Western Legenden 73: Das Gesetz der Prärie - G. Michael Hopf - E-Book

Western Legenden 73: Das Gesetz der Prärie E-Book

G. Michael Hopf

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Beschreibung

Es ist Herbst 1893 und der größte Landrausch im Oklahoma-Territorium ist beendet. Oscar Milke und andere Siedler freuen sich über das Land, das sie für sich beansprucht haben, und haben Pläne für ihre Zukunft. Doch bald entdecken sie, dass es von zwei gesetzlosen Brüdern besetzt ist, die das Land für sich beanspruchen. Der Streit setzt eine Reihe von gewalttätigen Ereignissen in Gang, die in einem tödlichen Zusammenstoß enden.

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In dieser Reihe bisher erschienen:

9001  Werner J. Egli Delgado, der Apache

9002  Alfred Wallon Keine Chance für Chato

9003  Mark L. Wood Die Gefangene der Apachen

9004  Werner J. Egli Wie Wölfe aus den Bergen

9005  Dietmar Kuegler Tombstone

9006  Werner J. Egli Der Pfad zum Sonnenaufgang

9007  Werner J. Egli Die Fährte zwischen Leben und Tod

9008  Werner J. Egli La Vengadora, die Rächerin

9009  Dietmar Kuegler Die Vigilanten von Montana

9010  Thomas Ostwald Blutiges Kansas

9011  R. S. Stone Der Marshal von Cow Springs

9012  Dietmar Kuegler Kriegstrommeln am Mohawk

9013  Andreas Zwengel Die spanische Expedition

9014  Andreas Zwengel Pakt der Rivalen

9015  Andreas Zwengel Schlechte Verlierer

9016  R. S. Stone Aufbruch der Verlorenen

9017  Dietmar Kuegler Der letzte Rebell

9018  R. S. Stone Walkers Rückkehr

9019  Leslie West Das Königreich im Michigansee

9020  R. S. Stone Die Hand am Colt

9021  Dietmar Kuegler San Pedro River

9022  Alex Mann Nur der Fluss war zwischen ihnen

9023  Dietmar Kuegler Alamo - Der Kampf um Texas

9024  Alfred Wallon Das Goliad-Massaker

9025  R. S. Stone Blutiger Winter

9026  R. S. Stone Der Damm von Baxter Ridge

9027  Alex Mann Dreitausend Rinder

9028  R. S. Stone Schwarzes Gold

9029  R. S. Stone Schmutziger Job

9030  Peter Dubina Bronco Canyon

9031  Alfred Wallon Butch Cassidy wird gejagt

9032  Alex Mann Die verlorene Patrouille

9033  Anton Serkalow Blaine Williams - Das Gesetz der Rache

9034  Alfred Wallon Kampf am Schienenstrang

9035  Alex Mann Mexico Marshal

9036  Alex Mann Der Rodeochampion

9037  R. S. Stone Vierzig Tage

9038  Alex Mann Die gejagten Zwei

9039  Peter Dubina Teufel der weißen Berge

9040  Peter Dubina Brennende Lager

9041  Peter Dubina Kampf bis zur letzten Patrone

9042  Dietmar Kuegler Der Scout und der General

9043  Alfred Wallon Der El-Paso-Salzkrieg

9044  Dietmar Kuegler Ein freier Mann

9045  Alex Mann Ein aufrechter Mann

9046  Peter Dubina Gefährliche Fracht

9047  Alex Mann Kalte Fährten

9048  Leslie West Ein Eden für Männer

9049  Alfred Wallon Tod in Montana

9050  Alfred Wallon Das Ende der Fährte

9051  Dietmar Kuegler Der sprechende Draht

9052  U. H. Wilken Blutige Rache

9053  Alex Mann Die fünfte Kugel

9054  Peter Dubina Racheschwur

9055  Craig Dawson Dunlay, der Menschenjäger

9056  U. H. Wilken Bete, Amigo!

9057  Alfred Wallon Missouri-Rebellen

9058  Alfred Wallon Terror der Gesetzlosen

9059  Dietmar Kuegler Kiowa Canyon

9060  Alfred Wallon Der lange Weg nach Texas

