Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dieser Band enthält folgende Western: Das höllische Rudel (Pete Hackett) Das Gold des Outlaws (Max Brand) Richard Hagare hielt das Gespann an. Es war ein schwerer Conestoga-Schoner, der von vier Pferden gezogen wurde. Neben Hagare saß seine Frau auf dem Bock. Sue war einunddreißig Jahre alt und blondhaarig. Sie wirkte älter, als sie tatsächlich war. Um ihren Mund hatte sich ein verhärmter Zug festgesetzt. Sie verhielten in einem Einschnitt zwischen zwei Hügeln. Die Tiere im Geschirr stampften und peitschten mit den Schweifen. Es war heiß. Die Sonne stand hoch am Himmel und glühte das Land aus. Die Luft flimmerte, die Konturen der Hügel waren nur verschwommen wahrzunehmen, wie hinter einer Wand aus Wasser. »Das dürfte Clarendon sein«, murmelte Richard Hagare. »Wir werden zwei Tage in der Stadt bleiben. Die Pferde bedürfen der Ruhe.« Er ließ nach diesen Worten die Peitsche knallen. Die Pferde zogen an. Schon bald rollte der Prärieschoner zwischen die ersten Häuser der Stadt. Breit und staubig lag die Main Street vor dem Siedlerehepaar. Einige Kinder spielten auf der Straße. In den Schatten lagen Hunde. Es war Mittagszeit und die Bürger der Stadt hielten Siesta. Wer nicht hinaus musste, blieb in der Kühle seiner Behausung. Beim Store zügelte Hagare die Pferde. Das Mahlen der eisenbereiften Räder im Staub endete, das Rumpeln versank in der Stille. Einige Kinder näherten sich und musterten neugierig das Ehepaar. Hagare zog die Bremse an, schlang die Zügel um den Bremshebel, dann sprang der vom Wagenbock und half auch seiner Frau hinunter.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 454
Veröffentlichungsjahr: 2023
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Western Doppelband 1023
Copyright
Das höllische Rudel
Das Gold des Outlaws: Wichita Western Roman
Dieser Band enthält folgende Western:
Das höllische Rudel (Pete Hackett)
Das Gold des Outlaws (Max Brand)
Richard Hagare hielt das Gespann an. Es war ein schwerer Conestoga-Schoner, der von vier Pferden gezogen wurde. Neben Hagare saß seine Frau auf dem Bock. Sue war einunddreißig Jahre alt und blondhaarig. Sie wirkte älter, als sie tatsächlich war. Um ihren Mund hatte sich ein verhärmter Zug festgesetzt.
Sie verhielten in einem Einschnitt zwischen zwei Hügeln. Die Tiere im Geschirr stampften und peitschten mit den Schweifen. Es war heiß. Die Sonne stand hoch am Himmel und glühte das Land aus. Die Luft flimmerte, die Konturen der Hügel waren nur verschwommen wahrzunehmen, wie hinter einer Wand aus Wasser.
»Das dürfte Clarendon sein«, murmelte Richard Hagare. »Wir werden zwei Tage in der Stadt bleiben. Die Pferde bedürfen der Ruhe.« Er ließ nach diesen Worten die Peitsche knallen.
Die Pferde zogen an. Schon bald rollte der Prärieschoner zwischen die ersten Häuser der Stadt. Breit und staubig lag die Main Street vor dem Siedlerehepaar. Einige Kinder spielten auf der Straße. In den Schatten lagen Hunde. Es war Mittagszeit und die Bürger der Stadt hielten Siesta. Wer nicht hinaus musste, blieb in der Kühle seiner Behausung.
Beim Store zügelte Hagare die Pferde. Das Mahlen der eisenbereiften Räder im Staub endete, das Rumpeln versank in der Stille. Einige Kinder näherten sich und musterten neugierig das Ehepaar. Hagare zog die Bremse an, schlang die Zügel um den Bremshebel, dann sprang der vom Wagenbock und half auch seiner Frau hinunter.
Alfred Bekker
© Roman by Author /
COVER A.PANADERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Folge auf Twitter:
https://twitter.com/BekkerAlfred
Erfahre Neuigkeiten hier:
https://alfred-bekker-autor.business.site/
Zum Blog des Verlags!
Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!
https://cassiopeia.press
Alles rund um Belletristik!
U.S. Marshal Bill Logan
Band 91
Western von Pete Hackett
U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Richard Hagare hielt das Gespann an. Es war ein schwerer Conestoga-Schoner, der von vier Pferden gezogen wurde. Neben Hagare saß seine Frau auf dem Bock. Sue war einunddreißig Jahre alt und blondhaarig. Sie wirkte älter, als sie tatsächlich war. Um ihren Mund hatte sich ein verhärmter Zug festgesetzt.
Sie verhielten in einem Einschnitt zwischen zwei Hügeln. Die Tiere im Geschirr stampften und peitschten mit den Schweifen. Es war heiß. Die Sonne stand hoch am Himmel und glühte das Land aus. Die Luft flimmerte, die Konturen der Hügel waren nur verschwommen wahrzunehmen, wie hinter einer Wand aus Wasser.
»Das dürfte Clarendon sein«, murmelte Richard Hagare. »Wir werden zwei Tage in der Stadt bleiben. Die Pferde bedürfen der Ruhe.« Er ließ nach diesen Worten die Peitsche knallen.
Die Pferde zogen an. Schon bald rollte der Prärieschoner zwischen die ersten Häuser der Stadt. Breit und staubig lag die Main Street vor dem Siedlerehepaar. Einige Kinder spielten auf der Straße. In den Schatten lagen Hunde. Es war Mittagszeit und die Bürger der Stadt hielten Siesta. Wer nicht hinaus musste, blieb in der Kühle seiner Behausung.
Beim Store zügelte Hagare die Pferde. Das Mahlen der eisenbereiften Räder im Staub endete, das Rumpeln versank in der Stille. Einige Kinder näherten sich und musterten neugierig das Ehepaar. Hagare zog die Bremse an, schlang die Zügel um den Bremshebel, dann sprang der vom Wagenbock und half auch seiner Frau hinunter.
Der Storebesitzer saß auf dem Vorbau in einem Liegestuhl. Der Schatten des Vorbaudaches fiel auf ihn. Unter halb gesenkten Lidern hervor beobachtete er die Ankömmlinge. Richard Hagare schob sich den alten, verbeulten Hut aus der Stirn und grüßte. Der Storebesitzer erhob sich und trat an das Vorbaugeländer heran, legte die Hände darauf und sagte: »Guten Tag, Ma'am, guten Tag, Mister. Sie haben sich für Ihren Trail eine verdammte Hitze ausgesucht. Was ist denn Ihr Ziel?«
»Wir wollen hinauf nach Colorado«, erwiderte Hagare. »Dort oben hat die Regierung Land für die Besiedlung freigegeben. Meine Frau und ich möchten dort oben noch einmal von vorne anfangen. Am San Antonio River hatten wir kein Glück. Da waren wir einem Weidepiraten im Weg, und bevor er rau wurde, haben wir aufgegeben.«
»Das kenne ich«, sagte der Storehalter. »Hier im Panhandle kracht es auch ständig zwischen Viehzüchtern und Farmern. Der Zwist hat schon viel Leid heraufbeschworen. Männer starben, Familien wurden von ihrem Grund und Boden vertrieben. Es herrscht oftmals noch das Gesetz des Stärkeren.«
»Davon können wir ein Lied singen«, sagte Hagare. »Wir möchten gerne unsere Vorräte ein wenig auffrischen, Sir. Und meine Frau will sich sicher etwas in ihrem Laden umsehen. Dagegen haben Sie doch nichts einzuwenden?«
Der Storeinhaber lachte auf. »Wie sollte ich? Von Leuten wie Ihnen lebe ich.«
In dem Moment trieben vier Reiter ihre Pferde aus einer Seitenstraße. Die Gesichter der Kerle lagen im Schatten der Hutkrempen. Sie trugen lange Staubmäntel. Die Pferde waren verschwitzt und verstaubt. Hagare hatte sich halb umgewandt und beobachtete das Quartett. Sie ritten zum Saloon und saßen beim Hitchrack ab, banden die Pferde an, zogen ihre Gewehre aus den Scabbards und gingen sporenklirrend in den Schankraum. Die Pendeltür schlug hinter ihnen aus.
»Sehen aus wie Satteltramps«, murmelte der Storeinhaber und zog mit seinen Worten die Aufmerksamkeit des Auswanderers auf sich.
»Meine Frau und ich sehen auch nicht viel besser aus«, versetzte Hagare lächelnd. »Wenn man tagelang in der Wildnis unterwegs ist, vermittelt man einfach einen heruntergekommenen Eindruck. Es sind vielleicht Cowboys, die eine Anstellung suchen.«
Der Storebesitzer zuckte mit den Schultern. Geringschätzig sagte er: »Kerle, die ihre abgetriebenen, verschwitzten Pferde einfach an den Holm stellen und sich nicht weiter um sie kümmern, können nicht viel taugen.« Nach dem letzten Wort wandte er sich ab und ging vor dem Ehepaar her in den Store.
*
Jack Dalton und seine Kumpane bestellten Bier. Sie setzten sich an einen der runden Tische und streckten die vom Reiten steifen Beine weit von sich. Die vier Männer drehten sich Zigaretten und rauchten. Der Keeper brachte die Krüge mit dem Bier. Sie prosteten sich zu und tranken.
