Waldtracht von Fichte und Tanne - Peter Buchner - E-Book

Waldtracht von Fichte und Tanne E-Book

Peter Büchner

0,0

Beschreibung

Waldhonig ist eine ausgesprochen beliebte Honigsorte, doch kaum jemand weiß, dass Waldhonig nicht aus dem "Nektar" der Bäume gebildet wird, sondern von Läusen, die auf den Nadelbäumen (zu einem Großteil auf Fichte und Tanne) leben. Diese Läuse stechen die Bäume an und ernähren sich von den Säften, die in der Rinde des Baumes zirkulieren. Über spezielle Drüsen scheiden sie dann den so genannten Honigtau aus, den die Bienen sammeln, als Nahrung in den Bienenstock eintragen und in den Waben einlagern. Wanderlehrer Peter Buchner hat sich auf dieses Thema spezialisiert und gibt sein Wissen in diesem einzigartigen Buch an alle Imker weiter. Er stellt alle "Honigläuse" und ihr Leben auf den Bäumen vor, zeigt den Zyklus der Tiere und erklärt den Imkern, wie sie diese Möglichkeit, Waldhonig zu gewinnen, für sich nützen können (Wandern mit den Bienen). Untermalt ist sein Wissen mit fantastischen Makroaufnahmen der Läuse.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 168

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Peter Buchner

WALDTRACHT VON FICHTE UND TANNE

Wegweiser vom Honigtau zum Waldhonig

Leopold Stocker VerlagGraz – Stuttgart

Umschlaggestaltung:

DSR Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl/Graz, www.rypka.at

Umschlagbilder Vorderseite: Großes Bild: iStock.com/simonkr; kleine Bilder: links: Vinzenz Lässer; Mitte: iStock.com/Mr_Fu; rechts: iStock.com/da-kuk.

Umschlagbilder Rückseite: Peter Buchner: Bild ganz oben, Bild 1, 3, 4, 5;

Vinzenz Lässer: Bild 2.

Bildnachweis:

Den Bildnachweis finden Sie direkt beim jeweiligen Bild vermerkt.

Der Inhalt dieses Buches wurde vom Autor und vom Verlag nach bestem Gewissen geprüft, eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden. Die juristische Haftung ist ausgeschlossen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Hinweis: Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die zum Schutz vor Verschmutzung verwendete Einschweißfolie ist aus Polyethylen chlor- und schwefelfrei hergestellt. Diese umweltfreundliche Folie verhält sich grundwasserneutral, ist voll recyclingfähig und verbrennt in Müllverbrennungsanlagen völlig ungiftig.

Auf Wunsch senden wir Ihnen gerne kostenlos unser Verlagsverzeichnis zu:

Leopold Stocker Verlag GmbH

Hofgasse 5/Postfach 438

A-8011 Graz

Tel.: +43 (0)316/82 16 36

Fax: +43 (0)316/83 56 12

E-Mail: [email protected]

www.stocker-verlag.com

ISBN 978-3-7020-2259-4

eISBN 978-3-7020-2281-5

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.

© Copyright by Leopold Stocker Verlag, Graz 2024 Layout und Repro: DSR Werbeagentur Rypka GmbH, 8143 Dobl/Graz

Fragen, Wünsche oder Anregungen?Kontaktieren Sie uns!

www.stocker-verlag.com/waldtracht-feedback/

Hier finden Sie auch weitere Informationen über unser Programm und können sich für unseren Newsletter anmelden.

INHALT

Liebe Leserinnen und Leser

Einleitung

Meine Motivation

Trachtsituation im Alpenraum/Mitteleuropa

Geografie

Klima und Wetter

Wandern oder Bleiben?

