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Das "Werkbuch Psalmen" will eine Brücke schlagen zwischen theologischer Wissenschaft und kirchlicher Praxis. Neue Einsichten der Psalmenforschung sollen für die Arbeit mit den Psalmen in der kirchlichen Praxis bereit gestellt und Impulse zur eigenen wie zur gemeindlichen Verwendung der Psalmen gegeben werden. Als Lese- und Arbeitshilfe will dieses Werkbuch zur vertieften, die Spiritualität des Menschen und die gottesdienstliche Gemeinschaft fördernden Beschäftigung mit dem Psalmenbuch anleiten. Unter dem Link "Zusatzmaterialien" auf der Verlagshomepage finden Sie eine aktuelle Gesamtbibliographie für alle Bände.
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Seitenzahl: 975
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Das 'Werkbuch Psalmen' will eine Brücke schlagen zwischen theologischer Wissenschaft und kirchlicher Praxis. Neue Einsichten der Psalmenforschung sollen für die Arbeit mit den Psalmen in der kirchlichen Praxis bereit gestellt und Impulse zur eigenen wie zur gemeindlichen Verwendung der Psalmen gegeben werden. Als Lese- und Arbeitshilfe will dieses Werkbuch zur vertieften, die Spiritualität des Menschen und die gottesdienstliche Gemeinschaft fördernden Beschäftigung mit dem Psalmenbuch anleiten. Unter dem Link 'Zusatzmaterialien' auf der Verlagshomepage finden Sie eine aktuelle Gesamtbibliographie für alle Bände.
Beat Weber-Lehnherr
Werkbuch Psalmen II
Die Psalmen 73 bis 150
Verlag W. Kohlhammer
Zum Gedenken an meinen Bruder Erich und für Michael und Sarah
2., aktualisierte Auflage 2016 1. Auflage 2003 Alle Rechte vorbehalten © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print: ISBN 978-3-17-031460-3
E-Book-Formate
pdf:
ISBN 978-3-17-032256-1
epub:
ISBN 978-3-17-032257-8
mobi:
ISBN 978-3-17-032258-5
Nachdem vor zwei Jahren Band I des "Werkbuch Psalmen" (Wb Pss) erschienen ist, kann nun die Erarbeitung aller 150 Psalmen mit Band II abgeschlossen werden. Dass dieser Band – wie im Vorwort von Band I angezeigt – termingerecht erscheinen konnte, ist alles andere als selbstverständlich. Die vorgesehene Fertigstellung innert zwei Jahren erwies sich nämlich neben einem vollen Pfarramt als nicht realistisch. Dass dies trotzdem gelang, verdanke ich dem Umstand, dass ich meine Pfarramtstätigkeit für gut ein halbes Jahr reduzieren und die dadurch freigewordene Zeit in die Arbeit am Wb Pss II investieren konnte. Möglich gemacht haben dies grosszügige finanzielle Zuwendungen, zunächst von einem privaten Geldgeber, dann von der Basler "Freiwilligen Akademischen Gesellschaft" (FAG) und schliesslich von der Kirchenleitung (Synodalrat) "meiner" Evangelisch-reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn. Für die finanzielle Unterstützung sei an dieser Stelle den drei Geldgebern herzlich gedankt. Ebenfalls danke ich der Kollegin und dem Kollegen, die mich durch Teilvertretungen in meinem Pfarramt entlastet haben.
Die Aufnahme des Wb Pss I ist, soweit mir diese durch persönliche Reaktionen sowie Rezensionen zugänglich geworden ist, weithin wohlwollend geschehen. Was die einzelnen Rubriken betrifft, wurde namentlich "Struktur und Poesie" als hilfreich beurteilt, währenddem etwa die "Anregungen für die Praxis" ein vermischtes Echo auslösten. Die Absicht wurde meist begrüsst, die Durchführung aber nicht immer als gelungen betrachtet.
Insgesamt schien es mir nicht angebracht, in der Gestaltung vom Grundkonzept abzuweichen. So wurde die Anlage für Wb Pss II, das die Erarbeitung der Psalmen aus den Psalter-Büchern III (Ps 73–89), IV (Ps 90–106) und V (Ps 107–150) enthält, beibehalten. Nach einer stark am hebräischen Originaltext (bis hin zur Wortstellung) sich orientierenden Roh- bzw. Arbeitsübersetzung folgt die Aufschlüsselung des hebräischen Vokabulars. Daran schliessen sich die vier Rubriken "Form und Inhalt", "Struktur und Poesie", "Kontexte" und "Anregungen für die Praxis" an.
Beim Korrektur-Lesen haben verdankenswerterweise folgende Kolleginen und Kollegen mitgeholfen: Pfrn. Dorothee Bertschmann, Pfr. Christoph Beutler, Vikarin Petra Burri, Pfr. Martin Frey, Pfr. Walter Gisin, Pfr. Jürg Luchsinger, Pfr. Philipp Nanz, Pfr. Hans-Jürg Stefan und Pfr. Michael Ziegler. Verbliebene Fehler gehen selbstverständlich auf mein Konto.
Für Hinweise jeder Art (Korrekturen, Ergänzungen etc.) aus dem Leser- bzw. Verwenderkreis bin ich dankbar (Pfr. Dr. B. Weber, Birrmoosstr. 5, CH-3673 Linden BE; E-mail: [email protected]).
Dieser zweite Band ist zum einen meinem verstorbenen Bruder, zum andern einem Ehepaar gewidmet, das durch sein Engagement Anteil am Gelingen dieses Buches hat.
Linden BE (Schweiz), im Sommer 2003
Beat Weber
Die Erstauflage des "Werkbuch Psalmen II" von 2003 ist seit kurzem vergriffen. Der Verlag Kohlhammer bemühte sich die Lieferbarkeit dieses Wb Pss II aufrecht zu erhalten. Daher ist dieser Band, freilich zu höherem Preis, neu als "Book on Demand" (BonD) lieferbar. Es handelt sich nicht um einen unveränderten Nachdruck, vielmehr geschieht dies in einer 2., aktualisierte Auflage. Die Verbesserungen sind formaler und in kleinem Rahmen auch inhaltlicher Art. Stärkere Eingriffe (aber nicht Gesamtüberarbeitungen) wurden bei folgenden Psalmen vorgenommen: Ps 73; 76; 78; 82f.; 87–90; 94; 100; 102f.; 105f.; 109; 114; 116; 118–125; 127; 132; 134f.; 137–139; 141; 149f. (zum Teil handelt es sich um Psalmen, bei denen eigene Neubearbeitungen zu veränderten Einschätzungen geführt haben). Meinen pensionierten Kollegen, Pfr. Dr. Edgar Kellenberger, danke ich für die neuerliche Korrekturlesung herzlich. Auch danke ich dem verantwortlichen Lektor des Kohlhammer Verlags, Dr. Sebastian Weigert, für die hilfreiche Betreuung. Das beigegebene Literaturverzeichnis ist mit dem der Erstauflage identisch und wurde nicht nachgeführt. Eine weitergeführte Fassung (BiblioPss1990+) findet sich digital unter www.academia.edu (Search: Beat Weber) bzw. über den Kohlhammer Verlag (www.kohlhammer.de/wms/instances/KOB/data/pdf/978-3-17-031461-0_O.pdf). Auf meiner Academia-Seite ist auch weitere, von mir publizierte Literatur zu Psalmen und Psalter aufgeführt (und z.T. herunterladbar). Für eine Kontaktaufnahme mit mir ist neu die Mailadresse [email protected] zu verwenden.
Linden BE (Schweiz), im Juli 2016
Beat Weber
VORWORT
ABKÜRZUNGEN
1. Abkürzungen der biblischen Bücher
2. Abkürzungen deutschsprachiger (Kirchen-)Gesangbücher
3. Weitere Abkürzungen
DAS DRITTE PSALTER-BUCH (PSALM 73–89)
Psalm 73
Psalm 74
Psalm 75
Psalm 76
Psalm 77
Psalm 78
Psalm 79
Psalm 80
Psalm 81
Psalm 82
Psalm 83
Psalm 84
Psalm 85
Psalm 86
Psalm 87
Psalm 88
Psalm 89
DAS VIERTE PSALTER-BUCH (PSALM 90–106)
Psalm 90
Psalm 91
Psalm 92
Psalm 93
Psalm 94
Psalm 95
Psalm 96
Psalm 97
Psalm 98
Psalm 99
Psalm 100
Psalm 101
Psalm 102
Psalm 103
Psalm 104
Psalm 105
Psalm 106
DAS FÜNFTE PSALTER-BUCH (PSALM 107–150)
Psalm 107
Psalm 108
Psalm 109
Psalm 110
Psalm 111
Psalm 112
Psalm 113
Psalm 114
Psalm 115
Psalm 116
Psalm 117
Psalm 118
Psalm 119
Psalm 120
Psalm 121
Psalm 122
Psalm 123
Psalm 124
Psalm 125
Psalm 126
Psalm 127
Psalm 128
Psalm 129
Psalm 130
Psalm 131
Psalm 132
Psalm 133
Psalm 134
Psalm 135
Psalm 136
Psalm 137
Psalm 138
Psalm 139
Psalm 140
Psalm 141
Psalm 142
Psalm 143
Psalm 144
Psalm 145
Psalm 146
Psalm 147
Psalm 148
Psalm 149
Psalm 150
LITERATURVERZEICHNIS (AUSWAHL)
1. Literatur zu Psalmen und Psalter
a) Übersetzungen und allgemeinverständliche Erläuterungen zu den Psalmen (s. auch Wb Pss I)
b) Wissenschaftliche Literatur zum Psalter insgesamt und zu einzelnen Teilgruppen, insbesondere den Psalmen 73–150 (s. auch Wb Pss I)
c) Einzelbeiträge zu den Psalmen 1–72 (Nachtrag zu Wb Pss I)
d) Einzelbeiträge zu den in diesem zweiten Band ausgelegten Psalmen 73–150
e) Materialien und diverse Literatur im Umfeld von Exegese, Poesie und Theologie der Psalmen (s. auch Wb Pss I)
2. Die Psalmen in Wirkungsgeschichte und Praxis
a) Die Psalmen in ihrer Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte in Judentum und Christentum (s. auch Wb Pss I)
b) Die Psalmen in Predigt, Unterricht und Erwachsenenbildung (s. auch Wb Pss I)
c) Die Psalmen in Gebet, Lied und Gottesdienst (s. auch Wb Pss I)
d) Die Psalmen in Theologie, Seelsorge und Psychotherapie (s. auch Wb Pss I)
e) Die Psalmen-Dichtungen und -Nachdichtungen in der Literatur und in heutiger Spiritualität (s. auch Wb Pss I)
f) Die Psalmen und Bilder (s. auch Wb Pss I)
Cover
Was die Abkürzungen bei bibliographischen Angaben (Zeitschriften, Buchreihen etc.) angeht, sind diese hier nicht aufgeführt, sondern richten sich nach S.M. SCHWERTNER, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG2), Berlin – New York21992 bzw. S.M. SCHWERTNER, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin - New York21994.
