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Auf eine Entdeckungs- und Abenteuerreise quer durch die halbe Welt lädt uns der Autor in diesem Buch ein. Er führt den Leser in entfernte Länder, erzählt mit bildreichen und blumigen Worten von ihren atemberaubenden Landschaften, dem kulturellen Reichtum und fremdartigen Sitten und untermalt sie mit zahlreichen spannenden und berührenden Fotos. Ob Brasilien, Peru, Argentinien, Philippinen, Hongkong, Singapur, Ceylon, Uruguay, Japan oder Thailand - der Magie, die das Land und ihre Bewohner ausstrahlen, kann man sich kaum entziehen. So fesselt er den Leser mit seinen Touren durch den Amazonas, wo er dem Ruf der Wildnis folgt und dort seinen Kindheitstraum verwirklicht, der mit Tarzan, dem Urwaldhelden und König des Dschungels begann. Durch sein berufliches Engagement in die Welt hinausgetragen, öffnen sich für ihn neue Dimensionen und er begegnet auf Schritt und Tritt Menschen, die seinen Weg prägen. Darunter befinden sich viele Edelsteine, die ihm einen tiefen Einblick in das Leben vermitteln und damit immer weiter zur inneren Erkenntnis führen. Sein Credo am Ende des Buches: „Sei mutig, führe dein eigenes Leben!“ ist Fazit und Aufforderung zugleich, aus der Komfortzone auszusteigen, Platz und Raum zu schaffen für die eigene Seele und damit ein noch größeres Abenteuer zu erleben: die innere Reise zu sich selbst. Diesen, seinen Weg, der ihm das Tor zur Spiritualität geöffnet hat, bringt der Autor in diesem Buch auch durch eigene Gedichte und mystische Erzählungen zum Ausdruck. Diesen inneren Reichtum, den der Autor damit erfahren hat, möchte er symbolisch weitergeben, indem er den Ertrag des Buches für soziale Zwecke spendet.
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Seitenzahl: 289
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Vorwort
Pure Magie
Ankunft in Brasilien
Ruf der Wildnis
Arztbesuch mit Folgen
Fujiama - der heilige Berg
Es ist nicht immer das, was es zu sein scheinen mag
Valquiria, ein brasilianischer Edelstein
Unter falschem Verdacht in Matto Crosso
Flor und die ersten Direktwahlen in Brasilien
Cylon, nicht nur ein Synonym für exzellenten Tee
Die besondere Begegnung in Peru
Der Amazonas ruft. Mit dem Motorrad unterwegs
Zwischenstopp bei den Amazonasindianern
Der Gärtner im Urwald
Brasilien-Essenz
Eine Liebe, der ich immer treu bin. dem Sport
Argentinien - ein Land mit viel mehr als nur Tango
Montevideo - die Hauptstadt von Uruguay und der Oldtimer
Beruf, Berufung oder nur eine Tätigkeit?
Japan - das Land der aufgehenden Sonne
Thailändische Momente im Land des Lächelns
Singapur - mehr als nur eine Shoppingmall
Hongkong - Schmelztiegel und Stadt der Vertikale
Philippinen - das Land der tausend Inseln und mit einer der höchsten Geburtenrate
Strandhaus in Shimoda
Die Tempelanlagen von Nikko
Tsukiji Tokyo - weltgrößter Fischmarkt
Kampf der Giganten
Azuka - der Duft von morgen
Asien-Essenz
Nur fliegen ist schöner
Meine Öl- und Acrylbilder auf Leinwand
Der Alltag - Gedicht
Die Liebe - Gedicht
Die Stille - Gedicht
Die Zeit - Gedicht
Die schönste Melodie, ist die süße Melodie der Liebe - Gedicht
Die Suche - Gedicht
Der Wind - Gedicht
Das Jetzt - Gedicht
Ein ganz gewöhnlicher Spaziergang? - Geschichte
Der Zyklus oder Laub im Herbstwind - Geschichte
Der wundersame Flug - Routine oder Liebe? - Geschichte
Abschied, jedes Ende ist ein neuer Anfang
Epilog
Spiele die Melodie deines Lebens und nicht die der Anderen.
Wenn mir vor zwanzig Jahren jemand gesagt hätte, dass ich jemals ein Buch schreibe, und dann noch ein Buch über mein Leben, „Ich glaube du hast was an der Klatsche“, wäre ohne Vorwarnung ganz locker über meine Lippen gekommen. Ja, durch eine Aneinanderreihung von verschiedenen Umständen und Gegebenheiten ist es nun doch soweit gekommen.
Für wen schreibst du das Buch? Für dich oder andere?
Und nach Klärung dieser Fragen, kam die Sinnfrage, die ich unter anderem wie folgt sehe:
Auch du und ich haben eine Vita. Manchem möge sie nicht so interessant vorkommen, doch es ist deine und diese ist einmalig. Sie hat dich geformt, zu dem gemacht was du heute bist und lebst. Vielleicht hast du, als du im Leben unterwegs warst, die anfangs eingeschlagene Richtung einmal oder auch öfters gewechselt, dich auf eine andere Spur begeben um im Nachhinein festzustellen, es ist oder war sie doch nicht, die du gehen wolltest. Manchmal stecken wir auch fest und es geht nicht mehr viel. Wir kommen uns vor wie ein schleuderndes, rutschendes Fahrzeug ohne die entsprechende Bereifung auf vereister Fahrbahn, bis dann, meist aus der Ruhe heraus, sich wieder eine unverhoffte Tür öffnet und die Sonne dein Herz erhellt. Dies ist das Leben und jedes einzelne ist höchst spannend, interessant und wertvoll um auch auf Papier festgehalten zu werden. Nicht nur Politiker, Schauspieler oder andere Bekanntheiten leben oder lebten ein besonderes Leben, nein, auch du, ich, ja alle Menschen leben ihr einmaliges Leben.
