieg, aber auch, die Folgen der Friedensdividende und die daraus resultierende Einschrumpfung der Bundeswehr für Friedens/ Stabilisierungsoperationen bis hin zu Kampfeinsätzen. Nach 39 Dienstjahren denke ich, es ist an der Zeit über meine Zeit bei der Bundeswehr etwas zu schreiben. Ich möchte dem Leser meine Erlebnisse bei den Streitkräften nahebringen und dazu beitragen mehr Respekt und Verständnis für unsere Soldaten und unsere parlamentarische Armee zu erwecken. Auch wenn heute in unserer angespannten Lage, Krieg in Europa zwischen Russland und der Ukraine, die Bundeswehr wieder in aller Munde ist, denn nun wird die Bedrohung durch autokratische Mächte endlich wieder wahrgenommen.

So sprach Bundeskanzler Scholz am 27.02.2022 vor dem Bundestag von einer „Zeitenwende“.

Dazu möchte ich in einer Tour de Horizon meine Erfahrungen nahebringen.

Die Namen der im Text erwähnten Personen sind geändert. Sollte sich jemand der geneigten Leser wiedererkennen, so ist das Zufall und nicht beabsichtigt. Ausgenommen sind Namen von öffentlichen Personen.

Dieses Buch soll auch als Mahnung an heutige und kommende Generationen dienen, wie schnell sich die Geschichte ändern kann und welche Auswüchse totalitäre Systeme an Menschen und Gesellschaften verursachen können. Man schaue nach Russland!

Rolf Unverricht

Oberstleutnant a.D.

Erstes Kapitel: Wie alles anfing!

Es war der 12.Februar 1971 um 22:00 Uhr in Möhnesee Körbecke. „Soldaten sind die bestbezahlten Arbeitslosen der Welt!“ behauptete mein Vater. „Du weißt ja, wenn es knallt und du verwundet wirst, wird dir der Dank des Vaterlandes nachschleichen, dich aber nie erreichen. Ich weiß, wovon ich rede, schließlich habe ich ein Auge verloren und einen Oberschenkeldurchschuss abgekriegt und da habe ich noch Glück gehabt!“ „Das heißt also ohne Soldaten gibt es keine Kriege. Warum ist Deutschland geteilt und die Russen haben ihre Panzer an der innerdeutschen Grenze stationiert?“, entgegnete ich. „Was glaubst du, was passiert, wenn wir alle unsere Soldaten abziehen? Zieht dann der Russe auch ab? Ich kann dir sagen, was er macht. Er überrollt uns und wir werden unter dem Kommunismus wiedervereinigt.“ „Könnt ihr eure Diskussionen nicht leiser führen. Ich kann nicht einschlafen!“, schaltete sich meine Mutter ein. „Alles klar“ antwortete mein Vater. Wir zogen in die Küche um und setzten das Streitgespräch fort. „Geh doch auch zur Zeitung und werde Journalist, so wie ich“, schlug mein Vater allerdings nicht zum ersten Mal vor. „Das ist mir viel zu unsicher. Denk an deinen Kollegen Rexner, der nach BERLEBURG gegangen ist, weil die Westfalenpost dort eine neue Redaktion aufgemacht hat. Jetzt haben sich die Verleger auf höherer Ebene geeinigt. Die Redaktion wurde zugemacht, und deinem Freund hat man nur noch eine Stelle als Umbruchredakteur in HAGEN angeboten. Nee danke, das ist nichts für mich. Zur Bundeswehr muss ich sowieso, warum dann nicht von vornherein als SaZ 21? Wenn schon, denn schon, da kann ich mich dann auch selbst mehr einbringen. Nach zwei Jahren kann ich immer noch entscheiden, ob ich studiere oder beim Bund bleibe“. „Na gut, beenden wir die Diskussion für heute. Es ist schon spät, aber überzeugt bin ich nicht, dass das die richtige Entscheidung ist“, beendete mein Vater das Streitgespräch. Wir gingen schlafen.

„Abitur“

08 Mai 1971 in Soest, 3 Wochen nach den schriftlichen Abiturarbeiten auf dem Schulhof des Staatlichen Archigymnasiums: „Hallo Rolf! Was machst Du eigentlich noch hier? Du kannst gehen“, sagte mein Klassenlehrer Heribert Riemer zu mir. „Heißt das, ich habe bestanden?“, fragte ich ungläubig. „Was sonst, deine Arbeiten entsprechen den Vorzensuren und deshalb musst Du nicht in die mündliche Prüfung. Es sei denn, Du willst dich noch irgendwo freiwillig verbessern oder verschlechtern“, lachte mein Klassenlehrer. „Nee, danke, kein Bedarf“, freute ich mich und verließ in Hochstimmung den Schulhof. Natürlich nicht ohne mich vorher von meinen Klassenkameraden verabschiedet zu haben, die mir zahlreiche Glückwünsche und Schulterklopfen zuteilwerden ließen. Der erste Weg führte zur Telefonzelle, um meinen Eltern die frohe Nachricht zu verkünden. Die Freude war groß. Ich hatte endlich mein Abitur. Die ganze Plackerei hatte sich also doch gelohnt. Leider mussten meine Klassenkameraden noch in die mündliche Prüfung und glücklicherweise bestanden sie alle ebenfalls das Abitur. Am 18 Mai 1971 erhielten wir alle unser ersehntes Abiturzeugnis. Da wir nur 11 Mann waren, fand die Zeremonie in familiärer Atmosphäre mit Eltern unter Leitung unseres Klassenlehrers Heribert Riemer in unserem ehemaligen Klassenzimmer statt. Dazu gab es ein oder zwei Gläser Sekt und zum Glück keine salbungsvollen Reden. Genauso hatten wir uns das gewünscht. Überhaupt waren unsere Klasse und unser Verhältnis zu unserem knapp 3o jährigen Klassenlehrer etwas Besonderes. Damals war das Archigymnasium ein vorwiegend altsprachliches Gymnasium mit der Möglichkeit ab Untertertia anstelle Griechisch, auch Französisch wählen zu können. So gab es zwei Abiturklassen, die „Griechen“ mit 25 Mann und die „Franzosen“ mit 11 Mann. Wir waren eben eine „elitäre“ Minderheit. Deshalb fuhren die „Griechen“ zur letzten Klassenfahrt vor dem Abitur nach GRIECHENLAND und wir nach FLENSBURG in die Jugendherberge! Immer noch im Gedächtnis ist mir die Fahrt von FLENS-BURG nach SÖBY mit dem „Tuborg“ Schiff. Wir hatten gemeinsam so viel Spaß mit dem „Tuborg Bier“ (zollfrei auf dem Schiff) und unserem Klassenlehrer Heribert, dass wir die „Griechen“ mit ihrer Besichtigungstour von Altertümern eher bemitleideten, statt neidisch zu sein. Jeden Morgen gab es Frühsport mit Heribert, der neben Latein auch Sport unterrichtete, und jeden Abend gab es einen Kommers2 in den unterschiedlichen Kneipen in FLENSBURG, aber immer stilvoll. Wir hatten einen Gitarrenspieler, Peter Laby, dabei. Unsere Lieblingssongs waren: Song of Joy, „Let’s the Tuborg in“ und „Was raschelt im Gebüsch? Sind es die Husaren? Nein es ist Lützows, wilde verwegenen Jagd“ und andere Studentenlieder, die unser Klassenlehrer beizutragen wusste. Wir hatten Spaß, es wurde viel gesungen und ab und zu auch mal ein Glas Bier getrunken. Am Ende der Klassenfahrt bot uns unser Klassenlehrer sogar das „Du“ an. Besser kann doch eine Klassenfahrt nicht laufen, oder?

Nach der kurzen Feier ging es mit Volldampf an die Planung und Vorbereitung des Abiturumzugs. Damals war es eine gute Sitte, dass die Abiturienten mit einem Trecker und Anhänger durch Soest fuhren, um sich beglückwünschen zu lassen und natürlich auch selbst ein bisschen zu feiern. Die wichtigste Anlaufstation war dabei das Mädchengymnasium am Paradieserweg. Werner Olte, einer unserer Mitabiturienten, kam vom Bauernhoff und konnte Trecker und Anhänger stellen. Aber es musste noch ein Motto für den Umzug her. Letztes Jahr waren die „Griechen“ in Togen durch Soest gelaufen und hatten viel Lob erhalten. Diesmal musste es noch besser werden. Also trafen wir uns alle bei Werner Olte auf dem Bauernhof und beratschlagten unsere Optionen. Der Marschweg des Umzuges war das einfachste: Start am Archigymnasium, dann Zwischenstopp auf der Reitbahn, zum Mädchengymnasium und von dort zu unserem Landheim nach DELECKE. Das Motto zu finden, dauerte etwas länger. Es musste deutlich werden, dass wir vom „Archi“ kamen, ein Transparent war uns dabei zu wenig und einen markigen Spruch, möglichst in Latein, brauchten wir auch noch. Die Köpfe rauchten und wurden zwischendurch immer wieder mit kühlem Bier heruntergekühlt. Nach einer typisch westfälischen Zwischenmahlzeit, Gebratene Blutwurst mit Rührei, freundlicherweise von Werners Mutter bereitgestellt, hatten wir es. Der Anhänger wird zum „Sklavenschulschiff Archigymnasium“ umgebaut und das Motto lautete „Per aspera ad astra“3! Gesagt, Getan. Nach weiteren 3 Stunden Arbeit, hatten wir die Seitenwände des Anhängers mit Sperrholz und weißen Bettlaken zum Schiffsrumpf umgebaut. Mit roter Farbe pinselten wir „Sklavenschulschiff Archigymnasium“ und unser Motto auf die Bettlaken. Zusätzlich befestigten wir jeweils 2 Sperrholzruder an jeder Seite. Es war die perfekte Galeere.

