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Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie „Texas-Marshal“ und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: „Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.“ Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie „Der Kopfgeldjäger“. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
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Seitenzahl: 162
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Wen Latimer in die Knie zwingt
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956172854
Cover
Titel
Impressum
Über den Autor
Wen Latimer in die Knie zwingt
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie „Texas-Marshal“ und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: „Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.“
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie „Der Kopfgeldjäger“. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Waco Jordan zog seinen Revolvergurt etwas in die Höhe, rückte das Holster mit dem schweren 45er zurecht, heftete seinen Blick auf Elwell Potters fleischiges, gerötetes Gesicht und sagte ruhig: „Yeah, ich bin Marshal dieser Stadt, Town Mayor. Darum werde ich die Sache mit Tyler Sheridan und seinen Sattelstrolchen erledigen. Sollte ich allerdings irgendwann herausfinden, dass die Schufte von Stan Stryker ins Land geholt wurden, dann unterstelle ich, dass auch Sie Bescheid wussten, Potter. Und dann sollten Sie und Ihr Busenfreund sich warm anziehen.“
Potter schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Die Zornesader an seiner Schläfe schwoll an. „Wir bezahlen Sie dafür, Jordan, dass Sie in Lincoln für Ruhe und Ordnung sorgen. Diese Kerle haben sich aufgeführt wie die Vandalen und die Stadt auf den Kopf gestellt. Und jetzt haben sie Dan Jackson von der Triangle-M erschossen. – Weswegen sollte Stryker sie ins Land geholt haben? Wie kommen Sie dazu, Stryker und mir eine derartige Ungeheuerlichkeit zu unterstellen?“
„Weil Sie mich beide los sein möchten, Potter. Ganz einfach. Und weil ich weiß, dass vor allem Stryker kein Mittel niederträchtig genug ist, um in den Besitz der Shining Star Ranch zu gelangen.“
Er ging zum Gewehrschrank und nahm seine Winchester heraus. Mechanisch prüfte er die Ladung.
Nur das asthmatische Atmen des Bürgermeisters und das monotone Ticken des Regulators an der Wand waren zu hören.
Waco sagte: „Ich gehe jetzt auf die Straße. Bleiben Sie im Office, Potter. Sie möchten doch sicherlich nicht von einer verirrten Kugel getroffen werden.“
„Gott bewahre“, entrang es sich dem Town Mayor entsetzt.
„Na sehen Sie“, murmelte Waco, zeigte ein kantiges Grinsen, hebelte eine Patrone in den Gewehrlauf und ging zur Tür. Er trat hinaus auf den Vorbau. Drückende Hitze empfing ihn. Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss.
Der Bürgermeister ging zum Fenster und blickte hinter dem Marshal her. In seinem feisten Gesicht arbeitete es. Schweiß perlte auf seiner Stirn und in seinen Augenhöhlen.
Waco war überzeugt davon, dass Tyler Sheridan und seine Kumpane von Stryker angeheuert worden waren, um in der Stadt für Furore zu sorgen und auf diese Weise ihn, Waco, aus der Reserve zu locken. Sobald er pflichtgemäß auf sie losging, sollte er im Kampf getötet werden. Eine einfache und glatte Rechnung, die Stryker von einem Augenblick zum anderen ans Ziel seiner Wünsche bringen sollte.
Vor einer halben Stunde hatten Sheridan und seine Banditen aus nichtigem Anlass einen Mann auf offener Straße zusammengeschossen. Ein Bote war auf der Shining Star Ranch erschienen und hatte Waco alarmiert. Als er ins Office kam, wartete schon der zwergenhafte Town Mayor auf ihn, um ihn mit Nachdruck daran zu erinnern, dass ihn die Stadt dafür bezahlte, damit er dem Terror konsequent und mit aller Härte entgegentrat.
Fast gemächlich schritt Waco über die breite Main Street. Unter seinen Sohlen knirschte der Staub. Es war ein schwerer Gang. Waco wusste, dass er in den nächsten Minuten dem Tod ins unheimliche Antlitz blicken musste.
