Von der Kunst, allein zu sein - Anselm Grün - E-Book

Von der Kunst, allein zu sein E-Book

Anselm Grün

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Beschreibung

Viele Menschen haben Angst vor dem Alleinsein, weil sie sich dann einsam und isoliert fühlen. Es kann jedoch auch zum Segen werden, denn ohne Alleinsein gibt es keine ehrliche Selbsterkenntnis und es gehört zudem wesentlich zu jedem spirituellen Weg. Anselm Grün entfaltet daher in diesem Buch die Kunst, es mit sich selbst auszuhalten, zu der so wichtige Aspekte gehören wie die innere Mitte zu finden, Leib und Seele Gutes zu tun, von Erwartungen anderer und äußeren Zwänge frei zu werden. Eine hilfreiche Anleitung, wie es gelingen kann, Kraft aus dem Alleinsein zu schöpfen, um zu innerer Gelassenheit, Ruhe und Klarheit zu finden.

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Printausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2023

ISBN 978-3-7365-0486-8

E-Book-Ausgabe

© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2023

ISBN 978-3-7365-xxxx-x

Alle Rechte vorbehalten

E-Book-Erstellung: Dr. Matthias E. Gahr

Lektorat: Marlene Fritsch

Covergestaltung: Chandima Soysa, Stuttgart

Covermotiv: Gizele/shutterstock

www.vier-tuerme-verlag.de

Anselm Grün

Vom der Kunst, allein zu sein

Vier-Türme-Verlag

Inhalt
Einsamkeit – ein Phänomen unserer Zeit
Alleinsein und Einsamkeit
Formen und Ursachen der Einsamkeit
Erfahrungen von Einsamkeit in Kindheit und Jugend
Einsamkeit und Alleinsein in der Bibel
Die Kunst, mit sich allein zu sein
Das Betrauern der eigenen Einsamkeit
Positive Deutungen des Alleinseins
Die existenzielle und religiöse Bedeutung von Einsamkeit
Abgeschiedenheit
Die Gefahr der Vereinsamung
Die Gestaltung des Alleinseins
Die Zeit strukturieren
Rituale
Lesen
Musik hören
Kreativ sein
Meditation
Wandern
Nichtstun
Bewusst mit Einsamkeit umgehen
Literatur

Einsamkeit – ein Phänomen unserer Zeit

Viele klagen heute über Einsamkeit und Alleinsein. Sie wohnen in großen Städten inmitten von vielen Menschen. Aber sie fühlen sich trotzdem allein. Sie haben kaum Kontakt zu den Nachbarn und niemanden, mit dem sie ein persönliches Gespräch führen können, dem sie sich anvertrauen. Sie fühlen sich allein mit ihren Problemen, mit der Überforderung durch die Arbeit, allein mit der Angst, das Leben nicht zu schaffen.

Die Corona-Krise hat das Phänomen der Einsamkeit und Isolierung in unserer Gesellschaft noch weiter verschärft. Am schmerzlichsten haben das die Menschen erfahren, die krank geworden sind, aber von niemandem besucht werden durften. Ein Trauerredner erzählte von einem Mann, den er beerdigen musste. Er sei nicht an Corona gestorben oder an einer anderen Krankheit, sondern an seiner Einsamkeit, sagte er. Er habe es nicht ausgehalten, alleingelassen zu werden. Sterbende haben in dieser Zeit besonders schmerzlich erlebt, dass niemand sie begleitet hat. Ihre Angehörigen durften nicht kommen. Das hat ihnen häufig die letzte Lebenskraft genommen.

Die psychosomatische Medizin hat erkannt, dass Isolation für viele Menschen die Ursache von Erkrankungen ist. Sie raubt ihnen ihre Energie. Zum Wesen des Menschen gehört, dass er ein Gemeinschaftswesen ist, er ist auf Beziehungen und Begegnungen angewiesen. Menschen, die sich alleingelassen fühlen, haben schnell keine Kraft mehr. So werden sie schneller krank und sterben früher.

Einsame Menschen sehnen sich danach, dass andere sich für sie Zeit nehmen, sie besuchen, mit ihnen telefonieren. Manche brechen dann aus ihrer Einsamkeit aus, indem sie Bekannte anrufen. Doch wenn das Bedürfnis zu groß ist, dann fallen sie mit ihren Kontaktversuchen anderen auf die Nerven. Es gibt aber auch das Gegenteil: Menschen, die sich dafür schämen, dass sie einsam sind. Sie trauen sich nicht, anderen ihre Bedürftigkeit zu zeigen und sie um Hilfe zu bitten. Sie verschließen sich von sich aus und lehnen jeden Kontakt ab. Sie schneiden sich selbst von allen Beziehungen ab. Offensichtlich genieren sie sich, ihre Schwäche und ihre Bedürftigkeit zu zeigen. So ergreifen sie die Flucht nach vorne und isolieren sich von sich aus. Sie sagen, sie wollen mit niemandem sprechen. Doch diese Selbstisolierung kann schlimme Folgen haben, denn nachweislich ist sie häufig mit ein Grund für beginnende Demenz oder aber einen frühzeitigen Tod. Kaum jemand hält diese Isolation auf Dauer aus.

