Wegbegleiter mit Fell und Flügeln - Martina Merckel-Braun - E-Book

Wegbegleiter mit Fell und Flügeln E-Book

Martina Merckel-Braun

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Beschreibung

Von Kindheit an haben Hunde, Pferde, Katzen, Vögel, Schafe und noch manch andere Tiere das Leben von Martina Merckel-Braun geprägt und bereichert - bis zum heutigen Tag. So sind für sie viele Erlebnisse, die sie im Laufe der Jahrzehnte mit Tieren hatte, zu Gleichnissen geworden. Mit viel Humor und Herzenswärme erzählt dieses Buch von den kleinen und großen Abenteuern, die die Autorin mit ihren vierbeinigen oder gefiederten Wegbegleitern erlebt hat - und was diese Erfahrungen uns über Gott und das menschliche Miteinander lehren können.

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INHALT

VORWORT

TEIL 1:GOTT, UNSERSCHÖPFERUNDVATER

1 WINTERKINO

2 JOHANNUNDJOHANNA

3 ERSTAUNLICHEÄHNLICHKEIT

4 EINELEFANTIMSEEBACH

5 NICHTSZUGETRAUT

6 AUFDENMÜLLGEWORFEN

7 GELIEBTESKINDHATVIELENAMEN

8 ZUFLUCHTSORT

9 SCHWARZODERWEISS …

10 RUNTERVOMSOFA!

11 EINPLATZFÜRNOSSI

12 WEMESANWEISHEITMANGELT …

13 DASLETZTEKINDHATFELL

TEIL 2 MITJESUSLEBEN

14 EINDENKMALFÜRETZEL

15 AUFERSTEHUNGSFREUDE

16 „LOHNENDES“ GEBET

17 ALLENEUNE!

18 LASTENTRAGEN

19 ICHKOMMEWIEDER!

20 VIELEWOHNUNGEN

21 EINGESCHRÄNKT, ABERNICHTAUSGEGRENZT

22 WUNDENLECKENVERBOTEN

23 BESSERHINGUCKEN!

24 DERLIEBESTANK

25 ICHINVESTIERE!

26 DRANBLEIBEN!

TEIL 3 GEMEINSAMUNTERWEGS

27 NÄCHTLICHEHILFERUFE

28 TIERISCHEPATTSITUATION

29 ONKELTHOREN

30 BRUDERLIEBE

31 DODOSLETZTEBITTE

32 GERETTET!

33 BEHUTSAMEBEFREIUNG

34 EINFACHDASEIN

35 RATTEUNDRÄTTCHEN

36 ZUNAHEGETRETEN?

37 RÜCKSICHTSVOLLERDIEB

38 NIEDERDRÜCKENODERAUFRICHTEN?

39 TÜTCHENODERKEINTÜTCHEN?

TEIL 4 EINBLICKEUNDAUSBLICKE

40 NOCHEINMALPETERCHEN

41 EINTRAUMINGRÜN

42 INDERFALLE

43 GERADENOCHMALGUTGEGANGEN

44 „KANTATE!“

45 ALLERLEIGERUCHSERLEBNISSE

46 NICHTZUFRÜHAUFGEBEN!

47 KANNDASDIEHÖLLESEIN?

48 SCHLÜSSEL-ERLEBNIS

49 VERHÄNGNISVOLLERDOMINOEFFEKT

50 DIEFAULEBIENESURRA

51 UNERSETZLICH

52 EINBLICKEUNDAUSBLICKE

VORWORT

Jesus lehrte sie vieles, und er gebrauchte dazu Gleichnisse.

Markus 4,2 (NGÜ)

Vor einigen Tagen – ich hatte die Arbeit an diesem Buch fast beendet und dachte noch über das Vorwort nach – hatte ich ein bewegendes Erlebnis.

Ich war an jenem Nachmittag in einen Nachbarort gefahren, um dort in einer Teppichwäscherei zwei kleine Brücken abzuholen. Meine Hunde hatte ich mitgenommen, denn ich wollte die Gelegenheit nutzen, um mit ihnen an einer Stelle am Rhein spazieren zu gehen, an der sie noch nie zuvor gewesen waren. Für solche kleinen Abenteuer sind sie immer gern zu haben.

Während ich nun gedankenverloren mit den beiden über den Radweg am Deich ging, kam ein Spaziergänger mit einem großen blonden Hund auf uns zu. Beide wirkten überaus freundlich, und es spielte sich ab, was in solchen Situationen fast immer geschieht: Während Fritzi, unsere Hündin, ziemlich abweisend reagierte und den interessierten Artgenossen mit zickigem Gekläff auf Abstand hielt, war Wolle von dem blonden Riesen überaus angetan, und die beiden begrüßten und beschnupperten einander ausgiebig. Wie so oft bei solchen Begegnungen entspann sich schnell ein Gespräch zwischen mir und dem unbekannten Hundebesitzer.

