Wer's findet, dem gehört's - David Sedaris - E-Book

Wer's findet, dem gehört's E-Book

David Sedaris

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Beschreibung

»Wer anderer Leute Tagebücher liest, der bekommt, was er verdient.« David Sedaris

In Wer's findet, dem gehört's gewährt Sedaris der Welt zum ersten Mal Einblick in seine privaten Aufzeichnungen - eine persönliche Erzählung davon, wie ein drogensüchtiger Schulabbrecher mit dem Talent, jeden Job zu verlieren, zu einem der lustigsten Menschen auf dem Planeten wurde. Die meisten Tagebücher - sogar die großer Schriftsteller - sind unvorstellbar dröge, weil sie von Gefühlen, Träumen, dem Innenleben handeln. Sedaris' Tagebücher sind einzigartig, weil sie sich nach außen wenden. Er erklärt uns nicht, wie sich die Welt für ihn anfühlt, er zeigt uns die Welt, und damit auch, was ihn wirklich ausmacht.

Wer's findet, dem gehört's belegt, dass Sedaris - mit seinem scharfen Blick und offenen Ohr für das Bizarre, das Schöne und das Unbequeme und mit seiner Großherzigkeit, die nicht einmal sein misanthropischer Sinn für Humor ganz verbergen kann - zu einem unserer besten Beobachter gehört.

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Zum Buch

In Wer’s findet, dem gehört’s gewährt Sedaris der Welt zum ersten Mal Einblick in seine privaten Aufzeichnungen – eine persönliche Erzählung davon, wie ein drogensüchtiger Schulabbrecher mit einer Schwäche für billige Pfannkuchen und dem Talent, jeden Job zu verlieren, zu einem der lustigsten Menschen auf dem Planeten wurde.

Sedaris’ Tagebücher belegen, dass er – mit seinem scharfen Blick und offenen Ohr für das Bizarre, das Schöne und das Unbequeme und mit seiner Großherzigkeit, die nicht einmal sein misanthrophischer Sinn für Humor ganz verbergen kann – zu einem unserer besten Beobachter gehört.

Zum Autor

David Sedaris, geboren 1956 in Johnson City, New York, aufgewachsen in Raleigh, North Carolina, lebt in England. Er schreibt u. a. für den New Yorker und BBC Radio 4. Mit seinen Büchern Naked, Fuselfieber, Ich ein Tag sprechen hübsch und Schöner wird’s nicht wurde er zum Bestsellerautor. Zuletzt erschienen im Blessing Verlag Das Leben ist kein Streichelzoo. Fiese Fabeln (2011) und Sprechen wir über Eulen – und Diabetes (2013).

DAVID

SEDARIS

WER’S

FINDET,

DEM

GEHÖRT’S

MEINE

TAGEBÜCHER

UND ICH

Aus dem Amerikanischen

von Georg Deggerich

BLESSING

Originaltitel: Theft By Finding

Originalverlag: Little, Brown and Company, Hachette Book Group, New York

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Copyright © 2016 by David Sedaris

Copyright © 2017 by Karl Blessing Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Geviert, Grafik & Typografie nach einem Entwurf von Jeffrey Jenkins

Satz: Leingärtner, Nabburg

e-ISBN: 978-3-641-18983-9V001

www.blessing-verlag.de

Für Dawn »Friendship Flower« Erickson

Anmerkung des Autors:

In diesem Buch habe ich vereinzelt die Namen von Personen verändert oder ihre äußere Gestalt leicht abgewandelt. In einigen Fällen habe ich Personennamen ausgetauscht, weil bereits im vorherigen Eintrag ein Jim oder eine Mary auftauchten und ich Verwechslungen vermeiden wollte. (Wieso gibt es in meinem Leben so viele Steves und nur eine einzige Thelma?)

Überarbeitungen habe ich dort vorgenommen, wo der Text unklar war oder, vor allem in Hinblick auf die frühen Jahre, wo mir der Stil schwerfällig und wenig ansprechend erschien.

Einleitung

Kurz nachdem ich beschlossen hatte, ein Buch mit Tagebucheinträgen zu veröffentlichen, fand ich einen Fünf-Pfund-Schein. Ich war dabei, entlang einer Landstraße in West Sussex Müll einzusammeln, als ich ihn zwischen einer Tüte Kartoffelchips und einer halb vollen Bierdose mit lauter ertrunkenen Schnecken entdeckte. Nach dem damaligen Wechselkurs war der Schein etwa $8.15 wert, also »immerhin was«, wie meine Mutter gesagt hätte. Ein paar Tage später traf ich meine Freundin Pam in London. Irgendwie kamen wir auf Glücksfunde zu sprechen, und als ich den Geldschein erwähnte, fragte sie, ob ich ihn ausgegeben hätte.

»Na klar«, sagte ich.

»Wenn man in Großbritannien etwas Wertvolles findet und es behält, nennt man das Fundunterschlagung«, erklärte sie mir. »Man muss Nachforschungen anstellen, ob jemand es verloren hat oder es gestohlen wurde, aber wenn es wie bei dir bloß um fünf Pfund geht, ist das natürlich nicht nötig.«

Fundunterschlagung. Wer’s findet, dem gehört’s. Das erschien mir der perfekte Titel für mein Buch. Was den Inhalt angeht, sind alle Tagebuchschreiber verschieden. Ich war nie jemand, der über seine Gefühle schreibt, zum Teil deshalb, weil sie nicht besonders interessant sind (selbst für mich nicht), vor allem aber, weil sie sich laufend verändern. Wenn es aber um die Gefühle anderer geht, sieht die Sache schon ganz anders aus. Hat jemand mit seiner Stiefmutter oder mit dem Chef, für den er bis gestern gearbeitet hat, ein Hühnchen zu rupfen? Bitte, lassen Sie uns drüber reden!

Nicht zuletzt zeigt einem ein Tagebuch, wofür man sich interessiert. Am Anfang beschränkt man sich vielleicht auf soziales Unrecht oder auf die unglücklichen Menschen, die in der Türkei oder in Italien oder wo auch immer zuletzt die Erde gebebt hat unter Schutt begraben liegen. Man schreibt ein Vorzeigetagebuch von der Art, dass, fiele es deiner Mutter oder deinem Mitbewohner im Studentenwohnheim in die Hände, sie denken würden, Ach, wenn ich doch nur so sozial eingestellt/großherzig/tiefsinnig wäre wie Edward!

Nach einem Jahr wird einem bewusst, wie zeitaufwendig es ist, das Unrecht in der Welt anzuklagen, und dass man diese Zeit viel besser darauf verwenden könnte, über Fonduerezepte nachzudenken oder die Frettchen zu beschreiben, die man sich nicht leisten konnte. Es sei denn, soziales Unrecht ist dein Ding. In dem Fall tue man sich keinen Zwang an! Das Entscheidende ist herauszufinden, wer man ist, und dieser Person treu zu bleiben. Denn häufig gelingt einem das nicht. Werden sich die Leute nicht von mir abwenden, wenn sie mein wahres Ich kennen?, fragt man sich. Die Person, die ihr eigenes Kind hasst und den Hund hat einschläfern lassen, obwohl er kerngesund war?Die Person, die insgeheim überzeugt ist, dass die Fernsehserie The Wire* überschätzt wurde?

Ich schreibe am Ende – oder neuerdings am Anfang – des Tages bevorzugt über Ereignisse, die ich beobachtet habe (Handgreiflichkeiten, Unfälle, Leute, die sich mit einem voll bepackten Einkaufswagen an der Expresskasse anstellen), aufgeschnappte Unterhaltungen und überraschende Dinge, die andere mir erzählt haben. Das können Freunde sein, aber ebenso gut der Friseur, Sitznachbarn im Flugzeug oder Kassiererinnen. Einige dieser Geschichten stellen sich im Nachhinein als moderne Legenden heraus, wie die Geschichte vom Nachbarn eines Verwandten, dessen tote Katze aus dem Kofferraum gestohlen wurde etc. Ich hoffe, diese Dinge aussortiert zu haben. Und dann sind da die Witze, die ich über die Jahre auf Partys oder bei Lesungen gehört habe. Natürlich hat sie sich irgendwer ausgedacht, aber ihre Urheber bleiben beim Weitererzählen in der Regel unerwähnt.

Bei der Lektüre meiner vierzig Jahre umfassenden Tagebücher ist mir außerdem aufgefallen, dass viele Datierungen falsch sind. Beispielsweise kann es vorkommen, dass es den 1. Oktober 1982 gleich dreimal gibt. Wahrscheinlich weil ich einfach nicht wusste, welches Datum wir hatten. Wenn man keinen Job hat, neigt die Zeit dazu, zu einem diffusen Brei zu zerfließen. In jener Zeit vor der Erfindung des Laptops musste man eine Zeitung oder einen Kalender zur Hand nehmen, um herauszufinden, ob es sich um Mittwoch, den achten, oder Donnerstag, den neunten, handelte. Dazu musste man aufstehen, wozu ich meistens zu faul war und mich aufs Raten verlegte. Ziemlich oft lag ich sogar mit dem Monat falsch.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als bestehe ein durchschnittlicher Tagebucheintrag aus nicht mehr als sieben Sätzen, dabei habe ich tatsächlich sehr viel Zeit mit dem Schreiben über meinen Tag verwendet, gewöhnlich etwa fünfundvierzig Minuten. Wenn nichts Größeres vorgefallen war, schrieb ich über Dinge, die ich in der Zeitung gelesen oder im Radio gehört hatte. Ich bin nicht besonders gut darin, mich über das Wetter auszulassen, habe aber grundsätzlich nichts dagegen. Wenn sonst nichts passiert, kann ich auch einfach aus dem Fenster schauen und die Farbe des Himmels beschreiben. Das führt dann meistens zu anderen Beobachtungen, einem Streit unter Vögeln beispielsweise oder dem Geräusch eines Flugzeugs.