Wie ausgestorben lag die Straße vor Waco. Die Bewohner der Stadt drückten sich an den Fensterscheiben die Nasen platt und beobachteten ihn. Die Atmosphäre, die ihn umgab, war wie mit Elektrizität geladen und kaum zu ertragen. Wie schon so oft, seit er den Marshalsstern hier trug, schritt er einem Kampf auf Leben und Tod entgegen. Er war allein.
Waco erreichte die Straßenmitte und wandte sich nach links. Hundert Yards trennten ihn vom 'Lonesome Rider Saloon', in den Tyler Sheridan sich nach der Schießerei mit dem Cowboy zurückgezogen hatte.
Waco verströmte Ruhe und ein großes Maß an Sicherheit. Seine Züge waren wie versteinert. Er setzte einen Fuß vor den anderen. Die Sonne stand weit im Westen und blendete ihn. Er rückte sich den Stetson weiter in die Stirn, damit die Augen im Schatten lagen.
Die Stadt war seltsam ruhig. Es war, als hielte sie den Atem an. Doch ein jeder spürte den Pulsschlag der tödlichen Gefahr, diesen gefährlichen, unheilvollen Impuls, der Lincoln wie ein höllischer Atem durchströmte.
Noch fünfzig Yards …
Waco nahm das Gewehr an die Hüfte. Sein Zeigefinger lag um den Abzug. Die anderen drei Finger steckten im Repetierbügel. Der Gewehrschaft lag in seiner Linken.
Als Waco noch zwanzig Schritte vom Saloon trennten, flog die Pendeltür auf. Tyler Sheridan trat auf den Vorbau. Allan Coulter und Jack Bailey flankierten ihn. Die drei Kerle waren nur mit den Colts bewaffnet. Die Eisen steckten in den Futteralen an ihren Gürteln. Ihre Arme pendelten locker, bei jedem ihrer Schritte streiften ihre Handgelenke die abstehenden Knäufe.
Waco registrierte, dass Dave Baxter, der vierte Mann dieses höllischen Quartetts, fehlte. Die drei Kerle bauten sich am Vorbaugeländer auf. Zehn Schritte von ihnen entfernt verhielt Waco. Er nahm die Beine etwas auseinander, um einen festeren Stand zu haben. Sein Verstand arbeitete glasklar. Seine klare, präzise Stimme erklang: „Sheridan, ich verhafte dich und deine Kumpane wegen Stadtfriedensbruchs und wegen des Mordes an Dan Jackson. Ja, es war Mord. Denn ihr habt Jackson so lange provoziert, bis er zum Revolver griff. Ihr habt ihn vorsätzlich getötet. Also, schnallt ab, hebt die Hände und kommt auf die Straße.“
Tyler Sheridans dünne Lippen zogen sich in die Breite. Er zeigte die Zähne. Es erinnerte an das Zähnefletschen einer zornigen Bulldogge. „Mut hast du, Jordan“, rief der Bandit. „Oder ist es Arroganz? Vielleicht auch Dummheit? Denkst du, dein Stern beeindruckt uns? Wer werden drauf spucken.“
Ihre Hände hingen neben den Knäufen. Ein jeder von ihnen hatte die Finger leicht gekrümmt und hielt sie gespreizt. Ihre Hände muteten an wie die Adlerklauen. Es war eine herausfordernde Haltung, die sie einnahmen.
Waco hatte nichts übrig für diese Sorte von Männern. Zusammengesetzt aus Gewissenlosigkeit und Brutalität und allem, was unerbittlich und unmenschlich macht, waren sie die Parasiten dieses Landes, in dem das Gesetz noch auf ausgesprochen schwachen Beinen stand und ihnen kaum etwas entgegenzusetzen hatte.
„Ich vermisse euren Freund Baxter“, gab Waco zu verstehen und ließ schnell seinen wachen Blick in die Runde gleiten. Dave Baxter jedoch war nirgends zu entdecken.