„Das sind Spitze, nicht wahr?“, fragte er und ich nickte bestätigend. Er erzählte mir, dass er selbst einmal eine Spitz-Hündin gehabt hatte, dass sie sehr alt geworden war und wie viel Freude er an ihr gehabt hatte. Da ich aus Erfahrung weiß, dass Hundebesitzer oft „ihrer“ Rasse treu bleiben, fragte ich: „Und wie kommt es, dass Sie sich nun einen Golden Retriever zugelegt haben?“

„Ja, eigentlich wollte ich gar keinen Hund mehr, als meine Hündin gestorben war“, erwiderte mein neuer Bekannter. „Aber dann hat mein Kumpel mir von ihm hier erzählt.“ Er deutete auf seinen Begleiter. „Der Züchter wollte ihn einschläfern lassen, weil eines seiner Vorderbeine nicht in Ordnung war. Es war viel zu kurz und er konnte nur humpeln. Er wusste, dass er ihn nicht verkaufen konnte und dass der Hund keine Zukunft hatte. Das hat mir so leidgetan, dass ich gesagt habe, ich nehme ihn.“

Der Mann berichtete, dass er gleich als Erstes 2000 Euro bezahlt hatte, um den Hund operieren zu lassen: Er benötigte ein Implantat aus Metall, das die unterschiedliche Länge der Vorderbeine ausglich, und nach der Operation waren natürlich noch einige Nachfolgebehandlungen erforderlich. „Das hat natürlich alles einen Haufen Geld gekostet. Aber er hat es mir so sehr gedankt. Er ist der liebste, anhänglichste Hund, den man sich vorstellen kann. Er tut niemandem etwas Böses und ist immer nur freundlich, zu jedem Menschen und jedem anderen Hund. Es ist, als wüsste er, dass ich ihm das Leben gerettet habe. Er scheint froh zu sein über jeden Tag, an dem er auf der Welt sein darf.“

Nachdem wir noch ein paar Sätze miteinander gewechselt hatten, gingen wir beide mit unseren Schützlingen unserer Wege. Aber die Begegnung beschäftigte mich noch lange. Die Geschichte, die dieser Mann mir erzählt hatte, war für mich ein wunderbares Bild für die Barmherzigkeit Gottes. Meinem neuen Bekannten hatte dieses arme, zum Tode verurteilte Tier so leidgetan, dass er einfach eingreifen musste. Dass er diesen Hund zu sich genommen und den Preis für seine Wiederherstellung bezahlt hatte, war für mich ein Gleichnis für Gottes Gnade. Auch er möchte uns Menschen aus unserer Verlorenheit herausholen und uns ein neues Leben schenken. So wie Gott, der in der Bibel ausdrücklich „der Ursprung aller Barmherzigkeit“ (Neues Leben) oder „Vater der Barmherzigkeit“ (LÜ) genannt wird (2. Korinther 1,3), uns voller Liebe und Erbarmen begegnet, hatte auch dieser Mann sich erbarmt und diesen Welpen, für den es nach menschlichem Ermessen keine Zukunft gab, aus seiner hoffnungslosen Situation gerettet.

Ich bin in einem kleinen Dorf im Teutoburger Wald aufgewachsen und habe von Kindheit an mit Tieren zusammengelebt. Hunde, Pferde, Katzen, Vögel, Schafe und noch manche anderen Tiere haben mein Leben begleitet – nicht nur in meiner Kindheit, sondern bis zum heutigen Tag. Gegenwärtig lebe ich mit meinem Mann Gerhard, unserer jüngsten Tochter und unseren drei Kleinspitzen in einem fröhlichen „gemischten Rudel“ in Germersheim am Rhein. Unsere Hunde sind ebenfalls Vater, Mutter und Tochter. Der schwarz-weiß gescheckte Papa Wolle kam schon als Welpe zu uns. Fritzi, die Mama, beschloss im Alter von einem Jahr, dass ich ihr neues Frauchen werden sollte, und wir haben sie wunschgemäß adoptiert. Sie ist hellbraun-weiß gescheckt (die offizielle Farbe lautet orange gescheckt) und erinnert an eine kleine Füchsin. (Ein Foto von den beiden finden Sie am Ende dieses Buches.) Tochter Milli, die dem ersten und einzigen gemeinsamen Wurf ihrer Eltern entstammt, wirkt wie eine gelungene Mischung ihrer Elterntiere: Sie ist schwarz-weiß-gescheckt wie der Papa, aber mit ein wenig hellbraunem Make-up an Wangen und Augenbrauen. Während Wolle und Fritzi mich als ihre primäre Bezugsperson betrachten, hat Milli sich besonders Gerhard angeschlossen und weicht, soweit es in ihrer Macht steht, Tag und Nacht nicht von seiner Seite. Unsere Geschichte habe ich 2014 in meinem Buch „Glück auf kleinen Pfoten“ erzählt.