Ab etwa 1979 begann ich damit, meine Einträge zu nummerieren. Eine Gewohnheit, die ich bis heute beibehalten habe.

28. Dezember 2016

Eins. Erst Dezember und schon …

Zwei. Dad rief zu meinem Geburtstag an. »Ich versuche mir vorzustellen, wie es bei dir aussieht«, sagte er. »Gibt es in der Gegend viele Strommasten?«

Drei. Hugh stürmte gestern aus der Küche und ließ mich, Candy, Amy und Ingrid zurück, die gerade eine Geschichte über ihre Mutter erzählte.

Vier. Im Waitrose zufällig Michael begegnet …

Fünf. Carrie Fisher ist gestern gestorben …

Sechs. Hugh kam gerade herein und erzählte …

Die Höhlenmenschen haben das vor der Erfindung des Absatzes so gemacht, und ich weiß auch nicht, warum ich den Text nicht einfach einrücke oder zweimal auf die Leertaste drücke. Als eine weitere altmodische Angewohnheit gehe ich nie ohne ein kleines Notizbuch in meiner Hemdtasche aus dem Haus. Darin notiere ich kurz und knapp all die Dinge, die mir unterwegs auffallen. Am nächsten Morgen sehe ich mir meine Notizen an und suche den bedeutendsten Augenblick des Vortags heraus, an dem ich mich ganz und gar gegenwärtig fühlte. Das kann die Begegnung mit einem alten Freund sein oder auch bloß der Anblick eines Fremden, der mit geschlossenen Augen in ein Sandwich beißt. (Das ist mir neulich erst passiert, und es war absolut fesselnd.)

Hin und wieder schreibe ich etwas auf, das für andere unterhaltsam oder lehrreich sein kann, und diese Notizen hebe ich auf. Schon lange hatte ich vor, irgendwann ein Buch mit Tagebuchaufzeichnungen zu veröffentlichen, aber als der Manuskriptstapel auf über zwanzig Zentimeter anwuchs, entschied ich, dass es sinnvoller wäre, zwei Bände daraus zu machen – wovon der zweite die Jahre 2003 bis 2017 umfassen wird. Ich sollte vielleicht auch erwähnen, dass es sich um meine Textauswahl handelt. Von den grob acht Millionen Wörtern, die ich seit dem 5. September 1977 per Hand oder Maschine in mein Tagebuch geschrieben habe, ist hier nur ein kleiner Teil wiedergegeben. Aus dem gleichen Material hätte man auch ein ganz anderes Buch machen können, das mich als durch und durch bösen, egoistischen, großherzigen oder sogar feinfühligen Menschen zeigen würde. An jedem beliebigen Tag bin ich alles das und noch mehr: dumm, fröhlich, misanthropisch, grausam, aufgeschlossen, kleinlich – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Eine andere und zweifellos genauere Bearbeitung hätte vorausgesetzt, mein Tagebuch jemand anderem zu übergeben, etwas, das mir schlichtweg unvorstellbar erscheint, es sei denn, es handelte sich um einen Journalisten. (Sie gelangen nie über die dritte Seite hinaus, die sie gewöhnlich »die Mitte« nennen, so wie in »Eigentlich wollte ich es vor unserem Gespräch gelesen haben, aber ich bin nur bis zur Mitte gekommen!«)

Abgesehen davon erwarte ich nicht, dass irgendwer alles von Anfang bis Ende liest. Es ist eher die Sorte Buch, die man mal hier und mal dort aufschlägt, wie das College-Jahrbuch eines Freundes oder eine Witzesammlung.

Es war nicht einfach, meine mittlerweile 156 Bände umfassenden Tagebücher noch einmal durchzugehen. Ich habe meine Lektüre auf ein oder zwei Monate pro Tag beschränkt, aber nachdem ich über mich gelesen hatte, musste ich für den Rest des Tages auch noch Ich sein. Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas Anstrengenderes gemacht zu haben. Hugh saß im Zimmer nebenan und hörte mich Dinge rufen wie »Nun halt doch endlich den Mund!« oder »Wen interessiert schon dein bescheuertes Einstecktuch!«

»Mit wem redest du da?«, fragte er.

»Mit mir im Jahr 2001«, antwortete ich.

Zu dem Zeitpunkt sah ich endlich Licht am Ende des Tunnels. Die trostlosesten Jahre waren die Zeit von 1977 bis 1983. Damals schrieb ich mein Tagebuch noch mit der Hand. Die Schrift war winzig klein, und ein typischer Eintrag ging, von Meth befeuert, über mehrere Seiten, eine wuchtige Wand aus Wörtern, und jedes einzelne völliger Schwachsinn. Ich habe davon nur sehr wenig in dieses Buch aufgenommen. Es ist, als würde man einem Irren zuhören. Ein kurzer Eindruck davon genügt.

Der Ton wurde optimistischer, als ich nach Chicago zog, einmal, weil ich jetzt in einer Großstadt war, aber vor allem, weil ich mich dort sehr viel besser fühlte. Endlich hatte ich wahr gemacht, wovon ich seit vielen Jahren geredet hatte: Ich hatte die Stadt verlassen, in der ich groß geworden war. Ich war zurück ans College gegangen und hatte meinen Abschluss gemacht. Noch mehr Grund, mich gut zu fühlen, gab es im Herbst 1990, als ich nach New York zog. Ich schrieb damals nur nachts, entweder volltrunken oder auf dem Weg dorthin. Man würde denken, ich hätte mein Trinken in der Privatheit meines Tagebuchs angesprochen, aber davon ist nur ganz am Rande die Rede. Das bloße Wort »Alkoholiker« aufzuschreiben hätte die Sache real gemacht, weshalb ich die Standpauken von Hugh und einigen hilfreichen Mitgliedern meiner Familie nicht erwähnte.

Ähnlich erging es mir in den Neunzehnsiebzigerjahren mit dem Wort »schwul«. »Oh, bitte«, sagte ich laut zu meinem zwanzigjährigen Alter Ego, während ich in meinen frühen Tagebüchern las. »Wem willst du hier was vormachen?«

Dieses Projekt brachte sämtliche Phasen ans Licht, die ich in all den Jahren durchlaufen habe, und zwar überdeutlich. Oh, wie viel Tinte wurde darüber vergossen, die Telefonnummer von jemandem herauszubekommen, der mir – und das aus gutem Grund – eine falsche gegeben hatte, übers Abnehmen oder über meine Französischhausaufgaben. Später fing ich mit Begeisterung Fliegen und verfütterte sie an Spinnen, und all das führt mich zu der Frage, Was kommt als Nächstes? Der Vergangenheit nach zu urteilen, ist alles möglich: Haare sammeln, eine Nagetierzucht im Keller, wer weiß?

Verblüfft hat mich bei der Lektüre meiner Tagebücher auch, mit wie vielen der Leute, die ich 1980 kannte, ich heute noch befreundet bin. Es ist äußerst schwierig vorherzusagen, welche Freundschaften halten werden und welche sich verlaufen. Oft konnte ich nach einem Umzug die Hälfte der Namen in meinem Adressbuch streichen, darunter viele Leute, von denen ich geglaubt hätte, sie würden mich für den Rest meines Lebens begleiten. Und das nicht, weil wir uns auseinandergelebt hätten. Sie konnten sich einfach nicht dazu aufraffen, eine Briefmarke auf den Umschlag zu kleben. Oder ich konnte es nicht. Mit E-Mail ist heute natürlich alles viel leichter.

Es war interessant, bei der Lektüre der Tagebücher auf Namen von Leuten zu stoßen, die eine bedeutende Rolle für mich spielen sollten, die irgendwann aus dem Nichts auftauchten und mein Leben in neue Bahnen lenkten: Hugh, Jim McManus, Meryl Vladimer, Geoff Kloske, Ira Glass, Andy Ward. Ich hätte gedacht, unsere ersten Begegnungen wären außergewöhnliche Momente gewesen und ich hätte sofort erkannt, dass hier meine Rettung nahte – »Endlich bist du da!« –, aber weit häufiger war es so, dass wir uns bloß die Hand gaben und ich nachher am Schreibtisch saß und überlegte, Wie war noch gleich der Name? Bei Hugh war das anders. An ihn erinnerte ich mich. Und bei den anderen ist es in gewisser Weise auch ermutigend. Man weiß nie, wem man da gerade die Hand schüttelt.