»Das tut gut«, gab Amos Benson zu verstehen und wischte sich mit dem Handrücken den Schaum vom Mund. Dann zog er an seiner Zigarette. Tief inhalierte er den Rauch.
Nachdem sie getrunken hatten, bezahlten Dalton und seine Gefährten und verließen den Saloon. Sie holsterten die Gewehre, banden die Tiere los und führten sie zum Mietstall. Typischer Stallgeruch empfing sie. Der Stallmann saß auf einer Futterkiste und nähte ein Zaumzeug. Jetzt legte er seine Arbeit zur Seite und erhob sich, zog seine etwas zu weite Hose in die Höhe und schniefte. Dann sagte er: »Die Pferde können einem Leid tun. Sie sehen ziemlich fertig aus. Ihr scheint es recht eilig gehabt zu haben.«
»Mach dir darüber keine Gedanken, Alter«, versetzte Jack Dalton. »Wir reiten übermorgen in der Früh weiter. Du wirst unsere Gäule wieder auf Vordermann bringen. Das wirst du doch?«
»Mal sehen, was ich machen kann.«
Die vier Männer schnallten ihre Satteltaschen los, nahmen ihre Gewehre und verließen den Stall. Grübelnd schaute der Stallmann hinter ihnen her. Schließlich holte er Kautabak aus der Tasche, biss ein Stück davon ab, begann zu kauen und machte sich daran, die Pferde mit Hafer zu versorgen.
Währenddessen staksten Dalton und seine Begleiter zum Hotel. Hinter den Fenstern der Häuser zeigten sich Gesichter. Die Stadtbewohner beobachteten die Fremden. Sie passierten das Gemeindehaus. Neben dem Eingang befand sich eine große Holztafel, an die irgendwelche amtlichen Bekanntmachungen geheftet waren. Da waren auch einige Steckbriefe. Die vier blieben stehen und studierten sie. Schließlich sagte Bill Frawler: »Das Bild von dir ist nicht mal so schlecht, Jack. Da steht auch, dass du mit drei Kumpanen unterwegs bist. Sogar unsere Namen sind aufgeführt. Ho, die Summe, die sie auf uns ausgesetzt haben, kann sich sehen lassen. Zweitausend Bucks.«
»Du alleine bist achthundert wert, Jack«, sagte der vierte Mann, dessen Name Gary Tucker war. Er kratzte sich am stoppelbärtigen Kinn. »Hoffen wir nur, dass wir in der Stadt nicht erkannt werden.«
Sie schritten weiter. Nachdem Sie im Hotel verschwunden waren, kam der Stallmann aus dem Hof des Mietstalles. Ihm war der Steckbrief an der Anschlagtafel des Gemeindehauses eingefallen. Und er glaubte Jack Dalton erkannt zu haben. Er erreichte die City Hall und nach dem ersten Blick auf das Konterfei des Banditen, das ihm von dem Steckbrief entgegenblickte, war er sich sicher, dass Jack Dalton und seine Kumpane die Stadt heimgesucht hatten.
Ein Zweifel war ausgeschlossen.
Earl Hunter, der Stallmann, kehrte an seinen Arbeitsplatz zurück. Die Pferde der vier Banditen fraßen Hafer. Nachdem er ihnen die Sättel und das Zaumzeug abgenommen hatte, verließ Hunter erneut den Stall. Er ging nach Hause. In der Wohnstube traf er auf seine Frau und seinen Sohn Jim. »Jack Dalton und seine Banditen sind in der Stadt«, sagte er. »Die Bande ist zweitausend Dollar wert. Sie will bis übermorgen Früh in der Stadt bleiben.«
»Ich sah die vier Kerle vorbeireiten«, murmelte Jim Hunter versonnen. Er war zweiundzwanzig Jahre alt und blondhaarig. Einige Zeit hatte er als Gehilfe in der Futtermittelhandlung gearbeitet. Den Job hatte er vor drei Monaten hingeschmissen. Seitdem arbeitete er gar nichts mehr und ließ sich von seinem Vater durchbringen. »Du bist dir sicher?«
»Hundertprozentig. Ich werde den Bürgermeister informieren. Er muss einen Boten nach Amarillo zum Bezirksgericht schicken. Es wäre ein Job für dich, Sohn. Du sitzt sowieso nur herum…«
»Es gibt keine Jobs in Clarendon!«, fauchte Jim. »Also wirf es mir nicht ständig vor, dass ich dir auf der Tasche liege.«
»Du hattest einen Job, Junge«, grollte Earl Hunter.
»Ich kann es nicht mehr hören«, stieß Jim hervor, erhob sich mit einem Ruck von seinem Stuhl und verließ die Küche.
»Du solltest es ihm wirklich nicht ununterbrochen vorwerfen«, sagte die Frau.
»Er ist faul«, murmelte Earl Hunter. »Jim hätte sich schon längst bei einer der großen Ranches bewerben können. Er will nicht arbeiten. Ich frage mich, wo das hinführt.«
»Er kann eines Tages deinen Job im Mietstall übernehmen.«
Earl Hunter winkte ab, ging zur Anrichte, schöpfte eine Kelle voll Wasser aus dem Eimer, der da stand, und trank. »Ich gehe zum Bürgermeister«, sagte er dann und verließ gleich darauf das Haus.
Der Town Mayor schaute nicht gerade begeistert drein, nachdem Earl Hunter geendet hatte. »Was machen wir?«, fragte er schließlich. »Bis Amarillo muss ein Mann zwei Tage lang reiten. Über eine Bürgerwehr verfügen wir nicht.«
»Du könntest versuchen, ein paar Freiwillige…«
»Vergiss es«, unterbrach der Bürgermeister den Stallmann. »Niemand in der Stadt wagt sich gegen eine Bande von Gesetzlosen anzutreten. Am besten wäre es, wenn wir so täten, als wüssten wir nicht, wer die Kerle sind. Sie werden übermorgen weiterreiten. Es wäre töricht, die Bürgerschaft aufzuklären. Am Ende fordern wir die Schufte heraus und sie lassen hier den Teufel aus dem Sack. Also bewahren wir Stillschweigen, Earl. Es ist die vernünftigste Lösung.«
»Wie du meinst«, antwortete der Stallbursche. »Allerdings habe ich schon meinem Jungen von der Ankunft der vier Banditen erzählt.«
»Dann musst du eben noch einmal nach Hause gehen und Jim gebieten, es nicht an die große Glocke zu hängen. Er könnte ziemlichen Verdruss heraufbeschwören.«
Also kehrte Earl Hunter noch einmal zu seinem Haus zurück. Aber Jim war nicht da. Die Frau des Stallmannes hatte keine Ahnung, wo sich ihr Sohn herumtrieb.
Jim Hunter befand sich bei seinem Freund Steve Houseman. »Auf dem Steckbrief steht tot oder lebendig«, sagte Jim Hunter mit Nachdruck. »Wenn wir uns also irgendwo auf die Lauer legen und die Kerle abschießen wir Wildhasen kann uns kein Mensch einen Strick daraus drehen.«
»Es sind zweibeinige Wölfe«, gab Steve Houseman zu bedenken. »Und wenn wir nur den geringsten Fehler machen, dann kann es verdammt heikel für uns werden. Sicher, es wären schnell verdiente zweitausend Dollar. Ebenso gut aber können wir uns heißes Blei einhandeln.«
»Ich spreche mit Jesse«, knurrte Jim Hunter. »Jesse hat gewiss nicht so viele Bedenken.«
Steve Houseman atmete durch, massierte mit Daumen und Zeigefinger seinen Nasenrücken, dann sagte er: »In Ordnung. Sprechen wir mit Jesse. Wenn er mitmacht, bin ich auch dabei.«
Jesse Webster war der Sohn des Schreiners. Er arbeitete als Gehilfe seines Vaters. Die beiden Websters waren auch als Totengräber tätig. Jim Hunter und Steve Houseman trafen Jesse Webster in der Werkstatt an. Er hobelte gerade die Kanten eines Brettes glatt. Schweiß rann über sein gerötetes Gesicht, die dunklen Haare klebten ihm in der Stirn.
»Hast du die vier Kerle gesehen, die vor etwa einer Stunde in Clarendon angekommen sind?«, fragte Jim Hunter.
Jesse Webster wischte sich den Schweiß aus den Augenhöhlen. »Nein. Was ist mit ihnen?«
»Es sind steckbrieflich gesuchte Banditen. Die vier sind zweitausend Bucks wert. Tot oder lebendig.«
Carl Webster, der Vater von Jesse, kam in die Werkstatt. Als er die beiden Besucher erkannte, blieb er stehen, seine Brauen zuckten in die Höhe, er sagte streng: »Jesse hat keine Zeit. Im Gegensatz zu euch beiden Müßiggängern hat er eine Arbeit. Und von dieser solltet ihr ihn nicht aufhalten.«
»Sie halten mich nicht auf, Dad«, versuchte Jesse seine beiden Freunde zu verteidigen.
»Die Kerle sind bis übermorgen in der Stadt«, murmelte Jim Hunter. »Wir treffen uns, wenn du Feierabend hast und reden drüber.«
»Von welchen Kerlen ist die Rede?«, fragte Carl Webster.
»Es ist unwichtig, Mr. Webster«, erwiderte Jim Hunter, dann nahm er Steve Houseman am Oberarm und schob ihn aus der Werkstatt hinaus.