Nachdem ich zum Glauben an Jesus Christus gefunden hatte, sind viele Erlebnisse, die ich im Laufe meines Lebens mit Tieren hatte, für mich zu Gleichnissen geworden. Ich habe dadurch bestimmte Aspekte von Gottes Wesen und seinem Handeln an und mit uns Menschen kennengelernt und biblische Wahrheiten auf ganz praktische Weise verstanden. Und dabei habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass Gott mit jedem Menschen so spricht, wie er oder sie es am besten verstehen kann. In meinem Fall hat er immer wieder durch die Geschichten zu mir gesprochen, die ich mit meinen tierischen Wegbegleitern erlebt habe.

Ich denke, dass Sie, liebe Leserin und lieber Leser, dieses Buch in der Hand halten, weil auch Sie eine besondere Beziehung zu Tieren haben. Darum habe ich dieses Buch genau für Sie geschrieben. Ich möchte meine Erlebnisse mit Ihnen teilen, weil ich hoffe, dass diese Geschichten auch zu Ihnen sprechen und Sie in Ihrem Glauben stärken. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen und bin gespannt darauf, von Ihnen zu hören. Wenn Sie mir schreiben möchten, freue ich mich auf Ihre Nachricht an:

[email protected]

Herzlich

Ihre Martina Merckel-Braun

TEIL 1 GOTT, UNSER SCHÖPFER UND VATER

Gott ist es, der allen Geschöpfen das Leben geschenkt hat. Alle Völker, die auf der Erde leben, haben in ihm ihren Ursprung. Er gab den Menschen Zeit und Lebensraum, damit sie nach ihm suchen können. Und diese Suche ist nicht schwer, ist er uns Menschen doch unfassbar nahe. Denn durch ihn leben und handeln wir. Er umgibt uns mit seiner Liebe.

Apostelgeschichte 17,27 – 28 (WD)

1 WINTERKINO

Ich danke dir, dass du mich so herrlich und ausgezeichnet gemacht hast!

Psalm 139,14

Die Tatsache, dass meine Eltern Vögel liebten, bereicherte meine Kindheit sehr. Als Besitzer eines kleinen Sees bewahrte mein Vater im Heizungskeller immer einen Sack mit Entenfutter auf. Jeden Morgen konnte ich miterleben, wie er eine Portion davon heraufholte und sich damit pfeifend an das Seeufer stellte. Die Enten waren mit der besonderen Melodie, die er dabei pfiff, vertraut und kamen sofort freudig herangeflogen. (Obwohl ich meinem Vater in vieler Hinsicht sehr ähnlich bin, habe ich die Fertigkeit, laut und melodiös zu pfeifen, leider nie erlernt – dabei hätte sie mir im Umgang mit meinen Hunden sicher manchmal gute Dienste geleistet …)

Unser Haus stand unmittelbar am Waldrand und war auch sonst nur von Wiesen, Sträuchern und Heideflächen umgeben. Darum konnten wir uns über eine rege Vogelpopulation freuen. Besonders im Winter wurde das offensichtlich, denn das Füttern der heimischen Singvögel hatte für meine Eltern einen hohen Stellenwert und wurde regelrecht zelebriert. Auf der Terrasse, die vom Esstisch aus einsehbar war, stand ein stabiles, großes Vogelhäuschen, und unten am Boden befand sich stets noch ein zusätzliches Futtertablett. Doch damit nicht genug – in den Bäumen vor dem Haus wurden Meisenringe aufgehängt, und neben dem obligatorischen vorweihnachtlichen Plätzchenduft wurde unser Haus in den Wintermonaten noch von einem ganz besonderen Duft durchzogen: Meine Eltern kauften Kilopakete mit Rindertalg und ließen diesen in einem Topf schmelzen. Die flüssige Masse wurde dann mit Sonnenblumenkernen, Erdnüssen, Haferflocken oder fertigem Körnerfutter angereichert und in vorbereitete Gefäße wie Blumentöpfe aus Ton, leere Joghurtbecher oder Schmalztöpfchen gefüllt. Dann wurde ein trockener kleiner Zweig hineingesteckt, damit die kleinen gefiederten Gäste darauf landen und sich bei ihren Mahlzeiten daran festhalten konnten. Nach dem Abkühlen wurden die selbst gemachten Futterstationen dann in Bäumen oder auf Fensterbänken platziert und natürlich sehr bald von den Vögeln entdeckt und eifrig besucht. Das winterliche Ritual, die Gefäße mit dieser Rindertalg-Masse zu füllen, faszinierte mich jedes Mal aufs Neue. Auch auf der Fensterbank meines Kinderzimmerfensters hatte ich regelmäßig ein solches Futterschälchen stehen und konnte die hungrigen kleinen Gäste – meist waren es Blau-, Kohl- oder Tannenmeisen – schon morgens beim Aufstehen aus nächster Nähe betrachten.