Und dann waren da diejenigen, die inzwischen gestorben sind: meine Mutter, meine Schwester Tiffany, Don Congdon, der unvergleichliche David Rakoff. Wenn ich heute meine Aufzeichnungen über sie lese, verfluche ich mich, dass ich nicht mehr über sie geschrieben habe. Warum habe ich nicht jedes ihrer Worte festgehalten? Und sollte ich mich nicht jetzt endlich sputen, damit ich bei zukünftigen Todesfällen von Freunden oder in der Familie ausreichend Material habe, auf das ich zurückgreifen kann? Aber genau das ist der springende Punkt bei einem Tagebuch. Um sein Leben aufzuzeichnen, muss man es erst einmal leben. Nicht hinterm Schreibtisch, sondern jenseits davon. Draußen in der Welt, die so großartig und chaotisch und schmerzhaft ist, dass man sich manchmal hinsetzen und darüber schreiben muss.

*  Ich glaube übrigens nicht, dass The Wire überschätzt wurde.

1977

5. September 1977

Sacramento, Kalifornien

Ronnie und ich wurden von Lonnie und Tammy mitgenommen, die zum Mount Shasta wollen. Die State Fair ist in der Stadt, und Shari Lewis tritt auf. Wir schliefen im Freien am Ufer des American River.

8. September 1977

Mount Hood, Oregon

Abstecher auf dem Weg nach Yakima. Wir trafen ein Paar namens Pops und Jeannie, die uns morgen früh um sechs zu einer Obstplantage mitnehmen wollen. Pops, der sich selbst als »Obst-Tramp« bezeichnet, meint, Ronnie und ich könnten bis zum Ende der Saison zusammen $300 verdienen.

Wir übernachten auf einem Golfplatz. Ich fühle mich wie immer vor Beginn eines neuen Jobs – nervös.

11. September 1977

Odell, Oregon

Ich frage mich, wie lange drei Minuten sind? Auf dem Holzofen steht ein kleiner Topf mit weich gekochten Eiern. Heute ist Sonntag, unser freier Tag. Es regnet. Ronnie und ich wohnen in einer Blockhütte mit einem durchgelegenen Bett mit Messinggestell, einem Kühlschrank, vier Stühlen, einem Tisch und jeder Menge Holzscheite. Manchmal kommt eine Katze vorbei und ich füttere sie (oder ihn?) mit Hot Dogs. Meine Socken trocknen, der Boden müsste gefegt werden, und das Paar im Wohnwagen nebenan sitzt beim Essen. Heute Morgen habe ich die Frau im Bademantel zum Klohäuschen schlurfen sehen.

Wir arbeiten für einen Mann namens Norm. Seine Freunde nennen ihn Peewee. Es ist so kalt, dass ich meinen Atem sehe. Eicheln prasseln auf unser Dach.

20. Oktober 1977

Vancouver, British Columbia

Nach einem Hotel für $8.50 die Nacht haben Ronnie und ich ein Apartment für uns beide für $30 die Woche gefunden. Ich mache mir Sorgen ums Geld, aber was weg ist, ist weg. Ich habe meine erste Zigarette geraucht. So peinlich es ist, aber einem wird davon schwindlig. Zumindest mir, auf der Davie Street.

25. Oktober 1977

Vancouver

Ich habe jetzt eine schwarze Jacke und eine schwere braune Wollhose, die mir bis über den Nabel reicht und unten an den Knöcheln zugeknöpft wird. Eine kanadische Armeehose? Was Kleidung angeht, braucht mir nur jemand zu sagen, »Das steht Ihnen gut«, und schon kaufe ich es. Als ich nachher glücklich mit meiner neuen Uniform die Straße entlanglief, starrte ein Typ mich an und sagte zu seinem Kumpel: »Was ist das für eine Schwuchtel?«

Im gleichen Moment kam ich mir wie ein Idiot mit bescheuertem Outfit vor. Ronnie und ich fahren morgen weiter. Ich bin froh wegzukommen.

Die Trockner kosten in Kanada 10 Cent für eine Viertelstunde.

26. Oktober 1977

Everett, Washington

Im Beehive Café kostet ein Ei 25 Cent. Bei Denny’s kostet ein Ei $2.

Gestern trampten wir mit zwei Fischern, Ed und Reilly. Anschließend wurden wir von Mark mitgenommen, der uns in seinem Wohnwagen übernachten ließ. Um sechs Uhr früh sprang er nackt in den Wohnraum und sagte: »Auf geht’s!«

Er befand sich auf der Rückfahrt vom Klassentreffen seiner Highschool. Er hat dort in der Kapelle mitgespielt.

27. Oktober 1977

Blaine, Oregon

Irgendein Arschloch blieb gestern Abend stehen, zeigte auf Ronnie und sagte: »Ich nehme das Mädchen.«

29. Oktober 1977

Portland, Oregon

Ronnie und ich sind im Broadway Hotel untergekommen, einer billigen und deprimierenden Absteige. Beängstigend. Es gibt echte Armut und funky Armut. Das hier ist die echte Sorte. Die Lobby ist voll von sterbenden alten Leuten, Krüppeln und einem Mädchen, das einen Hamburger nach dem anderen aß und sich auf jeden Bissen Ketchup spritzte. Die Toiletten befinden sich am Ende des Flurs. Auf unserem Teppich sind Kotzflecken. Wir haben einen zerfetzten Küchenstuhl und ein widerliches Bett. Im ersten Stock riecht es nach Doughnuts, aber bei uns stinkt es nach Kotze und Pisse. Unsere Zimmernachbarn, allesamt Penner und Gestrandete, sind diejenigen, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben.

6. November 1977

San Francisco, Kalifornien

Ich habe zu Hause angerufen und mit Mom gesprochen. Es war schön, ihre Stimme zu hören, und ich wollte nicht wieder auflegen. Sie sagte, Paul sei gekränkt, weil ich ihm nicht geschrieben habe, dabei habe ich das erst vor ein paar Tagen gemacht.

9. November 1977

Bakersfield, Kalifornien

Endlich haben wir es bis Bakersfield geschafft. Die Landschaft ist flach und voller struppiger Büsche. Ein Typ namens Doug nahm uns ein gutes Stück mit und erzählte uns von seinem Cousin, der niedergestochen wurde.

Gestern Nacht, als wir in unseren Schlafsäcken auf einer Weide lagen und zu den Sternen hinaufsahen, habe ich mein Herz ausgeschüttet und Dinge gesagt, die ich kaum mir selbst einzugestehen wagte. Aber es fühlte sich gut an und ganz und gar nicht so hoffnungslos, wie ich befürchtet hatte. Alles das steckte schon viel zu lange in mir drin.

11. November 1977

Kingman, Arizona

Gestern Nacht krochen wir zum Schlafen in das trockene, sandige Flussbett neben der Texaco-Tankstelle gegenüber der Liberty Bell Lounge. Die Luft ist warm, und wir warten auf Al, den Apachen, der uns vom Hoover-Damm gerettet hat. Ronnie und ich hingen für Stunden da rum. Einmal hielt ein Polizist und sagte, das sei ein ungünstiger Platz zum Trampen. Ach ja?

Es wurde dunkel. Um einen Schlafplatz zu finden, mussten wir über lauter scharfkantige Felsen klettern. Neben dem Cola-Automaten am Mead-Lake-Aussichtspunkt aßen wir eine Dose Kidneybohnen. Ich weiß nicht mehr, von welcher Firma. Kein Kleingeld, also keine Cola. Dann hielten Al und Phil an. Ihr Wagen war bis oben hin bepackt, aber Al sagte, er könne es nicht ertragen, jemanden an einem so gottverlassenen Ort gestrandet zu sehen. Sie verbrachten die Nacht im B&R Motel, versprachen aber, uns am nächsten Morgen abzuholen und mit nach Phoenix zu nehmen.

Vor ein paar Tagen sagte jemand, »Was auch immer ihr macht, bleibt bloß nicht in Kingman hängen«, aber Phil meint, »Man soll nicht alles glauben, was man hört, und nur die Hälfte von dem, was man sieht.«

12. November 1977

Tuscon, Arizona

In Tuscon treiben sich jede Menge älterer Tramper herum. Im Pissoir traf ich Jimmy Buck. Er bot uns eine Fahrt nach Texas an – knapp eintausend Kilometer –, wenn wir ihm helfen würden, einen Lkw mit Trauben zu entladen. Das taten wir und sind nun unterwegs.

16. November 1977

Temple, Texas

Zivilisation heißt, nicht fünf Stunden auf die nächste Mitfahrgelegenheit warten zu müssen. Round Rock ist zivilisiert, Austin auch, aber bei Temple bin ich mir nicht so sicher.

Gleich nachdem ich das aufgeschrieben hatte, hielt ein Scientologe in einem Rambler an, ein Wandmaler aus Dallas. Ein netter Typ. Ronnie ließ nachher ihre Gitarre im Wagen liegen. Tschüss, Gitarre. Der Scientologe hörte Kassetten beim Fahren. Wir rauchten Gras. In Austin wurden wir von einem Alkoholiker mitgenommen. Er war schon viermal wegen Trunkenheit am Steuer im Gefängnis. »LMAA«, sagte er, »Leck mich am Arsch.« Er sagte, im Augenblick wäre er nicht betrunken, aber wenn er jetzt pusten müsste, würden sie ihn garantiert wieder einbuchten.

21. November 1977

West Virginia?

Ronnie und ich haben uns in Cullowhee getrennt. Sie ist unterwegs nach Raleigh, während ich unter einer Autobahnbrücke darauf warte, dass der Regen aufhört. Schon mehrmals haben heute Fahrer angehalten und sind dann lachend weitergefahren, wenn ich mich dankbar und erleichtert ihrem Wagen näherte. Hier unten gibt es jede Menge toter Vögel. Ich fühle mich kribbelig.

