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In seinem Werk 'Von weltlicher Obrigkeit' präsentiert Martin Luther eine tiefgründige Analyse der Rolle der weltlichen Herrscher und ihrer Legitimation in der Gesellschaft. Luther argumentiert für die Notwendigkeit einer gerechten und gottgewollten Autorität, die im Einklang mit den Gesetzen Gottes handelt. Durch seinen klaren und prägnanten Schreibstil unterstreicht er die Bedeutung von Ethik und Moral in der politischen Führung und reflektiert über die Pflichten sowohl der Herrscher als auch der Untertanen. Das Buch ist ein wichtiger Beitrag zur politischen Theologie der Reformationszeit und zeigt Luthers theologisches Denken in Bezug auf gesellschaftliche Strukturen und Hierarchien auf.
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Seitenzahl: 74
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Ich habe früher ein Büchlein an den deutschen Adel geschrieben und angezeigt, was sein christliches Amt und Werk sei. Aber wie sie sich danach gerichtet haben, liegt genügend vor Augen. Darum muß ich meinen Fleiß anders anwenden und nun schreiben, was sie auch lassen und nicht tun sollen, und hoffe, sie werden sich ebenso (wenig) danach richten, wie sie sich nach jenem gerichtet haben, auf daß sie ja Fürsten bleiben und nimmer Christen werden. Denn Gott der Allmächtige hat unsere Fürsten toll gemacht, daß sie nicht anders meinen, sie könnten tun und ihren Untertanen gebieten, was sie nur wollen, (und die Untertanen irren auch und glauben, sie seien schuldig, dem allem zu folgen), so ganz und gar, daß sie nun angefangen haben, den Menschen zu gebieten, Bücher von sich zu tun, zu glauben und zu halten, was sie vorgeben. Damit vermessen sie sich, sich auch in Gottes Stuhl zu setzen und die Gewissen und den Glauben zu meistern und nach ihrem tollen Gehirn den heiligen Geist zur Schule zu führen. Dennoch verlangen sie, man dürfe es ihnen nicht sagen und solle sie noch gnädige Junker nennen.
Sie schreiben und lassen (Gebots-)Zettel ausgehen, der Kaiser habs geboten (was sie verlangen), und wollen christliche, gehorsame Fürsten sein, gerade, als wäre es ihr Ernst, und als ob man den Schalk hinter ihren Ohren nicht merke. Denn wir sollten wohl sehen: wenn ihnen der Kaiser ein Schloß oder eine Stadt nähme oder sonst etwas, was ihnen nicht recht wäre, wie fein sie sich finden sollten, daß sie dem Kaiser widerständen und nicht gehorsam zu sein brauchten. Nun es aber gilt, den armen Mann zu schinden und ihren Mutwillen an Gottes Wort zu büßen, muß es kaiserlichen Gebotes Gehorsam heißen. Solche Leute nannte man vorzeiten Buben, jetzt muß man sie christliche, gehorsame Fürsten nennen. Wollen dennoch niemand zu Gehör oder zur Verantwortung (für sein Verhalten) kommen lassen, wie sehr man sich auch erbietet; was ihnen doch ein ganz unerträglich Ding wäre, wenn der Kaiser oder jemand anders mit ihnen so verführe. Das sind jetzt die Fürsten, die das Kaisertum in deutschen Landen regieren; darum muß es auch in allen Landen so fein zugehen, wie wir es denn sehen.
Weil denn solcher Narren Wüten zur Vertilgung christlichen Glaubens, Verleugnung göttlichen Wortes und zur Lästerung göttlicher Majestät gereicht, will und kann ich meinen ungnädigen Herrn und zornigen Junkern nicht länger zusehen, muß ihnen zum wenigsten mit Worten Widerstand leisten. Und habe ich ihren Götzen, den Papst, nicht gefürchtet, der mir die Seele und den Himmel zu nehmen droht, muß ich auch zeigen, daß ich seine Schuppen und Wasserblasen nicht fürchte, die mir den Leib und die Erde zu nehmen drohen. Gott gebe, daß sie zürnen müssen, bis die grauen Röcke vergehen, und helfe uns, daß wir vor ihrem Drohen ja nicht sterben. Amen.
