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Geschichten sind für die Seele des Menschen, was Medizin für seinen Körper ist – diese Weisheit wird in Nossrat Peseschkians Buch lebendig: Weil aufschlussreiche Beispiele manchmal schneller zu einem Aha-Erlebnis führen als langwieriges Bereden und Analysieren. Und weil ein Perspektivwechsel auch die festgefahrenste Situationen auflösen kann. Der Autor erzählt Geschichten, die wirken, weil sie durch Lachen befreien und den Geist lüften. Außerdem er zeigt, warum die Positive Psychotherapie wirkt, indem er kurz und leicht verständlich in deren Prinzipien einführt.
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Seitenzahl: 133
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Nossrat Peseschkian
Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, dann tu, was du noch nie getan hast
Das Buch
Geschichten sind für die Seele, was Medizin für den Körper ist — diese sinnfällige Weisheit wird in diesem Buch lebendig: Kurze Weisheitsgeschichten, aufschlussreiche Beispiele können manchmal schneller zu einem Aha-Erlebnis führen als langwieriges Bereden und Analysieren. Aus scheinbar festgefahrenen Situationen führt oft ein überraschender Perspektivenwechsel — der Blick wird frei, eine Situation neu gesehen: Der erste Schritt zur Veränderung ist getan. Nossrat Peseschkian erzählt Geschichten, die wirken, weil sie durch Lachen befreien und den Geist lüften. Und er zeigt, warum die Positive Psychotherapie wirkt – und wie sie wirkt, indem er kurz in deren Prinzipien einführt. Ein Buch von einem Meister des Geschichtenerzählens und der Positiven Psychotherapie.
Der Autor
Nossrat Peseschkian, Dr. med., Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Honorarprofessor. Gründer und Leiter der Wiesbadener Akademie für Psychotherapie und Begründer der Positiven Psychotherapie, Dozent an der Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung der Landesärztekammer Hessen. Er wurde 1933 im Iran geboren und lebt seit 1954 in Deutschland. Intensive Forschungs- und Lehrtätigkeit in über 60 Staaten. Träger des Richard-Merten-Preises. Autor zahlreicher Bücher, bei Herder Spektrum zuletzt: Klug ist jeder. Der eine vorher, der andere nachher; Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen. Aber schwer, es leicht zu nehmen; Das Leben ist ein Paradies, zu dem wir den Schlüssel finden können.
E-Book-Ausgabe 2020 © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2002, 2007, 2008, 2011, 2019 Alle Rechte vorbehaltenwww.herder.de
Umschlaggestaltung: Agentur IDee Umschlagmotiv: © Sharaf al-Husaini al-Jazdi, „Jüngling mit Laute und Pferd“, 1594/95, Persische Miniatur, auf Papier, St. Petersburg, Staatliche Ermitage © akg-images
E-Book-Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN 978-3-451-82023-6
ISBN (Taschenbuch) 978-3-451-03203-5
Leid- oder Leitfaden: Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht
Der Wanderer – Warum neue Sichtweisen weiterhelfen
Kleinigkeiten machen die Summe des Lebens aus – Vom Gewicht des alltäglichen Krams
Der Mensch lebt noch nicht einmal hundert Jahr und macht sich Sorgen um tausend – Perfektionismus kann krank machen
Großzügigkeit macht das Herz leichter – Vom Geben und Nehmen
Die Kunst, andere zu überzeugen – Emotionale Intelligenz entwickeln
Die Wanderschaft zum Glück – Ablösung als Weiterentwicklung
Nicht alles, was rund ist, ist ein Ball – Warum man nicht immer von sich auf andere schließen kann
Ein Vorurteil ist ein Urteil, das nicht durch ein Gericht, sondern durch ein Gerücht hervorgerufen wird – Vorurteile haben viele Gesichter