23. November 1977

Kent, Ohio

Ich bin gestern Nachmittag hier angekommen. Dann haben Todd und ich je drei Zuckerwürfel mit Acid eingeworfen. Zu viel. Es war ein echt beschissener Trip, der reinste Horror, und hätte ausgereicht, sich zum Christentum zu bekehren. Ich bin seit zwei Tagen auf den Beinen.

Beim Trampen von Cullowhee hierher bin ich zum ersten Mal ins falsche Auto gestiegen – zu einem Fünfunddreißigjährigen mit Flaggenstickern auf der Windschutzscheibe seines Pick-ups. Ray T. war sein Name. Er lud mich in Knoxville ein und sagte, er würde mich gut sechzig Kilometer weit mitnehmen. Zuerst spielte er drei Stunden lang Billard und trank Bier. Ich saß draußen in einem Schaukelstuhl und rauchte einen Joint. Ich hätte verschwinden sollen, aber der Highway war gottverlassen. Kein Auto weit und breit, und bis zur nächsten Interstate waren es dreißig Kilometer.

Als Ray T. aus der Bar kam, torkelte er und konnte nicht mehr klar reden. Ich beschloss, an der nächsten belebten Straße auszusteigen, schließlich fährt niemand gerne mit einem Betrunkenen. Es war schwierig, seiner Unterhaltung zu folgen, und alle paar Kilometer hielt er an, um zu pinkeln oder eine Zigarette zu rauchen. Zwischendurch entdeckte er zwei Anhalterinnen am Straßenrand und brachte sie bis vor ihre Haustür. Dann aß er einen Cheeseburger. Es fing wieder an zu regnen. Als wir die Interstate erreichten, sagte ich: »Sie können mich hier rauslassen.«

Er weigerte sich und sagte, er könne mich unmöglich bei diesem Wetter trampen lassen. Stattdessen sollte ich die Nacht mit ihm verbringen. Er war betrunken und grölte: »Ray T. bekommt immer, was er will, und genau das will ich.«

Ich bat ihn erneut, mich aussteigen zu lassen, doch wieder lehnte er ab. Dann begann er mir Fragen zu stellen. »Wann hast du dir zuletzt einen runtergeholt? Kriegst du schon mal einen Steifen, wenn du bloß dran denkst?« Er forderte mich auf, näher zu ihm zu rücken, und als ich mich weigerte, packte er mich, zerrte mich zu sich und steckte seine Hand in meine Hose. Ich hatte Angst. Es war spät, es regnete, und er fuhr schnell und war betrunken. Wenn ich ihn schlug oder mich ihm zu entwinden versuchte, würden wir womöglich einen Unfall bauen. Ich war verängstigt und beschämt. Als er in eine schmalere Straße einbog, riss ich die Tür auf und sprang raus. Er hielt an, und ich schnappte meinen nassen Rucksack von der Ladefläche und rannte davon.

Es war kalt, und ich hörte, wie er hinter mir herrannte. Dann ging er zu seinem Wagen zurück, und als ich ihn in meine Richtung fahren sah, versteckte ich mich. Nachdem er weggefahren war, drehte ich mich um, rannte zur Interstate und fuchtelte wild mit den Armen. Wenige Minuten später hielten drei Arschlöcher an und nahmen mich mit nach Cincinnati. Sie kamen aus Illinois und warfen Dosen aus dem Fenster. Einer sagte, Nigger sollten immer noch Sklaven sein. Ich dachte nur, Au Mann, was für ein Tag.

1. Dezember 1977

West Virginia

Ich sitze in einer Fischbude und trinke Kaffee. Ich muss zurück nach Raleigh, aber bislang sind die Mitfahrgelegenheiten spärlich. Ich habe einen Joint und $3. Ich erinnere mich, wie entsetzt ich war, als David Larson mit einem Dollar in der Tasche nach North Carolina trampte, und jetzt brauche ich mich nur selbst anzusehen. Ich brach heute früh mit einem Keramikschwein auf, ließ es aber später liegen, als mir die Schlepperei zu lästig wurde.

15. Dezember 1977

Chapel Hill, North Carolina

Ich habe heute einen Job gefunden, so wie ich es mir vorgenommen hatte. Für drei Dollar die Stunde spüle ich Geschirr im Carolina Coffee Shop.

1978

13. Januar 1978

Chapel Hill

1.  Mir ist kalt.

2.  Mir ist langweilig.

3.  Ich habe ein volles Glas Ginger Ale auf den Boden gekippt und habe nichts, womit ich es aufwischen könnte.

4.  Ich bin beim Lebensmittelhändler gewesen und habe $5.37 für totalen Scheiß ausgegeben.

5.  Ich habe auf meiner Kochplatte Bohnen und Würstchen heiß gemacht, bis es ein einziger matschiger Brei war.

6.  Ich möchte zur Schule gehen.

7.  Mein Radio ist defekt, nachdem ich darauf eingeschlafenbin.

23. Februar 1978

Chapel Hill

Ich bin total frustriert und kann nichts dagegen machen. Nichts, worauf ich zurückgreifen könnte, und nichts, worauf ich mich freuen könnte.

? 1978

Raleigh, North Carolina

Gestern Abend wurde ich von Dad kalt erwischt, als er mich bat, fortzugehen und nicht wiederzukommen. Wir schaffen es einfach nicht, miteinander zu reden. Ich warf ihm üble Dinge an den Kopf, und er sagte, er wolle mich ersticken. Ich weinte und bin froh darüber. Gretchen sagt, die drei besten Gelegenheiten für eine Zigarette sind:

1.  nach dem Essen

2.  nach dem Sex

3.  wenn man geweint hat

Seit ich mit dem Rauchen angefangen habe, hatte ich nicht mehr geweint, und sie hatte recht – es war eine großartige Zigarette. Danach weinte Gretchen. Sie steht mir immer bei. Was würde ich nur ohne sie machen? Mom weinte auch, und Lisa. Alle weinten, bis auf Dad. Jetzt sagt er, er wolle Donnerstagabend mit mir reden. Ich vermute, es wird dabei um Selbstachtung gehen.

19. April 1978

Chapel Hill

Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah Ah

14. Juni 1978

Atlantic Beach, North Carolina

Aufgeschnappt:

»Ich habe immer geglaubt, nahe bei Gott zu sein, aber dort oben im Gebirge war ich ihm tatsächlich noch näher.«

»Wenn das Sozialamt diesen Niggern eine Limousine finanziert, dann können sie einem armen weißen Kind auch ein Pferd kaufen.«

23. Juni 1978

Chapel Hill

Ich habe $211, und das ergibt absolut keinen Sinn.

6. September 1978

Odell

Endlich bin ich wieder in Odell. Diesmal im Wohnwagen anstatt in der Blockhütte. Aufgestiegen? Norm beginnt viele Sätze mit den Worten »Ein Typ sollte …« Er erzählte mir, die Kirschernte sei gut gewesen und sein Hund Ringo sei gestorben. In fünf Tagen beginnt die Apfelernte.

10. September 1978

Odell

Ich habe den Boden meines Wohnwagens mit Industriereiniger geschrubbt und dabei Radio gehört, vor allem Countrymusic. Mit Rodrigo gesprochen, der das Wort comebackir in der Bedeutung des englischen Verbs »to come back« benutzt. Nosotros comebackamos. »Wir kommen zurück.«

13. September 1978

Odell

Die Apfelernte hat begonnen. Apple Betty, die mir zugelaufene Katze, frisst einen Teebeutel, und ich bin zu müde, ihn ihr wegzunehmen.

18. September 1978

Odell

Norm kam ziemlich betrunken vorbei. Wir rauchen beide Menthol-Zigaretten.

Er hält einem gerne Vorträge über die Landwirtschaft. Er sagt immer: »Verdammt noch mal, Dave …« »Verdammt noch mal, Dave, du solltest im Sommer zum Wandern und Zelten herkommen.«

Er vertraut meinen Pflückkünsten, auch wenn ich ziemlich viel fallen lasse und manchmal Zweige abbreche. Zweige zu knicken wird als abholzen bezeichnet. Wildern bedeutet, das tief hängende Obst am Baum eines anderen zu pflücken. Norm sagt dazu Erntehelfer-Taktik.

22. September 1978

Odell

Heute haben wir mit der Ernte der Boscs-Flaschenbirne begonnen, nur ich und Jesus. Norm hat alle anderen gefeuert, ausschließlich Mexikaner. Sie haben abends noch ein wenig gefeiert, im Licht ihrer Autoscheinwerfer und zur Musik aus dem Radio. Heute Morgen erschienen sie zur spät zur Arbeit, und das war’s dann – alle gefeuert.

Heute Abend war ich im Lebensmittelgeschäft. Ich musste $6.50 zahlen und hatte gerade einmal $1 in der Tasche.

26. September 1978

Odell

Während des Pflückens heute dachte ich über die Todesstrafe, Alaska, Eudora Welty und Blindheit nach.

Wenn man mit den Leuten redet, bekommt man alles, was man will.

Den Bee Gees kann man einfach nicht entkommen, weder im Radio noch an der Jukebox.

