Western Sammelband 2005 - Zwei Wildwestromane: Die großen Western Romane von Pete Hackett - Pete Hackett - E-Book

Western Sammelband 2005 - Zwei Wildwestromane: Die großen Western Romane von Pete Hackett E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Western: Pete Hackett: Das Gesetz des Stärkeren Pete Hackett: Die Höllenhunde vom Rio Bravo Aus dem Fenster des Ranchhauses fiel Licht. Unter der Sichel des Mondes, die im Süden hing, pfiff ein frischer Wind dahin. Wolkenschatten zogen über den Ranchhof. In der Wohnstube saßen Jack Barnes, der Boss der Ranch, seine Tochter Jane und Duncan McKenzie. Soeben hatte Duncan offiziell um die Hand Janes bei Jack Barnes angehalten. Jack hatte nichts gegen diese Ehe einzuwenden. Auf diese Weise würden die beiden benachbarten Ranches zusammenwachsen. Sie tranken Wein. Sie stießen auf eine gute, glückliche Zukunft an. Doch draußen braute sich bereits das Verderben wie ein schwerer, alles vernichtender Gewittersturm zusammen... Es waren fast ein Dutzend Reiter. Sie hatten soeben den Rio Grande durchquert. Mit scharfen Zurufen und unter Einsatz der Schenkel und Sporen trieben sie ihre Pferde die Uferböschung hinauf.

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Pete Hackett

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Inhaltsverzeichnis

Western Sammelband 2005 - Zwei Wildwestromane: Die großen Western Romane von Pete Hackett

Copyright

​Das Gesetz des Stärkeren

Die Höllenhunde vom Rio Bravo

Western Sammelband 2005 - Zwei Wildwestromane: Die großen Western Romane von Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Western:

Pete Hackett: Das Gesetz des Stärkeren

Pete Hackett: Die Höllenhunde vom Rio Bravo

Aus dem Fenster des Ranchhauses fiel Licht. Unter der Sichel des Mondes, die im Süden hing, pfiff ein frischer Wind dahin. Wolkenschatten zogen über den Ranchhof.

In der Wohnstube saßen Jack Barnes, der Boss der Ranch, seine Tochter Jane und Duncan McKenzie. Soeben hatte Duncan offiziell um die Hand Janes bei Jack Barnes angehalten. Jack hatte nichts gegen diese Ehe einzuwenden. Auf diese Weise würden die beiden benachbarten Ranches zusammenwachsen.

Sie tranken Wein. Sie stießen auf eine gute, glückliche Zukunft an.

Doch draußen braute sich bereits das Verderben wie ein schwerer, alles vernichtender Gewittersturm zusammen...

Es waren fast ein Dutzend Reiter. Sie hatten soeben den Rio Grande durchquert. Mit scharfen Zurufen und unter Einsatz der Schenkel und Sporen trieben sie ihre Pferde die Uferböschung hinauf.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER KLAUS DILL

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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​Das Gesetz des Stärkeren

Western von Pete Hackett

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

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In der Küche saß Jack Hathaway am Tisch und verzehrte sein Frühstück. Rührei mit Speck, dazu aß er trockenes Brot. Laura schenkte ihm gerade Kaffee nach, als Johnny hereinstürmte und rief: „Reiter, Jack, dem Hufschlag nach zu urteilen ein ganzes Rudel. Ich fresse meine Stiefel, wenn das nicht die Sattel­piraten von der Rainbow-Ranch sind."

Ruckartig kam Jack hoch. Sein Stuhl kippte polternd um.

Laura schaute verwirrt und er­schreckt. Jähe Angst flackerte in ihren blauen Augen.

Jack Hathaway strahlte steinerne Ruhe aus.

„Hol dein Gewehr, Johnny, und po­stiere dich im Stall!“, sagte er. „Aber lass dich zu nichts hinreißen. Warte ab, wie sich alles entwickelt. Sollte Hays seine Leute jedoch schicken, damit sie uns den höllischen Marsch blasen, dann bist du gefordert, Junge. Rühr dich, vorwärts!“,

Johnny schluckte nervös. Sein Adamsapfel rutschte hinauf und hinun­ter. Er ächzte: „Du denkst, Hays hat seine Wölfe von der Leine gelassen, damit sie..."

Seine Stimme erstarb. Das Herz des Jungen hämmerte wie wild gegen seine Rippen.

„Ich weiß es nicht", murmelte Jack bitter. „Vielleicht sollen sie uns auch nur einschüchtern."

Seiner Stimme fehlte die echte Zuver­sicht. Sein Blick irrte ab. Auch ihm war alles andere als wohl zumute. Bill Hays war in seinen Entscheidungen sprung­haft und unberechenbar. Er duldete die Siedler am Pierce Creek nicht. Zunächst hatte er versucht, sie auf gütliche Art loszuwerden. Später drohte er, und in letzter Zeit hatte der Terror begonnen.

Die Cowboys der Rainbow-Ranch trieben Rinder über die Mais- und Wei­zenfelder, zerschnitten die Zäune, belä­stigten die Farmer und ihre Frauen, wo immer sie ihren Weg kreuzten, verhöhnten und beleidigten sie. Die Provokatio­nen waren immer unerträglicher und gemeiner geworden.

„Verdammt noch mal, ich weiß es nicht!“, wiederholte Jack knirschend. „Wir müssen uns aber darauf einstellen, dass sie ernst machen."

Ein dumpfer Ton des Entsetzens ent­rang sich Laura.

Mittlerweile quoll das Hufgetrappel deutlicher heran. Es echote in den Oh­ren der Menschen auf der Farm wie eine Botschaft aus der Hölle. Hart stieß Jack Hathaway den Atem durch die Nase aus. Er rannte in den angrenzenden Raum, und als er zurückkehrte, hielten seine Hände eine Winchester.