Sheridan ging nicht darauf ein. „Wir werden dich auf den Mond blasen, Jordan“, rief er schneidend und mit deutlicher Wildheit im Tonfall.
Wacos Schultern strafften sich etwas. „Noch stehe ich auf der Erde, Sheridan.“
Der rattengesichtige Allan Coulter zischte: „Warum reden wir so lange? Mein Bier wird warm.“
Er griff mit seinem letzten Wort zum Eisen.
Es war eine glatte, schnelle Bewegung. Der Colt flirrte aus dem Holster. Mit seiner Aktion überrumpelte Coulter sogar seine Kumpane. Inmitten des Aufbrüllens der Schüsse standen sie da wie gelähmt.
Waco feuerte aus der Hüfte. Sein Schuss fiel einen Sekundenbruchteil vor dem Coulters. Wacos Blei ließ Coulter zurücktaumeln. Die Revolverkugel des Banditen pfiff zwei Handbreit über Waco hinweg, denn Coulter verriss seine Revolverhand, als er getroffen wurde.
Hinter Waco peitschte ein Gewehr. Und jetzt wurden auch Sheridan und Bailey aus ihrer Erstarrung gerissen. Mit dem trockenen Knall des Schusses stieß sich Waco ab, wirbelte in der Luft herum, landete zwei Schritte weiter rechts mit beiden Beinen gleichzeitig, und sein Blick erfasste den hinterhältigen Schützen auf dem Dach des Barber Shops.
Eine Pulverdampfwolke stand vor Dave Baxters angespanntem Gesicht. Waco drückte ab, repetierte augenblicklich, sah, wie sich Baxter nach vorn krümmte, schleuderte sich herum und warf sich zur Seite. Hart landete er auf der Main Street. Dort, wo er eben noch gestanden hatte, pfiff das Blei aus Sheridans und Baileys Waffen durch die Luft. Waco schoss auf Sheridan. Dem Burschen wurden die Beine vom Boden weggerissen, er schien für den Bruchteil einer Sekunde schräg in der Luft zu hängen, dann krachte sein Körper auf die Vorbaubohlen.
Das Krachen der Detonationen staute sich zwischen den Häusern. Der Tod griff mit grausig kalten Händen um sich. Die Stadt stand voll und ganz im Banne dieses mörderischen Kampfes. Jack Bailey schleuderte seinen Colt fort und riss die Arme in die Höhe. Mit schriller Stimme, in der das Entsetzen und die überwältigende Panik lagen, schrie er: „Aufhören! Nicht schießen, Marshal! Ich …“
Seine weiteren Worte gingen unter im dumpfen, trockenen Wummern eines Colts. Bailey erhielt einen furchtbaren Stoß in den Rücken, der ihn bis zum Vorbaugeländer trieb. Er kippte darüber, überschlug sich und landete der Länge nach am Straßenrand.
Die Batwings der Schwingtür flogen auseinander. Stan Stryker sprang mit dem Colt in der Faust und einem wilden Ausdruck im verzerrten Gesicht ins Freie. Ein Rauchfaden kräuselte aus der Mündung seines Sechsschüssers.
Waco rollte herum, denn er hatte keine Ahnung, ob Dave Baxter auf dem Dach noch in der Lage war, in den Kampf einzugreifen. Aber Baxter war außer Gefecht gesetzt. Er hing halb über den oberen Rand der Fassade des Gebäudes, seine Arme baumelten schlaff nach unten. Sein Hut lag auf dem Vorbaudach unter ihm.
Die Echos der Schüsse waren verhallt. Stille senkte sich über die Stadt wie ein Leichentuch. Waco spürte einen galligen Geschmack im Mund. Er erhob sich. Auf dem Vorbau des Saloons stand Stan Stryker und zielte auf Coulter, der röchelnd auf den Bohlen lag.
Menschen strömten aus ihren Häusern. Waco setzte sich in Bewegung. Er ging zu Bailey, der vor dem Vorbau lag. Strykers Kugel hatte ihm das Rückgrat zerschmettert. Sein Blut versickerte im Straßenstaub.
