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Jeden Januar wieder reihen sich auf der Bestsellerliste die Diätratgeber aneinander. Warum? Weil wir Menschen immer wieder an Diäten scheitern und dann nach der neuen Methode suchen, mit der es diesmal aber ganz bestimmt klappen wird. Das tatsächliche Problem mit dem Abnehmen besteht jedoch darin, dass es nicht die eine Methode gibt, die für jeden funktioniert, sondern viele Wege zum Ziel führen und jeder für sich selbst den richtigen Weg finden muss. Unsere Lebensführung hat uns unser Übergewicht beschert, und es sind unsere kleinen, persönlichen Eigenheiten, die es uns so schwer machen, die für uns richtige Abnehmform zu finden. Hier setzt Claudia Hochbrunn an: Ihr Buch ist nicht noch ein Ratgeber, der den leichten Weg zum Wunschgewicht verspricht, sondern es erläutert die Psychologie des Abnehmens und hilft dem Leser so, seinen individuellen Weg zum Ziel zu finden.
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Seitenzahl: 203
Claudia Hochbrunn
Wer bin ich - und wie nehme ich ab?
So finden Sie die Diät, die zu Ihrem Charakter passt
Ihr Verlagsname
Jeden Januar wieder reihen sich auf der Bestsellerliste die Diätratgeber aneinander. Warum? Weil wir Menschen immer wieder an Diäten scheitern und dann nach der neuen Methode suchen, mit der es diesmal aber ganz bestimmt klappen wird. Das tatsächliche Problem mit dem Abnehmen besteht jedoch darin, dass es nicht die eine Methode gibt, die für jeden funktioniert, sondern viele Wege zum Ziel führen und jeder für sich selbst den richtigen Weg finden muss. Unsere Lebensführung hat uns unser Übergewicht beschert, und es sind unsere kleinen, persönlichen Eigenheiten, die es uns so schwer machen, die für uns richtige Abnehmform zu finden. Hier setzt Claudia Hochbrunn an: Ihr Buch ist nicht noch ein Ratgeber, der den leichten Weg zum Wunschgewicht verspricht, sondern es erläutert die Psychologie des Abnehmens und hilft dem Leser so, seinen individuellen Weg zum Ziel zu finden.
Claudia Hochbrunn ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie arbeitete viele Jahre lang in verschiedenen psychiatrischen Kliniken, beim Sozialpsychiatrischen Dienst, sowie im forensischen Maßregelvollzug mit Schwerverbrechern. 2015 erschien ihr Buch «Die Welt, die ist ein Irrenhaus, und hier ist die Zentrale», 2017 «Ein Arschloch kommt selten allein». Zum Schutz ihrer Patienten verfasst sie ihre Bücher unter Pseudonym.
Die meisten von uns kennen das Problem mit den Problemzonen. Seien es die paar Pfunde zu viel nach den Feiertagen oder die über Jahre schleichend angesammelten Kilos, denen wir nicht rechtzeitig etwas entgegengesetzt haben. Häufig ist es bequemer, sich ein neues Outfit zu gönnen, um die Pölsterchen erfolgreich zu kaschieren, als sich mit einer Diät zu quälen. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich vornimmt, doch abzunehmen. Weg mit den Problemzonen, hin zur perfekten Strandfigur. Natürlich sollte das am besten innerhalb von wenigen Wochen passieren, so wie es die einschlägigen Illustrierten mit ihren neuesten Wunderdiäten immer wieder versprechen. Dann quält sich der figurbewusste Mensch vier Wochen lang durch die seltsamsten Speisevorschriften und geheimnisvollsten Rituale und träumt dabei von der Zeit, in der er endlich wieder normal essen darf.
Aber was passiert? Statt der versprochenen zwanzig Kilo in vier Wochen sind es maximal vier Kilo. Davon besteht die Hälfte auch noch aus Wasserausschwemmungen, während der tatsächliche Fettverlust höchstens zwei Kilo beträgt. Aus lauter Frust wird die Diät beendet, aber da man sich vier Wochen lang gegeißelt hat, darf man sich jetzt doch mal etwas gönnen, oder? Und dann kommt, was kommen muss: Nach dem Schlemmen der nächsten zwei Monate sind die Wasserspeicher wieder aufgefüllt, die beiden verlorenen Kilo Fett zurückgekehrt und haben noch dazu Gesellschaft durch ein drittes Kilo bekommen.