Wenn du eine hilfreiche Hand brauchst, so suche sie am Ende deines eigenen Armes – Fähigkeiten verwirklichen
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß! – Die Fähigkeit, an sich und andere die richtigen Fragen zu stellen
„Man ist reich, wenn es reicht“ – Die Frage nach dem Wesentlichen
Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen bleiben – Wenn Traditionen erstarren
Unter den Menschen gibt es viele Kopien und wenige Originale – Die Einzigartigkeit entdecken
Liebe ist wie ein Glas, das zerbricht, wenn man es zu locker oder zu fest anfasst – Liebe und Gerechtigkeit
Die Besonderheiten des Partners sehen – Liebe braucht Pflege
Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein – Warum Rache bitter schmeckt
Geld ist wie ein Metall, das sowohl gut leitet als auch gut isoliert – Geld als Ersatz
Hast du was, dann bist du was – Leistung und Selbstwertgefühl
Sich vom ersten Eindruck nicht täuschen lassen – Den anderen wirklich sehen
Positive Psychotherapie: Eine Ganzheitsmodell im Rahmen der Erziehung, Selbsthilfe und Psychotherapie
Die Bedeutung von Geschichten, Lebensweisheiten und Humor im Alltagsleben
Sammle die hellen Stunden für die dunkle Zeit des Lebens
Dank
Literatur
1. Szene: Ich gehe die Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich falle hinein.
Ich bin verloren . . . Ich bin ohne Hoffnung.
Es ist nicht meine Schuld.
Es dauert endlos, wieder herauszukommen.
2. Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich tue so, als sähe ich es nicht.
Ich falle wieder hinein.
Ich kann nicht glauben, schon wieder
am gleichen Ort zu sein.
Aber es ist nicht meine Schuld.
Immer noch dauert es lange, herauszukommen.
3. Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich sehe es.
Ich falle immer noch hinein . . . aus Gewohnheit.
Meine Augen sind offen.
Ich weiß, wo ich bin.
Es ist meine eigene Schuld.
Ich komme sofort heraus.
4. Szene: Ich gehe dieselbe Straße entlang.
Da ist ein tiefes Loch im Gehsteig.
Ich gehe darum herum.
5. Szene: Ich gehe eine andere Straße.
„Wenn du willst, was du noch nie gehabt hast, dann tu, was du noch nie getan hast.“ Dieses Motto der Positiven Psychotherapie wird in diesem Buch immer wieder anschaulich: In der Geschichte vom Wanderer, die sich wie ein roter Faden durch dieses Buch zieht und in den vielen Reaktionen von Menschen, denen ich diese Geschichte erzählt habe und deren Fallbeispiele in dieses Buch eingegangen sind.
Meine Erfahrung aus langjähriger psychotherapeutischer Arbeit ist: Menschen fühlen sich überfordert, wenn sie mit abstrakten Konzepten und Theorien konfrontiert werden. Da die Psychotherapie sich aber nicht nur unter Fachleuten abspielt, sondern vor allem eine Brücke zu den Patienten, den Nicht-Fachleuten, darstellt, steht sie in besonderem Maße unter dem Gebot, verständlich zu sein. Eine Verständnishilfe ist das Beispiel, die Geschichte, das sprachliche Bild, Dichtungen, Lebensweisheiten, Witze etc. Obwohl die Früchte im europäischen Okzident reiften, wurzelt der Bau, der sie trug, im persischen Orient, der Heimat meiner Geburt und Jugend. So stellen dieses Buch und – wie ich hoffe – meine psychotherapeutische Tätigkeit den Versuch dar, die Erkenntnisse des Orients mit den Fortschritten des Okzidents zu vereinen. Ich bin mir bewusst, dass ein solcher Versuch von seinem Ansatz her viele Probleme in sich birgt. Dennoch halte ich ihn gerade in einer Zeit, in der die geografischen Entfernungen aufgehoben werden, für nützlich, wenn nicht gar für notwendig. Die Geschichten, die ich den einzelnen Kapiteln vorangestellt habe, sind – sofern nicht anders vermerkt — von mir erfunden oder variieren Erzählungen aus der reichen orientalischen Tradition.
