Wenn die Zimtschnecke um die Ecke saust... - Ella Meyer-Atzenhof - E-Book

Wenn die Zimtschnecke um die Ecke saust... E-Book

Ella Meyer-Atzenhof

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Beschreibung

Wie erklärt man einem US-Amerikaner, der Zoologe und in Österreich auf Besuch ist, dass ein SchiHASE, eine NaschKATZE und ein PartyTIGER keine Tiere sind? - Indem man ihm eine sati(e)rische Geschichte dazu erzählt. Jedesmal, wenn Mike verdutzt innehält und zum Tierlexikon greifen will, kommt ihm Tina zuvor und erklärt mit einer kurzen oder längeren Story, was es mit dem Tier - oder vielmehr "Nicht-Tier" auf sich hat. Am Ende macht die ganze Familie mit und erzählt dem Gast aus Übersee Geschichte um Geschichte über LeseRATTEN, BauLÖWEN und andere "Tierchen" - 100 % vegetarisch. Der einzige, der meist planlos zurückbleibt, ist Mike.

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Inhaltsverzeichnis

EIN WORT VORAB…

EIN ZWEITES VORWORT, DAS EIN ERSTES SEIN KÖNNTE

ALLE R ANFANG IST…?

GUT GEBRÜLLT, BAULÖWE!

MUSKELKATER KASIMIR

EIN LITERARISCHES DUELL: BÜCHERWURM GEGEN LESERATTE

EIN MEHLSPEISTIGER BEIßT SICH FEST

SCHIHÄSCHEN IN DER GRUBE

DER BÜHNENSTAR

WAS IST EIN PECHVOGEL? – EIN UNGLÜCKSRABE?

FEINSPITZ, PASS AUF!

HURRA!

ACHTUNG, PARTYTIGER! (ODER: WEHE, WENN ER LOSGELASSEN! )

ALLE VÖGEL SIND SCHON DA, ALLE VÖGEL, ALLE! (M - AMSEL-L, SCHNAPSDROSSEL, SCHMUTZFINK UND FERNSEHSTAR…)

WINNE-DU UND DIE BLUMENTOPFERDE

ISST MAN NUSS-SCHNECKEN NUR IN FRANKREICH? ODER: SIND ZIMTZICKEN EINE SPEZIALITÄT AUS DEN SCHWEIZER ALPEN?

NEIDHAMMELBRATEN (REZEPT FÜR 4 PERSONEN)

ANGSTHASE UND SCHMELZTIEGEL

VON SEEBÄREN, HIMBEEREN UND DERGLEICHEN

WELCHES TIER VERSTECKT SICH HIER?

TIERISCH UMZINGELT

DER REIßWOLF UND DIE SIEBEN SÜNDENBÖCKLEIN

LAUSBÜBISCH

AMTSSCHIMMLIG ODER: HE´S BACK! [NICHT: HIS BACK!] – ER IST WIEDER DA!

NASCHKATZEN: ZWEI - ODER VIERBEINIG?

ES KLAPPERT DER STORCH…

SCHLUSS! AUS! ENTE!

DIE HANDBREMSE

BACKFISCH UND FISCHSTÄBCHEN, PHILOSO-FISCH BETRACHTET?

MEIN ME-TIER

HAI, MIKE!

NACHWORT

EIN WORT VORAB…

Jeder liebe Mensch wird irgendwann einmal von irgendeinem (hoffentlich ebenso lieben) Menschen irgendwo besucht, so auch ich. – Warum auch nicht?

Und wie schon Dr. Watson bei Sherlock Holmes und Oberst Pickering bei Professor Henry Higgins („Es grünt so grün…!“), so steht auch meinem Gast selbstverständlich mein Haus zur Übernachtung bzw. für die Dauer des gesamten Aufenthalts zur freundlichen Verfügung.