Gen Ex Lev Num Dtn Jos Ri Rut 1. Sam 2. Sam 1. Kön 2. Kön 1. Chr 2. Chr Esr Neh Est Hi Ps Spr Koh Hld Jes Jer Klgl Ez Dan Hos Jo Am Obd Jon Mi Nah Hab Zeph Hag Sach Mal Sir
Mt Mk Lk Joh Apg Röm 1. Kor 2. Kor Gal Eph Phil Kol 1. Thess 2. Thess 1. Tim 2. Tim Tit Phlm Hebr Jak 1. Petr 2. Petr 1. Joh 2. Joh 3. Joh Jud Offb
EG
[Deutsches] Evangelisches Gesangbuch (für Gottesdienst, Gebet, Glaube, Leben) (Hannover 1993)
Der Stammteil (Nummern 1-535) ist allen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Evangelischen Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses in Österreich sowie der Kirche Augsburgischer Konfession und der Reformierten Kirche im Elsass und in Lothringen (Frankreich) gemeinsam. Darüber hinaus wurden konsultiert:
EG-BT
Ausgabe für die Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Bayern und Thüringen (München – Weimar o.J.)
EG-West
Ausgabe für die evangelischen Kirchen des Westbundes: Evangelisch-reformierte Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland), die Evangelisch-altreformierte Kirche in Niedersachsen, in Gemeinschaft mit der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen, der Lippischen Landeskirche, in Gebrauch auch in Gemeinden des Bundes evangelisch-reformierter Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland (Gütersloh – Bielefeld – Neukirchen-Vluyn 1996)
EG-Wü
Ausgabe für die Evangelische Landeskirche in Württemberg (Stuttgart 1996)
GL
Gotteslob. [Deutsches] Katholisches Gebet- und Gesangbuch. Stammteil (Stuttgart 1975)
KG
Katholisches Gesangbuch. Gesang- und Gebetbuch der deutschsprachigen Schweiz (Zug 1998). Ergänzend dazu:
KG CN
Cantionale. Kantoren- und Chorbuch zum Katholischen Gesang- und Gebetbuch der deutschsprachigen Schweiz (Zug 1999)
RG
Gesangbuch der Evangelisch-reformierten Kirchen der deutschsprachigen Schweiz (Basel – Zürich 1998)
abs
absolutus
Adh
Adhortativus
Adj
Adjektiv
Adv
Adverb
äg.
ägyptisches
AK
Afformativkonjugation ("Perfekt")
akk.
akkadisch
aram.
aramäisch
Art.
Artikel
AT
Altes Testament
atl.
alttestamentlich
cs
constructus
Diss.
Dissertation
d.h.
das heisst
du
Dual (Zweizahl)
Ed.
Editor(en), Herausgeber
eigtl.
eigentlich
etc.
et cetera (und so weiter)
etw.
etwas
ev.-ref.
evangelisch-reformiert
evtl.
eventuell
f
femininum
f.
folgender (Vers)
ff.
folgende (Verse)
FS
Festschrift
G
griechische Textüberlieferung
griech.
griechisch
hap leg
hapax legomenon (einmaliges Vorkommen im AT)
hebr.
hebräisch
hi
hiphil (Kausativstamm)
hitp
hitpa'el (und Sonderformen des hitp-Stammes)
ho
hophal (Passivstamm des hi-Stammes)
Hrsg.
Herausgeber
Impt
Imperativ
Inf
Infinitiv
Jh.
Jahrhundert
jm.
jemanden
Juss
Jussiv
K
Ketib (Geschriebenes)
Koh
Kohortativ
koll
kollektiv
KTU
The Cuneiform Alphabetic Texts from Ugarit… (s. Literaturverzeichnis 1e unter DIETRICH M.)
Lw.
Lehnwort
LXX
Septuaginta (griechische Übersetzung des ATs)
M
masoretische (hebräische) Textüberlieferung
m
maskulinum
masch.
maschinenschriftlich
m.E.
meines Erachtens
m.W.
meines Wissens
Ms(s)
Handschrift(en)
n.Chr.
(Jahr) nach Christus
Nf
Nebenform
ni
niphal
NS
Nominalsatz
NT
Neues Testament
ntl.
neutestamentlich
o.ä.
oder ähnlich
o.J.
ohne Jahr
o.O.
ohne Ort
par
Parallele(n), Parallelstellen
pass
passiv
pi
pi'el (Verdoppelungsstamm)
pil
pilpel (Sonderform des pi-Stammes)
PK
Präformativkonjugation ("Imperfekt")
pl
plural
po
po'el (Sonderform des pi-Stammes)
pol
polel (Sonderform des pi-Stammes)
Präp
Präposition
Ptz
Partizip
pu
pu'al (Passivstamm des pi-Stammes)
Q
Qere (Gelesenes) bzw. (mit Zahl davor, z.B. 4Q) Fundort (Höhle) in Qumran (am Toten Meer)
qal
Grundstamm des Verbes
R
Refrain oder Rahmen
s.
siehe
sg
singular
sog.
sogenannte
s.o.
siehe oben
s.u.
siehe unten
Suff
Suffix
T
Targum (aramäische Übertragung des ATs)
theol.
theologisch
u.a.
unter anderem
Übers.
(alte) Übersetzung(en)
ug.
ugaritisch
u.ö.
und öfter
u.U.
unter Umständen
V.
Vers
v.a.
vor allem
v.Chr.
(Jahr) vor Christus
vgl.
vergleiche
w
Konjugation W ("und")
Wb Pss
Werkbuch Psalmen (Band I, II, III)
wiss.
wissenschaftlich
wPK
Konjugation W mit Verdoppelung (bzw. Dehnung) bei nachfolgender PK ("Imperfektum consecutivum")
z.B.
zum Beispiel
z.T.
zum Teil
(?)
Unsicherheit in der Übersetzung (unklare Vorlage bzw. Textverderbnis)
I, II, III Bezeichnung unterschiedlicher Wurzeln oder der Stanzen
1
1. Person (Konjugation)
2
2. Person (Konjugation)
3
3. Person (Konjugation)
(…)
"wörtliche" Textbedeutung
[…]
sinngemässe Ergänzung
{…}
möglicherweise späterer Eintrag (Ergänzung, Glosse o.ä.)
//
Markierung der Verszeilen-Trennung innerhalb eines Verses bzw. Abtrennung der einzelnen Eintragungen beim Vokabular
|
Abtrennung von (strophischen bzw. stanzischen) Einheiten
||
parallel zu
–
bis
+
und
gleich, identisch
≠
ungleich, nicht (identisch)
=>
in Beziehung zu
<=
in Beziehung zu
<=>
gegensätzlich zu
1
Ein Psalm – Asaph zugehörig.
I A
a
Fürwahr! Gut zu Israel [ist] Elohim,
(A)
b
zu denen, die reinen Herzens [sind].
2
a
Ich aber – beinahe wären gestrauchelt meine Füsse,
b
fast wären ausgeglitten meine Schritte.
3
a
Denn ich ereiferte mich über die Blender (oder: Prahler?),
b
das Wohlergehen der Frevler kann ich sehen.
I B
4
a
Denn keine Qualen gibt es für sie,
b
heil und feist [ist] ihr Wanst.
5
a
In [der] Mühsal der Leute sind sie nicht,
b
und mit [anderen] Menschen zusammen werden sie nicht geplagt.
6
a
Deswegen hat sie als ihr Halsschmuck umgeben Hochmut,
b
umhüllt ein Gewand von Gewalttat sie.
II A
7
a
Es glotzte aus [dem] Fett hervor ihr Auge,
b
es quellen über die Gedankengespinste [ihres] Herzens.
8
a
Sie höhnen und reden im Bösen:
b
"Bedrückung [stammt] aus der Höhe", reden sie.
