Wenn du mich willst - Kate Walker - E-Book

Wenn du mich willst E-Book

KATE WALKER

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Beschreibung

Nur Hass empfindet der Millionär Ricardo für Edward Venables! Um sich zu rächen, entführt er dessen Verlobte Felicity. Doch schon bald weckt seine süße Geisel alles andere als kalte Rachegedanken in ihm: Unwiderstehlich fühlt er sich von ihr angezogen …

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Seitenzahl: 185

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IMPRESSUM

Wenn du mich willst erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© by Kate Walker Originaltitel: „The Hostage Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 1554 - 2003 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann

Umschlagsmotive: ThinkstockPhotos / andriikobryn

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733774561

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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1. KAPITEL

Rico Valeron hielt vor dem Haus, sah auf seine Armbanduhr und stellte den Motor ab. Ich habe noch viel Zeit, dachte er und lehnte sich zurück.

Oben in ihrem Schlafzimmer hörte Felicity das Auto und nur Sekunden später die Stimme ihres Vaters.

„Dein Wagen ist da!“, rief er die Treppe hoch. „Bist du so weit?“

Bin ich so weit?, fragte sich Felicity. Sie betrachtete sich im Spiegel, dann wandte sie sich schnell ab. Ihr gefiel nicht, wie viel ihr Blick verriet.

„Fliss!“ Joe Hamilton wurde ungeduldig. „Der Wagen ist da. Wir müssen los.“

„Ich komme gleich“, brachte sie mühsam heraus. Sie klang matt und niedergeschlagen, überhaupt nicht so, wie eine Braut klingen sollte, kurz bevor sie zu ihrer Hochzeit fuhr. Aber andererseits war dies ja auch nicht die Hochzeit, von der sie als junges Mädchen geträumt hatte. Damals war sie in ihren Fantasievorstellungen Aschenbrödel oder Königin Guinevere und ihr Bräutigam eine Mischung aus Märchenprinz und einem Ritter der Tafelrunde, der auf einem weißen Pferd auf sie zuritt und sie in das perfekte „Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ entführte.

Dies war dagegen die Karikatur einer Heirat, zu der sie Angst und Verzweiflung gedrängt hatten und vor der sie sich bis zuletzt vergeblich zu drücken versucht hatte.

„Felicity!“

Ihr Vater benutzte ihren vollständigen Namen nur, wenn er sich über sie ärgerte, und sie sah ihn im Geiste vor sich, wie er gereizt auf seine Armbanduhr blickte. „Ich komme!“ Ihr blieb nichts anderes übrig. Kein Ritter auf einem weißen Pferd würde ihr zu Hilfe eilen. Nicht einmal ihrer Mutter hatte sie sich anvertrauen können. Dann hätte sie verraten müssen, in was für eine hoffnungslose Lage sich ihr Vater gebracht hatte und dass er niemals einen Ausweg finden würde.

Außer wenn sie diese Hochzeit durchzog.

„Einen Moment noch!“ Felicity drehte sich wieder zum Spiegel um und überprüfte ihr Aussehen. Das weiße Seidenkleid, auf dem Edward bestanden hatte, saß perfekt. Ärmellos und weich fließend, betonte es ihre schlanke Figur und die glatte gebräunte Haut. Ihr hellblondes Haar war unter dem Schleier zurückgesteckt, der ihr von einem zierlichen Diadem kaskadenförmig über den Rücken fiel. Der schlichte Stil unterstrich ihr fein geschnittenes Gesicht mit den hohen Wangenknochen und den großen grauen Augen.

Aber trotz des sorgfältig aufgetragenen Make-ups sah sie blass und müde aus. „Niemand wird es auch nur eine Sekunde lang glauben“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild. „Kannst du nicht zumindest ein Lächeln zustande bringen?“

Nein, das war ja noch viel schlimmer. Ihr Lächeln war so offensichtlich falsch, dass es fast wie eine Grimasse wirkte. Hastig hob Felicity das lange Kleid an und ging zur Tür.