Mein Gast ist ein liebenswerter Freund, den ich vor einigen Jahren, ja, ich kann schon sagen, vor über einem Jahrzehnt (mein Gott, auch Sie werden nicht jünger!) in den Vereinigten Staaten kennengelernt habe. Genauer gesagt: in Missouri. – Sie haben schon richtig gelesen: IN Missouri, nicht AM oder gar IM Missouri. Missouri ist, wie Sie, gebildeter Leser, sicherlich wissen, seit 1821 ein Bundesstaat der USA. (Es ist völlig unsinnig, jetzt im Lexikon nachzuschlagen; es stimmt ohnehin, glauben Sie mir! Trust me!)

Ich traf also Michael [sprich „meikl“, er ist – wie bereits gesagt – oder vielmehr geschrieben – Amerikaner] in Missouri, genauer gesagt in St. Louis, noch genauer gesagt in der Halle meines Hotels. Auch er war hier Gast. Es kam, wie es bei all diesen Geschichten kommen musste, wir begannen ein Gespräch. Ein Wort gab das andere und schon – hatte ich die Verabredung mit meinen Reisebegleitern verpasst.

Mike – ehe ich es vergesse zu erwähnen: ein Bild von einem Mann: groß, gut gebaut, dunkelblondes Haar (Herz, was willst du mehr?) – erbot sich daraufhin, für mich den Fremdenführer zu spielen. Nur für diesen einen Tag, wie er ausdrücklich betonte. – Naja, man kennt ja diese plumpen Annäherungsversuche. Ich reagierte also dementsprechend!

… und sagte ja. (Weshalb, kann ich mir bis heute nicht erklären.) Meine Zustimmung hatte Folgen: Michael blieb mein persönlicher Reiseführer für die gesamte verbleibende Zeit meines USA-Besuches.

In diesen noch knapp zwei Wochen, die mich den Mississippi flussaufwärts bis nach Minneapolis und dann weiter nach Chicago führten, erwies sich meine „Hotelbekanntschaft“ (- ich möchte dies keinesfalls abwertend verstanden haben!) als wahrer Freund. Man kann durchaus sagen: Mike und ich verstanden und von der ersten Sekunde an blen-dend! Oh yeah!

Wer jetzt allerdings gehofft – oder befürchtet – hat, dass eine heftige/zärtliche/dramatische/liebevolle/… Romanze gefolgt wäre, wird enttäuscht sein. Wir sind bis heute dicke Freunde (jaja, schauen Sie sich nur in den Spiegel; auch Sie werden in den letzten Jahren wohl nicht schlanker geworden sein) – mehr nicht.

Mein Gott, was haben Sie aber auch wieder für Gedanken! Es kann doch nicht alles immer in Herz und Schmerz enden… Sie sehen wohl zu viel fern…

Zurück zum Thema: Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine wahre Seelenfreundschaft, die auch über lange zeitliche und räumliche Distanzen nie erschüttert werden konnte.

Auf jeder meiner bis dato eigentlich insgesamt viel zu vielen USA-Reisen (es gäbe weltweit auch anderswo hübsche Ecken) fungierte Mike als exzellenter Reisebegleiter; ich hingegen tat im Gegenzug alles, um ihm seine Europa-Aufenthalte so angenehm und erlebnisreich wie nur irgend möglich zu gestalten.

Bis jetzt war Mike dreimal in Europa gewesen, diesmal jedoch wollte er erstmals meine Heimat Österreich besuchen. Ich lud ihn also zuerst zu mir nach Hause ein und organisierte dann eine zweiwöchige Österreich-Rundreise. (Wer jetzt glaubt, für Ösi-Land wären drei oder gar noch weniger Tage mehr als ausreichend, hat offensichtlich entweder keine Ahnung oder keinen Blick für die unzähligen Schönheiten dieses kleinen, aber äußerst vielfältigen Landes.)