Johnny stand wie angenagelt auf der Türschwelle. In seinem Jungengesicht zuckten die Muskeln. Seine Nasenflügel vibrierten. Er hatte Angst.

„Beim Henker!“, zischte der Farmer. „Willst du hier Wurzeln schlagen? Hol dein Gewehr und geh in den Stall. So können wir sie wenigstens von zwei Sei­ten in die Mangel nehmen, wenn sie uns schon zahlenmäßig überlegen sind."

Johnny blinzelte wie ein Erwachen­der. Marionettenhaft, fast schwerfällig drehte er sich um, wie von Schnüren gezogen setzte er sich in Bewegung. Er strebte der kleinen Hütte zu, die er bewohnte, und hatte das Gefühl, zent­nerschwere Gewichte zu schleppen.

Das Hämmern der Hufe schlug jetzt wie eine dumpfe Brandungswelle heran. Es riss den Jungen aus seiner Betäubung. Er überwand plötzlich seine Trägheit und spurtete los...

In der Küche knurrte Jack Hathaway: „Setz dich an der Wand auf den Boden, Laura. Sollte Bill Hays seine Sattelwölfe hergeschickt haben, damit sie uns auf die raue Tour klarmachen, dass wir hier am Fluss nichts verloren haben, möchte ich nicht, dass dich eine verirrte Kugel trifft. Also setz dich an die Wand. Und dann wollen wir sehen, wie weit Hays zu gehen bereit ist."

Jack postierte sich am Fenster. Im Hof badeten einige Hühner im knöcheltiefen Staub. Der Farmer sah Johnny mit einem Gewehr zum Stall hetzen. Er ahn­te, wie sehr der Junge im Klammergriff seiner verzehrenden Angst steckte. Johnny war jung und mit brutaler Ge­walt noch nie konfrontiert worden.

„Du - du willst doch nicht wirklich kämpfen?“ Bang und sorgenvoll ent­rang sich Laura diese Frage. Ihre Worte fielen stoßweise, abgehackt und nahezu flüsternd.

„Daran führt wohl kein Weg vorbei", erwiderte Jack und war bemüht, seine Empfindungen hinter einer ausdrucks­losen Miene zu verbergen. Aber das Flackern in seinen Augen verriet Unsi­cherheit und immense Anspannung.

„Gütiger Gott", stöhnte Laura ver­zweifelt.

„An die Wand!“, fauchte Jack, und es kam ungeduldig, fast aggressiv. Härter umkrampften seine Fäuste die Winche­ster. Spitz und weiß stachen die Knöchel unter der Haut hervor. Jacks Lippen waren zu einem dünnen, blutleeren Strich zusammengepresst.

Laura senkte ergeben den Kopf und gehorchte.

Der Reiterpulk stob auf die Anhöhe östlich der Farm. Die Pferde wurden zurückgerissen. Staub wölkte. Scharf wurden die Reiterkonturen vom Son­nenlicht umrissen. Es waren über ein halbes Dutzend. Einige Atemzüge lang starrten sie auf die Farmgebäude hinun­ter, dann trieben sie die Pferde wieder an. Sie ritten in einem dichten Haufen. Die Erde schien unter den her­andonnernden Hufen zu erbeben.

Im Farmhof zerrten sie die Tiere wie­der in den Stand, einer der Reiter trieb seinen Braunen einige Yard nach vorn.

„Bill Hays persönlich!“, presste Jack Hathaway hervor. Er warf einen schnel­len Blick zum Stall hinüber. Von Johnny war nichts zu sehen.

Bill Hays war eine imposante Erschei­nung. In seinem wettergegerbten, ver­kniffenen Gesicht zuckte kein Muskel. Unter seinem Hut quollen graue Haare hervor. Er stemmte beide Arme auf das Sattelhorn und röhrte: „Okay, Hathaway, wie ich sehe, bist du immer noch da. Na gut. Du bist eben ein unverbesserlicher Narr. Ist dieses verdammte Stück Land einen derart hohen Preis wert?“

„Wovon sprechen Sie, Hays?“, rief der Farmer und war bemüht, seiner Stimme Festigkeit zu verleihen. Die Meute vor seinem Haus vermittelte einen nieder­schmetternden Eindruck von Stärke und Überlegenheit, und Hathaway spür­te, wie seine Handflächen feucht wur­den.

Bill Hays lachte klirrend auf. „Wovon ich spreche?“, schnarrte er dann. „Du weißt es ganz genau, Schollenbrecher. Ich versprach dir, dich auf deinem Land zu begraben, wenn du nicht Vernunft annimmst und verschwindest. Dein Le­ben, Amigo, das ist der Preis, den du bezahlen wirst. Leid und Tränen, Ha­thaway - denk an deine Frau. Deine Sturheit bringt dich ins Grab. Laura wird vor dem Nichts stehen."

„Ihre Anteilnahme am Schicksal mei­ner Frau rührt mich zu Tränen, Hays!“, rief Jack sarkastisch. „Gewiss zerfließe ich gleich."

Plötzlich aber flammte heiße Wut in Jack hoch und brach durch. Er repe­tierte die Winchester und schob den Lauf durch die Fensteröffnung. Die Mündung wies auf Bill Hays. Hart spannte sich Jacks Zeigefinger um den Abzug. Sofort trieben die Rainbow-Reiter ihre Pferde auseinander. Ihre Hände zuckten zu den Waffen.

Diese hartgesichtigen Burschen wa­ren Revolvercowboys. Und sie waren ein eingespieltes Team. Das wurde in diesen Augenblicken deutlich. Ihr Boss brauchte nur den Befehl zu geben, und sie würden loslegen.