Wer schreibt das alles? Du, oder holst du dir Unterstützung?, war als nächste Stufe zu überwinden. Doch bald war mir klar, ich will nichts über mich berichtet haben, ich möchte von mir, wie ich es erlebt und gefühlt habe, schreiben. Mit meinem eigenen Schreibstil, mit meinen Worten.
„Roland, ein Bild kannst du dir auch nicht malen lassen, sonst ist es nicht von dir“, gab mir eine Freundin zu bedenken. Und wie recht sie hat!
Tja, dann lag viel, sehr viel Arbeit vor mir. Wie ein Schwarz-Weiß-Film ist mein bisheriges Leben gespeichert und manches Mal, wenn ich ganz intensiv den Film vor meinem geistigen Auge abspielen lasse, dann sind plötzlich die Farben, Emotionen, ja sogar die Gerüche und Stimmen wieder da. Sie treten wie in Realität auf. Aber wer kennt das nicht, wenn man urplötzlich aus einem Traum erwacht! Dann ist die Grenze schwimmend. Ist es echt erlebt oder nur Traum?
Dieses Buch widme ich allen, die ich bis heute und auch in Zukunft auf meinem Weg ein wenig begleiten durfte oder darf, von denen ich immer etwas in meinem Herzen mit mir tragen werde. Sie alle haben mich beschenkt und bereichert. Meiner einmaligen Tochter Tanja sage ich mit diesem Buch danke, danke dass es Dich gibt.
Erfüllt und zufrieden, unsere schweißnassen Körper ineinander verschlungen, lagen wir auf dem durchwühlten, mit Schweiß durchsetzten Bettlacken. Sie schaute mich mit ihren großen, glänzenden und warmen Augen, in denen sich ein Gefühl der tiefen Zufriedenheit spiegelte, an.
Nina. Mit ihr durfte ich in eine andere, in die südamerikanische Welt eintauchen. Laut meiner Dokumente, zählte ich damals gerade 27 Lenze.
Zu dieser Zeit hielt ich mich beruflich in Brasilien auf. Im Auftrag eines deutschen Unternehmens reorganisierten wir eine Bank. Unsere Aufgabe bestand im Wesentlichen darin, sie auf deutsche Belange anzupassen und einige Sachgebiete auf EDV umzustellen. Doch wie so oft, vermehrten sich unsere Aufgaben stetig.
Nina, eine Mulattin und wunderbare tropische Schönheit, mit samtweicher, schokoladenfarbiger Haut und hellem Teint.
Wir befinden uns in Sao Paulo, Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates und größte Stadt in Brasilien. Die Stadt ist durch zahlreiche Einwanderer aus aller Welt multikulturell geprägt, mit wesentlichen portugiesischen, italienischen, deutschen, libanesischen und japanischen Einflüssen.
Die Nacht war tropisch, wie so viele Nächte in diesem südamerikanischen Land. An diesem Abend stürzten wir uns, Nina und ich, zusammen ins musikalische Nachtleben der Stadt, die niemals zu schlafen schien. Die Stadt vibrierte an allen Ecken und Kanten. Samba, Jazz und Soul wurde gespielt und die Menschen bewegten im Rhythmus der Musik ihre Körper wie in Trance. In einem Lokal tauchten wir in den Rhythmus des Nachtlebens ein, genossen die Musik und das Essen, die pure Lebensfreude. Die Hitze, die Musik und der Tanz heizten unsere Stimmung langsam und stetig auf. Ich suchte immer öfters ihre körperliche Nähe. Auch ihr Feuer und ihre Lust schienen sich mehr und mehr zu entfachen. Das Ganze steigerte sich durch zärtliche Blicke und Berührungen. Und so fuhren wir kurz vor Mitternacht in mein Appartement.
Die Luft knisterte vor lauter Begierde und wir beide spürten, wie wir langsam dahinschmolzen. Nina mit ihrer unheimlichen Aura, die mich in eine andere Welt katapultierte. Ihre starke Präsenz vereinnahmte mich voll und ganz. Ich zog sie an mich und wir küssten uns intensiv und mit einer stetig wachsenden Lust öffneten wir uns gegenseitig die Kleider und ließen sie vom Körper gleiten. Im Zimmer war es schwül und heiß, es war Sommer und die Sonne prasselte den ganz Tag über auf das Dach meiner Wohnung, die somit ebenfalls aufgeheizt war. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf unserer Haut, perlten an unseren Körpern herunter. Mit meiner Zunge erkundete ich jeden Zentimeter ihres makellosen, aufreizenden Körpers, umkreiste jede perfekte Rundung und nahm dabei ihren Körperschweiß, den Duft ihrer samtweichen Haut, ihre angestaute Lust gierig in mir auf. Ninas Augen blitzten vor Spannung. Aus ihnen sprangen eine ungewohnte Wildheit und ein Verlangen, die mich gefangen nahmen. Gleichzeitig strahlte sie eine innere Ruhe aus. Es war hoch erotisch und unheimlich zugleich. In wilder Lust schmiegten und rieben sich unsere Körper aneinander. Ich konnte ihre harten und wohlgeformten Rundungen spüren. Die Begierde, die sich immer mehr durch die Hitze und Musik, die aus dem Radio tönte, steigerte, war kaum noch auszuhalten. Wir warfen uns aufs Bett. Wild, heiß und hungrig fielen wir gleichsam übereinander her. Unsere Körper und unsere Seelen schienen miteinander zu verschmelzen und in eine neue Dimension aufzusteigen, die voll vibrierender und knisternder Energie war. Unsere Leiber rieben sich schweißnass in heftiger Lust aneinander. Eintauchend in einen sexuellen Rhythmus, der sich mit der Natur im Gleichklang zu bewegen schien. Wir steigerten uns immer mehr bis zur gewaltigen orgastischen Explosion in unseren Körpern und Gehirnen.