Wie bereits angedeutet, waren Mike und ich bislang ein Herz und eine Seele, wir hatten sozusagen dieselbe Wellenlänge oder, wenn Sie es noch mit einem anderen geschwollenen Wort erklärt haben wollen: Unsere Chemie stimmte einfach. ---

Bei diesem Besuch jedoch wurde unsere Sympathie füreinander einer – auf den ersten Blick gar nicht so harten – Probe unterzogen: Mike wollte in diesen knapp zwanzig Tagen in der Alpenrepublik seine Deutschkenntnisse perfektionieren. Und das noch dazu auf die ganz harte Tour: Ich durfte mit ihm kein Wort Englisch sprechen, sollte nur Deutsch – oder schlimmer noch – Österreichisch reden. Gut, für mich war das jetzt nicht ganz so hart, zugegeben. Das hieß also, er wollte alles auf Deutsch erklärt oder umschrieben haben, was er nicht auf Anhieb verstand. Und – nebenbei bemerkt – er verstand vieles nicht!

Nicht, dass mich das Deutschsprechen gestört hätte (Gott bewahre!) … So nach und nach ergaben sich jedoch gewisse – niemals vorhersehbare und gerade deshalb teils katastrophale – Schwierigkeiten. Terrible! Äh…: Furchtbar!

Begonnen hatte alles damit, dass ich Mike Mayor, pardon, er wollte ja jetzt als Michael [mi:cha-el] Bürgermeister angesprochen werden, einige mundartliche Ausdrücke erklären musste, nachdem er in einem kleinen Landgasthaus Zeuge eines „Gesprächs“ (Gerülpses?) zwischen zwei Betrunkenen geworden ist:

„Hearst, Nudlaug´, i´wer´ di´ glei´ hamdrah´n!“ ist schon sehr schwierig, ins Hochdeutsche zu übersetzen, geschweige denn, einem Amerikaner in der gesamten Eleganz des Gesagten zu erklären.

Mike konnte zwar schon ganz passabel Deutsch, - Österreichisch war für ihn jedoch wie für mich Chinesisch (oder Finnisch, oder Suaheli – egal!). Mein Amerikaner war aber sehr lerneifrig und wissbegierig und vor allem wollte er – typisch amerikanisch – alles GANZ GENAU wissen.

Spätestens seit damals bin ich mir darüber im Klaren, dass der österreichische Dialekt in seiner ausgeprägtesten Form nicht, aber schon gar nichts mehr mit der deutschen Sprache zu tun hat.

Ich war aber auch richtiggehend vom Pech verfolgt. – Jahrelang werden von sämtlichen größeren Radiosendern, die in meinem Heimatland empfangen werden können, nahezu ausschließlich englischsprachige Lieder – also Songs – gespielt. – Was aber ertönt aus dem Rundfunkempfänger, als mein Freund etwas Unterhaltung sucht? „Hupf in Gatsch und schlog a Wöl´n“, ein musikalischer Beitrag eines Urwiener Sangeskünstlers.

Ich täuschte plötzliche Magenschmerzen vor und schloss mich für längere Zeit auf der Toilette ein, von wo ich mich nach einiger Zeit davongeschlichen und auf leisen Sohlen das Haus verlassen habe. Aus dem Augenwinkeln heraus konnte ich gerade noch sehen, wie mein Gast zu den Klängen von „Gehts und verkaufts mei´ G´wand, i´ fahr´ in Himmel…“, dargebracht von Mike, äh, Michael Heltau – verstört im deutsch-englischen Wörterbuch blätterte.

Als ich mich wieder in mein Heim wagte, es war kurz nach Mitternacht, war Mike bereits zu Bett gegangen. Pfff, Schwein gehabt. (Ich, nicht er!)

Neuer Tag, neues Glück! dachte ich in Abwandlung eines Werbeslogans der Spielkasinos, doch ich sollte mich getäuscht haben: Es verging in den folgenden Tagen keine Stunde, in der ich nicht zumindest EINMAL kläglich daran scheiterte, meinem Freund irgendeinen Begriff so zu erklären, dass er ihn wirklich in seiner ganzen Bedeutung verstand. Oder zumindest vorgab, es zu tun.

