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Wasserspringen - Kunst, Athletik, Perfektion ist ein praxisnaher Ratgeber, der Expertenwissen auf kompetente Weise präsentiert. Er richtet sich an alle, die Wasserspringen erlernen oder unterrichten sowie an alle, die mehr darüber erfahren wollen. Gerade für Sportlehrer, Schwimmmeister, Trainer, Betreuer, Eltern und Athleten ist der Titel eine bereichernde Lektüre. Die theoretischen Grundlagen des Wasserspringens (Regelwerk, Sprungnummern, Trainingsorganisation, Unfallverhütung) werden umfassend erläutert und die praktischen Aspekte (Methodik, Didaktik, Coaching, erweitertes Training, Physiotherapie, Sportpsychologie) detailliert erklärt. Mit zahlreichen Fotos (von Anfängern bis hin zu Weltklasseathleten) und Abbildungen werden Bewegungsabläufe, Grundpositionen und didaktische Zusammenhänge des Wasserspringens verdeutlicht. Unterhaltsame und informative Interviews mit Experten, zum Beispiel mit Anna Bader, der bekanntesten Vertreterin des Cliff Diving im deutschsprachigen Raum, reichern das Grundlagenwerk zusätzlich an.
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Seitenzahl: 193
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THOMAS MEYER
WASSER-SPRINGEN
Über den Autor
Dr. Thomas Meyer war jahrelang Mitglied der deutschen Jugendnationalmannschaft und Schüler der internationalen Trainerlegende Horst Görlitz. Er arbeitet als Sportwissenschaftler und Physiotherapeut in eigener Praxis in Karlsruhe und leitet seit 2012 den DSV Nachwuchsstützpunkt Wasserspringen des SSC/KSN 99 Karlsruhe und ist als Trainer tätig. Von 2014 bis 2017 leitete er die Abteilung Sportpsychologie an einem Nachwuchsleistungszentrum Fußball.
Vollständige E-Book-Ausgabe der im Copress Verlag erschienenen Printausgabe (ISBN 978-3-7679-1232-8).
Trainingsprogramme und Empfehlungen stellen die Meinung und Erfahrung des Autors dar. Sie können eine individuelle Trainingsberatung und -betreuung, sowie eine fundierte Trainerausbildung nicht ersetzen. Eine medizinische Beratung vor dem Beginn intensiver sportlicher Betätigung wird dringend empfohlen. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Schäden, die aus den gegebenen Empfehlungen hervorgehen könnten, in Haftung genommen werden.
Umschlaggestaltung: Pierre Sick
DTP-Produktion und Layout (Printauflage): VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH,
Kirchheim-Heimstetten
Abbildung Umschlag: imago
Abbildungen Innenteil: S. 1, 2/3, 28, 30, 35, 56, 94, 106–115, 118–123 (alle Giorgio Cagnotto); 7, 9, 12, 24, 29, 103, 134, 146, 147, 148 (alle imago); 16 (Dibiasi); 17 (Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A39/24/3/38); 25 (Henrik Mai, Die Wilden Springer Sachsen); 143 (Silke Gnant).
Alle übrigen Abbildungen privat bzw. aus dem Archiv des Autors.
Illustrationen (nach Vorlagen des Autors) und Reproduktion: digiartworx; Nittenau
Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
© 2019 Copress Verlag in der Stiebner Verlag GmbH, Grünwald
Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags.