Eigene Erfahrungen sind teuer; fremde Erfahrungen sind kostbar.
In den Geschichten und Lebensweisheiten werden folgende drei Prinzipien der Positiven Psychotherapie wirksam:
♦das Prinzip der Hoffnung,
♦das Prinzip der Balance,
♦das Prinzip der Beratung.
Der Begriff des Positiven leitet sich vom lateinischen „positum“ ab, das bedeutet: das „Tatsächliche“, das „Vorgegebene“. Tatsächlich und vorgegeben sind nicht nur Störungen, Krankheiten, Konflikte und Vorurteile, sondern auch die Fähigkeiten, die Möglichkeiten der Konfliktverarbeitung und die Chance, sich gegenseitig kennen zu lernen und zusammen statt gegeneinander zu arbeiten.
Ziel der Geschichte „Der Wanderer“, die ich schon in meinem ersten Buch erzählt habe, war zunächst, Erlebnisse, Erfahrungen und Probleme von Patienten bildhaft darzustellen und auf die Notwendigkeit hinzuweisen, dass der „Wanderer“ – bzw. der „Leid-Tragende – auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist, um seine „blinden Flecken“ zu erkennen, alte Gewohnheiten nach und nach abzuwerfen und neue Verhaltensweisen auszuprobieren.
Dann wurde mir als „Wanderer zwischen zwei Kulturen“ bewusst, dass jeder von uns ein „Wanderer“ ist. Weiter wurde mir bewusst, dass das Motiv des „Wanderers“ in vielen Kulturen, Philosophien, Religionen, Weltanschauungen und Dichtungen eine wichtige Rolle spielt. Das Wort „bewandert“ meint: aus eigener Erfahrung kennen. „Wandern“, englisch „to wander“, bedeutet eigentlich: hin und her gehen, irgendwo hingehen, seinen Standort ändern.
Man kann auf seinem Standpunkt stehen, aber man sollte nicht darauf sitzen bleiben.
Jedes Thema in diesem Buch beginnt mit einer Geschichte und einer Lebensweisheit. Durch das bildhafte Denken auf der „rechten Hirnhälfte“ wird das Tor zur Phantasie geöffnet.
Um den Schritt vom Allgemeinen zum Besonderen zu erleichtern, bringe ich Fallbeispiele aus der psychotherapeutischen, medizinischen, familientherapeutischen Praxis und aus dem Alltagsleben. Zunächst werden einige Fallbeispiele im Zusammenhang mit dem „Wanderer“ kurz dargestellt. Die übrigen Fallbeispiele sind ausführlicher, so dass es dem Leser leicht fällt, Bewältigungsstrategien unter Berücksichtigung der Geschichte des Wanderers und anderer Geschichten, Lebensweisheiten, Erklärungen und speziellen Fragen zu den entsprechenden Fallbeispielen zu entwickeln. Der Leser kann diese Geschichten selbst interpretieren, versuchen herauszufinden, was sie ihm zu sagen haben, und seine Deutungen mit seinem Partner, seiner Familie oder anderen Menschen austauschen und das Gespräch darüber als einen Weg zur Selbsterfahrung wahrnehmen.
Die folgenden „Erklärungen“ sprechen die „linke Hirnhälfte“ an. Es geht hier vor allem darum, Hintergründe und Motive des Handelnden herauszuarbeiten, um die Bedeutung von Krisen und Chancen, Licht- und Schattenseiten, Störungen und Fähigkeiten zu erfassen: „Wer fragt, der führt dich.“
Die Hinweise, die Sie unter „Zielerweiterung“ finden, sollen dazu dienen, eigene Sichtweisen durch neue Gesichtspunkte – auch aus anderen Kulturen – zu erweitern. Das Aufarbeiten von Problemen, Beschwerden und Krisen spielt eine wichtige Rolle:
—für die psychische und körperliche Gesundheit,
—für den Beruf,
—für die Familie,
—für die Zukunft, die auch Fragen nach dem Weltfrieden, dem Sinn des Lebens und dem Leben nach dem Tod umfasst.