Neben der freiwilligen Einsamkeit gibt es viele, die unfreiwillig einsam sind. Sie sehnen sich nach anderen, haben aber selbst vielleicht keine Familie mehr, mit der sie sich gut verstehen, weil die Eltern bereits gestorben sind und sie keine Geschwister haben. Oder aber die Geschwister leben weit entfernt oder sind untereinander zerstritten. So haben sie keinen Kontakt mehr zur Familie und niemanden, an den sie sich anlehnen können. Sie haben Angst, im Alter völlig allein dazustehen. Sie fragen sich, wie es einmal sein wird, wenn sie krank und hilfsbedürftig werden – wer soll sie dann pflegen, wer für sie sorgen? Sie trauen sich gar nicht, an die Zukunft zu denken. Und doch beschäftigt sie diese Frage, wer wohl einmal für sie dasein wird.

Manche, die allein wohnen, fühlen sich wohl in ihrem Zuhause. Sie sind gerne daheim, weil sie sich hier endlich von der anstrengenden Arbeit erholen können. Aber viele langweilen sich auch in ihrer Wohnung. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, und fühlen sich allein. Niemand ruft an. Niemand kümmert sich um sie. Sie haben niemanden, mit dem sie ihre Erfahrungen bei der Arbeit teilen können, keinen, der ihnen den Rücken stärkt, der sie ermutigt. Sie fühlen sich alleingelassen. Und das zehrt an ihren Kräften. Sie haben keine Motivation, sich immer wieder neu auf die Arbeit einzulassen. Das Alleinsein schwächt sie, macht sie für Krankheiten anfällig. Wenn sie krank sind, kümmert sich niemand um sie. Sie müssen von sich aus zum Arzt gehen, um sich krankschreiben zu lassen. Aber dann liegen sie allein in ihrer Wohnung und spüren keine Kraftquelle, aus der sie schöpfen könnten, um wieder gesund zu werden.

Andere flüchten sich in die Arbeit, um sich nicht allein zu fühlen. Während der Arbeit haben sie mit anderen Menschen zu tun. Doch wenn sie zu Hause sind, sitzen sie allein in ihrer Wohnung und wissen nicht, was sie mit sich anfangen sollen. Es gibt zwar im Haushalt noch dieses oder jenes zu tun. Aber es erfüllt sie nicht. In ihrer Langeweile schalten sie den Fernseher an, um sich abzulenken. Angst haben sie vor allem vor dem Wochenende. Denn da erwartet sie niemand und nichts, was sie aus ihrer Lethargie herausholen könnte. Wenn sie ans Wochenende denken, kommt ihnen das Bild einer gähnenden Leere in den Sinn. So freuen sie sich nicht auf das Wochenende, sondern denken mit Schrecken an ihr Alleinsein. Wenn sie es wagen, trotzdem aus dem Haus zu gehen, treffen sie vielleicht junge Familien mit Kindern oder ältere Ehepaare, die miteinander spazierengehen. Dann ist das Alleinsein noch schmerzlicher.

Für viele wird die Einsamkeit zum großen Problem, wenn sie ihre Arbeit aufgegeben haben und in Rente gegangen sind. Solange sie gearbeitet haben, hatten sie zumindest zu den Arbeitskollegen noch Kontakt. Und manchmal verstand man sich auch ganz gut. Zudem hatten sie den Eindruck, dass sie gebraucht wurden. Sie waren wichtig an ihrer Stelle. Andere mussten sie um etwas bitten. Doch jetzt sind sie allein in ihrer Wohnung. Niemand fragt nach ihnen, niemand möchte einen Rat von ihnen. Sie fühlen sich unnütz und alleingelassen. Sie geraten in Panik, wenn sie daran denken, dass sie die nächsten zwanzig oder dreißig Jahre so allein in ihrer Wohnung leben müssen, ohne dass jemand nach ihnen fragt oder schaut. Oft haben sie auch keine Familie, mit der sie etwas unternehmen könnten, keine Enkelkinder, die neues Leben in ihren Alltag bringen und ihr hart gewordenes Herz erweichen und erwärmen.

