Vorsicht Enteignung! - Michael Grandt - E-Book

Vorsicht Enteignung! E-Book

Michael Grandt

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Beschreibung

Was Ihnen der Staat alles wegnehmen kann und wie Sie sich davor schützen

In der EU und in Deutschland werden Billionen Euro zur Bewältigung der Corona- und Wirtschaftskrise benötigt. Doch die Staaten sind klamm. Deshalb fordern jetzt viele Politiker: Ran an die Immobilien und ran an die Privatvermögen.

Niemand ist vor Enteignungen sicher, das gilt heute mehr denn je!

Der Staat wird unzählige Möglichkeiten nutzen, um an die Ersparnisse der Bürger zu gelangen. Bestsellerautor Michael Grandt erklärt auf der Basis von rund tausend Quellen alle Enteignungsgesetze, die heute schon gelten, und hat für Sie zusammengestellt, welche Maßnahmen zu erwarten sind. Herausgekommen ist eine »Horrorliste der Steuern und Abgaben«. Eine Liste mit 41 denkbaren Wegen der Geldbeschaffung. Durch diese Liste wissen Sie schon heute, wo der Staat morgen bei Ihnen abkassieren kann.

Wussten Sie zum Beispiel, dass

  • ein »Lastenausgleich« und eine »Vermögensabgabe« bereits im Grundgesetz stehen?
  • ganze Wirtschaftsbranchen enteignet werden können?
  • Sie auch ohne direkte Enteignung Ihr ganzes Hab und Gut verlieren können?
  • man Sie dazu zwingen kann, Ihr Grundstück zu bebauen und sogar ein Darlehen dafür aufzunehmen?
  • Behörden leer stehende Wohnungen zwangsvermieten können?
  • Ihr Mietrecht enteignet und Sie aus Ihrer Wohnung geworfen werden können?

Michael Grandt beantwortet viele brisante Fragen, über die Sie bewusst nicht aufgeklärt werden:

  • Weshalb kennt kaum jemand das wichtigste Finanz-Enteignungsgesetz und warum wird öffentlich darüber geschwiegen?
  • Was haben Reichsnotopfer, Wehrbeitrag und Hauszinssteuer mit unserer heutigen Situation zu tun?
  • Weshalb ist eine Zwangshypothek auf Ihre Immobilie jederzeit möglich?
  • Welches ist der »gefährlichste« Artikel im Grundgesetz?
  • Wer ist eigentlich der »Enteignungsminister« der Bundesregierung?
  • Wie ist es möglich, dass man mit der verschwiegenen CAC-Klausel Ihre gesamte Altersvorsorge enteignen kann?
  • Was bedeuten die »Notstandsgesetze«, die Ihre Grundrechte in unglaublicher Weise einschränken, gerade in der heutigen Zeit?

Bringen Sie Ihr Vermögen rechtzeitig in Sicherheit. Michael Grandt zeigt Ihnen im Detail, was zu tun ist!

EXKLUSIV
Die Horrorliste der Steuern und Abgaben: 41 Möglichkeiten, wie sich Olaf Scholz Ihr Geld holen wird!

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1. Auflage November 2020 Copyright © 2020 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg Alle Rechte vorbehalten Lektorat, Satz und Layout: Helmut Kunkel Covergestaltung: Nicole Lechner ISBN E-Book 978-3-86445-804-0 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Vorbemerkung des Autors

Wichtige Vorbemerkung des Autors:

Die Aussagen in diesem Buch entsprechen meiner freien Meinung und sind allein meine Ansichten. Meine Werturteile stellen daher eine bloße Meinungsäußerung dar. Fremdbehauptungen werden durch Quellen belegt.

Die Links in den Quellenangaben wurden zum Zeitpunkt der Recherche geprüft und verifiziert. Bei Redaktionsschluss waren die Quellen alle aufrufbar. Sollte dies nach der Drucklegung nicht mehr der Fall sein, so können Online-Artikel oft noch über die Wayback Machine des Internetarchivs (https://archive.org/web/) aufgefunden werden. Für Links, die nach der Veröffentlichung von den Seitenbetreibern gelöscht oder verändert wurden, übernehme ich als Autor keine Verantwortung.

Ich weise ferner darauf hin, dass ich keine Finanzberatung oder Ähnliches ausübe und sich jeder Leser selbst informieren und seine Entscheidungen eigenverantwortlich treffen muss. Die in diesem Buch genannten finanziellen Alternativen sind lediglich meine persönliche Meinung. Wenden Sie sich für rechtlich verbindliche Empfehlungen bitte an lizenzierte Finanzberater oder andere Institutionen.

Widmung

Für Maria

Zitate

»Eigentum ist Diebstahl.«1

— Pierre-Joseph Proudhon

»Dieses Land mutiert immer mehr zur DDR 2. Aber das scheint ja genau das zu sein, was gewollt ist. Einen unmündigen Bürger. der sich alles gefallen lassen muss.«2

— Loewe, Kommentar in: Der Tagesspiegel

»Wer grün wählt, wählt Öko-Marxisten, die kein Problem damit haben, zu enteignen. Das ist verkappter Linksextremismus. Mit freiheitlicher Demokratie hat das wenig zu tun.«3

— Zara K., Kommentar in: Die Welt

»Will man verhindern, dass es politisch Unglückliche gibt, sorge man dafür, dass der Mensch nicht beide Seiten einer Frage kennenlernt, nur eine. Oder noch besser gar keine.«4

— Ray Bradbury

»Je mehr man weiß, desto seltsamer ist alles. Und desto weniger weiß man eigentlich.«5

— Blake Crouch

»Deine Freiheit ist ein Trugschluss, eine Fata Morgana.«6

— Dmitri Alexejewitsch Gluchowski

»Nur die Schwachen lassen sich benutzen.«7

— Matthew Stokoe

VORWORT  Am Anfang ist die Zukunft

Liebe Leser,

in diesem Buch beschreibe ich die vielfältigen Enteignungsmöglichkeiten, die den staatlichen Behörden obliegen, wann sie diese in der Vergangenheit angewandt haben und wie sie sie zukünftig handhaben könnten.

Das Wort »Enteignung« ist hierzulande ähnlich negativ besetzt wie der Begriff »Inflation«. Zu leidvoll sind die Erfahrungen aus unserer Geschichte – ob nun die Geldentwertung in den 1920er-Jahren, die die Ersparnisse unserer Urgroßeltern vernichtete, die Lastenausgleichsgesetze, die die Vermögen unserer Großeltern quasi halbierten, die Währungsreformen von 1948, 1990 und 20018 oder die vielfältigen Enteignungen im Rahmen des verlorenen Krieges, der Wiedervereinigung oder aufgrund von Straßen-, Eisenbahn- und Flughafenbau. Nicht zu vergessen auch die Enteignungen im Zuge des Wohnungsbaus, des Baus von Windkraftanlagen, Atomkraftwerken und Stromleitungen sowie des Bergbaus. Der Staat kann sogar ganze Wirtschaftsbranchen vergesellschaften – und das völlig legal.

Der Begriff »Enteignung« suggeriert also, dass staatliche Behörden uns unser Eigentum wegnehmen. Und genauso war und ist es auch, wenn wir den Verlauf der Geschichte betrachten. Eines kann man aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen: Niemand ist vor Enteignungen sicher.