Nicht zuletzt kann dieses Buch durch den in manchen Geschichten und Lebensweisheiten enthaltenen Humor zur Oase der Entspannung werden. Ich konnte immer wieder die Erfahrung machen, dass Geschichten etwas Abenteuerliches, Unberechenbares an sich haben. Gedankengänge, Wünsche und Vorstellungen, die uns vertraut und gewohnt sind, erscheinen plötzlich in einem anderen Licht; vieles wird auf den Kopf gestellt.
Zum Lernen ist es nie zu früh und nie zu spät; es ist immer höchste Zeit.
In der persischen Mystik wird von einem Wanderer erzählt, der mühselig auf einer scheinbar endlos langen Straße entlangzog. Er war über und über mit Lasten behangen. Ächzend und stöhnend bewegte er sich Schritt für Schritt vorwärts, beklagte sein hartes Schicksal und die Müdigkeit, die ihn quälte. Auf seinem Weg begegnete ihm in der glühenden Mittagshitze ein Bauer. Der fragte ihn: „Oh müder Wanderer, warum belastest du dich mit diesen Felsbrocken?“ – „Zu dumm“, antwortete der Wanderer, „aber ich hatte sie bisher noch nicht bemerkt.“ Darauf warf er die Brocken weit weg und fühlte sich viel leichter. Wiederum kam ihm nach einer langen Wegstrecke ein Bauer entgegen, der sich erkundigte: „Sag, müder Wanderer, warum plagst du dich mit einem halb-faulen Kürbis auf dem Kopf und schleppst an Ketten so schwere Eisengewichte hinter dir her?“ Es antwortete der Wanderer: „Ich bin sehr froh, dass du mich darauf aufmerksam machst; ich habe nicht gewusst, was ich mir damit antue.“ Er schüttelte die Ketten ab und zerschmetterte den Kürbis im Straßengraben. Wieder fühlte er sich leichter. Doch je weiter er ging, um so mehr begann er wieder zu leiden. Ein Bauer, der vom Feld kam, betrachtete den Wanderer erstaunt: „Oh guter Mann, du trägst Sand in deinem Rucksack, doch was du in weiter Ferne siehst, ist mehr Sand, als du jemals tragen könntest. Und wie groß ist dein Wasserschlauch – als wolltest du die Wüste Kawir durchwandern. Dabei fließt neben dir ein klarer Fluss, der deinen Weg noch weit begleiten wird!“ „Dank dir, Bauer, jetzt merke ich, was ich mit mir herumgeschleppt habe.“ Mit diesen Worten riss der Wanderer den Wasserschlauch auf, dessen brackiges Wasser auf dem Weg versickerte, und füllte mit dem Sand aus dem Rucksack ein Schlagloch. Er blickte an sich herab, sah den schweren Mühlstein an seinem Hals und merkte plötzlich, dass der Stein es war, der ihn noch so gebückt gehen ließ. Er band ihn los und warf ihn, soweit er konnte, in den Fluss hinab. Frei von seinen Lasten wanderte er durch die Abendkühle, eine Herberge zu finden.