Ein Stück weiter unten schritten Jack Dalton und seine Gefährten über die Straße. Sie kamen aus dem Hotel und waren zum Saloon unterwegs. Jim Hunter und Steve Houseman blieben stehen und starrten den Banditen hinterher. »Da gehen zweitausend Dollar«, presste Jim Hunter zwischen den Zähnen hervor. Habgier glitzerte in seinen Augen.
*
Joe Hawk und ich ritten auf der Fährte von Jack Dalton und seiner Bande. Die Bande war in Tampico gesehen worden und ein Bote des Bürgermeisters hatte das Distriktgericht verständigt. Da Dalton und seine Banditen die Stadt in Richtung Norden verlassen hatten, waren wir davon überzeugt, dass sie Clarendon anreiten würden. Es war um die Mitte des Nachmittags, als wir die Stadt erreichten. Clarendon vermittelte Ruhe und Frieden. Ich dachte an Jane Carter, meine Verlobte, die in der Nähe der Stadt am Mulberry Creek eine Pferderanch betrieb. Die Gelegenheiten, sie zu besuchen, waren in den vergangenen Monaten immer seltener geworden.
Wir stiegen im Wagen- und Abstellhof des Mietstalles von den Pferden. Der Stallmann überschritt die Schattengrenze unter dem Tor und trat ins gleißende Sonnenlicht, beschattete seine Augen mit der flachen Hand und rief: »Aaah, das Gesetz. Ihr reitet doch nicht etwa auf der Fährte von Dalton und seinen Höllenhunden?«
»Doch«, sagte ich. »Befinden sich die Banditen in der Stadt?«
»Sie haben Clarendon heute Morgen verlassen«, antwortete Earl Hunter. »Es gab niemand in der Stadt, der es wagte, ihnen entgegenzutreten, Logan. Mein Sohn…«
Hunter brach ab und schluckte krampfhaft.
»Was ist mit Ihrem Sohn?«, fragte ich.
Nach einem zitternden Atemzug sagte der Stallmann: »Er und zwei Freunde sind den Kerlen gefolgt. Ich habe Jim bekniet, seinen verrückten Vorsatz, die Bande fertigzumachen, sausen zu lassen. Der junge Narr meinte, es wäre ein Kinderspiel. Ich habe Angst um ihn.«
»Ihre Angst ist sicher nicht unbegründet«, knurrte Joe. »Dalton und seine Kumpane sind eiskalte Mörder. Sie hätten Ihren Sohn notfalls mit Gewalt zurückhalten müssen, Earl.«
»Der Bursche ist zweiundzwanzig«, versetzte der Stallmann. »Der lässt sich von mir nicht festhalten. Ebenso wie mir ergeht es Houseman und Webster. Aber die beiden waren ebenso chancenlos wie ich. Die Jungs ließen sich nicht aufhalten.«
»In welche Richtung haben die Banditen Clarendon verlassen?«
»Nach Norden.«
»Okay, Earl«, sagte ich. »Tränken und füttern Sie unsere Pferde. Wir gehen in den Saloon, um etwas zu essen. In einer Stunde reiten wir weiter.«
Wir wollten keine Zeit verlieren.
Tatsächlich waren wir eine Stunde später wieder auf dem Trail. Nachdem wir etwa fünf Meilen geritten waren, lag vor uns der Salt Fork Red River. Mit Spurensuche hatten wir uns nicht aufgehalten. Joe und ich waren uns sicher, dass die Bande nach Pampa wollte. Wir ritten durch den Creek. Das Wasser spritzte und gischtete. In der Flussmitte reichte das Wasser den Tieren gerade bis zu den Sprunggelenken.
Die Sonne näherte sich dem Westen. Die Schatten wurden länger. Wir ritten zwischen Hügeln und Tafelbergen. Die Hänge schwangen sich steil in die Höhe. Sie waren mit Buschwerk bewachsen, hier und dort fristete eine Korkeiche oder ein Hickory mit breiter Krone sein Dasein.
Plötzlich zügelte Joe sein Pferd. Auch ich zerrte mein Tier in den Stand. Fragend schaute ich meinen Partner an. Er hatte die Augen zusammengekniffen und starrte nach vorn. »Ein Planwagen«, murmelte er.
Jetzt sah ich auch den hellen Fleck vor einem der Hügel. Joe hatte sich nicht getäuscht. Es war ein Planwagen. Er stand. Ich nahm an, dass die Leute, die mit dem Schoner unterwegs waren, lagerten. »Reiten wir hin«, sagte ich.
Wir setzten die Pferde in Gang. Bald konnte ich Einzelheiten erkennen. Im Geschirr standen vier Pferde. Die Tiere ließen die Köpfe hängen. Menschen waren nicht zu sehen. »Da stimmt was nicht«, murmelte ich und zog das Gewehr aus dem Scabbard, repetierte und stellte den Kolben auf meinen Oberschenkel. Auch Joe zog seine Waffe. Die Tiere vor dem Wagen drehten die Köpfe und äugten uns entgegen. Und dann sah ich eine Gestalt im kniehohen Gras liegen. Sie rührte sich nicht.
Joe und ich saßen ab. Es war ein Mann. Seine Hemdbrust war dunkel vom eingetrockneten Blut. Wie tot lag er da. Ich ging bei ihm auf das rechte Knie nieder. Joe schritt um den Schoner herum. Seine Stimme erklang: »Großer Gott! Da liegt eine Frau. Sie – sie ist tot.«
Ich fühlte den Puls des Mannes, bei dem ich niedergekniet war. Er war ganz leicht zu spüren. Ich drückte mich hoch, holte meine Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf und flößte dem Bewusstlosen etwas Wasser zwischen die trockenen, rissigen Lippen. Plötzlich begann er zu schlucken. Es geschah mechanisch. Seine Lider zuckten. Ich nahm mein Halstuch ab, befeuchtete es und wischte ihm das Gesicht ab. Mit dem stupiden Ausdruck des Nichtbegreifens starrte er mich an. In seinem Blick war kein Leben. Doch dann bewegten sich seine Lippen. Zunächst war es nur unverständliches Gemurmel, das er von sich gab, und ich konnte nur Bruchstücke von dem, was er sagte, verstehen. Aus dem wenigen, das ich verstand, schloss ich, dass er wissen wollte, was mit seiner Frau war.
»Ihrer Frau geht es gut«, log ich. Mir war klar, dass es für den Mann keine Rettung mehr gab. Sein eingefallenes Gesicht war bereits vom Tod gezeichnet. Es grenzte an ein Wunder, dass er überhaupt noch einmal zu sich gekommen war.
»Banditen«, murmelte er mit brüchiger Stimme. »Sie – sie wollten Geld. Ich – ich habe ihnen alles gegeben, was wir hatten. Auch den Schmuck…« Die weiteren Worte kamen nur als unverständliche, gurgelnde Laute über seine Lippen. Und dann rollte sein Kopf zur Seite, die Leere des Todes senkte sich in seine Züge. Ich drückte ihm die Augen zu.
Joe war um den Schoner herumgekommen. Sein Gesicht drückte aus, was er empfand. Seine Mimik war Spiegelbild seiner Empfindungen. »Sie haben die Frau vergewaltigt«, erklärte er mit belegter Stimme. »Sie – sie ist höchstens dreißig Jahre alt.» Mit fahriger Geste fuhr sich Joe über die Augen, als wollte er das schreckliche Bild wegwischen.
»Der Mann ist auch tot«, sagte ich.
»Wir müssen die beiden nach Clarendon bringen«, murmelte Joe. »Wehe den Mördern, wenn sie mir in die Hände fallen. Wie kann ein Mensch nur so verworfen sein.«
»Du denkst an Jack Dalton und seine Kumpane, wie?«
»Wer sonst ist zu einer solchen Tat fähig?«
Ich nickte. »Wir werden nicht ruhen, bis wir den Schuften das Handwerk gelegt haben.«
Wir luden die beiden Toten in den Prärieschoner, dann band ich mein Pferd an das Fuhrwerk und kletterte auf den Bock. Es war finster, als wir Clarendon erreichten. Ich fuhr das Fuhrwerk in den Hof des Mietstalles. Der Stall hatte bereits geschlossen. Joe ritt zum Haus des Schreiners. Ich ging in den Saloon. Dort traf ich Earl Hunter, den Stallmann. Insgesamt befanden sich etwa ein Dutzend Männer der Stadt im Schankraum. Ich ging zum Tresen, wandte mich um und sagte laut: »Jack Dalton und seine Bande haben ein Siedlerehepaar überfallen, das mit einem Fuhrwerk unterwegs war. Die beiden sind tot, die Frau wurde vergewaltigt. Mein Gefährte und ich haben sie in die Stadt gebracht.«
In der Runde herrschte betroffenes Schweigen. Schließlich ließ einer der Männer seine Stimme erklingen. Er sagte: »Ich fresse einen Besen, wenn es sich nicht um Richard Hagare und seine Frau handelt. Die beiden haben heute Morgen die Stadt verlassen. Bei mir haben sie einiges an Marschverpflegung eingekauft. Sie wollten nach Colorado. Großer Gott. Sie waren so voll Hoffnung. Vom San Antonio Creek wurden sie vertrieben. In Colorado hoffte Hagare, für sich und seine Frau einen Platz zu finden…«
Der Storebesitzer brach ab.