Waco hob das Gesicht und starrte den Salooner an, der völlig unvermutet in den Kampf eingegriffen hatte. „Er wollte aufgeben, Stryker“, stieß er grimmig hervor. „Bailey hatte den Colt bereits fortgeworfen.“
„Das hab ich leider nicht bemerkt“, versetzte Stryker. Spotttriefend setzte er hinzu: „Sie sollten mir dankbar sein, Jordan. Sollte ich vielleicht zulassen, dass diese Schufte Sie in Stücke schießen, Jordan?“
„Als Sie eingriffen, war der Kampf vorbei, Stryker“, schnappte Waco. „Allerdings glaube ich zu wissen, was Sie bewogen hat, ihm eine Kugel zwischen die Schulterblätter zu jagen.“
„So, was denn?“, kam es hämisch von Stryker.
Waco gab darauf keine Antwort. Er nahm die vier Stufen auf den Vorbau des 'Lonesome Rider Saloon' mit einem Satz und beugte sich über Coulter. Allan Coulter hatte seine, Wacos, Kugel in die linke Brustseite bekommen und wimmerte leise. Sein Gesicht war vom nahen Tod gezeichnet.
Waco rief rau: „Jemand soll den Doc holen!“
Er wandte sich Tyler Sheridan zu. Sheridan war tot. Sein wächsern anmutendes Gesicht war verzerrt, der Mund wie zu einem stummen Schrei geöffnet. Die halb geöffneten, gebrochenen Augen erinnerten an glitzernde Glaskugeln.
Waco beobachtete, wie einige Männer Dave Baxter vom Dach des Barber Shops holten. Jemand schrie: „Er ist tot. Die Kugel des Marshals hat ihn mitten ins Herz getroffen.“
Doc Mill kam. Als er sich über Allan Coulter beugte, hauchte dieser sein Leben aus.
*
In seinem Büro giftete Stan Stryker: „Verdammte Stümper! Hätte sie nicht alle der Teufel geholt, müsste ich befürchten, dass sie meinen Namen ins Spiel bringen. Das klassische Beispiel dafür, dass der Ruf eines Gunslingers oftmals bei weitem nicht hält, was er verspricht.“
Er trank ein Glas Whisky mit einem Ruck leer. Die scharfe Flüssigkeit trieb ihm die Tränen in die Augen. Er hüstelte.
Corby, Strykers engster Vertrauter und Leibwächter, saß auf der Schreibtischkante. Er hob die Schultern und erwiderte schleppend: „Wenn Sie diesen Bailey nicht selbst vom Vorbau geputzt hätten, hätte ich es getan. Ich stand auf der anderen Straßenseite zwischen den Häusern und hatte schon das Gewehr auf ihn gerichtet."
Stryker schenkte sich nach. Sein Plan war wieder einmal nicht aufgegangen. Er war stinksauer. Aber er war, was seine niederträchtigen Machenschaften anbelangte, mit seinem Latein noch nicht am Ende. Sein Organ grollte: „Ich weiß von Sheridan, dass er einen Halbbruder hat. Derzeit nennt er sich Latimer – Jesse Latimer. Er wird in mehreren Staaten steckbrieflich gesucht. Er soll sich derzeit in Lubbock, drüben im Panhandle, aufhalten. Ich werde ihm sofort einen Brief schreiben.“
„Und Sie denken, er kommt?“
„Blut ist dicker als Wasser, Corby. Dieser Latimer ist ein Killer. Er tötet um des Tötens willen. Er wird schon aus Prinzip nach Lincoln kommen und Jordan eine blutige Rechnung präsentieren.“
„Es wäre aber nicht gut, wenn Sie den Brief hier in der Stadt aufgeben, Stryker“, wandte Corby ein. „So etwas spricht sich schnell herum. Und hinterher könnte jemand Fragen stellen.“
„Dann bringen Sie ihn eben nach Roswell, Corby, und senden ihn dort ab.“
Corby zeigte im Hinblick darauf keine allzu große Begeisterung, aber er hatte sich zu fügen. Stan Stryker war der Boss.