* * *

Natürlich wollen uns die grün-rot-linken Ideologen weismachen, dass Enteignungen notwendig seien, um Grund- und Bodenspekulationen einzudämmen. Denn genau das passt in ihre Denkweise vom »bösen Spekulanten« und in ihren Kampf gegen das bestehende Finanz- und Wirtschaftssystem. Es ist ein gefährlicher Grat, auf dem wir wandern, denn mittlerweile gibt es immer weniger politische und auch mediale Tabus, was Enteignungen und drohende Vergesellschaftungen anbelangt. In diesem Buch erfahren Sie:

welche Enteignungsgesetze in Deutschland aktuell gelten;

wie Sie auch ohne unmittelbare Enteignung Ihr Eigentum verlieren können;

warum die Grünen nicht einmal vor hochbetagten Menschen haltmachen;

wie sogar Mietrechte enteignet werden können;

wie man Sie unter Androhung von Bußgeld dazu zwingen kann, Ihr Grundstück zu bebauen;

dass man zur Sicherung von Flüchtlingsunterkünften ein Gesetz erließ, mit dem man private Immobilien beschlagnahmen konnte;

warum die »Enteignung« Ihrer Lebensversicherung jederzeit möglich ist;

weshalb das Grundgesetz gar nicht »unser« Grundgesetz ist.

Sie werden während der Lektüre dieses Buches erkennen: Zum Zwecke des »Allgemeinwohls« kann man Ihre Wohnungen und Häuser enteignen; wegen des Baus von Flughäfen, Straßen, Bahnhöfen, Gleisen und Windkrafträdern oder für den Bergbau Ihre Grundstücke konfiszieren. Auch kann man Ihnen wegen der Errichtung von Truppenübungsplätzen und Verteidigungsanlagen Ihren Grund und Boden wegnehmen.

Zu den sachlichen und dinglichen Konfiszierungen und Beschlagnahmungen kommt aber auch noch die finanzielle Enteignung. Sie geht viel subtiler vor sich und tarnt sich geschickt. Und zwar so geschickt, dass man sie häufig gar nicht erkennt.

Außerdem erfahren Sie viele wichtige Details, die Ihnen bisher vielleicht entgangen sind oder über die Sie vorsätzlich nicht aufgeklärt wurden:

warum Behörden Frauen bis zum Alter von 55 Jahren zum Sanitätsdienst zwangsverpflichten können;

was die verschwiegenen Gründe der Euro-Enteignung sind (es ist viel schlimmer, als Sie sich vorstellen können!);

was Reichsnotopfer, Wehrbeitrag und Hauszinssteuer mit unserer gegenwärtigen Situation zu tun haben;

wie Ihre gesamte private Altersvorsorge mit einem Federstrich enteignet werden kann;

warum die Möglichkeiten zu einem »Lastenausgleich« und zu einer »Vermögensabgabe« in unserem Grundgesetz stehen;

weshalb das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz das wichtigste Finanzgesetz der letzten Jahrzehnte ist, warum darüber weitgehend geschwiegen wird und was es speziell für Sie bedeutet.

Was viele außerdem nicht wissen: Zurzeit existieren in Deutschland vier (!) militärische Enteignungs- und Requirierungsgesetze, mit denen die Behörden Ihr Eigentum konfiszieren können. Im Falle eines Krieges, Bürgerkrieges, bei inneren Unruhen oder im Katastrophenfall kann man Ihr privates Eigentum beschlagnahmen. Das nennt man »Requirierung«. Wer sich weigert, dem droht sogar Gefängnis.

All das ist möglich, weil die 1968 verabschiedeten Notstandsgesetze heute noch gelten. Mit ihrer Anwendung kann die Regierung unsere Grundrechte drastisch einschränken. Im Falle der Reisebeschränkungen sowie der Masken- und Abstandspflicht in der Corona-Zeit haben wir das bereits eindringlich vor Augen geführt bekommen.

* * *

Ich habe dem Verlag ein »anderes« Sachbuch versprochen, denn ich war mir der Gefahr bewusst, dass dieses Thema, bei dem sehr viele juristische Fakten eine Rolle spielen, für manche Leser vielleicht etwas zu »trocken« sein könnte.

Deshalb habe ich, ähnlich wie in meiner Publikation Der Staatsbankrott kommt9 einen kleinen »Trick« angewandt und eine fiktive Zeitmaschine »gebaut«, die Sie direkt an die Orte des Geschehens in der Vergangenheit und auch in die Zukunft bringt. So werden Sie »hautnah« miterleben, wie Bundeskanzler Robert Habeck (Die Grünen), Finanzministerin Katja Kipping (Die Linke) und Justizministerin Saskia Esken (SPD) in nicht allzu ferner Zukunft über das gerade beschlossene Vermögensabgabe- und Lastenausgleichsgesetz diskutieren, wie aufgebrachte Bürger den Bau einer Windkraftanlage verhindern wollen und dann von der neu gegründeten Umweltpolizei zusammenknüppelt werden. Sie werden »live« den Tag erleben, an dem der Euro eingeführt wurde, und einiges mehr.

* * *

Um Ihnen das staatliche »Instrument« der Enteignung näherzubringen und zu erklären, musste ich auf wichtige Gesetze eingehen und verschiedene verfassungsrechtliche Begriffe benutzen. Die in der »Beamtensprache« verfassten Paragrafen mögen etwas mühsam zu lesen sein, aber ich erkläre das »Juristendeutsch« und führe viele Beispiele an, um Ihnen leicht verständlich zu illustrieren, was damit gemeint ist. Der Laie mag mir danken, der Fachmann verzeihen.

Als »Highlight« habe ich exklusiv für Sie eine »Horrorliste« von 41 staatlichen Möglichkeiten erarbeitet, die bei der Vermögensumverteilung nach der Corona-, Wirtschafts- und Finanzkrise angewandt werden können, um die gigantischen Schulden zu tilgen, sprich: Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Das finden Sie in dieser Form in keinem anderen Buch.

Das bedeutet für Sie: Sie wissen heute schon, was morgen auf Sie zukommen kann. Dieser Informationsvorsprung kann entscheidend für Ihre wirtschaftliche und finanzielle Zukunft sein.

Zum Schluss erläutere ich Ihnen die Möglichkeiten, wie Sie sich vor einer Enteignung schützen und wie Sie Ihr Vermögen in diesen unruhigen Zeiten sicherer machen können.

Danke, dass Sie zu diesem Buch gegriffen haben. Bitte bleiben Sie mir treu. Nur mit vielen Lesern kann ich meinen Kampf gegen die staatlichen Desinformationen und gegen die »Lückenpresse« fortsetzen, den ich seit nahezu 30 Jahren führe.

Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie für die Zukunft von Herzen alles Gute.

Ihr

Michael Grandt

Zeitmaschine – 20.April 2026

Zeitmaschine

Montag, 20. April 2026, 21:45 Uhr

Sendung hart aber fair, ARD-Studio Berlin (Ausschnitte)

Holger Benjamin, Nachfolger des beliebten Moderators Frank Plasberg, moderiert das Thema: »Die Wirtschaft am Boden – Jetzt kommt die Enteignung!«

Gäste der heutigen Sendung:

Robert Habeck (Die Grünen), Bundeskanzler

Katja Kipping (Die Linke), Finanzministerin

Saskia Esken (SPD), Justizministerin

Björn Höcke (AfD), Parteivorsitzender

Benjamin: Seit der Corona-Krise, die 2020 ihren Anfang nahm und bis heute verheerende Auswirkungen an den Finanzmärkten, aber auch in unserer Wirtschaft verursacht, nehmen die Verarmung und die Arbeitslosigkeit in unserem Land zu. Herr Bundeskanzler, was wollen Sie dagegen unternehmen? Schließlich spüren wir die Konsequenzen seit nun fast genau 6 Jahren.

Habeck: Herr Benjamin, die Lage ist wirklich dramatisch, und ich will hier auch nichts schönreden. Aber ich möchte doch zu bedenken geben, dass wir besser aus der Krise gekommen sind als viele andere Länder um uns herum …

Benjamin: Wenn ich Sie da gleich unterbrechen darf … Sie sprechen von »aus der Krise gekommen«. Für die meisten Menschen sind wir aber noch mittendrin, und die aktuellen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Daten zeigen das ja auch auf.