Ich war schon einmal nahe dran, Farrah Fawcett wegen Eindringens in die Privatsphäre zu verklagen. Es verging kaum ein Tag, an dem sie mir nicht auf einem Zeitschriftencover, einer Werbung oder einem Poster begegnete. Sie zerstörte mein Leben, aber inzwischen ist sie okay.

Ronnie war die erste Person in meinem Bekanntenkreis, die nicht mehr zu Hause lebte. Damals in Cullowhee sahen wir meinen Lieblingsfilm im Kino, Der Tag der Heuschrecke. Der Mann an der Kasse gab uns einen Preisnachlass und sagte: »Für einen Film ohne Handlung kann ich nicht den vollen Preis nehmen!«

28. September 1978

Odell

1951 arbeitete Norm in einem Sägewerk und bekam von einem Typen namens Barney Bailey den Spitznamen Peewee verpasst. Heute nennt ihn jeder so. Barney Bailey nennt seine Frau Buffalo Grass. Buffalo Grass Bailey. Nachdem wir die letzte Kiste Birnen gefüllt hatten, tranken Norm, Jesus und ich Bier. Ich habe in dieser Saison $211.24 verdient. In Raleigh habe ich noch $150 Rücklagen. Das macht zusammen $361.24.

Ich bin zuversichtlich, dass sich alles zum Guten wenden wird und ich eines Tages mit dem abgezählten Geld in New York City an der Bushaltestelle sitzen werde.

29. September 1978

Odell

Ich trampte zur Arbeitsvermittlung in Hood River und redete mit einer Frau namens Sylvia. Sie schickt mich zu einem Obst-Verpackungsbetrieb – $3,41 die Stunde, um die faulen von den guten Äpfeln zu trennen. Sie sagte: »Ich muss Sie allerdings warnen, das ist sterbenslangweilig.« Die Schichten sind von vier Uhr nachmittags bis Mitternacht.

1. Oktober 1978

Newport, Oregon

Von Hood River aus wurde ich von einem Mann namens John mitgenommen, der mir anbot, für ihn Jade zu schleifen und zu polieren und die Steine auf den Kunstgewerbemärkten in Portland zu verkaufen. Außerdem könnte ich seinen Pool reinigen, ihm beim Bau seines Segelboots zur Hand gehen und Solarzellen auf seinem Dach installieren. Während der Fahrt sagte er unter anderem:

1.  »Du hast nicht gelebt, bevor du nicht gesegelt bist.«

2.  »Ich habe mir eine Überdachung draufsetzen lassen.«

3.  »Es kommt der Tag, da will man heiraten.«

4.  »Ich habe zwei Holzbeine.«

Er hat mich für Dienstagmorgen in seine Werkstatt eingeladen.

2. Oktober 1978

Odell

Gestern war einer dieser schwarzen Tage fürs Trampen. Ich brauchte fast dreizehn Stunden von Teds Haus in Newport bis nach Hause, einen Großteil davon zu Fuß. Als Erstes wurde ich von einem katholischen Priester mitgenommen. Er trug sein Messgewand und hatte ein Gewehr auf dem Rücksitz liegen. Als ich später abseits der Straße pinkelte, entdeckte ich im Wald uneingeschweißte schwule Sexmagazine im Wert von $14,50. Was lässt sich aus den Bildern schließen? Ich glaube, sämtliche der abgebildeten Typen haben irgendwann schon mal gesessen. Sie sind alle dürr und haben picklige Haut, und es ist ziemlich eindeutig, dass sie nicht viel Spaß an der Sache haben.

3. Oktober 1978

Odell

Ich war bei John und habe seine Künstlerwerkstatt gesehen. Er hat mir sämtliche Werkzeuge erklärt und vorgeschlagen, mich mit Weihnachtsgeschenken zu bezahlen. Wenn er einen Pool, zwei Autos, zwei Streamline-Wohnanhänger und ein Haus mit zwei offenen Kaminen besitzt, kann er mich auch mit echtem Geld bezahlen. Ich glaube, seine Frau mag mich nicht besonders. Christen sind seltsame Menschen.

Um vier ging ich zur Verpackungsfirma. Die Sortiermaschine ist kaputt, deshalb geht es erst am Donnerstag los.

4. Oktober 1978

Odell

John möchte, dass ich mit ihm und seiner Familie am Wochenende in den Gottesdienst gehe. Er sagt, mein Leben sei leer, aber das stimmt nicht ganz, denn ich habe heute etwas Gras gekauft.

5. Oktober 1978

Odell

Nach der Hälfte meines ersten Arbeitstags bei der Verpackungsfirma wurde mir klar, dass der Job langweiliger ist, als ich mir je hätte träumen lassen. Ich pflücke Blätter von Birnen ab und werfe sie auf einen feuchten, ständig wachsenden Haufen. Alle Arbeiter tragen Plastikhandschuhe und stieren ausdruckslos in die Gegend. Im Pausenraum unterhalten sich die Frauen über das Einmachen der Früchte in ihrem Garten.

12. Oktober 1978

Odell

Ich bin jetzt ein Teamster, Mitgliedsnummer 607. Ich hatte keine Wahl. Ich fragte die Frauen am Förderband, worum es genau geht, aber keine konnte es mir vernünftig erklären. Die Aufnahmegebühr beträgt $25; der Monatsbeitrag $12,50. Man hat Anspruch auf freie medizinische und zahnärztliche Versorgung, aber erst nach drei Jahren, doch bis dahin ist man längst wahnsinnig geworden.

16. Oktober 1978

Odell

Nachdem ich meine Aufnahmegebühr und den ersten Monatsbeitrag gezahlt hatte, reduzierte Duckwall-Pooley die Zahl der Nachtarbeiter. Die sechzehn Jobs am Sortierband gingen an die, die am längsten dabei sind, also bin ich bis mindestens Mitte November arbeitslos und werde von Johns zwei Dollar pro Stunde leben müssen.

Auf dem Nachhauseweg traf ich einen sturzbetrunkenen Mexikaner, dessen Auto im Graben lag. Es war Jesus’ Bruder, und weil ich mir nicht anders zu helfen wusste, nahm ich ihn mit zu meinem Wohnwagen. Ich kramte mein Spanisch aus der Highschool hervor, und wir unterhielten uns bis vier Uhr früh. Jetzt ist es sieben. Ich sitze in Scottys Café, und er schläft in meinem Bett.

Nach meiner Entlassung mache ich mir ernste Geldsorgen. Zwei Fabrikarbeiter erzählten mir von einem Job als Champignonpflücker unter der Erde mit einem Grubenhelm auf dem Kopf. Bei John weiß ich nicht so recht, woran ich bin. Sonntag nahm er mich mit zur Kirche. Die Leute wiegten sich in ihren Reihen hin und her und priesen laut Seinen Namen. Anschließend war ich bei ihm zu Hause zum Mittagessen. Sie verbieten ihren Kindern, an Halloween von Tür zu Tür zu gehen. Auf dem Nachhauseweg erzählte er mir, wie er seine Beine verloren hat. Dann schnallte er eins ab und zeigte mir den Stumpf, der mich an einen abgenagten Hähnchenflügel erinnerte.

17. Oktober 1978

Odell

Heute sind meine Schuhe doppelt so schwer. Außerdem sind sie grün. Alles ist grün von dem Chromoxid, mit dem ich Johns Jade poliere. Mein Ohrinneres ist grün, genau wie mein Rotz.

John hat einen viereinhalb mal viereinhalb Meter großen Jadeklotz, der ursprünglich General Perón aus Argentinien gehörte und für eine Statue seiner Frau Eva bestimmt war. John sagt, der Stein sei $100 000 wert. Abzüglich der $14, die er mir heute für das Polieren einiger dünner Splitter des Steins bezahlt hat.

30. Oktober 1978

Odell

Sylvia aus der Arbeitsvermittlung hat mich zum Essen mit ihrer Familie eingeladen. Jeder aß etwas anderes: ihr Mann Hackbraten, ihr Enkel ein Schweinekotelett, ich einen Hamburger und sie Hüttenkäse. Sie spielte die Musik von Anatevka und tanzte dazu durch die Küche. Was für eine entzückende Frau.

John taten heute bei der Arbeit die Beine weh, also nahm er sie ab und kurvte im Rollstuhl durch die Werkstatt. Er war bei der Handelsmarine. Inzwischen soll die Fabrik wieder Arbeiter einstellen.

31. Oktober 1978

Odell

Ich gab einem Typen bei der Fabrik meine Adresse, und gestern Abend kam er vorbei. Tom hat auf der Schulter eine Rose und auf dem Unterarm zwei Herzen tätowiert. Wir gingen zu dem Wohnwagen, in dem er mit seiner Mutter lebt, und irgendwann werde ich vielleicht davon schreiben, was dort passiert ist. Im Moment möchte ich einfach nur in einen Bus nach Kent steigen. Ich möchte bei meinen Freunden sein, anstatt mit John in die Kirche zu gehen oder mir Toms Dildosammlung anzuschauen. Die Entscheidung liegt bei mir. In einer Woche könnte ich in Ohio sein oder ich könnte immer noch hier sein.

9. November 1978

Odell

Tom kam stinkwütend zu mir. »Ich dachte, wir wären Freunde«, sagte er. Dann sagte er, Freunde hätten Sex, egal, ob ich das wollte oder nicht. Ich sollte es einfach deshalb tun, weil er es wolle. Bevor er ging, sagte er noch, ich würde nie jemanden zum Lieben finden.