Der Wald

Der Wald aus Sicht des Imkers

Der Wald Österreichs

Der Wald der Schweiz

Der Wald Deutschlands

Alleskönner Wald

Wald im Wandel

Voraussetzungen für eine Honigtautracht

Die Grundhaltung zur Naturbeobachtung

Faustregeln zur Honigtautracht

Erster Signalgeber – Schwarzer Holunder

Schwankung (Alternanz) im Trachtgeschehen

Strenge Winter

Niederschläge als Basis

Ertragsregel

Umwelteinflüsse auf den Entwicklungszyklus der Honigtauerzeuger

Standort und Wirtsbaum

Zentrale Vorgänge im Wirtsbaum vom Austrieb bis zur Verholzung

Klima und Witterung

Wirkung von Witterung auf Lecanien und Lachniden

Eigene Vermehrungskraft

Feinde

Freunde – Waldameisen

Einteilung der Honigtauerzeuger und ihre Namen

Wissenschaftlicher Name

Deutscher Name

Unterschiede zwischen Lecanien und Lachniden

Das Erscheinungsbild der Honigtauerzeuger

Ein bisschen Terminologie muss sein …

Nahrungsbereitstellung durch Leitungsbahnen

Inhaltsstoffe des Phloemsaft

Die Bereitstellung der Nahrung (im Detail)

Stress

Sommerdepression

Erschöpfung der Ressourcen/Reserven

Die Stechborsten der Honigtauerzeuger

Vom Honigtau zum Honigtauhonig – Waldhonig

Honigtau

Zuckerspektrum des Honigtaus

Aus Honigtau wird Honig

Aktiv-Phase

Passiv-Phase

Der Honigtauhonig – „Waldhonig“

Zusammensetzung des Waldhonigs

Die Fichte(Picea abies)

Die sechs bienenwirtschaftlich wichtigsten Honigtauerzeuger der Fichte (Picea abies)

Werteskala der Fichte

Der Trachtkalender der Fichte

Fund- bzw. Siedelorte der wichtigsten Honigtauerzeuger auf der Fichte

Die Lebensweise und Generationsfolge der Kleinen Lecanie (Physokermes hemicryphus) und Großen Lecanie (Physokermes piceae)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Jahreszyklus von Lecanien

Populationsdynamik

Beobachterfazit und Methodik

Vorgehensweise

Alternanz und Trachtergiebigkeit

Die Lebensweise und Generationsfolge der Rotbraunen Bepuderten Fichtenrindenlaus (Cinara pilicornis)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Jahreszyklus von Lachniden

Populationsdynamik und Massenwechsel

Beobachterfazit und Methodik

Vorgehensweise

Die Lebensweise und Generationsfolge der Großen Schwarzen Fichtenrindenlaus „Melezitoselaus“ (Cinara piceae)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Populationsdynamik und Massenwechsel

Beobachterfazit und Methodik

„Das Melezitoseproblem“

Gegenüberstellung

Die Lebensweise und Generationsfolge der Stark Bemehlten Fichtenrindenlaus (Cinara costata)

Beobachterfazit und Methodik

Die Lebensweise und Generationsfolge der Grüngestreiften Fichtenrindenlaus (Cinara piceicola)

Übersichtsdarstellung: Die Beobachtung der bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeuger der Fichte

Die Weißtanne(Abies alba)

Die drei bienenwirtschaftlich wichtigsten Honigtauerzeuger der Weißtanne (Abies alba)

Werteskala der Weißtanne

Der Trachtkalender der Weißtanne

Fund-/Siedelorte der wichtigsten Honigtauerzeuger auf der Weißtanne

Die Lebensweise und Generationsfolge der Grünen Tannenrindenlaus „Buchneria“ (Cinara pectinatae)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Die Vermehrungsphase

Populationsdynamik und Massenwechsel

Beobachterfazit und Methodik

Messung des Eibesatzes

Im Trockenen bei gutem Licht

Messung des Stammmutter- und Lachnidenbesatzes durch Auszählen

Messung des Lachnidenbesatzes durch Abklopfen von den Zweigen

Auffangen von Honigtautropfen im Wald

Wissenswertes zum Kennenlernen

Die Lebensweise und Generationsfolge der Großen Schwarzbraunen Tannenrindenlaus „Todolachnus“ (Cinara confinis)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Populationsdynamik und Massenwechsel