Habeck: Da haben Sie vollkommen recht, und wie gesagt, ich möchte nichts beschönigen, aber wir dürfen ja auch stolz sein, wie wir uns verhalten haben und noch verhalten.

Benjamin: Ich hoffe, Sie vergessen meine Frage nicht.

Habeck: Die habe ich noch auf dem Schirm.

Benjamin: Also?

Habeck: Bei den Koalitionsgesprächen mit der SPD und den Linken war uns von vornherein klar: Wir müssen jetzt ran ans Eingemachte. Ran an die Vermögen – um das Land zu stabilisieren und die immer größer werdende soziale Schieflage, die unter meiner Vorgängerregierung verursacht wurde, wieder in den Griff zu bekommen.

Benjamin: Sie meinen damit: Starke Schultern tragen mehr als schwache?

Habeck: Ja, genau.

[Esken und Kipping nicken zustimmend.]

Benjamin: Aber ist das nicht eine abgedroschene Redewendung? Die starken Schultern haben uns doch die letzten Jahre über Wasser gehalten.

Esken: Aber nicht genug …

Benjamin: Zu Ihnen komme ich gleich noch, Frau Esken. Also, Herr Habeck?

Habeck: Sie stehen Ihrem Vorgänger, Herrn Plasberg, in der Beharrlichkeit in nichts nach, das muss ich Ihnen lassen. Nun, um hier klar zu antworten: Vermögende und Krisengewinnler müssen künftig mehr zur Kasse gebeten werden.

Höcke: Was heißt das konkret?

Benjamin: Danke, Herr Höcke, diese Frage wollte ich auch gerade stellen.

Kipping: Darf ich antworten?

Benjamin: Sie sind in Sachen Finanzen die erste Frau des Landes, und der Herr Bundeskanzler ist vielleicht froh, wenn Sie ihm die Antwort abnehmen.

[Vereinzeltes Gelächter im Publikum.]

Kipping: Die Lage ist ernst. Trotz der Bemühungen der Vorgängerregierung konnte die wirtschaftliche und finanzpolitische, aber vor allem auch die soziale Stabilität nicht wiederhergestellt werden. Um weitere Schieflagen in unserem Land zu verhindern, müssen wir nun drastischere Maßnahmen ergreifen.

Höcke: Reden Sie doch nicht um den Brei herum, Sie wollen enteignen, enteignen, enteignen, so wie es Ihrer kommunistischen Grundeinstellung entspricht. Sagen Sie das doch den Leuten hier im Studio und an den Bildschirmen.

[Vereinzeltes Klatschen.]

Kipping: Ausgerechnet von Ihnen, Herr Höcke, der mit seiner Partei einen immer härteren rechten Kurs fährt, lasse ich mich hier nicht in die Ecke stellen …

Höcke: Doch, genau da gehören Sie hin!

Benjamin: Herr Höcke, bitte lassen Sie die Finanzministerin ausreden. Das gehört zu den Gepflogenheiten dieser Sendung.

Kipping: Danke, Herr Benjamin.

Benjamin: Ich wiederhole meine Frage von vorhin: Was verstehen Sie unter »drastischen Maßnahmen«?

Kipping: Wir erarbeiten gerade einen Gesetzesentwurf für einen Lastenausgleich und eine Vermögensabgabe.

Benjamin: Sie meinen damit das Vermögensabgabe- und Lastenausgleichsgesetz, das Sie verharmlosend VerLaG nennen …

Höcke: Sie könnten es ganz nach Couleur der SPD ja auch »Gute-Enteignungsgesetz« nennen.

[Zustimmung im Publikum.]

Kipping: Ich wusste gar nicht, dass Sie heute als Komödiant auftreten wollen, Herr Höcke.

Benjamin: Bitte bleiben Sie beim Thema. Worauf müssen sich die Menschen einstellen? Zumal Sie ja mit der SPD und den Linken eine satte Mehrheit im Bundestag und auch im Bundesrat haben.

Kipping: Wir gehen davon aus, dass Immobilienbesitzer weit weniger von der durch die Corona-Pandemie verursachten Wirtschafts- und Finanzkrise betroffen sind als die Ärmeren der Bevölkerung. Deshalb möchten wir einen Lastenausgleich für Immobilienbesitzer von 50 Prozent des berechneten Vermögenswertes, rückwirkend zum 1. Januar 2026, verteilt auf 60 Monate, und eine einmalige Abgabe von 70 Prozent für Vermögende ab einer Million Euro. Also 70 Prozent auf alles, was eine Million übersteigt.

Benjamin: Die Vermögensabgabe betrifft dann so gesehen nur die Millionäre …

[Kipping nickt.]

Benjamin: … der Lastenausgleich aber betrifft jeden Haus- und Wohnungsbesitzer. Da werden jetzt viele Menschen an den Bildschirmen und vielleicht auch hier im Studio zusammenzucken. 50 Prozent auf den berechneten Vermögenswert, zahlbar in 5 Jahren?

Höcke: Staatlicher Diebstahl …

Benjamin: Herr Höcke, bitte gedulden Sie sich noch etwas. Ich möchte zunächst herausarbeiten, was auf uns alle zukommen wird – Frau Kipping, das Lastenausgleichsgesetz von 1952 sah ebenfalls eine Abgabe von 50 Prozent vor, aber verteilt auf 120 Monate. Warum halbieren Sie diese Frist jetzt?

Kipping: Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen. Wir haben keine 10 Jahre Zeit, dazu kommt ja noch die Klimakrise. Lange haben wir uns überlegt, ob wir diese Frist nicht auf 2 Jahre ansetzen sollen.

[Raunen im Publikum, Pfiffe und vereinzelte Buhrufe.]

Benjamin: Sie hören, unsere Zuschauer sind nicht sehr erfreut über Ihre Pläne. Ob nun die Frist 5 oder nur 2 Jahre beträgt, Fakt ist: Die Hälfte des Vermögens ist weg.

Esken: So populistisch würde ich das nicht formulieren.

Benjamin: Dann helfen Sie mir, das besser zu verstehen.

Esken: Der Lastenausgleich betrifft ja nicht alle in der Bevölkerung. Lediglich diejenigen, die Immobilien haben und Vermögen.

Benjamin: Das sind aber eine ganze Menge.

Esken: Sonst hätte dieses Gesetz ja auch keinen Sinn …

[Wieder Pfiffe.]

Esken: Um es ganz klar zu sagen: Es kann nicht angehen, dass die eine Hälfte unserer Gesellschaft kaum Auswirkungen der Krise verspürt, während die andere unter die Räder kommt.

[Vereinzeltes Klatschen.]

Benjamin: Sie scheinen hier zwei, drei Fans zu haben.

Höcke: Das sind die Nutznießer.

Esken: Das ist doch allerhand …

Benjamin: Nun zu Ihnen, Herr Höcke. Wie bewerten Sie die Pläne der rot-rot-grünen Bundesregierung?

Höcke: Das ist staatlicher Raub an privatem Eigentum. Wenn die Regierung versagt, müssen die Bürger die Zeche zahlen.

Benjamin: Wenn man satirisch wäre, könnte man sagen, das Volk, das gewählt hat, hat nun die Regierung bekommen, die es verdient.

Höcke: Ganz so stimmt das nicht, denn im Wahlkampf wurde mit gezinkten Karten gespielt. Das Volk wurde im Unklaren gelassen. Zu der ganzen Enteignungsorgie und der kommunistischen Gleichmacherei kommt ja auch noch die Klimahysterie, der Umbau unserer Gesellschaft und der Verlust eigener Ressourcen …

Benjamin: Dieses Thema hatten wir letzte Woche in der Sendung. Bleiben wir bei den Enteignungen. Finden Sie das gut?

Höcke: Natürlich nicht. Familien, die sich ihr ganzes Leben etwas aufgebaut haben, sind jetzt die Dummen.