9
a
Sie setzten an den Himmel ihr Maul,
b
und ihre Zunge geht einher auf der Erde.
II B
10
a
Darum [sagen sie]: "Soll er [doch] sein Volk zurückführen hierher;
b
ja, Wasser die Fülle soll geschlürft werden von ihm!"
11
a
Und sie sagen: "Wie sollte El [es] wissen?
b
Ja, gibt es [überhaupt] Erkenntnis bei Eljon?!"
12
a
Siehe, diese [eben sind die] Frevler!
b
Ja, immerzu ungestört mehrten sie [ihr] Vermögen (oder: [ihre] Macht).
III A
13
a
Fürwahr! Umsonst hielt ich rein mein Herz,
(B)
b
wusch ich in Unschuld meine Hände.
14
a
Ich war ein Geplagter den ganzen Tag,
b
und meine Züchtigung [war jeden] Morgen [neu da].
III B
15
a
Wenn ich gesagt hätte: "Ich äussere mich [jetzt] wie sie",
b
siehe, das Geschlecht deiner Söhne hätte ich treulos verlassen.
16
a
Ich sann nach, um dies zu begreifen ("erkennen"),
b
[doch] Mühsal [war] es in meinen Augen,
17
a
bis ich gekommen bin zu den heiligen Stätten Els;
b
ich will achten auf ihr Ende.
IV A
18
a
Fürwahr! Auf schlüpfrige Wege wirst du sie stellen,
(A')
b
hast sie fallen lassen in Täuschungen (oder: an öde Orte).
19
a
Wie sind sie geworden zum Entsetzen so plötzlich,
b
haben ein Ende gefunden, sind umgekommen vor [Todes-]Schrecken!
20
a
Gleich einem Traum nach dem Erwachen, Adonaj,
b
so wirst du nach dem Aufwecken ihre Schattengestalt verachten.
IV B
21
a
Wenn verbittert sich zeigt mein Herz,
b
und in meinen Nieren ich dann Stiche empfinde (oder: klage[?]),
22
a
[dann bin] ich doch ein Tier und erkenne nicht,
b
wie Vieh bin ich gewesen bei dir.
23
a
Doch ich [bin] beständig bei dir,
b
du hast ergriffen meine rechte Hand.
V A
24
a
Mit deinem Rat leitest du mich,
b
und am Ende wirst du [in] Ehren (oder: in [deine] Herrlichkeit) mich [an-, auf]nehmen.
25
a
Wer [ist] mir im Himmel [ausser dir]?
b
Ja, [bin ich] bei dir [,] habe ich kein Gefallen auf Erden!
26
a
Schwindet [auch] dahin mein Leib und mein Herz,
b
der Fels meines Herzens und mein Anteil
c
[ist doch] Elohim für immer!
V B
27
a
Denn sieh an! Diejenigen, die sich von dir fernhalten, werden zugrunde gehen;
b
du vernichtest jeden, der sich treulos abwendet von dir.
28
a
Ich aber [bekenne]: Die Elohim-Nähe [ist] mir gut,
b
gesetzt habe ich in Adonaj, JHWH, meine Zuflucht,
c
um zu erzählen alle deine Werke.
Der Asaph zugeschriebene Ps 73 (vgl. Überschrift), welcher das (mittlere) Teilbuch III eröffnet, weist reichlich seltenes Vokabular auf, hat vermutlich dialektale Einschläge aus dem Nordreich (vgl. G. Rendsburg) und bietet zudem an einigen Stellen textliche bzw. verstehensmässige Schwierigkeiten ("Lesarten" von 1a.4b.21b.24b, das Verständnis von 7.10.20 insgesamt, der Plural von 17a – für Details vgl. die Kommentare). Der Psalm passt nicht einfach in eine der üblichen Gattungen, was zu unterschiedlichen formkritischen Bestimmungen geführt hat. Zwei Dinge lassen sich über diesen Psalm diesbezüglich aber mit einiger Sicherheit sagen: Er nimmt Formelemente des Danklieds des Einzelnen (הדות) auf (u.a. Notschilderung, Rettungsbezeugung, Verkündigung), und er zeigt eine weisheitliche "Imprägnierung". Ps 73 hat aber auch noch in anderer Weise ein "Doppelgesicht": Er ist quasi "autobiographisch" formuliert, hat aber zugleich deutlich eine Akzentuierung auf den Erfahrungshorizont der Gemeinde hin und dadurch eine paradigmatische Qualität. Diese wird durch die weisheitlich-reflektierende, ja didaktische Akzentuierung gleichermassen unterstrichen wie durch den kollektiven Horizont, der an Schlüsselstellen (vgl. 1.10.15.28) durchscheint (einige Ausleger werten diese Doppelheit literarkritisch dahingehend aus, dass sie eine spätere, kollektivierende Überarbeitung annehmen [vgl. u.a. die beim Vokabular unter 1 genannte Leseoption: "Fürwahr! Gut zum Redlichen ist Elohim …"]).
Der asaphitische Psalmdichter formuliert zu Beginn in Spruchform (1ab) einen weisheitlichen Regel-Satz (Sentenz), der den bekannten Tun-Ergehen-Zusammenhang nach seiner positiven Seite hin in Worte fasst. Der nachfolgende Psalm zeigt in einem Entwicklungsprozess auf, wie dem Psalmisten (und mit ihm der Gemeinde) dieses moralische Welterklärungsprinzip an der wahrgenommenen Lebenswirklichkeit zunächst zerbricht: Den Gottlosen geht es – entgegen der weisheitlichen Regel (1ab) – unverschämt gut, und mir (und den andern, die sich in Ehrfurcht zu JHWH halten) geht es schlecht (2ff.). Die Krise wird von Beobachtungen und Erfahrungen angestossen, ist aber theologisch und besteht und in einem Auseinanderfallen der Einheit von Glauben, Denken und Leben. Ihre Behebung geschieht nicht durch Nachdenken (16), sondern durch eine Gotteserfahrung, die ihm durch das (mehrmalige?) Gehen an "heilige Stätten" (ob bereits ursprünglich der Jerusalemer Tempel im Blick ist, ist fraglich) gewährt wird (17a). Sie ist mit einer Wahrnehmungserweiterung und -vertiefung, namentlich im Blick auf das "Ende" der Frevler, verbunden (17b, dann 18ff.). Erst ab diesem Moment werden die Überlegungen im Gespräch vor Gott geäussert (vgl. die "du"-Anrede ab 18), sind also Teil eines Gebets (1 ist ein Lehrsatz, 2ff. wirken wie eine Problem- oder Anklage-Rede, wobei offen bleibt, ob diese vor Gott oder Menschen geschieht). Am Schluss wechselt die Rede zu bekenntnishaft-verkündigenden Aussagen (26.28). Das erste Element des Lösungsprozesses nach der Klageschilderung aber ist – noch vor der Gotteserfahrung! – der Willensentschluss, sich von den Frevlern abzusetzen (im Sinne von Ps 1,1f.) und dem "Geschlecht deiner Söhne" (15), der zu JHWH haltenden Gemeinde (und damit JHWH selbst), die Treue zu halten (auch durch Zeiten und Krisen hindurch).
Die Lösung des (mit)erlebten Problems der Diskrepanz zwischen Tun und Ergehen liegt nicht auf der denkerischen Ebene (allein); die "Antwort" liegt – wenn man so will – vielmehr darin, dass die Frage von ihrer Schärfe und Qual durch eine ganzheitliche und vertiefte Schau der Lebenszusammenhänge verloren hat. Am Schluss des durchlebten Prozesses findet ein Neubedenken des zu Beginn formulierten weisheitlichen Lehrsatzes statt. Dieser wird nicht bestritten, aber neu akzentuiert. Zunächst wird er im Blick auf die negative Seite hin bestätigt: Wer Gottlos lebt und sich entsprechend verhält, wird – auch wenn es lange anders aussehen mag – (am Ende) "zugrunde gehen" (27, vgl. 17ff.). Das Ende der JHWH-Getreuen wird dagegen die Aufnahme bei ihm in Ehren sein (24). Der alte Lehrsatz über Gottes "Gut-sein" (vgl. 1ab) wird zum Bekenntnis gewandelt und durch eine "Innenerfahrung" gefüllt: Gut ist mir die "Elohim-Nähe" (interpretierbar als Nähe zu Gott als auch als Nähe von Gott). Sie ist möglicherweise mit der räumlichen Nähe zu den heiligen Stätten (vgl. 17), jedenfalls mit einer – auch gegen den Augenschein durchzuhaltenden – "Setzung" der Zuflucht auf Gott verbunden, aus der sich die Verkündigung seiner Heilstaten ergibt (28).
Ob diese vom Ziel und Ende her gedachte Lebensperspektive noch auf innerweltliches Wirken Gottes abstellt oder (auch bzw. schon) im Blick auf das Jenseits formuliert ist (so etwa M. Witte), lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen und hängt auch mit der zeitlichen Ansetzung dieses Psalms zusammen (vgl. zur Diskussion auch B. Janowski). Üblich ist die Zuweisung von Ps 73 in spätweisheitliches Milieu und damit eine nachexilische Datierung (wofür auch seine Platzierung am Anfang von Buch III zu sprechen scheint). Die Zugehörigkeit des Psalms zur weithin vorexilischen Asaph-Sammlung und einige Eigenheiten, lassen mich aber eine vorexilische Abfassung (durch einen levitischen Tempelsänger aus der Asaph-Gilde) zumindest nicht ausschliessen (vgl. Nordreich-Dialektismen und den Plural "heilige Stätten Els" [= Spuren vorjosianischer Kultorte?] – nach einigen Auslegern handelt es sich allerdings um einen Extensions- bzw. Amplifikationsplural, also einen gesteigerter Ausdruck für die Heiligkeit des [singularischen] Orts der Gottesgegenwart).