Besonders groß war die Vielfalt, die wir dann beim Frühstück auf der Terrasse beobachten konnten. Meisen, Spatzen, Rotkehlchen, Buch- und Grünfinken, Buntspechte und Singdrosseln frequentierten das Häuschen, und der Futterplatz am Boden wurde auch von Elstern und sogar einem prächtigen Fasanenpaar besucht.

Als ich mich einmal darüber wunderte, dass so viele verschiedene Vogelarten zu uns kamen, erklärte mein Vater mir: „Das liegt daran, dass wir für alle diese Arten das richtige Futter anbieten. Finkenvögel wie Spatzen, Buchfinken oder Dompfaffen brauchen etwas anderes als Meisen oder Spechte. Drosseln und Rotkehlchen benötigen Weichfutter, deshalb streuen wir auch jeden Tag Haferflocken in das Futterhäuschen. Und die Fasanen und Elstern mögen gern Mais – darum geben wir immer eine Portion davon auf das Tablett am Boden, denn wir wollen ihnen ja auch etwas Gutes anbieten.“

Die Freude an Vögeln hat mich nach diesen Kindheitserfahrungen mein Leben lang begleitet. Und heute hat die Tatsache, dass es so viele verschiedene Vogelarten gibt, die alle ihre besonderen Eigenarten, Vorlieben und Bedürfnisse haben, für mich auch eine übertragene Bedeutung. Wir Menschen sind ja ebenfalls völlig unterschiedlich geschaffen, und das gilt auch für uns Christen. Und so ist es auch in Ordnung, dass wir ganz verschiedene Eigenschaften und Fähigkeiten, Vorlieben und Bedürfnisse haben. Darum finde ich es wichtig, dass wir einander – und auch uns selbst! – genau so bejahen, wie Gott uns geschaffen hat. Ein gewöhnlicher Sperling ist ebenso wertvoll wie ein kunstvoll gezeichnetes Rotkehlchen, eine unermüdliche Singdrossel oder ein stolzer, krächzender Fasan.

Vergleichen Sie sich selbst manchmal mit anderen Menschen? Wie schneiden Sie bei solchen Vergleichen ab? Fühlen Sie sich eher wie eine unscheinbare kleine Blaumeise oder wie ein aus dem Rahmen fallender, misstrauisch beäugter Fasan? Leiden Sie unter Ihrer eigenen „Durchschnittlichkeit“ – oder macht es Ihnen eher zu schaffen, dass Sie bestimmte Eigenschaften oder Bedürfnisse haben, die für andere befremdlich sind?

Danke, himmlischer Vater, dass du mich genau so geschaffen hast, wie ich bin. Du kennst mich ganz genau und weißt, welche besonderen Stärken ich habe und was ich brauche, um glücklich zu sein und gesund zu bleiben. Danke, dass du mich verstehst und so für mich sorgst, dass ich ein frohes, ausgeglichenes Leben führen kann.

2 JOHANN UND JOHANNA

Selbst ein Vogel findet dort ein Heim, und die Schwalben bauen ihr Nest und ziehen ihre Jungen auf, nahe bei deinen Altären, allmächtiger Herr, mein Gott und König!

Psalm 84,4

„Kommt mal mit in die Garage!“, rief mein Vater aufgeregt. „Ich muss euch unbedingt etwas zeigen!“

Gespannt kehrten meine Mutter und ich dem Frühstückstisch, den wir gerade abräumen wollten, den Rücken und folgten meinem Vater den kleinen Weg hinunter zur Garage. Sie war in einen Erdhügel hineingebaut und recht geräumig, da sie nicht nur als Parkplatz für unser Auto diente – auch diverse Gartenutensilien wie Spaten und Rechen, Düngersäcke, unsere Schubkarre und unser Rasenmäher waren dort untergebracht. An der linken Wand befand sich eine Reihe von gabelförmigen Halterungen, in die verschiedene Harken und Schaufeln eingehängt waren.

„Seht mal, was ich gerade eben entdeckt habe!“, sagte mein Vater leise und deutete auf eine der Halterungen.

„Das gibt’s doch nicht!“, flüsterte meine Mutter erstaunt.

„Was ist denn da?“, rief ich ungeduldig, denn ich war zu klein, um sehen zu können, was sich dort oben befand.

„Psst“, ermahnte mich mein Vater. „Warte, ich zeig’s dir!“ Er hob mich hoch – und schon blickte ich in zwei glänzende kohlschwarze Augen, die mich ruhig aus einem braungefiederten Vogelgesicht anschauten. Mitten auf unserer Gartengeräte-Halterung hatte sich ein Vogelpaar ein Nest gebaut.

„Die Drosselmutter brütet schon, darum bleibt sie so ruhig sitzen. Sie darf ihre Eier nicht kalt werden lassen“, sagte mein Vater leise und ließ mich wieder herunter.