Es waren unvergessliche Momente, ja, etwas Einmaliges und Heiliges. Ich erfuhr eine geistig-seelische Verschmelzung von zwei verschiedenen Welten, die nahtlos zusammengepasst haben. Die Lust auf das Unbekannte, das Niedagewesene und die tiefe Liebe, die mich faszinierte. Auf eine magische Art wurde sie für sehr lange Zeit aufrechterhalten. Es war pure Magie!
Nina lernte ich auf abenteuerliche Weise kennen. Ich kam gerade von der Arbeit und fuhr mit dem Auto durch die 15 Millionen-Metropole Sao Paulo nach Hause. Die Rushhour hatte eingesetzt und es war mühsam, das Auto durch den Verkehr zu lenken. Für einen Augenblick verlor ich die Konzentration, passte nicht auf und nahm jemandem die Vorfahrt. Im anderen Auto, das eine Vollbremsung mit quietschenden und qualmenden Reifen hinlegte, saß ein Mann mit einem kleinen Kind neben sich.
Was ich damals noch nicht wusste, dass Kleinkinder in Brasilien meist ein Heiligtum darstellen. Ihnen wird jegliche Fürsorge zuteil und man versucht sie von jedem Schaden und Unheil fernzuhalten. Und jetzt kam ich! Mit meinem Auto hatte ich fast einen Unfall mit einem Kind verursacht! Zum Glück kam es nicht zur Kollision. Ich riss meine Autotüre auf und rannte zum anderen Wagen bzw. auf den Fahrer zu, der inzwischen ebenfalls ausgestiegen war und wollte ihn fragen, ob etwas passiert sei. Bevor ich den Mund aufmachen konnte, landete ein voller Haken mitten in meinem Gesicht und ich sah Sterne funkeln. Meine Nase war platt und fing sofort heftig an zu bluten. Der Mann dachte sicherlich, dass ich ihn angreifen wollte.
Im Krankenhaus ließ ich mir die Nase wieder gerade richten. Im gleichen Zimmer lag neben mir noch ein weiterer Patient, ein Mann, ungefähr in meinem Alter.
Eine junge, hübsche und aufgestellte Frau, die sich mit Nina vorstellte, kam ihn besuchen. Sie ist die Schwester meines kranken Bettnachbarn. Er hatte gerade eine Herzoperation hinter sich gebracht. Nina sprach mich lächelnd und einladend, ich könnte es auch einnehmend formulieren, an. Leider beherrschte ich zu diesem Zeitpunkt nur ein paar Brocken Portugiesisch. Aber siehe da, wir verstanden uns jedoch sofort, obwohl diese vermeintliche sprachliche Barriere bestand. Das war der Anfang einer tiefen Freundschaft und Leidenschaft.
Nach diesem ersten Zusammentreffen sahen wir uns öfters und lernten uns immer besser kennen. Diese sinnliche Zeit mit den Schmetterlingen im Bauch und der frischen Verliebtheit war einfach wunderbar. Doch gab es da auch einen klitzekleinen Störfaktor. Ihr Bruder war immer mit anwesend. Er spielte die Aufsichtsperson, damit seiner Schwester ja nichts passierte. Er begleitete uns wohin wir auch gingen, ob ins Kino oder in die Kneipe, er war unser ständiger Begleiter und Schatten und dies mindestens für 4 volle Wochen. Ich wusste gar nicht mehr wie lange ein Monat dauern kann.
Sukzessive wurde ich auch in ihre Familie eingeführt. Ihre Mutter, ihre Oma und ihre anderen Geschwister durfte ich kennen lernen. Der Vater war bereits früh verstorben. Ich genoss das Zusammensein mit der ganzen Familie. Ob beim Mittagessen, beim Abendessen oder wenn gemeinsam diskutiert und gestritten wurde, es war immer der gesamte Familienclan zusammen. Einfach schön! Schritt für Schritt wurde ich so in die Familie integriert und gehörte bald dazu.
Durch diese enge und intensive Begegnung öffneten sich für mich neue Türen und ich lernte viele andere, mir bislang unbekannte Dinge kennen. So gab es in der Nähe der elterlichen Wohnung eine Kirche, in der eine freie gläubige Gemeinde ihr Domizil hatte. Anders als in Europa schrien hier die Menschen ihr Leid voll aus sich heraus, auch beim Gottesdienst. Zu Beginn der Messe fragte der Pfarrer jedes Mal, ob jemand ein Anliegen hatte. So konnte man vor dem Publikum sein Leid, seine Krankheiten oder das erlittene Unrecht vortragen und quasi nochmals durchleben und mit anderen teilen. Die Kirchenmitglieder beteten dann für denjenigen, wünschten alles Gute und gaben ihm Hoffnung mit auf den Weg. So durfte ich einmal miterleben, wie eine Frau ihre Sorgen vor den Kirchenbesuchern vortrug. Sie klagte wegen ihrem kranken Mann. Sie müsse nun für ihre 9 Kinder alleine sorgen und sei am Ende ihrer Kraft. Tränenüberströmt und mit weinerlicher Stimme, ja es kam mir wie aus einer Filmszene vor, ließ sie die Emotionen auf uns überschwappen und berührte jeden aufs tiefste.