ISBN 978-3-7679-2072-9
www.copress.de
Vorwort von Klaus Dibiasi
Zu diesem Buch
Kapitel 1: Die Olympische Sportart Wasserspringen
Ein Kurzporträt Wasserspringen
Geschichte des neuzeitlichen Wasserspringens
Die historische Entwicklung des Wasserspringen in Karlsruhe
Synchronspringen
Die Sprunganlage
Sicherheit an der Sprunganlage
Weitere Varianten des Sprungs ins Wasser
Das Springen in der Natur
Splashdiving
Humorspringen
Der Startsprung im Schwimmen
Kunst, Athletik, Perfektion
Kunst
Athletik
Perfektion
Kapitel 2: Die theoretischen Grundlagen des Wasserspringens
Die Bedeutung der Sprungnummern
Die Ermittlung des Schwierigkeitsgrads
Wettkampfgestaltung
Kapitel 3: Praxis, Schwerpunkt Brett
Grundlagen-Level 1
Brettgewöhnung
Der Armschwung
Erste Sprünge aus der Nachwuchstabelle
Grundlagen-Level 2
Der Armschwung mit gestreckten Armen beim Wippen
Die ersten Kopfsprünge
Erste Delfin-Sprünge«
Erste Auerbach-Sprünge
Anlauf und Aufsatzschritt vorwärts
Der Turmanlauf
Handstandsprünge
Grundlagen-Level 3
Erste Salti
Schneppersalto oder Schnippsalto
Die Kopfsprünge rückwärts, Auerbach und Delfin gestreckt
Fortgeschrittene ab 14, 15 Jahre
Das »Saven« und das Rip-Tauchen
Anlauf mit eingesprungenem Sprungschritt (Aufsatzschritt)
Über den gesamtdidaktischen Zusammenhang
Synchronspringen-Praxis
Kapitel 4: Ergänzende Trainingsmaßnahmen
Entspannungstraining
Mentales Training
Meditation
Gymnastik
Trampolin
Trockenspringen
Spezielles Athletiktraining
Bodenturnen
Ballett, Tanz
Schulung des Wassergefühls
Drehgefühl entwickeln
Luftgefühl und Raumwahrnehmung
Kapitel 5: Coaching und Betreuung
Kapitel 6: High Diving – Klippenspringen
Kapitel 7: Quo vadis Wasserspringen – ein Ausblick
Anhang
Literatur
Liste von Vereinen, in denen Wasserspringen als Breiten- und Leistungssport gelehrt wird
Danksagung
Wasserspringen gefällt Alt und Jung. Den Körper in der Luft beherrschen zu können, ist ein besonderer Genuss. Auf der anderen Seite hat das Artistische, also die Kunst-Sprünge mit eigener Eleganz darzustellen, eine große Bedeutung. Dann ermöglicht der nackte Körper in der Luft während des Sprunges einen faszinierenden Bewegungsablauf, der den Medien und dem Publikum gefällt. Die körperliche Kraft und die Gewandtheit, die ein Sprung heutzutage benötigt, ist bewundernswert!
Dieses Buch beschreibt nicht nur die Kunst, Athletik und Perfektion dieser Sportart, sondern zeigt einen methodischen und didaktischen Weg von der Grundschule für Anfänger bis zu einem gehobenen Niveau von Fortgeschrittenen.
Junge Springer müssen sehr viel Geduld aufweisen, um die Grundschule richtig zu beherrschen. Wenn die Basis gut vorbereitet ist, dann ist es leicht, schwierigere Sprünge zu absolvieren. Auch die ungezählten Wiederholungen erfordern viel Geduld, und um ein guter Springer zu werden, braucht es etliche Jahre.
Die Didaktik dieses Buches ist geprägt von der Lehre der Trainerlegende Horst Görlitz, der auch mich selbst trainierte. Horst Görlitz verlor im Krieg ein Bein, flüchtete aus der DDR und war dann für zehn Jahre unser Nationaltrainer in Italien. Er hatte eine große Liebe zum Wasserspringen und war der herausragende Trainer der damaligen Zeit, da er weitreichende mechanische Vorkenntnisse aus seiner Zeit im Flugzeugbau mitgebracht hatte. Als Biomechaniker im Wasserspringen hatte er den damaligen Trainern und Wasserspringern schon ab 1960 die modernste Technik vermittelt.
Unerreicht: Klaus Dibiasi (rechts, mit dem Deutschen Bernd Wucherpfennig) bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Er ist bis heute der einzige Wasserspringer, der bei Olympia dreimal in Folge Gold im Turmspringen gewinnen konnte – von 1968 bis 1976.
Horst Görlitz schuf in Italien die Grundlagen des modernen Wasserspringens und wiederholte dies in verschiedenen anderen Ländern wie in Deutschland und Österreich. Er hatte mit seinen amerikanischen Freunden wie Dick Smith, Hobie Billingsley und Sammy Lee gute Beziehungen und tauschte sich mit ihnen regelmäßig über die neuesten sportlichen Entwicklungen aus. Er war ein regelrechter Pionier auf internationaler Ebene, dem wir alle sehr dankbar sind, da er sein Wissen an jedermann weitergab und die Liebe zu diesem Sport mit uns geteilt hatte.