Zum Teufel mit ihm. Ich spare mich bis zur Hochzeit auf.

Meine Verwirrung scheint jeden Tag größer zu werden. Manchmal denke ich, dass es in Chapel Hill oder Kent besser war, wo man sich einfach nur zudröhnen und rumhängen konnte.

Außerdem ist es hier so arschkalt, dass man bloß vor dem Heizlüfter sitzen kann. Im Augenblick trage ich lange Unterwäsche, ein Flanellhemd, eine Pyjamajacke, einen Pullover, eine Jacke, einen Mantel und eine Mütze. Drinnen.

Später:

Ich habe noch einen zweiten Heizlüfter eingestöpselt. Nach zwei Minuten flog die Sicherung raus. Dann war es wieder eisig und obendrein stockdunkel. Ich versuchte zu weinen, aber es kamen keine Tränen, also hustete ich.

Heute Morgen hat Norm die Sicherung repariert, und ich habe verschärft daran gearbeitet, meinen Wohnwagen winterfest zu machen.

30. November 1978

Odell

John hat in seiner Werkstatt ein Schild mit der Aufschrift JESUS IST HIER DER HERR aufgehängt. Die gute Nachricht ist, dass ich am Montag wieder bei Duckwall-Pooley anfangen kann. Zwei Wochen später sitze ich im Bus nach Hause.

5. Dezember 1978

Odell

Ich pflücke nicht mehr Blätter von Äpfeln und Birnen. Ich bin jetzt bei der Kistenreparatur. Meine Hände sehen aus wie blutige Fetzen. Ich schleppe, staple und nagle die 150 Pfund schweren Kisten zusammen, in denen das Obst angeliefert wird. Wenn es nichts zu tun gibt, muss ich nicht so tun, als wäre ich beschäftigt. Es ist beschämend, immer geschäftig tun zu müssen.

Ich bin in letzter Zeit viel mit Mexikanern im Auto gefahren, besonders mit jungen Leuten. Es ist so schwer, das alles im Moment richtig einzuordnen. In ein paar Jahren werde ich vielleicht aus diesem Herbst in Oregon schlau werden. Das hier sind bloß Notizen. Dann jedoch werde ich sehnsüchtig darauf zurückblicken.

16. Dezember 1978

Odell

Ich habe alle meine Bücher aus der Leihbücherei zurückgebracht und der Plantagen-Katze zu Weihnachten eine große Dose Hundefutter gekauft. Meine letzte Fahrt von der Arbeit nach Hause war im Wagen eines Mautkassierers der Bridge of the Gods. Er sah aus wie eine Kasperlpuppe und sagte, im Sommer mache sich der Job bezahlt, weil die jungen Frauen dann knapp bekleidet seien und man nie zu alt sei, einen Blick zu riskieren. John fragte, ob ich für ihn ein Päckchen nach Cheyenne mitnähme, überlegte es sich dann aber anders. Das war’s dann. Als Nächstes werde ich in meinem Bett in Raleigh schlafen.

1979

1. Januar 1979

Raleigh

Am Silvesterabend haben Ronnies Freund Avi und ich mit Valium auf die Straße geschrieben. Später sind wir bei seiner Freundin Julia gewesen. Sie hat einen Rotkardinal im Kühlschrank. Ich habe ihn selbst gesehen.

18. Januar 1979

Raleigh

Ich habe einige Tage im Empire gearbeitet (mein neuer Name für Moms und Dads Mietshäuser). Heute hat Mom geholfen, und wir haben uns über Schulgebete unterhalten. Sie ist Agnostikerin. Die Phil Donahue Show hat sie zum Nachdenken gebracht. Heute sagte sie: »Das Frauenbild in der Bibel ist das Allerletzte.«

19. Januar 1979

Raleigh

Amy geht babysitten und stöbert in den Häusern nach Sexmagazinen, die sie mit nach Hause bringt. Sie ist einfach göttlich für ihr Alter (siebzehn). Als ich heute die Einfahrt freischaufelte, fragte sie, was ich für das schweinischste Wort halte. Ich sagte Fotze. Ihres ist Fickgesicht. Sie sagte, sie bekomme eine Gänsehaut, wenn sie es höre. Vor ein paar Tagen waren wir in Midnight Express. Während der Folterszenen wand sie sich auf ihrem Sitz und rief laut: »Scheiße, oh, Scheiße.«

20. Januar 1979

Raleigh

Heute traf ich Eduardo, einen achtundzwanzigjährigen Costa Ricaner, der jetzt in Raleigh lebt, und ging mit ihm nach Hause. Es ist witzig, die Wohnungen anderer Leute zu sehen. Eduardo hat jede Menge Schwarzlichtposter an den Wänden. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas tun würde – mit einem Fremden mitzugehen –, aber es ist okay, wenn es der richtige Fremde ist.

24. Januar 1979

Raleigh

Zum x-ten Mal schwöre ich, die Finger von Drogen zu lassen. Lili und ich haben Acid eingeworfen und uns anschließend das Zahnfleisch mit Methylendianilin eingerieben. In ihrer Wohnung habe ich mich großartig gefühlt. Nachher sind wir zu einer Dinnerparty gegangen und haben anschließend Pink Flamingos gesehen. Danach wieder zurück zu ihr, wo ich gebetet habe, bis ich einschlief. Lektion: Nimm niemals Acid an einem Ort, an dem du nicht sein willst.

29. Januar 1979

Raleigh

Heute habe ich im Empire an Gloria Pennys Abflussrohr gearbeitet. Ihr ganzer Garten war verdreckt mit Scheißklumpen und grünem Toilettenpapier.

An aktuellen Ereignissen hat ein Sechzehnjähriger in San Diego auf dem Pausenhof einer Grundschule mit einer M16 und 250 Schuss Munition das Feuer eröffnet. Der Papst ist in Mexiko.

1. März 1979

Raleigh

Ich bin deprimiert, weil ich $75 von meinem Sparkonto abgehoben habe. Ich habe dieses Sparbuch seit 1966 und bin erst auf der dritten Seite!

8. März 1979

New York, New York

Überall in der Stadt hängen Plakate mit der Aufschrift

Ärztliche Warnung:

Tödliche Krankheit.

Aussatzerkrankung.

Halten Sie sich fern von

Frauen auf der Straße

Männer wurden

von Frauen auf der Straße

mit Aussatz

und Tuberkulose infiziert.

Sie gefährden sich

und Ihre Familie mit

einer tödlichen Krankheit.

Halten Sie sich fern von

Frauen auf der Straße

oder Sie landen auf einer Pflegestation

und leiden bis an Ihr Lebensende entsetzlich

an Tuberkulose und Aussatz.

11. März 1979

Raleigh

Auf der Rückfahrt von New York besuchten wir Edith’s Shopping Bag in Baltimore und holten uns ein Autogramm von Edie Massey. Sie hat in Pink Flamingos und Female Trouble mitgespielt und tritt auch in Polyester auf, der noch nicht angelaufen ist. Ich kaufte ein Magazin und Lil einen Button. Als wir Edie sagten, sie sehe gut aus, zog sie ihr prächtiges Haar vom Kopf und kreischte, »Das ist eine Perücke.«

Die Leute auf der Straße waren alle alt und ungepflegt und sahen aus, als wären sie unterwegs zu einem Sexshop.

28. März 1979

Raleigh

Ich habe einen Job gefunden. Heute werde ich zum ersten Mal seit Dezember richtig arbeiten. Ich habe eine Anstellung als Kellner in einem kleinen Restaurant namens Breakfast House neben dem Arthur Murray Dance Studio und bin um fünf Uhr früh aufgestanden. Als ich das letzte Mal um fünf wach war, hatte ich die Nacht durchgemacht.

29. März 1979

Raleigh

Die Leute bei meinem Job sind alle sehr freundlich. Besonders Mary, die Köchin. Ich habe $13 Trinkgeld verdient, größtenteils Dimes und Quarters.

Gestern hat es im Kernkraftwerk von Three Mile Island einen Unfall gegeben, über den viel geredet wurde.

16. April 1979

Raleigh

Dad über Freundschaft: »Klar, es gibt nette Leute. Richtig nette Leute. Nett wie Fußmatten, auf denen die anderen sich die Füße abtreten.«

3. Mai 1979

Raleigh

Ich habe Ärger mit Lisas Vermieterin Cleo. Gestern Abend kam D. mit einem Freund zu Besuch. Sie machten Lärm im Treppenhaus. Cleo wurde davon wach, rief mich an und sagte: »Hör zu, Andrew. Das geht so nicht.«

»Tut mir leid«, sagte ich. »Es kommt nicht–«

»Das geht so einfach nicht.«

Ich hoffe, ich habe Lisa jetzt nicht vor die Tür gesetzt. Sie ist zwar jeden Abend bei Bob, aber es ist dennoch ihre Wohnung. Die anderen Mieter sind alle alt und regen sich über alles auf. Sie erinnern mich an Mrs Covington, die jeden Tag ins Breakfast House kommt. Sie beschwert sich, wenn ich ihre Kaffeetasse nicht randvoll mache, und wenn ich es mache, beschwert sie sich, sie sei zu voll.

Ich habe also Ärger und muss bis nächsten Freitag eine Wohnung finden.