„Endlich!“, rief Joe. „Wir werden zu spät kommen.“

„Ist das nicht das Vorrecht einer Braut?“, erwiderte Felicity. „Und Edward wird warten.“ O ja. Er gewann so viel mehr durch diese Karikatur einer Heirat. Viel mehr, als er ihr für ihre Einwilligung versprochen hatte.

Rico konnte durch das Milchglas der Haustür eine Bewegung erkennen und setzte sich auf. Mit zusammengekniffenen Augen musterte er die Umgebung und nickte zufrieden. Niemand war in der Nähe. Alle waren zur Hochzeit des Jahres eingeladen, und sogar die Angestellten hatten den Tag freibekommen, damit sie vor der Kathedrale stehen und die eintreffenden Gäste beobachten konnten. Wenn sein Glück anhielt, müsste es ihm eigentlich völlig unbemerkt gelingen. Als die Tür aufging, stieg er aus und ließ eine Hand unauffällig in die Jackentasche gleiten.

„Wir kommen!“, rief Joe und winkte seine Tochter aus dem Haus. „Los, los, Fliss! Sonst wird Sir Lionel noch denken … Wer kann das sein?“

Das Telefon klingelte. „Lass es“, sagte Felicity. Jetzt, da sie auf dem Weg waren, wollte sie die Sache erledigt haben.

Joe war unfähig, das hartnäckige Klingeln zu ignorieren. „Geh schon vor, Liebling“, sagte er und kehrte um. „Ich bin sofort …“

Aber Felicity war plötzlich wie gelähmt. Eine unerklärliche Angst durchflutete sie, und sie fröstelte trotz der heißen Julisonne. Sie sah und hörte nichts, was die Panik hätte auslösen können, und dennoch …

„Miss Hamilton?“

Sie blickte den Chauffeur zum ersten Mal richtig an. Er war ein großer, imposanter Mann und entsprach überhaupt nicht ihren Erwartungen. Einen Fahrer hatte sie sich anders vorgestellt. Er stand gerade und stolz neben dem funkelnden silbergrauen Rolls-Royce und hielt die hintere Tür auf. Die schwarze Uniformjacke betonte seine breiten Schultern und die schmale Taille. Die eleganten Schuhe sahen wie handgearbeitet aus. Felicity kniff die Augen gegen die grelle Sonne zusammen, doch sie konnte seine Gesichtszüge wegen der tief in die Stirn gezogenen Schirmmütze nicht erkennen.

„Sind Sie Miss Felicity Hamilton?“

Er hörte sich überrascht an, und sein Akzent – Spanisch, vielleicht? – fiel ihr jetzt stärker auf. Die fremdländische Aussprache ließ ihren Vornamen verführerisch klingen, und Felicity spürte plötzlich eine prickelnde Erregung, die für eine Braut auf dem Weg zu ihrer Hochzeit mit einem anderen Mann völlig unpassend war. Oder unpassend wäre, wenn sie einen Mann heiraten würde, den sie wirklich gern hatte. „Ja. Felicity Jane Hamilton, zukünftige Felicity Jane Venables.“ Sie raffte ihr Kleid und ging auf den Chauffeur zu. „Aber das wussten Sie doch, stimmt’s? Deshalb sind Sie ja hier.“

„Ja, Miss Hamilton“, erwiderte er leise. „Genau deshalb.“

Jetzt, da sie vor ihm stand, nahm sie wahr, dass er dunkelbraune Augen, eine gerade Nase, ein energisches Kinn und einen so schönen, sinnlichen Mund hatte, dass sie sich danach sehnte, diesen Mann lächeln zu sehen und seine Küsse auf ihrer Haut zu spüren …

„Wollen Sie nicht einsteigen, Miss Hamilton?“

„Ich … Oh …“ Felicity wurde rot. Er blickte sie unverwandt forschend an, und es kam ihr so vor, als könnte er ihre Gedanken lesen. Die erotischen Gedanken, die sie nicht hätte haben dürfen! Obwohl sie Edward nicht liebte, hatte sie ihm versprochen, sich wie seine Ehefrau zu benehmen, und nichts sollte darauf hindeuten, dass es keine echte Heirat war. Dieses Versprechen würde unmöglich zu halten sein, wenn sie schon von anderen Männern fantasierte, bevor sie überhaupt den Ring am Finger hatte!