Benjamin: Aber etwas ist ja schon dran an dem Argument, dass der, der mehr hat, in schwierigen Zeiten auch etwas mehr leisten sollte.

Höcke: Nein.

Benjamin: Warum nicht? Erklären Sie es uns.

Höcke: Das ist ganz einfach. Jeder ist für sein Leben verantwortlich. Jeder hat die Möglichkeit, etwas aus sich zu machen. Aber gerade jene aus dem linken Spektrum bevorzugen es, sich mit immer mehr staatlichen Alimentierungen durchs Leben zu mogeln. Der Staat soll alles richten. Das ist falsch. Wer etwas leistet, sollte nicht bestraft, sondern belohnt werden. Aber das ist in unserem Land seit Jahrzehnten so: Wer fleißig ist, wird bestraft – und jetzt sogar enteignet. Wer faul ist, wird belohnt …«

[Buhrufe und Klatschen.]

Habeck: Da muss ich einfach etwas dazu sagen, Herr Benjamin, wenn Sie erlauben.

Benjamin: Herr Bundeskanzler, Sie haben das Wort.

Habeck: Die AfD hat es immer noch nicht verstanden: Es geht nicht um die Spaltung der Gesellschaft, sondern um ihre Einigung.

Benjamin: Und die Lastenabgabe wird das Volk einigen? Sind Sie sich da ganz sicher?

Habeck: Es ist wichtig, dass wir den Menschen erklären, worum es geht: Es geht um den Zusammenhalt in der Gesellschaft, um den Abbau von Vorurteilen und um die Finanzierung und Stabilisierung unserer Sozialsysteme, wovon letztlich alle etwas haben.

Kipping: Auch Sie, Herr Höcke.

[Vereinzeltes Gelächter.]

Habeck: Ganz im Ernst: Wir müssen aufpassen, dass uns der Laden nicht um die Ohren fliegt. Deshalb müssen wir diese Maßnahmen ergreifen. Als ich vereidigt wurde, habe ich geschworen, meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm zu wenden …

Höcke: Das »So wahr mir Gott helfe« haben Sie bei der Vereidigung aber vergessen oder wollten es nicht sagen …

[Gelächter.]

Habeck: Sie sind heute wirklich ein Komödiant, Herr Höcke, und beweisen dadurch, dass Sie und Ihre Partei in so einer ernsten Situation nur billige Witze reißen können.

Höcke: Mit Verlaub, Herr Bundeskanzler, etwas anderes fällt mir zu Ihnen und Ihrer Politik auch nicht ein.

Benjamin: Wir sollten das Thema im Auge behalten. Herr Habeck, Sie haben immer noch das Wort.

Habeck: Es gibt keinen anderen Weg als einen Lastenausgleich, und zwar schnell. Wir werden das Gesetz noch innerhalb der nächsten 4 Wochen verabschieden.

[Esken und Kipping nicken zustimmend.]

Benjamin: Ich nehme an, die Regierung steht zu dem, was sie ankündigt?

Habeck: So wahr mir Gott helfe.

KAPITEL 1  Was bedeutet »Enteignung«?

Begriff

Das Bundesverfassungsgericht definiert »Enteignung« so:

Die Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinn ist auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG [siehe unten; MGR10] zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet.11

Im Jura-Forum lesen wir:

Als »Enteignung« wird der Entzug des Eigentums an einer beweglichen oder unbeweglichen Sache durch den Staat bezeichnet. Diese hat im Rahmen der Gesetze sowie gegen Zahlung einer Entschädigung zu erfolgen. […] Gemäß Art. 14 GG hat zwar jeder Bürger einen Anspruch auf Eigentum, ist aber gleichzeitig dazu verpflichtet, dem Allgemeinwohl zu dienen. So hat der Gesetzgeber individuell die Interessen abzuwägen und zu entscheiden, welches Recht Oberhand hat; das bedeutet, es ist immer eine Einzelfallentscheidung. So ist also eine Enteignung als eine rechtmäßige Entziehung des Eigentums zum Wohle der Allgemeinheit anzusehen, welche durch einen staatlichen Hoheitsakt erfolgt. Zu beachten ist, dass sie nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen darf, welches auch die Art und die Höhe der Entschädigung regelt.12

Das Gabler Wirtschaftslexikon beschreibt den Begriff wie folgt:

Enteignung ist die vollständige oder teilweise Entziehung vermögenswerter Rechtspositionen im Sinn des Art. 14 | 1 GG (Eigentum) durch einen gezielten hoheitlichen Rechtsakt zum Wohl der Allgemeinheit, das heißt zur Erfüllung bestimmter öffentlichen Aufgaben. Die Enteignung erfolgt durch Verwaltungsakt aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung) oder unmittelbar durch Gesetz (Legalenteignung), das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit von den Beteiligten zu bestimmen (Art. 14 III GG).13

Von Enteignung wird also immer dann gesprochen, wenn ein Entzug einer unbeweglichen (z. B. Immobilien) oder beweglichen Sache (z. B. Gegenstände) auf juristischer Basis durch den Staat erfolgt.14

Merke: Die Enteignung kann sich sowohl auf privates wie auch auf wirtschaftliches Eigentum beziehen.15

Die gesetzlichen Grundlagen werden von den einzelnen Bundesländern festgesetzt, somit gibt es keine einheitliche Gesetzesbestimmung.16 Es wird zwischen zwei verschiedenen Arten unterschieden:

Legalenteignung: Sie ist aufgrund eines neuen Gesetzes möglich, das dazu erlassen wird. Die Legalenteignung greift in konkrete und individuelle Rechtspositionen ein und weicht vom typischen Gesetz ab. Sie ist also auf eine Entscheidung seitens des Parlaments zurückzuführen und wird ohne weiteren Vollzugsakt wirksam, sobald das Gesetz in Kraft tritt. Betroffene können nur mithilfe einer Verfassungsbeschwerde gegen das anordnende Gesetz vorgehen.17

Administrativenteignung: Sie ist aufgrund eines Verwaltungsaktes bezüglich eines bereits bestehenden Gesetzes möglich.18 Eine Administrativenteignung ist auf eine Entscheidung der Verwaltung zurückzuführen und nicht auf eine unmittelbare Entscheidung des Parlaments. Sie ist jedoch nur rechtmäßig, wenn sie auf einem formellen Gesetz beruht.19

Gesetze, auf deren Grundlage eine Enteignung bzw. Requirierung möglich ist, finden sich beispielsweise im:

Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG)

Baugesetzbuch (BauGB)

Bundesfernstraßengesetz (FStrG)

Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG)

Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

Luftverkehrsgesetz (LuftVG)

Landbeschaffungsgesetz (LBG)

Schutzbereichgesetz (SchBerG)

Bundesleistungsgesetz (BLG)

Verkehrsleistungsgesetz (VerkLG)

Rettungsübernahmegesetz (RettungsG)

Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)

in den Landesstraßengesetzen20

Eine Enteignung ist also eine sehr komplexe Sache, die von vielen verschiedenen Parametern abhängt. Ich werde später die wichtigsten Punkte erklären. Zunächst wende ich mich jedoch dem geschichtlichen Hintergrund zu.

Historische Wurzeln

Schon das Römische Recht kannte das Institut der Enteignung. Römisches Recht galt zunächst in Rom und später im ganzen römischen Weltreich. Das Corpus Iuris Civilis21 (»Bestand des zivilen Rechts«) umfasst ein Gesetzeswerk, das von 528 bis 534 n. Chr. im Auftrag des oströmischen Kaisers Justinian I.22 zusammengestellt wurde. Das hochkomplexe Recht, das in einer Vielzahl von Rechtsquellen (alten Gesetzen, Kaisersprüchen, Schriften von Juristen usw.) verstreut existierte, sollte schließlich in einem Werk zusammengefasst werden.23 Erstmals veröffentlicht wurde dieser Codex im Jahr 529. Aber erst am 30. Dezember 533 erlangte eine modifizierte Zweitauflage Gesetzeskraft. Diese Fassung ist die bis heute bekannte.24

Im 18. Jahrhundert wurde die Enteignung als Rechtsinstitut quasi »wiederentdeckt«, und zwar in Schweden. Im Jahr 1743 wurde dort die Möglichkeit der Enteignung für den Straßen- und Wegebau geschaffen. Aber auch in Frankreich war das Thema kein Tabu mehr.