Viele «Blitzdiäten» haben zunächst deshalb Erfolg, weil man in den ersten Tagen sehr schnell mehrere Kilogramm an Gewicht verlieren kann – allerdings ist das überwiegend Wasser. Ähnliche Effekte zeigen sich auch nach Saunabesuchen. Diese Art der Gewichtsreduktion hat jedoch nichts mit einer Fettreduktion zu tun und ist auch nicht von Dauer. Von dieser Form des Abnehmens können Sie allenfalls profitieren, wenn Sie Kampfsportler sind und kurz vor Ihrem Wettkampf einmal kräftig abschwitzen, um nicht in die höhere Gewichtsklasse zu den stärkeren Gegnern gesteckt zu werden.
Wer in diesem Buch nach Möglichkeiten sucht, schnell und effizient innerhalb kürzester Zeit viel Gewicht zu verlieren, wird enttäuscht werden. Effizientes, dauerhaftes Abnehmen ist ein Prozess, der sich je nach gewünschtem Gewichtsverlust über viele Wochen bis Monate hinzieht. Wenn es tatsächlich die Super-Wunder-Blitzdiät gäbe, die immer und bei jedem funktioniert, gäbe es keine übergewichtigen Menschen, und die Krankenkassen würden ganz gewiss keine teuren bariatrischen Operationen bezahlen, bei denen Adipösen ein Teil des Magens und des Dünndarms entfernt wird und deren gesundheitliche Spätfolgen noch nicht ausreichend bekannt sind.
Es gilt nach wie vor die unumstößliche Regel: Wer abnehmen will, muss mehr Kalorien verbrauchen, als er zu sich nimmt. Um ein Kilogramm Fett zu verlieren, muss Energie im Gegenwert von 7000 Kalorien verbraucht werden. Das ist keine neue, bahnbrechende Erkenntnis, sondern Allgemeinwissen, das bereits seit Jahrzehnten durch den Begriff «FDH – Friss die Hälfte» perfekt zusammengefasst wird.
Nur leider ist es in unserer heutigen Gesellschaft extrem schwierig, von heute auf morgen seine Nahrungsaufnahme zu halbieren. Bei all den Verlockungen verliert man nicht nur schnell den Überblick, Essen und Trinken (ja, man darf auch die Kalorien in den Getränken nicht unterschätzen) sind zudem verbindende Momente des gesellschaftlichen Lebens. Man kocht gemeinsam, man lädt sich zum Essen ein, man bietet dem Besuch Kaffee und Kuchen oder ein Glas Wein an. Wer kann und mag da schon ständig ablehnen und sich dadurch sozial isolieren?
Die Gelegenheiten, seinen Körper mit Energie zu versorgen, die dieser dann für schlechte Zeiten anspart, sind immens. Im Grunde sollte man sich den Übergewichtigen wie einen Menschen mit dickem Bankkonto vorstellen – er bringt seine überschüssige Energie auf die Fettpolsterbank und legt sie in Hüftgold an, anstatt sie für überflüssige Dinge wie etwa Sport auszugeben. Manchmal fällt es uns als einem Volk von Sparern einfach schwer, etwas auszugeben – und sei es nur Energie –, zumal ja ständig vom Energiesparen geredet wird. Der Übergewichtige verschwendet nichts. Das hat er von Kindheit an gelernt, als man ihm beibrachte, immer schön den Teller zu leeren – am besten noch mit Hinweis auf die hungernden Kinder in Afrika, ohne dabei die Frage zu beantworten, was hungernde Kinder in Afrika davon haben, wenn sich deutsche Kinder überfressen.