„Steigen Sie ein.“

Die Stimme des Chauffeurs hatte plötzlich einen drohenden Unterton, der Felicity beunruhigte. „Ich warte auf meinen Vater.“

„Sie können im Wagen warten.“

„Ich bleibe lieber hier draußen. Ich möchte mein Kleid nicht zerknittern.“

Er musterte es verächtlich und tat ihren Einwand mit einem Schulterzucken als unwichtig ab. „Wir werden zu spät kommen. Bitte steigen Sie ein, Miss Hamilton.“

So, wie er das Wort „bitte“ aussprach, hatte es nichts Höfliches und ließ Felicity schaudern. Aber sie hörte, dass sich ihr Vater bemühte, das Telefongespräch zu beenden.

„Ich muss wirklich los. Können wir ein anderes Mal da rüber reden?“

Er würde jeden Moment bei ihr sein, und dieses Wissen half ihr, die Selbstsicherheit zurückzugewinnen, die durch das beunruhigende Verhalten des Chauffeurs erschüttert worden war. Sie würde ins Auto steigen. Nicht, weil er darauf bestand, sondern weil sie es wollte.

Ihr war nicht klar gewesen, wie schwierig es sein würde, mit dem langen Kleid, dem Schleier und der Seidenschleppe auf den hohen Ledersitz zu kommen. Sie versuchte, das Kleid nicht zu zerknittern, was damit endete, dass sie das Gleichgewicht verlor und erschrocken aufschrie.

Er war sofort da, umfasste ihren Arm und stützte sie. Nur einen Moment später glitt sie sicher auf den Rücksitz.

„D… danke“, sagte sie und war sich schockiert bewusst, dass die Nähe des Fahrers ihre Stimme atemlos und zittrig klingen ließ und nicht der Gedanke an den gerade noch vermiedenen Sturz.

„De nada.“

Er ordnete das Kleid und die Schleppe, sodass sie nicht in die Tür eingeklemmt werden konnten. Seine Berührungen waren ruhig und völlig unpersönlich, und Felicitys nervöse Anspannung verschwand. Sie musste übertrieben und voreilige Schlüsse gezogen haben. Ihre Fantasie war mit ihr durchgegangen. „Danke“, sagte sie wieder, und als er aufsah, lächelte sie ihn an.

Er reagierte nicht. Sein ausdrucksloser starrer Blick ließ sie entsetzt zurücksinken. Ihr war kalt und schwindlig, und so bekam sie kaum mit, dass er die Tür zuschlug und ums Auto ging. Erst als er einstieg und den Zündschlüssel drehte, registrierte sie, dass nicht alles so war, wie sie erwartet hatte. Ihr Vater war noch im Haus, und … „Moment mal!“

Der Chauffeur ignorierte sie und fuhr los. Er lenkte den Rolls-Royce mit einer Hand und zog mit der anderen ein Handy aus der Hosentasche. „Okay, Auftrag ausgeführt“, sagte er scharf. „Du kannst jetzt aufhören.“

„Sie dürfen noch nicht abfahren. Mein Vater …“ Felicity verstummte, als sie völlig begriff, was er gesagt hatte.

Auftrag ausgeführt. Du kannst jetzt aufhören.

Sie beugte sich vor und schlug gegen die Trennscheibe. „Was machen Sie denn? Wohin fahren Sie?“

Er steckte das Handy zurück in die Hosentasche, legte die Hand aufs Steuer und gab Gas.