»Ich habe das Fuhrwerk zu Ihnen gebracht, Earl«, sagte ich. »Vielleicht kümmern Sie sich um die Pferde.«
Earl Hunter erhob sich sofort und ging zur Tür. Ich folgte ihm. Nebeneinander schritten wir zum Mietstall. »Jim und seine beiden Freunde sind heute Abend zurückgekehrt«, sagte der Stallmann. »Sie haben die Spur der Bande verloren.«
»Eine Fügung des Schicksals«, murmelte ich.
»Das sehe ich auch so. Der Himmel hat meine Gebete erhört.«
Im Hof waren Carl und Jesse Webster damit beschäftigt, die beiden Toten vom Fuhrwerk zu heben und auf eine zweirädrige Karre zu legen. »Das sind keine Menschen.« murmelte Carl Webster. »Sie sind schlimmer als wilde Tiere – es sind reißende Bestien. Schade, dass man sie nur einmal hängen kann.«
Ich trat an den jungen Webster heran. »Du bist mit Jim Hunter und Steve Houseman der Bande gefolgt.«
»Ja«, antwortete der Bursche. »Aber wir haben in der Wildnis die Fährte verloren und sind unverrichteter Dinge zurückgekehrt.«
»Von dem Überfall auf Hagare und seine Frau habt ihr nichts mitgekriegt?«
»Nein. Wie ich schon sagte: Wir haben die Spur verloren und sind kreuz und quer durch die Prärie geritten. Jim war stocksauer. Aber schließlich haben wir aufgegeben und sind zurückgeritten.«
»Ich bin froh, dass ihr die Bande nicht eingeholt habt«, ließ Carl Webster vernehmen. »Wer weiß, was die Banditen mit euch angestellt hätten. Diese Sorte schreckt vor nichts zurück. Es hätte deiner Mutter das Herz gebrochen, wenn dir etwas zugestoßen wäre.«
Webster hob den Karren an, Jesse schob.
Joe und ich halfen Earl Hunter, die Pferde auszuschirren. Wir verbrachten die Nacht im Mietstall. Am Morgen brachen wir auf…
*
Vor Jack Dalton und seinen Männern lag eine kleine Ranch. Sie hatten den McClellan Creek erreicht. Das Windrad beim Brunnen stand still. Kein Luftzug war zu spüren. Die Hitze war nahezu unerträglich. Sie saugte Mensch und Tier regelrecht das Mark aus den Knochen.
Die Banditen ritten näher. In einem Corral lagen ein paar Pferde am Boden. Jetzt erhoben sich zwei der Tiere und witterten ihren Artgenossen entgegen. Ein helles Wiehern erhob sich. Die vier Reiter trieben ihre Pferde in den Hof. Die Hufe rissen Staubfahnen in die heiße Luft. Dann zügelten sie die Tiere und die Hufschläge versanken in der Stille. Sie schauten sich um. Hühner badeten im Staub. Ein Hahn krähte. Aus dem Ranchhaus trat ein Mann. Er war unbewaffnet. Er war nur mit einer abgewetzten Hose und einem ausgewaschenen Armeeunterhemd bekleidet, dessen Ärmel er zurückgeschoben hatte.
Aus einer Scheune trat ein weiterer Mann. Und aus dem Stall kam ein dritter. Er hielt eine Forke in beiden Händen. Wortlos musterten die drei Männer die Ankömmlinge.
Dalton tippte an die Krempe seines Hutes, dann legte er beide Hände übereinander auf das Sattelhorn und rief: »Hallo, Ranch. Wir sind auf dem Weg nach Norden. Das Pferd eines meiner Freunde hat ein Hufeisen verloren.«
»Ihr seht aus wie Sattelstrolche«, sagte der Mann vor dem Haupthaus hart.
»Dieser Eindruck täuscht. Wir sind arbeitslose Cowboys und wollen hinauf nach Kansas. In einer der Rinderstädte gibt es sicher einen Job für uns. Könnt ihr uns helfen?«
Der Mann vor dem Ranchhaus blieb misstrauisch. »Wo kommt ihr denn her?«
»Runnels County. In der Nähe von Ballinger arbeiteten wir auf einer Ranch. Unser Boss starb. Die Frau hat die Ranch aufgegeben. Es gab dort unten keinen Platz mehr für uns. Der neue Besitzer brachte seine eigene Mannschaft mit.«
»Na schön, steigt ab«, sagte der Rancher. »Welches Pferd ist es denn?«
Dalton wies auf den Vierbeiner, den Gary Tucker ritt. »Es ist der hintere, rechte Huf. Entweder, Sie tauschen uns das Pferd gegen eines von Ihren Tieren ein, oder Sie beschlagen es. Lebt ihr drei alleine hier?«
»Ja.«
Der Rancher ging zu dem bezeichneten Pferd hin, hob den Huf in die Höhe und sah ihn sich an. »Ich werde ihm ein neues Hufeisen verpassen«, sagte er.
Dalton und seine Gefährten waren schon auf dem Weg zum Brunnen. Die Winde quietschte, als Amos Benson einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. An einem Nagel hing eine Schöpfkelle. Die Banditen tranken das frische Wasser.
Der Rancher führte das Tier mit dem fehlenden Hufeisen zur Schmiede. Jack Dalton folgte ihm. Die beiden Cowboys verschwanden wieder im Stall und in der Scheune. »Wie weit ist es noch bis Pampa?«, fragte Dalton.
»Zwanzig Meilen«, versetzte der Rancher. »Heute werden Sie Pampa nicht mehr erreichen. Allenfalls spät in der Nacht.«
»Was dagegen, wenn wir bis morgen Früh hierbleiben?«
Der Rancher leckte sich über die Lippen. »Ich will nicht unfreundlich sein. Aber Sie erwarten sicher von mir ein Abendessen und ein Frühstück. Das Leben hier ist kein Zuckerschlecken. Ich muss zusehen, wie ich über die Runden komme. Ich kann es mir nicht leisten, vier ausgewachsene Männer zum Essen einzuladen.«
Dalton zeigte ein starres Lächeln. »Wir werden Ihnen alles bezahlen. Sie müssen uns nichts schenken.«
»Dann habe ich nichts dagegen, wenn Sie bleiben.«
Dalton kehrte zu seinen Männern zurück. Leise sagte er: »Wir bleiben bis morgen Früh hier.«
Bald erklangen helle Hammerschläge, als der Rancher das Pferd beschlug. Eine Stunde später saßen die Männer beim Abendessen. Es wurde nur Belangloses gesprochen. Da es auf der Ranch nicht genügend Betten gab, mussten Dalton und seine Männer in der Scheune übernachten. Sie legten sich ins Heu auf dem Zwischenboden.
Als es finster war, schlich der Rancher in die Unterkunft seiner Cowboys. Die beiden lagen schon auf ihren Betten. Aber sie schliefen noch nicht. »Ich habe die vier erkannt«, murmelte der Rancher. »Als ich vor einer Woche in Pampa war, habe ich den Steckbrief gesehen. Es handelt sich um Jack Dalton und seine Halsabschneider. Sie sind zweitausend Dollar wert. Das Geld werden wir uns verdienen.«
Seine beiden Männer waren sofort dabei.
Der Rancher verriet sich nicht, als am folgenden Morgen Dalton und seine Männer ins Ranchhaus kamen, um zu frühstücken. Nach dem Essen sattelten sie ihre Pferde. Dann gab Dalton dem Rancher zehn Dollar. »Ich hoffe, das reicht«, sagte der Bandit.
»Das ist genug«, murmelte der Rancher. Er konnte dem Blick von Dalton nicht standhalten und schaute zur Seite. Dalton kniff ein wenig die Augen zusammen, sagte aber nichts. Der Rancher ging ins Haus. Die Banditen saßen auf. Die Pferde tänzelten unruhig auf der Stelle.
»Passt auf«, murmelte Jack Dalton zwischen den Zähnen. Seine Stimme vermischte sich mit dem Klirren der Gebissketten, dem Knarren der Sättel und dem Stampfen der Hufe. »Der Kerl kam mir ziemlich verschlagen vor. Ich habe ein seltsames Gefühl.«
Sie trieben die Pferde an. In dem Moment peitschte ein Schuss. Amos Benson stürzte vom Pferd. Mit dem Knall einer zweiten Detonation brach das Pferd von Gary Tucker zusammen. Bill Frawler verspürte ein heftiges Brennen an der Seite. Wieder krachte es. Jack Dalton ließ sich einfach vom Pferd fallen und riss den Revolver heraus. Er sah eine Gestalt im Stalltor und schoss auf sie. Frawler war abgesprungen und rannte Haken schlagend auf das Ranchhaus zu. Gary Tucker, dessen Pferd am Boden lag, kniete daneben und feuerte auf den Mann, der sich an der Ecke der Scheune zeigte. Die Schüsse verschmolzen ineinander und der Krach rollte nach allen Seiten auseinander.
Frawler drang ins Haupthaus ein. Der Rancher stand am Fenster und wandte sich ihm zu. Frawlers Kugel traf ihn in die Stirn, wie vom Blitz getroffen brach er zusammen. Die Echos der Schüsse zerflatterten. Dann wurde es still.
Amos Benson lag röchelnd im Staub. Jack Dalton erhob sich. Auch Gary Tucker kämpfte sich auf die Beine. Der schrale Morgenwind zerpflückte den Pulverdampf. Bill Frawler kam aus dem Haupthaus. Seine Hand mit dem Revolver baumelte nach unten. Die Mündung wies auf den Boden.