Wenn man sein Essverhalten nun verändern will, kommt erschwerend hinzu, dass die Portionsgrößen in den Supermärkten deutlich gewachsen sind. Gab es in den siebziger und achtziger Jahren noch kleine Tüten mit Gummibärchen, kommt man heute nicht mehr am Zweihundert-Gramm-Beutel vorbei. Ähnlich ist es mit Kartoffelchips – gab es vor dreißig Jahren noch kleine Tüten mit fünfzig Gramm, so sind sie heute mehr als dreimal so groß. Das Gemeine daran ist, dass es an Bahnhöfen, Flughäfen und Autobahnraststätten noch immer kleinere Portionsgrößen gibt, aber die kosten das Dreifache. Das widerstrebt dem Übergewichtigen, der ja ein Sparer ist – warum soll er eine kleine Tüte kaufen, wenn er für ein Drittel des Preises anderswo die dreifache Menge bekommt? Also spart er lieber doppelt – das gesparte Geld kommt auf die Bank und die aufgenommene Energie ins Fettdepot. Und so wurden wir zu einem Volk von wohlhabenden Übergewichtigen – weil wir so hervorragend sparen.
Das tatsächliche Problem mit dem Abnehmen besteht darin, für sich selbst den richtigen Weg zu finden. Es gibt keine einzige Abnehmmethode auf der Welt, geschweige denn eine Diät, die für jeden Menschen universell und immer funktioniert. Der Schlüssel zum erfolgreichen Abnehmen liegt in unserer individuellen Persönlichkeitsstruktur verborgen. Unsere persönliche Lebensführung hat uns das Übergewicht beschert, und deshalb müssen wir etwas an dieser Lebensführung verändern, ohne dabei unsere sozialen Verpflichtungen und primären Bedürfnisse zu sehr einzuschränken. Wenn die Einschränkung zu groß wird, scheitern wir. Wir müssen unsere individuelle Art des Abnehmens in unseren Alltag integrieren können.
Im Grunde ist es so ähnlich wie in einer Psychotherapie – der Abnehmwillige kennt sein Grundproblem, aber er hat noch keinen Weg gefunden, wie er es dauerhaft lösen kann.
Der Ansatz dieses Buches ist es, Ihnen spielerisch die verschiedenen Charaktertypen vorzustellen, in denen sich jeder irgendwie wiederfinden wird, und Beispiele zu geben, welche Art des Abnehmens zu Ihrem Charaktertyp und Ihren typischen Ansichten und Gewohnheiten am besten passen könnte. Da die meisten Menschen Mischtypen sind und von jedem Charaktertyp den einen oder anderen Zug aufweisen, liegt es letztlich an Ihnen selbst herauszufinden, auf welche Weise Sie wohl am leichtesten Gewicht verlieren könnten. Und dabei will Ihnen dieses Buch helfen: Wer bin ich – und wie nehme ich ab? Dabei geht es nicht nur darum, vom Verstand her zu begreifen, was für ein Typ man ist – denn das wissen die meisten Menschen tief in ihrem Innersten bereits –, sondern sich vom Gefühl her ehrlich einzugestehen, wer man ist, und sich nicht länger selbst zu belügen. Dazu finden Sie in diesem Buch auch einen Selbsttest, der Sie mit einem kleinen Augenzwinkern auf Ihre Schwachpunkte stößt, wenn Sie es denn zulassen. Sind Sie ein eher zwanghaft strukturierter Typ, der sich gern an Regeln hält? Oder neigen Sie dazu, gerne mal fünfe gerade sein zu lassen und sich selbst zu beschummeln, weil das Stückchen Schokolade, das Sie im Büro angeboten bekommen, in Ihrer persönlichen Bilanz grundsätzlich keine Kalorien hat? Haben Sie kein Problem damit, wenn Ihr Küchenschrank voller Leckereien ist, weil Sie ohnehin nur das essen, was Sie essen dürfen, oder neigen Sie zum Kontrollverlust und müssen dann irgendwann alles in sich hineinstopfen, was Sie finden?
Es sind die kleinen, persönlichen Eigenheiten, die es uns so schwer machen, die für uns richtige Abnehmform zu finden. Aber Sie können sich sicher sein: Wenn Sie erst mal die zu Ihrem Charakter passende Art des Abnehmens gefunden haben, dann werden die Pfunde purzeln. Sie werden bei der Lektüre dieses Buches die Fallstricke jeder Abnehmform kennenlernen und Tipps bekommen, wie Sie diese Hürden am besten nehmen.