Am nächsten Morgen ging es bei herrlichstem Wetter los. Alle waren mehr oder minder verkatert, aber pünktlich erschienen. Die Stimmung war großartig, und wir juckelten mit unserem Sklavenschulschiff durch SOEST. Nach großem Hallo auf unserem Schulhof und vielen Glückwünschen und Lob für unser Sklavenschulschiff, fuhren wir doch direkt zum Mädchengymnasium. Wir hofften, dass vielleicht das eine oder andere Mädchen zusteigen würde, um mitzufahren. Sollte dies aber nicht erlaubt werden, was wir befürchteten, konnten wir immer noch die Reitbahn als Zusteige-Möglichkeit anbieten. Pünktlich zur großen Pause erreichten wir das Mädchengymnasium. Binnen kurzer Zeit war der Wagen von vielen Mädchen umringt. Sie freuten sich alle mit uns. Es wurde viel gelacht, Grüße ausgetauscht und manche verstohlene Blicke auf beiden Seiten erhitzten die Gemüter und die Luft. Wir wurden sogar von der Direktorin Frau Zita Bruski begrüßt und zum bestandenen Abitur beglückwünscht. Das freute uns sehr, hatte aber auch den Nachteil, dass wir unter den Argusaugen der Direktorin keine Mädchen so ohne weiteres zum Mitfahren auffordern konnten. Es gelang uns aber den Zwischenstopp an der Reitbahn und die geplante Abfahrtszeit zu MÖHNE der einen oder anderen Dame zuzuflüstern. Leider stieg aber nur eine junge Dame am Treffpunkt zu und setzte sich zielstrebig neben unseren „Klassencasanova“ Jürgen Bockel, genannt Böckchen. So zuckelten wir mit 12 Personen zur MÖHNE. Im Landheim des Archigymnasium angekommen, stiegen wir vom Sklavenschulschiff und legten uns erst mal in die Sonne. Nur Jürgen verschwand mit seiner neuen Bekanntschaft im Steinhaus, vermutlich um ihr „seine Briefmarkensammlung“ zu zeigen. „Honi soit qui mal y pense“4! Irgendwann tauchten die beiden wieder auf und gesellten sich zu uns. Man glaubt es nicht, aber sie blieben zusammen und heirateten sogar später. So gelangt man zu den Sternen! Unsere Gespräche auf der Landheimwiese drehten sich natürlich um die gerade abgeschlossene Schulzeit. „Weißt du noch, wie unser damaliger Lateinlehrer Lünemann uns mit der ganzen Klasse auf einem Waldweg hinter der DELECKER Brücke im Gleichschritt mit Gesang marschieren ließ“, gab Max zum Besten. „Ja natürlich, anschließend fragte er, wem das Gefallen habe und bezeichnete die, die sich meldeten, als Militaristen“; antwortete ich. Ich war auch bei den Befürwortern. „Viel härter waren aber seine Vokabeltests zu Stundenbeginn“, warf Erwin ein. „Mit den Fingern der linken Hand wurde die Anzahl der abgefragten Vokabeln und mit den Fingern der rechten Hand die Fehler angezeigt. Es wurden immer 10 Vokabeln abgefragt. Waren die Finger der rechten Hand alle gespreizt, musste man die Vokabeln der gesamten Lektion abschreiben!“ Max und Erwin waren meine besten Freunde. Wir waren schon seit der Grundschule zusammen. Am späten Nachmittag ging es zurück nach SOEST und wir bestiegen das letzte Mal unser „Sklavenschulschiff“. Unsere Schulzeit war zu Ende.

Intermezzo!

Mein Einberufungstermin war auf den 04.10.1971 beim PzBtl5 110 in HEMER terminiert. Ich hatte noch ein bisschen Zeit bis zur Bundeswehr. Immerhin hatte ich den Führerschein der Klasse 3 schon gemacht und konnte Auto fahren. Ich war aber nur stolzer Besitzer eines Kleinkraftrades Kreidler Florett, weil das Geld für ein Auto nicht reichte. Das sollte sich ändern. Also beschloss ich erst mal Geld zu verdienen. So fing ich für sechs Wochen als Briefträger bei der Post in KÖRBECKE an. Die ersten zwei Wochen waren sehr anstrengend. Was bei der dreitägigen Einweisung relativ einfach erschien, stellte sich hinterher, als ich allein die Post austragen musste, doch anspruchsvoller dar. Der Briefträger Fritz Pöstcken, dem ich zugeteilt war und dessen Revier ich übernehmen sollte, hatte alles im Griff. Um 06:00 Uhr fingen wir an der Poststation in KÖRBECKE an. Das Vorsortieren der Post nach Straßen und Hausnummern in eine Verteilerbox und das anschließende Sortieren in den Briefbund und die Posttasche ging ihm flott von der Hand. Anschließend noch Wechselgeld empfangen, quittieren und schon waren wir auf der Straße. Etwa gegen 13:00 Uhr hatten wir die Post verteilt und konnten uns eine kleine Pause im Gasthof „Zur Post“ im Dorf leisten. Danach musste noch ein Sack mit Postsachen für SOEST gepackt und um 14:00 Uhr zum Bus an der Poststelle gebracht werden. Das Ganze wurde zu Fuß erledigt. Unser Revier umfasste, wenn ich mich recht erinnere, eine tägliche Marschleistung von 10 bis 15 km und erstreckte sich vom Unterdorf bis hin zum Zuckerberg in KÖRBECKE! Zusätzlich musste ich dienstag- und donnerstagnachmittags nochmal circa für zwei Stunden bei der Poststelle erscheinen, um zu unterstützen. Also insgesamt ein toller Job, alles ganz einfach und gut bezahlt wurde er auch. Der erste Tag allein im Postrevier setzte jedoch neue Maßstäbe, vor allem zeitliche. Es fing beim Vorsortieren an. Manche Adressen konnte ich nicht sofort entziffern und musste nachfragen, um die Briefe richtig einzuordnen. Das kostet Zeit. Ziemlich verspätet ging ich dann los und versuchte die Zeit mit flottem Schritt aufzuholen. Es gelang mir nicht ganz. Um 14:00 Uhr war ich rechtzeitig an der Poststelle, um den Postsack zum Bus zu bringen. Die Post im Unterdorf hatte ich komplett verteilt, aber zum Zuckerberg war ich noch nicht gekommen, wegen der zeitlich kritischen Postsackabgabe. Also danach im Eilschritt zum Zuckerberg und den Rest der Post verteilt. Glücklicherweise wohnten dort nette Leute und keiner regte sich auf, dass die Post statt um 12:00 Uhr erst gegen 15:00 zugestellt wurde. Eine Pause im Gasthof zur Post war auch nicht. „Mach dir nichts draus“, trösteten mich meine Kollegen verständnisvoll. „Aller Anfang ist schwer!“ Am nächsten Tag war die Post schon um 14:30 Uhr am Zuckerberg, jedoch hatte ich mein Moped zu Hilfe genommen. Nach weiteren drei Tagen des Einlaufens schaffte ich es zumindest die Post so rechtzeitig zum Zuckerberg zu bringen, dass ich danach den Postsack fertigmachen konnte. Pause war noch nicht. So langsam wurde ich aber immer schneller und die Arbeit machte mehr Spaß. Nach 14 Tagen konnte ich erstmalig um 13:15 Uhr im Gasthaus Zur Post eine Pause machen. Das Zeitproblem hatte ich nun im Griff. Aber es gab noch weitere Herausforderungen. Damals wurden Lottogewinne bis zu einer gewissen Höhe bar ausgezahlt und Rundfunkund Fernsehgeld auch bar kassiert. Das war für mich als „Mathematikgenie“ eine echte Herausforderung. Zumal es meist krumme Beiträge zu kassieren oder auszuzahlen waren, von 2.86 DM für Rundfunk und Fernsehgebühren und von 5,85 DM bis zu 1000 DM Lottogewinnauszahlung. Mir fehlten immer so bis zu 2 DM, weil ich mich irgendwo verrechnet hatte. Glücklicherweise erhielt ich aber auch oft Trinkgeld, so dass ich nichts von meinem eigenen Geld dazu tun musste. Überhaupt war der Kontakt zu den „Körbeckern“ in meinem Revier sehr positiv. Man wurde freundlich begrüßt, erhielt dann und wann 10 bis 20 Pfennig Trinkgeld, ein Glas Wasser oder sogar ein Schnäpschen angeboten. Den Schnaps musste ich jedoch ablehnen, sonst hätte ich mein Revier bestimmt nicht in der vorgesehenen Zeit bedienen können.