Beobachterfazit und Methodik

Die Lebensweise und Generationsfolge der Mattschwarzen Tannenrindenlaus „Coloradolaus“ (Cinara Curvipes)

Aussehen

Fundort und Entwicklungszyklus

Beobachterfazit und Methodik

Übersichtsdarstellung: Die Beobachtung der bienenwirtschaftlich wichtigen Honigtauerzeuger der Weißtanne/Tanne

Tannennapfschildlaus (Eulecanium sericeum)

Weißtannentriebläuse (Mindarus abietinus)

Ziele der Waldtrachtbeobachtung

Waldtrachtbeobachtung als Teamarbeit

Erfolgreiches Monitoring – Beobachten der Waldtracht

Der Wald als Beobachterregion

Abschnitts- und Bereichskontrollen

Utensilien zur Trachtbeobachtung

Ein guter Trachtbeobachter sollte …

Einige Tipps zum besseren Auffinden der Honigtauerzeuger

Dokumentation der Beobachtungen

Situation in Vorarlberg

Optimale Honigtau-Trachttage sind …

Mit Bienen wandern

Standort des Wanderstandes

Wanderbestimmungen

Vorbereitungen zur Wanderung

Transport

Aufstellen

Monitoring der Waldtracht durch den Waagstock

Der Waagstock

Die Stockwaage

Der Trachtbeginn

Die Trachtlenkung

Schwarmmethode zur Trachtlenkung

Zeit der Fülle

Vom Hoffen und der Freude bei der Trachtbeobachtung

Waldtrachtkrankheit Schwarzsucht

Resümee und Zusammenfassung für Vorarlberg (s’Ländle)

Anhang

Abbildungsverzeichnis, Grafiken und Tabellen

Verwendete Literatur

Vielen herzlichen Dank!

Über den Verfasser

OFT MUSS MAN DAS KLEINE SEHEN, UM ES ALS GROSSES GANZES ERKENNEN UND BEURTEILEN ZU KÖNNEN.

Ich widme dieses Buch meiner Mutter Herta, meinen sechs Geschwistern und dem Andenken an meinen im Jahr 2021 verstorbenen leiblichen und imkerlichen Vater, Wanderlehrer Buchner Alois.

Ohne Euch alle wäre ich niemals dort, wo ich jetzt bin!

Hinweis:

Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die männliche (oder weibliche) Form verwendet wurde.

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

„Gibt’s bei dir noch Honig?“, werde ich oft gefragt. „Hab’ ich noch, welchen willst du haben?“, frage ich zurück. „Einen normalen“, kommt dann meistens als Antwort des Honigkundens. Und ich weiß, dass dann Waldhonig gemeint ist.

So, oder so ähnlich wird es wahrscheinlich vielen Imkerinnen und Imkern gehen, deren Bienen Fichten und/oder Tannen befliegen können, die also Waldhonig in ihrem Angebot haben.

Den meisten Konsumenten ist die Herkunft des Waldhonigs egal oder sie glauben, dass Waldhonig von den Blüten der Fichten oder Tannen kommt. Dass das weit gefehlt ist, wissen wir Imker.

Die Imkerei wurde in den letzten Jahren immer populärer, immer mehr junge und jung gebliebene Leute haben sich für diese faszinierende Beschäftigung entschieden. Sie lernen ihr Handwerk bei erfahrenen Kolleginnen und Kollegen und in den diversen Imkerschulen. Auch Fachbücher gibt es für allerlei imkerliche Themen. Nur für die Waldtracht gibt es keinerlei Literatur zu kaufen.