„Woher weißt du denn, dass es die Mutter ist?“, erkundigte ich mich, und er erklärte: „Das erkennt man an der Farbe. Die Weibchen sind braun und haben einen schwarzen Schnabel. Die Männchen sind schwarz und ihr Schnabel ist orange.“

„Was machen wir denn jetzt?“, überlegte meine Mutter. „Können wir die Garage weiter benutzen?“

Mein Vater bejahte – sie war ja die ganze Zeit über benutzt worden, und dass ein Auto hinein- und hinausgefahren wurde und Menschen ein- und ausgingen, hatte die Vögel nicht daran gehindert, dort ihr Nest zu bauen. Nur die aufgehängten Gartengeräte konnten wir natürlich nicht mehr benutzen. Wir wollten die sorgsam errichtete Kinderstube der Vogelfamilie ja nicht zerstören.

In den nächsten Wochen suchten wir mehrmals täglich die Garage auf, um in das Vogelnest zu schauen. Ein kleiner, eigens unter dem Nest aufgestellter Schemel ermöglichte das auch mir. Zuerst sahen wir, wenn die Eltern einmal für ganz kurze Zeit ihr Nest verließen, nur die hellgrünen, schwarz gesprenkelten Eier dort liegen. Aber eines Tages vernahmen wir schon, als wir uns der Garage näherten, ein ganz zartes, mehrstimmiges Piepsen. Die winzigen, nackten Vogelküken, die anfänglich noch blind waren, dort liegen zu sehen, war herzerweichend. Sie waren immer nur für wenige Minuten allein, während die Eltern Würmer sammelten, um ihre Küken damit zu füttern. Als die Kleinen die Äuglein zu öffnen begannen, hielt mein Vater manchmal die Hand über das Nest – die Küken dachten dann, dass ein Elternteil gekommen sei, und sperrten reflexartig die winzigen Schnäbel auf. Ich denke aber, mein Vater tat das nur, um mir dieses Wunder der Natur vor Augen zu führen. Grundsätzlich versuchten wir, die Tiere, die sich da so vertrauensvoll auf unseren Gartengeräten „eingenistet“ hatten, so wenig wie möglich zu stören.

Ich finde es heute im Rückblick so erstaunlich und bewegend, dass diese kleinen Geschöpfe unsere Garage für einen sicheren Ort hielten und weder uns Menschen noch unser Auto als Gefahr für ihren Nachwuchs betrachteten. Ich erinnere mich bis heute an den ruhigen Blick aus den schwarzen Knopfaugen, mit denen sie uns anschauten, wenn wir ihnen in ihrem selbst gewählten Zuhause einen Besuch abstatteten.

Es faszinierte mich zu beobachten, wie die Vogelkinder allmählich heranwuchsen, und es war ein besonderer Tag, als das Nest schließlich leer stand, weil die Kleinen flügge geworden waren. Das war, wie meine Eltern mich belehrten, nun einmal der Lauf der Welt. Und wie sehr freuten wir uns, wenn wir die Drosseleltern und ihre Küken in den darauffolgenden Wochen auf unserem Rasen herumhüpfen sahen und beobachten konnten, wie die Eltern ihre Kleinen mit Regenwürmern fütterten, die sie zuvor emsig aufgepickt hatten. Anfänglich war der Größenunterschied zwischen Eltern und Kindern noch deutlich zu erkennen, aber irgendwann konnte man nur noch an der unterschiedlichen Rollenverteilung ablesen, wer das Elternteil und wer das Kind war. Und irgendwann hatte es den Anschein, als würden die Eltern in dem Bemühen, die hungrigen Schnäbel der Kleinen zu stopfen, immer dünner, während die Kinder immer mehr an Gewicht zulegten und es dann irgendwann glücklicherweise lernten, für sich selbst zu sorgen.

Wir gaben den Drosseleltern die Namen Johann und Johanna und freuten uns, wenn sie – und manche ihrer Artgenossen (die wir natürlich optisch nicht von ihnen unterscheiden konnten und darum ebenfalls Johann und Johanna nannten) – im Winter zu unserem Futterhäuschen kamen. „Die Vögel, die wir im Winter füttern, singen im Sommer für uns“, sagte meine Mutter manchmal, und wenn Johann im Sommer auf unserem Dachfirst saß und in den höchsten Tönen sein melodiöses Lied in den blauen Himmel schmetterte, wusste ich, dass sie recht hatte.

Johann und Johanna bauten mehrere Jahre lang jedes Frühjahr ihr Nest auf der Gartengeräte-Halterung in unserer Garage, und jedes Jahr freuten wir uns aufs Neue über ihr Vertrauen und darüber, dass wir miterleben durften, wie ihre Küken zur Welt kamen, wuchsen und gediehen und schließlich den Sprung in ein selbstständiges Leben schafften.