9061  Alfred Wallon Gesetz der Gewalt

9062  U. H. Wilken Dein Tod ist mein Leben

9063  G. Michael Hopf Der letzte Ritt

9064  Alfred Wallon Der letzte Mountain-Man

9065  G. Michael Hopf Die Verlorenen

9066  U. H. Wilken Nächte des Grauens

9067  Dietmar Kuegler Die graue Schwadron

9068  Alfred Wallon Rendezvous am Green River

9069  Marco Theiss Die Mathematik des Bleis

9070  Ben Bridges Höllenjob in Mexiko

9071  U. H. Wilken Die grausamen Sieben

9072  Peter Dubina Die Plünderer

9073  G. Michael Hopf Das Gesetz der Prärie

9074  Alfred Wallon Tag der Vergeltung

9075  U. H. Wilken 5000 Dollar für seine Leiche

9076  Lee Roy Jordan Wo Chesterfield geht

DAS GESETZ DER PRÄRIE

DIE KOPFGELDJÄGER NO.03

WESTERN LEGENDEN

BUCH 72

G. MICHAEL HOPF

ÜBERSETZT VONDR. R. F. WINTER

Dieses Buch gehört zu unseren exklusiven Sammler-Editionen

und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.

In unserem Shop ist dieser Roman auch als E-Book lieferbar.

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Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier

Titelbild: Rudolf Sieber-Lonati

Umschlaggestaltung: Mario Heyer u.V. der KI Software Midjourney

Logo: Mario Heyer

Satz: Gero Reimer

Alle Rechte vorbehalten

www.Blitz-Verlag.de

ISBN: 978-3-68984-084-6

9073 vom 01.09.2024

INHALT

Das Gesetz der Prärie

Über den Autor

Milke Homestead, Noble County, Oklahoma Territory. 2. Oktober 1893

Oscar Milke ballte die Fäuste und schlug auf den Tisch. Er hatte es satt, Franklin Hanfords Unnachgiebigkeit und seine versteckten Drohungen zu ertragen. „Ich unterschreibe so etwas nicht, und damit basta!“

Franklin beugte sich vor, der Stuhl knarrte, als er sich bewegte. „Sie machen einen Fehler.“

„Ich will, dass Sie mein Haus verlassen, und zwar sofort!“, rief Oscar aufgebracht.

„Nein“, sagte Franklin ruhig. „Lass uns dieses Gespräch noch einmal von vorne beginnen.“

„Ich werde euch mein Land nicht überschreiben. Es ist mir egal, was Sie mir anbieten, wie viel Sie mir zahlen wollen oder dass Sie mich arbeiten lassen wollen. Ich habe lange genug hart gearbeitet, meine Familie auch. Wir werden nicht aufgeben, um wieder für jemand anderen zu arbeiten“, sagte Oscar und bezog sich damit auf das Land, das er kürzlich beim Cherokee Strip Land Run erworben hatte, dem vierten seiner Art in Oklahoma und dem bisher größten. An diesem Tag versuchten rund hunderttausend Menschen, ein Stück Land zu ergattern. Als er hörte, dass das Cherokee Outlet für die Landnahme geöffnet wurde, kündigte er seinen Job als Angestellter in einem Tierfuttergeschäft, nahm seine Familie und verließ seine Heimat in Michigan. Er hatte sich durch lange Warteschlangen gekämpft, um seinen Namen auf die Liste zu bekommen, hatte noch länger an der Startlinie gewartet und war wie der Teufel geritten, um sein kleines Stück vom Paradies zu finden und es für sich zu beanspruchen. Nach all den Opfern, die er gebracht hatte, wollte er es nicht jemanden überlassen, der sich nicht an Regeln, Gesetze und Grenzen hielt, die von der örtlichen Landbehörde und dem Innenministerium gesetzt worden waren.

„Mein Bruder hatte dieses Land schon vor dir und deinen Freunden“, knurrte Franklin.