Eine Stunde später donnerte Corby auf seinem Pferd in Richtung Osten aus der Stadt …
*
Zwei Wochen waren ins Land gezogen …
Die rot gestrichene Stagecoach donnerte zwischen die Felswände. Das Fahrzeug schlingerte in den Fahrspuren, ächzte in der Federung, holperte und rumpelte. Staub wallte unter den Hufen der sechs Gespannpferde und den eisenumreiften Rädern.
Im Wagenkasten der Concord befand sich eine Geldsendung für die Bank in Lincoln. 20.000 Dollar. Sie lagen in einer eisenbeschlagenen Kiste, und die beiden Männer auf dem Kutschbock würden sich erst wieder wohl fühlen in ihrer Haut, wenn sie das Geld abgeliefert hatten.
Die langen Zügel peitschten auf die Rücken der Pferde, die mit wehenden Mähnen und aufgerissenen Mäulern dahindonnerten. Bis zu faustgroße Steine wurden unter den Rädern der Concord zermalmt. Die Peitsche knallte. „Lauft, lauft, ihr Krücken!“, tönte es immer wieder heiser aus dem Mund des Kutschers.
Der bewaffnete Begleiter klammerte sich verzweifelt an das Geländer des Kutschbocks. Seine Winchester steckte in der Haltung daneben. Die beiden Fahrgäste in der Concord wurden durch und durch geschüttelt und hatten Mühe, nicht von den Sitzbänken geschleudert zu werden. Der Kutschenaufbau schwankte. Manchmal ging ein heftiger Ruck durch die Kutsche, wenn eines der Räder in eine Bodenvertiefung krachte.
Das staubige Band der Poststraße verschwand hinter einem Felsen. Das Gespann jagte um die Kurve. Und plötzlich ließ der Kutscher die Peitsche fallen und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Zügel. Schließlich sprang er auf und legte mit seinem ganzen Gewicht zurück, um die Pferde zu parieren. Er hatte die Zügel mit beiden Händen gepackt. Weiß traten die Knöchel unter der Haut hervor. „Brrrh!“, brüllte er und seine Stimme drohte zu kippen.
Dreißig Yards vor der Concord lag ein Baum quer über der Straße. Wenn die Pferde in das Hindernis hineinrasten, würden sie sich Hälse und Beine brechen.
Die Pferde warfen die Köpfe zurück. Gewieher steilte in die Höhe. Der Kutscher nahm die Linke von den Leinen und riss am Bremshebel. Der Begleitmann griff nach der Winchester und riegelte eine Patrone in den Lauf.
Eine Pferdelänge vor dem quergelegten Baum kam das Gespann in einer wogenden Staubwolke zum Stehen. Die Pferde tänzelten erregt, rollten mit den Augen und peitschten mit den Schweifen. Der Kutscher schlang die langen Leinen blitzschnell um den Bremshebel und tastete nach dem schweren Army-Colt im Holster an seiner rechten Seite.
Hinter einem der Felsblöcke an der Basis der Felswände zu beiden Seiten ertönte eine helle, klare Stimme: „Weg mit den Waffen! Steigt ab und hebt die Pranken zum Himmel!“
Eine zweite Stimme erklang: „Das gleiche gilt für die Passagiere! Kommt ohne Waffen heraus und hebt die Hände. Wer nicht spurt, frisst Blei!“
Gewehre wurden mit hartem, metallischem Klang durchgeladen, nachdem das letzte Wort verklungen war. Das Geräusch unterstrich auf eindrucksvolle, unmissverständliche Art die Aufforderung und verlieh ihr Nachdruck.
Die Winchester des Kutschenbegleiters polterte nach kurzem Zögern auf das Bodenbrett des Kutschbocks. Der Kutscher zog vorsichtig seinen Colt. Auch er fiel auf das Bodenbrett. Die beiden sprangen ab. Der Schreck prägte ihre Mienen und vertiefte die Runzeln und Falten in ihren von Wind und Sonne gegerbten Gesichtern.