„Sie müssen anhalten! Mein Vater …“ Felicity bemerkte, dass der Chauffeur einen schnellen Blick in den Rückspiegel warf. Sie drehte sich auf dem Sitz um und sah ihren Vater aus dem Haus rennen, wie angewurzelt stehen bleiben und wild gestikulieren. Und plötzlich wurde ihr klar, was gerade passiert war. Dieser Mann hatte dafür gesorgt, dass das Telefon in dem Moment klingelte, in dem ihr Vater und sie das Haus verließen. Der Anruf sollte ihren Vater lange genug beschäftigen, um sie ins Auto zu schaffen.

Verzweifelt sah sie den Abstand größer werden. Dann machte die Auffahrt eine Biegung, und das Haus und ihr Vater waren außer Sicht. Sie war allein mit diesem entnervenden, furchterregenden Fremden.

Zur Kirche hätte er am Ende der Auffahrt nach rechts abbiegen müssen. Als er in die entgegengesetzte Richtung fuhr, bekam Felicity wirklich Angst.

2. KAPITEL

„Was soll das eigentlich?“ Der Panik nachzugeben ist völlig falsch, sagte sich Felicity. Okay, einen Moment lang war sie aus der Fassung geraten, aber dazu bestand kein Grund. Es war einfach irgendein Missverständnis. „Sie fahren den falschen Weg.“

Hatte er sie überhaupt gehört? Er antwortete nicht und warf ihr nicht einmal einen flüchtigen Blick zu. Felicity riss und zerrte hektisch, und es gelang ihr, die Trennscheibe ein kleines Stück aufzuschieben. Sie beugte sich vor und hielt den Mund an die Öffnung. „Sie fahren den falschen Weg.“ Sie bemühte sich, sehr deutlich zu sprechen. Schließlich war er kein Engländer. Was war er? Spanier? Vielleicht verstand er sie einfach nicht, weil er nur die wenigen Sätze konnte, die er zu ihr gesagt hatte. „Hören Sie mir zu. Sie …“ Verzweifelt versuchte sie, sich das bisschen Spanisch ins Gedächtnis zurückzurufen, das sie während eines Urlaubs vor zwei Jahren aufgeschnappt hatte. „Vaya el camino malo.“ Auch wenn es grammatisch nicht richtig war, drückte es doch zumindest aus, was sie meinte.

Er lächelte spöttisch über ihre Übersetzung. „Voy el camino correcto“, sagte er, und dann widerlegte er Felicitys Vermutung, dass er sie nicht verstanden hatte. „Ich bin genau auf dem richtigen Weg. Es ist nur nicht die Richtung, in die Sie heute fahren wollten. Aber ganz gleich, wohin wir fahren, Sie sollten sich zurücklehnen und anschnallen. Was Sie im Moment tun, ist nicht nur gefährlich, sondern auch rechtswidrig.“

Felicity konnte es nicht fassen. „Rechtswidrig? Sie entführen mich und machen sich Sorgen wegen der Anschnallpflicht? Das ist ja wohl …“ Sie schaffte es, die Trennscheibe noch ein bisschen weiter aufzuschieben, bekam die Hand durch die Lücke und schlug ihm auf die Schulter. „Halten Sie sofort an!“ Als er nicht reagierte, griff sie ihm in das schwarze Haar, das im Nacken nicht von der Chauffeursmütze verdeckt wurde, und zog so fest, wie sie konnte.

„Madre de Dios!“ Das Auto geriet ins Schleudern, doch er bekam es schnell wieder unter Kontrolle. „Lassen Sie das!“, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. „Seien Sie nicht so verdammt dumm! Wollen Sie uns beide umbringen?“

„Was Sie anbelangt, bin ich in Versuchung“, sagte Felicity, aber der Gedanke daran, was bei Gegenverkehr hätte passieren können, versetzte sie in Panik und ließ sie einsehen, wie unklug sie gehandelt hatte. Sie lehnte sich zurück und versuchte verzweifelt, eine Erklärung für das zu finden, was vorging.