In Diätratgebern wird oft empfohlen, sich nur einmal in der Woche zu wiegen, um sich nicht zum Sklaven der Waage zu machen. Tatsächlich sind Frustrationserlebnisse dadurch vorprogrammiert. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich eine Woche lang an alles gehalten, was Sie sich zu Ihrer persönlichen Gewichtsreduktion vorgenommen haben – dabei ist es übrigens gleichgültig, ob es sich um irgendeine Diätform oder ein intensiviertes Sportprogramm handelt –, und stellen sich dann auf die Waage. Sie sind fest davon überzeugt, dass Sie mindestens ein Kilo verloren haben müssen. Aber dann wiegen Sie plötzlich sogar ein Kilo mehr als vorher! Ist das nicht frustrierend? Und wie kann das überhaupt sein? Sie haben nicht geschummelt und alles richtig gemacht – aber die Waage zeigt mehr an! Ist das der berühmte «Hungerstoffwechsel», von dem immer alle reden?
Nein, es ist nicht der Mythos des Hungerstoffwechsels. Es sind die bereits im Vorwort beschriebenen Wassereinlagerungen. Dazu ein Beispiel: Eine Bekannte von mir läuft regelmäßig Marathon. Bei einem Marathon kann man mehrere tausend Kalorien verbrauchen, was im Endeffekt ein bis zwei Kilo Fettverlust ausmachen könnte. Trotzdem ist es möglich, dass man direkt im Anschluss an den Marathon mehr wiegt als vorher. Das liegt daran, dass sich im Körper durch die Belastung viel Wasser eingelagert hat und auch kleine Mikroverletzungen der Muskeln, die man als Muskelkater wahrnimmt, zur vermehrten Wassereinlagerung im Heilungsprozess führen. Meine Bekannte erzählte mir, dass sie nach einem sehr anstrengenden Marathon am Tag danach grundsätzlich mehr wiege. Allerdings wird dieses Wasser in den nächsten Tagen wieder ausgeschwemmt und durch die Niere ausgeschieden. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie im Anschluss an einen Marathon häufiger als gewöhnlich auf die Toilette gehen müssen.
Ein ähnliches Phänomen erleben Frauen in Verbindung mit dem monatlichen Zyklus – auch hier kommt es zu Gewichtsschwankungen von ein bis zwei Kilogramm, die sich durch die hormonell bedingten Wassereinlagerungen und die späteren Ausschwemmungen erklären lassen.
Wenn man sich also täglich wiegt, behält man einen besseren Überblick über sein tatsächliches Gewicht und gewinnt ein Gefühl für die individuellen Schwankungen des Wasserhaushalts. Man kann den Unterschied noch besser beobachten, wenn man sich sowohl morgens als auch abends wiegt – die auftretenden Gewichtsschwankungen sind reines Wasser. Sobald das Wasser ausgeschwemmt ist, was von selbst passiert – also nehmen Sie bloß keine Medikamente (Diuretika) zum Ausschwemmen, das ist nicht nur schädlich, sondern auch komplett überflüssig, weil es nichts am Fettgewicht ändert –, können Sie sehen, dass Sie tatsächlich mehrere Kilogramm verloren haben.
Es ist ebenfalls hilfreich, in Zeiten, in denen das Gewicht während einer Diät scheinbar stagniert, Hüft- und Taillenumfang zu messen oder zu eng gewordene Kleidungsstücke anzuprobieren. Ich persönlich habe in der Zeit, wenn die Waage mal wieder seit einer Woche keine Veränderung zeigte, alte Hosen anprobiert, die mir zu eng geworden waren. Und siehe da: Auch wenn sich nichts auf der Waage bewegte, so passte die Hose trotzdem wieder – ich war also auf dem richtigen Weg.