Eine Schwierigkeit stellten neben diversen Dialektwörtern vor allem zusammengesetzte Wörter dar. Zitronen-Falter, Hand-Schuh etcetera. Mike verstand zwar die einzelnen Begriffe, hatte aber keinen blauen Dunst davon, was das zusammengesetzte Wort bedeuten könnte.

Ein Beispiel gefällig? Gerne! Nehmen wir den Begriff des Taschenspielers. – Mein Freund wusste natürlich, was eine Tasche ist („Ist eine Ding, wo du kannst tragen so Sachen in it, right?“), und er wusste auch, was ein Spieler ist („Ist eine Mensch, who sitzt in Las Vegas und wirft money in ein Automation oder eine Mensch, was macht Golf oder Tennis“), beides zusammen allerdings ergab für ihn einen Sinn. Konnte es ja gar nicht.

Im Laufe der nächsten Wochen stießen wir noch oft auf solche Ausdrücke. Ich half mir in der Folge damit, dass ich, sollte Mike nicht irgendwie von selbst herausfinden (- wenn also wie immer KEIN Wunder passierte!), was dieser oder jener Begriff bedeutet, eine kleine Geschichte rund um dieses bestimmte Wort erzählte; leicht verständlich für meinen Herrn Bürgermeister (oder auf Österreichisch: Biagamasta) aus Amerika.

Auf diesem Wege machte ich ihn nach und nach mit Brötchengebern, Schlafmützen, Weltmännern und Bügelfalten bekannt. – Rein begriffsmäßig natürlich. Ja, da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich! – Das Resultat war oft – wie soll ich es treffend formulieren? – sagen wir einfach: ERSTAUNLICH!

Besonders angetan hatte es Michael die österreichische Fauna, also die Tierwelt (wie er dachte). Mike ist nämlich – habe ich es tatsächlich noch nicht erwähnt? – Zoologe.

Aber – lesen Sie selbst:

EIN ZWEITES VORWORT, DAS EIN ERSTES SEIN KÖNNTE

„Auch ich war einst ein Kind“ heißt es in der deutschen Übersetzung eines Chansons von Jacques Brel.

„Auch ich war einst ein Kind“, das können – es liegt wohl in der Natur der Sache – auch Sie mit stolzgeblähter Brust von sich behaupten. Und gerade als ebensolches ist man natürlich äußerst wissbegierig; man löchert seine Eltern nicht nur mit Fragen wie „Warum heißt eine Katze eigentlich Katze und nicht Hund?“ oder „Warum ist die Banane gelb?“, nein, man findet sogar noch eigene Interpretationsmöglichkeiten für die verschiedensten Begriffe. Wer hat jetzt nicht eine Person, die kleine gelbe Zitrusfrüchte zusammenklappt, vor dem geistigen Auge, denn: Was sollte ein Zitronenfalter in den Augen unserer Kleinsten auch sonst den lieben langen Tag machen?

Neben Bücher-Haltern (- ist das der Plural von Buchhalter?) und Regen-Schauern (- was machen diese bei Schönwetter? Sonnen-Scheine zählen?) ist der Zitronenfalter sicherlich DER Berufswunsch eines jeden Kindes im Vorschulalter. Das aber auch nur, weil man in dieser zarten Jugendlichkeit noch keine Ahnung davon hat, dass man ja auch Fahrtenschreiber werden könnte. Oder Handtuchhalter. Oder gar Scheibenwischer.

Aber auch in der weiteren Folge unseres Lebens werden wir immer wieder mit den fremdartigsten Begriffen überhäuft, auf die wir uns ad hoc keinen rechten Reim machen können.

Damit Sie in solchen prekären Lebenslagen nicht in das Margarine-Eimerchen, pardon, das Fettnäpfchen treten, lege ich Ihnen nahe, sich die nächsten Seiten in einer Mußestunde - oder zwei - zu Gemüte zu führen, wo Sie alles Wissenswerte (von A wie Amtsschimmel bis Z wie Zimtzicke) erklärt finden.