Ps 73 ist ein mit starken Kontrast-Elementen gestaltetes "Dreiecks-Drama", in das die Grössen "Psalmist/JHWH-Gemeinde", "Frevler" und JHWH involviert sind. Der Psalm gliedert sich in zehn Strophen, die überwiegend aus sechs Verszeilen bestehen (Ausnahmen: III A mit vier, V A mit sieben und V B mit fünf Zeilen). Je zwei Strophen paaren sich zu einer Stanze, die – mit Ausnahme der zentralen Stanze III mit zehn Zeilen – alle zwölf Zeilen umfassen. Als Hauptstruktur kann man die fünf Stanzen zu drei Hauptteilen (Cantos) zusammenziehen (I–II, III, IV–V), wobei deutlich ist, dass III den Drehpunkt im Psalm darstellt (Prozess der zuteil gewordenen Erkenntnis), während I–II das Problem entfaltet und III–IV die Lösung darbietet (ABA'-Gesamtanlage) (vgl. J.C. McCann).
Auffallend für Ps 73 sind Formen von reimartigen Anfangsmustern (Akrostichien), die z.T. die Funktion strukturierender Textsignale haben. So eröffnen alle drei Cantos mit der Emphase-Partikel ךא "Fürwahr!" (1a.13a.18a, mit nachlautendem ךיא "wie!" in 19a). Ebenfalls strukturierend eingesetzt wird die Konjunktion יכ "denn, wenn" am Strophenanfang (4a.21a.27a, vgl. auch den Versanfang 3a). Ferner sind an Akrostichien zu erwähnen: der Inclusio-artig wirkende Versanfang ינאו (2a.28a, vgl. ferner 22a.23a), der durch weitere Zeilenanfänge auf א(ו) verstärkt wird (vgl. über die ך(י)א-Anfänge hinaus noch 11a.13b.14a.15a.16a.17b.23b.24b.26c). Auch die יכ-Anfänge werden durch weitere auf כ (2b.20a.26a) oder י (6b.7a.8a) verstärkt (vgl. ferner auch die beiden ןכל-Eröffnungen in 6a.10a).
Bereits die (gutturale) Akrostichie der die Mittestanze III markierenden Verse 13–17 (ךא – האו – םא – חאו – דע) zeigt auf, dass deren Mitte (und damit das Zentrum des Psalms) 15 mit seinem "hypothetischen Zitat" bildet (zu eingespielten Widersacher-Worten vgl. 10f. und 8b[?]). Deutlich ist die Verzahnung von 15 mit der Ich-Aussage des Schlussverses (vgl. auch die Doppelung von רפס "äussern, erzählen" 15a.28c), aber auch mit den Frevler-Reden von II B (vgl. die Doppelung רמא "sagen" 11a.15a sowie הנה "sieh[e an]" 12a.15b). Auch die andern Verse zeigen die "Scharnierstelle" des Psalms dadurch an, dass Bezüge zu den rahmenden Hauptteilen des Psalms vorliegen. So lehnt sich die Formulierung von 13a deutlich an den Eröffnungsvers an (1ab), die "Plage" bzw. "Mühsal"-Aussagen von 14.16 an diejenigen von 5 (עגנ 5b.14a, למע 5a.16b), und die in der Schlusszeile 17b formulierte Einsicht auf "ihr Ende" findet sich nachfolgend variierend wieder (vgl. v.a. 19b.24b.26f.).
Als Leitwort des Psalms dient der in jeder Strophe auftauchende Begriff בבל "mein Herz" (1b.7b.13a.21a.26a.26b). Zudem hat die Begrifflichkeit der (inneren) Einsicht einen wichtigen Stellenwert (vgl. die Ableitungen der Wurzel עדי 11a.11b.16a.22a, ferner ןיב "achten auf" 17b). Erwähnenswert ist auch die für die Asaphpsalmen typische Variierung der Gottesbegrifflichkeit (Elohim 1a.26b., El 11a.17a, Eljon 11b, Adonaj 20a.28b, JHWH 28b).
Auch die rahmenden Stanzen bzw. Cantos (I–II, IV–V) sind durch eine Reihe von Begriffen und Aussagen miteinander verbunden. Über das bereits Genannte hinaus ist das einen Merismus (zwei Gegensatz-Begriffe drücken ein Ganzes aus) bildende Paar "Himmel/Erde" in 9 und 25 zu erwähnen, das die Aussagen dieser beiden Verse kontrastiv verbindet. Weiter sei auf Formulierungen mit Formen des Verbs תישׁ "setzen, stellen" (9a.18a.28a) hingewiesen (vgl. auch die Klangverbindung mit תישׁ "Gewand" [6b]). Deutlich ist auch, dass die am Anfang stehende Wortfügung, bestehend aus dem Wort בוט "gut" und der Gottesbezeichnung "Elohim", am Schluss nochmals aufgenommen und der Psalm damit gerahmt wird (Inclusio).
An Motivik und Metaphorik ist das Moment der Führung (eines Königs) durch die Gottheit zu erwähnen (23b) und die Anlehnung an levitisches Traditionsgut im Blick auf den Erb-Anteil (26bc). Im Blick auf 24b werden als mögliche Verstehenshintergründe diskutiert: das Wegnehmen aus einer lebensbedrohenden Situation vor dem Tod, die Aufnahme in die Lebens- und Hausgemeinschaft (z.B. durch Adoption) oder die Entrückung in die Himmelswelt (vgl. E. Zenger, M. Witte).
An Klangfiguren sind ausser der genannten Akrostichie u.a. aufzuführen: Wortspiel zwischen den mit םולשׁ "Wohlergehen" und המשׁל "zum Entsetzen" verbundenen Aussagen von 3b und 19a, u-Assonanz in 4, Dominanz von א/ע-Lauten in 5(ff).11(f.), b-Zeilen-Anfangsreim auf ע (7b.8b, ähnlich 5b.6b), מ-Alliteration (z.T. verbunden mit ל) in 10, Wortspiel mit Kontrast zwischen תוקלח "schlüpfrige Wege" (18a) und יקלח "mein Anteil" (26b), ת/ך-Laut-Muster in 24, ל-Lautdominanz in 26.
Mit Ps 73 findet – kanonisch gesehen – eine doppelte Eröffnung statt: Der Psalm eröffnet sowohl die Komposition der Asaph-Psalmen 73–83 als auch das Teilbuch III (Ps 73–89) innerhalb des Psalters (zu "Asaph" vgl. die Hinweise bei Ps 50). Ps 73 ist gezielt an den Anfang der Asaph-Psalmengruppe gestellt worden und dient als "Rezitations- und Leseanleitung für Ps 74–83" (E. Zenger). Die Asaph-Psalmen, die im Kreis der mit dem gleichnamigen Eponym verbundenen levitischen Sängergilde entstanden sein dürften und in der Zwölfzahl kanonisch überliefert sind (Ps 73–83, dazu der "externe" Ps 50), sind durchwegs mit nationalen und kollektiven Themen beschäftigt; es sind Krisenpsalmen, die einerseits nationale Desaster (Fall des Nordreichs, 722 v.Chr., sekundär auch Fall des Südreichs, 587/6 v.Chr.) klagend verarbeiten ("Gerichts-Klagen"), andererseits prophetisch das Volk insgesamt oder die Frevler darin ermahnen bzw. des Unrechts bezichtigen ("Gerichts-Ansagen") (vgl. B. Weber). Die Fragen, die sie bearbeiten, sind die nach Ort und Art der Gegenwart Gottes in seinem Volk angesichts von Frevel, Not und Zerstörungen. Mit dem Eröffnungspsalm 73 wird die national-kollektive und sozial-theologische Problematik der Unvereinbarkeit eines gerecht wirkenden Gottes und der sich darbietenden Realität von Gottlosen, die ungestraft mit Wort und Tat Gott spotten, paradigmatisch an einem leidenden Gerechten dargestellt und – allerdings erst proleptisch: im Blick auf das Ende – bewältigt. Verschiedene Begriffe, Motive und Themen, die Ps 73 anschlägt, werden in den nachfolgenden Psalmen aufgegriffen bzw. werfen aus der Retrospektive neues Licht auf Ps 73 zurück (s. dort).
Was die kompositorische Anordnung der Asaphpsalmen-Gruppe 73–83 betrifft, stehen sich zwei Auffassungen gegenüber: ein paralleles Modell, das von der Annahme eines zweifachen Kompositionsbogens Ps 73–77 und Ps 78–83 ausgeht (vgl. M. Millard, E. Zenger, M. Leuenberger), und ein zentrierend-inklusorisches Modell, gemäss dem die Psalmen 73 und 83 einen Rahmen bilden um die drei Psalmenbögen in der Mitte (74–76; 77–79; 80–82) mit Ps 78 in betonter Zentralstellung (vgl. B. Weber). Gemäss dem zweiten, hier favorisierten Modell ist Ps 73 auf den andern Eckpsalm 83 hin interpretativ zu beziehen: Das Leiden des Gerechten unter den Frevlern und dasjenige des Gottesvolkes mitten unter den sie umgebenden Frevlervölkern wird parallelisiert, und den sich gegen Gott und die Seinen Stellenden wird der Untergang angesagt (דבא "zugrunde gehen" [Ps 73,27; 83,18] – je am Psalmschluss).