Die meisten Menschen nehmen schleichend zu. Wenn man täglich nur hundert Kalorien mehr zu sich nimmt, als man verbraucht (das entspricht beispielsweise zwei Keksen), hat man in siebzig Tagen ein Kilo mehr auf den Hüften. Wenn Sie also immer Ihr Gewicht gehalten haben, aber nun einen neuen Arbeitsplatz antreten, bei dem Sie jeden Nachmittag in der Besprechung zwei der dort angebotenen leckeren Kekse essen oder wahlweise zwei große Tassen Milchkaffee trinken, wundern Sie sich nicht, wenn Sie nach einem Jahr fünf Kilo mehr wiegen – und zwar reines Fett, kein Wasser. So funktioniert das schleichende Zunehmen. Es geht so langsam, dass man es erst merkt, wenn die Hosen kneifen. Falls Sie dann schon über vierzig sind, denken Sie bestimmt: Das ist normal, in dem Alter wird man automatisch dicker und kann ohnehin nichts mehr dagegen tun, das ist quasi ein Naturgesetz. Also kaufen Sie sich lieber größere Hosen. Wenn Sie damit zufrieden sind, ist alles in Ordnung. Aber wenn es Sie stört, lassen Sie sich gesagt sein, dass man in jedem Lebensalter dauerhaft abnehmen kann, wenn man es wirklich möchte.
Und damit kommen wir zu einem der wichtigsten Aspekte: Wenn man dauerhaft Gewicht reduzieren möchte, muss man wissen, warum man es tun will.
Wenn man Übergewichtige fragt, ob sie gern schlank wären, werden die meisten vermutlich ja sagen, sofern sie nicht gerade Sumo-Ringer oder schauspielerische Charakterdarsteller sind, die ihr Übergewicht berufsbedingt brauchen. Wenn man Übergewichtige fragt, ob sie gern abnehmen würden, wird diese Frage im Geiste mit «Wärst du gern schlank?» übersetzt und auch mit Ja beantwortet.
Aber tatsächlich besteht darin ein Unterschied. Ist man wirklich dazu bereit und auch in der Lage, sein Leben ausreichend umzustellen, um dauerhaft abzunehmen? Ist man wirklich bereit, sich von lieben Gewohnheiten zu verabschieden oder sie zu modifizieren? Und mehr noch: Ist man auch bereit dazu, ein bestimmtes Verhalten lebenslang zu verändern, weil man sonst unweigerlich Opfer des Jojo-Effekts wird? Denn die klassische Diätfalle besteht darin, dass man sich über einen begrenzten Zeitraum zügelt und kasteit, um schlank zu werden. Manche Menschen geben irgendwann frustriert auf, weil es zu anstrengend ist, andere halten es zwar bis zum Zielgewicht durch, aber nur mit dem Gedanken daran, dann «endlich wieder normal essen zu können». Damit meinen sie ihr ursprüngliches Essverhalten. Nur leider war das ursprüngliche Essverhalten nicht normal, sondern schlichtweg zu viel, weshalb sie überhaupt erst zugenommen haben.
Zudem verbraucht ein Körper, der einhundert Kilogramm auf die Waage bringt, mehr Energie als ein Körper, der nur siebzig Kilogramm wiegt. Am Anfang nimmt der Übergewichtige also wesentlich schneller ab, während man sich für die letzten fünf Kilo deutlich mehr einschränken oder sportlich länger anstrengen muss. Während man also verhältnismäßig schnell von hundert auf fünfundneunzig Kilo abnehmen kann, ist der Schritt von fünfundsiebzig auf siebzig Kilo mit deutlich mehr Aufwand verbunden, denn man muss ja Energie im Gegenwert von siebentausend Kalorien verbrauchen, um ein Kilo Fett zu verlieren. Wenn ich täglich zweitausendfünfhundert Kalorien benötige und nur tausendfünfhundert Kalorien aufnehme, habe ich in sieben Tagen ein Kilo Fett verloren. Wenn ich aber nur zweitausend Kalorien benötige, brauche ich bei gleicher Nahrungsaufnahme (oder wahlweise gleicher sportlicher Betätigung) bereits vierzehn Tage, um ein Kilo Fett zu verlieren. Weniger zu versorgende Körpermasse braucht weniger Energie. Auf diese Weise erklärt es sich auch, warum man oftmals nur wenige Kilo über die Jahre zunimmt. Wenn man täglich nur zweihundert Kalorien zu viel aufnimmt, hat man mit fünf Kilogramm mehr auf den Hüften unter Umständen schon wieder sein Gleichgewicht erreicht – diese zweihundert Kalorien mehr sind nun erforderlich, um die fünf Kilo mehr als dauerhafte Mieter im Hüftgolddepot zu bewahren. Wenn man auf diese zweihundert Extrakalorien verzichtet, würden sie langsam auch wieder verschwinden. Allerdings so langsam, dass man es kaum bemerkt.