Der Kutschenschlag wurde aufgestoßen. Ein Mann und eine Frau stiegen ins Freie. Der Mann war um die dreißig Jahre alt und steckte in einem dunklen Anzug, der an Knien und Ellenbogen schon ziemlich abgewetzt war. Der rechte Jackenschoß bauschte sich über dem Griff eines Revolvers. Die Frau war Mitte zwanzig und sehr hübsch. Sie trug ein grünes Kostüm, einen ebenfalls grünen Hut auf den langen, rötlichen Haaren und elegante Schuhe nach der neuesten Mode des Ostens.
Hinter verschiedenen Felsen traten insgesamt vier Maskierte hervor. Sie hatten nicht die Halstücher über Mund und Nase gezogen, sondern sich richtige Kapuzen übergestülpt, in die Löcher für die Augen geschnitten waren. Außerdem trugen sie lockere, lange Staubmäntel, die sie zugeknöpft und über die sie die Revolvergurte geschnallt hatten. In den Holstern steckten langläufige, schwere Colt-Revolver. Sie sahen mit ihren Kapuzen aus wie Angehörige des Ku-Klux-Klan.
Drei der Räuber, die ihre Gewehre im Anschlag hielten und langsam näher kamen, wirkten ausgesprochen zierlich und waren höchstens mittelgroß. Grünliche, grünlich-braune und tiefblaue Augen funkelten dem Fahrpersonal und den beiden Passagieren aus den Löchern in den Masken entgegen.
Eine dieser zierlichen Personen zischte den Passagier mit dem dunklen Anzug an: „Sagte ich nicht, du sollst deine Waffe in der Kutsche lassen?“
„Ich trenne mich nie von meinem Sechsschüsser“, versetzte der Mann furchtlos. Er lächelte. Das Lächeln war aber absolut nicht freundlich. Zwar bildeten sich um seine Augen unzählige Lachfalten, aber die Augen selbst lachten nicht mit. Sie blickten kalt wie die Augen eines Reptils.
„Was grinst du so doof?“, giftete der Maskierte, fuchtelte mit der Gewehrmündung vor der Nase des Mannes herum und blitzte ihn mit tiefblauen Augen an.
„Weil ich dich gern ohne Maske sehen würde. Ich wette, du würdest mir gefallen.“
„Wage es bloß nicht, nach deiner Kanone zu greifen“, drohte der blauäugige Bandit mit der viel zu hellen Stimme.
Der Bursche im dunklen Anzug verschränkte die Arme vor der Brust.
Der vierte der Maskierten war über sechs Fuß groß und breitschultrig. Er bewegte sich mit der Geschmeidigkeit eines großen Raubtiers.
Der große Bursche sagte abgehackt: „Verhaltet euch nur schön ruhig, dann krümmen wir euch kein Haar. Der schnöde Mammon im Kutschenkasten wird euch doch nicht dazu verleiten, eine Dummheit zu begehen. Ist schließlich ja nicht euer Geld.“
Er lachte.
Während seine drei Kumpane die beiden Kutscher und die Passagiere in Schach hielten, ging er zur Kutsche. Er öffnete hinten den Deckel des Wagenkastens und griff hinein. Ein Ruck, und die Kassette mit den Eisenbeschlägen landete am Boden. Der Bursche hielt die Mündung der Winchester gegen das Schloss und drückte ab.
Der Knall schien sich sekundenlang zwischen den Felswänden zu stauen, dann prallte er durch die Schlucht und verhallte schließlich in vielfältigen Echos.
Der Deckel der Kiste ließ sich öffnen. Der Räuber nickte zufrieden. Er klappte ihn wieder zu, nahm die kleine Kiste vom Boden auf und klemmte sie sich unter den Arm.
Der Bursche im dunklen Anzug hatte große Augen bekommen. Er starrte auf die Kiste, in der er das viele Geld gesehen hatte, zog die Unterlippe zwischen die Zähne und nagte daran.