Ein 51-jähriger depressiver Patient las die „Geschichte auf dem Weg“. In der nächsten Sitzung war der Patient ganz aufgeregt. Er sprudelte eine Unzahl von Erlebnissen und Gewohnheiten hervor, die er als Belastungen empfinde: „Ein Rat in meiner eigenen Erziehung war immer: Sei sparsam! Und das kriecht mir bis heute nach. Bei meinem Wunsch, sparsam zu sein, mache ich so viel Mist, dass mir diese Form der Sparsamkeit letztendlich noch teurer kommt. Ein Beispiel: Ich gehe in den Keller, um etwas aus meiner Bastelbude zu holen, mache aber aus Sparsamkeit nur das Treppenlicht an und suche in der halbdunklen Bastelbude nach einem Gegenstand, finde ihn aber nicht. Dann mache ich das Licht an und finde das Gesuchte sofort. Die übertriebene Sparsamkeit hat somit nur unnötige Zeit und Nerven gekostet. Auch der Grundsatz: ‚Sei vorsichtig und denke an Sicherheit!‘ ist für mich immer ein Ballast. Aus Angst, es könnte etwas schief gehen, wage ich mich, obwohl handwerklich begabt, nicht an den Umbau eines Schrankes heran. Ich schiebe die Arbeit dauernd vor mir her und fühle mich dadurch ziemlich belastet. Nach einiger Zeit beginne ich dann doch mit der Arbeit, und es gelingt mir sehr gut, den Umbau auszuführen. Nachträglich habe ich das Gefühl, dass mein übertriebenes Sicherheitsbedürfnis und die Angst, etwas falsch oder kaputtzumachen, beinahe das Gleiche ist wie der verfaulte Kürbis auf dem Kopf des Wanderers. Aber mir ist es schon aus eigener Kraft gelungen, mit der einen oder anderen Belastung fertig zu werden, und ich bin sehr stolz darauf. Beim Bau unseres Hauses waren meine Eltern entsetzt, da ich die finanziellen Lasten kaum tragen konnte. Immer wieder sagten sie zu mir: ‚Geh auf Sicherheit!‘ Aber ich hatte Mut, und meine Arbeitskraft und die Hilfe meiner Frau machten es möglich, dass wir auch diesen Weg erfolgreich bis zum Ziel durchgestanden haben. Das Haus ist jetzt gebaut, und die Schulden sind bis auf wenige Hypotheken zurückbezahlt. Trotzdem trage ich noch Lasten, die wie Steine und Ketten an mir hängen, die ich aber zum Teil schon erkannt habe und ablegen möchte wie der Wanderer auf seinem Weg.“
Die Botschaft von „Der Wanderer“ liegt klar auf der Hand: Es sind oft die Dinge, die Menschen belasten, die man gar nicht sieht oder spürt. Mühselig auf einer scheinbar endlos erscheinenden Straße (des Lebens) entlangzuziehen, scheint die Hauptbeschäftigung vieler Menschen zu sein. Erst Personen, denen man auf diesem Weg begegnet, können bewirken, dass sich etwas ändert, denn sie sehen die Belastungen mit anderen, offenen Augen. Der Betreffende schleppt sich schon so lange damit ab. Oft ist es so, dass sich die Lasten mit der Länge des Weges summieren. Ein Stein kommt zum anderen, und die Menschen merken nicht, wie schwer ihnen die Last wird. Sie merken nur die Müdigkeit und Lustlosigkeit. Unbeweglich werden sie durch die Ketten, die da sind, aber für sie unsichtbar. Dazu kommt, dass Menschen Dinge bewahren und pflegen, die sie zu brauchen meinen. Der Wanderer hatte Sand dabei und Wasser. Beides musste er tragen und ertragen, obwohl diese Dinge reichlich in seiner Nähe vorhanden waren. Befreit von dem Zwang, Dinge bei sich zu tragen, die er jederzeit auch anderswo bekommen könnte, hat der Wanderer sich dann auch von seiner größten Last, dem Mühlstein, befreien können. Der Mühlstein ließ den Wanderer gebückt gehen. Er war also kein „aufrechter Mensch“, oder er hat es nicht sein können. Nicht aufrecht oder auch selbstbewusst und ehrlich sein zu können, ist natürlich auch eine Schwierigkeit im Umgang mit sich selbst und anderen Menschen. Die Menschen machen sich (und anderen) etwas vor und sind damit blind für die Dinge, die sie belasten.
Der Wanderer musste nur auf die Belastungen aufmerksam gemacht werden, dann konnte er sie erkennen und ohne Schwierigkeiten ablegen. Es wäre schön, wenn Menschen öfter miteinander so gut umgehen, dass sie sich gegenseitig helfen können.