So, genug der Theorie, die Grundlagen über das Abnehmen kennen Sie jetzt, falls Sie sie nicht ohnehin schon kannten. Jetzt geht es ans Eingemachte, wir schauen uns die verschiedenen Charaktertypen und ihre ganz persönlichen Probleme an, aber auch ihre individuellen Stärken bei der Gewichtsreduktion. Anzumerken bleibt, dass diese Charaktertypen in Reinform vorgestellt werden, um sie plastischer darzustellen. Die meisten Menschen setzen sich jedoch aus verschiedenen Charaktertypen zusammen, sodass Sie sich unter Umständen nicht in allem wiedererkennen. Aber seien Sie ehrlich zu sich selbst, wenn Sie fühlen, dass hier ein Finger in der Wunde liegt und bohrt. Wenn Sie den Schmerz der Selbsterkenntnis verleugnen und sich einreden, das habe alles nichts mit Ihnen zu tun, können Sie letztlich auch nichts verändern, und alles wird so bleiben, wie es ist.
Eine kleine Vorbemerkung: Im Nachfolgenden wird überwiegend die männliche Form zur besseren Lesbarkeit gewählt. Selbstverständlich trifft alles auf beide Geschlechter zu, allerdings besitzt die deutsche Sprache die Eigenheit, viele Wörter mit männlichen Artikeln zu versehen, und die bisherigen Versuche, die deutsche Sprache korrekt zu gendern, sind allenfalls für Behördenformulare geeignet. Wenn sich einige Leserinnen deshalb nicht ausreichend in ihrer Rolle als Frau wertgeschätzt fühlen sollten, betrachten Sie es mal folgendermaßen: Der maskuline Artikel gilt für Worte wie «Charaktertyp». Aber wir haben dafür auch «die Persönlichkeit» – wenn Sie Artikel mit Menschen gleichsetzen, wären Frauen somit Persönlichkeiten und Männer bestenfalls Charaktertypen. Es kommt eben immer auf den Betrachtungswinkel an.
Der paranoid-querulatorische Persönlichkeitstyp zeichnet sich dadurch aus, dass er dazu neigt, neutrale oder freundliche Handlungen als böswillig oder gegen sich gerichtet wahrzunehmen. Er ist grundsätzlich ein misstrauischer Zeitgenosse und würde niemals auf die «Wunderpille aus Hollywood» zum Abnehmen vertrauen, weil er ganz genau weiß, dass das nur Humbug ist. Es könnte aber auch sein, dass er zwar an diese Wunderpille glaubt, weil er sich sicher ist, dass die skrupellose Diätindustrie sie längst entwickelt hat, sie ihm aber vorenthält, um andere, teure Produkte zu verkaufen, während es doch eigentlich ganz einfache Wege zum Gewichtsverlust gäbe.
Das Problem dieses Persönlichkeitstyps besteht darin, dass er erst einmal jede Methode anzweifelt. Irgendwo muss doch ein Haken an der Sache sein. Im Übrigen stellt sich für ihn auch die Frage, warum er überhaupt abnehmen sollte, denn er ist niemand, der sich von anderen vorschreiben lässt, was gut und richtig ist. Da wittert er dann schnell eine Verschwörungstheorie. Stecken die Hersteller von teuren Diätprodukten dahinter, die die Menschheit mit ihren gefälschten Statistiken quälen, um nur noch reicher zu werden? Im Zweifelsfall ist die Umwelt böse, und man selbst ist völlig in Ordnung und nur Opfer der Umstände.