Die restlichen Wochen bei der Post vergingen wie im Fluge. Die berühmten Highlights eines Briefträgers, wie die Flucht vor bissigen Hunden oder die Einladung einer „Grünen Witwe“ auf ein Schäferstündchen blieben aus. Schade eigentlich, gegen die Einladung zum Schäferstündchen hätte ich nichts dagegen gehabt. Dann kam der letzte Tag. Mit Mettbrötchen und Kaffee verabschiedete ich mich von meinen Kollegen und verließ gut gelaunt die Poststelle in Körbecke. 1000 DM wurden mir in den nächsten Tagen überwiesen und ich war sehr zufrieden mit mir und dem großartigen und lukrativen Ferienjob.

Nun ging es zum Autokauf. Es wurde ein VW Käfer Export Baujahr 1962 in Weiß mit schwarzem Schiebedach und Radio für 650 DM. Ich hatte das Auto allein von einem Privatmann gekauft und war zunächst sehr stolz. Leider stellte sich später heraus, dass das Pfeifen des Keilriemens, das hatte ich bemerkt und dafür Ersatz mitbekommen, nicht die einzige Macke des Autos war. Die Steigung von der Schützenhalle bis zum Haarstrang schaffte er nur mit 60km/h, weil der Motor nicht richtig zog, und zum Anspringen hatte er auch nicht immer Lust!! Also waren erstmal ein paar Reparaturen fällig. Glücklicherweise gab es damals in Körbecke eine Tankstelle mit Reparaturwerkstatt, die ziemlich günstig war. Dennoch waren es so um die 300 DM Reparaturkosten. Sehr ärgerlich! Ich schwor mir, nie wieder allein ein Auto zu kaufen. Damit war das Geld meines Post-Jobs schon mal ausgegeben.

Die Zeit bis zur Einberufung verging jetzt wie im Flug. Zu erwähnen wäre noch mein erster Urlaub mit meiner Freundin Jutta auf Mallorca. Sommer, Sonne, Sand und Meer und alles war perfekt. Ich hatte Jutta kurz vor dem Abitur kennengelernt und war ziemlich verknallt. Sie war schlank mit langen braunen Haaren, grünen Augen, etwas kleiner als ich und alles war am richtigen Platz. Darüber hinaus war sie die erste, der ich meine „Jungburschenschaft“ geopfert hatte. Der geneigte Leser weiß, was ich damit meine, deshalb verzichte ich auf eine Fußnote.

„Dienstantritt in HEMER!"

Am 04.10.1971 ging es los. Gegen 16:00 kam ich in HEMER Bahnhof an. Von dort ging es zu Fuß zur Blücher-Kaserne. Am Haupttor empfing mich ein Wachsoldat und wies mir den Weg zum Kompanieblock der 5./PzBtl 110. Vor dem Gebäude stand ein Schild mit der Aufschrift: „Rekruten im Lichthof melden!“ Also die Tür aufgemacht, vier Steinstufen hochgegangen und ich stand auf einem langen Flur. In der Mitte wurde der Flur breiter. Das war also der Lichthof. Dort standen vier bis fünf lange Tische, bemannt von jeweils zwei Soldaten in Uniform. Es war noch nicht voll im Lichthof. Drei andere „Zivilisten“ standen bereits an den Tischen. Die Aufnahme war gut organisiert und ging zügig. Erster Tisch, Anmeldung und Papiere abgeben, zweiter Tisch, Schlafanzug und Unterwäsche Empfang, dritter Tisch, Essenmarken, vierter Tisch, Sportanzug und Turnschuhe und am fünften Tisch gab es die Bettwäsche und die Stubennummer. „Panzergrenadier Unverricht, Sie sind auf Stube 109 untergebracht. Dort werden Sie weiter eingewiesen. Abrücken!“ Bepackt wie ein Maulesel stehe, ich vor der Tür. Keine Hand frei, also trat ich zweimal leicht gegen das Türblatt. Herein tönt es von drinnen und schnell wurde die Tür geöffnet, zu schnell für mich. Durch die Überraschung rutschten erst mal die Taschen von den Schultern und gleichzeitig machen meine Bundeswehr Turnschuhe den Abflug auf den Boden der Stube. „Hallo, mein Name ist Rolf Unverricht, ich bin hier eingeteilt“, teilte ich den 7 Leuten mit, die bereits die Stube bevölkerten. „Herzlich Willkommen, ich bin Hilfsausbilder Thomas Gerke. Ich werde Sie wo immer möglich unterstützen und den Start erleichtern. Obwohl ich den gleichen Dienstgrad habe wie Sie, haben Sie mich aufgrund meiner besonderen Funktion mit Herr Panzergrenadier anzureden. Wie war nochmal der Name?“ „Unverricht“, antwortete ich, „aber Nomen ist nicht Omen.“ „Hat das was mit Ficken zu tun,“ fragte der Herr Panzergrenadier und machte eine obszöne Handbewegung? Alle lachten. Jetzt denken sie bestimmt alle, ich wäre ein eingebildeter Laffe. „Da gibt es schlimmere Namen, ich kannte mal einen der hieß Poppen“, warf der Hilfsausbilder ein. Die unglückliche Situation war beseitigt und alle redeten über das Männer Thema Nummer 1, danach stellten wir uns alle vor und beschlossen uns mit du anzureden.

Wir waren 9 Mann auf der Stube mit neun Spinden, einem großen Tisch mit neun Stühlen, einem Putzspind und 3 Garnituren 3-stöckigen Betten. Die erste „Bettgarnitur“, rechts neben der Tür, war belegt mit: Fritz Müller, 18 Jahre, Bauarbeiter, aus WERDOHL; Ernst Müller, 21 Jahre, Versicherungskaufmann, aus ISERLOHN; Herbert Riba, 24 Jahre, Schlosser aus der EIFEL. In der zweiten „Bettgarnitur“ links neben der Tür, fanden Platz: Andreas Dobo, 18 Jahre, Bergmann aus Witten; Carl Lewis, 20 Jahre, Rangierer aus DORTMUND; Helmut Fisch, 20 Jahre, Fliesenleger aus WARSTEIN. Zu guter Letzt, bevölkerten die dritte „Bettgarnitur“, neben dem Fenster: Rolf Unverricht, 19 Jahre, Abiturient aus MÖHNESEE; Oswald Herbst, 20 Jahre, Postbote aus SCHWITTEN; Josef Walter, 29 Jahre, Bauschlosser aus SIEGEN.

Wir waren ein sehr gemischter Haufen: Ernst Müller und Oswald Herbst hatten Mittlere Reife, der Rest hatte einen Volksschulabschluss und die meisten waren als Handwerker beschäftigt. Josef Walter war sogar schon verheiratet. Schnell kamen wir miteinander in das Gespräch. Ich hatte zwar beruflich nichts beizusteuern, konnte aber bezeugen, wie hart manche Arbeitnehmer arbeiten mussten. Schließlich hatte ich immer in den Sommerferien irgendwo gearbeitet. Die Zeit verging wie im Flug. Plötzlich schaute unser Hilfsausbilder auf seine Uhr und meinte: „Wie gesagt um 22:00 Uhr ist Zapfenstreich von diesem Zeitpunkt an muss die Stube gesäubert und alle bis auf den Stubendienst in den Betten liegen. Jetzt haben wir 21:00 Uhr und ihr solltet euch überlegen, wer die Stube abmeldet. Es ist ganz einfach, die Meldung lautet: Stube 109 mit 9 Mann belegt 8 Mann in den Betten, Name des Stuben Dienstes, Stube gereinigt, gelüftet und zur Durchsicht bereit! Wer will das machen?“ Dabei schaute er mich verschmitzt an: „Wir haben bestimmt jemanden der das freiwillig macht!“ „Ich mache das“, meldete ich mich. „Es sei denn, jemand anders möchte es machen“. Es wollte kein anderer.