Das vorliegende Buch ist im Detail auch sehr von Horst Görlitz’ Lehre beeinflusst. Es schildert das Wasserspringen für Anfänger und Fortgeschrittene in einer vielfältigen Weise. Der Autor Thomas Meyer war ebenfalls Schüler von Görlitz und hat zudem professionelle Kenntnisse in Physiotherapie und Sportpsychologie. Zusätzliche Trainingsinhalte aus diesen Bereichen sind im heutigen Wasserspringen nicht mehr wegzudenken, sie werden in diesem Buch thematisiert.
Denn das Wasserspringen hat sich seit 1994 enorm verändert, als eine Formel entwickelt wurde, die die Schwierigkeit eines Sprunges berechnen kann und viele neue Sprünge in die Sprungtabelle aufgenommen in den Wettkämpfen gezeigt wurden. Dies brachte mit sich, dass sich die Entwicklung in Richtung Schwierigkeit orientierte und die Eleganz dadurch etwas vernachlässigt wurde. Das Programm wurde gekürzt, da man die schönen, eleganten Pflichtsprünge herausnahm und nurmehr auf die Kür, das heißt die schwierigen Sprünge, schaute. Der Vorteil aber war ein kürzeres und attraktiveres Programm, das die Akrobatik im Vordergrund hatte.
Heutzutage werden sehr schwierige Sprünge mit größter Qualität gezeigt, und das ist natürlich für das Fernsehen ein Spektakel. Wir haben mit Wasserspringen die größte mediale Aufmerksamkeit bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften, da die heutige Technik (Superzeitlupe etc.) es ermöglicht, die Feinheiten unseres Sportes zu zeigen. Das Synchronspringen wurde im Jahr 2000 in Sydney das erste Mal bei Olympia gezeigt und fand bei den Medien großen Anklang. Damit wurde die Zahl der Wettbewerbe von vier auf acht verdoppelt, was dem Wasserspringen natürlich großen Aufschwung brachte.
Dieses Buch will nicht in aufdringlicher Weise von sportlichen Erfahrungen berichten. Es möchte als Einführung für jedermann wichtiges Wissen mitteilen und eine gut durchdachte Anleitung für unsere wunderbare Sportart Wasserspringen darstellen.
Mit freundlichem Gruß an alle Leser
Klaus Dibiasi, im Frühjahr 2019
Die Sportart Wasserspringen, nach wie vor Medaillengarant des Deutschen Schwimmverbandes bei Olympische Spielen, Welt- und Europameisterschaften, erlebt in den letzten Jahren eine deutliche Aufwertung in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Erfolge, vor allem der Synchronspringer Patrick Hausding und Sascha Klein, führten zu größerer Präsenz in den Medien. Die Technik der Superzeitlupe veranschaulicht bei Fernsehübertragung besonders gut die Faszination von totaler Körperbeherrschung und Ästhetik, Unterwasserkameras zeigen die Athleten im Moment des Eintauchen, das Abbremsen der Geschwindigkeit hin zum Schwebezustand. Zudem trug die Fernsehshow von Stefan Raab »TV total Turmspringen« viel dazu bei, die besonderen Herausforderungen dieser Sportart einem größeren Publikum näherzubringen.
Gleichzeitig ist es aber leider so, dass Wasserspringen im Schulsport weniger Platz findet und auch aus den Hochschulstudiengängen sowie in der Schwimmmeisterausbildung langsam verschwindet.
Ins Wasser zu springen macht Spaß – wenn man schwimmen kann und sich im Wasser wohlfühlt. Man kann in den Bädern Kinder und Jugendliche beobachten, die aus purer Freude einfach so, mit Grimassen oder lustigen Gesten vom Beckenrand ins Wasser springen und sich gegenseitig übertrumpfen wollen. Oder sie versuchen gleichzeitig (synchron) hineinzuspringen.
Seriensieger: Die deutschen Synchronspringer Patrick Hausding und Sascha Klein präsentieren ihre Goldmedaille aus dem Wettbewerb vom Turm bei der Europameisterschaft 2013 in Rostock.
Ins Wasser zu springen erfordert Mut! Und je größer die Höhe ist, von der man hineinspringt, desto mehr Mut ist gefordert. Schwimmbäder bauen Sprunganlagen meist um Besucher anzuziehen, aus Kostengründen wird jedoch häufig auf wettkampfgerechte Sprungbretter und Türme verzichtet. Man kann erleben, dass dort, wo gute Sprungbedingungen für die Allgemeinheit vorherrschen, sich unabhängig von Vereinsaktivitäten Freestyle-Gemeinschaften entwickeln, die beachtliches Können hervorbringen. Auch solche Künstler sind daran interessiert zu erfahren, wie ein Sprung ins Wasser »richtig« erlernt werden kann.