„Das ist falsch. Sein Name steht nicht auf der Liste. Nur weil Sie oder Ihr Bruder dieses Land vor einiger Zeit besetzt habt, habt ihr noch lange keinen Rechtsanspruch darauf. Ich bin den richtigen Weg gegangen und stand am richtigen Tag am Ort. Ich erinnere mich gut daran. Ich kann mich nicht erinnern, Sie am 16. September gesehen zu haben. Nein, Sie haben sich hier eingeschlichen. So funktioniert das nicht.“

„Entweder Sie gehen auf den Deal ein, oder mein Bruder muss die Sache anders regeln“, drohte Franklin. „Ich bin zu großzügigen Zugeständnissen bereit, während mein Bruder eine andere Herangehensweise hat. Ich glaube nicht, dass Sie wissen wollen, welche das ist.“

Oscar kochte vor Wut. „Verschwinden Sie aus meinem Haus.“

„Ruhig. Sie sollten mit mir verhandeln. Wir müssen einen Deal machen, der es mir erlaubt, meinen Bruder Allister zu beruhigen“, sagte Franklin.

„Noch mal, nein!“

Die Tür ging auf. Thomas, Oscars dreizehnjähriger Sohn und ältestes der drei Kinder, kam herein. „Pa, bitte hilf mir, eine der Kühe ist aus dem Stall ausgebrochen.“

„Ich komme gleich, mein Sohn“, sagte Oscar.

„Komm her, Junge“, sagte Franklin.

Thomas wirkte unentschlossen.

„Beachte ihn nicht“, sagte Oscar und winkte Thomas mit der Hand weg.

„Beeil dich, Pa“, sagte Thomas und verschwand so schnell, wie er gekommen war.

Als die Tür ins Schloss fiel, stützte Franklin beide Ellbogen auf den Tisch. „Oscar, ich gebe Ihnen bis morgen Zeit, sich zu entscheiden. Danach kann ich nicht sagen, was mein Bruder Allister tun wird.“

Allister Hartford war der ältere der Hartford-Brüder. Er galt als Mörder und Betrüger.

Oscar stand auf und überragte Franklin um einiges. „Ich brauche keinen Tag, um darüber nachzudenken. Und jetzt raus!“

Wieder ging die Tür auf, diesmal war es Agatha, Oscars Frau, die hereinkam. „Oscar, dein Sohn braucht dich.“

„Ich komme!“

„Sie sind eine wunderschöne Frau.“ Franklin schnupperte auffällig. „Und Sie riechen gut.“

Oscar packte Franklin am Kragen und riss ihn hoch. „Verschwinde einfach!“ Er zerrte Franklin quer durch den Raum und stieß ihn nach draußen.

Franklin stolperte und kam ungelenk wieder auf die Füße. „Das war ein großer Fehler.“ Er wischte sich den Staub von seiner Hose und schlenderte zu seinem Pferd, das an einem Pfosten vor dem Haus angebunden war.

„Sagen Sie Ihrem Bruder, dass ich keinen Deal mache.“

Franklin stieg auf sein Pferd. Als er im Sattel saß grinste er hinterhältig. „Pass gut auf deine Familie auf, Oscar.“

„Agatha, hol mein Gewehr, es ist Zeit, diesem Bastard eine Ladung Blei zu verpassen!“, schrie Oscar.

Agatha blieb wie erstarrt stehen und rührte sich nicht.

„Wir sehen uns bald wieder.“ Franklin zwinkerte Agatha zu und galoppierte davon.

„Was sollte das?“, fragte Agatha entsetzt.

„Sie wollen unser Land“, sagte Oscar und seufzte.

Hartford Ranch, Noble County, Oklahoma Territorium

Franklin versuchte den gewaltlosen Weg. Sein Bruder war aus einem anderen Holz geschnitzt.

Nach jahrelangen Irrwegen hatten sie das Oklahoma-Territorium erreicht und das Land besetzt, Monate bevor es offiziell zur Besiedlung freigegeben wurde. Bei den Einheimischen und den Beamten der Landbehörde waren sie als Sooners bekannt, ihre Ansprüche wurden ignoriert, was weder Allister noch Franklin akzeptieren wollten.

Als Franklin die Ranch erreicht hatte und sein Pferd anband, kam Allister aus dem Haus. „War er mit unseren Bedingungen einverstanden, kleiner Bruder?“

„Ich brauch noch einen Versuch“, antwortete Franklin.