Ich staune im Rückblick sehr darüber, dass sich diese Drosseln offenbar „bewusst“ dafür entschieden hatten, ihr Nest in unserer Garage zu bauen. Sie müssen diesen Platz für besonders sicher gehalten haben. Heute ist mir ihr Verhalten ein Sinnbild dafür, dass Gott uns einlädt, unser Leben ganz bewusst in seine Hand zu legen und auf dem Fundament seiner Liebe und Treue aufzubauen.

Der eingangs abgedruckte Bibelvers in Psalm 84 bringt auf bildliche Weise zum Ausdruck, dass unser Leben gelingt, wenn wir es ganz bewusst im Vertrauen auf Gott und seine Gegenwart planen. Ihn in unsere Entscheidungen einzubeziehen und es auf seinem Wort zu gründen, schenkt uns Geborgenheit und Schutz. Haben Sie selbst Erfahrungen gemacht, die diese Aussage bestätigen?

Danke, Herr, dass mein Leben in deiner Hand geborgen ist. Hilf mir, dir auch heute in allem zu vertrauen – was auch immer geschehen mag. Du bist mein Schutz und meine Sicherheit.

3 ERSTAUNLICHE ÄHNLICHKEIT

So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er sie, als Mann und Frau schuf er sie.

1. Mose 1,27

Vor einiger Zeit schickte mir eine Freundin den Link zu einer Fotostrecke mit Bildern, die Hunde ganz verschiedener Größen und Rassen mit ihren jeweiligen Besitzern zeigten. Das besondere Augenmerk lag bei dieser Bilderstrecke auf der großen Ähnlichkeit, die zwischen Hund und Herrchen oder Frauchen zu erkennen war. Während ich mich durch die Fotos klickte, kam ich aus dem Lachen gar nicht mehr heraus. Die Ähnlichkeiten waren tatsächlich frappierend und oft zum Brüllen komisch, und natürlich habe ich den Link fleißig an alle meine Freundinnen und Freunde weitergeleitet, die ebenfalls Hunde besitzen.

Aber nicht nur im Internet, auch im täglichen Leben beobachte ich immer wieder solche Mensch-Hunde-Teams, zwischen denen eine erstaunliche Ähnlichkeit besteht – sei es in Bezug auf die Haartracht, den Körperbau, das Temperament oder sogar den Gesichtsausdruck.

Ich habe mich schon so manches Mal gefragt, wie sich dieses Phänomen wohl erklären lässt. Vielleicht liegt es daran, dass Menschen sich oft intuitiv Hunde auswählen, die besonders gut zu ihnen passen und ihr eigenes Wesen widerspiegeln? Oder stellen sich die beiden Beziehungspartner im Laufe der Zeit so aufeinander ein, dass sie einander immer ähnlicher werden? Ich kann es nicht mit Sicherheit beantworten, aber die Tatsache als solche finde ich wirklich sehr auffällig, und sie ist ja auch hinreichend bekannt.

Mir fällt bei dieser Beobachtung natürlich gleich das Bibelwort aus dem 1. Buch Mose ein, dass wir Menschen „nach dem Bild Gottes“ geschaffen worden sind. Aber ich muss auch an einen Text denken, den Paulus an die Gemeinde in Korinth schrieb: „Ja, wir alle sehen mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn. Wir sehen sie wie in einem Spiegel, und indem wir das Ebenbild des Herrn anschauen, wird unser ganzes Wesen so umgestaltet, dass wir ihm immer ähnlicher werden“ (2. Korinther 3,18; NGÜ). Wir werden einfach nur dadurch umgestaltet und Jesus ähnlicher, dass wir ihn anschauen und uns auf ihn einlassen – ich finde das wirklich sehr bemerkenswert.

Aber nicht nur im Hinblick darauf, wie das Wesen und Verhalten eines Hundes durch das Zusammenleben mit seinem irdischen Herrchen beeinflusst wird, lassen sich Parallelen zu dem Verhältnis zwischen uns und unserem himmlischen Herrn entdecken. Oft kann man auch deutliche Gemeinsamkeiten in Bezug auf den jeweiligen Umgang miteinander feststellen: Wie ich meinen Hunden gegenüber handle oder empfinde, hat mir oft einen Eindruck davon vermittelt, wie Gott wohl mir gegenüber fühlt oder mit mir umgeht. So passiert es mir zum Beispiel immer wieder, dass Wolle oder Fritzi mir beim Spaziergang nicht auf dem Weg folgen möchten, den ich einschlage. Ich merke es daran, dass plötzlich die Flexileine straff wird. Statt ihn oder sie dann mit Gewalt hinter mir herzuziehen, drehe ich mich dann erst einmal um – manchmal ist der betreffende Hund ja auch mit einem dringenden Geschäftchen beschäftigt oder muss gerade etwas Tolles beschnuppern oder ein bisschen Gras fressen. Manchmal ist jedoch nichts davon der Fall und er (oder sie) bleibt einfach stehen und schaut mich mit großen Augen an. Meist passiert das an einer Weggabelung, und ich frage dann: „Möchtest du hier nicht entlanggehen? Lieber dort?“ Und wenn ich dann die gewünschte Richtung einschlage, können wir unseren Weg reibungslos fortsetzen.