Bis hierher hatte ich alleinstehende Menschen im Blick, die an ihrer Einsamkeit leiden. Es gibt aber auch die Einsamkeit in der Partnerschaft. Man spricht dann von der Einsamkeit zu zweit. Man lebt neben dem anderen her, aber man fühlt sich allein. Man hat keine Sprache mehr, die den anderen erreicht. Man kann das, was einen wirklich bewegt, nicht mehr mit dem anderen teilen. Manche ziehen sich dann in die Einsamkeit zurück aus Angst vor immer neuen Verletzungen und Enttäuschungen und vereinsamen mitten in der Beziehung. Oft wird die innere Einsamkeit verschwiegen, »ein Schicksal, das oft gerade die liebenden Frauen trifft, die dem Partner nie eingestehen können, dass sie an seiner intellektuellen oder spröden und gefühlskargen Art innerlich gleichsam erfrierend leiden und in der kalten Zweisamkeit buchstäblich verhungern, weil ihr Gefühl keine Nahrung mehr bekommt. Der Ernst dieser Einsamkeit besteht dann in einem inneren Aufgeben jeder Hoffnung« (Brocher 169f), schreibt der Psychoanalytiker und Sozialpsychologe Tobias Brocher. Da die Menschen heute immer älter werden, nimmt die Einsamkeit in der Beziehung gerade im Alter zu. Während der Berufstätigkeit hatte jeder seinen Raum, in dem er das Sagen hatte, den Raum, den er selbst gestalten konnte. Da war das Miteinander zu Hause dann ein guter Zufluchtsort, an den man von der anstrengenden Arbeit immer wieder zurückkam. Aber jetzt, da man immer zusammen ist, weiß man nicht mehr, was man miteinander besprechen könnte. So lebt man nebeneinanderher und jeder fühlt sich schrecklich einsam. Um dieser öden Einsamkeit zu entgehen, fliehen manche in Alkohol, in andere sexuelle Beziehungen oder auch in Frömmigkeit. Spiritualität kann eine Hilfe sein, mit der Einsamkeit in der Beziehung besser umzugehen. Aber es gibt auch eine andere Art der Frömmigkeit, die ein Ersatz für Liebe sein kann, wie die Autorin Waltraut Schmitz-Bunse feststellt. Für sie ist diese Frömmigkeit aber nicht lebensfördernd, sondern extrem einengend: »Diese engherzige Frömmigkeit, in deren Umkreis man Erstickungsgefühle bekommt. Diese selbstgebastelte Einsamkeit! Unfruchtbar, weil sie nur die eigenen Enttäuschungen hätschelt und betrauert, aber sie ist nicht imstande, die Einsamkeit, Verlorenheit anderer zu bemerken, um sich ihrer von Herzen zu erbarmen« (Schmitz-Bunse 221).

Schmerzlich ist die Einsamkeit, in die Menschen geraten, die eine beglückende Partnerschaft hatten und deren Partner gestorben ist. Auf einmal können sie dem Partner nicht mehr erzählen, wie ihr Tag war, was sie bewegt, was sie erlebt haben. Sie sind plötzlich allein mit ihrer Liebe und der Sehnsucht, diese Liebe auszudrücken. Es ist, als ob ihnen ein Stück ihres eigenen Herzens herausgerissen worden wäre. Zu dem Schmerz über das Alleinsein kommt dann noch die kränkende Erfahrung, dass auch Freunde einen meiden. Sie wollen nichts mit der Trauer zu tun haben. Sie lassen den anderen allein in seiner Trauer, wollen für sich weiterleben, ohne sich ihm in seiner traurigen Einsamkeit zu stellen und sich auf ihn einzulassen. Denn dann würden sie mit ihrer eigenen Angst vor dem Alleinsein konfrontiert werden.

Andere werden von ihrem Partner, ihrer Partnerin verlassen, weil man sich auseinandergelebt hat oder weil man sich in jemand anderen verliebt hat. Auch da wird die Einsamkeit für manche Frauen und Männer oft unerträglich. Das Alleinsein ist von ständigen Selbstgesprächen geprägt. Die kreisen um den Partner, den man immer noch liebt, aber von dem man sich abgrundtief verletzt fühlt. Oder aber sie kreisen um die eigenen Schuldgefühle: Was habe ich falsch gemacht, dass mich der oder die andere verlassen hat? Bin ich überhaupt liebenswert oder liebesfähig? Sie zweifeln an sich selbst und fühlen sich alleingelassen, allein mit ihrem Schmerz, allein mit ihrer Wut und allein mit ihrer Liebe.