Die Gemeindemitglieder hörten ihr zu und standen ihr bei. „Wir beten für dich, wir helfen dir, wir sind für dich da”, bekam sie zur Antwort. Psychologisch gesehen gibt es, meiner Meinung nach, nichts Besseres als auf diese Art, in einer echten Gemeinschaft, seine Sorgen und Ängste mitzuteilen und eventuell dadurch einen Teil der Last loszuwerden oder zumindest zu lindern. Es ist eine tolle Therapieform nach dem Motto: In der Gemeinschaft sind wir stärker, ich werde aufgefangen und wir werden eine Möglichkeit finden. Damit ist der wichtige erste Schritt schon geschafft. Eigentlich hatte ich es damals bescheuert gefunden und dachte, die haben was an der Schüssel. Heute verstehe ich es voll und ganz. Diese Therapieform wurde und wird von vielen in abgeänderter Form angewendet, so hat u. a. auch die bekannte Nahtod- und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross diese Form schon vor langer Zeit gepflegt, empfohlen und sehr gute Erfolge erzielt.
Mit Nina durfte ich die schönsten Strände in Brasilien kennen lernen und wir besuchten oft Märkte jeglicher Art. Dort gab es alles, was das Herz begehrte. Nicht nur Gemüse, Obst und andere Lebensmittel, feilgeboten wurden auch tolle Gemälde und Gegenstände, aus Leder, Holz, Obstkernen, Muscheln, Steinen etc. die von den Indianern gefertigt wurden. Hier hat sie mich auch die Kunst des Handelns und Feilschens gelehrt. Für mich waren an diesen Orten die verschiedenen Gerüche der Lebensmittel, der Gewürze, der Menschen sowie die mannigfaltigen Farben jedes Mal aufs Neue ein eigenes Erlebnis der Sinne. Auch die verschiedenen Menschentypen mit ihrer oft faltigen und vom Leben gekennzeichneten Haut, die fast immer fröhlich waren, nahmen mich gefangen. Das Stimmengewirr hörte sich oft wie ein großer Chor oder ein Theaterstück, ja wie die Melodie des Lebens an.
Eines Tages hat sie mir auch ihr Leid, das sie bei ihrer Arbeit hatte, geklagt. Da sie eine Schönheit war und eine makellose, sexy Figur besaß, hatte sie öfters Probleme bei der Arbeit, bzw. mit ihren Vorgesetzten. So musste sie auch des Öfteren ihren Arbeitsplatz wechseln, da sie hin und wieder sexuell von ihren Vorgesetzten belästigt wurde.
Nina war auch eine begnadete Künstlerin. Sie sang nicht nur gut - ihre Stimme glich der von Tina Turner -, sondern sie malte auch tolle Bilder, echte Kunstwerke. Ihre getöpferten Tonfiguren bot sie auf Märkten an. Ebenso besaß sie eine spirituelle Ader und verfügte über Heilkräfte. Nina kam ursprünglich aus Salvator, gelegen im Staat Bahia. Von dort stammen viele Künstler, Heiler und Schriftsteller.
In diesem Staat leben auch viele Dunkelhäutige. In der Zeit des Sklavenhandels gab es hier einen Umschlagplatz für Schwarze aus Afrika, insbesondere aus dem Senegal. Von hier aus wurden sie auf die Plantagen gebracht bzw. verkauft, um als Sklaven zu arbeiten. Im Gegensatz dazu, je weiter man in den Süden von Brasilien kommt, desto größer wird die Anzahl der Hellhäutigen.
Nina, die eine Mutter mit dunkler und einen Vater mit heller Hautfarbe hatte, ist ein Abkömmling von ihnen.
Ich habe hin und wieder auch Mulatten mit blau-grünen Augen erblickt. Die Kombination der dunklen Haut und der hellen Augen wirkt sehr exotisch. Es erinnerte mich immer an Huskys mit ihren oft exotischen Augen, bei ihnen spielt die Natur auch mit fast allen Farben.
Wenn ich heute zurückdenke, dann freue ich mich immer wieder, dass ich eine so intensive Beziehung mit Nina erleben und viel von ihr lernen durfte. Es war, als wenn wir zusammen in eine andere Ebene oder Dimension eintauchten und wir verstanden uns ohne Worte. Ich war jedoch damals noch nicht bereit, die Tiefe zu erkennen und so durchwässerte sich unsere Beziehung, denn die Verlockung in Brasilien war sehr, sehr groß.
Das Leben spielte mir immer wieder Gelegenheiten zu, das andere Geschlecht besser kennen zu lernen.
Sao Paulo
Über der Stadt hingen Wolkenfetzen, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Während es tiefer und tiefer sank und sich die Milchsuppe langsam lichtete, sah ich aus meiner Fensterluke ein Moloch, die Häuser grau in grau, auf mich zukommen: Eine riesige, über 15 Millionen Einwohner zählende Stadt. Ein Schmelztiegel aus Häusern, der sich hin und wieder durch das leuchtende Grün der Parks und durch das silbern glitzernde Wasser der Seen und Flüsse vom schmutzigen Grau der Gebäude absetzte und über ein Gebiet von über 50 Kilometern ausbreitete. Inmitten der Stadt riesige Hochhäuser, auf die das Flugzeug direkt zusteuerte. Zwischen diesen lag auf einer aufgeschütteten Hochebene der Stadtflughafen Congonhas. Die Ränder der Ebene sind mit einem Schachbrettmuster markiert, das den Flugzeugen helfen soll, nicht zu früh aufzusetzen und womöglich am Rand zu zerschellen. Mitten in einer Stadt zu landen - und dann noch mit einer großen Maschine - war eine neue Erfahrung für mich. Mit feuchten Händen und Angstschweiß auf der Stirn klammerte ich mich an meinen Sitz. Die Nervosität steigerte sich noch, als ich sah, dass das Flugzeug direkt und langsam in geringer Höhe über der Stadtautobahn schwebte, auf der sich eine Blechlawine von Autos vorwärts schob. Mit quietschenden und rauchenden Reifen setzte Sekunden später das Flugzeug auf der Landebahn, die mit schwarzen Spuren des Gummiabriebs der Flugzeugreifen übersät war, auf. Alle Passagiere klatschten. Die meisten bestimmt aus Erleichterung, dass uns der Pilot sicher auf den Boden zurückgebracht hat. Der Stadtflughafen Congonhas ist heute noch der meist frequentierteste Stadtflughafen in Lateinamerika und gilt unter Piloten als Sicherheitsrisiko.