Wie springt man aber »richtig« ins Wasser? Wie funktioniert das elegante, fast spritzerlose Eintauchen? »Hallo, können Sie mir mal sagen, wie man den Auerbach macht?« sind häufig gestellte Fragen von Badegästen an uns Trainer. Auch Schwimmmeister möchten Badegästen gerne gute Tipps geben können.
Natürlich richtet sich dieses Buch in erster Linie an die zahlreichen Nachwuchssportler in den deutschsprachigen Vereinen, den DSV-Nachwuchs- und Bundesstützpunkten sowie deren Eltern und interessierte Verwandte, Bekannte und Freunde.
Sport- und Schwimmlehrer können sich anhand dieses Buches aber ebenfalls orientieren, genauso wie Anwärter für Trainer- und Kampfrichterlizenzen der Landesverbände.
Im ersten Kapitel wird die olympische Sportart Wasserspringen allgemein und ihre neuzeitliche Geschichte mit besonderem Augenmerk auf die Bedeutung der »Karlsruher Springerschule« und deren Mitbegründer, des ehemaligen Cheftrainers der DDR, Italiens und der BRD, Horst Görlitz, erklärt.
Weiterhin werden andere Varianten ins Wasser zu springen beschrieben wie zum Beispiel der Startsprung beim Schwimmen. Es enthält Informationen über die Sprunganlagen, Sprungbretter und die Organisation von Aufsicht – wichtig für Schwimmmeister, Lehrer und Trainer. Am Schluss dieses Kapitels widmen wir uns den Begriffen aus dem Untertitel und erfahren in diesem Zusammenhang mehr über Kunst, Athletik und Perfektion.
In Kapitel zwei wird erklärt, wie der Wettkampfsport Wasserspringen funktioniert und wie er organisiert wird.
Den Schwerpunkt des Buches bildet das dritte Kapitel mit ausführlichen, detaillierten, aber bewusst einfach gehaltenen Beschreibungen der wichtigsten Grundlagensprünge. Das Streben nach Perfektion liegt im Detail und dieses Detail kann auf verschiedene Weise außerhalb des Wassers trainiert werden. Die Sprungbeschreibungen kann der Leser aber auch nutzen, um sein eigenes Mentaltraining zu entwickeln.
Im vierten Kapitel werden neben ergänzenden Trainingsmethoden wie Trampolin und Gymnastik auch mentale Trainingsformen und Entspannungstraining erklärt.
Das fünfte Kapitel handelt vom Coaching und richtet sich in erster Linie an Trainer, Betreuer und Eltern. Es wird aufgezeigt, in welchen Bereichen Herausforderungen liegen, inwieweit die Trainer einen erzieherischen Auftrag haben und wie auf zeitgemäße Weise Sensibilität für die Vorbeugung vor Burn-out und Übertraining entwickelt werden kann. Es zeigt weitere Möglichkeiten der Betreuung wie Physiotherapie und sportpsychologische Begleitung.
Die Entwicklung des spektakulären Klippenspringens (auch Cliff oder High Diving), das als ernstzunehmende Wettkampfform 2013 ins WM-Programm der FINA integriert wurde und möglicherweise auch ins Olympia-Programm aufgenommen wird, wird im sechsten Kapitel vorgestellt, zusammen mit einem Interview mit Anna Bader, der bekanntesten deutschen Klippenspringerin.
Kapitel sieben liefert einen Ausblick zur Zukunft des Wasserspringens in Deutschland.
Derzeit gibt es qualitativ recht große Unterschiede zwischen den im Osten ansässigen Bundesstützpunkten und den »alten«, kleinen Vereinen im Westen, die über organisatorisch und finanziell geringere Mittel verfügen.
Der Autor kurz vor dem Eintauchen im Freibad vor hübscher Bergkulisse
In erster Linie ist das Buch mit dem Wissen und der Erfahrung aus der »Karlsruher Springerschule« entstanden. Vielfache Unterstützung gab es aber auch von weiteren Wasserspung-Experten – sei es in Form von Interviews oder durch die Bereitstellung von Bildmaterial. Dies hat sicher dazu beigetragen, das Thema Wasserspringen noch informativer und unterhaltsamer vorzustellen (siehe auch »Danksagungen« am Ende des Buchs).