Natürlich weiß ich, dass eigentlich der Mensch der „Rudelchef“ sein sollte. Und ich weiß auch, dass ich viel stärker bin als meine kleinen Spitze und sie einfach hinter mir herziehen könnte. Aber wenn es nicht wirklich wichtig ist, weil wir dringend nach Hause müssen oder ein bestimmtes Ziel haben, gehe ich gern auf ihre bescheidenen Wünsche ein. Schließlich mache ich die Spaziergänge ja für sie, und ob wir unsere Runde in dieser oder jener Richtung machen, ist mir im Grunde egal. Ich finde es einfach schön, wenn sie mich dann mit ihren lieben Spitzgesichtern „anlächeln“ und mir zeigen, wie sehr sie sich freuen, dass ich sie verstehe und auf sie eingehe. Natürlich hat diese Freiheit auch ihre Grenzen, und es gibt Situationen, in denen ich energisch werden und sie gewaltsam zurückhalten muss – zum Beispiel, wenn einer unserer Hunde unbedacht über die Straßen rennen will oder Millie, unsere Jüngste, wütend auf einen Traktor oder einen Lkw zustürmt, um diesem unangenehmen Krachmacher in die Räder zu beißen. Auf ein solch ungleiches Kräftemessen möchte ich es nun wirklich nicht ankommen lassen. Aber im Prinzip gehe ich gern auf ihre Wünsche ein und finde es viel schöner, einen Konsens mit ihnen zu finden, statt ihnen einfach meinen Willen aufzuzwingen. Und wenn wir uns so gar nicht einigen können, kann ich immer noch mein Zaubermittel einsetzen: Ein zur rechten Zeit angebotenes Leckerli konnte sie schon immer dazu bewegen, sich auf die von mir vorgeschlagene Richtung einzulassen.

Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass Gott mit uns auf ähnliche Weise umgeht. Dass er uns „nach seinem Bild“ geschaffen hat, beinhaltet, dass er uns einen freien Willen gegeben hat – und diesen auch respektiert. Er behandelt uns nicht wie willenlose Sklaven, er respektiert uns als eigenständiges Gegenüber. Natürlich möchte er uns auf seinem Weg durchs Leben führen. Er hat gute Pläne und Absichten für uns und will uns vor Gefahren und Irrwegen bewahren. Aber er zwingt uns seinen Willen nicht auf. Er ist geduldig mit uns und geht auf unsere Wünsche ein. Er lässt auch zu, dass wir ab und zu einen Umweg machen oder eine „Ehrenrunde“ drehen, wenn wir noch nicht so weit sind, die von ihm gewünschte Richtung einzuschlagen. Er zerrt uns nicht gewaltsam hinter sich her, auch wenn er viel stärker ist als wir. Es kann zwar passieren, dass er in bestimmten Situationen aktiv eingreift und uns so davor bewahrt, uns in ernste Gefahr zu bringen … Aber von solchen Situationen abgesehen, wird er keine Gewalt anwenden, sondern uns lieber mit Liebe, Güte und Geduld dazu bewegen, ihm auf dem Weg zu folgen, den er für uns geplant hat. Und wenn wir manchmal ein besonderes Leckerli brauchen, um überzeugt zu werden … dann versteht er auch das und geht auf uns ein.

Wie würden Sie Ihre Beziehung zu Gott mit Ihren eigenen Worten beschreiben? Haben Sie den Eindruck, dass er Sie als eigenständiges Gegenüber betrachtet und wertschätzt? Fühlen Sie sich von ihm gesehen und geliebt, oder haben Sie manchmal das Gefühl, dass er Ihre Bedürfnisse nicht wahrnimmt und nicht auf Ihre Bitten eingeht?

Danke, Vater, dass ich so wertvoll für dich bin. Danke, dass du mich nicht als willenlose(n) Diener(in) betrachtest, sondern als eigenständige Persönlichkeit. Bitte hilf mir, das wirklich zu glauben und zu erleben, und lass mich immer mehr in die freundschaftliche, vertrauensvolle Beziehung zu dir hineinwachsen, die du mir anbietest.

4 EIN ELEFANT IM SEEBACH

„Was menschlich gesehen unmöglich ist, ist bei Gott möglich.“

Lukas 18,27

In meiner Kindheit spielten nicht nur reale Tiere für mich eine Rolle – auch einige meiner Stofftiere waren für mich wichtige „Bezugspersonen“. Zu meinem ersten Geburtstag bekam ich einen Spielzeugelefanten geschenkt, den ich vom ersten Tag an innig liebte und fortan Tag und Nacht bei mir trug. Mein Jumbo musste überallhin mit – ohne ihn konnte ich einfach nicht mehr sein.