War der Chauffeur völlig verrückt geworden? Was erhoffte er sich nur davon? „Hören Sie mal, Sie …“, begann sie und bemühte sich, energisch und selbstsicher zu klingen.

Er erwiderte ihren Blick im Rückspiegel, dann konzentrierte er sich wieder auf die Straße. „Ich heiße Rico“, sagte er.

Es wäre dumm von ihr, das zu glauben. Weil er ein Idiot wäre, wenn er ihr seinen richtigen Namen verraten würde, und sein Blick verriet zu viel Intelligenz und Gerissenheit, als dass er so eine Beschreibung verdienen würde. Aber Rico passte zu ihm. Es war ein Banditenname, und sie konnte ihn sich in der Rolle eines Gangsters in einem wilden Abenteuerfilm gut vorstellen. Nur war dies kein Film. „Rico, Sie haben irgendetwas völlig missverstanden. Ihnen ist ein schrecklicher Irrtum unterlaufen.“

„Kein Irrtum. Ich weiß genau, was ich tue.“

„Sie müssen die falsche Person haben.“ Es war die einzige Erklärung, die ihr einfiel.

„Sind Sie etwa nicht Felicity Hamilton?“, fragte er sarkastisch.

„In Ordnung, ich habe gesagt, ich sei es, trotzdem haben Sie einen Fehler gemacht. Ich bin nicht reich, und mein Vater ist es auch nicht.“ Wenn sie es wären, hätte sie nicht einwilligen müssen, Edward zu heiraten.

„Ich bin nicht an Geld interessiert.“

„Aber dann … warum …?“ Ihr versagte die Stimme, als sie an den einzigen anderen Grund dachte, den dieser Mann haben könnte, sie zu entführen. Sie spürte geradezu, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich. Ihr Herz hämmerte vor Angst. „Halten Sie sofort an!“ Sie erwartete nicht, dass er es tun würde, dennoch war es nervenzerreißend, wie er sie einfach ignorierte. Plötzlich hatte sie jedoch wieder Hoffnung. Sie näherten sich einer besonders schwierigen Kurve. Rico würde langsamer fahren müssen. Wenn sie die Tür aufbekam … Vorsichtig schob sie die Hand auf den Griff.

„Sie ist verriegelt.“

Felicity sah in den Rückspiegel. Ricos wissender Blick erfüllte sie mit Entsetzen.

„Zentralverriegelung“, erklärte er hilfsbereit und zeigte auf einen Knopf an der Fahrertür. „Sie können erst aussteigen, wenn ich Sie hinauslasse.“

Sie wusste, dass es dumm war, doch sie zog und zerrte trotzdem am Griff. Ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengte, er bewegte sich nicht, und schließlich musste sie aufgeben.

„Lassen Sie es sein. Machen Sie es sich selbst leichter.“

Es gelang ihm tatsächlich, ein bisschen besorgt zu klingen. Felicity war sicher, dass seine Besorgnis nicht echt war.

„Wir haben eine lange Reise vor uns, und wenn Sie so weitermachen, bereiten Sie sich nur noch mehr Stress.“

„Eine lange Reise? Wohin fahren wir denn?“, fragte sie gespielt unschuldig, aber es gelang ihr nicht, Rico zu überlisten. Ihr Versuch brachte ihr einen halb belustigten, halb tadelnden Blick ein.

„Das sehen Sie, wenn wir ankommen“, erwiderte er. „Also warum lehnen Sie sich nicht zurück und genießen die Fahrt?“

„Nichts liegt mir ferner, als mich zu amüsieren.“

„Tja …“ Er zuckte die Schultern. „Aber Sie haben es viel bequemer und sicherer, wenn Sie sich anschnallen und entspannen.“

Er passierte gerade einen Kreisverkehr und fuhr zur Autobahn, die von ihrer Heimatstadt nach London führte. „Sie gehen ein Risiko ein“, sagte Felicity. „Die Straßenschilder verraten mir, wohin wir fahren.“

Ein weiteres gleichgültiges Schulterzucken war Ricos einzige Reaktion.