Der Blick seines Bruders verfinsterte sich. „Wir versuchen es besser auf meine Art.“

„Allister, hör mir zu. Wir können nicht einfach jeden erschießen, der unser Land besetzt hält“, sagte Franklin.

„Warum nicht?“, fragte Allister.

„Bruder, ich bin auf deiner Seite. Ich habe dich verteidigt, ich habe mit dir gekämpft, und werde weiter an deiner Seite sein. Aber nach so vielen Jahren als Gesetzlose sollten wir jetzt einen anderen Weg einschlagen“, sagte Franklin besorgt.

Allister kam auf ihn zu, legte seine Hand auf Franklins Schulter und schaute ihm in die Augen. „Das ist mein Land. Es ist mir völlig egal, was irgendein Landbüro sagt oder was dieser Oscar oder die anderen Landbesetzer zu sagen haben. Das ist unser Land, wir sind hierhergekommen und haben es diesen Wilden weggenommen. Und jetzt, wo wir diesen Ort, dieses Land sicher gemacht haben, erklärt die Regierung es plötzlich für besiedelbar? Franklin, wir haben es schon besiedelt. Ich gehe nicht weg, morgen werde ich zu jedem einzelnen dieser Besetzer reiten und ihm eine Kugel verpassen. Ich werde jeden Mann, jede Frau und jedes Kind töten.“

Franklin verstand Allisters Frustration. Als sie vor sechs Monaten die siebenhundert Hektar besiedelt hatten, waren sie die ersten gewesen. Als sich die Nachricht von der Erschließung des Gebiets verbreitete, wagte Franklin den Gang zum Grundbuchamt, um festzustellen, dass das Land, auf dem sie sich befanden, juristisch Land der Vereinigten Staaten war. Als er sich registrieren lassen wollte, stellte er fest, dass sie hinter siebenundfünfzigtausend anderen Bewerbern zurückstanden, die keine Chance hatten, einen legalen Anspruch auf das Land zu erheben, das sie jetzt besaßen. Daraufhin beschlossen er und Allister, vor Ort zu bleiben, den Ansturm auf das Land abzuwarten und dann mit den Anspruchstellern zu verhandeln. Bis jetzt war es noch zu keiner Einigung gekommen.

„Was ist mit dem Gesetz oder den Soldaten, die in der Nähe sind?“, fragte Franklin.

„Der Marshal und die Soldaten haben genug mit diesen verdammten Wilden zu tun. Denen ist es egal, wenn ein paar Familien verschwinden.“

„Willst du sie wirklich alle töten, auch die Kinder?“, fragte Franklin.

„Tote reden nicht“, sagte Allister betont sachlich. „Es darf niemand über bleiben.“

Franklin seufzte. „Dann werden wir Hilfe brauchen.“

„Was meinst du?“

„Wir sollten Leute anheuern, die uns helfen“, erklärte Franklin.

„Du meinst, Revolverhelden oder Söldner?“, fragte Allister.

„Ja. Wir heuern ein Team an, das nicht von hier ist, dann nehmen wir uns unser Land.“

Allister dachte kurz nach. „Gut. Ich will die Besten. Richtige Killer. Und das schnell.“

„Ich werde mich darum kümmern.“ Franklin schwang sich auf sein Pferd und ritt in die Stadt.

Außenbezirk von Paris, Texas. 7. Oktober 1893

Es hatte Jahre gedauert, fünf, um genau zu sein, bis Abigail sich den Ruf erworben hatte, eine der besten Kopfgeldjägerinnen westlich des Mississippi zu sein. Eine Frau, die immer ihr Ziel fand. Diesen Ruf hatte sich die Dreiundzwanzigjährige in vielen harten Kämpfen erarbeitet.

Zwei Wochen lang hatte sie Little Jim verfolgt und schließlich sein Versteck in einem kleinen Haus außerhalb des Städtchens Paris gefunden. Dabei bemerkte Abigail ihren Konkurrenten Grady Evans auf Little Jims Fersen. Auf keinen Fall wollte sie zulassen, dass Grady Little Jim zuerst habhaft wurde. Sie stieg von ihrem Pferd Cloud, ein American Quarter Horse. Ihr einziger treuer Begleiter, während sie ihrer Arbeit nachging. Nachdem sie ihren Partner Dwight verloren hatte, mochte sie niemanden mehr an ihrer Seite.