Als ein Beispiel unter anderen seien das hybride Frevlerverhalten und insbesondere deren (z.T. zitathaft eingespielte) Reden innerhalb der Asaphpsalmen-Komposition herausgegriffen und dargestellt: In Ps 73,11 hört man die Frevler die Erkenntnisfähigkeit Gottes (und damit implizit seine Befähigung zum Aufspüren des Unrechts bzw. als Richter) in Frage stellen. Daraus folgt in Ps 74,8 nicht nur der Entschluss der (hier als Fremdvölker erscheinenden) Feinde, das Gottesvolk zu unterdrücken, sondern es ergibt sich daraus auch das Vorgehen, die Versammlungsstätten Gottes im Land zu zerstören. In Ps 75,5f. werden als Gegenrede die Überheblichen mit dem Hinweis auf JHWHs Gerichtsmächtigkeit gewarnt. Ps 76 erwähnt das theophane Gerichtserscheinen Gottes – die Erde (und mit ihr die Frevler) ist verstummt. Ps 77 und 78 in der Mitte der Komposition zeigen den Weg des wahren Gottesvolkes von der Klage zur Heilserinnerung und zum Sich-führen-Lassen als Herde Gottes, die durch Mose, Aaron und David geweidet wird. In Ps 79 beginnt die hybride Auflehnung gegen Gott und sein Volk aufs Neue, in gesteigerter Form: Ist in Ps 73 die Erkenntnisfähigkeit Gottes in Frage gestellt, so in Ps 79,10 angesichts des Untergangs Jerusalems mit der Frage: "Wo ist ihr Gott?" die JHWH-Präsenz überhaupt. Daraus ergeben sich in Ps 80,4.8.15 die Bitten an Gott um Rückkehr und Wiederherstellung seines Volkes. In Ps 81 wird in der Gemeinde der Gott Jakobs als Geschichtsmächtiger gelobt und zugleich der Ungehorsam des Volkes als Grund für die anhaltende Not benannt. In Ps 82 erscheint JHWH als Götterrichter, der die Mächte richtet, welche die Frevler begünstigen. In Ps 83 schliesslich kulminiert die Aggression gegen Gott und sein Volk im Vorhaben der Vernichtung Israels durch eine Völkerkoalition. Ihr entgegnet die sich im Psalm äussernde Gemeinde mit Bitten um Gericht, das Gott an den Völkern vollziehen möge – damit JHWHs Name erhaben über der Erde sei und bleibe. Die Asaph-Komposition schliesst diesbezüglich offen: Die Bitten sind geäussert, eine Heilswende ist noch nicht in Sicht.
Ps 73 eröffnet im Psalter nicht nur die Asaphsammlung, sondern zugleich das in der Endgestalt des Psalters im Zentrum stehende Teilbuch III (Ps 73–89, dazu R.L. Cole, M. Pavan). Ps 73 gehört zu den "weisheitlichen" Eck- und Scharnierpsalmen (Ps 1; 73; 90; 107; 145), genauso wie der das Teilbuch III beschliessende Ps 89 zu den "königlichen" Eck- und Scharnierpsalmen (Ps 2; 72; 89; 144) gehört. Die Verbindung zum Schlusspsalm 72 von Teilbuch II ist anknüpfend und kontrastiv zugleich. Die im Eingangsteil von Ps 73 (I + II) wahrgenommene Situation des Unrechts ist das Gegenteil der vom davidisch-salomonischen König erwarteten Rechtsdurchsetzung (vgl. etwa die jeweiligen Aussagenzusammenhänge der beiderorts verwendeten Begriffe םולשׁ "Frieden, Wohlergehen" [72,3.7; 73,3]; קשׁע "Erpressung, Unterdrücker" [72,4; 73,8]; סמח "Gewalttat" [72,14; 73,6]). Nach der Darstellung der idealen Königsherrschaft in Ps 72 markiert Ps 73 einen Bruch, der das "Krisenbuch" III im Psalter bestimmt: den Zusammenbruch des davidischen Königtums (entsprechend sind die Psalmen Davids zu Ende gekommen, vgl. Ps 72,20) und damit auch der Rechtsordnung Gottes, die den Frevler bestraft, den Armen zu seinem Recht kommen lässt und das Gottesvolk schützt und führt (vgl. auch den andern Eckpsalm von Buch III, Ps 89, der den Untergang des davidischen Königtums beklagt).
Ps 73 weist auch Rückbezüge zum Bucheröffnungspsalm 1 auf: Beide Psalmen schliessen mit dem Hinweis auf den doppelten Ausgang von Frevlern und Gerechten (vgl. 1,6 mit 73,27f.), beiderorts wird der Weg der Distanzierung von den Frevlern und ihrem Verhalten beschritten (vgl. 1,1 mit 73,13.15), und beide Male wird auf den Tun-Ergehen-Zusammenhang Bezug genommen (vgl. 1,2f.4f.6 mit 73,1.27f.). Doch ist in Ps 1 dieser Zusammenhang unbestritten, so wird in Ps 73 manifest, wie dem Gerechten keineswegs alles, was er tut, gelingt (vgl. 1,3d). Die weisheitliche Grundregel von Ps 1, die am Anfang von Ps 73 aufgenommen wird, ist in die Krise geraten. Ihre Wahrheitsfähigkeit muss durch eine Perspektivenerweiterung neu geschenkt und erkämpft werden. Man kann mit W. Brueggemann sagen, dass Ps 73 in der "Mitte" des Weges liegt, der vom "Gehorsam" (Ps 1) zum Lobpreis (Ps 150) führt und in der Krise sich bewähren muss und es auch tut.
Ps 73, den man auch als "kleinen Hiob" bezeichnen kann, weist entsprechend eine deutliche Nähe zum Hiob-Buch auf. Auch mit Ps 49 gibt es Berührungen. Obwohl Ps 73 zu den heute bekannten und beliebten Psalmen gehört, hat er kaum einen Widerhall im NT gefunden.
Zu 1 vgl. Ps 24,4; Mt 5,8, zu 2f. vgl. Jer 12,1; Ps 37,1, zu 7–9 vgl. Jer 5,28; Ps 12,5; Hi 15,27, zu 12 vgl. Ps 17,14, zu 13(f.) vgl. Mal 3,14; Ps 26,6; Hi 7,18; Mt 27,24, zu 19f. vgl. Ps 49,15; Hi 20,8, zu 23 vgl. Ps 121,5; Röm 8,35–39, zu 24–26 vgl. Num 18,20f.; Dtn 10,8f.; Ps 16,5.10; 49,16; 142,6; Klgl 3,24, zu 28 vgl. Ps 71,15.17.
Ps 73, der nicht nur eine persönliche, sondern auch eine "strukturelle Lebens- und Glaubenskrise" (E. Zenger) bearbeitet, erweist sich als ausgesprochen aktuell und "modern". Seine Frontstellung ist ein "praktischer Atheismus", eine Lebenseinstellung und Weltsicht, die nicht nur Gott als Stifter und Schützer der Weltordnung zurückweist, sondern Gottes faktisches und sogar prinzipielles Desinteresse an der Welt und am Tun der Menschen proklamiert – dies ist gleichsam die Gegenposition zu den Annahmen der Weisheitstheologie. Der zu Beginn geäusserte weisheitliche Satz wird nicht prinzipiell in Frage gestellt, wohl aber wird eine fixierte Regelhaftigkeit und damit eine verengte Auslegung von ihm problematisiert. Entgegen unseres westlichen Denkens, das dahin tendiert, verallgemeinernde Schlussfolgerungen vor die konkrete Beobachtung zu stellen, geht der biblische Denkansatz von der Lebenswahrnehmung aus und fragt dann sorgsam nach dem Allgemeinen (vgl. W. Bittner). Das wirkliche Leben setzt sich gegen ein fixiertes Denken bzw. ein einseitiges Erklären von Lebensprozessen durch.
Man kann Ps 73 auch als "Theodizee-Psalm" apostrophieren, da in ihm das Glück der Gottlosen im Gegensatz zum Leiden des Gerechten steht und damit die Gerechtigkeit Gottes problematisiert ist. Allerdings ist der Theodizee-Problematik der Kontext des aufgeklärten Denkens beigegeben, demgemäss eine "Umkehrung" stattfindet: Nun hat sich nicht mehr der Mensch vor Gott, sondern Gott vor der autonomen menschlichen Vernunft zu rechtfertigen. Geht es bei der Theodizee um ein Dilemma der Vernunft, so ist hier angesichts des Leidens eine Existenzfrage aufgebrochen. In Ps 73 und in der Tradition der biblischen Klagepsalmen wird nicht (wie in der modernen Theodizee-Problematik) vernunftmässig über Gott, sondern beziehungsmässig mit Gott das Problem verhandelt und die Not bei ihm eingeklagt (vgl. R. Feldmeier). Entsprechend vermag der Psalmist die Antwort nicht selber zu ergründen (vgl. 16); die Lösung des Problems liegt nicht in ihm selbst beschlossen, sondern wird ihm durch eine Gottesbegegnung an dessen "heiligen Stätten" zuteil (vgl. 17). Mit der Gotteserfahrung in Zusammenhang steht eine Erweiterung der Wahrnehmung: Er erkennt, dass die ihm vor Augen stehende Wirklichkeit nicht die ganze Wahrheit umfasst. Wer sich von Gott als Lebensquelle abgesondert hat, mit dem kann es am Ende nicht gut ausgehen. Dies führt zum Perspektivenwechsel, bei dem das zuvor als so problematisch empfundene eigene Leiden nun gegenüber dem Glück der Gottesgegenwart auf eine geradezu provokative Weise gleichgültig geworden ist (vgl. die Spitzenaussagen 24–26.28). In der Begegnung mit Gott geschieht etwas an diesem Menschen, das sein Leben ändert und auch seine Not beseitigt – obwohl die Not seines Lebens offensichtlich nicht aufgehoben wird, obwohl die Frevler (noch) nicht bestraft worden sind und obwohl Gott ihm auch keine gedanklich stringente Erklärung anbietet (vgl. W. Bittner).