Thomas Meyer,
im Frühjahr 2019
Vor jedem Sprung zur Ruhe finden – das gilt auch für Ausnahmekönner wie den zweifachen Doppelolympiasieger und fünffachen Weltmeister Greg Louganis (USA).
Wasserspringen ist der Überbegriff für die Disziplinen des Kunstspringens, vom 1-Meter- und 3-Meter-Sprungbrett und des Turmspringens (5 Meter, 7,5 Meter und 10 Meter) von der festen Plattform. Für Training und Wettkampf gibt es beim Kunstspringen keine Altersbeschränkung, beim Turmspringen dürfen Wettkämpfe aus 10 Metern Höhe erst ab dem Alter von 14 Jahren durchgeführt werden.
Die in diesem Buch beschriebenen Sprungtechniken von Sprungbrettern können nur auf Duraflex-Brettern, die vollkommen waagrecht ausgerichtet sind, angewendet werden. Vor allem Sprungbretter, die nach oben gekrümmt sind, haben ein anderes Abwurfverhalten und können dazu führen, dass man bei Ausübung der hier beschriebenen Techniken zu nahe an das Brett kommt oder es gar berührt.
Ausbildung im Wasserspringen
Wasserspringen schult die Kontrolle der Bewegungsabläufe des eigenen Körpers und die Orientierung im Raum. Es werden die Beweglichkeit und die Haltung des Körpers trainiert, was in erster Linie durch entsprechende Gymnastik an Land geübt wird. Ganz besonders schult es die Konzentrationsfähigkeit und die Selbstwahrnehmung. Eine wichtige Grundkompetenz für das Leben – das Zur-Ruhe-kommen, das Zu-sich-selbst-kommen – ist innerer Ausgangszustand jeden Sprungs in jedem Alter.
Methodik und Didaktik
Einfache Bewegungsabläufe bilden die Basis für schwierigere, in den komplexeren Bewegungsabläufen finden sich immer Elemente aus den einfachen. Auch internationale Spitzenspringer greifen immer wieder auf einfachste Bewegungsabläufe zurück. Das ist vergleichbar mit Ballsportlern, die immer wieder einfache Ballbehandlungen üben (passen, Korbleger etc.).
Es ist ein langer Weg zu den schwierigeren Sprüngen, aber: Wasserspringer haben mehr Zeit zur Entwicklung als in anderen Sportarten. Trainer und Aktive können mit Geduld und langem Atem arbeiten. Bestes Beispiel ist die Weltmeisterin 2015 vom 1-m-Brett, Tania Cagnotto, die »erst« im Alter von 30 Jahren ihren ersten WM-Titel gewann und in diesem Buch besondere Erwähnung findet.
Mut
Für jeden Übenden ist es eine besondere Situation, sich zum ersten Mal zu einem neuen Sprung überwinden – sei er aus Sicht der Trainer, Eltern oder Partner auch noch so einfach. Dazu benötigt man eine gewisse Form von Mut. Diese Form des Mutes aufzubringen und sich zu überwinden ist eine sehr prägende Erfahrung für jeden Menschen; ebenso kann es aber auch zu einem problematischen Erleben führen, wenn man sich nicht traut diesen Schritt zu tun.
Bei Kindern ist vonseiten der Trainer (und Eltern) mit Einfühlungsvermögen vorzugehen und dem Kind seine Zeit zu lassen, damit es nicht den Spaß am Wasserspringen verliert. Die Trainer können über Umwege wieder die einfacheren Bewegungsabläufe festigen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder neu an das Thema heranführen, denn in gewisser Weise gilt »Mut haben nur die Dummen« (Zitat von Horst Görlitz).
Diese andere Form von Mut meint Dinge zu tun, die man nicht überschauen bzw. beherrschen kann. »Zwingende« Aufforderungen der Trainer (»Jetzt spring doch! Los, ich zähle bis drei.«) können hilfreich sein, werden vonseiten der Trainer aber nicht als »Zwang« ausgelegt. Andererseits ist es ein sehr befriedigendes Erlebnis, sich etwas getraut und sich überwunden zu haben. So heißt die andere Seite der Medaille: Mut tut gut. Es ist die Aufgabe eines verantwortungsvollen Trainers, den richtigen Zeitpunkt zu finden, einen Sprung zu fordern bzw. anzubieten.