Sie nahm ihre Winchester Modell 73 aus der Scheide und stellte sich auf eine Klippe, von der aus sie das Haus unter sich sehen konnte. Von hier aus hatte sie einen guten Blick, um ihr Ziel zu beobachten und eventuell auszuschalten. Das Haus stand frei, abgesehen von einem kleinen Anbau auf der Rückseite. Vor dem Haus war ein einzelnes Pferd angebunden. Little Jim, ein äußerst übler Kerl, war entweder im oder hinter dem Haus. In den letzten Monaten hatte er eine blutige Spur hinterlassen. Vor vielen Städten hatte er sich auf die Lauer gelegt und Postkutschen ausgeraubt. Er blieb nie lange in derselben Gegend, er plünderte, ritt zur nächsten Stadt, und machte weiter. Bis heute hatte er mehr als siebzehntausend Dollar in bar und unzählige persönliche Gegenstände der Reisenden erbeutet. Er war dafür bekannt, dass er seinen Colt schnell ziehen konnte und ihn auch gerne einsetzte. Acht Männer hatte er bisher getötet und fünf verletzt, davon zwei Frauen. Auf Little Jim war ein Kopfgeld von fünfhundert Dollar ausgesetzt. Abigail war froh, dass auf dem Fahndungsplakat Tot oder lebendig stand. Sie zog es vor, ihr Kopfgeld mit Toten zu bekommen. Nicht weil ihr das Töten Spaß machte, sondern weil alles rascher und reibungsloser ablief. Es war einfacher, eine Leiche zu transportieren als jemanden, der noch kampfbereit war.

Abigail beobachtete das Haus mit dem Fernglas. Es war sehr klein, wahrscheinlich nur ein Raum mit Dachboden. Eine Tür war der einzige Weg hinein oder hinaus. Normalerweise erkundete sie ihr jeweiliges Jagdgebiet sehr genau, vergewisserte sich, dass ihr Ziel dort war, und wartete dann auf die Dunkelheit. Doch Grady war nah.

Die Tür öffnete sich. Ein Mann mit einem Sattel auf der Schulter kam heraus. Er ging auf das Pferd zu, warf den Sattel auf dessen Rücken und schnallte ihn fest. Dann drehte er sich um und blickte in ihre Richtung. Abigail sah die Narbe, die Little Jim im Gesicht hatte und die sich von seinem rechten Auge schräg nach unten bis über die linke Seite seiner Lippe zog. Little Jim spuckte Tabak aus und ging zurück ins Haus.

Abigail schätzte die Entfernung auf dreihundert Meter. Ein gezielter Schuss sollte kein Problem sein. Little Jim kam wieder aus dem Haus, in der einen Hand ein Gewehr und in der anderen etwas, das wie ein schwerer Sack aussah. Da war die Beute drin. Ohne Aufwand hätte sie für sich das Kopfgeld verfünffachen können. Doch sie war ehrlich und wollte es bleiben, das war ihr wichtig. Sie erinnerte sich an die Worte von Onkel Billy. Ein Mann kann viel verlieren, aber er kann stets mit Würde leben. Sobald ein Mann seine Ehre und seinen Ruf verliert, wird er für immer in Schande leben.

Das entfernte Geräusch eines galoppierenden Pferdes drang an Abigails Ohr und riss sie aus ihren Gedanken. Sie entdeckte einen einsamen Reiter, der auf das Haus zuritt. Grady. Jetzt musste sie schnell sein. Sie griff nach ihrer Winchester, klappte die Fernkimme hoch, legte den Kolben an ihre Schulter, die Wange an den Schaft.

Little Jim packte weiter seine Satteltaschen, nicht ahnend, dass das Visier auf ihn gerichtet war und er bald eine Patrone vom Kaliber 44 im Rücken haben würde.