7. Mai 1979

Raleigh

Ronnie und ich haben uns den ganzen Tag Wohnungen angeschaut. Die beste ist in einem Haus gleich neben dem International House of Pancakes (IHOP), mit Kamin, einer verglasten Veranda, die ich als Schlafzimmer nutzen kann, einem Wohnzimmer und einer kleinen Küche. Die Badewanne ist allerdings winzig.

Wir redeten mit einem Hausbesitzer auf der Ashe Ave. Er sagte, er würde an mich vermieten, wenn ich:

1.  kein Atheist sei

2.  nicht »zechte«

3.  kein Haschisch rauchte

4.  keine Partys feierte (für jeden »Knaben«, den ich einlade, sind $50 Strafe fällig)

5.  ich keine schwarzen Freunde habe

6.  meine Freunde nicht irgendwelchen Fanatikern wie der NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) angehörten, die uns Weiße als honkies bezeichnen

7.  ich nicht schwanger werde (unverheiratete schwangere Frauen setzt er vor die Tür)

Das alles sagte er mit vollem Ernst, und nachher schenkte Ronnie mir eine von ihren Hosen.

12. Mai 1979

Raleigh

Gestern bin ich in meine neue Wohnung neben dem IHOP gezogen. Sie ist größer, als ich zunächst gedacht hatte. Sie fühlt sich angenehm und leer an, und nachdem ich drin war, nahm ich etwas LSD – nicht genug, um Gott zu sehen, und nicht genug, um zu viel zu denken.

17. Mai 1979

Raleigh

Benzin kostet in vier Bundesstaaten mehr als $1 pro Gallone. Ich würde gerne an einer Tankstelle arbeiten, um die Leute meckern zu hören. Das Leben in meiner Wohnung gefällt mir. Ich benutze mein Bügelbrett als Küchentisch.

21. Mai 1979

Raleigh

Nell Styron ist die Wirtin im Upstairs Restaurant. Heute habe ich sie zum ersten Mal ohne Schleife im Haar gesehen. Ronnie und ich haben nachmittags dort gegessen. Wir hatten etwas Acid eingeworfen und wegen seiner hübschen Farbe Borscht bestellt. Ich habe in letzter Zeit Angst, sie könnte verletzt oder getötet werden. Was würde ich ohne sie machen?

24. Mai 1979

Raleigh

Etwas Grausames:

Gestern fing ich eine Wespe und sperrte sie im Wohnzimmer in ein Marmeladenglas. Später legte ich noch eine tote Biene hinzu, und die Wespe fraß sie. Gestern Abend goss ich etwas Ginger Ale und Badezimmerreiniger hinzu. Die Wespe rollte auf den Rücken, strampelte mit den Beinen und war einige Minuten später tot. Danach fühlte ich mich richtig schlecht. Viele Menschen töten Wespen, aber ich hatte sie gequält. Andererseits war sie ziemlich groß, und ich dachte, entweder sie oder ich.

Ich strenge mich an, vor zehn Uhr abends kein Gras zu rauchen, aber wenn es vor meiner Nase liegt, vergesse ich, wie elendig ich mich danach fühle. Mir wird schlecht, und ich bewege mich weniger. Abends jedoch nehme ich ein Bad und höre Radio. Abends ist es großartig.

1. Juni 1979

Raleigh

Unterhaltungen am Arbeitsplatz:

Ich: Bist du Italiener?

Italiener: Mach deine Arbeit und kümmere dich um deinen eigenen Dreck.

3. Juni 1979

Raleigh

Gespräch, das ich im IHOP aufgeschnappt habe:

Frau: Entschuldigung, darf ich mich einen Moment zu Ihnen setzen?

Billy (der blind ist und keine dunkle Brille trägt): Ja doch, Ma’am.

Frau: Sie können mich nicht sehen. Ich bin bloß eine alte Frau, die Sie um einen Gefallen bitten möchte.

Billy: Ja?

Frau: Ich möchte Ihre Mahlzeit bezahlen. Ich bin aus Durham.

Billy: Haben Sie Ihr ganzes Leben in Durham verbracht?

Frau: Ja, mein Mann ist unerwartet verstorben. Hier ist ein Zehn-Dollar-Schein.

Billy: Ich bin von Geburt an blind.

Frau: Vertrauen Sie dem Herrn, Er ist unser Heil.

Billy: Ja, unser Heil.

Frau: Ja.

Billy: Ja.

Frau: Haben Sie gefragt, wie alt ich bin?

Billy: Nein.

Frau: Nun denn, Gott schütze Sie.

Billy: Ja, Sie auch.

6. Juni 1979

Raleigh

Ein Witz, den Jane mir bei der Arbeit erzählt hat:

Mann zu einer Frau, die er gerade gevögelt hat: Hätte ich gewusst, dass du noch Jungfrau bist, hätte ich mir mehr Zeit genommen.

Frau: Hätte ich gewusst, dass du mehr Zeit hast, hätte ich meine Strumpfhose ausgezogen.

13. Juni 1979

Raleigh

Auf dem Nachhauseweg beugte sich jemand aus einem vorbeifahrenden Wagen und spuckte mir mitten ins Gesicht.

Ich lese gerade Garp und wie er die Welt sah.

14. Juni 1979

Raleigh

Gestern Vormittag im Bus D. getroffen, der einen Irokesenkamm hat und morgen wegen Trunkenheit und Randalierens in zwei Fällen, unbefugten Betretens eines Grundstücks und weil er einer Frau aufs Bein uriniert hat, vor Gericht erscheinen muss. Sie hatte ihm versprochen, mit ihm zu schlafen, wenn er ihr Bier kaufte, was er auch tat. Anschließend wollte sie mit ihren Freundinnen verschwinden, doch er stellte sie und pinkelte ihr auf den Rock.

21. Juni 1979

Raleigh

Heute Morgen fand ich $6 auf dem Parkplatz vor dem Arthur Murray Dance Studio. In der neunten Klasse habe ich einmal $1 gefunden, aber danach nur noch Kleingeld. Jane hat sich heute auf der Arbeit krankgemeldet, sodass ich ganz allein war und $25 verdient habe, wovon ich mir umgehend ein Tütchen Gras und später vom Rest Farben gekauft habe.

29. Juni 1979

Raleigh

Miss Woodward war meine Lehrerin in der dritten Klasse. Sie war auch die Lehrerin von Paul und Amy. Als sie am 7. Juni in den Ruhestand ging, feierte die Schule sie als Heldin. Einmal machte sich ein Junge in einer Erdkundestunde in die Hose, und sie erzählte der Klasse, Steve sei so begeistert vom Lernen. Schon 1964 fand ich das witzig.

1. Juli 1979

Raleigh

Ich komme erst heute wieder zum Schreiben. Freitagabend nahm ich LSD und stellte fünf gelbe Kodak-Filmpackungen in den Vorgarten. Es war gutes Acid. Ich konnte Farben intensiver wahrnehmen und lesen, ohne depressiv zu werden. Samstag nahm ich Crystal und verbrachte die ganze Nacht damit, Pauszeichnungen von Briefumschlägen anzufertigen. Für die nächsten drei Tage bin ich abgemeldet.

Ich habe herausgefunden, dass Jack und Mary, die Nachtmanager im Breakfast House, mich hinter meinem Rücken als »Drogenheini« bezeichnet haben. Gott, wie mich das ärgert.

6. Juli 1979

Raleigh

Gestern Nachmittag winkten mich drei schwarze Frauen zu ihrem Wagen und sagten, mein Hosenschlitz sei offen. Ich bedankte mich bei ihnen, weil einem so etwas sonst niemand sagt.

7. Juli 1979

Raleigh

Nachdem ich gestern Abend ein Bad genommen und gebügelt hatte, ging ich ins Captain Corral (eine Schwulenbar) und traf dort L., der älter als ich war – fünfunddreißig vielleicht. Wir redeten über alltägliche Dinge und gingen dann zu mir nach Hause. Er sagte kein Wort über meine Kunst, sondern schlug sofort vor, wir sollten uns in Unterhose aufs Bett setzen. Allerdings trug L. keine Unterhose. Stattdessen hatte er Windeln und eine Gummihose an.

Ich kam damit nicht klar.

L.s Lieblingsausdruck war »voll der Antörner«.

Windeln waren »voll der Antörner«, genau wie angepinkelt zu werden und fünf zu sein. »Daddy«, sagte er, »wenn ich dein kleiner Junge wäre, wie würdest du mich anziehen? Würdest du meine kleine Gummihose ordentlich stramm ziehen?«

Ich war mit den Nerven am Ende. L. war enttäuscht, dass ich nicht mitspielen wollte, auch wenn von meiner Seite ziemlich klar war, dass ich mir nur wünschte, er möge nach Hause krabbeln. Ich blieb längere Zeit in der Küche, und als ich zurück ins Schlafzimmer kam, war er eingeschlafen.

1. September 1979

Raleigh

Meine liebste Art, Crystal zu schnupfen: Ich sitze rücklings auf dem Toilettendeckel, mit dem Gesicht zur Wand, das grüne Jadekästchen, das ich in Oregon gemacht habe, vor mir auf dem Deckel des Wasserkastens. Ich schneide den Speed immer auf dem Patti-Smith-Album Radio Ethiopia. Ich benutze dazu eine Rasierklinge, ziehe den Stoff durch einen Strohhalm ein, und wenn ich fertig bin, stehe ich vor dem Badezimmer und denke, wie entzückend mein Jadekästchen ist.