Dalton ging zu Benson hin und beugte sich über ihn. »Verdammt«, murmelte er. Dann drehte er den Kopf. »Amos hat die Kugel in die Brust bekommen. Wir müssen ihn auf dem schnellsten Weg nach Pampa schaffen. Ohne ärztliche Hilfe stirbt er.«
»Diese verfluchten Bastarde!«, schimpfte Bill Frawler. Das Hemd über seiner rechten Seite saugte sich voll Blut. Er ging zum Brunnen und zog es aus. Die Kugel hatte ihm eine Furche über die Rippen gezogen. Blut rann in seinen Hosenbund. Er holte einen Eimer voll Wasser herauf und wusch die Wunde aus.
Gary Tucker war zu den beiden Cowboys hingegangen, die sich zusammen mit ihrem Boss die Prämie verdienen wollten. Einer war tot, der andere lag im Sterben. Niemand kümmerte sich um diesen Mann.
Benson wurde verbunden. Dann zogen Dalton und Tucker einen flachen Farmwagen aus der Remise, spannten ein Pferd davor, polsterten die Ladefläche mit einer dicken Lage Stroh aus und legten Amos Benson darauf. Gary Tucker sattelte sich ein Pferd aus dem Corral.
Die Sonne hatte sich schon ein ganzes Stück über den östlichen Horizont geschoben, als die vier Banditen aufbrachen. Sie begann, das Land in eine Gluthölle zu verwandeln.
*
Auf dem Hof lag ein totes Pferd. Fliegen und Mücken, angezogen vom süßlichen Blutgeruch, hatten sich auf dem Kadaver niedergelassen. Joe und ich ritten näher. Beim Stalltor lag ein Mann auf dem Gesicht. Ein weiterer Mann lag an der Ecke einer Scheune auf der Seite. Joe und ich schauten uns an, und jedem von uns war klar, dass Jack Dalton und seine Banditen der Ranch einen höllischen Besuch abgestattet hatten. Wie stiegen von den Pferden. Die beiden Männer waren tot. Ich ging in das Haupthaus. Im ersten Raum, den ich betrat, stieß ich auf einen dritten Leichnam.
Ich ging wieder hinaus und sagte zu Joe: »Im Haus liegt noch einer. Sieht aus, als hätte hier ein Kampf stattgefunden.«
»Hier sind Wagenspuren«, gab Joe zu verstehen.
Ich ging zu meinem Partner hin. Die Spuren führten in den Creek hinein. Sie waren frisch, und auch die Ränder der Hufabdrücke im sumpfigen Ufersaum waren noch scharf. Auf der anderen Seite des Creeks setzten sich die Spuren fort. Sie führten nach Norden.
»Vielleicht wurde einer der Kerle verwundet«, murmelte ich. »Und seine Kumpane befördern ihn auf einem Wagen.«
»Möglich«, versetzte Joe. »Dadurch bestünde die Aussicht, dass wir die Bande in Pampa einholen.«
Wir kehrten auf den Ranchhof zurück. Joe durchsuchte die Schuppen und erschien wenig später mit einer Hacke und einer Schaufel. Die Arbeit war schweißtreibend. Aber nach drei Stunden hatten wir drei flache Gräber ausgehoben, in die wir die Toten legten. Wir hatten sie in Decken gehüllt, die wir im Haus gefunden hatten, und schaufelten Erdreich über sie. Hinterher wuschen wir uns am Brunnen den Schweiß aus den Gesichtern, dann setzten wir unseren Weg fort.
Es war spät in der Nacht, als wir Pampa erreichten. Die Stadt schlief. Uns blieb nichts anderes übrig, als am Stadtrand in einer Gruppe von Büschen zu kampieren. Aber die Nacht war warm, und so hatten wir kein Problem damit.
Als der Tag anbrach, ritten wir in die Stadt. Unser erster Weg führte zum Mietstall. Der Stallmann zog gerade einen der großen Torflügel auf. Rostiges Quietschen war zu hören. Der Mann hob grüßend die Hand. Wir stiegen von den Pferden. Die Tiere schnaubten.
»Guten Morgen«, grüßte ich.
Der Stallmann kam näher. »Howdy, Logan, Howdy, Hawk. Was führt euch nach Pampa? Hier herrschen Ruhe und Frieden.« Der Mann grinste.
»Wir reiten auf der Fährte von Jack Dalton und seiner Bande«, erklärte ich. »Insgesamt vier Männer. Ihre Spur führt hierher.«
Der Stallmann legte die Stirn in Falten. »Vier Männer sind gestern angekommen. Einer von ihnen hatte eine Kugel in der Brust.« Der Stallmann kratzte sich hinter dem Ohr. »Die Kerle kamen mir gleich nicht ganz geheuer vor. Sahen in der Tat aus wie Banditen.«
»Es sind Räuber und Mörder«, knurrte Joe. »Ihre Niedertracht und Skrupellosigkeit sind nicht zu überbieten. Sie sind die Luft nicht wert, die sie atmen.«
»Sind die Kerle noch in der Stadt?«, fragte ich.
»Ja. Sie haben im Hotel übernachtet. Ihre Pferde stehen hier im Stall. Sie sind mit einem Wagen angekommen. Der Arzt hat dem Verwundeten die Kugel herausgeholt. Es ist nicht auszuschließen, dass der Bursche in der Zwischenzeit verstorben ist.«
»Sagten die Schufte, wann sie weiterreiten wollen?«
»Nein.«
Joe und ich nahmen unsere Gewehre und verließen den Mietstall. Während sich Joe neben dem Hotel postierte, bezog ich auf der anderen Straßenseite in einer Gasse Stellung. Den Eingang des Hotels hatte ich im Auge. Vereinzelte Bürger ließen sich auf der Straße sehen. Scheppern war zu hören, als vor einem Geschäft das Scherengitter vor der Eingangstür zurückgeschoben wurde. Von irgendwoher erklangen dumpfe Hammerschläge. Ein Hund bellte. Gleißend lag das Sonnenlicht auf der Main Street. Im Staub glitzerten winzige Kristalle. Ein Mann zog eine Karre an mir vorbei. Die Räder mahlten im feinen Sand.
Der Friede war nicht echt. Unheil und Verderben ballten sich wie dunkle Gewitterwolken über der Stadt zusammen. Ich stellte mich auf Kampf ein. Männer wie Dalton und seine Kumpane würden bis zum letzten Atemzug kämpfen.
Dann kamen die drei Banditen. Sie trugen ihre Gewehre und die Satteltaschen. Das sagte mir, dass sie die Stadt verlassen wollten. Ihre Schritte riefen auf den Bohlen des Gehsteiges ein dröhnendes Echo wach. Die Schöße ihrer Staubmäntel wehten beim Gehen um ihre Beine.
Ich trat aus der Gasse, hielt das Gewehr an der Seite und hatte mir den Kolben unter die Achsel geklemmt. Im Lauf befand sich eine Kugel. Mein Zeigefinger lag um den Abzug. »Dalton!«
Abrupt hielten sie an und wandten mir die Gesichter zu. Es waren falkenäugige Burschen, denen der Geruch von Pulverdampf anhaftete.
»Hände hoch!«, gebot ich laut. »Wer zur Waffe greift, wird…«
Sie ließen mich nicht ausreden. Ihre Satteltaschen klatschten in den Staub, sie liefen auseinander und repetierten die Gewehre. Und dann begannen die Waffen ihr höllisches Lied zu singen. Die Detonationen stießen durch die Stadt, rollten hinaus in die Wildnis und verhallten mit geisterhaftem Flüstern.
Zwei der Kerle waren zwischen den Häusern verschwunden. Einer lag am Rand der Main Street. Stille hatte sich in die Stadt gesenkt. Sie mutete bedrückend an und zerrte an den Nerven. Joe stand drüben an der Ecke des Hotels. Ich schmiegte mich eng an die Hauswand und sicherte um mich. Die wenigen Passanten hatten fluchtartig die Straße verlassen. Sie lag wie leergefegt vor meinem Blick.
Joe blickte zu mir herüber. Ich bedeutete ihm mit einem Handzeichen, dass alles in Ordnung sei. Dann zog ich mich hinter die Häuser zurück. Am Stadtrand befanden sich Corrals und Pferche mit Pferden, Milchkühen, Schafen und Ziegen. Scharfer Geruch erfüllte die Luft. Meckern und Blöken war zu vernehmen. Ich lief zum Mietstall, erreichte ihn von der Rückseite und schob mich vorsichtig um das Stallgebäude herum. Dann lag der Hof vor mir. Manchmal wirbelte eine leichte Windböe den Staub auf. Im Stall stampften die Pferde. Ich wartete. Keiner der Banditen zeigte sich. Diese Kerle waren ausgesprochen vorsichtig.
Die Minuten reihten sich aneinander, wurden zur Viertelstunde. Ich verlor die Geduld, überquerte den Hof und erreichte die Main Street. Dort wandte ich mich in Richtung des Hotels. Joe rief mich an: »Wie sieht es aus, Logan-Amigo?«
»Wie es scheint, haben die Kerle die Stadt verlassen. Gib Acht, Joe, dass wir keine böse Überraschung erleben.«
Ich marschierte zu dem Banditen hin, der am Straßenrand lag, und ging bei ihm auf die Hacken nieder. Der Bursche stöhnte. »Wer sind Sie?«
»Tucker«, kam es gepresst.
»Wo hat es Sie erwischt?«
Ein Röcheln war die Antwort. Der Mann presste beide Hände auf seinen Leib. Sein Atem ging rasselnd. In seinem hohlwangigen Gesicht zuckten die Muskeln. In seinen fiebrigen Augen wühlte der Schmerz.