Bill Hays aber hob unbeeindruckt die Rechte. Sein Gesicht hatte sich verfin­stert, aber sonst zeigte der Rancher nicht die Spur einer Gemütsregung. Er schrie rau: „Ich bin waffenlos, Hathaway, und wenn du auf mich feuerst, hängen sie dich auf. Ein schmählicher Tod, Schol­lenbrecher. Ich bin auch gar nicht hier, um einen blutigen Reigen vom Zaun zu brechen. Ich ..."

„Was dann?“, brüllte Jack wild und unbeherrscht. „Ziehen Sie plötzlich den Schwanz ein, wie ein getretener Stra­ßenköter, weil ich Sie vor der Mündung habe? Ein kleiner Fingerdruck, und Sie fahren zum Satan, Hays. Sie dachten wohl, alleine ihr Anblick lässt mich vor Angst im Erdboden versinken, wie? Sie haben sich getäuscht. Ich bin bereit, um dieses Land zu kämpfen. Und nicht nur ich. Auch die anderen Siedler entlang des Flusses sind entschlossen, Ihnen die Zähne zu zeigen."

Wieder lachte Hays auf; klirrend, ver­ächtlich, voll Ironie. Er tönte: „Ihr wer­det den Kampf bekommen, Hathaway, sicher. Drei Tage - yeah, ich gebe dir noch drei Tage Zeit, und dann komme ich mit meinen Leuten wieder. Wir fegen dich und deinesgleichen hinweg. Dann geht auch dein Wunsch in Erfül­lung, und du bleibst auf diesem Stück Land - allerdings sechs Fuß unter der Erde."

In seinem Tonfall schwang die tödli­che Drohung mit. Er hatte die Worte in einer Art hinausgespuckt, die in ihrer Unmissverständlichkeit erschreckend war.

Erneut spürte der Farmer den Anprall einer leidenschaftlichen Wut. Sie durchflutete ihn in rasenden, giftigen Wogen. Brechend stieg es aus seiner Kehle: „Verschwindet, Hays, ehe ich zum Mörder werde. Bei deinem Anblick -" Jack ließ jetzt ebenfalls die Formalitäten weg, „- wird mir übel. Und noch etwas: Du vergisst völlig, dass ich das Land ord­nungsgemäß erworben habe. Das Heim­stättengesetz ..."

Kalt schnitt ihm Hays das Wort ab. „Auf dieser Weide gilt nur ein Gesetz, Hathaway - und das ist das Gesetz Bill Hays’. Vielleicht geht das endlich in dein Spatzenhirn hinein. Also, du hast noch drei Tage Zeit, darüber nachzudenken. Doch dann fang an zu beten."

„Ich werde mich an Preston wenden. Er..."

Wieder ließ Hays den Farmer nicht ausreden. Sein Organ peitschte.

„Cole Preston ist eine Marionette. Sein Stern nötigt mir nicht den geringsten Respekt ab. Solange er das Stück Blech nur spazieren trägt, stört Preston mich nicht. Sollte er aber auf die verrückte Idee kommen, in diesem Landstrich den aufrechten Hüter von Recht und Ord­nung spielen und mir in die Suppe spucken zu wollen, dann reiße ich ihm den Sechszack vom Hemd und jage ihn mit der Peitsche zum Teufel."

Einige der Kerle hinter dem Rücken des despotischen Ranchers lachten ge­mein.

Jack Hathaway biss die Zähne zusam­men, dass der Schmelz knirschte. Es war wohl tatsächlich so, dass auf dieser Weide nur das Gesetz des Stärkeren galt. Der Starke und Mächtige aber war Big Bill Hays. Was sich nicht beugte, ließ er zurechtstutzen und zerbrechen. Er würde auch vor dem geschriebenen Ge­setz nicht haltmachen.

Jack Hathaway war sich in diesen Augenblicken seiner Schwäche voll bewusst. Resignation und Verlorenheit wollten sich in sein Gemüt senken und lie­ßen ihn innerlich erbeben. Plötzlich aber straffte sich seine hohe Gestalt. Sein Mund wurde zur harten, entschlos­senen Linie, er zwang sich zur Ruhe und rief schneidend: „Es wird Zeit, Hays, dass dich jemand von deinem hohen Ross herunterholt. Ich werde in drei Tagen hier sein, wenn du mit deinen Kettenhunden auf­tauchst. Ja, ich werde euch erwarten, und zwar mit der Waffe in der Hand."

Er sprach es mit der Entschiedenheit eines Mannes, der sich festgelegt hatte und der bereit war, jeden Quadratzoll seines Grund und Bodens bis zum letzten Atemzug zu verteidigen.

„Du hast dir das Unglück, das über euch hereinbricht, selbst zuzuschrei­ben!“, keifte Bill Hays, zerrte sein Pferd herum und spornte es an. Seine Männer folgten ihm. In wilder Karriere stoben sie den Weg zurück, den sie gekommen waren. Zurück blieb die höllische Ver­heißung. Sie löste in den Menschen auf der Farm die unterschiedlichsten Emp­findungen aus. Bei Laura und Johnny würgendes Entsetzen und Hilflosigkeit, bei Jack Unnachgiebigkeit und schwe­lenden Hass. Es packte ihn wie tödliches Fieber.

Neben Jack raschelte Stoff. Er drehte fast schwerfällig den Kopf und schaute in Lauras bleiches Antlitz. Mühevoll entrang es sich ihr: „Wir sollten aufgeben, Jack. Es - es ist Irrsinn, dagegen anzuschwimmen. Das Land ist es nicht wert, dafür zu sterben. Suchen wir uns anderswo einen Platz."