PS: In gewisser Weise ist das Ihnen vorliegende Buch also durchaus auch als Nachschlagewerk zu sehen.

Aber Vorsicht! Bitte bloß keine Missverständnisse! Das soll natürlich auf keinen Fall heißen, dass Sie NACH jemandem SCHLAGEn sollen, mit diesem WERK. Bleiben Sie friedlich – trotz dieses Vorwortes!

ALLE R ANFANG IST…?

Bereits kurz nach der allgemeinen Begrüßung wandte sich Mike wissbegierig – wie jeder US-Amerikaner (aber auch so manch anderer Landsmann) es nur allzu gerne vorgibt – an mich. Er wollte wissen, was ein Baulöwe sei.

Unser Gast hatte auf dem Weg vom Flughafen im Taxi in den Rundfunknachrichten gehört, dass in Wien ein Baulöwe in einen Unfall verwickelt gewesen sei.

„What the hell is a ´Baulöwe´?“, fragte der Amerikaner.

Leider (- damals sagte ich noch ´leider´, einige Tage später hätte ich schon ´Gott sei´s gedankt!´ ausgerufen) läutete just in diesem Moment das Telefon. Ich schob Mike schnell ins Arbeitszimmer meines Mannes, direkt vor den alten Meyer (damit ist nicht mein Göttergatte gemeint, sondern das fünfundzwanzigbändige Konversationslexikon) und eilte zum Anruf.

Wenig später, also schon nach etwa fünfzig, vielleicht auch fünfundsiebzig Minuten – ich bin in meiner Familie für meine kurzen Telefongespräche allseits bekannt – kam ich wieder zurück zu meinem Gast, der kopfschüttelnd vor den Bänden 3 (Bal – Clo) und 11 (Lie – Maa) der Lexikonreihe saß: „Löwe ist eine Wildkatze und ein Sternenbild, right?“ Ich nickte. „Und ´Bau´ heißt ein Haus und auch die Wohnung von einem Fuchs oder einem Rabbit, also einem Hasen, und - “, er zitierte aus dem Lexikon: „eine m-d-l-.?“ – „Mundartlich, also eine Bezeichnung im Dialekt“, erklärte ich. „Also eine mundliche - oder wie das heißt – Bezeichnung für Gefängnis“, setzte Michael fort. Er verstand nicht allzu viel. „Ist ein Baulöwe ein Gefängnis für eine Tier? Oder eine Gebaude für die Sterne? Ach, ich werde diese Sprache wohl nie verstehen. Damn!“ Er war erst dem Fluchen, dann dem Verzweifeln nahe.

„Ein Baulöwe ist, einfach gesagt, ein Mensch, der…“, begann ich vielversprechend meine Erklärung, die jedoch abrupt ins Stocken geriet. Ich rang nach klaren Worten für eine noch klarere Definition dieses Wortes. Vergeblich!

Da kam mir eine Idee. „Ich werde dir eine kleine Geschichte erzählen, eine kurze Story, damit du verstehst, was ein Baulöwe ist! Man kann das nämlich gar nicht so klar definieren, sondern man muss diesen Begriff gewissermaßen umschreiben, um die VOLLE Bedeutung dieses Wortes erfassen zu können.“ Also:

GUT GEBRÜLLT, BAULÖWE!

„Was soll das? Habt ihr keine Augen im Kopf? Das Fenster gehört weiter nach rechts!“ – Schon schoben eifrige Hände den noch scheibenlosen Fensterrahmen etwas nach rechts.