Ich richtete mich auf und schaute mich um. Die ersten Menschen traten auf die Straße. Ihre Neugierde war stärker als die Angst. Sie kamen näher. Joe blieb auf dem Posten. Wenig später kam der Arzt. Der Verwundete wurde weggetragen.
Die beiden Banditen, die uns entkommen waren, ließen sich nicht mehr blicken.
Wir suchten das Haus des Docs auf und sprachen mit Amos Benson. Er erzählte uns, dass die Bande nach Kansas hinauf wollte, weil ihnen der Boden in Texas zu heiß geworden sei unter den Füßen.
»Sobald Sie transportfähig sind, werden Sie nach Amarillo gebracht«, sagte Joe. »Und dort wird man Sie hängen. Ja, man wird sie am Hals aufhängen, bis Sie tot sind. Die einzige Antwort, die es auf den Mord an dem Siedler und seiner Ehefrau geben kann. Ihr seid Teufel in Menschengestalt.«
»Wovon sprechen Sie?«, fragte Benson. Irritiert musterte er Joe.
»Wir haben den Auswanderer und seine Frau in der Nähe von Clarendon gefunden. Die Frau war tot, vorher wurde sie vergewaltigt. Der Mann starb, ehe wir ihn in die Stadt bringen konnten.«
»Das waren wir nicht«, murmelte der Bandit.
»Natürlich nicht!«, stieß Joe düster hervor. »Wer gibt schon zwei brutale Morde zu? Hattet ihr eine bestimmte Stadt in Kansas im Auge?«
»Wir wollten nach Dodge.«
Wir verließen das Haus des Arztes. Die Postkutsche rollte an uns vorüber. Sie kam von Amarillo herauf und würde nach Canadian weiterfahren. Sechs Pferde zogen die Stagecoach. Staub wallte. Der Kutscher ließ die Peitsche knallen. Vor dem Depot der Overland Mail Company hielt die Kutsche an. Wir gingen in den Mietstall. Die Banditen waren nicht aufgetaucht.
»Du bleibst in der Stadt, Joe«, sagte ich. »Es ist nicht auszuschließen, dass die Schufte aufkreuzen, um ihre Pferde zu holen.«
»Was hast du vor?«, fragte Joe.
»Ich will mich ein wenig in der Gegend umsehen«, erwiderte ich. Dann sattelte und zäumte ich mein Pferd. Joe verließ den Stall. Wenig später ritt ich aus der Stadt. Das Gewehr hielt ich am Kolbenhals fest. Es lag quer über dem Mähnenkamm des Pferdes. Kreuz und quer ritt ich zwischen den Hügeln auf der Suche nach den Banditen oder einer Spur von ihnen. Höchste Anspannung hatte von mir Besitz ergriffen. Jeder meiner Sinne war auf das Äußerste angespannt. Mein scharfer Blick glitt über die Hügelkuppen hinweg und bohrte sich in die Einschnitte dazwischen. Einige Krähen zogen krächzend über mir durch die Luft. Die Gefahr war allgegenwärtig. Der Tod konnte hinter jedem Busch lauern. Ich stellte mich darauf ein, gedankenschnell zu reagieren, wenn es notwendig werden sollte.
Ich hielt an. Meine Gedanken arbeiteten. Wohin konnten sich die Banditen wenden, um sich Pferde zu beschaffen? Am Red Deer Creek lag die Triangle-S Ranch. Die Entfernung zu der Ranch betrug gut und gerne zwanzig Meilen. Und sicher hatten die Banditen auch gar keine Ahnung von der Existenz der Ranch. Am McClellan Creek, ebenfalls etwa zwanzig Meilen von Pampa entfernt, lag die Diamant-B, eine Unterranch der Green Belt.
Es gab einige Farmen in der Nähe von Pampa, und sicher auch das eine oder andere Weidecamp. Aber wussten die Banditen, wohin sie sich wenden mussten?
Ich kam zu dem Ergebnis, dass sie nur eine Chance hatten, an Pferde zu kommen: Sie mussten nach Pampa zurückkehren, um ihre Tiere aus dem Mietstall zu holen.
Ich setzte mein Pferd in Bewegung. In diesem Moment peitschte ein Schuss. Es war wohl eine Fügung des Schicksals, dass in diesem Moment mein Pferd den ersten Schritt nach vorn machte. Die Kugel verfehlte mich. Ich gab dem Tier die Sporen. Ein zweiter Schuss krachte. Ich zerrte das Pferd nach links, stob kurze Zeit am Fuß eines Hügels dahin, dann lenkte ich das Tier nach rechts und befand mich im toten Winkel zu dem Schützen. Ich saß ab und band mein Pferd an den Ast eines Strauches, dann lief ich den Abhang hinauf. Oben waren Sträucher, die mir Schutz boten. Ich schaute in die Richtung, in der ich die Banditen vermutete, konnte aber nichts erkennen.
Nachdem ich einige Minuten gewartet hatte, kehrte ich zu meinem Pferd zurück, löste den Zügel von dem Ast und schwang mich in den Sattel. Angespannt bis in die letzte Faser meines Körpers ritt ich um den Hügel herum. Meine Augen waren in ständiger Bewegung. Jeden Moment konnte es krachen. Mein Leben hing an einem seidenen Faden…
*
»Verdammt«, stieß Bill Frawler hervor. »Als ich abdrückte, setzte er seinen Gaul in Bewegung.«
»Wo mag der andere der beiden Sternschlepper sein?«, knurrte Jack Dalton.
»Wahrscheinlich in der Stadt zurückgeblieben, um zu verhindern, dass wir unsere Pferde holen. Was tun wir? Sollen wir uns auf das Risiko einlassen und Jagd auf den Kerl machen?«
»Ich bin dafür, dass wir verschwinden. Irgendwo stoßen wir sicher auf eine Ranch oder Farm, wo wir uns Pferde beschaffen können.«
Weit entfernte Hufschläge waren zu hören. Die beiden Banditen warteten. Die Geräusche versanken in der Stille.
»Verschwinden wir!«, presste Jack Dalton hervor.
Sie marschierten los. Schon bald rann ihnen der Schweiß über die Gesichter. Und dann tauchte weit vor ihnen der Reiter auf. Sie rannten in den Schutz einiger Büsche. Dalton bog das Zweiggespinst etwas zur Seite, um besser sehen zu können. Das Abzeichen an der Brust des Marshals funkelte im Sonnenlicht. Dalton biss die Zähne zusammen. Hart traten die Backenknochen in seinem Gesicht hervor. Seine Lippen bildeten nur einen dünnen, blutleeren Strich.
Der Reiter verschwand aus ihrem Blickfeld.
Die beiden Banditen setzten ihren Weg fort. Ihre Füße begannen in den engen Stiefeln zu brennen. Bald war jeder Schritt eine Anstrengung, eine Überwindung, die all ihren Willen erforderte. Und dann lag die Poststraße vor ihnen. Das graugelbe, staubige Band wand sich wie die der riesige Leib einer Schlange zwischen die Hügel.
Die beiden Banditen folgten der Straße, in der Hoffnung, auf eine Ortschaft, eine Ranch oder eine Farm zu treffen. Sie stapften etwa zwei Stunden unter der glühenden Sonne dahin, als hinter ihnen das weit entfernte Rumpeln der Postkutsche zu hören war. Sie warteten am Straßenrand. Die Stagecoach kam zwischen den Hügeln hervor. Sie zog eine wallende Staubfahne hinter sich her. Dalton hob die Hand. Der Kutscher stemmte sich gegen die Zügel, das Sechsergespann kam zum Stehen.
»Wohin fährt die Kutsche?«, fragte Dalton.
»Canadian«, rief er Fahrer.
»Können Sie uns mitnehmen?«
»Könnt ihr zahlen?«
»Sicher.«
»Okay, wir rechnen in Canadian ab.«
»Gibt es zwischen hier und Canadian eine Ranch?«, fragte Dalton.
»Die Triangle-S Ranch«, antwortete der Fahrer.
Die beiden Banditen stiegen in die Kutsche. Sie beförderte zwei Passagiere, zwei Männer. Einer war alt und bärtig, der andere jung und gekleidet wie ein Cowboy.
Der Kutscher ließ die langen Zügel auf die Rücken der Pferde klatschen. Die Tiere zogen an. Das Rumpeln erklang wieder. Der Kutscher sagte zu seinem Begleiter: »Das sind die beiden Banditen, die den Marshals in Pampa entkamen. Wir sollten jedoch so tun, als hätten wir keine Ahnung. Es handelt sich um Jack Dalton. Und dieser Hundesohn soll tödlicher sein als die Cholera.«
Die Kutsche holperte. Die Fahrgäste wurden durch und durch geschüttelt. Nach etwa zehn Meilen hielt sie an. Der Kutscher rief: »Nördlich von hier am Red Deer Creek liegt die Triangle-S Ranch. Ich will es Ihnen nur gesagt haben, weil Sie sich doch nach einer Ranch erkundigten.«
Die beiden Banditen stiegen aus.
»Was sind wir schuldig?«, fragte Jack Dalton.