Die Frage nach der Motivation zum Gewichtsverlust ist deshalb das alles Entscheidende für diesen Charaktertypen. Da der paranoid-querulatorische Typ von seinen Mitmenschen ohnehin nicht viel hält, wird er auf keinen Fall abnehmen wollen, um besser auszusehen. Da kauft er sich lieber neue Kleidungsstücke und meckert im Geschäft darüber, dass die Chinesen an allem Schuld sind. Die Chinesen, die die Textilindustrie in ihren Händen halten und selbst alle so klein und dünn sind, dass sie in Hosen, die eigentlich nur Größe 38 sind, Größe 46 als Etikett einnähen, weil sie keine Ahnung von deutschen Größen haben. Er selbst hat auf keinen Fall zugenommen, die Stoffe taugen heute nichts mehr und laufen schnell ein, das ist alles. Eine Waage besitzt er auch nicht, weil diese neumodischen elektronischen Dinger sowieso alles falsch anzeigen. Falls er doch eine Waage hat, ist das meist ein mechanisches Modell, das er von Hand nachjustieren kann, wenn es mal wieder fälschlicherweise zu viel anzeigt.
Der Querulant würde auch niemals wegen möglicher gesundheitlicher Probleme, unter denen er noch nicht leidet, abnehmen. Das ist sowieso alles Blödsinn, der von geldgierigen Ärzten, der Diätmafia und den Schlankheitswahnspinnern propagiert wird. Übergewicht ist doch gar nicht so schlimm, vor allem hat man in schlechten Zeiten ja noch Reserven, und im Übrigen weiß doch jeder, dass Menschen mit Übergewicht länger leben als diese magersüchtigen Hungerhaken.
Der Querulant gehört also zu jenen Zeitgenossen, die erst einmal gar nichts ändern wollen, solange sie noch Kleidung in ihrer Größe finden und in ihr Auto passen.
Sollte allerdings irgendwann der Zeitpunkt erreicht sein, an dem ihn sein Übergewicht tatsächlich körperlich einschränkt, wird er anfangen, darüber nachzudenken, was er dagegen tun kann. Ein solcher Zeitpunkt ist beispielsweise gekommen, wenn der Querulant einen Smart besitzt und nur noch mit Schwierigkeiten in sein Auto passt. Möglicherweise wird er sich überlegen, vom Smart auf einen anderen Wagen umzusteigen – ähnlich wie in die nächste Hosengröße –, aber da Autos teurer sind als Hosen und ein Smart insbesondere in der Großstadt unschlagbar beim Ausnutzen von Parklücken ist, fällt die Entscheidung schon deutlich schwerer. Soll ich mich meinem Auto anpassen, oder passe ich mein Auto meinen Bedürfnissen an?
Sofern der Querulant zu dem Schluss kommt, dass kein Weg mehr an der Gewichtsreduktion vorbeiführt, wird er anfangen, sich mit einschlägigen Diätratgebern zu befassen. Natürlich wird er zunächst ausschließlich die negativen Kritiken lesen, da sie seinem misstrauischen Charakter am ehesten entsprechen
Nun ist die entscheidende Frage, ob ihm die Kritiker sympathisch sind oder ob er die Kritiker einer Diätform für Spinner hält. Wenn unser Querulant ein überzeugter Tierschützer ist (Tiere sind sowieso die besseren Menschen), wird er vermutlich eine fleischhaltige, proteinbasierte Diät ablehnen und sich lieber der Rohkost zuwenden. Falls seine Nachbarin, die er auf den Tod nicht ausstehen kann, Veganerin ist, wird er die Rohkost allerdings verteufeln. Es fällt ihm schwer, die Sache neutral zu betrachten, er verbindet sie immer mit denen, die sie praktizieren. Je mehr er den Verfechter einer Abnehmform respektiert, umso erfolgreicher wird er sein, wenn er dessen Methode erprobt.