Der Stubendurchgang

Um 21.30 Uhr fegte ich die Stube, brachte den Müll weg und meine Kameraden verzogen sich in ihre Betten. Ein prüfender Blick, alles sieht aufgeräumt aus. Ich dachte, der Unteroffizier vom Dienst (UVD) wird zufrieden sein. Dachte ich!! Dann war es so weit. Stiefelgeklapper auf dem Flur und die Tür wurde aufgerissen. Der UVD stand vor mir. Er trug den Großen Dienstanzug (graue Uniform mit Kampfstiefeln, Koppel, Stahlhelm und blaue Schulterschnur). Ich meldete: „Stube 109 mit 9 Mann belegt 8 Mann in den Betten, Stubendienst Panzergrenadier Unverricht, Stube gereinigt, gelüftet und zur Durchsicht bereit!“ „Rühren, Putzspind auf“, kam der knappe Befehl des Unteroffiziers. Ich öffnete den Spind und den darin abgestellten Mülleimer, mit einem guten Gefühl, da ich ihn vorher gelehrt hatte. Leider hatte einer meiner Kameraden, wohl, während ich kurz im Waschraum war, ihn mit einer leeren Keksdose befüllt. Ein Donnerwetter brach los! „Wollen Sie mich verarschen, dies ist eine klare Falschmeldung. So etwas lasse ich mir nicht bieten“, brüllte der UVD mit sich überschlagender Stimme. „Nachappell in einer Stunde“ und verließ unsere Stube. Die mit „Schmackes“ zugeknallte Tür unserer Stube unterstrich seinen Abgang. Wie vom Donner gerührt stand ich in unserer Stube. So hatte ich mir den ersten Kontakt mit Vorgesetzten bei der Bundeswehr nicht vorgestellt. Eigentlich hatte ich gehofft, für meine Eigeninitiative und der fehlerfrei vorgetragenen Meldung gemäß „Taschenbuch für Wehrfragen (Taschenbuch für Wehrfragen, 1984)“ zu mindestens keinen „Riesenanschiss“ zu empfangen. Pech gehabt. Also schwang ich erneut den Putzlappen, nachdem ich vorher bei dem unbekannten Kameraden bedankt hatte, der die Keksdose zu trefflich entsorgt hatte. Ich reinigte die Klappfenster, Heizungsrohre, Stuhl-und Tischbeine und sogar die Fußleisten. „Habt ihr noch eine Idee?“, fragte ich meine Stubenkameraden. „Ich denke, diesmal kommen wir durch. Ich wüsste auch nicht, was du noch machen könntest“, meinte Herbert Riba, der Schlosser aus der Eiffel. Pünktlich um 23:00 Uhr riss der UVD unsere Stubentür auf. Ich meldete. „Ist die Stube jetzt endlich sauber“, fragte der Unteroffizier. „Jawohl, nach meinem Ermessen, ja“, antwortete ich. „Ihr Ermessen interessiert mich nicht. Putzspind von der Wand abrücken!“ Auf die Idee war ich nicht gekommen. Die Rückwand des Putzspindes war nicht sauber. „Wenn Sie glauben, mit dieser Schluderei durchzukommen, dann sind Sie schief gewickelt. Das ist eine Unverschämtheit und grenzt an Befehlsverweigerung. Wie heißen Sie?“ „Unverricht“, antwortete ich. „Das heißt Panzergrenadier Unverricht“, wurde ich lautstark korrigiert „und ich werde Sie dem Zugführer melden! In einer Stunde sehen wir uns wieder!“ Mit dem bereits bekannten Türenknallen verließ er unsere Stube. „So ein Dress6, fluchte Herbert Riba und schwang sich aus der Koje. „Gib mir auch einen Putzlappen. Der Unteroffizier hat sie doch nicht alle.“ Wir fingen zu zweit an zu putzen. Nach einer Viertelstunde wurde die Tür wieder aufgerissen. Es war der Unteroffizier vom Dienst. „Was machen Sie da?“, wurde Herbert gefragt. „Ich helfe meinem Kameraden“, war die prompte Antwort. „Das wollte ich erreichen, warum nicht gleich so. Putzen einstellen und ab in die Betten!“ Er verließ unsere Stube, diesmal ohne Türenknallen. „Danke, Herbert und gute Nacht“. Wir schwangen uns in die Betten. Ich versuchte zu schlafen, aber es gelang nicht. Zu viel ging mir im Kopf herum. Welche Konsequenzen wird der Stubendurchgang haben? Was wird der Zugführer zu der Angelegenheit sagen? Wie geht es weiter? Erstmal um 04:00 Uhr mit einem Riesenkrach. Die Kampfkompanie 5/. PzBtl 110, zu der ich ja als Rekrut einberufen wurde, kam von einer Übung zurück. Wir schauten aus dem Fenster. 16 Schützenpanzer HS 30 mit aufgesessenen Panzergrenadieren, jeweils mit einem Einweiser vorweggehend, fuhren mit ohrenbetäubenden Kettenrasseln und pfeifenden hochtourigen Motoren an unserem Fenster vorbei. Die Kolonne hielt an. „Alles absitzen, in die Unterkunft wegtreten und Waffen abgeben!“ gellten die Kommandos der Zugführer. Die Soldaten sprangen von den Panzern und liefen mit Waffengeklapper und Scherzen die Steintreppen zu unserer Unterkunft hinauf. Sie waren in den ersten beiden Stockwerken untergebracht, während wir Rekruten in dritten Stock unsere Stuben hatten. Es war ein imposantes Bild und erfüllte mich irgendwie mit Stolz, bald auch dazu zu gehören.

Einkleidung und eine neue „Braut!“

Um 05:45 Uhr war die Nacht vorbei. „Rekruten heraustreten“, brüllte es auf dem Flur. Wir schreckten hoch. „Revierdienste heraustreten, jeweils ein Mann vor die Tür und melden!“ Türen wurden aufgerissen, Geklapper auf dem Flur, Soldaten in gestreiften Schlafanzügen schauten aus den Stuben. Die Meldungen der Stuben funktionierten nicht. „Was ist denn das für ein Sauhaufen, alles zurück auf die Stuben, das üben wir nochmal“, brüllte der UVD. Nach dem dritten Mal „Heraustreten“ gefiel es endlich. Inzwischen war unser Hilfsausbilder Thomas Gerke auch auf der Stube und gab uns hilfreiche Tipps. Irgendwie schafften wir es, uns zu waschen und anzuziehen. In Marschordnung (drei Mann nebeneinander und viele hintereinander) wurden wir zum Speisesaal geführt. Vor der Eingangstür wurde der Anzug und die Sauberkeit der Fingernägel kontrolliert und die „Reihe rechts“ der Marschordnung durfte einrücken. Auch dieses Procedere wurde mehrmals wiederholt, bis es den Ausbildern gefiel. Am Ende hatten wir Rekruten nur noch 15 Minuten, um unser Frühstück zu fassen, dann ging es in Marschordnung zur Unterkunft zurück. Kaum auf der Stube angekommen, hieß es wieder, „Rekruten heraustreten“ und es ging zum Bekleidungsempfang. Jeder erhielt zwei Seesäcke. In diesen Seesäcken wurde einmal das „Grünzeug“, die Kampfausstattung, wie Kampf-Messer, Koppel, Tarnnetz, Stahlhelm, ABC-Schutzausrüstung, Schiffchen Moleskin, Esbit-Kocher und Klappspaten, sowie ein Kampfanzug, ein Moleskin-Anzug und ein Arbeitsanzug verpackt. Weiterhin wurde die „kleine Kampftasche mit Kochgeschirr und Feld-Essbesteck und die große Kampftasche mit Schlafsack und olivgrünen Hemden, Unterhemden und Handtüchern, ein Rucksack, Stiefelbeutel, jede Menge Zeltriemen, sowie eine halbe Zeltplane mit Heringen ausgeteilt. Zu guter Letzt waren noch die Kampfschuhe, ein paar „Timoschenkos7“ (eine Art Bergschuh) mit Gamaschen und ein Paar Kampfstiefel mitzuverstauen. In den anderen Seesack kam das „Grauzeug“, also die Ausgehuniform, mit Blauschiffchen, Schirmmütze, zwei Koppeln, schmal für die Hose, breit mit Koppelschloss für die Jacke und Mantel, sowie Halbschuhen und Unterwäsche. Diese Aufstellung ist sicher nicht vollständig, aber gibt eine Übersicht, wie viele Ausrüstungsgegenstände zu empfangen waren. Anschließend wurden die Seesäcke gekennzeichnet, verladen und mit Lastkraftwagen (LKWs) zur Unterkunft gefahren. Wir marschierten zurück. Dabei wurde die Marschordnung geübt. „Abstand einhalten, Vordermann, Seitenrichtung“, unsere Ausbilder wurden nicht müde, unserem Hühnerhaufen während des Rückmarsches Disziplin beizubringen. Kurz vor der Mittagspause hatten wir die Ausrüstung in unsere Stube im dritten Stock verbracht. Während dieser schweißtreibenden Operation, wurden wir angefeuert von einigen bereits ausgebildeten Kompanieangehörigen, die wohl schon Pause hatten. „28 Tage und der Rest von heute, ihr Säcke! So lahm, wie ihr waren wir nicht. Bei uns ging alles im Laufschritt!“ Uns fehlten die Luft und Lust zum Antworten. „Das sollen wir alles in unsere Spinde verstauen? Das passt nie! “, war die einhellige Meinung. „Meine Herren, das lernen wir nach der Mittagspause. Mein Name ist Fahnenjunker Marotzki und ich bin ihr Gruppenführer“. Er war zusammen mit unserem Hilfsausbilder während unserer Diskussion unbemerkt eingetreten. Er war etwa so groß, wie ich, schlank und trug eine gutsitzende Moleskin Uniform mit Unteroffizierslitzen und dem Maggi Würfel8 auf den Ärmeln. Das wollte ich auch mal werden. Wir schreckten zusammen und wollten Meldung machen. „Achtung!“ „Rühren!“, winkte der Fahnenjunker ab. „Jetzt wird erst zu Mittag gegessen!“ „Ich brauche aber einen Freiwilligen, der mit Panzergrenadier Gehrke in der Pause einen Musterspind aufbaut. Dabei fällt mir ein, haben wir nicht auch jemanden aus Soest in der Gruppe?“ Ich melde mich. „Wir Soester müssen doch zusammenhalten, oder sehen Sie das anders, Panzergrenadier Unverricht?“ „Kein Problem, wird gemacht, Herr Fahnenjunker.“ Ich hatte eh noch was im Salz. Die Meldung wegen des gestrigen verunglückten Stubendurchganges hing noch wie ein Damokles Schwert über mir. Unter der sachkundigen Anleitung von Gehrke gelang es tatsächlich, alle Ausrüstungsgegenstände in den Spind zu verstauen. Entscheidend dabei war eine einheitliche Ordnung im Spind und gleichgroß gefaltete Hemden. Das berühmte Din A4 Blatt im Hemd, war dabei ein Hilfsmittel. Auf dem Spind wurde aufgebaut: Die große Kampftasche, befüllt mit ein paar Socken und eingerollten Handtüchern und in den Seesack eingeschlagen. ABC-Schutzmaske, Spaten und Stahlhelm. Beim Einräumen kamen wir auch gut in das Gespräch. Gehrke war ein netter Kerl, der möglichst ohne Stress seinen Wehrdienst ableisten wollte. Er war aber auch fachlich qualifiziert und bei den Vorgesetzten angesehen, sonst wäre er wohl nicht Hilfsausbilder geworden. Also Leistung zeichnet sich aus, auch bei der Bundeswehr. „Was glauben Sie, gibt das noch ein Nachspiel wegen des Stubendurchgangs?“, traute ich mich zu fragen. „Ich glaube nicht. Hier gibt es zwar schnell einen Anschiss, der Fehler wird direkt abgestellt und dann ist es gut. Sie haben gestern Pech gehabt, der Uffz Bosse, der gestern UVD hatte, ist als ein besonders scharfer Hund bekannt. Frustriert ist er auch noch, weil seine Beförderung zum StUffz überfällig ist. Aber, wenn er gesagt hat, die Sache ist erledigt, dann ist sie erledigt.“ Er hatte Recht, es kam nichts mehr nach.