Ihr hoffnungsvoller Blick hing an sei­nem Gesicht, als versuchte sie darin zu lesen, als wollte sie die geheimsten Ge­danken ihres Mannes ergründen.

Jacks Züge jedoch verschlossen sich. Seine Miene wirkte plötzlich unheim­lich in ihrer düsteren Wildheit. „In die­ser Farm steckt unser ganzes Geld", murmelte er schwer. „Wir würden sie als Bettler verlassen."

Laura seufzte gequält auf, denn sie erkannte, dass Jack nicht umzustimmen war.

Am späten Nachmittag dieses Tages sattelte Jack sein Pferd und ritt flussabwärts. Nach einer Dreiviertelstunde erreichte er Slim Hollisters Farm. Hollisters Frau erklärte Jack, dass ihr Mann noch auf dem Feld sei, um einen Zaun zu reparieren, den Cowboys der Rainbow-Ranch zerstört hatten.

„Hat euch Hays auch einen Besuch abgestattet?“, wollte er wissen.

Mary Hollister nickte betrübt. „Ja. Logan Hays war mit einigen Reitern hier. Er setzte uns ein allerletztes Ulti­matum. Drei Tage. Wenn wir dann noch hier sind, dann..."

Sie verstummte niedergeschlagen und strich ihrem Jungen, der bei ihr stand, über den blonden Haarschopf. Ihre nicht ausgesprochenen Worte, ihr bitte­res Schweigen, diese Geste der Hoffnungslosigkeit - das war beredter als alles, was es zu sagen gegeben hätte. Jack entging nicht der herbe Ausdruck um ihren Mund und die Schwermut in ihrem Blick.

„Wie hat Slim sich entschieden?“, fragte er erwartungsvoll.

„Er will bleiben", antwortete die Frau mit brüchigem Tonfall.

„Wir sollten uns zusammenschlie­ßen", murmelte Jack und bannte das tänzelnde Pferd unter sich mit einem Schenkeldruck auf der Stelle. „Auf sich alleine gestellt ist jeder von uns zu schwach, Big Bill die Stirn zu bieten."

„Ich will es Slim ausrichten, Jack", erklärte Mary.

Jack ritt weiter. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Die Schatten waren lang. Durch das verrankte Ufergebüsch konnte Jack das Wasser des Pierce Creek glitzern sehen. Vögel zwitscher­ten, Bienen summten. Es war noch immer unerträglich warm. Jack ließ das Pferd traben.

Dann kam die Carson-Farm in sein Blickfeld. Abrupt hielt er an. Der Plan­wagen, mit dem Carson und seine Fami­lie ins Land gekommen waren, ver­deckte das flache Farmhaus. Bei dem Fuhrwerk war Bewegung. Jack nagte an seiner Unterlippe, dann ruckte er im Sattel. Das Pferd setzte sich in Bewegung.

Als Jack zwischen zwei Scheunen hindurch ritt, trat Ken Carson hinter dem Conestoga-Schoner hervor. Mit schleppenden Schritten kam er Jack entgegen. Dieser zügelte und fragte klanglos: „Bei dir hat Big Bill es also geschafft, Ken?“

Eigentlich war es gar keine Frage. Es war mehr eine glasklare Feststellung.

Ken Carsons Schultern sackten nach unten. Er musste zweimal ansetzen, dann gab er stockend zu verstehen: „Soll ich unser Leben aufs Spiel setzen, Jack? Soll ich etwas herausfordern, was ich niemals mit meinem Gewissen vereinbaren könnte? Ich habe drei Kinder, das vierte ist auf dem Weg. Sue ist mit den Nerven fix und fertig. Ich kann es einfach nicht verantworten, sie alle ins Unglück zu reißen."

„Du verlässt als armer Mann dein Land, Ken", gab Jack gedehnt zu beden­ken.

„Lieber arm als tot!“, brach es über die Lippen Ken Carsons. Plötzlich schlich sich Betroffenheit in seine Miene. Er ächzte: „Du - du willst doch nicht blei­ben?“,

„Doch." Jack beugte sich etwas nach vorn. Etwas Zwingendes ging unvermit­telt von ihm aus. „Auch Hollister gibt nicht auf, und James Newton, schätze ich, wird auch nicht kneifen. Mit Anderson..."

„Kneifen?“, entfuhr es Carson grim­mig. „Wer spricht hier von Kneifen, Jack, Ich folge der Vernunft, und das hat nichts mit Feigheit zu tun."

„Ich wollte dir nicht Unrecht tun, Ken. Es kann eben keiner über seinen Schatten springen. Ich wünsche euch viel Glück."

Jack Hathaway zog sein Pferd herum und gab ihm den Kopf frei. Ein Mann muss wissen, was für ihn gut ist, durch­zuckte es ihn. Vielleicht macht Carson das einzig Richtige. Wer weiß? Unser Kampf wird der Kampf Davids gegen Goliath. Vielleicht verschlingt all jene, die nicht Carsons Beispiel folgen, dieser Strudel, auf den wir bereits zu­steuern...

Er lenkte das Pferd eine Hügelflanke hinauf. Die Sonne war untergegangen. Ihr Widerschein färbte den Himmel im Westen glutrot. Ein fahler, rötlicher Schimmer lag auf dem Land. Von Osten her schob sich amberfarben die Dämme­rung. Jack blickte über den Fluss hin­weg, dessen Fluten nun anmuteten wie flüssiges Gold. Drüben zogen Rinderru­del zum Wasser. Sie trugen den Rainbow-Brand. Big Bill begann also, das Gebiet östlich des Flusses bereits zu besetzen. Jack registrierte es mit einem flauen Gefühl im Magen. Es handelte sich um Regierungsland und war ebenso wie der Streifen westlich des Creeks für die Besiedlung bestimmt.