Nach der Erklärung der Rechte der Verfassung von 1793 war das Eigentum »das Recht, sein Vermögen, seine Einkünfte, den Ertrag seiner Arbeit und Erwerbstätigkeit zu genießen und nach Belieben darüber zu verfügen«, und im Code Napoleon, Art. 544 ist zu lesen: »Das Eigentum ist das Recht, seine Sache völlig uneingeschränkt zu gebrauchen und über sie zu verfügen, vorausgesetzt, dass man davon keinen durch Gesetze und Verordnungen verbotenen Gebrauch macht.«25

Das französische Enteignungsgesetz von 181026 hatte großen Einfluss auf die internationale Entwicklung dieses Rechts und ging auch in sozialphilosophische Ideen ein.

Hintergrund: »Eigentum ist Diebstahl«

Vom französischen Sozialreformer und Theoretiker Pierre-Joseph Proudhon27 stammt das Zitat: »Eigentum ist Diebstahl«28, das noch heute in den Reihen von Anarchisten und Linken herumgeistert. In seiner Schrift Qu’est-ce que la propriété? Ou recherches sur le principe du droit et du gouvernement (deutsch: Was ist das Eigentum? Erste Denkschrift – Untersuchungen über den Ursprung und die Grundlagen des Rechts und der Herrschaft) zieht Proudhon den Schluss: »Solange Eigentum Privilegien birgt, solange bedeutet privilegiertes – also erpresserisches – Eigentum Diebstahl.«29

Proudhon argumentierte, wenn man politische Gleichheit haben wolle, müsse man das Eigentum abschaffen.30 Er ging ebenso davon aus, dass man außer den persönlichen Arbeitsmitteln lediglich diejenigen Güter besitzen dürfe, die man durch eigene oder kollektive Arbeit hergestellt oder im Tausch dafür erworben habe. Ferner wollte er die Ausbeutung der Arbeitskraft anderer unterbinden, um eine daraus resultierende Kapitalanhäufung und Machtkonzentration zu verhindern.31 Der Franzose trat auch für den freiwilligen Zusammenschluss dezentral organisierter, überschaubarer Einheiten ein, für ein herrschaftsfreies System ohne Staat und Kirche.32

Damit gab der Sozialreformer bis in die heutige Zeit eine exakte Vorlage für die wirren Gedanken von Linken, Autonomen und Anarchisten.

Im deutschsprachigen Raum finden sich im Preußischen Allgemeinen Landrecht bereits 179433 erste umfassende Regelungen der Enteignung. Dort heißt es:

§. 4. Auch der Staat ist jemanden zum Verkaufe seiner Sache zu zwingen nur alsdann berechtigt, wenn es zum Wohl des gemeinen Wesens notwendig ist.

§. 5. Zur Anlegung oder Verbreitung einer öffentlichen Landstraße oder eines schiffbaren Kanals oder Flussbettes können die Besitzer der angrenzenden Grundstücke so viel davon, als zu diesem Behufe erfordert wird, dem Staate käuflich zu überlassen gezwungen werden.34

Dass sich gerade die Verfassungen des 19. Jahrhunderts mit dem Zugriff des Staates auf das Privateigentum beschäftigten, ist nicht verwunderlich. Denn die Freiheitslehren des politischen und ökonomischen Liberalismus brachten die Idee der individuellen Freiheit mit der Idee des Privateigentums in Verbindung. Sie begriffen das Privateigentum und die Staatsgewalt als prinzipiell autonome Bezirke und unterschieden zwischen der privaten Rechtssphäre und dem staatlichen Aktionskreis.35 Die Eigentumsgarantie sollte dabei die Grundlage für die eigenverantwortliche wirtschaftliche Entfaltung des Individuums bilden und einer wettbewerblichen Wirtschaftsordnung Vorschub leisten.36

Diese Vorstellungen fanden Eingang in die Verfassungstexte, die die Freiheit des Eigentums garantierten und den Bürger vor willkürlichen Enteignungen schützen wollten. Genau das kam in Artikel 17 der Französischen Menschenrechtserklärung von 1789 zum Ausdruck: Demnach konnte das Eigentum niemandem entzogen werden, es sei denn, dass die gesetzlich festgestellte öffentliche Notwendigkeit dies augenscheinlich erforderte, aber unter der Bedingung einer vorherigen gerechten Entschädigung.37

Im österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) von 1811 regelte der Paragraf 365 die Entschädigung, wenn der Staat enteignet.38 Als erste deutsche Staaten erließen Baden (1835) und Bayern (1837) eigenständige Enteignungsgesetze. Es folgten Württemberg (1888), Mecklenburg (1890), Hessen (1894), Oldenburg (1897) und Sachsen (1902).39

Nach der Reichsverfassung vom 11. August 1919 übernahm dann das Reich die Gesetzgebung über Enteignungen.40 Artikel 153 der Weimarer Verfassung lautete:

Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen. Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgt gegen angemessene Entschädigung, soweit nicht ein Reichsgesetz etwas anderes bestimmt. Wegen der Höhe der Entschädigung ist im Streitfalle der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten offen zu halten, soweit Reichsgesetze nichts anderes bestimmen. Enteignung durch das Reich gegenüber Ländern, Gemeinden und gemeinnützigen Verbänden kann nur gegen Entschädigung erfolgen. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich Dienst sein für das Gemeine.41

Das wichtigste Anwendungsfeld für Enteignungen waren damals der Eisenbahn- und Schifffahrtskanalbau, später kamen der Fernstraßenbau und in der Weimarer Republik das Thema Fürstenenteignung42 hinzu. In der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 trafen staatliche Enteignungsmaßnahmen im Rahmen der »Arisierung« vor allem Juden, aber auch staatsfeindliche Organisationen und Personen.43

Aber auch in der Nachkriegszeit gab es Enteignungen. Die Siegermächte vollführten einen wahren Raubbau am deutschen Eigentum. Zahlreiche Industrieanlagen wurden abgebaut und landwirtschaftliche Grundstücke – zum Teil gewaltsam – konfisziert. Der Gesamtwert der demontierten Industrieanlagen betrug rund 10 Milliarden D-Mark.44 Eine gigantische Summe!

In unser Grundgesetz, das am 23. Mai 1949 in Kraft trat, wurde die Möglichkeit von Enteignungen ebenfalls aufgenommen.

»Enteignung« steht im Grundgesetz

Artikel 14: Enteignungen zum Wohle der Allgemeinheit

Die meisten von uns kennen die allgemeine Phrase vom Eigentum, das verpflichtet, die aktuell von so vielen Politikern (hauptsächlich linker Couleur) benutzt wird. Doch was bedeutet das überhaupt? Ist es so lapidar, wie es sich anhört, oder was steckt wirklich dahinter? Interessante Fragen vor allem für jene, die Eigentum wie Immobilien oder Grundstücke besitzen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist Artikel 14 unseres Grundgesetzes (Hervorhebungen durch mich):

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.45

Sie sehen: Enteignungen sind »zum Wohle der Allgemeinheit« zulässig. In dieser schwammigen Formulierung liegt meiner Ansicht nach das Problem, und genau das hat schon unzählige Gerichte beschäftigt und beschäftigt sie bis heute.

Hintergrund: Ist »Eigentum zu haben« ein Grundrecht?

Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist das Grundrecht auf Eigentum eines der schwächsten Grundrechte in unserem Grundgesetz, denn der Inhalt des Eigentums wird durch den Gesetzgeber definiert. Daraus folgt: Wenn der Gesetzgeber Regeln zum Gebrauch des Eigentums aufstellt, hat der Eigentümer diese grundsätzlich zu akzeptieren.46

Artikel 14 Abs. 1 GG gewährleistet zwar das Eigentum, erläutert jedoch nicht genau, was mit Eigentum gemeint ist. Das ist wiederum im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt,47 und zwar in § 903:

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.48

Die Verfassung hat jedoch ein weiter gefasstes Bild vom Eigentum als das des einfachen Rechts. Eigentum im Sinne von Artikel 14 Abs. 1 GG sind alle vom Gesetzgeber gewährten konkreten vermögenswerten Rechte49 (siehe unten).

Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Eigentum in diesem Sinne so:

Seinem rechtlichen Gehalt nach ist es gekennzeichnet durch Privatnützigkeit, d. h. durch die Zuordnung zu einem Rechtsträger, in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen Interesse »von Nutzen sein soll«, und durch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Art. 14 GG gewährleistet Eigentum sowohl als Rechtsinstitut wie auch in seiner konkreten Gestalt in der Hand des einzelnen Eigentümers. Unter die Garantie des Eigentums nach Art. 14 | 1 GG fallen neben dem Sacheigentum des Bürgerlichen Rechts z. B. Forderungen, Aktien, Urheberrechte, Versicherungsrenten oder Rentenanwartschaften, nicht aber das Vermögen als solches, Geld im Sinn einer Wertgarantie, Gewinnchancen, Verdienstmöglichkeiten.50

Daraus folgt: Der grundgesetzliche Eigentumsschutz hängt zuerst davon ab, dass überhaupt gesetzliche Regelungen bestehen. Sie bestimmen nach Artikel 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Inhalt und die Schranken des Eigentums. So wird nicht nur geregelt, welche Rechtspositionen es geben kann, sondern auch, wie weit sie geschützt sind.51

Zu den vom Eigentumsgrundrecht geschützten Rechten gehören Forderungen (etwa gegen eine Bank auf Auszahlung eines Sparguthabens), das Eigentum im Sinne des Zivilrechts (also Eigentum an beweglichen Sachen und Grundeigentum), aber auch Ansprüche gegenüber dem Staat, wie beispielsweise der Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der Sozialversicherung.52

Beschränkungen der Ausübung des Eigentums

Das Eigentum kann aber auch »beschränkt« werden:

Schikaneverbot: Dies ist das in Paragraf 226 BGB ausgesprochene Verbot, ein Recht lediglich zu dem Zwecke auszuüben, einem anderen Schaden zuzufügen.53Beispiele:

Bau einer Garage ohne Rücksichtnahme auf Anwohner.54

Unangemessener Baulärm.55

Notwegerecht bei fehlender Verbindung zu einem öffentlichen Weg.56

Unzulässige Zwangsvollstreckung.57

Verstöße gegen das Abstandsflächenrecht.58

Unterlassung der Errichtung von Zäunen des Nachbarn59 usw.

Verbot der unzulässigen Rechtsausübung: Gemeint ist die Ausübung eines formell bestehenden Rechts, die dem Grundsatz von Treu und Glauben (nach Paragraf 242 BGB) zuwiderläuft.60 »Treue« heißt so viel wie »Zuverlässigkeit« und »Rücksichtnahme«. »Glauben« ist das Vertrauen in die »Treue« des anderen.61

Das bedeutet: Der Schuldner hat die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (»gewöhnlicher Umgang«)62 es erfordern. Das gilt heute als allgemeiner Rechtsgrundsatz auf allen Gebieten des Privatrechts, in manchen Fällen auch im öffentlichen Recht. Der Gesichtspunkt von Treu und Glauben kann zur Begründung, Abänderung oder zum Wegfall von Rechten und Pflichten führen.63Beispiele:

Ein Kunde sagt zu, eine Ware abzuholen und dann zu bezahlen; der Verkäufer kann dann von einem Kaufvertrag ausgehen, der vom Kunden erfüllt werden muss.64

Wenn ein Vertragspartner weiß, dass der andere ihm eine Kündigungserklärung schicken will, aber die Annahme des Briefs verweigert, dann gilt das als Verstoß gegen Treu und Glauben, die Kündigung gilt als zugestellt.65

Es obliegt einem früheren Arbeitgeber, wahrheitsgemäße Auskünfte an den gegenwärtigen Arbeitgeber des Arbeitnehmers zu erteilen.66

Nachbarrecht: Das Eigentumsrecht des Nachbarn ist zu akzeptieren (Paragraf 906 ff. BGB). Neben diesem privaten Nachbarrecht ist auch das öffentliche Nachbarrecht (z. B. öffentliches Baurecht) zu beachten.67Beispiele:

Unzulässige Gase, Dämpfe, Gerüche, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusche und Erschütterungen, die das Leben des Nachbarn beeinflussen.68

Anlagen, deren Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf das Nachbargrundstück zur Folge hat.69

Wenn durch Einsturzgefahr oder durch Ablösung von Teilen des Gebäudes Gefahr für das Nachbargrundstück besteht.70

Ein Grundstück darf nicht so vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, usw.71

Notwehr und Notstand: Siehe Kapitel 10 → »Wenn Kriege oder Katastrophen ausbrechen – So kann das Militär Ihr Eigentum beschlagnahmen«.

Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (siehe unten) schränkt den Schutzbereich des Eigentums72 ein, indem sie verfassungsrechtliche Inhalts- oder Schrankenbestimmungen ausspricht.73 Sie beschreibt die Pflichten und Beschränkungen des Eigentums.74

Vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Anerkennung des Privateigentums und einer entsprechenden Verfügungsfreiheit wird aber auch gefordert, dass der Gebrauch des Eigentums dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen bzw. ihm zugutekommen soll.75

Merke: Sie können über Ihr Eigentum nicht völlig frei verfügen, denn der Gesetzgeber bestimmt über diesbezügliche Schranken.

Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums muss vor allem der Gesetzgeber berücksichtigen, wenn er regelt, was Eigentum ist und wie weit es geht.

Beispiel: Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung des Mietrechts sowohl die Interessen der Eigentümer als auch die Interessen der Mieter in einen gerechten Ausgleich bringen.76

In der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Sozialbindung verschiedentlich konkretisiert worden. Etwa, dass nicht jedes Eigentum einer solchen Bindung unterliege, sondern nur solches, das soziale Relevanz habe, was die Sache jedoch nicht unkomplizierter macht.77

Auch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages haben sich mit der Frage der Sozialpflichtigkeit befasst und kamen zu folgendem Ergebnis (Hervorhebungen durch mich):

Die Eingriffsberechtigung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ermöglicht es dem Gesetzgeber, Inhalt und Schranken von Eigentum zu bestimmen. Der Begriff der Inhalts- und Schrankenbestimmung erfasst alle rechtlichen Regelungen, mit denen der Gesetzgeber Eigentum im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis abstrakt-generell definiert. Bei der Ausgestaltung der Eigentumsordnung hat der Gesetzgeber dem Zweck und der Funktion der Eigentumsgarantie und ihrer Bedeutung im Gesamtgefüge der Verfassung Rechnung zu tragen.