Aber jetzt ist es wieder soweit. Es ist mir eine große Freude, dass sich Wanderlehrer Peter Buchner der Waldtracht verschrieben hat und Sie in die faszinierende Welt der Waldtracht einführt.

In diesem Buch nimmt er Sie mit auf eine Reise durch die grünen Wälder, wo Fichten und Tannen nicht nur majestätisch in den Himmel ragen, sondern auch als stille Gastgeber für die fleißigen Honigtauerzeuger dienen.

Nach vielen Jahren, in denen ältere Fachbücher vergriffen und die Geheimnisse der Waldtracht nur noch in den Erzählungen erfahrener Imker lebendig waren, präsentiert Ihnen der Trachtreferent des Vorarlberger Imkerverbandes nun ein neues und überarbeitetes Werk. Es ist ein Buch, das sowohl für den Laien als auch für den Fachmann geschrieben wurde, um Licht in das Dunkel der Wälder und ihrer süßen Schätze zu bringen.

Die Waldtracht, ein Phänomen, das durch die Interaktion zwischen Insekten und Bäumen entsteht, ist ein Kapitel der Natur, das sowohl Wissenschaft als auch Poesie in sich birgt. Dieses Buch enthüllt die komplexen Beziehungen zwischen den Honigtauerzeugern und ihren pflanzlichen Wirten und zeigt auf, wie diese Symbiose zu einem der einzigartigsten Produkte führt, die die Natur zu bieten hat: dem Waldhonig.

In diesem Buch finden Sie detaillierte Beschreibungen der verschiedenen schon bekannten, aber auch neu entdeckten Honigtauerzeuger. Es beinhaltet wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Ratschläge, die aus jahrzehntelanger Erfahrung stammen. Es hat sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen über die Waldtracht nicht nur zu bewahren, sondern es auch für zukünftige Generationen zugänglich zu machen.

Möge dieses Buch als Brücke dienen, die die Vergangenheit mit der Zukunft verbindet, und als Leitfaden, der Ihnen hilft, die Geheimnisse und die Schönheit der Waldtracht zu entdecken und zu schätzen.

Ich bin überzeugt, dass dieses Buch ein wertvoller Begleiter bei der Trachtbeobachtung sein wird.

Mit herzlichen Grüßen und im Geiste der Entdeckung,

WL IM Ernst Tiefenthaler

Bundestrachtreferent des ÖIB

EINLEITUNG

Wer sich mit der Bienenhaltung beschäftigt, muss sich nicht nur mit dem Organismus „Bien“ und dessen Lebensweise beschäftigen, sondern vor allem auch mit den Umweltfaktoren, die das Bienenvolk über verschiedenste Weise beeinflussen. Schnell wird einem bewusst, dass es sich bei der Imkerei – Bienenkunde – um eine interdisziplinäre Wissenschaft handelt. So haben auch die geographische Lage und das damit verbundene Klima und Wetter eines Bienenstandortes Auswirkung auf die phänologische Abfolge der Bienenweide als Nahrungsgrundlage des „Biens“. Dies wiederum beeinflusst unmittelbar die Entwicklung und die Gesunderhaltung des „Biens“.

„Eure Nahrungsmittel sollen Eure Heilmittel und Eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.“

Schon der in der Antike lebende griechische Arzt Hippokrates, dem dieses Zitat zugeschrieben wird, erkannte damals die Wichtigkeit einer vielseitigen Nahrungsversorgung des Menschen. Vielfalt bei der Ernährung erhält die Vitalität und Gesundheit beim Menschen, aber auch beim „Bien“. Daher können diese Worte mit Sicherheit auf den Organismus „Bien“ übertragen werden.