Gegenüber der heutige Kultur der Leidvermeidung und der Spassgesellschaft vermittelt Ps 73 die Botschaft, dass zum authentischen Leben, das selbst-transzendent über sich hinausweist, immer auch die Annahme und Verarbeitung von Leiden gehört (vgl. auch Jesus in Mt 11,30; Mk 8,34). Man kann Ps 73 auch als "pilgrimage from doubt to faith" (L.C. Allen) bezeichnen. Vom NT her lässt sich sagen: Gott löst das Leid, indem er es in Jesus auf sich nimmt. Seit Jesus das Leiden der ganzen Welt trug, erfährt niemand sein eigenes Leiden mehr als erster. Es ist ein immer schon von ihm getragenes Leiden, in das er uns stellt (vgl. W. Bittner).
Ps 73 im Gesangbuch: EG Ps 73 (EG-West), 597 (EG-BT), 733 (EG-Wü), 734 (EG-West), 767 (EG-BT); RG 766.
1
Ein Lehrgedicht (oder: Wechselgesang?) – Asaph zugehörig.
I A
a
Warum, Elohim, hast du verworfen für immer,
b
raucht ständig dein Zorn gegen die Schafe deiner Weide?
2
a
Gedenke deiner Gemeinde, [die] du erworben hast vorzeiten,
b
[die] du erlöst hast als Stamm deines Erbbesitzes,
c
des Berges Zion, auf dem du Wohnung genommen hast!
3
a
Erhebe bitte deine Schritte zu (den) immerwährenden Trümmern (oder: Öden):
b
Alles hat verheert (der) Feind im Heiligtum!
I B
4
a
Es haben gebrüllt deine Bedränger inmitten deiner Versammlungsstätte,
b
sie haben aufgepflanzt ihre (Feld/Kult-)Zeichen als Zeichen.
5
a
Es tut sich kund wie [das] Hochheben
b
in einem Baumdickicht von Äxten.
II A
6
a
Und jetzt: Ihre Schnitzwerke insgesamt,
b
mit Axt und Hammer zerschlagen sie [sie].
7
a
Sie bewarfen mit Feuer dein Heiligtum,
b
haben zu Boden entweiht den Wohnort deines Namens.
8
a
Sie sprachen in ihren Herzen: "Wir wollen sie unterdrücken allesamt!"
b
Sie verbrannten alle Versammlungsstätten Els im Land.
II B
9
a
Unsere Zeichen haben wir nicht [mehr] gesehen,
b
es gibt keinen Propheten mehr,
c
und keiner ist [mehr] bei uns, der wüsste: wie lange noch?
10
a
Bis wann noch, Elohim, darf höhnen [der] Bedränger,
b
darf schmähen [der] Feind deinen Namen für immer?
11
a
Warum ziehst du deine Hand zurück, ja, deine Rechte?
b
Mitten heraus aus deinem Gewandbausch [strecke sie und] vertilge!
III A
12
a
Dennoch [ist] Elohim mein König von Urzeit her,
b
wirkend Rettungen mitten auf der Erde (oder: im Land).
13
a
Du, du hast aufgestört mit deiner Kraft das Meer,
b
hast zerschmettert die Häupter der Meeresdrachen über dem Wasser.
14
a
Du, du hast zerschlagen die Häupter Leviathans,
b
gabst ihn zum Frass den Haien des Meeres(?) (oder: dem Volk der Wüstentiere?).
III B
15
a
Du, du hast gespalten Quelle und Bach,
b
du, du hast austrocknen lassen stetig fliessende Ströme.
16
a
Dein [ist] der Tag, ja, dein [ist] auch die Nacht,
b
du, du hast bereitet [Mond-]Licht und Sonne.
17
a
Du hast festgelegt alle Grenzen der Erde,
b
Sommer und Winter, du, du hast sie gebildet.
IV A
18
a
Gedenke dies: [Der] Feind hat gehöhnt, JHWH,
b
und ein törichtes Volk hat geschmäht deinen Namen.
19
a
Gib nicht preis dem Wildtier das Leben deiner Taube;
b
das Leben deiner Armen vergiss nicht für immer!
20
a
Blicke hin auf den Bund, denn zahlreich ("voll") sind
b
[die] Schlupfwinkel des Landes, die Wohnstätten der Gewalttat!
IV B
21
a
Es soll nicht zurückkehren der Unterdrückte beschämt,
b
[der] Arme und [der] Geringe sollen deinen Namen lobpreisen!
22
a
Stehe bitte auf, Elohim, führe bitte deinen Rechtsstreit,
b
gedenke deiner Verhöhnung – von Narr[en ausgehend] den ganzen Tag!
23
a
Vergiss nicht das Geschrei deiner Bedränger,
b
den Lärm der gegen dich Aufständischen, [der] aufsteigt beständig!
Ps 74 ist als ein "Klagelied des Volkes" einzustufen, das dieser Gattung entsprechend zurückgreift auf heilsgeschichtliche und mythische Urzeiten (םדק "vorzeiten, Urzeit" 2a.12a). Die Volksklage mündet dahingehend aus, dass im Schlepptau der Zerstörung der staatlichen Ordnung im Land Gewalttäter und Ausbeuter aufgetreten sind und um Rettung der von ihnen unterdrückten Armen gebetet wird.
Von der neueren Exegese wird der Psalm (v.a. aufgrund von 2f.7) meist in die (früh)exilische Zeit datiert (vgl. H. Spieckermann, M. Emmendörffer, K. Seybold, E. Zenger). Während es durchaus möglich ist, Volksnot und Armennot nebeneinander zu sehen, gibt es Ausleger, die im zweiten eine spätere Aktualisierung sehen (so bestimmt etwa E. Zenger 2c.9b.19–21 als nachexilische Fortschreibung). Aus meiner Sicht ist der Psalm weithin (2?) einheitlich, aber nicht exilisch, also als Verarbeitung der Jerusalemer Tempelzerstörung und des Untergang des Südreichs (587/6 v.Chr.) anzusehen, sondern ursprünglich als Verarbeitung der Geschehnisse rund um den Untergang des Nordreichs (722 v.Chr.) einzustufen (vgl. B. Weber). Das schliesst eine exilische Relecture nicht aus, sondern ein. Gott wird in 2 zwar u.a. zum "Zion-Gedenken" aufgerufen, dabei wird aber auf gründendes Ursprungsgeschehen referiert (ingressives Perfekt, vgl. Ex 15,13.16f.). Dass der Zion-Tempel in Trümmern liege, wird nicht gesagt. Im Gegenteil: Gott soll vom Zion her seine Schritte zu den vom Feind verursachten "Trümmern" (oder: "Öden") hinlenken, um diese zu beschauen (und sich dadurch zum Eingreifen bewegen zu lassen). Zu denken ist an von den Assyrern verursachte Zerstörungen der heiligen Stätten im Bereich des (ehemaligen) Nordreichs (vgl. auch den Plural in 8b). Besonders provokativ empfunden worden ist das Gebrüll der Fremdtruppen an den heiligen Versammlungsorten und v.a. das Aufpflanzen von militärischen Standarten oder sogar Zeichen von Fremdkulten (4). In den textlich schwierigen Versen 5f. wird der verursachte Schaden anscheinend mit dem Werk von Holzarbeitern mit ihren Äxten in einem (dichten) Wald verglichen. Es liegen Anklänge vor an das als Hybris eingestufte Umholzen von Zedern-Wäldern im Libanon durch Israel feindlich gesinnte Mächte (im Blick auf den Assyrer Sanherib vgl. Jes 37,24 || 2. Kön 19,23, ferner Jes 10,33f.). Damit wird ein innerer Zusammenhang zwischem dem Umhauen des Libanon-Waldes und den Heiligtumsverwüstungen (durch die Assyrer) hergestellt. Eine Reihe von Begriffen und Formulierungen zeigt ebenfalls den Einfluss des Nordreichs bzw. des (anti)assyrischen Hintergrunds (vgl. namentlich die seltene Begrifflichkeit in 5f., dazu G.A. Rendsburg).