Lockerheit
Die Lockerheit der Bewegungsausführung ist ein wichtige Voraussetzung für die Schönheit, die Ästhetik de Bewegungsablaufes. Voraussetzung für die Lockerheit ist das Kontrollieren des Bewegungsablaufes. Kontrollierte Lockerheit führt zur Ästhetik. Um Lockerheit der Bewegungsausführung auszubilden werden spielerische Übungsformen am Trampolin, vom Sprungbrett, in der Gymnastikhalle durchgeführt.
Infrastruktur
Die Trainingsmöglichkeiten orientieren sich an der vorhandenen Infrastruktur. Die Trainingsstätte in Karlsruhe verfügt beispielsweise derzeit über zwei 1-Metersowie zwei 3-Meter-Sprungbretter, ein großes Trampolin mit Longe, eine Trockensprunganlage und eine Gymnastikhalle, aber keinen Turm.
Trainingsstätten an den Bundesstützpunkten wie Leipzig, Dresden, Berlin, Rostock und Halle verfügen über eigene Springerhallen mit allen Plattformen und mehreren Sprungbrettern, Gymnastik-, Trampolin- und Trockensprunganlagen sowie Saltomaschinen, Turnhallen, etc.
Trainingsgruppen
Falls organisatorisch möglich, empfiehlt es sich bei großen Gruppen Springer ähnlichen Niveaus gemeinsam zu trainieren, weil man ähnliche Themen erarbeiten kann. Bei kleinen Gruppen kann man individueller trainieren.
Trainingsinhalte
Gymnastik:
Entspannen, aufwärmen, dehnen und lockern der Muskulatur und zum Einüben grundlegender Haltungen und »Schlüssel-Positionen«; z. B. das Stoppen der Drehbewegung vorwärts und rückwärts.
Imitationen von Bewegungsabläufen als Techniktraining zum besseren Verständnis des Bewegungsablaufes und als »mentale« Trainingsform.
Trockenspringen auf eine Schaumstoffmatte
Trampolin:
Spiel und Spaß beim Springen, Sprungausdauer, Körperbeherrschung, Orientierung im Raum. Wassersprungspezifische Bewegungsabläufe als Vorbereitung für die Sprünge vom Brett.
Trockenspringen:
Anlauf und Absprungübungen ohne nass zu werden, höhere Effektivität als im Wasser.
Entspannungstraining,Mentale Trainingsformen,Imitationen
Wasserspringen:
Optimierung der Sprünge, Üben des Eintauchen, Wettkampfvorbereitung, Spaß und Freude. Bei entsprechenden Fähigkeiten und Motivation ist die Teilnahme an Wettkämpfen der nationalen Schwimmverbände möglich.
»Schon 1728 ließ sich der preußische König Friedrich Wilhelm I. von den ›Halloren‹ Wassersprünge zeigen; und nicht zu Unrecht sagt man, dass in Halle an der Saale die Wiege des Wasserspringens stand. Waren es doch die Halloren Tichy und Lutz, die 1840 in Berlin (Bad an der Unterbaumbrücke) einen Verein zur Förderung des Wasserspringens, die sogenannten ›Tichyschen Frösche‹ gründeten.
Die Turner H. O. Kluge und K. Euler traten den ›Tichyschen Fröschen‹ bei und erweiterten die schon 1833 von Kluge herausgegebene Liste von 50 Sprüngen auf 89 Sprünge, davon 53 aus dem Stand, 22 mit Anlauf und 14 Paarsprünge, die wiederum in Abfaller, Kopfsprünge, Salti und Schrauben unterteilt waren. Als sich die ›Tichyschen Frösche‹ 1845 auflösten, trieben die Turner Kluge und Euler die Entwicklung des Wasserspringens voran. Das Wasserspringen wurde zum Turnen in der Luft und in dieser Form in Europa anerkannt. Nachdem 1889 der Österreicher Wernau die ersten Europameisterschaften gewann, dominierten von 1893–1901 die deutschen Springer Hax, Schwarz, Wundram, Hof und Walz.
1904 gewann der Amerikaner G. E. Sheldon die ersten olympischen Wettkämpfe im Wasserspringen und mit E. Dichey ein zweiter Amerikaner den einzigen Olympischen Wettkampf im ›Kopfweitsprung‹. Damals gab es weder allgemeingültige Wettkampfbestimmungen noch eine einheitliche Auffassung über den Sprungstil.