Nach der Mittagspause räumten wir alle unsere Spinde ein. Diesmal hatte ich einen kleinen Vorteil, meiner war ja schon fertig. So konnte ich meine Kameraden unterstützen. Freundlicherweise hatte Oswald Herbst mir ein Mettbrötchen aus der Kantine mitgebracht. Also hungern brauchte ich auch nicht. „Noch ein paar allgemeine Hinweise, damit wir gut miteinander auskommen. Dabei könnt ihr weiter einräumen oder auch eine Zigarette rauchen.“ Fahnenjunker Markowski zündete sich auch eine an und setzte sich auf die Tischkante. „Tagesablauf ist immer gleich und auf dem Routinedienstplan, hängt auf dem Flur, ausgeworfen. 05:45 Uhr Wecken, Waschen mit freiem Oberkörper, Stuben- und Reviereinigen9 morgens und abends, Frühstück mit sauberen Fingernägeln und frischrasiert um 06:30 Uhr. 07:00 Uhr Antreten auf dem Lichthof zur Befehlsausgabe anschließend Dienstbeginn nach Dienstplan. Der Zapfenstreich und der Stubendurchgang beenden den Tag. Fragen?“ Wir hatten jede Menge: „Ich frühstücke zu Hause nicht, muss ich mit zum Frühstück gehen?“, wollte Herbert wissen. „Essen ist Dienst!“ „Was können wir in der dienstfreien Zeit machen?“, so Andreas Dobo. „Sie können in die Kantine gehen, auf der Stube bleiben oder einen Kasernenrundgang machen. Der Technische-Bereich darf nicht betreten werden. Verlassen dürfen sie die Kaserne nur mit einem Nacht-oder Wochenend-Ausgangsschein!“ „Wann können wir das erste Mal nach Hause?“, fragte Fritz Müller. „Wenn ihr Glück habt und euch benehmt, vielleicht am Freitag. Das wird aber noch endgültig entschieden. Unsere Kompanie hat frei wegen der Übung.“ Wir waren begeistert. Ich hatte mich zu Hause für die ersten vierzehn Tage erstmal abgemeldet. Was Jutta wohl sagen würde? Ich musste unbedingt heute Abend aus der Telefonzelle in der Kaserne anrufen. Die Fragestunde war vorbei und wir hatten den Eindruck, mit unserem Fahnenjunker, einen Glückstreffer erzielt zu haben. Was im Grundsatz auch stimmte. Es war schon wieder Zeit zum „geführten“ Abendessen. Diesmal nicht im Sportanzug, sondern im kleinen Dienstanzug. Also wir sahen schon wie Soldaten aus. Nur die neuen Halbschuhe drückten und ohne Hilfe meiner Kameraden hätte ich die Krawatte nicht hingekriegt. Das machte immer mein Vater. Nach dem Essen ging es aber nicht zur Kantine, sondern in den Unterrichtsraum der Kompanie.

Die Themen: „Struktur Panzerregiment 100 (PzRgt), des PzBtl 110 und der Kompanie, Vorstellen der Ausbilder und Pflichten der Vorgesetzten und Untergebenen.“ Hauptmann Röper, ein stämmiger etwas dicklicher Offizier, war unser Kompaniechef (KpChef) und hielt den Unterricht. Die drei deutschen Korps der Bundeswehr verfügten damals über jeweils ein Panzerregiment.10

Das PzRgt 100 war mit Masse in der Blücher Kaserne stationiert. Es bestand aus 2 Panzerbataillonen 110 und 120, einer Panzerjägerkompanie und einer Panzerpionierkompanie. Das Panzerregiment war die Reserve des I. Korps (MÜNSTER) und sollte als „Hammer“ mit den starken Panzerkräften den Feind zerschlagen und so das Gefecht entscheiden. Nach der Vorstellung des PzBtl 110 (Anhang Abbildung 1), gegliedert in 5 Kompanien (Stabs-Versorgungskompanie, 3 Panzerkompanien mit Leopard 1 und einer Panzergrenadier Kompanie), kämpften die ersten Soldaten mit dem Schlaf. „Alles auf, was schläft!“ kam das überraschende Kommando vom Kompaniechef (KpChef). 15 Schlafmützen standen auf! Ich war nicht dabei. Den Spruch kannte ich aus der Kriegsliteratur, mit der ich mich vorher beschäftigt hatte. Nach dieser Einlage passten alle wieder auf. Mit der Gliederung unserer Kompanie ging es weiter. Wir verfügten über 16 Schützenpanzer und ca. 164 Mann, gegliedert in eine Kompanieführungsgruppe und drei Panzergrenadierzügen (PzGrenZg). Dazu kamen noch die Versorgungsteile der Kompanie mit Feldküche, Instandsetzungstrupp, etc. Eingesetzt wurden wir im Regelfall zusammen mit den Panzerkompanien. Aufgesessen, folgten wir und bekämpften gegnerische Schützenpanzer und Infanterie. Abgesessen, sollten wir Sperren und Sicherungen des Feindes werfen, um so den Angriffsschwung der Panzer sicherzustellen. Nun kam die Vorstellung unserer Führungsriege:

Zugführer I.Zug, Leutnant (LT) Winkelmann, ein drahtiger Offizier mit einer schneidigen Stimme; Zugführer II.Zug; Lt Schulte, ein stämmiger Mann mit einem Seehundsschnurbart und Hauptfeldweber (HFw) Reichsel, ein gemütlich wirkender Typ mit dem Aussehen eines Bankangestellten. Hauptfeldwebel Reichsel war unser Zugführer. Kompaniefeldwebel und Leiter des Innendienstes war Hauptfeldwebel Alex Reiber, ein imposanter Mann mit einem englischen Schnurrbart und einer dröhnenden Stimme. Die Funktion des Kompanietruppführers besetzte Hauptfeldwebel Riesner, ein durchtrainierter, äußerst erfahrender Soldat mit offenem Gesicht. Er war der Ausbildungsplaner der Kompanie und überall zu finden, wo er gebraucht wurde. Zu erwähnen sind noch die beiden stellvertretenden Zugführer Feldwebel (Fw) Hahrmann, II.Zug und Fw Wolfgang Schrötz III. Zug, diese waren ständig bei der Ausbildung anwesend. Die Zugführer kamen mehr sporadisch zur Dienstaufsicht. Leutnant Winkelmann hatte keinen Stellvertreter und war ständig vor Ort. Am Ende wurden noch die Gruppenführer, jeweils vier oder fünf im Zug und das Funktionspersonal wie Rechnungsführer, Waffen-und-Geräteunteroffizier, Fernmeldefeldwebel und Schirrmeister vorgestellt. Um 20:00 Uhr hatten wir es geschafft und es ging zurück in Marschordnung. „Also ein Bier trinke ich noch, wer geht mit?“, schlug ich vor, als wir in der Unterkunft waren. „Wir sollten aber unseren „Kampfstuhl11 für morgen aufbauen und in Zivil gehen“, ergänzte Herbert. Die Stube 109 ging geschlossen los. Die Kantine war „proppenvoll“. Jede Menge Soldaten, mit und ohne Uniform, lachten, scherzten und prosteten sich zu. Die Musikbox plärrte „Am Tag als Conny Kramer starb“, Juliane Werding. Alle sangen mit und die Stimmung war großartig. Es gab sogar noch was zu essen: „Pommes mit Bratwurst oder Schnitzel, Bauernfrühstück, Würstchen mit Kartoffelsalat und den berühmten „Strammen Max12“. Wir bestellten alle noch eine Kleinigkeit zu essen. Der „Gummigeier“ mit 2000 Flugstunden, hatte beim Mittagessen nicht so überzeugt.

Die Zeit wurde aber knapp. Wir mussten um 22:00 Uhr im Bett liegen. Also das Bier auf ex und das Essen hineingeschlungen und schon ging es zurück. Nach dem anstrengenden Tag schliefen wir sofort ein. Am nächsten Tag empfingen wir unsere Waffen gegen Unterschrift und eine Waffenkarte mit der Gerätenummer13. Jeder Soldat erhielt ein Gewehr G3 mit 6 leeren Magazinen, Magazintaschen und Reinigungsgerät. Man musste sich seine Waffennummer merken, sonst gab es Ärger. Im folgenden Stubenunterricht stellte uns Fahnenjunker Markowski die Waffe vor: „Das G3 (Gewehr3) ist ein Schnellfeuergewehr des deutschen Waffenherstellers Heckler & Koch (HK). Es verwendet die Patrone 7,62 × 51 mm NATO. Das G3 ist ein Rückstoßlader mit feststehendem Lauf und beweglich abgestütztem Rollenverschluss. Es ist in der Lage, sowohl Einzelfeuer als auch Dauerfeuer zu schießen. Die Waffe verwendet zur Patronenzufuhr gerade Stangenmagazine aus Aluminium oder Stahlblech mit 20 Patronen Fassungsvermögen. Die theoretische Feuergeschwindigkeit beträgt 600 Schuss/min.“ „Müssen wir das alles wissen?“ fragte Oswald Zerbst. „Ja, und vor allen Dingen, machen Sie sich Notizen. Darüber erfolgt auch später ein schriftlicher Test! Darüber hinaus schreibt ihr im Wechsel über jeden Gruppenunterricht eine kurze Zusammenfassung, damit ich weiß, ob ihr alles verstanden habt. Sie, Panzergrenadier Zerbst, fangen mit diesem Unterricht an.“ Ab 16:00 Uhr steht „Putz-und Flickstunde auf dem Dienstplan, da könnt ihr die Ausarbeitung machen und bei Panzergrenadier Gehrke abgeben“. Es ging weiter mit der Theorie: „Der Vorgang der Waffe beim Schuss und Benennen der Haupt-und Einzelteile des Gewehres“, war das nächste Thema und meine Ausarbeitung.

Schon war wieder Mittagspause „So ein Mist, ich dachte, die Schulzeit wäre vorbei. Ich wollte an der Waffe ausgebildet werden und keine Aufsätze schreiben“, moserte Oswald. „Da müsst ihr durch“, warf Thomas Gehrke beschwichtigend ein. „Wir haben es auch geschafft. In der Kantine könnt ihr das „Taschenbuch für Wehrausbildung (Heer) vom Walhalla und Pretoria Verlag“ kaufen. Da steht alles Wesentliche drin.“ „Und was kostet das?“, wollte Herbert aus der Eifel wissen. „Ich glaube, 8 DM und es wird kostenlos aktualisiert.“ „Das ist mir zu teuer, mit meinem Wehrsold von 60 DM kann ich mir das nicht leisten.“ „Vielleicht kriegen wir es billiger, wenn wir eine Sammelbestellung aufgeben“, schlug Gehrke vor. „Wer würde den ein Buch haben wollen?“ Vier Mann wollten eins bestellen. Dazu kam meins, was ich schon vorher gekauft hatte. „Mit fünf Büchern, sollten wir schon klarkommen. Wir können auch zu zweit damit arbeiten“, warf ich ein. Das Problem war gelöst und Gerke besorgte uns das Buch zum Sonderpreis für 5 DM. Es leistete uns gute Dienste und niemand fiel mit den Ausarbeitungen auf. Am Nachmittag kam dann endlich die Praxis: „Auseinandernehmen und Zusammensetzen, Benennen der Haupt- und Einzelteile, Ladetätigkeiten“. „Wie die meisten Infanteriewaffen kann das G3 mit einfachen Handgriffen ohne Werkzeug in seine Hauptbaugruppen zerlegt werden. Dazu müssen vier Bolzen entfernt werden. Außerdem sind einige der sechs Baugruppen weiter in ihre einzelnen Bauteile zerlegbar: Gehäuse mit Rohr, Lade- und Visiereinrichtung, Verschluss, Griffstück, Schulterstütze mit Bodenstück, Handschutz und Magazin“. dozierte unser Fahnenjunker. „Anfangen mit Zerlegen!“ „Wie heißt diese Baugruppe, Panzergrenadier Müller?“ „Lade- und Visiereinrichtung“. „Anfangen mit Zusammensetzen!“ „Wie heißt das, Panzergrenadier Unverricht?“ „Magazin!“ So ging es drillmäßig weiter bis 16:00 Uhr. Nach Abgabe der Ausarbeitungen hatten wir dann Dienstschluss.

Die Gewehre wurden in den Spinden verschlossen und es ging zum Abendessen. So flog die Zeit. Jeden Tag kam entweder eine Waffe oder ein anderes Ausbildungsthema hinzu. Es kam der Freitag, wo es ja vielleicht nach Hause gehen sollte. Inzwischen hatte mich unser Hilfsausbilder gefragt, ob ich ihn mit nach Soest nehmen könnte. Ich hatte meinen VW dabei und fuhr in die gleiche Richtung. „Kein Problem, mache ich gerne.“ Der Dienstplan sah auch am Freitag harmlos aus. „Putz-und Flickstunde, Stubenappell und Spinddurchsicht anschließend Waffenappell und Abgabe und dann nichts mehr.

Jutta hatte ich noch nicht anrufen können, weil immer dann, wenn wir Dienstschluss hatten, alle Telefonzellen besetzt waren. Ich würde sie also überraschen. Alles lief problemlos bis zum Waffenappell um 17:00 Uhr. Alle fielen durch. Der Waffenunteroffizier war mein Bekannter vom ersten Tag Unteroffizier Bosse. Er war wieder in seinem Element. Jede Kleinigkeit wurde beanstandet und führte zum Nachappell, der immer eine Stunde später angesetzt wurde. Um 21:00 Uhr war er endlich zufrieden und nahm die Waffen an. Für mich war das kein Problem, noch nach Hause zu fahren. Ich hatte ein Auto. Für viele meiner Kameraden, die mit dem Zug angereist waren, war es zu spät.