„Irgendwann musst auch du klein bei­geben, Bill Hays", murmelte Jack für sich. „Die Zukunft wird es zeigen."

Es war dunkel und die Konturen ver­schwammen, als Jack vor Dale Andersons Haus absaß. Aus den beiden Fen­stern streute vages Licht. Jack klopfte gegen die grob gefügte Brettertür.

„Tritt ein, Jack, ich habe dich schon kommen sehen", wurde er eingeladen.

Jack stieß die Tür auf. Sekundenlang blendete ihn der Lichtschein, den eine Petroleumlampe spendete. Dale Anderson und seine Familie saßen beim Abendessen. Jack tippte mit knapper Geste an die Krempe seines verbeulten Hutes, nickte Mrs. Anderson zu, und nahm die bedrückte Stimmung wahr, die herrschte. Nach einem gemurmelten Gruß begann er, und die Trockenheit in seinem Hals ließ seine Stimme heiser und rasselnd klingen: „Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob auch euch Hays ein letztes Ultimatum gestellt hat."

Anderson starrte ihn verkniffen an. Mrs. Anderson nahm eine abweisende Haltung ein. Kühl fixierte sie Jack. Ein Schimmer des Begreifens huschte über dessen gestrafftes Gesicht.

„Ihr also auch", strömte es aus seinem Mund, und Enttäuschung machte sich bei ihm breit.

„Wer noch?“, fragte Anderson.

„Ken Carson."

„Und was ist mit Hollister?“,

„Er bleibt. Ebenso wie ich. - Warum verbünden wir uns nicht, Dale? Wir bringen ein Dutzend Männer auf die Beine, und der Sheriff muss sich hinter uns stellen. Du lieber Himmel, Dale, soll Hays..."

Sarah Anderson fiel ihm mit schriller Stimme ins Wort: „Wenn du gekommen bist, um uns zu verunsichern, Jack, dann verschwinde sofort wieder. Unser Entschluss, aufzugeben, ist unumstößlich. Vor einer Stunde war Flaherty bei uns. Bei ihm war John Hays. Wir verlassen gemeinsam das Land und schließen uns irgendeinem Treck nach Westen an. Versuch also nicht, Dale umzustimmen. John Hays ließ keinen Zweifel offen, was uns blüht, wenn wir nicht in drei Tagen fort sind."

„Du solltest mit uns gehen, Jack", fügte Anderson leise und beschwörend hinzu. „Andernfalls bringst du nur Ver­hängnis über dich und Laura."

Jack fand keine Worte. Es gab nichts mehr zu sagen. Abgrundtiefe Enttäu­schung versiegelte ihm die Lippen. Er war wie vor den Kopf gestoßen und musste die Erkenntnis, dass Bill Hays' Drohungen bei der Hälfte der Heimstät­ter auf fruchtbaren Boden gefallen wa­ren, erst einmal verarbeiten. Er schwang auf den Hacken herum und verließ das Haus.

Flaherty brauchte er wohl gar nicht mehr aufsuchen. Gedankenvoll schwang er sich in den Sattel. Das Leder knarrte, das Tier schnaubte. Dem Mann kam plötzlich alles so sinnlos, so depri­mierend vor, und er überlegte, ob er überhaupt noch den Weg zu James New­ton unter die Hufe seines Pferdes neh­men sollte.

Es war jetzt Nacht. Die Dinge ver­schmolzen mit der Dunkelheit. Jack fragte sich, ob er nicht nach Cane Beds reiten und mit dem Sheriff sprechen sollte. Oder er kehrte einfach nach Hause zurück und ließ den Dingen ihren Lauf.

In ihm war der Zwiespalt eines Man­nes, der sich nicht entscheiden konnte. Schließlich aber rang er sich dazu durch, zu Newton zu reiten. Newton hatte zwei erwachsene Söhne und einen Schwiegersohn, und zusammen mit Slim Holli­ster wären sie zu sechst. Eine verschwin­dende Zahl gegen Big Bills Schießerru­del. Aber immerhin ...

Jack ritt jetzt abwechselnd Galopp und Trab. Der Mond schob sich über die Berge im Osten und schien höhnisch auf Jack herabzugrinsen. Vor dem Hinter­grund des nachtblauen Himmels flimmerten Sterne. Das unwirkliche Licht versilberte die Hügelflanken. Auf der anderen Flussseite brüllte ein Stier. Plötzlich fiel es Jack wie Schuppen von den Augen. Es war wohl so, dass Big Bill seine Herden jenseits des Creeks zusam­mentreiben ließ. Und zu gegebener Zeit wollte er sie Über den Fluss jagen, damit sie alles niederstampften, was die Sied­ler in mühseliger Arbeit aufgebaut hat­ten. Ein teuflischer Plan. Unwillkürlich erschauderte Jack. Und es war nicht nur der frische Wind, der ihn frösteln ließ. Es war eine Kälte, die in seinen Einge­weiden wühlte und von innen kam.

Bei den Newtons war es bereits finster. Als Jack aber zwischen die Gebäude ritt, sprang ihn eine eisige Stimme an: „Stopp, Mister! Wenn du im Auftrag von Bill Hays hier aufkreuzt, um nachzusehen, ob wir schon packen, dann kehr lieber schnell wieder um. Und bestell deinem niederträchtigen Boss, dass die Newtons sich nicht vertreiben lassen. Wir werden euch Schuften hei­ßes Blei servieren, wenn ihr hier den Teufel aus dem Sack lassen wollt."

„Nichts anderes habe ich von dir erwartet, James", rief Jack. „Ich wollte es nur von dir selbst hören, um völlig sicher zu sein."