Kurz danach rollte ein Auto mit der Aufschrift „Follow me“ auf das Flugzeug zu und führte es in die vorgesehene Parknische. Die Landungsbrücken wurden herangeführt und die Luken geöffnet. Noch etwas benommen stand ich auf, stieg durch die Luke und befand mich plötzlich in einer neuen Welt. Die heiße, tropische Luft, geschwängert mit hoher Luftfeuchtigkeit, nahm mir fast den Atem. Innerhalb weniger Minuten klebte mein durchgeschwitztes T-Shirt auf der Haut. Es war Januar und somit hier in Brasilien Hochsommer mit fast 40 Grad. Schweißtriefend stieg ich die Gangway herunter, holte mein Gepäck bei der Ausgabe ab, schob es auf einem Rolli durch den Zoll. Vor dem Flughafengebäude, um mich herum ein Gewirr von Autos, Bussen und vor allem Menschen, die aus aller Herren Länder zu sein schienen. Ich bestieg das nächste freie Taxi, das vor dem Gebäude auf Fahrgäste wartete. Beim Einsteigen überreichte ich dem Fahrer ein Zettel mit der Adresse meines Appartements, den mir mein Chef mitgegeben hatte. Gleichzeitig versuchte ich ihm mit Händen und Füßen zu erklären, was mein Anliegen war. Er schien es zu verstehen, denn er fuhr sofort los, lenkte sein Gefährt in die nächste Ausfahrt und fädelte auf die Stadtautobahn ein, die ich schon von oben inspizieren konnte. Während der Fahrt plapperte der Fahrer munter drauf los. Er redete portugiesisch, der Landessprache von Brasilien und ich verstand kein Wort. Meine ganze Aufmerksamkeit galt dem, was sich da draußen abspielte. Die Autobahn war proppenvoll, ein Auto nach dem anderen, die meisten davon VW-Käfer, schoben sich entweder aus oder in die Mammutstadt. Mit großen und neugierigen Augen betrachtete ich die oft riesigen, verglasten und verspiegelten Gebäude und Häuser, die die Straße säumten. Ich war beeindruckt. Einige Zeit später bogen wir dann rechts ab, fuhren über eine Brücke und befanden uns plötzlich in der Avenida Paulista. Der Hauptverkehrsstraße oder besser Prunkstraße der Stadt. Es war eine 8-spurige Straße. Aus beiden Richtungen ergoss sich ein unendlich scheinender Strom von Autos. Der Taxifahrer bog in die Rua Frei Caneca, wo sich das Edificio San Gabriel befindet, das für lange Zeit, wenn ich mich recht erinnere, war es weit über ein Jahr, meine Bleibe wurde. Das während der Fahrt monoton tickende Taximetro zeigte mir die Summe an, die ich dem Chauffeur aushändigte.
„Sie sind sicherlich der Herr Gampp“, sprach mich beim Betreten des Edificio ein etwas älterer, freundlicher Herr am Empfang in akzentfreiem Deutsch an und erzählte mir, dass er auf mich gewartet habe. Ich war erleichtert und fühlte mich gerettet. Herbert, so hieß der grau melierte, etwas korpulente Herr, der immer ein Lächeln und ein gutes Wort auf den Lippen hatte. Er entnahm einen Schlüssel aus einem der vielen Holzfächern hinter der Rezeption und forderte mich auf, ihm zu folgen. Mit dem Fahrstuhl fuhren wir in die 5. Piso (Etage), wo sich mein Appartement befand, das sich über 1½ Etagen erstreckte. Eine Galerie mit einem Wohn- und Schlafzimmer, einer Küche und einem Bad konnte ich in Besitz nehmen. Nachdem ich alles inspiziert hatte, räumte ich meine Koffer aus und richtete mich langsam ein. Es war später Nachmittag und müde vom Flug legte ich mich gemütlich aufs Sofa und versuchte zu relaxen und in Brasilien anzukommen. Gegen Abend schauten Rolf und Peter, meine Arbeitskollegen vorbei, die im selben Haus logierten. Sie waren deutsche Kollegen, die ich persönlich noch nicht kannte, jedoch im selben Bereich wie ich tätig waren. Rolf und Peter waren bzw. sind sehr nette und fachlich kompetente Arbeitskollegen. Bei meinem zweiten Brasilienaufenthalt, der noch länger dauerte als der erste, kamen Manfred und Bernd hinzu. Peter war nicht mehr dabei, er hatte andere Aufgaben übernommen. Rechts neben dem Edificio in unmittelbarer Nähe befand sich eine Lunchonette, ein kleines Büfett mit einem runden Tresen. Hier wurden Snacks, belegte Brötchen und kleine Menüs zubereitet und angeboten. Es war ein Treffpunkt, um ein wenig zu quatschen und um gemütlich sein Bierchen zu genießen oder einen guten Orangensaft zu schlürfen. Hier genoss ich mein erstes Brahma, das zu den bekanntesten brasilianischen Bieren zählt. Rolf, Peter und ich machten es uns am Tresen gemütlich, der einen Ring bildete, in dessen Mitte die Bedienung, der Kassierer, der Koch - und das alles in einer Person - die Geschäfte regelte. Dies ist der Herrschaftsbereich des Barmannes namens Francesco, ein kleiner, fröhlich aufgestellter Typ, der stets ein strahlendes Lächeln im Gesicht trug und zwischendurch immer wieder ein Lied trillerte. Nie traf ich ihn schlecht gelaunt an. Beim Arbeiten sang er aus voller Kehle und trommelte gleichzeitig mit seinen Händen einen Sambarhythmus auf den Tresen. Gekonnt warf er Gläser in die Höhe und fing sie wieder auf. „Sim, Senor?“, kam ständig über seine Lippen, wenn Gäste etwas bestellten. Doch die meisten brauchten ihre Bestellung nicht mehr aufgeben, er kannte schon ihre Gewohnheiten und Vorlieben. Das Bier, das man hier, nein ich muss sagen in ganz Brasilen trinkt, wird eiskalt serviert, so kalt, dass fast die Zunge am Glas festklebt. Es wurde eben „bem gelado“, gut gekühlt serviert. Da ich mir selten ein Bier einverleibe, betraf mich das auch nur am Rande.