Mit Vollgas ging es über die B 1 nach SOEST. Ich ließ Thomas Gehrke am Bahnhof aussteigen und fuhr zu meiner Freundin in die Thomästraße. Im Laufschritt ging es in den dritten Stock. Ich klingelte. Ihre Mutter machte die Tür auf. „Hallo Rolf, mit dir haben wir nicht gerechnet. Wir dachten, du kommst erst nächste Woche. Aber komm erstmal rein und erzähle. Wie gefällt es dir denn?“ „Gut, aber anstrengend und ich hatte keine Zeit vorher anzurufen, weil die drei Telefonzellen in der Kaserne immer besetzt waren“, entschuldigte ich mich für den Überfall und nahm im Wohnzimmer Platz. „Wo bleibt sie denn nur, meine Jutta“, dachte ich bei mir. „Sie muss doch die Klingel gehört haben?“ „Jutta ist nicht da“, klärte mich dann der Bruder auf. „Sie ist mit Ferdinand Barnhausen zu einem Geburtstag eingeladen.“ Mir entgleisten die Gesichtszüge. Wie hatte ich mich auf ein Wiedersehen gefreut. „Du kannst sie ja morgen anrufen und nochmal vorbeikommen. Sie freut sich bestimmt“, versuchte die Mutter die Situation zu entspannen. „Das mache ich, aber jetzt muss ich auch nach Hause. Meine Eltern wissen auch nicht, dass ich schon da bin.“ Den Tränen nahe, verabschiedete ich mich und ging zum Auto. Ausgerechnet Ferdinand Barnhausen, der hatte sie beim Schützenfest in Körbecke mal zum Tanzen aufgefordert und schien Interesse an ihr zu haben. Am nächsten Tag hatte Sie mir erzählt, dass sie im Traum nackt vor ihm gestanden hätte. Was soll man davon halten? Jetzt war sie auch noch mit ihm ausgegangen. Meine Eltern freuten sich wenigstens, dass ich schon dieses Wochenende gekommen war und ich hatte auch eine Menge zu erzählen. Am Sonntag versuchte ich, Jutta mehrmals zu erreichen. Aber ohne Erfolg. Dann eben nicht! Nochmal dahinfahren und sie wieder nicht anzutreffen, dazu war ich auch zu stolz. Um 18:00 Uhr nahm ich Thomas am Bahnhof SOEST auf, und wir fuhren zurück in die Kaserne. Als ich ihm den Reinfall erzählte, meinte er: „Da wäre ich wohl nicht der Erste, dem die Freundin wegen der Bundeswehr abhandenkommt. Ich sollte mich besser jetzt um meine Karriere beim Bund kümmern.“ Meine Stubenkameraden stießen in das gleiche Horn. Die Grundausbildung ging mit vermehrtem Druck weiter. In den kommenden Wochen kam es auf den Teamgeist an.

Mir gelang es nie, den Verschlusskopf vom Verschlussträger des G 3 zu lösen, ohne dass der Schlagbolzen durch die Gegend flog. Dagegen hatte ich keine Probleme eine Ausarbeitung zu schreiben. „Gib den Verschluss her, Rolf, wir zerlegen den, bevor wir wieder deinen Schlagbolzen suchen“, riefen meine Kameraden, wenn es an das Zerlegen der Waffe ging. Zum Glück musste der Verschlusskopf nicht immer auseinandergenommen werden. Andererseits hieß es, „was soll ich denn in der Zusammenfassung über den Vorgang der Waffe beim Schuss noch schreiben?“ „Gib her, ich schreib dir das eben.“ So unterstützten wir uns gegenseitig und stellten fest, dass wir nur gemeinsam dem Druck standhalten konnten, der in der Grundausbildung täglich gesteigert wurde. So entstand eine großartige Kameradschaft, die ich sonst nicht erlebt hätte. Wie erhöht man den Druck? Durch eine Vielzahl von Ausbildungsthemen, wechselnde Ausbildungsorte und Anzüge. Zum Beispiel begann der Tag mit „Sportausbildung“ im Sportanzug auf dem Sportplatz, gefolgt vom „Formaldienst“ im großen Dienstanzug auf dem Appellplatz vor dem Kompaniegebäude, danach „Waffenunterricht“ im Arbeitsanzug auf der Stube und abschließend Zugführerunterricht im kleinen Dienstanzug im Kompanieunterrichtsraum. Das hieß für uns, viermal umziehen, im Laufschritt zu den Ausbildungsorten, alles ordentlich und gesäubert wieder in den Spind räumen und darauf zu hoffen beim oft danach noch angesetzten Spind Appell nicht aufzufallen.

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Trotz des steigenden Drucks hatten wir aber auch viel Spaß zusammen. Oswald schwärmte von der Kneipenszene in Menden und wusste zahlreiche Anekdoten zu berichten. Er war der Bonvivant14 der Stube und der geborene Witzeerzähler. Ernst Müller versuchte uns allerlei Versicherungen nahezubringen. So auch eine Dienstausfallversicherung, die eingriff, wenn wir krankheitsbedingt unsere Ausbildung bei der Bundeswehr nicht beenden könnten. Es war so eine Art Minisparvertrag, wo man nach 10 Jahren, ohne Inanspruchnahme ca. 1000 DM erhalten konnte. Oswald und ich machten mit und tatsächlich 10 Jahre später erhielt ich die 1000 DM. Andreas Dobo, Carl Lewis und Helmut Fisch spielten jeden Abend Skat. Josef Walter lobte die Kochkünste seiner Frau und verfluchte unsere Truppenverpflegung. Fritz Müller war als Bauarbeiter frische Luft gewöhnt und absolut wetterfest, bei Unterrichten kämpfte er allerdings gegen den Schlaf. Herbert Riba war eher der ruhige Typ. Er konnte gut zuhören, war aber aufgrund seines Dialektes schwer zu verstehen. Er war zuverlässig und half jedem. Er kam aus sehr ärmlichen Verhältnissen. Besonders interessant war es für mich, zu erfahren, wie meine Kameraden lebten und ihr Geld verdienten. Unsere „Handwerker“ mussten durchweg frühaufstehen, den ganzen Tag hart körperlich arbeiten und fielen abends um 22:00 Uhr in das Bett. Am Wochenende wurde dann gefeiert in der Disco oder in der Kneipe. Sie waren aber mit ihren Lebensumständen zufrieden. Natürlich regten sie sich über die Studentenbewegung mit ihren Demonstrationen auf. „Die sollen erstmal arbeiten und was leisten“, hieß es. Im Vergleich dazu ging es Oswald, Ernst Müller und mir gut. Bildung lohnt sich. Trotz dieser Unterschiede hielten wir aber zusammen und halfen uns gegenseitig. Wir wollten die Grundausbildung gemeinsam überstehen und auf dem Gefechtsfeld überleben, sollte es zum Krieg kommen. Folglich nahmen wir die Ausbildung ernst und jeder bemühte sich durchzuhalten.

In den nächsten Wochen ging es endlich aus der Kaserne. In Marschordnung marschierten wir durch HEMER zur Standortschießanlage LANDHAUSEN (4 km) zur Schießausbildung oder wir gingen durch das Osttor auf den Standortübungsplatz zum Gefechtsdienst. Die Schießausbildung war immer gut vorbereitet und man lernte mit den Waffen umzugehen. Es wurde so lange geschossen, bis alle Soldaten die Bedingungen erfüllt hatten. Wer gut schoss, hatte eher Pause. Mit dem Gewehr G3 kam ich gut klar. Mit dem Maschinengewehr tat ich mich am Anfang schwer. Aber nachdem mir einer der Unteroffiziere zeigte, wie ich die Waffe in die Schulter einziehen musste, nämlich ganz fest, war der Bann gebrochen.

Der Gefechtsdienst im Gelände war deutlich anstrengender. Es fing mit dem Anzug an. Im Gelände war der Kampfanzug zu tragen. Der Kampfanzug war schwer, mit Plastik verstärkt, kratzig, luft-und wasserdicht und man musste auch im Sommer lange Unterwäsche tragen, sonst hatte man sich einen Wolf gelaufen. Im Regen war er allenfalls zu gebrauchen, man wurde nicht nass. Dafür knisterte er beim Gehen und eine leise Annäherung fiel aus. Hinzu kam die Waffe, das große Sturmgepäck mit kleiner Kampftasche, Essgeschirr, Feldflasche, Spaten, Magazintaschen, Stahlhelm und ABC-Schutzmaske. Oft ging es auch im Laufschritt den Berg zum Osttor hoch. Je nach Laune der Ausbilder, mal mit Gesang oder mit aufgesetzter ABC-Schutzmaske. Am Ausbildungsort angekommen, waren wir das erste Mal außer Atem. Dann brachte man uns das Überleben auf dem Gefechtsfeld bei. Dazu gehörten unter anderem die Bewegungsarten, Hinlegen, Aufstehen, Der Sprung, Deckung, Tarnung, Sicherung und Führen des Feuerkampfes und vieles mehr. Das Gelände auf dem Übungsplatz ist ein mit Felsen durchsetzter Lehmboden und erschwert nicht nur den Bau von Stellungen, sondern auch Bewegungen besonders bei Regen. Unser Fahnenjunker fand immer ein trockenes Plätzchen, um die Bewegungsarten zu üben und suchte nicht das größte Schlammloch. Dreckig zu werden, muss man nicht üben, war seine Devise. Wir freuten uns und strengten uns auch an. Wie schon in den ersten Tagen bemerkt, hatten wir mit unserem Gruppenführer das große Los gezogen. Aber eines Tages hatten wir Pech. Hauptfeldwebel Wiesner kam zur Dienstaufsicht.