„Gut so, Chef?“ – „Ja, in Ordnung, aber passt das nächste Mal besser auf. Wozu habt ihr denn einen Bauplan, wenn ich euch erst alles sagen muss? Ich habe ohnehin schon genug um die Ohren, ich kann mich nicht um jede Kleinigkeit kümmern“, sprach´s und ging zum Führerhaus des Baukrans, um genaue Anweisungen zu geben, wie der Dachstuhl auf den Neubau gehoben werden muss: „Weiter nach links – gut! – stooooop! – rechts, rechts, haaalt! – Und absetzen!“

Plötzlich weiteten sich seine Pupillen, entsetzt riss er seine Augen auf: „Himmel, was soll denn das?“ Er eilte quer über die Baustelle, wobei er beinahe von einem heranbrausenden Lastwagen überfahren worden wäre: „Wer hat denn diesen Mist hier verbrochen? Das Haus muss weg, hier kommt ein Fußballstadion hin!“

Schnell eilte einer seiner Mitarbeiter zu einem grell-gelben Bulldozer, machte das kleine Häuschen dem Erdboden gleich und schon wenig später begann der Aufbau des Stadions. Es wurde ein Spielfeld errichtet, Tribünen wurden aufgebaut, Scheinwerfer aufgestellt.

Zufrieden lehnte sich der Chef zurück und begutachtete das Entstehen der Sportstätte. – „Sollte man nicht vielleicht ein Einkaufszentrum in unmittelbarer Nähe errichten?“ Wieder einmal gewann der Geschäftsmann in ihm die Oberhand.

„Natürlich! Der Platz westlich des Stadions würde sich hervorragend dafür eignen, - und Parkplätze“, auch an diese dachte er vorsorglich, „wären ja in ausreichender Menge vorhanden.“ – Gedacht, getan.

Schon kurze Zeit später konnte das Shopping Center eröffnet werden. Natürlich hielt der Baulöwe persönlich die Eröffnungsrede:

„Ich freue mich, diesen schönen neuen Gebäudekomplex heute nach kurzer Bauzeit feierlich seiner… und so weiter und so fort…“ Man kennt das ja.

Doch damit nicht genug. Der Chef plante ständige Erweiterungen dieses von ihm errichteten Imperiums, wobei ihm sämtliche Mitarbeiter tatkräftig zur Hand gingen: Es wurden Straßen gebaut, Hochhäuser errichtet, Spielplätze angelegt; es entstanden Bahnhöfe, Hotelanlagen, Hallenbäder, Fabriken, Opernhäuser und und und.

Und was nicht mehr gefiel, das wurde kurzerhand wieder abgerissen und größer und schöner wieder aufgebaut, bis –

Ja, bis plötzlich Frau Martin auf der Großbaustelle erschien: „Kinder, in fünf Minuten gibt es Mittagessen! Räumt also schnell die Bauklötzchen weg! Hier sieht es ja furchtbar aus, wie nach einem schweren Erdbeben.“ Und mit einer energischen Bewegung schob sie einen neuerrichteten Wohnblock sowie das Theatergebäude mit ihrem Fuß in Richtung Flughafen.

Frau Martin, die Mutter des kleinen Baulöwen, hatte im Moment offenbar wenig Verständnis für Architektur und Städtebau.

-

„Aha“, sagte Mike, „ein Baulöwe ist also ein hungriger Mensch, der mit Bausteinen spielt!“

- Naja, für den Anfang…

-

Kurze Zeit später kam mein Mann mit unseren drei Kindern nach Hause, die er von der Musikschule (Daniel), vom Schwimmen (Susanne) und vom Handball-Training (Florian) abgeholt hatte. Nach der allgemeinen Begrüßung jammerte unser Töchterchen, dass sie heute den sogenannten ´Delphinstil´ - auch ´Butterfly´ genannt – gelernt hat und deshalb sicherlich am nächsten Tag einen, wie sie wörtlich sagte, „gewaltigen Muskelkater“ haben werde.

Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass unser Gast keinen blassen Schimmer davon hatte, wer oder was dies sein könnte. Bevor Mike in seiner Unwissenheit noch fragen konnte, ob Susanne morgen etwa ein kleines Kätzchen geschenkt bekomme, und damit die leidige Diskussion um ein weiteres Haustier entfacht hätte, erzählte ich während des Abendessens die topaktuelle Geschichte vom

MUSKELKATER KASIMIR