Für den Querulanten geht es – wenn er sich zu einer Diät entschließt – auch immer darum, recht zu behalten. Er hat eine bestimmte Methode präferiert, also muss er sich selbst (und allen anderen) nun auch beweisen, dass sie funktioniert. Die Diätform wird zur Lebenseinstellung und möglicherweise zur Ersatzreligion, die er – wenn er seinen Erfolg bewiesen hat – missionarisch verteidigt und allen anderen Übergewichtigen als einzig wirkungsvollen Weg zur dauerhaften Gewichtsreduktion verkaufen will. Kritik an seiner speziellen Diät, die ihm geholfen hat, führt nur dazu, dass er die Kritiker für Idioten hält, die zu undiszipliniert sind, um die Sache richtig durchzuziehen.
Deshalb kann der Querulant eigentlich auf jede Weise abnehmen, wenn er nur davon überzeugt ist. Er muss an seine Sache glauben, ehe er auf seinen heiligen Diätkreuzzug gehen kann. Sollte die von ihm bevorzugte Abnehmform wider Erwarten scheitern, fühlt er sich andererseits nur darin bestätigt, dass man ohnehin niemandem trauen darf und die Diätmafia mal wieder ihre Finger im Spiel hatte.
Falls Sie sich in Teilen in der Argumentation des Querulanten wiedererkennen, ist das ein Hinweis auf Ihre spezifische Diätpersönlichkeit. Mögen Sie sonst auch kein Querulant sein – Sie wollen sich von der Gesellschaft nicht vorschreiben lassen, wie Sie Ihr Leben zu führen haben und welches Schönheitsideal gilt. Ohne eine ausreichende Motivation bleiben Sie lieber bei Ihrem aktuellen Gewicht und sind damit zufrieden.
Was kann nun einen Menschen mit querulatorischen Persönlichkeitszügen (selbst wenn das Querulantentum nur auf Diäten beschränkt ist) zur Gewichtsreduktion motivieren?
Letztlich sind es die spürbaren Beeinträchtigungen im eigenen Lebensstil. Diese müssen so einschneidend sein, dass es keine Alternative mehr zur Gewichtsreduktion gibt. Menschen mit querulatorischen Persönlichkeitszügen sind wahre Meister darin, sich ihr Gewicht schönzureden und all die positiven Effekte des Übergewichts in den Vordergrund zu stellen. Sie sind auch wahre Meister im Umdeuten von Statistiken. Zugleich werfen sie jenen, die sich erfolgreich einer Gewichtsreduktion unterzogen haben, sehr gern ein gestörtes Essverhalten oder wahlweise das Nacheifern eines überkommenen Schönheitsideals vor. In Wahrheit rechtfertigen sie durch die Entwertung derer, die erfolgreich abgenommen haben, nur ihr eigenes Übergewicht, ohne dabei ein tragfähiges Selbstbewusstsein entwickelt zu haben. Ein selbstbewusster Mensch mit Übergewicht wird niemals jemanden, der erfolgreich abgenommen hat, abwerten oder gar pathologisieren. Er wird es zur Kenntnis nehmen, vielleicht aus Interesse fragen, wie die Gewichtsabnahme funktionierte, und dann darüber nachdenken, ob er sich das selbst zumuten möchte oder lieber doch nicht.
Der Querulant hingegen, der tief in seinem Innersten längst erkannt hat, dass er viel zu fett ist und eigentlich liebend gern etwas daran ändern möchte, jedoch den mühevollen Weg dorthin scheut, sucht nach Möglichkeiten, sich sein Gewicht schönzureden. Erst dann, wenn ihm sein Körper täglich aufs Neue beweist, dass es nichts mehr gibt, was sich schönreden lässt – eben weil er nur noch in teuren Spezialgeschäften Kleidung findet, seine Gelenke ihm unerträgliche Schmerzen bereiten, ihn ein defekter Aufzug, der ihn dazu nötigt, zu Fuß in den zweiten Stock zu steigen, an den Rand eines Herzinfarktes bringt und er im Freizeitpark nicht mehr in die Fahrgeschäfte passt, obwohl er liebend gern Achterbahn fährt –, wird er sich ernsthaft mit der Gewichtsreduktion befassen.