Mitgefangen-Mitgehangen

Wir übten auf einer Wiese „Hinlegen-Aufstehen und der Sprung“. Beim Hinlegen kommt es auf die folgende Reihenfolge der Bewegung an: „Ausfallschritt mit links, Gewehrübergabe in die linke Hand, lässt sich auf rechtes Knie nieder, legt sich dabei in einer fließenden, vorwärts gewanden Bewegung flach auf den Boden und übernimmt das Gewehr mit der rechten Hand.“ Unsere Gruppe fing mit dem Ausfallschritt mit rechts an. „Fahnenjunker Markowski zu mir“, brüllte Wiesner. „Hinlegen“. Markowski warf sich hin, natürlich auch mit dem falschen Ausfallschritt. „Gruppe sammeln und herhören“, befahl Hauptfeldwebel Wiesner. „Hier hat sich ein Fehler eingeschlichen und das müssen wir abstellen. Jetzt üben wir das mal mit dem Ausfallschritt links! Fahnenjunker eintreten, Gruppe hört auf mein Kommando! Zum Horizont weg, marsch, marsch. Stellung!! Auf! Auf meine Höhe vorarbeiten!! Kleinste Gangart!! Deckung!!“ Er jagte uns etwa eine halbe Stunde unter Einbeziehung der Bewegungsarten15 durch den Schlamm und die größten Pfützen, bis seiner Meinung nach der Fehler ausgemerzt war. Diesmal waren wir mit Abstand die dreckigste Gruppe der Kompanie. „Den Stuben-und Spind Durchgang werde ich persönlich um 19:00 Uhr durchführen“, gab er uns noch mit auf dem Weg. In der Kaserne stellten wir uns mit der kompletten Ausrüstung in der Waschkaue im Keller der Kompanie unter die Dusche und rieben den Schlamm mit Waschbürsten gegenseitig ab. Die Kampfanzüge wurden anschließend in den Trockenraum gehängt. Dann machten wir uns an das Reinigen. Um 19:00 Uhr kam Hauptfeldwebel Wiesner, gefolgt von unserem Fahnenjunker auf unsere Stube. Nach der Meldung befahl er die Spinde zu öffnen. Nach einem flüchtigen Rundumblick grinste er und meinte: „Da habt ihr aber ordentlich gewienert. Ich hoffe, niemand macht mehr den Ausfallschritt auf dem falschen Fuß! Welcher Fuß war das nochmal, Unverricht? „Ausfallschritt immer mit links, Herr Hauptfeldwebel.“ „Gut so, macht Dienstschluss“, und er verließ unsere Stube. Fahnenjunker Markowski setzte sich zu uns und zog ein paar Flaschen Bier aus dem Rucksack. „Männer, heute habe ich Mist gebaut und euch was Falsches beigebracht. Dafür entschuldige ich mich, aber es ist nun leider passiert. Auf unsere Gruppe, Prost!“ Wir ließen ihn hochleben und niemand verlor über die Angelegenheit jemals wieder ein Wort.

Endspurt

Ein besonders Ereignis war des morgens die Befehlsausgabe unseres Kompaniefeldwebel Alex Reiber. Seine Sprüche waren einzigartig. Beim Haarschnittappell meinte er zum Panzergrenadier Papka, einem Hilfsausbilder: „Trotz Drehens deines Turms auf höchste Elevation zur Fliegerabwehr, dein Hals ist zu kurz. Ab zum Friseur oder Haarnetz16!“ Oder: „Gestern Nacht war wohl Würfelhusten Wettbewerb auf der Toilette des II. Zuges. Macht gefälligst den Dreck weg, wenn ihr nicht saufen könnt, ihr Anfänger!“ Dann erfolgten organisatorische Ansagen und der Dienst begann. Ich hatte mich, immer noch unter Liebeskummer leidend, in den Dienst verbissen. Ich wollte so gut, wie möglich die Grundausbildung abschließen und ging erst in die Kantine, wenn ich die Ausbildungsthemen des Tages mir noch einmal vergegenwärtig hatte. Das sollte sich später auch auszahlen. An einem Tag war ich als Alarmposten in der Stellung eingeteilt. Die Gruppe befand sich 20 Meter dahinter in einer Senke. Vor mir hielt ein DKW und ein Offizier stieg aus, es war der Bataillonskommandeur Oberstleutnant Roth. „Wer bin ich, war die erste Frage.“ „Unser Bataillonskommandeur Oberstleutnant Roth“, antwortete ich. Er grinste. „Dann erklären Sie mir mal ihren Auftrag.“

Wir hatten ein paar Tage vorher ein Merkwort gelernt: DNLAP (Dienstgrad, Name, Lage, Auftrag, Platz des Führers). „Panzergrenadier Unverricht, Feind hat WINKLER HÖHE, diese Richtung 6 Kilometer genommen. Mit weiterem Angriff ist zu rechnen. Unsere Gruppe ist als Feldposten hier in der Stellung eingesetzt. Ich habe den Auftrag, das vor mir liegende Gelände mit linker Grenze über Kugelbusch auf Birke und rechter Grenze über Panzerstraße auf Gehöft zu überwachen und bei Feind die Gruppe zu alarmieren. Platz des Gruppenführers diese Richtung 20 Meter!“ „Dann alarmieren Sie!“ Ich zog an dem Telefonkabel, das wir als Alarmdraht in der Senke festgemacht hatten. Blitzschnell und lautlos glitt unsere Gruppe in die vorbereitete Stellung, die Gewehre im Anschlag. Fahnenjunker Marowski meldete: „3.Gruppe III Zug bei der Feldpostenausbildung, Herr Oberstleutnant!“ „Herr Fahnenjunker, das war perfekt, wie aus dem Lehrbuch! Lassen Sie auf der Stelle zu Pause wegtreten! Unverricht, Nomen non semper Omen est17, stimmt’s? „Jawohl, Herr Oberstleutnant!“ „Sie wissen, was das heißt?“ „Der Name muss nicht immer das Schicksal sein!“ „Auch noch Lateiner“, grinste er und ging mit dem Fahnenjunker zur Seite. Die beiden rauchten noch eine Zigarette und unterhielten sich angeregt. Dann fuhr der Kommandeur ab. Der Fahnenjunker kam zurück: „Da haben wir wohl einen Punkt gemacht. Niemand vorher hat den Kommandeur erkannt und richtig angesprochen. Noch hat er vorher so eine korrekte Meldung gehört. Gut gemacht, Unverricht!“. Der Soldat muss eben auch Fortune haben! Vor nicht allzu langer Zeit waren wir die Looser mit dem falschen Ausfallschritt und heute die Vorzeigegruppe.

In der Kompanie angekommen, musste ich mich beim Kompaniechef melden. Zum Chef kam man nur durch die Geschäftszimmer, in denen unser Spieß residierte. Also die Tür auf, Gruß Meldung Gruß, und rein in die Höhle des Löwen. Der Spieß klopfte mir jovial auf die Schulter und meinte: „Das war eine ordentliche Leistung, gehen Sie gleich durch zum Kompaniechef.“ „Der Bataillonskommandeur war hochbegeistert von ihrem Auftreten. Damit haben Sie ein Lob für uns Panzergrenadiere erwirkt. Machen Sie weiter so. Nebenbei gesagt, was wollen Sie denn bei uns werden?“ „Leutnant, Herr Hauptmann“. „Wir behalten Sie im Auge!“ Ich durfte wegtreten. Kurz danach traf ich Hauptfeldwebel Wiesner auf dem Flur, den Ausbildungsleiter. „Kriegen Sie ihre Meldung an den Kommandeur noch zusammen?“ Ich bejahte. „Dann erstellen Sie mal eine schriftliche Mustermeldung nach DNLAP. Sagen wir mal in einer Stunde Abgabe über ihren Zugführer. Dürfte für Sie als Abiturient und zukünftiger Offizier kein Problem sein“ und grinste. „Natürlich nicht“ antwortete ich und meldete mich ab. In der Kompanie blieb eben nichts geheim. Nach einigen redaktionellen Änderungen durch meinen Zugführer Hauptfeldwebel Reichsel wurde sie abgeben. Am nächsten Tag zierte sie als Mustermeldung für den Gefechtsdienst neben dem „Stuben und Revierplan“ das schwarze Brett der Kompanie. Im November steuerte die Ausbildung auf den Höhepunkt zu: „das Abschluss Biwak und die Besichtigung in der Allgemeinen Grundausbildung“. Zusätzlich wurde von einer baldigen Alarmübung der NATO „Quick Train“ gemunkelt. Gleichzeitig hatten wir die Wachausbildung18 absolviert und durften die Kaserne, das Gerätlager (in MENDEN) und die Munitionsniederlassung (HEMER-BECKE) mit scharfer Munition bewachen. Der Wachdienst wurde als Kriegsdienst im Frieden bezeichnet und durchaus ernst genommen. Die Ermordung von drei Soldaten bei einem Anschlag auf die Kaserne in Lebach 1969 war nicht vergessen19. Ich muss zugeben, bei meiner ersten Wache im Munitionslager Becke war ich doch äußerst angespannt. Das Munitionslager lag mitten im Wald, ringsum mit Stacheldraht umsäumt und war an den Ecken mit Wachtürmen mit Scheinwerfern bewehrt. Die Türme wurden ständig mit einem Posten besetzt und zusätzlich lief man mit 2 Soldaten, zu wechselnden Zeiten, Streife entlang der Munitionsbunker. Die Waffen waren geladen und gesichert. Der Dienst dauerte 24 Stunden von 16:00 Uhr Vergatterung20