„Beunruhigt Sie das nicht?“

„Sollte es?“, fragte er spöttisch. Und als wollte er betonen, wie wenig es ihn kümmerte, nahm er die Mütze ab und warf sie auf den Beifahrersitz. Dann sah er wieder in den Spiegel, blickte Felicity direkt in die Augen und lächelte frech.

Ihr Herz klopfte wie verrückt, und sie biss sich auf die Lippe, um nicht aufzuschreien. Es war nicht fair! Das Aussehen dieses Mannes, der sie aus welchen Gründen auch immer entführt hatte, der in ihr Leben eingedrungen war und es auf den Kopf gestellt hatte, sollte zumindest in irgendeiner Hinsicht seinem schlechten Charakter entsprechen. Genau das Gegenteil war der Fall. Er sah umwerfend gut aus. Mit seiner olivenfarbenen Haut, den dunklen Augen, unmöglich dichten Wimpern, markanten Wangenknochen und dem sinnlichen Mund war er der schönste Mann, dem Felicity jemals begegnet war.

Er ertappte sie dabei, wie sie ihn ganz überwältigt betrachtete, und sie senkte verlegen den Blick.

„Sie sollten sich wirklich anschnallen. Wir kommen bald auf die Autobahn. Sie mögen ja bereit sein, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, indem Sie das Gesetz missachten, mir wäre es jedoch lieber, wenn Sie vernünftig sind.“

Bedeutete das, dass er ihr, was auch immer er vorhatte, nichts Schlimmes tun wollte? Es ließ sich nicht sagen, Felicity hielt es jedoch für besser, ihm zu gehorchen. Sie griff nach dem Sicherheitsgurt und steckte ihn in die Halterung. „Rico wer?“, fragte sie, als er auf die Auffahrt abbog und beschleunigte. „Sie haben doch wohl einen Nachnamen?“

„Rico genügt.“ Er blinkte und fädelte sich in den Verkehr ein.

„Ich kann Ihren Namen herausfinden, wissen Sie. Edward wird ihn mir sagen.“ Sie rasten an einem Schild vorbei, so schnell, dass sie kaum registrierte, was darauf stand, aber plötzlich hatte sie einen Einfall. „Tatsächlich überrascht es mich, dass Sie überhaupt glauben, damit durchzukommen“, redete sie weiter, um ihn abzulenken, während sie über ihren Plan nachdachte und zu entscheiden versuchte, ob es klappen könnte. „Ihnen muss klar sein, dass ich es Mr Venables erzählen und Sie anzeigen werde.“

Rico reagierte nicht.

„Selbst wenn es nur ein Streich ist, so ein Benehmen eines seiner Angestellten wird Edward nicht dulden. Sie werden Ihren Job als sein Chauffeur verlieren.“

Diesmal verriet sich Rico durch einen flüchtigen Blick in den Spiegel, und plötzlich begriff sie. „Es ist nicht Ihr Job“, sagte sie beklommen. „Sie arbeiten nicht für Edward Venables, stimmt’s?“

„Eher würde ich auf allen vieren diese Autobahn entlangkriechen“, erwiderte Rico scharf.

Aus seinen Worten sprach eine Antipathie, die an Hass grenzte, und Felicity schauderte. „Also geht es um Edward und nicht um mich?“ Und nicht um ihren Vater. Nach all den Schwierigkeiten, in die sich Joe Hamilton in letzter Zeit gebracht hatte, war sie erleichtert, dass er sich zumindest nicht mit diesem Banditen eingelassen hatte. „Bedeutet das, Sie wollen mir nichts …“ Sie verstummte, als ihr noch etwas klar wurde.

„Ich werde Ihnen nichts tun“, sagte Rico.

Er kann mein Leben auch zerstören, ohne mich anzurühren, dachte Felicity unglücklich. Wenn sie nicht in der Kathedrale erschien und Edward nicht einmal wissen ließ, dass sie nicht freiwillig einfach weggeblieben war, würde er sich an ihrem Vater rächen. Joes Vergehen würden aufgedeckt werden, und sie hätte sich allem umsonst ausgesetzt. An die Folgen für ihre Mutter mochte Felicity nicht einmal denken.