Eine eigene Form von Einsamkeit erleben Führungskräfte oder auch Seelsorger und Seelsorgerinnen. Führungskräfte möchten guten Kontakt zu ihren Mitarbeitern haben. Aber sie spüren, dass die Beziehung zu ihren Kollegen anders geworden ist, seitdem sie die Führungsposition innehaben. Andere erfahren, dass es einsam macht, die Verantwortung für viele Menschen zu übernehmen. Man kann diese oft nicht mit anderen teilen, mit ihnen darüber sprechen. Auch wenn man versucht, einen kollegialen Führungsstil zu leben, gibt es doch Entscheidungen, die man allein treffen muss. Die gleiche Erfahrung machen Seelsorger und Seelsorgerinnen. Sie kümmern sich viel um andere. Sie feiern Gottesdienste, bei denen sie Zustimmung erfahren. Aber wenn sie dann nach Hause kommen, fühlen sie sich allein. Sie können mit niemandem über ihre eigenen Gefühle und Ängste sprechen. Und auch spirituell erleben sie kein Getragensein von einer Gruppe. Eine Pastorin sagte mir einmal: »Ich habe so viele Menschen gesegnet, aber wer segnet mich?« Ähnlich fühlen viele Pfarrer und Pfarrerinnen. Sie tun viel für andere. Aber wenn sie selbst Hilfe brauchen, haben sie niemanden. Wenn der Gottesdienst alle berührt hat, können sie abends niemandem davon erzählen, mit niemandem ihre spirituellen Erfahrungen teilen.

Der amerikanische Schriftsteller Thomas Wolfe hat die Erfahrung gemacht, dass die Einsamkeit letztlich der Grund von Unzufriedenheit und Klagen ist: »Ich glaube, dass sie alle an derselben Sache leiden. Der letzte Grund ihrer Klage ist die Einsamkeit« (zit. Schütz 275). Doch es gibt verschiedene Formen von Einsamkeit. Hermann Hesses Gedicht weist auf die Existenz des Menschen als Einsamsein: »Leben ist Einsamsein. Kein Mensch kennt den andern, jeder ist allein« (zit. Schütz 275). Der Mensch als Mensch ist allein. Die Einsamkeit gehört seinem Wesen. Der Jesuit und Philosoph Johannes Baptist Lotz unterscheidet diese grundsätzliche Einsamkeit von der Vereinsamung. Wenn Menschen klagen, dass sie sich einsam fühlen, dann sind sie vereinsamt. Die Vereinsamung plagt heute viele. Vereinsamte Menschen fühlen sich oft traurig, manchmal depressiv und ratlos.

Es gibt viele Texte und Gedichte über Einsamkeit und Alleinsein. Oft überwiegt darin die Trauer. Ich möchte in diesem Buch die positiven Aspekte des Alleinseins und der Einsamkeit beschreiben. Und es geht um die Kunst, auf gute Weise allein zu sein. Es geht mir darum, wie ich schmerzliche Einsamkeit aushalten kann, sodass sie sich langsam in eine gute Einsamkeit verwandelt. Zudem möchte ich Wege aufzeigen, wie ich mit dem Alleinsein, das notwendigerweise zu meinem Leben gehört, gut umgehe. Beginnen möchte ich damit, einige Einsichten von Psychologen und Philosophen über die Einsamkeit und das Alleinsein auszuführen. Sie zeigen, wie wir die Worte »Alleinsein« und »Einsamkeit« verwenden und dass beide sowohl positive wie negative Aspekte aufweisen.

Alleinsein und Einsamkeit

Wir gebrauchen die Worte »Alleinsein« und »Einsamkeit« oft synonym. Doch Alleinsein ist mehr die äußere Situation, dass ich gerade allein bin. Einsamkeit drückt dagegen eher die Befindlichkeit aus. Ich fühle mich einsam. Allerdings sagen viele auch: Ich fühle mich allein. In unserer alltäglichen Sprache unterscheiden wir nicht immer zwischen Alleinsein und Einsamkeit. Und doch gibt es einen Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen. Der Münchner Psychiater Fritz Riemann beschreibt den Unterschied so: »Ist nicht jeder von uns schon einmal allein gewesen, ohne sich einsam zu fühlen, hat er nicht vielleicht sogar das Alleinsein gesucht, um ungestört und ohne Ablenkung sich mit etwas zu beschäftigen, um mit sich selbst allein sein zu können, ohne sich dabei einsam zu fühlen? Und wir alle kennen wohl auch die andere Erfahrung, dass wir uns unter Menschen befanden und uns trotzdem einsam fühlten – etwa, weil die uns umgebenden Menschen uns fremd oder gleichgültig waren oder weil etwas schwer beschreibbares Trennendes wie eine unsichtbare Glaswand zwischen ihnen und uns zu stehen schien« (Riemann 24). Man könnte also sagen: Alleinsein ist ein Zustand, Einsamkeit ein Gefühl. Aber auch die Einsamkeit kann man unterschiedlich betrachten. Sie ist nicht nur ein negatives Gefühl von Schmerz und Traurigkeit, sondern drückt auch eine Befindlichkeit des Menschen aus, die wesentlich zu ihm gehört und die eine Chance sein kann, das Geheimnis der eigenen Existenz zu erahnen.