Abb. 1: Der Honigtau stellt eine bedeutende Rolle am Speiseplan der Bienen dar. (Quelle: Buchner P. 2023)

Neben Nektar, Pollen, Propolis und Wasser ist es der weniger bekannte Honigtau, der eine bedeutende Rolle am Speiseplan des Biens darstellt. Erstarkt aus dem Frühjahr heraus, mit zahlreichen Sammlerinnen ausgestattet, ist im Früh- und Hochsommer Honigtau ein wichtiger Energiespender und für uns Imker der „Große Ertragsbringer“! Lieber Leserkreis, taucht mit mir ein in die Welt der Honigtauerzeuger der Fichte und Tanne.

MEINE MOTIVATION

Das Leben im Rhythmus der Jahreszeiten, mit den Abläufen in der Natur sowie dem respektvollen, sorgsamen Umgang mit dem Organismus Bien sehe nicht nur ich als ein großes Privileg an. So macht die Arbeit mit den Bienen nicht nur mir viel Freude, aus Gesprächen mit Imkern höre ich immer wieder von einem Gefühl der Harmonie, einer intensiven Teilhabe an den Entwicklungsschritten der Bienen und einer daraus resultierenden inneren Zufriedenheit.

Uns Imkern ist es vergönnt, bei jedem Besuch bei den Bienen an der „Magie“ des „Biens“ teilzunehmen. Selbst nach Jahrzehnten der Imkerei sehen und erleben wir immer wieder etwas Neues.

Bei meinen Vorträgen zur Waldtracht zeigte sich in der Imkerschaft ein großes Interesse, ja ein Wissensdurst, bezüglich der Honigtauerzeuger sowie der daraus resultierenden Waldtracht. Es freut mich, dass viele Imker neben der Arbeit mit dem Bien mehr Raum der Natur- und Trachtbeobachtung schenken möchten. Gerade die immer größer werdende Imkerschar in meiner Waldtrachtgruppe gibt mir das zu erkennen.

Als „Oberlausbub“ wollte ich den Mitgliedern meiner Waldtrachtgruppe eine Buchempfehlung zum Thema Waldtracht geben. Dabei stellte ich fest, dass alle einschlägigen Werke zur Waldtracht vergriffen sind. Also nahm ich mir die Zeit, um selbst ein Waldtrachtbüchlein über die Honigtauerzeuger der Fichte und Weißtanne zusammenzutragen. Die Beschaffung einschlägiger Literatur war gar nicht so einfach. Nebst den wenigen wichtigen Standardwerken sind viele Berichte über die Waldtracht in imkerlichen Fachzeitschriften erschienen. Diese in Bibliotheken und online in Foren zu sichten und zu berücksichtigen, war meine Aufgabe. An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich kein „gelernter“ Biologe oder studierter Agraringenieur bin. Ich bin praxisorientierter Imker, also „Praktiker“, und Wanderlehrer, der sich von Kindesbeinen an mit der Thematik Waldtracht beschäftigt hat. Daher soll dieses Büchlein als praxisbezogener Wegweiser die komplexen Beziehungen zwischen den Honigtauerzeugern und ihren Wirtspflanzen im Kontext der Jahreszeiten einfach und sachlich erklären.

Ziel dieses Buches ist, das Vorkommen und Erkennen der wichtigsten Honigtauerzeuger der Fichte und Weißtanne zu erläutern.

Weiters möchte ich die Imkerschaft (Erwerbs- und Freizeitimker) für dieses Thema sensibilisieren und begeistern, entsprechendes Fachwissen vermitteln und damit ein Rüstzeug für die Waldtrachtbeobachtung mit auf den Weg geben.

Zusätzlich soll dieses Schriftstück auch als schriftliche Unterlage für die Teilnehmer an meinen Waldtrachtvorträgen und Waldexkursionen Nutzen finden.

So kann in weiterer Folge die Vorhersage und Nutzung der Waldtracht anhand praktischer Tipps und Methoden erfolgen.