Erst als in den USA die deutsche Schule des Kunstspringens (exakte Ausführung vom Sprungbrett) und die schwedische Schule des Turmspringens (gutes, fast spritzerloses Eintauchen) zusammengefasst und durch das ›Brandstenbrett‹ (aus Pitchpine) bessere Voraussetzungen geschaffen wurden, begann sich eine einheitliche Auffassung über den Sprungstil herauszubilden.
Der so genannte amerikanische Sprungstil hat sich international durchgesetzt, und die USA sind bis heute (1971; der Verfasser) die führende Nation im Wasserspringen geblieben. Die Ursache dieser Überlegenheit sind beste Trainingsmöglichkeiten, große Konkurrenz im eigenen Land und ständiges Bemühen, sich durch Verbesserung der Sprungbretter (Duraflex-Sprungbrett) und Verwendung von Hilfsgeräten (Trampolin) die Voraussetzungen für immer schwierigere Sprünge zu schaffen. Trotzdem haben andere Nationen, besonders in Europa, aufgeholt.« (Horst Görlitz in Beyer, 1972).
Karl »Carlo« Dibiasi 1937 am Montiggler See in der Nähe von Bozen
Geschichte der Karlsruher Springerschule von Peter Strähle, ehem. Springwart des Deutschen Schwimmverbandes1:
»Das Wasserspringen kann in Karlsruhe auf eine bald 100-jährige Tradition zurückblicken, denn zu Beginn des Verbands- und Vereinssports bildeten Wasserspringen und Schwimmen zusammen mit Tauchen eine schwimmsportliche Einheit im Wettkampf.
In der Nachkriegszeit fand in Karlsruhe das Training der Wasserspringer zunächst im Vierordtsbad statt. Als Trainer waren für den Karlsruher Schwimmverein Neptun 1899 Claus Bastian und Dr. Rolf Stellrecht und für den Freie Spiel- und Sportverein 1898 Karlsruhe Hans Anderer tätig.
Aus deren Arbeit gingen dann die Springer Helmut Hünerfauth und Peter Strähle (siehe Kapitel 7) hervor, die erfolgreich an Badischen, Süddeutschen und Deutschen Meisterschaften teilnahmen und nach ihrer aktiven Zeit weiter als Trainer und Funktionäre arbeiteten.«
Heute, 2019, sind Peter und Helmut immer noch aktiv, Peter als gefragter Mentor und Berater, Helmut am Beckenrand; er wurde am 23. 1. 2018 mit dem Trainerpreis 2017 des Landessportverbandes Baden Württemberg für sein Lebenswerk geehrt – beide geben im Abschlusskapitel wegweisende Interviews.
Horst Görlitz, Nationaltrainer der DDR, von Italien und der BRD, war seinerzeit der erfolgreichste Trainer der Welt – hier am Beckenrand des Karlsruher Tullabades.
Ende der 1950er Jahre wurde die Idee des damaligen Badedirektors Döring einer vereinsübergreifenden Trainingszeit der Springsportler in Karlsruhe von Peter Strähle verwirklicht und die Springerinnen und Springer der Karlsruher Vereine, unter Beibehaltung ihrer jeweiligen Vereinszugehörigkeit, zur Karlsruher Springerschule zusammengeführt. Die ab 1955 im Karlsruher Tullabad organisiert war (erster Hallenneubau der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik und der damals einzigen wettkampfgerechten Turmanlage).
Die Entwicklung unter Horst Görlitz
1956 begann der Aufschwung des Springsports in Karlsruhe durch den aus der DDR gekommenen Trainer Horst Görlitz, der dann aber bereits 1958 als Staatstrainer für Wasserspringen nach Italien wechselte. Seine Arbeit übernahmen Helmut Hünerfauth, der spätere Landestrainer Baden-Württemberg und der spätere Springwart des Deutschen Schwimm-Verbandes, Peter Strähle.
Nach der Rückkehr von Horst Görlitz 1970 nach Karlsruhe als neuer Bundestrainer des Deutschen Schwimm-Verbandes, verwirklichte Peter Strähle als Organisator zusammen mit Helmut Hünerfauth die Idee von Horst Görlitz, einer erste systematische Talentsuche und Talentförderung im Wasserspringen in der Bundesrepublik. Dadurch entwickelten sich eine Reihe national und international erfolgreicher Athleten.
In Italien trainierte Horst die beiden damals erfolgreichsten Springer Klaus Dibiasi (Vgl. Vorwort) und Giorgio Cagnotto2.