Der Fahrer winkte ab. »Vergessen Sie's. – Hüh!« Er trieb die Pferde wieder an. Die beiden Banditen blickten kurze Zeit der Kutsche hinterher, dann machten sie sich auf den Weg. Nach einer halben Stunde lag die Ranch vor ihnen. Es war eine große Ranch. Das Haupthaus hatte ein Stockwerk. Die große Veranda war überdacht. Es gab eine Mannschaftsunterkunft, die mindestens fünfzig Männern Platz bot, und mehr als ein halbes Dutzend Schuppen, Ställe und Scheunen. In einer Remise standen vier Fuhrwerke und ein Buggy. In zwei Corrals befanden sich wohl an die hundert Pferde.
Einige Ranchhelfer hielten in ihrer Arbeit inne, als die beiden Fremden in den Hof kamen. Sie gingen zum Brunnen, hievten einen Eimer voll Wasser in die Höhe, tranken und wuschen sich die Gesichter. Aus einem Anbau trat ein hochgewachsener Mann. Er war mit einer schwarzen Hose und einem roten Hemd bekleidet. Die Ranchhelfer sahen ihn und widmeten sich sofort wieder ihrer Arbeit. Zwei Schritte von Dalton und Frawler entfernt hielt der Mann im roten Hemd an und sagte: »Sie sind auf der Triangle-S Ranch gelandet.«
Dalton, der sich mit dem Halstuch das Gesicht abtrocknete, nickte und erwiderte: »Das wissen wir. Ich bin Ben Clark. Das ist mein Gefährte Lane Overmill. Ein Puma hat unsere Pferde vertrieben, als wir lagerten.«
»Mein Name ist Brad Fisher. Ich bin Vormann auf der Triangle-S.«
»Wir möchten Ihnen zwei Pferde abkaufen«, erklärte Dalton. »Overmill und ich sind auf dem Weg nach Norden. Wir wollen nach Dodge, um dort zu arbeiten. Sie verkaufen uns doch zwei Tiere, Vormann?«
»Warum nicht?«, versetzte Fisher. »Sie sehen ziemlich mitgenommen aus. Wenn Sie wollen, können Sie die Nacht über auf der Ranch bleiben.«
»Vielen Dank für die Gastfreundschaft«, sagte Dalton.
*
Joe und ich hatten, nachdem ich zurückgekehrt war, Pampa verlassen. Der Town Mayor hatte uns zugesagt, die beiden Banditen nach Amarillo schaffen zu lassen, sobald sie transportfähig waren. Ich hatte einen Brief an den Richter geschrieben und ihn in einem verschlossenen Umschlag beim Bürgermeister hinterlegt.
Wir waren auf dem Weg nach Norden. Am Abend erreichten wir den Canadian River. Nur noch der obere Rand der Sonne lugte über den westlichen Horizont. Die Schatten verblassten. Im Ufergebüsch zwitscherte eine Amsel.
Wir schlugen unser Camp auf, dann berieten wir unser weiteres Vorgehen. »Irgendwo haben sich die Dalton und Frawler sicher Pferde verschafft«, gab ich zu verstehen. »Und sie werden ihren Weg nach Norden fortsetzen.«
»Wenn sie ihre bisherige Richtung beibehalten, dann kommen sie in zwei oder drei Tagen nach Perryton. Was meinst du, Logan-Amigo? Sollen wir dort auf die Schufte warten?«
»Was ist, wenn sie nicht dort auftauchen?«, fragte ich.
»Dann sind wir hundert Meilen umsonst geritten, und wir müssen unverrichteter Dinge wieder nach Hause zurückkehren. Zwei der Banditen haben wir immerhin.«
»Ich will Jack Dalton«, stieß ich hervor. »Der Mord an dem Siedlerehepaar darf nicht ungesühnt bleiben.«
»Vielleicht haben sich die Kerle auch nach Canadian gewandt«, gab Joe zu bedenken.
»Ich schlage vor, dass wir uns trennen. Du reitest nach Perryton, ich nach Canadian. Du wartest in Perryton auf mich.«
So verblieben wir.
Am folgenden Tag ritten wir auseinander. Ich wartete, bis Joe den Canadian überquert hatte, dann lenkte ich mein Pferd am Ufer entlang nach Osten. Ein schmaler Creek, der von Süden heraufkam, mündete in den Canadian. Ich durchquerte ihn. Nach Süden dehnte sich, soweit das Auge reichte, Weideland. Es war Triangle-S-Weide. Ich sah einige Longhornherden. Ich musste noch zwei Creeks durchqueren, die in den Canadian mündeten. Als die Sonne hoch im Zenit stand, lag Canadian vor mir. Die Stadt lag am Südufer des gleichnamigen Flusses, über den nördlich der Stadt eine Brücke führte.
Ich ritt den Mietstall an. Der Stallmann kannte mich. Erst kürzlich hatten Joe und ich in Canadian zu tun. Ein Bandit namens Carter Holyman hatte versucht, der Stadt seinen Stempel aufzudrücken. »Ich suche zwei Männer«, sagte ich. »Jack Dalton und Bill Frawler. Joe Hawk und ich haben ihre Spur in Pampa verloren. Sie sind nach einer Schießerei aus der Stadt geflohen. Ihre Pferde mussten sie in Pampa zurücklassen.«
»Die beiden sind ein Stück mit der Postkutsche gefahren«, erklärte der Stallmann. »Das hat Timothy Brown, der Kutscher, erzählt, als die Kutsche in Canadian Station machte. Es ist wie ein Lauffeuer durch die Stadt gegangen. Dort, wo der Weg zur Triangle-S abzweigt, sind die beiden ausgestiegen. Timothy war froh, als er die beiden Banditen los war.«
Während ich mein Pferd tränkte, rieb es der Stallmann mit Strohbüscheln trocken. Nach einer halben Stunde ritt ich weiter. Ich folgte dem Red Deer Creek, der bei der Stadt in den Canadian mündete, und erreichte um die Mitte des Nachmittags die Triangle-S Ranch. Am Holm vor dem Haupthaus hielt ich an. Aus dem kleinen Verwaltungsgebäude, in dem das Ranch Office untergebracht war, trat Bradley Fisher, der Vormann. Mit ihm war ich bisher recht gut zu Recht gekommen. Ich stieg vom Pferd, tippte an die Krempe meines Stetsons, und sagte: »Hallo, Fisher. An der Weggabelung sind gestern zwei Fremde aus der Kutsche gestiegen. Ich nehme an, dass sie den Weg zur Triangle-S gefunden haben. Sind zwei Männer zu Fuß gestern hier angekommen?«
»Sie nannten sich Ben Clark und Lane Overmill. Ich habe ihnen zwei Pferde verkauft. Sie haben auf der Ranch übernachtet und sind heute Morgen, nach dem Frühstück, weggeritten.«
»Es waren Jack Dalton und Bill Frawler«, erklärte ich. »Zwei steckbrieflich gesuchte Verbrecher. Sagten sie, wohin sie sich wenden wollten?«
»Nach Norden. Dodge City. Angeblich wollen sie sich dort oben nach Arbeit umsehen.«
Ich seufzte. »Dann will ich mich nicht länger aufhalten, Fisher.« Ich stellte den linken Fuß in den Steigbügel, griff nach dem Sattelhorn und zog mich in den Sattel.
»Wo ist ihr Partner Hawk?«, fragte der Vormann.
»Der ist nach Perryton vorausgeritten. So long, Fisher.«
»Viel Erfolg, Logan.«
Ich ließ mein Pferd traben.
Am Abend erreichte ich wieder den Canadian. Mit Spurensuche hatte ich mich nicht abgegeben. Auch Benson hatte angegeben, dass sie nach Dodge City wollten. Dieses Ziel hatten Dalton und sein letzter Kumpan auch Brad Fisher gegenüber geäußert. Für mich gab es keinen Zweifel, dass die beiden Banditen tatsächlich in die Rinderstadt wollten. Und darum war ich davon überzeugt, dass sie Perryton aufsuchen würden, bevor sie ins Niemandsland ritten, diesen etwa vierzig Meilen breiten Streifen, den die Cheyenne und Comanchen für sich beanspruchten und der Texas und Kansas voneinander trennte.
Dort oben wartete Joe.
Ich überquerte nach an diesem Abend den Fluss. Das Pferd musste schwimmen. Wir wurden ein Stück abgetrieben, schafften es aber, das andere Ufer zu erreichen. Ich machte ein Feuer, steckte zwei Astgabeln in den Boden, legte einen Stock darüber und hängte an dieser Konstruktion meine durchweichte Hose zum Trocknen auf. Dann rollte ich mich in meine Decke…
*
Joe Hawk saß am Frontfenster im Saloon und beobachtete die Straße. Er war am Abend vorher in Perryton angekommen. Etwa fünf Meilen nördlich der Stadt begann das Niemandsland. Viele Gesetzlose setzten sich dorthin aus Texas ab. Joe trank ein Bier. Es ging auf Mittag zu. Er musste die Zeit totschlagen. Am Fenster tanzten Fliegen auf und ab. Joe war der einzige Gast. Der Keeper saß an einem Tisch gleich beim Schanktisch und las in einer Zeitung.
Perryton war eine ruhige Stadt. Fast jeder, der den Trail durchs Niemandsland antrat, ritt sie an.