Aufs erste müssen wir das weltliche Recht und Schwert gut begründen, daß nicht jemand daran zweifle, es sei durch Gottes Willen und Ordnung in der Welt. Die Sprüche aber, die sie begründen, sind diese: Rom. 13,1–2: »Jedermann sei Untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden über sich ein Urteil empfangen«, ferner 1. Petr. 2, 13–14: »Seid Untertan aller menschlichen Ordnung, es sei dem König, als dem Obersten, oder den Statthaltern, als die von ihm gesandt sind zur Strafe für die Übeltäter und zu Lobe den Rechtschaffenen.«
Auch ist das Recht dieses Schwertes von Anfang der Welt an gewesen. Denn da Kain seinen Bruder Abel erschlug, fürchtete er sich so sehr, man würde ihn wieder töten, daß Gott ein besonderes Verbot darauf legte und das Schwert um seinetwillen aufhob und niemand ihn töten sollte (1. Mose 4, 14 f.). Diese Furcht hätte er nicht gehabt, wenn er nicht von Adam gesehen und gehört hätte, daß man die Mörder töten sollte. Darüber hinaus hats Gott mit ausdrücklichen Worten nach der Sintflut wiederum eingesetzt und bestätigt, da er 1. Mose 9, 6 sagt: »Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll auch durch Menschen vergossen werden.« Das kann nicht als eine von Gott über die Mörder verhängte Plage und Strafe verstanden werden. Denn viele Mörder bleiben durch Buße oder Gunst lebendig und sterben nicht durchs Schwert. Sondern es wird vom Recht des Schwertes gesagt: daß (danach) ein Mörder des Todes schuldig ist und man ihn mit Recht durchs Schwert töten solle. Wenn nun das Recht verhindert oder das Schwert säumig sein würde, so daß der Mörder eines natürlichen Todes stirbt, ist deshalb die Schrift nicht falsch, wenn sie sagt: Wer Menschenblut vergießt, des Blut soll durch Menschen vergossen werden. Denn es ist der Menschen Schuld oder Verdienst, daß solch Recht, von Gott befohlen, nicht ausgerichtet wird, sowie auch andere Gebote Gottes übertreten werden.
Danach ists auch durchs Gesetz des Mose bestätigt worden, 2. Mose 21, 14: »Wer jemand mutwillig tötet, den sollst du von meinem Altar wegreißen, daß er getötet werde«, und daselbst abermals (V. 23–25): »Leben um Leben, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Hand um Hand, Fuß um Fuß, Brandmal um Brandmal, Beule um Beule, Wunde um Wunde.« Darüber hinaus bestätigt es Christus auch, da er zu Petrus im Garten Gethsemane sagt: »Wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen« (Matth. 26, 52), was ebenso wie das Wort 1. Mose 9, 6 zu verstehen ist: »Wer Menschenblut vergießt« usw. Ohne Zweifel deutet Christus mit diesem Wort darauf hin und führt denselben Spruch damit ein und will ihn bestätigt haben. So lehrt auch Johannes der Täufer. Als die Kriegsknechte ihn fragten, was sie tun sollten, sagte er (Luk. 3, 14): »Tut niemand Gewalt noch Unrecht, und lasset euch genügen an eurem Solde.« Wäre das Schwert nicht ein göttlicher Stand, sollte er sie abtreten heißen, sintemal er das Volk vollkommen machen und recht christlich unterweisen sollte. So ist es gewiß und klar genug, wie es Gottes Wille ist, das weltliche Schwert und Recht zu handhaben zur Strafe der Bösen und zum Schutz der Frommen.
Aufs zweite: Dagegen spricht nun mächtig, was Christus Matth. 5, 38–41 sagt: »Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: >Auge um Auge, Zahn um Zahn<. Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern wenn dir jemand einen Streich gibt auf deine rechte Backe, dem biete die andere auch dar. Und wenn jemand mit dir rechten will und deinen Rock nehmen, dem laß auch den Mantel. Und wenn dich jemand nötigt eine Meile, so gehe mit ihm zwei« usw. Ebenso Paulus Röm, 12, 19: »Rächet euch selber nicht, meine Lieben, sondern gebet Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr«; ferner Matth. 5, 44: »Liebet eure Feinde, tut wohl denen, die euch hassen«, sowie 1. Petr. 3, 9: »Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort« usw. Diese und dergleichen Sprüche scheinen jedenfalls deutlich zu sagen, daß die Christen im Neuen Testament kein weltliches Schwert haben sollten.
Deshalb sagen auch die Sophisten, Christus habe des Mose Gesetz damit aufgehoben, und machen aus solchen Geboten »Räte« für die »Vollkommenen« und teilen die christliche Lehre und Stand in zwei Teile: Einen nennen sie den »vollkommenen«, dem eignen sie solche Räte zu, den anderen den »unvollkommenen«, dem eignen sie die Gebote zu. Sie tun das aus lauter eigener Vermessenheit und Mutwillen ohne jede Begründung aus der Schrift und sehen nicht, daß Christus an demselben Ort seine Lehre so nachdrücklich gebietet, daß er auch das Kleinste nicht aufgelöst haben will, und die zur Hölle verdammt, die ihre Feinde nicht liebhaben. Deshalb müssen wir anders davon reden, so daß Christi Worte für jedermann bestimmt bleiben, er sei »vollkommen« oder »unvollkommen«. Denn Vollkommenheit und Unvollkommenheit besteht nicht in Werken, macht auch keinen besonderen äußerlichen Stand unter den Christen, sondern besteht im Herzen, in Glauben und Liebe, so daß wer mehr glaubt und liebt, der ist vollkommen, er sei äußerlich ein Mann oder Weib, Fürst oder Bauer, Mönch oder Laie. Denn Liebe und Glaube machen keine Sekten noch äußerlichen Unterschiede.