„Hi, Jack, du bist es doch, oder irre ich mich?“,

„Du irrst dich nicht." Langsam ging das Pferd in den Farmhof. Dumpf poch­ten die Hufe. Aus der Dunkelheit löste sich ein kompakter Schatten, die Gestalt nahm Formen an. Das Mond- und Sternenlicht ließ die Metallteile einer Win­chester matt schimmern. Staub knirsch­te unter Stiefelsohlen. Im Haus klappte eine Tür, jemand rief gedämpft: „Alles klar, Dad?“

„Sicher, es ist Jack Hathaway."

Bei der Haustür wurde noch etwas gemurmelt, dann trafen Jack und James Newton aufeinander, und Jack zügelte. Er sagte kehlig: „Anderson, Carson und Flaherty ge­ben auf, James. Big Bill kann dadurch einen halben Sieg verzeichnen."

„Aber an uns wird sich der alte Bastard die Finger verbrennen", grollte Newton und es klang wie ein Verspre­chen. Im vagen Licht glitzerten seine Augen kalt wie Porzellan.

„Aber nur, wenn wir uns zusammen­schließen und den Sheriff vor unseren Karren spannen", versetzte Jack. „Wenn jeder von uns seinen eigenen Kampf ausficht, kann das nur in den Untergang führen."

James Newtons Antwort traf Jack wie ein Schlag. Der Farmer stieß hervor: „Wir Newtons sind stark genug, um uns zu behaupten. Wenn wir uns zusammen­schließen, bedeutet das, dass zwei Fami­lien ihren Besitz ungeschützt zurücklas­sen müssen. Dazu bin ich nicht bereit. Und ich habe auch nicht den Platz, um dich und Slim Hollister samt euren Familien bei mir aufzunehmen."

Zunächst einmal verschlug es Jack die Sprache. Als er aber antwortete, zer­hackte er die Worte geradezu in Silben. Er stieß hervor: „Nach dem Motto, jeder ist sich selbst der Nächste, wie?“

„Sieh das nicht falsch", versuchte James Newton Jack zu besänftigen. „Aber wenn wir uns auf meiner Farm konzentrieren, ziehe ich unweigerlich den ganzen Ärger auf mich. Ich..."

„Das ist schäbig, James!“, knirschte Jack und legte all die Verachtung, der er mächtig war, in diesen Vorwurf. Seine Stimme sank herab zu einem heiseren Geflüster: „Hays wird sich zuerst auf mich stürzen, dann auf Hollister, das weißt du genau. Auf sich alleine gestellt, ist jeder von uns dem Untergang ge­weiht. Du möchtest weitab vom Schuss die Entwicklung abwarten und ..."

„Du redest Unsinn, Jack, überleg doch mal: Wenn wir uns hier verschan­zen, ziehen wir Big Bills gesamte Streit­macht auf uns. Frauen und Kinder wer­den hier sein, wir werden uns gegensei­tig auf die Füße treten. Big Bill wird keine Hemmungen kennen. Er lässt das Haus in Fetzen schießen und uns alle dazu. Wir wären sechs Mann, die kämpfen können. Big Bill aber schickt dreißig oder vierzig. Sie überrennen uns, ehe wir richtig zum Denken kommen."

Jack gab es auf. Er spürte eine selt­same Leere in sich. Lahm fragte er: „Kann ich wenigstens Laura und Johnny zu dir schicken, ehe sich der höl­lische Besuch bei mir einstellt?“

„Dagegen ist nichts einzuwenden."

„Danke." Jack wendete das Pferd und hämmerte ihm die Hacken in die Seite. Der Tierleib streckte sich.

*

Unter Jacks Augen lagen dunkle Rin­ge. Vor dem Fenster hing noch die Mor­gendämmerung. Das Licht der Laterne reichte nicht aus, um die Küche bis in die Ecken auszuleuchten. Seine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Dass James Newton seine eigenen Brötchen backen wollte, nagte und fraß ihn ihm. Newton wollte Big Bill nicht unnötig herausfor­dern. Das war Jack mehr und mehr bewusst geworden. Die Newton Farm lag zehn Meilen weiter südlich, und sie störte Bill Hays kaum. Dass er auch New­ton bedrohte, war mehr eine Frage des Prinzips. Wahrscheinlich rechnete Newton sich aus, dass Big Bill ihn in Ruhe ließ, wenn er alle anderen Farmer vertrieben hatte und sein Vieh wieder auf die andere Seite des Creeks treiben konnte.

Was Newton vorgebracht hatte, waren im Grunde nur Ausreden, Ausflüchte, Schutzbehauptungen.

Jack verdrängte all diese bohrenden Gedanken aus seinem Bewusstsein. Er fühlte Lauras forschenden Blick auf sich ruhen und murmelte zwischen den Zähnen: „Unsere Vorräte gehen zur Nei­ge, außerdem brauche ich Draht und Nägel. Ich schicke Johnny mit dem Wagen nach Cane Beds, damit er das Zeug besorgt."

Er hatte Laura nichts von dem erzählt, was er bei James Newton erlebt hatte. Er war auf Newton angewiesen, wenn es hart wurde. Laura durfte auf keinen Fall hier sein, wenn Hays' Schießhunde kamen. Einigermaßen si­cher war sie nur bei James Newton, dem drei erwachsene Männer zur Seite stan­den. Dasselbe galt für Johnny. Der Junge war kein Kämpfer und würde niemals einer werden. Er stünde ihm nur im Wege, wenn der Verdruss los­ging.

Laura war seine schlechte Laune nicht verborgen geblieben. Ihrer Mei­nung nach hing es damit zusammen, dass Carson, Anderson und Flaherty nicht hei der Stange blieben und aufgaben. Zaghaft bemerkte sie: „Ist es nicht zu gefährlich, den Jungen allein loszuschicken, Jack? In der Stadt treiben sich oft Leute von der Rainbow-Ranch herum. Was ist, wenn Johnny einigen von ihnen in die Hände fällt? Ich glaube nicht, dass sie ihn ungeschoren lassen."