Joe spürte Langeweile. Er fragte sich, ob Logan in Canadian erfolgreich gewesen war. Draußen rannten schreiend ein paar Kinder vorbei. Und dann gerieten zwei Reiter in das Blickfeld von Joe. Ihre Pferde ließen müde die Köpfe hängen und zogen die Hufe durch den Staub. Die Gesichter der Reiter waren bärtig, sie trugen die Hüte tief in der Stirn, und sie sahen heruntergekommen und mitgenommen aus. Sie ritten am Saloon vorbei. Joe erhob sich, verließ den Schankraum und blickte vom Vorbau aus hinter den beiden Kerlen her. Er war sich nicht völlig sicher – aber bei den beiden konnte es sich um Jack Dalton und Bill Frawler handeln.
Joe wartete. Es dauerte etwa eine Viertelstunde, dann kamen die beiden Männer auf die Straße zurück. Sie trugen ihre Gewehre und die Satteltaschen. Steifbeinig schritten sie am Rand der Fahrbahn in Richtung Saloon. Joe ging in den Schankraum, nahm seinen Stern ab und steckte ihn in die Westentasche. Der Keeper, der ihn beobachtete, schaute befremdet.
»Du wirst es gleich verstehen, Mort«, sagte Joe.
Draußen erklangen dröhnende Schritte. Dann betraten die beiden Männer den Saloon. Ihre Sporen klirrten melodisch. Sie musterten Joe mit stechenden Augen, dann gingen sie zu einem Tisch und setzten sich.
Es handelte sich um Dalton und Frawler. Joe erkannte die beiden Banditen. Der Keeper erhob sich und ging zu den beiden hin. »Bringen Sie uns Bier«, sagte Jack Dalton mit staubheiserer Stimme.
Der Keeper begab sich hinter den Tresen und schenkte zwei Krüge voll. Die beiden Banditen sprachen leise miteinander. Dabei blickten sie immer wieder in Joes Richtung. Schließlich erhob sich Dalton, kam zum Tisch Joes, hakte seine Daumen in den Patronengurt und sagte: »Sind wir uns schon einmal begegnet?«
»Ich kann mich nicht erinnern«, erwiderte Joe ruhig. »Ich komme von Norden herunter. Will weiter nach Süden. Habe die vergangenen Monate in Kansas verbracht. Zuletzt war ich in Dodge.«
»Bist du durchs Niemandsland geritten?«
Joe nickte. »Falls ihr dort hinauf wollt, könnt ihr beruhigt reiten. Die Rothäute sind friedlich. Mir ist eine Gruppe von Jägern begegnet. Sie haben sich nicht als feindselig erwiesen.«
Grübelnd musterte der Bandit den U.S. Marshal. »Ich habe dich schon mal gesehen, Hombre. Wie ist dein Name?«
»Stan Donegan.«
»Wirst du vielleicht vom Gesetz gesucht? Vielleicht habe ich dein Bild auf einem Steckbrief gesehen.«
»Nein«, versetzte Joe und lächelte. »Ich werde nicht vom Gesetz gesucht.«
Der Bandit schoss ihm einen letzten, nachdenklichen Blick zu, dann wandte er sich ab und kehrte zu seinem Platz zurück. Die beiden Banditen tuschelten wieder miteinander.
Joe war sich bewusst, auf welch ein gefährliches Spiel er sich eingelassen hatte. Er und Logan hatten sich in Pampa mit den Banditen eine Schießerei geliefert. Dabei war er, Joe, allerdings kaum in Erscheinung getreten. Er hatte im Schutz des Hotels gestanden. Dennoch musste ihn Dalton kurz gesehen haben. Und jetzt zerbrach sich der Bandit den Kopf, weshalb ihm Joe so bekannt vorkam.
Der U.S. Marshal trank sein Bier aus. »Keeper, ich möchte zahlen.«
Nachdem er seine Rechnung beglichen hatte, erhob er sich, nahm sein Gewehr, das am Tisch lehnte, nickte Dalton und Frawler zu und verließ den Saloon. Joe überquerte die Main Street und verschwand einige Häuser weiter in einer Gasse. Er postierte sich so, dass er die Tür des Saloons im Blickfeld hatte. Die beiden Pferde am Holm standen völlig ruhig da.
Joes Geduld wurde auf keine lange Probe gestellt, dann traten die beiden Banditen ins Freie, banden ihre Pferde los und führten sie zu einem Tränketrog am Straßenrand. Sofort tauchten die beiden Tiere die Nasen ins Wasser und begannen zu saufen. Dalton und Frawler wuschen sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern.
Eine günstigere Gelegenheit konnte sich Joe nicht bieten. Die beiden Banditen waren absolut mit sich selbst beschäftigt. Ihre Gewehre steckten in den Scabbards. Der U.S. Marshal steckte sich sein Abzeichen wieder an, dann trat er in die Straße. Die Banditen wandten ihm den Rücken zu. Als Joe durchlud und das metallische Knacken ihr Gehör erreichte, wirbelten sie herum. Sie besaßen die Instinkte der ständig Gehetzten, und sie reagierten mit jener blitzartigen Schnelligkeit, wie sie nur Männer besaßen, denen das Leben eine Reihe bitterer Lektionen erteilt hatte und denen tiefverwurzeltes Misstrauen zur zweiten Natur geworden war.
Joe hielt das Gewehr an der Seite. Sein Gesicht war wie aus Granit gemeißelt. »Lasst nur die Hände von den Revolvern«, warnte er.
Jack Dalton erholte sich sehr schnell von seiner Überraschung, schürzte die Lippen und stieß hervor: »Jetzt weiß ich es wieder. Du warst in Pampa dabei. Ich habe dich nur ganz kurz gesehen. Aber…«
Er wollte Joe mit seinen Worten ablenken. Seine Rechte sauste zum Revolver. Zugleich glitt er geschmeidig zur Seite. Das Eisen flirrte aus dem Holster, der Bandit schwang es hoch und spannte im Hochschwingen den Hahn.
Auch Frawler griff zur Waffe.
Joes Gewehr peitschte. Er verfehlte Dalton, repetierte und nahm das Gewehr ein wenig herum. Sein zweiter Schuss fällte Frawler. Der Revolver von Dalton brüllte auf. Die Kugel durchschlug Joes Oberarm. Der Marshal warf sich zur Seite und feuerte im Fallen. Dann landete er im Staub. Er rollte herum. Wo er eben noch gelegen hatte, pflügte die Kugel des Banditen den Staub. Mit einem kraftvollen Satz kam Dalton in den Sattel, riss das Pferd brutal um die rechte Hand und drosch dem Tier die Sporen in die Seiten. Das Pferd streckte sich und verfiel aus dem Stand in einen raumgreifenden Galopp. Im nächsten Moment verschwand der Bandit zwischen den Häusern.
Joe erhob sich. Staub rieselte aus seiner Kleidung. Er rannte hinter Dalton her, erreichte eine Hausecke und presste seinen Körper hart an die Wand. Die trommelnden Hufschläge verrieten, dass der Bandit wie von Furien gehetzt floh. Joe entspannte sich und ging zu Frawler hin. Der Bandit lag reglos am Boden. Über seiner Brust färbte sich das Hemd rot vom Blut. Über seine Augen schien sich ein milchiger Schleier gelegt zu haben.
»Was hat euch das Siedlerehepaar getan, weil ihr es so brutal umgebracht habt?«, fragte Joe mit rauer Stimme. »Hat es nicht gereicht, dass ihr der Frau Gewalt angetan habt? War es die Habgier? Was gab es bei den armen Leuten groß zu holen außer ein paar billigen Schmuckstücken und etwas Geld?«
Menschen näherten sich. Murmeln und Flüstern erhob sich.
Der verwundete Bandit bewegte die Lippen. Er brachte nur ein unartikuliertes Gestammel zustande. Joe nahm sein Halstuch und wickelte es um die Oberarmwunde. Der Schmerz war erträglich. Es handelte sich um eine stark blutende Fleischwunde. Dann kam ein mittelgroßer Mann mit einem Zwicker auf der Nase und einer schwarzen Ledertasche. Um den Verwundeten und um Joe hatte sich ein Kreis aus Leibern gebildet. Der Doc untersuchte den Banditen, dann wies er vier Männer an, ihn zu seinem Haus zu tragen. »Aber vorsichtig«, mahnte er. »Wie es scheint, sitzt die Kugel nahe beim Herzen. Er stirbt, wenn ihr ihn nicht wie ein rohes Ei behandelt.«
Der Doc schaute Joe fragend an. »Sie sind ebenfalls verwundet, Marshal. Ich will mir die Wunde ansehen.«
»Es ist nicht schlimm.«
Der Arzt winkte ab. »Die Wunde muss zumindest desinfiziert und ordentlich verbunden werden. Also kommen Sie.«
»Sein Kumpan ist entkommen«, murmelte Joe.
»Ich kann Sie nicht zwingen«, knurrte der Arzt ungeduldig. »Doch sollte sich die Wunde entzünden, verlieren Sie unter Umständen den Arm. Überlegen Sie es sich. Wo mein Haus ist, wissen Sie ja.«
Der Doc stiefelte davon.
Einige Männer traten vor Joe hin. Es waren der Town Mayor und einige Bürgerräte. »Um wen handelt es sich bei den beiden Kerlen?«, fragte der Bürgermeister.
»Um Jack Dalton und Bill Frawler. Dalton ist leider die Flucht gelungen. Der elende Schuft wird wohl ins Niemandsland verschwinden.«
»Bei mir im Büro liegt ein Steckbrief von Dalton«, erklärte der Town Mayor. »Nun, Hawk. Der Doc hat Recht. Sie müssen die Wunde behandeln lassen. Ich werde ein Aufgebot zusammenstellen und hinter dem Banditen herschicken.«