Um sich einen Wissensschatz zum Thema Honigtauerzeuger anzueignen, benötigt man Interesse und Zeit, daher waren „wissende“ erfahrene Imker nicht selten verschwiegene Gesellen. Sie gaben ihr Wissen und Know-how, welches sie sich über Jahre mühselig angeeignet hatten, ungern weiter. So sollte niemand außer sie selbst vom Wissen um eine Waldregion und deren oft kurze Trachten profitieren. Sogar in den Imkervereinen wurde dieser Geheimniskrämerei gefrönt.

Die heutigen erfahrenen Imker stehen der Wissensweitergabe zu allen imkerlichen Themen erfreulicherweise weit offener gegenüber.

Der weltweite mediale Rummel um das „Bienensterben“ brachte einen Hype/Ansturm auf die Imkerausbildungen. Dort, so meine ich, wird dem vielschichtigen Thema Waldtracht zu wenig Augenmerk geschenkt.

Ich vertrete den Standpunkt, dass sich jeder Imker mit dem Themenkomplex sowohl der Honigtauerzeuger als Bienenweide für den Bien als auch der Ertragsquelle für den Imker auseinandersetzen muss. Gerade der dunkle, würzige Waldhonig ist beim Kunden hochgeschätzt und lässt sich durch die Tatsache, dass er nicht jedes Jahr zu ernten ist, gut und hochpreisig verkaufen. Meist ist die Nachfrage größer als das Angebot.

Lange Zeit war unklar, woher die zuckerhaltigen Tröpfchen, die im Wald an den Bäumen und im Unterholz zu finden waren, stammen. Schon im 17. Jh. wurde von einer tierischen Beteiligung an der Entstehung des Honigtaus berichtet, doch war es nicht geziemend, diese Tatsache zu verbreiten. So hielt sich bis ins 19. Jh. die Theorie vom Ausschwitzen des Honigtaus durch den Baum. Erst im Jahr 1891 veröffentlichte der deutsche Botaniker Moritz Büsgen seine Untersuchungen (Der Honigtau) an Pflanzenläusen, Pflanzen sowie deren Saftbahnen und belegte so durch seine Ausführungen den Ursprung des Honigtaus. Trotzdem wurde bis über den Zweiten Weltkrieg hinaus – wohl auch aus Verlegenheit dem Kunden gegenüber – die Herkunft des Honigtaus als „Läuse-Ausscheidung“ verschwiegen.

Die Tracht des Biens ist immer pflanzlichen Ursprungs. Einerseits ist die Pflanze in der Lage, durch Drüsen den Siebröhrensaft floral über die Blüte oder extra floral, also direkt, abzugeben. Andererseits ist bei der Ausscheidung von Honigtau ein Insekt, der Honigtauerzeuger, dazwischengeschaltet.

Mir ist sehr wohl bewusst, dass es neben der Fichte und Tanne weit mehr wichtige Honigtauerzeuger auf anderen Nadel- und Laubbäumen, den so genannten Wirtsbäumen, gibt.

Ich glaube aber, dass sich die bienenwirtschaftlich relevantesten auf Fichte und Tanne befinden und sie daher die „Brotbäume“ der Honigtautracht im Alpenraum und Mitteleuropa darstellen.

TRACHTSITUATION IM ALPENRAUM/MITTELEUROPA

GEOGRAFIE

Geografisch vielgestaltig präsentiert sich die Landschaft und der Boden des Alpenraums und Mitteleuropas. Es gibt sowohl flache Tallagen und Niederungen an den Hauptflüssen als auch die hügeligen Landschaften der Voralpen, bis hin zu montanen, subalpinen und alpinen Höhenstufen der Alpen.

So steigert die Höhenausdehnung der Alpen die Artenvielfalt der Pflanzen- und Baumgesellschaften im Vergleich zu einer ebenen Landschaft mit gleicher Fläche enorm. Wie alle großen Gebirgsketten der Erde sind auch die Alpen als ein „Hot Spot“ der biologischen Vielfalt und dem klimatischen Wandel unterworfen.