„Okay", erwiderte Jack unwirsch, „ich fahre selbst."

Er verließ das Haus, zog den flachen Farmwagen aus der Remise und holte ein Pferd aus dem Stall. Einen schweren Kaltblüter, der nur gut für das Geschirr war. Johnny kam aus seiner Unterkunft und half ihm beim Anspannen. Wenig später kletterte Jack auf den Wagenbock und griff nach der Peitsche. Laura lief aus der Haustür, hielt bei ihm an und legte ihm die rechte Hand auf das Knie.

„Pass auf dich auf, Jack", strömte es fast flehend über ihre Lippen. „Ich habe Angst um dich. Es - es sind nur Ahnun­gen, aber irgendwie spüre ich das Un­glück, das sich über uns zusammen­braut."

Jack nahm die Zügel auf. „Keine Sorge, Laura. Vor übermorgen unternimmt Big Bill nichts. Seine Leute werden sich zurückhalten."

Als er in ihre Augen schaute, blickte er in einen Abgrund von Angst und Sorge.

Die Zügel klatschten auf den Rucken des Gespannpferdes. Der Wagen ruckte an. Knirschend und mahlend drehten sich die eisenumreiften Räder im fein­körnigen Sand. Jack lächelte seiner Frau beruhigend zu. Es war ein erzwun­genes Lächeln und wirkte maskenhaft starr.

Laura erwiderte das Lächeln nicht. Kümmernis und Sorge fraßen in ihr. Bill Hays gebärdete sich wie ein in die Enge gedrängtes Raubtier. Er fürchtete, dass durch die Besiedlung zu beiden Sei­ten des Flusses seinen Rindern der Weg zum Wasser abgeschnitten würde. Und er wollte es erst gar nicht so weit kommen lassen, dass weitere Heimstätter sich hier breit machten. Also setzte er alles daran, ein Exempel zu statuieren und jedem Interessenten die Lust am Siedeln am Pierce Creek von vornherein zu verlei­den.

Laura nahm die Drohung des Ran­chers ausgesprochen ernst. Es war wie ein Hammer, der ihr die verzehrende Angst vor der Zukunft wie einen gifti­gen Stachel ins Gemüt trieb. Sie spürte das Unheil tief in ihrer Seele.

Johnny kam heran. „Jack ist stark", murmelte er bedrückt. „Er wird sich durchbeißen.“ Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: „Immer mehr Siedler wer­den an den Fluss kommen, und eines Tages muss Big Bill einsehen, dass er die Erschließung dieses Landstrichs nicht aufhalten kann. Eines Tages muss er sich fügen."

„Ich glaube nicht daran", versetzte Laura tonlos.

Verlegen kratzte Johnny sich am Hals. „Ich werde an Jacks Seite Bill Hays und seinen Gunslingern gegenübertreten", tönte er plötzlich. „Ich hätte auch gestern gekämpft. Ich bin Jack und dir eine Menge schuldig, Lau­ra. Ich ... O verdammt, ich muss nur einmal, ein einziges Mal meine verdammte Feigheit überwinden. Dann kann ich vielleicht so werden wie Jack."

Mit brennenden Augen starrte Laura hinter ihrem Mann her. Gewiss, durch­flutete es sie, er ist stark und mutig - aber Bill Hays ist stärker, und er ist skrupellos...

Währenddessen holperte und schlin­gerte der Farmwagen auf dem von tiefen Wagenspuren zerfurchten Weg nach Cane Beds. Nebelfetzen krochen über den Boden und verschleierten ihn. Wol­ken waren aufgezogen. Der Himmel war von einem bleiernen Grau. Es war kühl. Jack bedauerte schon bald, sich nicht wärmer angezogen zu haben. Der Mor­genwind zerrte an seinem Hemd, drang durch den Baumwollstoff und ließ ihn frieren.

Die Entfernung nach Cane Beds be­trug etwa fünfzehn Meilen. Das Pferd legte sich kraftvoll ins Geschirr. Jack wurde auf dem Bock hin und her gewor­fen. Langsam nahm die Wärme zu. Dann brach die Sonne durch.

Zu beiden Seiten der Straße dehnte sich Weideland, soweit das Auge reichte. Longhorns standen mit peitschenden Schwänzen am Wegrand und beäugten das Fuhrwerk mit einer Mischung aus Tücke, Misstrauen und Stumpfsinn. Ihre ausladenden Hörner klapperten gegen­einander. Kühe muhten, Kälber blök­ten. Von Weidereitern war weit und breit nichts zu sehen.

Dumpf vor sich hinbrütend dirigierte Jack das schwere Pferd. Tief in sich fühlte er, dass ihre Lage aussichtslos war. Jedoch sperrte sich alles in ihm gegen den Gedanken, aufzugeben. Big Bill hatte in diesem höllischen Spiel, in dem der Satan persönlich die Karten verteil­te, alle Trümpfe in der Hand. Alles, was er, Jack, besaß, lag im Pot. Konnte er da einfach aussteigen?

Jack zog die Schultern zusammen, als wehte ihn ein eisiger Hauch an. Der Kampf, der sich in seinem Bewusstsein abspielte, war von seinen Zügen abzule­sen. Aber wie er sich auch entschied: Das Ergebnis war immer dasselbe. Er würde alles verlieren...

Nach etwas über drei Stunden tauchte die Stadt vor Jack auf. Jack fuhr am Rand der Main Street entlang, lenkte das Gespann zum General Store, schlang die Zügel um den Bremshebel und sprang auf die Fahrbahn. Steifbeinig stakste er in den Laden.