Abigail konzentrierte sich. Grady kam näher. Ihr Schuss musste perfekt sein. Sollte sie Little Jim nur verletzen, wäre das nicht gut. Doch ihr Schuss löste sich zu früh. Abigail zuckte zusammen, schaute durch das Visier und sah, wie Little Jim ins Haus rannte. Wütend schrie sie auf, sie hatte ihn nicht getroffen. Sie hebelte, lud eine weitere Patrone in die Kammer, zielte und schoss. Getroffen. Little Jim taumelte und fiel zu Boden. Während sie nachlud rannte sie zu Cloud und sprang. „Ja.“ Cloud reagierte sofort und galoppierte los. Abigail fegte mit ihm den Abhang des Hügels hinunter, auf die kleine Wiese zu. Aus den Augenwinkeln sah sie Grady, der aus einer kleinen Baumgruppe herauskam. Abigail trieb Cloud weiter an. Sie erreichte das Haus, sprang aus dem Sattel und rannte zu Little Jim, der mit dem Gesicht nach unten in einer Blutlache lag. Sie drehte ihn um. Little Jims Augen waren weit aufgerissen und starr. „Du lebst durch die Waffe, du stirbst durch die Waffe!“ Abigail packte den Mann an den Beinen und zerrte ihn zu seinem Pferd. Sie hasste es, blutverschmiert zu sein. Sie bückte sich, hob seinen Körper in eine sitzende Position und hielt ihn dort fest. Jetzt musste sie auf den Rücken seines Pferdes heben. Das war der schwierige Teil.

Grady zügelte nur wenige Meter entfernt sein Pferd. „Verdammt, Abby Sure Shot!“

„Zu spät“, sagte Abigail nur, während sie weiter mit Little Jims Körper kämpfte.

„Das ist das dritte Mal in diesem Jahr, dass du die Prämie vor mir einkassierst.“ Grady hob seine breiten Schultern und spuckte Tabaksaft auf den Boden.

„Du bist eben zu langsam“, sagte sie, ging in die Hocke, schlang die Arme um den Oberkörper des Banditen und hob ihn hoch. Sie drückte ihn gegen sein Pferd, doch das wich zur Seite aus. Little Jims Körper entglitt ihrem Griff und fiel zu Boden.

„Sieht aus, als brauchst du Hilfe.“ Man sah es Grady an, dass er sich darüber freute, wie schwer es Abigail fiel, Little Jims Körper aufzuladen.

„Alles gut, ich mache das immer so“, sagte sie verbissen.

Grady stieg ab. „Ich helfe dir.“

Abigail hatte es geschafft, Little Jim aufzurichten. Sie warf Grady einen Blick zu und fragte: „Bist du sicher?“

„Natürlich.“ Er packte Little Jim an den Beinen und warf ihn über den Rücken des Pferdes. „Mein Vater hat immer gesagt, dass Männer und Frauen verschieden sind. Das ist einer dieser Unterschiede.“

„Ich kann alles, was ein Mann kann.“

„Ich weiß, dass du das kannst, du bist eine beeindruckende Frau und eine hervorragende Kopfgeldjägerin. Aber wenn es um Kraft und Stärke geht, nicht so sehr.“ Er lachte. „Du wiegst so viel wie ein Windhauch.“

Sie sah ihn grimmig an. „Lustig. Aber danke.“

„Wie wär es, wenn wir uns zusammentun und ein Team bilden?“

„Warum in aller Welt sollte ich das tun?“ Sie nahm ein Stück Seil und band Little Jims Körper an das Pferd.

Grady grinste. „Weil du mit mir als Partner mehr Geld verdienst und ich dir helfen kann, die Leichen aufzuladen.“

„Hast du nicht gesagt, dass ich dieses Jahr schon zum dritten Mal das Kopfgeld kassiert habe, hinter dem du her warst?“ Jetzt grinste auch Abigail.

„Jeder hat mal gute und mal schlechte Tage. Du hast grad eine Glückssträhne.“

„Das Kopfgeld für Little Jim beträgt fünfhundert. Wenn ich einen Partner hätte, würde ich nur zweihundertfünfzig bekommen.“ Abigail ging zu einem Wassertrog und wusch sich das Blut von den Händen.