Abb. 2: Die Landschaft des Alpenraums präsentiert sich, geografisch gesehen, vielgestaltig. (Quelle: Buchner P. 2023)

KLIMA UND WETTER

So wie die Geografie ist auch das Klima von vielerlei Art und im Wandel begriffen. Ein breites Spektrum von feuchtwarmem Kontinentalklima in den Niederungen bis hin zu kaltgemäßigtem bzw. subarktischem Klima im alpinen Raum hält die Region bereit.

Mitteleuropa sowie der Alpenraum erfährt seine meteorologische Prägung meist durch die „Wetterküche“ des Atlantiks. So genannte „Westwetterlagen“ mit Nordstau am Alpenhauptkamm, oftmaligem Wetterwechsel und Kälterückschlägen im Frühjahr begründen die hohen Niederschlagsmengen der Voralpen und Alpenländer. Von West nach Ost nehmen die Niederschlagsmengen deutlich ab und der kontinentale Wettercharakter gewinnt an Einfluss. Milde niederschlagsarme Winter, Trockenheit, Starkregen, Stürme sowie andere Wetterextreme, die dem Klimawandel zugeschrieben werden müssen, verändern den Gesamtkontext und somit das Umfeld des Biens und der Honigtauerzeuger.

So stellt sich oft nicht nur meine Situation, wie folgt dar: Die aus erwähnter Witterung und dem Standortklima resultierende Vegetation des Grünlandes bedingt in den Tallagen eine Entwicklungstracht, die als „Aufbautracht“ für den „Bien“ essenziell ist. Nach der darauffolgenden Frühtracht mit der Obstbaumblüte („das Große Blühen“) und Abklingen dieser stellt sich nicht nur der ertragsorientierte Imker die Frage nach weiteren Nahrungsangeboten, um eine ausreichende Nährstoffversorgung seiner erstarkten Bienenvölker zu gewährleisten. Das Abwandern aus dem von Milchwirtschaft geprägten Grünland mit entsprechendem Mäh-Rhythmus (5–6 Mahden) in andere Regionen ist dann sehr oft sinnvoll.

Dabei schielen viele Imker aus dem Alpenraum neidisch auf die verschiedenen Trachtangebote durch Agrarflächen. Landwirtschaftliche Kulturpflanzen, wie Raps, Sonnenblumen, Buchweizen, Klee u. a., werden inneralpin kaum bis gar nicht angebaut.

Auch von trachtrelevanten Eichen-, Robinien- oder Kastanienwäldern kann die Imkerschaft im zentralen Alpenraum nur träumen. Daher stellt sich die Frage …

WANDERN ODER BLEIBEN?

So stellt sich für den Imker im Alpenraum die Situation meist so dar:

Verbleib in der Region, wenn eine vielfältige Vegetation der Landschaft oder des vorhandenen Siedlungsraums Ertrag verspricht (z. B. mit Grün- und Parkanlagen im städtischen Raum, Stadtimkerei).

Das Wandern in höhere Regionen (Hochgebirge), um mit seinen Bienenvölkern eine zweite Blütentracht zu nutzen und etwas Gebirgsblütenhonig zu erhaschen.

Eine weitere und in vielen Regionen wohl die bedeutendste Möglichkeit, Honigerträge zu erzielen, ist das Anwandern einer Waldtracht! Dabei bedarf es um die Kenntnis der Honigtauerzeuger mit deren Entwicklung.

Aufzeichnungen zur Waldtracht im Vorarlberger Rheintal sowie der Region Pfänderstock durch meinen Vater und mich, die bis in die frühen 1970er-Jahre zurückreichen, zeigen, dass in 7 von 10 Jahren eine Waldtracht durch Fichte oder Tanne in benannten Regionen zu verzeichnen war. Ähnliches berichtet Prof. Pechhacker in Kloft et al. (1985, S. 7), wonach in den Regionen des Alpenraums und in den Wäldern der Böhmischen Masse der Wald im Durchschnitt in 7–8 von 10 Jahren honigt.