An diesem Abend unterhielten wir uns über Gott und die Welt. Über die Arbeit sprachen wir so gut wie nicht. Tja, und in dieser Lanchonete nahm ich Morgen für Morgen meinen aus frischen und süßen Orangen gepressten Suco del laranja und ein mit Käse gebackenes Brötchen Pao de quei jo ein, das sehr deftig und würzig schmeckte, mein obligatorisches Frühstück. Viel Zeit blieb mir dafür fast nie, denn ich war generell morgens unter Zeitdruck und musste sehen, dass ich mich so schnell wie möglich auf die Socken zur Arbeit machte.
Am nächsten Morgen wurde ich unsanft durch das schrille Klingeln meines Weckers aus den Federn gerissen. Müde und gähnend kroch ich aus dem Bett, erledigte meine Morgentoilette in der mir noch fremden Umgebung und machte mich auf den Weg in die Lunchonette nebenan.
„Um suco e um pao“, war meine Bestellung während ich auf die Orangen und die Käsebrötchen deutete. Ein wenig überrascht war ich, dass Francesco nach dem Pressen der Orangen die Fruchtteile aussiebte, da bei uns in Deutschland dies der Indiz darstellt, dass es sich um einen frisch gepressten Saft aus 100% Orangen handelt. Na ja, andere Länder andere Sitten. Der frisch gepresste Saft war sehr aromatisch und süß, und nach zwei Zügen war das Glas leider schon leer. Auf dem Käsebrötchen kauend, löcherte ich Rolf und Peter wegen der Arbeit und versuchte so meine Nervosität zu übermalen. Nachdem wir uns für die Arbeit gestärkt hatten, stoppten wir per Handzeichen auf der Straße ein vorbeifahrendes Taxi, das uns zur Arbeitsstelle brachte.
Erschrocken und misstrauisch betrat ich die Bank, als uns im Foyer ein mit Gewehr geschulterter Wächter mit „Bom dia“ begrüßte. Für mich ein ungewohnter Anblick, den ich mit einem Banküberfall oder dergleichen in Verbindung bringe.
Wir wiesen uns aus und er ließ uns, mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht, passieren. Die oberen Etagen waren nur über einen Fahrstuhl erreichbar. „Bom dia“ war auch hier die Begrüßung des Liftboys, na ja, mit Liftboy kann man ihn wahrscheinlich nicht mehr titulieren. Ein älterer, grauhaariger Brasilianer mit piekfeinem Anzug. Jede Falte war aufs Genauste gebügelt, auch wenn der Anzug schon ein paar Jährchen auf dem Buckel haben musste, denn an einigen Stellen glänzte er schon, aber er verlieh ihm Autorität. Er lächelte uns an, sprach ein paar freundliche Worte und drückte dabei die Knöpfe im Fahrstuhl, der mit Messing eingefasst und mit edlen, dunkelroten, tropischen Hölzern ausgekleidet war. Im Laufe der Zeit wurde mir immer bewusster, dass in diesem Land viele Menschen mit allen möglichen Dingen beschäftigt und zuständig waren und sind, egal wie wichtig die Arbeit ist, die uns Europäern jedoch überflüssig und minderwertig vorkommen. Sie erledigten ihre Aufgabe mit Herz und Seele und identifizierten sich damit. Ihre Freude und Freundlichkeit waren ein beredtes Zeugnis dafür. Nein, es musste nicht nur Zeit abgesessen werden, damit man dafür Geld erhält, Stolz war fast immer dabei, Stolz auf die Arbeit.
Mein erster Tag bestand hauptsächlich darin, dass ich durch alle möglichen Abteilungen, beginnend bei der Direktion, geführt und den einzelnen Angestellten vorgestellt wurde, ebenso meine Arbeit, die ich mit Rolf und Peter bewerkstelligen würde. Schritt für Schritt lernte ich nach einiger Zeit die Mitarbeiter und natürlich auch ein wenig ihr Privatleben kennen und erfuhr die Arbeitsabläufe und Zuständigkeiten. Zu jeder vollen Stunde schob eine etwas korpulentere, dunkelhäutige, mit einer Schürze und Kopftuch bekleidete Dame einen Wagen, voll beladen mit Kaffee, Zucker und Tassen, durch die Abteilungen. „Cafesinho?“, fragte sie mit einem Schmunzeln auf den Lippen.