Die Welt- und Europameisterin Tania Cagnotto3 ist Giorgios Tochter. Oft wurde Horst noch bezüglich ihres Trainings um Rat gebeten.
Horst Görlitz legte zeitlebens darauf Wert, dass er ein Autodidakt sei. Sein in der Ausbildung zum Flugzeugbauer erworbenes Wissen der Biomechanik wendete er für das Wasserspringen an. Die Beschreibung des Anlauf Aufsatzschrittes auf Seite 85 ff. belegt die Genauigkeit und Akribie seiner Arbeit.
Seine Lebensgeschichte kann man in einem Brief an seinen Freund, den amerikanischen Trainer Sammy Lee (Trainer und Entdecker von Greg Louganis) nachlesen4.
Die zuvor erwähnte Geschichte des neuzeitlichen Wasserspringens hat er 1971 selbst für Reclams Sport Führer (Vgl. Beyer, 1971) geschrieben.
Am 8. und 9. 12. 1984 fand im Karlsruher Fächerbad der weltweit erste offizielle Wettkampf im Synchronspringen vom 3-m-Brett statt.
2012 wurde die Karlsruher Springerschule mittlerweile ganz im SSC/KSN 1899 Karlsruhe integriert zum DSV-Nachwuchsstützpunktes ernannt. Horst Görlitz erlebte noch die feierliche Präsentation, verstarb im November dann mit 91 Jahren.
2016 wurde Horst Görlitz als einziger deutscher Wasserprungtrainer posthum in die International Swimming Hall of Fame in Fort Lauderdale aufgenommen5, wo auch schon Carlo Dibiasi6, der Vater von Klaus7 verewigt wurde.
Protokoll des ersten offiziellen Wettbewerbs im Synchronspringen im Karlsruher Fächerbad
Die Sprunganlage zur Austragung internationaler Wettkämpfe befindet sich in einem eigenen Becken. Sie besteht aus einer Turmanlage mit 0,6- bis 1-m- sowie 2,6- bis 3-m-Trainingsplattformen und 5-m-, 7,5-msowie 10-m-Wettkampfplattformen.
Die Plattformen sind jeweils seitlich versetzt. Meist sind 3-m-Sprungbretter noch auf dieser Seite untergebracht. Auf der gegenüberliegenden Seite befinden sich 1-m-Bretter und unter Umständen auch nochmals eine 0,6- bis 1-m-Plattform.
Für die Plattformen und deren Konstruktion gelten strenge Normen, die im Regelwerk des DSV genannt werden8.
1.Jede Plattform muss stabil und horizontal sein.
2.Die Plattformen müssen folgende Mindestmaße betragen:
0,6- bis 1,0-m-Plattform: Breite 0,60 m, Länge 5,0 m
2,6- bis 3,0-m-Plattform: Breite 0,60 m (vorzugsweise 1,50 m), Länge 5,0 m
5,0-m-Plattform: Breite 1,5 m, Länge 6,0 m
7,5-m-Plattform: Breite 1,5 m, Länge 6,0 m
10,0-m-Plattform: Breite 2,0 m, Länge 6,0 m (…)
Auf 10-m-Plattformen, die weniger als 3 m breit sind, können die Geländer auf beiden Seiten, mindestens auf einer Länge von 3 m von der vorderen Kante an gerechnet, seitlich ausragend montiert werden. Vorzugsweise wird für den normalen Gebrauch der Anlage ein leicht entfernbares Zusatzgeländer angebracht. Für das Synchronspringen sind zwei nebeneinanderliegende 10-m-Plattformen zulässig.
3.Die Stärke der Turmvorderkante muss maximal 0,2 m betragen und kann senkrecht verlaufen oder einen nach innen geneigten Winkel – nicht größer als 10° – aufweisen.
4.Die Oberfläche und die Turmvorderkante müssen gänzlich mit einer elastischen und rutschsicheren Auflage versehen sein.
5.Die 10-m- und die 7,5-m-Turmkanten müssen mindestens 1,50 m über die Beckenkante hinausragen. Für 2,6-m bis 3,0-m- und 5,0-m-Plattformen wird ein Vorragen von 1,25 m akzeptiert. Bei 0,6-m bis 1,0-m-Plattformen ist ein Vorsprung von 0,75 m zulässig.
6.Wenn sich eine Plattform direkt unter einer anderen Plattform befindet, muss die obere Plattform mindestens 0,75 m (vorzugsweise 1,25 m) über die untere Plattform hinausragen.
7.