Abb. 3: Gut getarnt, die Grüne Tannenrindenlaus (Quelle: Lässer Vinzenz)

DER WALD

Die ursprüngliche und natürliche Vegetation Mitteleuropas ist der Wald.

Ohne Eingriff des Menschen wären wohl über 90 % der Landfläche bewaldet. In Mitteleuropa sind heute ca. 30 % der Flächen bewaldet; davon sind 75 % Nadelbäume und 25 % Laubbäume. Prägen im Osten Mitteleuropas Kiefern und Lärchen das Gesicht des Waldes so sind es im Westen und Alpenraum vor allem Fichten. Seit jeher wurde der Baumbestand der Wälder durch Eingriffe des Menschen verändert. Der Holzeinschlag zur Gewinnung von Bauholz, zur Energiegewinnung, aber auch die Weidewirtschaft haben die Waldbestände verändert (Schick et al. 1997, S. 52).

Der heutige Wald ist ein Ergebnis vielfältiger Nutzung durch uns Menschen. Prägen oft noch ertragreiche Nutzholzarten, die vorwiegend in Monokulturen stehen, unsere Wälder/Forste, so zeigt sich nicht zuletzt durch die Klima- und Biodiversitätskrise ein Umdenken diesbezüglich.

Abb. 4: Ohne Eingriff des Menschen wären heute wohl über 90 % der Fläche Mitteleuropas bewaldet. (Quelle: Buchner P. 2023)

DER WALD AUS SICHT DES IMKERS

Der Wald als großes Ökosystem bietet den Imkern seit je her eine vielfältige und wichtige Bienenweide und ist daher der wichtigste Honiglieferant. So bietet der Wald in phänologischer Abfolge von der Boden-, Kraut-, Strauch- bis zur obersten Baumschicht eine Art Trachtfließband. Bodendeckender Flor, heckenbildende Sträucher oder Waldsäume sind wichtige Impulsgeber für den Bien. Sind es im Frühjahr oft Pollen und nektarspendende Pflanzen, die dominieren, so geraten im Früh- und Hochsommer die Honigtauerzeuger der Baumschicht in den Mittelpunkt.

So wie im Titel des Buches unschwer zu erkennen ist, dreht sich in diesem Buch alles um die Honigtauerzeuger der Fichte und Tanne!

Früher waren die sogenannten Zeidler die ersten Waldimker, welche in ursprünglicher Art und Weise Imkerei betrieben haben. Zeidler waren verpflichtet, den Wald zu beaufsichtigen, zu hegen und zu pflegen. Sie waren in der Zeidler-Innung organisiert und genossen dadurch besondere Rechte und Pflichten. Grundstein für diese Art von Imkerorganisation legte Karl, der Große um das Jahr 800 n. Christi. Die Imkerei zu dieser Zeit war nur Angehörigen der Zeidler-Innung gestattet, es war sonst keinem erlaubt, der Imkerei in den Wäldern nachzugehen. Diese erstmals organisierte Form der Waldimkerei entstand in Süddeutschland und hielt sich bis in die Neuzeit hinein (Quelle: Bienenbotschaft, 2024).

Heute obliegt es sowohl den Standortimkern in Waldnähe als auch den Wanderimkern, in den Wald zu gehen, um die „Zeichen“ des Waldes zu beobachten, zu erkennen und dann entsprechend zu reagieren.

Etwas provokant lautet ein Satz aus der Waldimkerei: „Der dumme Imker fährt in den Wald, der kluge Imker geht vorher in den Wald!“

DER WALD ÖSTERREICHS

Die vom österreichischen Bundesministerium in Auftrag gegebene Waldinventur (ÖWI), liefert seit mehr als einem halben Jahrhundert eine Vielzahl von Daten über Zustand und Veränderung des österreichischen Waldes. Ergebnisse der Waldinventur finden reichhaltige Anwendung.