Während sie den heißen Kaffee aus der Kanne in kleine, weiße Plastikbecher goss, hatte sie auch immer etwas Neues zu berichten. Dies war ein super Service, für den der Mitarbeiter nichts zu löhnen hatte und nebenbei die neuesten Nachrichten erhielt. Außerdem immer eine willkommene Abwechslung für das ganze Personal!
Sehr angenehm empfand ich das Arbeiten im brasilianischen Rhythmus, der anfangs ungewohnt und von mir oft falsch interpretiert wurde. Keine Spur von der europäischen Hektik war zu spüren, die meisten Angestellten arbeiteten mit Freude und dies übertrug sich auf das Ergebnis. „Ihr habt die Uhr und wir die Zeit“, sagten sie grinsend, und wie jedem bewusst ist, ist die Qualität nicht von der Geschwindigkeit abhängig.
Wie meine Kollegen versuchte ich mir die portugiesischen Worte einzuprägen und schon nach kurzer Zeit verstand ich einiges. Somit war ich nicht immer bei jeder Kleinigkeit auf Claudio, der uns als Mitarbeiter und Übersetzer von der Bank in Sao Paulo zugewiesen wurde, abhängig.
Claudio war ein sympathischer, schlanker junger Mann, sehr intelligent und auch wissbegierig. Seine hellbraune Hautfarbe bekundet, dass er gemischt farbige Eltern hat. Obwohl er perfekt und akzentfrei deutsch spricht, wie man es selbst in Deutschland selten antrifft, kannte er Deutschland nur vom Erzählen oder aus den Medien. Claudio unterrichtete unser Team täglich eine Stunde in seiner Muttersprache, dem brasilianischen Portugiesisch. Damit fiel uns die Kommunikation in der Firma von Tag zu Tag leichter und wir brauchten mit der Zeit keinen oder nur ganz selten einen Übersetzer.
Claudio und ich befreundeten uns schnell. Wir beide waren naturverbunden, fuhren gerne Motorrad, ja bei den Hobbys gab es einige Parallelen. Seinen Vater, ein Deutscher, der in den frühen 60igern nach Brasilien gekommen war, durfte ich später als strengen, intelligenten Mann, der über ein breit gefächertes Wissen verfügte, persönlich kennenlernen. Von den Dunkelhäutigen war er nicht sehr überzeugt, nichtsdestotrotz hatte er aber eine dunkelhäutige Schönheit mit sanftem, ja um nicht zu sagen scheuem Rehblick geehelicht. Da gab es noch einen Bruder und eine Schwester in Claudios Familie. Seine Geschwister lernte ich nur oberflächlich kennen.
Claudio überredete mich, ebenfalls hier in Brasilien ein Motorrad zu kaufen, damit ich über ein Fortbewegungsmittel verfüge. Ich zögerte nicht lange und legte mir eine kleine, blaue Honda zu. Zusammen begannen wir, die nähere Umgebung mit unseren Bikes zu erkunden. Anfangs hatte ich Schwierigkeiten, mich in dieser unendlichen Stadt zurechtzufinden. Deswegen holte mich Claudio mit seinem Motorrad immer bei meiner Unterkunft ab. Nach und nach kannte ich mich jedoch aus im Dschungel dieser Großstadt, so dass wir uns später immer bei ihm in der Wohnung trafen.
Endlich wieder ein langes Wochenende! 4 freie Tage, an denen wir, Claudio und ich, mit den Motorrädern bis Cibo fahren und von da aus uns dann zu Fuß durch den Urwald bis zum Strand durchkämpfen wollten. Die Planung überließ ich Claudio, da er sich als Einheimischer bestens auskannte. So hoffte ich! Noch waren mir die Namen der Orte, die wir ansteuern wollten unbekannt, auf einen Nenner gebracht: Ich kannte mich überhaupt nicht aus.
Es war früh am Morgen, als wir uns auf die Socken machten und die Dunkelheit war unser Begleiter. Über die Stadtautobahn verließen wir mit unseren beladenen Hondas Sao Paulo bei geringem Verkehr und durchquerten die vielen Vororte, als die Sonne sich langsam und schüchtern, rötlich am Horizont zeigte. Wir steuerten ein Dorf Namens Cibom - was so viel wie Liane bedeutet - an, in dem sich eine Polizeistation befand. Nach einem eineinhalbstündigen Ritt und bestens gelaunt - mit der Musik von „born to be wild“ auf den Lippen - auf unseren beladenen Maschinen erreichten wir die Polizeistation.
„Bom dia, como eu posso ajudar voces … mit was kann ich euch helfen?“, empfing uns ein schläfriger Polizist an der Station. Claudio erklärte ihm, dass wir eine mehrtägige Tour vorhatten und gerne unsere Motorräder in seine Obhut geben würden.
„Sim, nao problema“, gab er freundlich zurück und so stellten wir unsere Räder unter. Damit waren wir uns sicher, dass sich unsere Maschinen nach unserer Rückkehr nicht verdoppelt haben würden.
Wir schulterten unsere 20kg schweren Rucksäcke und marschierten bei wolkenlosem, strahlend blauem Himmel los. Die mitgenommene Verpflegung war für 4 volle Tage ausgelegt. Da Claudio Vegetarier ist, führten wir kein Fleisch oder Wurst mit, sondern nur Sojaprodukte wie Tofu, das für ihn als Fleischersatz diente. Dazu kamen Früchte und Brot. Das meiste Gewicht nahmen die Milchkartons mit Late Longa-Vita, also H-Milch, in Anspruch. Tja, diese Mühe nahmen wir gerne in Kauf, wir beide liebten Milch, nach dem Motto: Milch macht müde Männer munter. Das Zelt, die Hängematte und die Schlafsäcke befestigten wir auf den grünen Stoffrucksäcken mit Bändern und die Macheten auf den Seiten.