Als ich etwa vier Jahre alt war, fuhren meine Eltern mit mir in den Urlaub nach Kärnten in Österreich. Wie immer war Jumbo natürlich auch mit von der Partie. Ich habe nur zwei Erinnerungen an diese Zeit, diese sind aber sehr eindrücklich. Die eine bezieht sich auf meine erste Fahrt mit einer Gondel. Es handelte sich um eine offene Kabine, die aus einfachen Brettern zusammengenagelt war und hauptsächlich dazu genutzt wurde, Güter und Lebensmittel von der Talstation der betreffenden Seilbahn zur Bergstation zu transportieren, wo eine Familie lebte, die eine Almhütte betrieb. Während der gesamten Fahrt hatte ich entsetzliche Angst, die sich noch steigerte, wenn die „Sandkiste“, wie sie scherzhaft von den Einheimischen genannt wurde, über einen der zahlreichen Stützpfeiler glitt oder besser gesagt ruckelte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie fest ich meinen kleinen Jumbo während dieser Fahrt umklammert hielt. Die Vorstellung, dass er in die grausige Tiefe unter mir abstürzen könnte, war einfach schrecklich. Vielleicht hat diese abenteuerliche Fahrt dazu beigetragen, dass ich bis zum heutigen Tag unter Höhenangst leide. Inzwischen ist es sicher nicht mehr erlaubt, Menschen auf diese gewagte Art zu transportieren, aber immerhin haben wir es alle gut überstanden.

Wir wohnten während des Urlaubs in einem kleinen Hotel in der Stadt Seeboden am Millstätter See. Dieser See hatte es mir angetan, und ich genoss es sehr, mit meinen Eltern am Ufer entlangzuspazieren oder einfach dort zu stehen und die kleinen Boote und größeren Ausflugsdampfer zu beobachten, die über den See fuhren.

Eines Nachmittags standen wir wieder dort am Seeufer, das an dieser Stelle allerdings nicht natürlich war, sondern aus einem gemauerten Kai bestand und mit einem Geländer gesichert war. Unser Urlaubsort lag direkt an der Stelle, an der der Millstätter See in den Seebach abfließt. Wie immer hielt ich meinen Jumbo in der Hand, während ich gedankenverloren aufs Wasser hinausschaute.

Unvermittelt wurde ich durch ein deutlich vernehmbares Platschen aus meiner stillen Betrachtung gerissen – und schrie im nächsten Moment in panischem Schrecken auf: „Jumbo, mein Jumbo!“ Ich hatte in meiner Verträumtheit den festen Griff um das Beinchen meines Elefanten gelockert und mein geliebtes Plüschtier war in den Millstätter See gefallen. Da trieb er nun auf der Wasseroberfläche und begann sich unaufhörlich mit Wasser vollzusaugen.

Mein Vater erfasste die Situation im Bruchteil einer Sekunde. Er erkannte mit einem Blick, dass der Elefant mit der Strömung Richtung Seebach getrieben wurde, und ein zweiter Blick verriet ihm, dass dort an einer seichten Stelle einige Frauen badeten. Er sprintete sofort los – den Maschendrahtzaun, der ihn von den Badenden trennte, überwand er mit einem Satz. Dann durchquerte er das dahinter liegende Beet und rief den Frauen, während er auf sie zurannte, atemlos zu: „Achtung, passen Sie auf, da schwimmt ein Elefant!“ Die Badenden wirkten ziemlich irritiert – ein Elefant im Seebach? Aber der Mann schien so aufgeregt, dass sie seine Warnung doch ernst nahmen und Anstalten machten, aus dem Wasser zu kommen.

„Nein, nein, nicht weggehen“, rief mein Vater verzweifelt. „Es ist ein Spielzeugelefant – er gehört meiner Tochter, bitte holen Sie ihn raus!“

Die Damen schalteten sofort und spähten aufmerksam in die Strömung. Und tatsächlich – eine von ihnen entdeckte meinen armen Jumbo, der bereits ein Stück unter die Wasseroberfläche abgesunken war. Triumphierend fischte sie ihn heraus. Mein Vater überschüttete die hilfsbereiten Badenden mit Dankbarkeit und trat, die kostbare Beute in der Hand, den Rückweg zu uns an. Das Glücksgefühl, mit dem ich meinen geliebten triefnassen Jumbo wieder in die Arme schloss, kann ich nicht mit Worten beschreiben. Aber in diesen Sekunden habe ich wohl zum ersten Mal das erlebt, was wir mit dem Begriff „Achterbahnfahrt der Gefühle“ bezeichnen.

Als ich später, von dem Erlebnis noch ganz erschöpft, auf dem Balkon unseres Hotelzimmers in der Sonne lag, den in ein Handtuch eingewickelten Jumbo auf einem Puppen-Liegestuhl neben mir, war meine kleine Welt wieder in Ordnung. Und einmal mehr war ich überzeugt davon, dass mein Vater ein Held war.