Ps 74 setzt ein mit einer zweiteiligen, von Fragen gerahmten Klage (1–5.6–11), in der die Freveltaten der Feinde Israels, die auch die Feinde Gottes sind, geschildert werden, wobei die Verheerung und Profanierung der heiligen Kult- und Versammlungsstätten als besonders verwerflich herausgestellt wird. Der Gipfel des Frevels ist in den Totalitäts-Aussagen ("allesamt/alle") von 8 (mit Feindzitat) und der Gottes-Verhöhnung in 10 gegeben. Für die überlebende Gemeinde liegt die (theologische) Not v.a. in der Verwerfungsproblematik (vgl. 1ab; die Hirte-Herde-Topik ist asaphitisches Charakteristikum) und im anhaltenden Verzug des Eingreifens JHWHs, wie anhand der vielen Zeit-Fragen und -Begriffe deutlich wird (vgl. 1a.3a.10ab). Damit in Zusammenhang steht das Ausbleiben von Gottes-Rede (vgl. 9). Gott wird zum Gedenken an die gründenden Heilstaten, zum Anschauen der Trümmer und zum machtvollen Eingreifen aufgefordert (2f.9). Die "zurückgezogene", im Gewandbausch versteckte Hand ist das Gegenbild zu der im Kampf machtvoll "erhobenen" (rechten) Hand (vgl. Ex 15,6.12.16; Jes 14,27).
An die Volks- bzw. Heiligtumsklage schliesst sich ein hymnisches Bekenntnis mit einem Heilsrückblick an (12–17), das in beschwörendem "Du"-Stil ergeht. Der Notschilderung wird Gottes kosmisches Wirken als König (vgl. Ex 15,18) gegenübergestellt. Er bändigte das Chaos und schafft bzw. erhält die Erde (den Wechsel von Tag und Nacht wie auch den Lauf der Jahreszeiten), gewährte aber auch Exodus und Landnahme. Dieses Grund-legende Wirken Gottes wird aufgerufen, damit sich der darin mächtig zeigende Gott auch angesichts der jetzt anhaltenden Not neu offenbart und die Feinde in die Schranken weist.
Der Schlussteil (18–23) besteht im Wesentlichen aus (argumentierenden) Gottes-Aufrufen, dem jetzigen "Chaos" ansichtig zu werden und ihm ein Ende zu bereiten – zum Gericht für die Bedränger, zur Rettung für die Bedrängten (mit dem "Bund" in 20 könnte der Davids-Bund angesprochen sein, vgl. 2. Sam 7; Ps 2; 72).
Der ganze Psalm wird (später?) als "Lehrgedicht" verstanden (vgl. 1).
Ps 74 besteht aus acht Strophen, die sich zu vier Stanzen gruppieren, die rund zwölf Zeilen umfassen. Die mittlere Drehachse liegt zwischen 11 und 12, so dass sich zwei Hauptteile (Cantos) einstellen. Neben semantischen Wiederholungs- und Rahmungsmustern spielen (wie bei Ps 73) akrostichische Phänomene eine strukturierende Rolle. So kommt der Fragepartikel המל "warum?" eine Canto I–II rahmende Funktion zu (wobei durch das Triplett der Fragewörter in Strophe II B noch eine Steigerung induziert ist). Stanze II und III setzen mit ו ein, das in der Verbindung von 6 eine fokussierende ("und jetzt …"), in derjenigen von 12 eine adversative Funktion ("dennoch Elohim …") hat. Stanze III ist ausserdem geprägt durch das siebenmal (!) erscheinende, meist akrostichisch verwendete התא "du" (13a.14a.15a.15b.16b.17a.17b), das durch das doppelte ךל "dein" (16a) noch verstärkt wird. Der Anfang von Stanze IV geschieht analog zum Zweitvers des Psalms (רכז "gedenke …!" 2a.18a, vgl. 22b) und wird am Schluss gerahmt durch das synonyme חכשׁת־לא "vergiss nicht …!" (23a, vgl. 19b). Die Versanfänge von Stanze IV sind durchgängig als Alternierung von Imperativen (18.20.22) und mit der Negierungs-Partikel ־לא eröffnenden Vetitiven (= verneinte Jussive, 19.21.23) gestaltet.
Canto I–II ist begrifflich-thematisch durch die Klage einerseits sowie u.a. die Referenzen auf die "Zeichen" (תוא pl 4b.9a) und Gottes "Wohnen" (ןכשׁ/ןכשׁמ 2c.7b) verklammert. Canto III– IV dagegen ist bestimmt durch Hymnus und finale Eingreifappelle sowie durch (Chaos-)Tier-Begrifflichkeit (13f.19). Die Gesamtanlage der vier Stanzen mag spiegelsymmetrisch sein (ABB'A'). Was die Innenstanzen II und III betrifft, steht die klagende "sie"-Schilderung im Kontrast zum hymnischen "du"-Bekenntnis. Und die Aussenstanzen I und IV sind parallelisiert durch Volksklage einerseits und entsprechende Eingreifbitten andererseits sowie die genannten Appelle des "Gedenkens" damals und heute. Fast noch stärker aber scheint mir eine alternierende Struktur (ABA'B') eingezeichnet zu sein. Danach würde sich die Hymnik von III stärker auf den Klageteil von I beziehen (vgl. die Rückbezüge auf die Urzeit in 2a.12a), und die Schlussbitten von IV hätten die "sie"-Klagen von II als Bezugsgrösse (vgl. v.a. die bis in die Wortverwendung hinein parallelen 10 und 18 sowie die begriffs- und lautverwandten Ausdrücke ךדיבישׁתהמל "Warum ziehst du deine Hand zurück …" [11a] respektive ךדבשׁי־לא "Es soll nicht zurückkehren der Unterdrückte …" [21a]).
Die mit רכז/חכשׁת־לא ("gedenke!/vergiss nicht!") gebildeten Appelle (in Stanze IV nach dem alternierenden Schema "abab" angeordnet) gehören ebenso zu den Leitvokabeln von Ps 74 wie das vierfache, das Problem der Zeiterstreckung (mit)anzeigende חצנ(ל) "für immer, immerwährend" (1a.3a.10b.19b), das stets am Zeilen- oder Versschluss erscheint, und das die asaphitische (Gottes-)Namenstheologie unterstreichende ךמשׁ "dein Name" (7b.10b. 18b.21b). Zu den Leitvokabeln gehört schliesslich auch das polyseme, die Bedeutungen "Erde" und "Land" (auch "Boden") einnehmende Nomen ץרא (7b.8b.12b.17a.20b), mit dem der Wirkungsort der Feinde wie Gottes zur Aussage gebracht wird.
An Lautmustern seien über die genannten Zeilenanfangsreime (Akrostichien) hinaus folgende Phänomene genannt: In der Eröffnungsfrage von 1a sind die beiden theologisch relevanten Begriffe auch lautlich eng verzahnt: חצנלתחנז "… hast du verworfen für immer …?"; 1b dagegen weist ein gutturales ע/א-Muster auf (Schema: abba). ךדעומ "deine Versammlungsstätte" weist zurück auf ךתדע "deine Gemeinde" (mit Wurzelverwandtschaft), wodurch Gottes erwählte Gemeinde und Gottes Heiligtum aufeinander bezogen wird. In 7 mag das Zischen der Feuerpfeile durch das gehäufte Auftreten der Sibilant-Laute (v.a. שׁ) nachgeahmt sein. In 9 wird die ausgesagte Zeichen- und Zeitproblematik durch die Gutturallaute א (7mal) und ע (3mal) unterstrichen. Laut und Form von וננתת "du gibst ihn …" (14b) spielen mittels den ת-נ-Doppelungen kunstvoll auf die Monster םינינת "Meeresdrachen" (13b) und ןתיול "Leviathan" (14a) an (vgl. auch noch ןתיא "stetig fliessend" in 15b). 17–19 bieten Wort- und Lautspiele mit ףרח/ףרח "Winter"/"höhnen" und dem doppelsinnig verwendeten Begriff תיח "Wildtier / Leben". Ein phonologischer Parallelismus liegt vor zwischen der Form ־יכשׁחמ ("finstere Örter, Schlupfwinkel", 20b) und חכשׁת ("vergessen", 19b.23a) einerseits sowie סמח ("Gewalttat", 20b) andererseits.
Mit Ps 74 erscheint nicht nur ein Kollektivpsalm, sondern mit der Gattung "Volksklage" ein Typus, der für die Gruppe der Asaph-Psalmen charakteristisch ist (vgl. Ps 79; 80; 83, ferner auch Ps 77). Entsprechend findet sich Thematik und Vokabular in den nachfolgenden Asaph-Psalmen aufgenommen (s. dort). Mit dem individuell bzw. exemplarisch-paradigmatisch akzentuierten Eröffnungspsalm 73 ist der nationale Ps 74 über thematische Analogien hinaus (Krisenerfahrung und -bewältigung, Gottesferne, "Theodizee") durch Stichwortverknüpfungen verbunden (vgl. das lautähnliche und – je nach Lesart – sinngleiche תואושׁמ/תואשׁמ "Täuschungen/Trümmer" oder: "Öden" 73,18; 74,3; שׁדקמ "heilige Stätte[n], Heiligtum" 73,17; 74,7; סמח "Gewalttat" 73,6; 74,20; ץרא "Erde, Land, Boden" 73,9.25; 74,7.8.12.17.20; das mit ורמא "sie sagen/sprachen" eröffnete Feindzitat 73,11; 74,8; דימת "beständig" 73,23; 74,23; die Paarung די/ןימי "Hand/Rechte" 74,23; 74,11). Es geht in beiden Psalmen um die Not der Volksgemeinde, in der auch der bzw. die Einzelne(n) mithineingerissen ist/sind.