Geplant war, einen Teil des Weges durch den Urwald über eine Eisenbahnstrecke zurückzulegen. Wir nahmen an, dass diese Strecke frei von Hindernissen wie Flüssen, Bächen, Sträuchern und Pflanzen ist. Nachdem wir zwei Stunden lang, von der tropischen Sonne beschienen, von Schwelle zu Schwelle hüpften, da der Schwellenabstand mit unserem Schrittrhythmus und unserer Schrittlänge einfach nicht synchron war, verließen wir die Eisenbahnschienen schweren Herzens und schwitzend. Diese Hüpferei ging uns gewaltig auf den Keks und war nervig und anstrengend zugleich. Wir konnten einfach nicht Schritt halten und uns in unserem normalen Gehrhythmus bewegen.
Somit öffnete sich mit einem Schlag eine neue Welt, als wir in das grüne, fast undurchdringliche Dickicht, bei dem kaum Licht bis auf den dunklen Boden gelangt, eindrangen. Um uns herum dichte, tropische Sträucher und Farne mit verschiedenartigen Blättern und Farben, eine grüne Hölle, mit riesigen und uralten, mächtigen Bäumen, an deren manndicken Stämmen sich Pflanzen hochrankten, die den Himmel verdunkelten. Claudio schlug mühsam mit seinem Buschmesser den Weg frei.
Undurchdringlicher Dschungel
Anfangs unterhielten wir uns noch lebhaft. Je länger und tiefer wir in das Dickicht eindrangen, verstummte zunehmend unsere Unterhaltung. Unsere Aufmerksamkeit wurde von den vielfältigen Lauten und unbekannten Geräuschen, die an unsere Ohren drangen, den mannigfaltigen Gerüchen von Pflanzen, die unsere Sinne fast betäubten, vereinnahmt. Wir erblickten Lianen in der Stärke eines Armes, die von den Bäumen wie regungslose Schlangen runterhingen. Auf einer Lichtung, die durch einen umgestürzten Baum entstanden war, standen vor uns Farne, die 5 Meter hoch dem Himmel entgegen wuchsen. Hin und wieder wurden wir durch schrille Affenschreie und andere teils skurrile Laute aufgeschreckt: Sicherlich waren das die Alarmrufe der Wächter des Regenwaldes. Unsere ständigen Begleiter waren exotische Vögel mit ihrem ständigen Rufen, Krähen und Hämmern. Bei unserem Aufbruch früh morgens war die Temperatur noch einigermaßen erträglich. Je näher jedoch der Mittag rückte, umso schwüler und dicker wurde die Luft. Die Hitze drückte unbarmherzig auf unsere Körper.
Die T-Shirts klebten am schweißnassen Körper. Wir schienen förmlich in Schweiß zu baden. Auf meinem Rücken bildeten sich kleine Rinnsale, die sich ihren Weg der Wirbelsäule entlang in die Unterhosen und von da weiter nach unten bahnten.
Plötzlich stockte mir der Atem. Vor mir auf dem Boden kroch in kurzen, gleichmäßigen Windungen eine dunkle Schlange, die über einen Meter maß und deren Kopf farbig gezeichnet war, durch das Dickicht. Mein Puls kletterte schlagartig durch das ausgeschüttete Adrenalin auf 200, das Blut schoss und pulsierte mir im Kopf. Bevor ich es begriff, holte Claudio mit seinem Buschmesser weit nach hinten aus, schlug mit einem kräftigen Schlag den Kopf der Schlange ab. Ich sah nur noch, wie die um einen Kopf kürzere Schlange sich im Todeskampf wand und rollte und schließlich elendiglich verendete. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Schon als Kind berührte mich der Anblick einer Schlage mit einem zwiespältigen Gefühl. Auf der einen Seite war es eine Art Angst oder Scheu, auf der anderen Seite eine Neugierde, die ich aber nicht befriedigen wollte. Leider werden Schlangen heute immer noch als grausam und gefährlich in den verschiedenen Medien dargestellt und oft müssen sie das Böse verkörpern.
„Nur keine Panik, Roland“, meinte Claudio locker, der das Ereignis gelassener hinnahm und so marschierten wir einfach weiter als wäre nichts geschehen, und das stundenlang. Es schien, als passten wir uns dem Rhythmus des Urwaldes an und bewegten uns im Gleichklang mit der uns umgebenden Natur. Müde und durstig rasteten wir um die Mittagszeit am Rande eines kleinen Flusses.
Eine willkommene Lichtung im Urwald
Da er sehr wenig Wasser führte, war die Durchquerung auch kein Hindernis. Hier war der Regenwald lichter. Die durchgeschwitzte und am Körper klebende Kleidung tauschten wir gegen trockene aus. Claudio sammelte altes, dürres Holz, während ich mit Steinen aus dem Fluss einen Kreis für das Feuer legte. Wir wollten ja nicht unbedingt einen Waldbrand entfachen. Schnell loderten kleine Flammen aus dem Holz, das laut knackte und zwischendurch knallte, wenn das Harz sich entzündete. Der weiße Rauch stieg senkrecht nach oben in den wolkenlosen Himmel. Mit meinem Messer schnitt ich im Unterholz zwei Zweige ab, entfernte die Äste und spitzte sie zu. Auf den Stöcken brieten wir unsere Soja-Würstchen, die wir an den Enden einschnitten, damit sie nicht aufplatzten. Meine Geschmacksnerven hatten Premiere, denn bis anhin hatte ich noch nie Sojawürstchen vertilgt.