Buck Henderson hob die linke Braue und blinzelte durch die Gläser der rand­losen Brille, die seine Augen unnatür­lich groß erscheinen ließen.

Jack grüßte und achtete nicht weiter darauf, dass der Storebesitzer seinen Gruß nicht erwiderte. Ihm entging auch die abweisende Haltung, die Henderson einnahm. Jack sagte völlig arglos: „Ich benötige eine ganze Reihe von Dingen, Henderson. Ich zähle alles auf und du notierst es. Stell mir das Zeug zusammen. Ich bin dir dabei gerne behilflich."

Der Storehalter zog unbehaglich die Schultern an, schniefte und presste her­vor: „Es gibt keinen Kredit mehr, Jack. Deine Schulden bei mir belaufen sich bereits auf fast dreihundert Dollar. Das ist genug. Du kriegst von mir erst wieder etwas auf Kredit, wenn du deine Schul­den abgelöst hast."

Jack machte ein Gesicht, als hätte er einen Kaktus verschluckt. Sein Kopf ruckte vor, seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, zwischen denen es unheilvoll zu glimmen begann, er stieß zwischen den Zähnen hervor: „Jetzt hör mal zu, Henderson: Ich bin noch keinem Menschen etwas schuldig geblieben. Du bekommst dein ver­dammtes Geld nach der Ernte. In den zwei Jahren, in denen ich hier bin, gab es deswegen noch nie Probleme."

„Nach der Ernte!“, echote Henderson und rang die schweißnassen Hände. „Glaubst du denn im Ernst, dass du die­ses Jahr auch nur einen einzigen Halm erntest?“

Schlagartig begriff Jack. „Aha, so ist das also. Hays hat dir verboten, uns Far­mern weiterhin Kredit einzuräumen. Heavens, Henderson, es ist eine Sache zwischen uns Farmern und Hays. Wieso ergreift diese Stadt plötzlich Partei?“

„Nicht diese Stadt, Jack - ich!“, Hen­derson schlug sich mit der flachen Hand vor die Brust. „Ich habe keine andere Wahl."

„Zur Hölle mit dir, Henderson, das kannst du nicht machen. Du gräbst uns das Wasser ab!“, brauste Jack auf und knallte seine Faust auf die Ladentheke, dass es krachte. „Wir brauchen die Vor­räte. Und ich brauche Draht, Nägel und eine ganze Reihe anderer Dinge..."

„Ich will keinen Ärger, Jack, ver­dammt, akzeptiere das. Was das Geld anbetrifft, das du mir schuldest, so habe ich es sowieso abgeschrieben. Denn..."

Henderson brach ab, biss sich auf die Unterlippe, ganz so, als hätte er schon viel zu viel preisgegeben.

Dem eisigen Wind seiner Empfindun­gen ausgesetzt sagte Jack dumpf, mit einer ihm selbst fremd klingenden Stim­me: „Was hat Hays dir angedroht? Dei­nen Laden in Stücke zerschlagen zu las­sen, oder..."

Der überschäumende Zorn würgte seine Stimme ab. Er stand dicht davor zu explodieren. Sein Atem ging stoßweise, hetzend, in seinen Schläfen hämmerte das Blut. Es sah aus, als wollte er sich auf Henderson stürzen. Mit einem zittrigen Atemzug des Erschreckens wich dieser zurück und krächzte: „Ja, Jack, ich hatte Besuch von der Rainbow. John Hays und zwei von seinen ständigen Beglei­tern gaben mir unmissverständlich zu verstehen, dass sie Kleinholz aus mei­nem Laden machen, wenn ich einem der Farmer auch nur noch einen Hufnagel auf Kredit gebe."

Jacks Mundwinkel sackten verbittert nach unten.

„Und ich dachte, du stündest auf der Seite der Farmer, Henderson. Warst du nicht einer von denen, die am lautesten tönten, dass die Zukunft der Stadt in der Besiedlung des Landes liegt? Hast du uns Farmern deine Waren nicht gera­dezu aufgedrängt? Du zeigtest wenig Re­spekt vor Big Bill. Jetzt aber, da Schwie­rigkeiten auftauchen, zeigst du dein wahres Gesicht. Du bist eine erbärmli­che Ratte, Henderson."

Unvermittelt beugte Jack sich über den Tresen, seine Hände schossen vor und packten den Storehalter am Latz seiner grünen Schürze. Mit einem Ruck riss Jack ihn dicht an sich heran. Sein Atem streifte Hendersons bleiches Ge­sicht, auf dem ein Schweißfilm glitzerte und in das die jähe Angst hektische rote Flecken malte. Jack hechelte außer sich: „Ersticke an deiner Feigheit, du Speichellecker. Aber eines prophezeie ich dir: Die Farmer werden sich im Land halten. Hunderte werden es eines Tages besiedeln. Und ein jeder wird vor dir ausspucken."

Seine Worte trafen Henderson wie Peitschenhiebe. Er taumelte zurück, als Jack ihm einen derben Stoß versetzte und den Schurz losließ, und er duckte sich, als erwartete er, von Jack geschla­gen zu werden.

Jack jedoch warf sich zornentbrannt herum und hetzte aus dem Store. Schmetternd flog die Tür hinter ihm ins Schloss. Draußen wischte er sich fahrig über die Augen. Nur nach und nach beruhigte sich der Aufruhr seiner Empfindungen. Und plötzlich verspürte er das Bedürfnis, den gallenbitteren Ge­schmack in seiner Mundhöhle mit ei­nem Glas Whisky hinunterzuspülen. Er strebte kurzentschlossen dem Saloon zu.

*