Ps 74 hat Parallelen mit dem qorachitischen Volksklagepsalm 44; zudem weist die individuellkollektive Zweiergruppe Ps 73/74 am Anfang des Asaph-Psalters und von Buch III Parallelen auf zu den qorachitischen Psalmenpaaren am Anfang von Buch II (Ps 42–43/44) und – mit reziproker Anordnung – am Ende von Buch III (Ps 88/89, vgl. ferner das die zweite QorachGruppe eröffnende Paar Ps 84/85). Bei der Platzierung dieser analogen Paarungen an Buchanfängen und -enden scheinen psalterredaktionelle Überlegungen mit eine Rolle gespielt zu haben. Die finale Stanze IV von Ps 74 mit ihrer Referenz auf die Armen und Bedrückten hat auch kontrastiv wirkende Bezüge zum Schlusspsalm 72 von Buch II.
Ps 74 hat deutliche Anklänge ans Schilfmeerlied (vgl. v.a. 2.11f[f]. mit Ex 15,6.12f. 16–18). Zu 1–3 vgl. Dtn 7,6; Ps 76,3; 77,8; 79,13; 80,5; Apg 20,28, zu 4f. vgl. Klgl 2,7, zu 6–8 vgl. 2. Kön 25,9; Jes 64,10, zu 9–11 vgl. Ps 77,9; Klgl 2,3.9, zu 12–14 vgl. Gen 1,6–8; Ex 14,21f.; Jes 27,1; 51,9f.; Ps 29,10; 89,10f.; 104,6–8; Hi 9,13; 40,25, zu 15–17 vgl. Gen 8,22; Ex 17,6; Jos 3,16; Ps 104,19; Apg 17,26, zu 18(–21) vgl. Dtn 32,6; 2. Kön 19,4ff.; Ps 79,12.
Anders als in der jüdischen hat in der christlichen Gemeinde und Liturgie die (kollektive) Klage als Behaftung Gottes angesichts von krisenhaftem und traumatisierendem (Welt-)Geschehen leider kaum eine Tradition. Von Individual- oder Volksschuld ist in diesem Psalm genauso wenig die Rede wie es keine Ausweichmanöver gibt, die katastrophenartige Wirklichkeitserfahrung mit anderen Zusammenhängen, Gründen, letzten Verursachern oder gar so etwas wie "Schicksal" in Verbindung zu bringen. Zwar wird das böswillige und überhebliche Agieren von Feinden verklagt, aber die eigentliche, theologische Not liegt im Zorn Gottes, seinem Verwerfungshandeln und dem anhaltenden Ausbleiben seiner Heilsmächtigkeit zugunsten des Volkes (vgl. v.a. 1.10f.). In dieser Volksklage wird gegenüber dem als abwesend erfahrenen Gott in der Gegenwart der einst in der Existenz-gründenden Ur- und Heilsgeschichte mächtig wirkende Gott angerufen und zum Eingreifen aufgerufen.
E. Zenger zieht aus Ps 74 die folgenden Schlussfolgerungen: 1. Der Psalm hält daran fest, dass allen katastrophenartigen Erfahrungen zum Trotz die Welt als Schöpfung Gottes von ihm umfangen bleibt; 2. Der Psalm gibt keine Erklärungen ab zur Katastrophe, sondern versucht, im Modus der Klage, ja der Anklage die Bindung an Gott in der Deutefigur einer Schicksalsgemeinschaft zwischen Gott und seinem Volk so zu beschwören, dass daraus Kraft für ein Aushalten des Leids erwächst; 3. Der Psalm widersteht der Versuchung, Gottes Gott-Sein von seiner Erfahrbarkeit in der konkreten Geschichte abzukoppeln. Er klagt im Gegenteil Gottes Parteilichkeit für die Opfer der Geschichte ein.
Ps 74 im Gesangbuch: EG Ps 74 (EG-West).
1
Dem Musikverantwortlichen – [nach der Weise:] "Vertilge nicht!" –
ein Psalm – Asaph zugehörig – ein Lied.
I A
2
a
Wir preisen dich hiermit,
(A)
b
Elohim, preisen wir!
c
Ja (oder: denn), nahe [ist] dein Name (und/oder: dein Himmel?);
d
sie haben deine Wundertaten erzählt.
I B
3
a
"Gewiss werde ich bestimmen einen Zeitpunkt;
(B)
b
ich selbst werde [dann] in gerechter Weise richten.
4
a
[Sind auch] wankend [die] Erde und all ihre Bewohner,
b
ich selbst habe befestigt ihre Säulen.
– Sela.
I C
5
a
Hiermit sage ich zu den Verblendeten: 'Seid nicht verblendet!',
(C)
b
und den Frevlern: 'Erhebt nicht [das] Horn!
6
a
Hebt nicht zur Höhe euer Horn,
b
redet [nicht] mit [emporgerecktem] Hals Freches!'"
II A
7
a
Gewiss, weder vom Osten noch vom Westen,
(C')
b
noch von der Wüste her [kommt die] Erhöhung.
8
a
Gewiss: Elohim [ist] Richter:
b
[Den] einen wird er erniedrigen und [den] andern erhöhen.
II B
9
a
Gewiss, ein Becher [ist] in der Hand JHWHs,
(B')
b
und Wein, er schäumt, voll [von] Gewürzzusatz;
c
dann schenkt er aus von diesem.
d
Fürwahr, seine Hefen müssen sie ausschlürfen,
e
trinken müssen alle Frevler der Erde (oder: des Landes)!
II C
10
a
Ich selbst aber werde verkündigen für alle Zeiten,
(A')
b
ich will singen dem Elohim Jakobs!
11
a
"Ja, alle Hörner der Frevler werde ich abschlagen;
b
erhöht werden sollen die Hörner des Gerechten."
Eine gattungsmässige Zuordnung von Ps 75 will nicht recht gelingen – die Vorschläge reichen von kommunalem Danklied bis prophetischem Psalm. Auffällig sind jedenfalls die Integration von (nicht eingeleiteten) Gottessprüchen und damit der prophetische Charakter des Psalms (vgl. schon den Asaph-Ps 50). Da die Orakelworte als solche nicht explizit markiert sind, ist ihre Bestimmung und Abgrenzung nicht ganz einfach: Sicher gehören 3f. und 11 dazu; weniger deutlich ist, ob das erste Gotteswort über 3f. hinaus noch bis 6 (oder gar 7) weiterläuft. Wahrscheinlich ist 3–6 (in 5f. Redeverschachtelung: Zitate im Zitat) als erstes und 11 als zweites Orakel zu bestimmen.
Ps 75 ist hineingesprochen in eine Zeit der Gefährdung, des Chaos, der Rechtsunsicherheit. Die zentrale Botschaft des Psalms, der sich zeitlich und örtlich kaum näher bestimmen lässt (vgl. aber den Zusammenhang der Asaph-Psalmen mit dem [Fall des] Nordreichs sowie möglicherweise die Parallelpassage in Papyrus Amherst 63, dessen Vorstufen ins Nordreich und nach Bethel führen), ist die Ansage und Beschreibung des kommenden (universalen) Gerichts. Der alleinherrschende Gottkönig und Richter wird die gestörte Weltordnung wiederherstellen, da er andauernd als Schöpfer den Bestand seiner Schöpfung garantiert (vgl. F.-L. Hossfeld). Dieser Orakelpsalm gibt zudem Aufschluss über das Selbstverständnis der auch hinter den andern Asaph-Psalmen stehenden Beter- und Dichtergruppe. Insbesondere die Aufnahme prophetischer Rede weist auf eine autoritative Stellung der Asaphiten innerhalb der Volks- und Gottesgemeinde hin. Als typisch asaphitisch erweist sich auch der Gerichtskontext (hier als Ansage des Gottesgerichts), die Mischung von Kollektiv- und Individualrede, der Rückgriff auf Chaosüberwindende Aussagen der Ur- und Frühzeit (vgl. 2d.4) sowie die "Namenstheologie" (vgl. 2c, weiter häufige und variantenreiche Nennung von Gottesepitheta).
Die Kolometrie ist im Bereich von 2 und 9 (Anzahl Kola?) fraglich. Die Gesamtanlage aber ist deutlich: Es lassen sich sechs Strophen von (mehrheitlich) vier Zeilen voneinander abheben, die sich zu zwei, den Psalm halbierenden Stanzen (I, II) zusammenfügen (vgl. J.P. Fokkelman). Enthält Stanze I nach einem hymnischen Introitus im Wesentlichen Gottesrede, besteht Stanze II – mit Ausnahme des Schlussverses (11) – aus sich daraus ergebenden Ausführungen eines autoritativ sprechenden (kultprophetischen?) "Ichs", wohl des asaphitischen Dichters.
Die Strophenanordnung ist im Wesentlichen spiegelsymmetrisch (Struktur: ABCC'B'A'). In der Mitte entsprechen sich die prophetischen Mahnworte von 5f. (C) und als auslegendes und bestätigendes Gegenstück dazu 7f. (C'), wobei die Relationen v.a. über die mit dem Verb םור hi "erheben" – das eigentliche Schlüsselwort des Psalms – gemachten Aussagen zustande kommen (vgl. 5b.6a.7b.8b, ferner noch 11b, dazu םורמ "Höhe" 6a): Die Selbsterhöhung (und Selbstbemächtigung) wird zurückgewiesen von dem, der allein zur Erhöhung (und Erniedrigung) als Richter bevollmächtigt ist. Darum gruppieren sich die beiden durch das Stichwort ץרא "Erde (oder: Land)" verknüpften Strophen (vgl. auch das sinnreiche Lautspiel zwischen םירשׁימ "in gerechter Weise" [3b] und הירמשׁ