17. September 1979

Ithaca, New York

Dies ist der dritte Herbst in Folge, in dem ich Äpfel pflücke. Avi und ich brachen am Dienstag mit seinem Volvo von Raleigh aus auf, fuhren durch Virginia und übernachteten bei seinen Eltern in Pittsburgh. Gestern kamen wir in Ithaca an. Gestern Abend haben wir auf dem Campus Manhattan gesehen und auf einem Friedhof unter einem Grabstein mit der Aufschrift BOYS geschlafen.

Unterwegs nahmen wir einen Tramper mit, einen Typ aus Queens, der nach Buffalo wollte. Jetzt sind Avis Reiseschecks verschwunden, also werden wir Anzeige bei der Polizei erstatten.

24. September 1979

Knowlesville, New York

Avi und ich haben uns in diesem Hotel in Knowlesville zwei Zimmer genommen. Es wird von einem Mann namens Brad geführt, der neun Kinder aus zwei Ehen hat. Hier sind seine drei Regeln:

1.  Freitags und samstagabends kein ausgiebiges Duschen. Das heißt nicht, dass man gar nicht duschen darf, aber es muss kurz sein. Am Wochenende wird in der Bar Country und Western gespielt, und wenn wir das heiße Wasser aufbrauchen, ist nicht mehr genug für »die Bräute in der Damentoilette« da. »Hey«, sagte er, »versetzt euch nur in meine Lage.«

2.  »Es ist in Ordnung, wenn ihr eine Tusse für eine Nacht mit aufs Zimmer nehmt, aber, hey, zwei oder drei Nächte, und ihr müsst dafür zahlen. Versetzt euch nur in meine Lage.«

3.  Bezahlt wird im Voraus.

Gestern Abend haben wir auf der Suche nach dem Hotel einen Hund angefahren. Avi schwört, es sei ein Terrier gewesen, aber für mich sah er nach einem Pudel aus. Auf der Suche nach dem Besitzer klopften wir an sieben Türen an, die meisten davon Wohnwagentüren, hinter denen laut der Fernseher lief. »Nein, der gehört uns nicht«, sagten die Leute. »Wir haben einen Retriever.« »Wir haben einen Collie.« »Die Lady unten an der Straße hält Hunde. Vielleicht hundert. Vielleicht fünfzig. Die bellen nachts so laut, dass man Ohrstöpsel braucht. Aber wir haben uns dran gewöhnt. Nacht, Jungs.«

Wir gelangen der Nase nach zu dem Haus, das nach Hundescheiße stinkt. »Wie viele haben Sie?«, fragt Avi die Frau. »Genug«, antwortet sie.

Sie sagt, der von uns angefahrene Pudel oder Terrier gehöre ihr nicht. Wir fahren zurück, aber der Hund liegt nicht mehr neben der Straße. Er ist weggelaufen. Also geben wir es auf.

1. Oktober 1979

Knowlesville

Avi und ich fuhren über das Wochenende nach Rochester und hatten einen Autounfall – mein erster. Ich war enttäuscht: kein Blut. Ein dünnes Rinnsal hätte mir gefallen. Zuerst hielt Avi den Schaltknüppel in der Hand, und wir verbrachten den Tag im Haus von Georges Bruder. George ist Pflücker und sein Bruder Automechaniker. Ich saß die ganze Zeit auf einem Klappstuhl und trank Traubensaft. Es war ganz in Ordnung. Später dann öffnete sich während der Fahrt die Haube. Avi konnte nichts mehr sehen, und als wir gegen einen Telefonmast prallten, schlug mein Kopf gegen die Windschutzscheibe und sie zerbrach. Aber kein Blut. Nicht ein Tropfen.

14. Oktober 1979

Knowlesville

Gestern Abend gab es einen größeren Streit im Hotel zwischen dem Besitzer Brad und seiner Tochter Ginger, die achtzehn ist:

Brad: Wo ist meine gottverdammte Hose?

Ginger: Im Trockner.

Brad: Nein, ist sie nicht. Irgendwer hat meine verdammte Hose geklaut.

Ginger: Ich war’s nicht.

Brad: Warst du doch. (Das Geräusch von Schlägen ins Gesicht.) Miststück.

Ginger: Nur zu, fessel und knebel mich, so wie du es mit Mom gemacht hast.

Brad:(Weitere Schläge.) Miststück, Hure.

Ginger: (Schluchzen.) Ich hasse dich. Ich hasse diesen beschissenen Ort und ich habe es satt, eine Hure genannt zu werden.

Brad: Wer hat dich eine Hure genannt?

Ginger: Drei Leute. Ich verschwinde von hier. Lieber lebe ich auf der Straße. Wenn du mich schon für eine Hure hältst, will ich auch wie eine leben.

Brad:(Weitere Schläge.) Ich hasse dich.

Ginger: Ich hasse dich.

Brad: Dir ist alles egal.

Ginger: Mir ist alles egal. Ich gehe nach Albion oder Medina.

(Abgang Brad. Die Stiefmutter tritt auf.)

Stiefmutter: Nur weil alle dich eine Hure nennen, brauchst du dich nicht wie eine zu benehmen.

Ginger: Ich habe es satt. Ich will für ihn nicht mehr kellnern. Alle nennen mich eine Hure, bloß weil ich große Titten habe.

Stiefmutter: Wer hat dich so genannt?

Ginger: Sugar. Sugar war’s. Der kann sich schon mal auf ’ne Tracht Prügel freuen.

(Weitere Schluchzer.)

Letzte Woche hat unter Avis Fenster ein Mann von der Hotelbar eine Frau geschlagen, weil sie mit einem anderen Mann getanzt hatte. Als wir Brad davon erzählten, sagte er, wenn sie mit einem anderen getanzt hat, hätte sie die Schläge verdient.

19. Oktober 1979

Knowlesville

Heute haben wir mit der Ernte des Golden Delicious begonnen, der empfindlichsten Sorte. Ich war am Ende der Reihe, neben der Pappelallee, und dachte während der Arbeit an meine Schwester Amy. In der Mittagspause nahmen Avi und ich fünfunddreißig Äpfel und schickten sie in einem Karton an die Bande in Raleigh. Jeden Apfel wickelten wir in irgendwas ein: einen Socken, einen Handschuh, ein Blatt mit einem fotokopierten Apfel. Die Sorten waren McIntosh, Macoun, Golden Delicious und Northern Spy, und an jeden banden wir mit einem Faden ein Namensschild.

Heute gab’s Lohn. Bis jetzt habe ich $400 gespart.

26. Oktober 1979

Knowlesville

Heute muss es zwölf Mal geschneit haben, aber nie länger als drei Minuten am Stück. Vom Pflücken hat uns das nicht abgehalten.

Unsere Kellnerin Doreen, die uns letzten Monat erzählt hatte, ihr Vater habe sie mit sechs Jahren vergewaltigt, verkündete heute früh beim Kaffee, dass sie einmal in einer Spielbude auf der Kirmes gearbeitet habe und inzwischen Lesbe sei und mit ihrer Freundin Ricky in einem Wohnwagen lebe.

Ich sagte, ich sei ebenfalls schwul, worüber sie erfreut schien und mich auf andere schwule Gäste aufmerksam machte. »Siehst du die Frau da drüben, die wie ein Mann gekleidet ist? Das ist eine Lesbe, die einen Truck fährt und Peewee heißt.«

Doreen trägt Rockys Konterfei als Schlüsselanhänger und erzählte mir, sie hätten letztes Jahr in einer Kirche für gleichgeschlechtliche Paare in Florida geheiratet.

28. Oktober 1979

Knowlesville

Jean und George, zwei Pflücker, heute Vormittag im Gespräch:

Jean: Du pflückst zu langsam, George. Wenn du dich beeilst, können wir von hier verschwinden.

George: Du bist der Langsame.

Jean: Mein Frühstück macht sich noch nicht bemerkbar.

George: Honey, dein Frühstück ist in meiner Hose.

6. November 1979

Knowlesville

Die Saison ist vorbei. Es fühlt sich an wie das Ende vom Ferienlager. In der Scheune wurde gefeiert. Es wurde eine lange Tischreihe aufgebaut, und ich sah mit Freuden zu, wie alle außer mir sich volllaufen ließen. Jede Menge blöder Reden. Es ist interessant, fast sechs Wochen lang mit Leuten zu arbeiten, aber sie nie alle gemeinsam zu sehen.

8. Dezember 1979

Raleigh

Ich habe heute wieder im Breakfast House angefangen und erfahren, dass mein Gasunternehmen meine Kreditwürdigkeit auf Stufe B herabgesetzt hat. War gestern den ganzen Tag krank. Wenn das Meth dich einholt, sieht man, dass man seiner Strafe nicht entgeht. Wenn ich auf der Rolle bin, habe ich das Gefühl, ich könne ohne Folgen drei Schachteln Zigaretten rauchen, nichts essen und kreuz und quer durch die Stadt rennen.

1980

1. Januar 1980

Raleigh

Gestern habe ich mein gesamtes Meth verschenkt. Entweder höre ich damit auf, oder ich werde abhängig und mir fallen sämtliche Haare und Zähne aus. Ich schlafe und esse auch kaum noch. Ich gehe niemals vor die Tür.

26. Januar 1980

Raleigh