Dabei muss er die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung von Eigentümerinteressen oder des Sozialbezugs des Eigentums stünde mit dem Eigentumsmodell des Grundgesetzes nicht in Einklang.78

Weiter:

Bei der Suche nach einer ausgewogenen Eigentumsordnung verfügt der Gesetzgeber grundsätzlich über einen weiten Gestaltungsspielraum. Dient das Eigentum der unmittelbaren persönlichen Lebensführung, ist der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit beschränkter, als wenn das Eigentum einen sozialen Bezug hat, d. h. sein Gebrauch dem Wohl der Allgemeinheit dient. Inhalts-und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG sind dann verfassungsmäßig, wenn sie einen sachgerechten Ausgleich der unterschiedlichen Interessen nach Verhältnismäßigkeitskriterien bewirken, unter Berücksichtigung insbesondere des personalen Bezugs des Eigentums einerseits, seiner Sozialbindung andererseits, die Eigenart des jeweiligen Gutes und seiner Bedeutung für den Eigentümer wie die Allgemeinheit.79

Und weiter:

In die Abwägung des Gesetzgebers muss die Bedeutung der vermögenswerten Rechtsposition für den Eigentümer einfließen. Stellt sich das Eigentum als Element der Sicherung der persönlichen Freiheit dar, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts-und Schrankenbestimmung reicht umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion steht. Demzufolge muss der Gesetzgeber, einzelfallbezogen, die widerstreitenden Interessen abwägen, wenn er den Inhalt und die Schranken des Eigentums nach Art 14 Abs. 1 S. 2 GG bestimmt. Er muss die Gesamtumstände des konkreten Falles in seiner Abwägung berücksichtigen. Wenn das Eigentum unmittelbar nur der persönlichen Lebensführung dient, ist sein Gestaltungsspielraum nicht so weit, als wenn das Eigentum auch dem Wohl der Allgemeinheit dient.80

Ganz vereinfacht ausgedrückt bedeutet Artikel 14 Grundgesetz:

Was uns gehört, darf man uns nicht einfach so wegnehmen.

Der Staat schützt unser Eigentum.

Aber:

Eigentum ist eine Verpflichtung, das bedeutet: Es soll so genutzt werden, dass es allen nützt. Beispiel: Wer eine Fabrik besitzt, der soll Menschen Arbeitsplätze anbieten. Wer viele Häuser hat, der soll Wohnungen vermieten, damit andere Menschen dort wohnen können. Wer viel Geld hat, der muss Steuern zahlen, damit der Staat diese dann für die Allgemeinheit einsetzen kann.

Der Artikel sagt zudem: Es gibt eine Ausnahme. Der Staat kann in wichtigen Fällen Eigentum enteignen. Zum Beispiel: Der Staat kann ein Grundstück wegnehmen, wenn eine wichtige Straße gebaut werden soll. Der Staat darf jedoch nur etwas enteignen, wenn es ein entsprechendes Gesetz dazu gibt.

Der Staat muss jedoch eine Entschädigung anbieten.81 Die Ausgleichszahlung kann jedoch auch unter dem aktuellen Marktwert liegen (dazu komme ich noch). Dann bleibt dem Betroffenen nur die Möglichkeit, die Zahlung zu akzeptieren oder vor Gericht zu klagen.82

Die »klassische Enteignung« nach Artikel 14, Abs. 3 GG ist hierzulande üblich. Sollen beispielsweise Straßen gebaut oder Kohle gefördert werden, dann darf grundsätzlich per Enteignung in das Grundrecht auf Eigentum eingegriffen werden. So kann es sein, dass die Eigentümer von angrenzenden Grundstücken enteignet werden, allerdings nur »zum Wohle der Allgemeinheit«. Doch jeder dieser Eingriffe muss »verhältnismäßig« sein. Das bedeutet, es darf kein »milderes« Mittel geben, das den gleichen Effekt hat.

Artikel 14 unseres Grundgesetzes ist allgemein bekannt. Weniger beachtet wird allerdings Artikel 15 GG, der Eigentümer sogar noch schlimmer treffen kann.

Artikel 15: Sozialisierungen zum Zwecke der Vergesellschaftung

Artikel 15 Grundgesetz lautet (Hervorhebungen durch mich):

Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.83

Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt dazu (Hervorhebungen durch mich):

Nicht nur durch die Enteignung, auch im Sozialisierungsartikel 15 GG sieht das Grundgesetz die Entziehung von Eigentum vor. Mit ihr würden nicht wie bei der Enteignung nur bestimmte Eigentumspositionen im Einzelfall entzogen, sondern die genannten vergesellschaftungsfähigen Güter insgesamt, mit dem Ziel, sie in die Gemeinwirtschaft zu überführen. Dies bedeutet, dass die Güter nicht mehr zum privaten Gewinnstreben eingesetzt werden, sondern ihre Nutzung unmittelbar der Allgemeinheit zugutekommt, wobei auch hier eine Entschädigung vorgesehen ist.84

Artikel 15 GG eröffnet mit anderen Worten für die Rechtsgüter Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel die Option, diese in Gemeineigentum oder auch in andere Formen der Gemeinwirtschaft zu überführen.

Merke: Das Grundgesetz lässt für bestimmte Rechtsgüter eine Vergesellschaftung zu.

Die Aufzählung der genannten Rechtsgüter ist abschließend, das wird auch in der juristischen Literatur nicht bestritten.85

Ganz vereinfacht ausgedrückt, bedeutet Artikel 15:

Der Staat kann Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel vergesellschaften. Beispiele für Grund und Boden: Wiesen oder Wald. Beispiele für Naturschätze: Kohle- oder Erzbergwerke. Beispiele für Produktionsmittel: Fabriken.

Vergesellschaften heißt, ein Bergwerk oder eine Fabrik gehören den Menschen gemeinsam, und sie verwalten diese zusammen.86

Was unter Grund und Boden sowie Naturschätzen zu verstehen ist, ist in der juristischen Literatur relativ klar. Unter Naturschätze fallen Kohle, Erdöl oder Eisenerze und wirtschaftlich nutzbare Naturkräfte wie Wasserkraft oder Windenergie.87

Ganz anders verhält es sich bei der Auslegung des Rechtsgutes »Produktionsmittel«, auch im Hinblick auf eine digitalisierte Welt. Darüber ist ein regelrechter juristischer Streit entstanden. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die auf die Debatten im Parlamentarischen Rat zur Entstehung des Grundgesetzes abstellen (siehe → »Hintergrund: Unser Grundgesetz musste von den Siegermächten ›genehmigt‹ werden«), in denen es lediglich um Schlüsselindustrien gegangen und der Dienstleistungssektor ausgenommen worden sei.88

Andere wiederum folgern aus dem Wortlaut von Artikel 15 GG, dass damit sämtliche Mittel zur Produktion oder Bereitstellung von Wirtschaftsgütern und damit auch Handels- und Dienstleistungsunternehmen erfasst seien.89

Für Vertreter der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung ist jedoch klar (Hervorhebungen durch mich):

Der Vorteil der Enteignung gegenüber der Vergesellschaftung ist, dass diese nicht auf bestimmte Rechtsgüter beschränkt ist. Andererseits findet mit einer Enteignung nicht zwingend die Überführung in Gemeineigentum oder andere Formen der Gemeinwirtschaft statt. Enteignung bedeutet deshalb nicht, dass Eigentum zwangsläufig demokratischer kontrolliert und eingesetzt wird. Vergesellschaftung hingegen mit der strengen Bindung an die Überführung in Gemeinwohl oder andere Formen der Gemeinwirtschaft ist der umfassendere gesellschaftsverändernde Ansatz. Und gerade deshalb wollen Marktliberale den Art. 15 GG lieber heute als morgen abschaffen.90

Und weiter:

Die historisch bedingte Beschränkung der Vergesellschaftung auf bestimmte Rechtsgüter stellt eine Herausforderung für die Zukunft dar. Aufgabe linker Jurist*innen muss es sein, für einen weiten Begriff des vergesellschaftungsfähigen Rechtsgutes Produktionsmittel einzutreten und dies gegebenenfalls auch juristisch durchzukämpfen. Nur so wird es gelingen, den Art. 15 GG auch für die Vergesellschaftung der für eine digitalisierte Welt zentralen Produktionsmittel Patente und Algorithmen anwendbar zu halten.91

Die Linken wollen sich also dafür einsetzen, dass eine Vergesellschaftung zukünftig auf möglichst viele Produktionsmittel angewendet werden kann.92 Eine »Überführung in Gemeineigentum« nach Artikel 15 soll demnach dazu dienen, den Staat selbst dauerhaft an die Stelle eines Unternehmers zu setzen und ihm damit mehr Handlungsspielraum zu gewähren. Dagegen soll eine Enteignung nach Artikel 14 lediglich in einzelnen Fällen ein Hindernis für das Interesse der Allgemeinheit aus dem Weg räumen.93

Warum gibt es Artikel 15 überhaupt?