Ein weiteres Schild kündigte eine Autobahnraststätte an und erinnerte Felicity an ihren Plan. Jetzt oder nie. „Ich habe Durst! Es ist so heiß. Ich könnte wirklich etwas zu trinken gebrauchen.“

„Der Schrank vor Ihnen ist eine kleine Bar. Nehmen Sie sich eine Flasche Mineralwasser.“

„Oh, aber …“

„Sie haben doch nicht etwa geglaubt, ich würde anhalten und Sie aussteigen lassen? Das Wasser oder nichts, Schatz.“

„Ich bin nicht Ihr Schatz!“, brauste Felicity auf, wütend, weil er sie so mühelos ertappt hatte. „Und ich habe nicht die Absicht, irgendetwas zu trinken, was Sie mir geben.“

„Dann müssen Sie durstig bleiben“, erwiderte Rico kühl. „Ich habe Ihnen gesagt, ich würde Ihnen nichts tun.“

„Und das soll ich glauben?“ Jetzt war ihr Durst nicht einmal mehr vorgetäuscht. Die Sonne brannte aufs Auto hi nunter, und Felicity wurde sich unbehaglich bewusst, dass sie am Morgen vor Nervosität fast nichts gegessen oder getrunken hatte. Allein der Gedanke an das Wasser war eine Versuchung, der sie kaum widerstehen konnte. „Vielleicht haben Sie irgendetwas hineingeschüttet!“

Rico seufzte. „Ich gebe Ihnen mein Wort …“

„Das Wort eines Kidnappers? Eines Rohlings? Eines Gangsters?“

Er verdrehte die Augen. „Wie wäre es, wenn ich selbst davon trinken würde?“

Es war verlockend. Sie hatte wirklich großen Durst.

Rico musste ihr ansehen, wie nahe sie daran war, schwach zu werden, denn er fuhr auf die Standspur. „Reichen Sie mir das Wasser.“

Ich könnte ihm die Flasche auf den Kopf schlagen, dachte Felicity, als sie die Bar öffnete. Im nächsten Moment verwarf sie den Plan. Wenn sie Rico außer Gefecht setzte, war sie immer noch auf der anderen Seite der Trennscheibe, und der Knopf für die Zentralverriegelung war auf seiner Seite. Selbst wenn sie die Scheibe noch weiter aufschob, sie würde es nicht schaffen, sich durch die Lücke zu zwängen.

„Das Wasser, Felicity.“ Rico hatte sich auf dem Sitz umgedreht und sah sie an.

„Habe ich gesagt, Sie könnten mich beim Vornamen nennen?“ Sie wusste, dass sie mit der kleinlichen Beschwerde nur ihre Frustration darüber verbarg, dass sie unfähig war, ihm anders beizukommen.

„Señorita Hamilton“, verbesserte er sich betont höflich.

Ihre Laune wurde noch schlechter. „Hier, nehmen Sie Ihr verdammtes Wasser!“ Zu ihrem Entsetzen konnte sie den Blick einfach nicht von ihm abwenden, während er trank. Eine Hitze, die nichts mit der Sonne draußen zu tun hatte, durchflutete sie. Hör auf damit!, befahl sie sich wütend und kniff fest die Augen zusammen.

„Hier.“

Felicity öffnete die Augen. Rico hielt ihr die Flasche hin. Sie riss sie ihm fast aus der Hand, dann wurde ihr bewusst, dass er sie aufmerksam betrachtete, und sie beherrschte sich noch. Übertrieben sorgfältig wischte sie den Rand ab und sah, wie sich Ricos Miene verfinsterte.

Als Felicity alles ausgetrunken hatte, was in der Flasche übrig war, fädelte sich Rico wieder in den Verkehr ein. „Besser?“