Als das Grundgesetz 1949 »beschlossen« wurde, gab es unterschiedliche Meinungen über die zukünftige Wirtschaftspolitik in Westdeutschland. Manche politischen Vertreter waren der Auffassung, die Wirtschaftsunternehmen müssten allen Menschen gemeinsam gehören,94 andere teilten diese Meinung wiederum nicht. Demnach ist Artikel 15 im Jahr 1949 vom Parlamentarischen Rat95 als Ausdruck der »Offenheit« in Bezug auf die künftige Wirtschaftsverfassung Deutschlands eingeführt worden. Damals wollte man auch planwirtschaftliche Entwicklungen noch nicht ausschließen,96 denn die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien war in jener Zeit ein breit diskutiertes Thema.

Auch die Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich standen der deutschen Industrie wegen ihrer ehemaligen Verbundenheit mit dem NS-Regime skeptisch gegenüber.97 Doch die Vergemeinschaftung ließ sich in Westdeutschland nicht umsetzen. Dennoch steht Artikel 15 nach wie vor in unserem Grundgesetz.

Hintergrund: UnserGrundgesetzmusste von den Siegermächten »genehmigt« werden

Manche mögen es nicht wissen, manche mögen es nicht glauben. Aber unser so hoch gelobtes Grundgesetz führt eigentlich die Siegergeschichtsschreibung fort, denn es ist keine Verfassung, die wir uns Deutsche »eigenständig« gegeben haben, wenn es auch medial und politisch so »verkauft« wird. Doch ganz im Gegensatz zu den politisch korrekten Verlautbarungen musste unsere Verfassung von den westlichen Siegermächten erst »genehmigt« werden. Zudem hatten diese auch noch verschiedene »Vorbehalte«, die der Kriegsverlierer Deutschland natürlich »ändern« musste, damit seine Verfassung letztendlich »genehmigt« wurde.

Hier der Text des Schreibens der Militärgouverneure der drei Westzonen an den Präsidenten des Parlamentarischen Rates und späteren Bundeskanzler Konrad Adenauer. Achten Sie auf die Diktion, die alles aussagt (Hervorhebungen durch mich):

Herrn Dr. Konrad Adenauer

Präsident des Parlamentarischen Rates

Bonn

Sehr geehrter Herr Dr. Adenauer!

1. Das am 8. Mai vom Parlamentarischen Rat angenommene Grundgesetz hat unsere sorgfältige und interessierte Aufmerksamkeit gefunden. Nach unserer Auffassung verbindet es in glücklicher Weise deutsche demokratische Überlieferung mit den Prinzipien einer repräsentativen Regierung und einer Rechtsordnung, die die Welt als für das Leben eines freien Volkes unerlässlich betrachtet.

2.Indem wir die Verfassung genehmigen, damit sie gemäß Artikel 144 (1) dem deutschen Volke zur Ratifizierung unterbreitet werde, nehmen wir an, dass Sie verstehen werden, dass wirverschiedene Vorbehalte machen müssen. Zum erstenunterliegen die Befugnisse, die demBunddurch das Grundgesetz übertragen werden, sowie die von denLändern und den örtlichen Verwaltungskörperschaftenausgeübten Befugnisseden Bestimmungen des Besatzungsstatutes, das wir Ihnen schon übermittelt haben und das mit dem heutigen Datum verkündet wird.

3. Zweitensverstehtes sich, dass diePolizeibefugnisse, wie sie in Artikel 91 (2) enthalten sind,nicht ausgeübt werden dürfen, bis sie von den Besatzungsbehörden ausdrücklich gebilligt sind. In gleicher Weise sollen die übrigen Polizeifunktionen des Bundes im Einklang mit dem in dieser Frage an Sie gerichteten Schreiben vom 14. 4. 49 ausgeübt werden.98

4. Eindritter Vorbehaltbetrifft dieBeteiligung Groß-Berlins am Bund. Wir interpretieren den Inhalt der Artikel 23 und 144 (2) des Grundgesetzes dahin, dass er die Annahme unseres früheren Ersuchens darstellt,demzufolge Berlinkeine abstimmungsberechtigte Mitgliedschaft im Bundestag oder Bundesrat erhalten und auchnicht durch den Bund regiert werden wird, dass es jedoch eine beschränkte Anzahl Vertreter zur Teilnahme an den Sitzungen dieser gesetzgebenden Körperschaften benennen darf.

5. Einvierter Vorbehaltbezieht sich auf die Artikel 29 und 118 und die allgemeinenFragen der Neufestsetzung der Ländergrenzen. Abgesehen von Württemberg-Baden und Hohenzollern hat sich unsere Haltung in dieser Frage, seitdem wir die Angelegenheit mit Ihnen am 2. März99besprochen haben, nicht geändert.Sofern nicht die Hohen Kommissare einstimmig eine Änderung dieser Haltung beschließen, sollen die in den genannten Artikeln festgelegten Befugnisse nicht ausgeübt werdenund die Grenzen aller Länder mit Ausnahme von Württemberg-Baden und Hohenzollern bis zum Zeitpunkt des Friedensvertrages, so wie sie jetzt festgelegt sind, bestehen bleiben.100

6. Wir sind fünftens der Auffassung, dass Artikel 84, Absatz 5, und Artikel 87, Absatz 3, dem Bundsehr weitgehende Befugnisse auf dem Gebiet der Verwaltung geben. Die Hohen Kommissare werden der Ausübung dieser Befugnisse sorgfältige Beachtung schenken müssen, um sicherzustellen, dass sie nicht zu einer übermäßigen Machtkonzentration führen.

7. Bei unserer Zusammenkunft mit Ihnen am 25. April unterbreiteten wir Ihnen eine Formel, in der auf Englisch der Sinn des Artikels 72 (2), 3, wiedergegeben war. Diese Formel, die Sie annahmen, da Sie Ihre Auffassung wiedergebe, lautete wie folgt:»…weil die Wahrung der Rechts- oder wirtschaftlichen Einheit sie erfordert, um die wirtschaftlichen Interessen des Bundes zu fördern oder eine angemessene Gleichheit wirtschaftlicher Möglichkeiten für alle Menschen sicherzustellen«.

Wir möchten Sie davon unterrichten, dass dieHohen Kommissare diesen Artikel in Übereinstimmung mit dem vorliegenden Text auslegenwerden.

8. Um die Möglichkeit zukünftiger Rechtsstreitigkeiten auszuschalten, möchtenwir klarstellen, dasswir bei der Genehmigung der Verfassungen für die Länder bestimmten, dass nichts in diesen Verfassungen als Beschränkung der Bestimmungen der Bundesverfassung ausgelegt werden kann. Ein Konflikt zwischen den Länderverfassungen und der vorläufigen Bundesverfassung muss daher zugunsten der letzteren entschieden werden.

9. Wirmöchten es auch klar verstanden wissen, dass nach Zusammentritt der gesetzgebenden Körperschaften, die das Grundgesetz vorsieht, und nach dem entsprechend dem im Grundgesetz festgelegten Verfahren die Wahl des Präsidenten sowie die Wahl und Ernennung des Kanzlers bzw. der Bundesminister erfolgt sind, die Regierung der Bundesrepublik Deutschland konstituiert ist unddas Besatzungsstatut daraufhin in Kraft tritt.