Western Viererband 4020 - Pete Hackett - E-Book

Western Viererband 4020 E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieses Buch enthält folgende Western: Pete Hackett: Marshal Logan von allen gehetzt Pete Hackett: Marshal Logan und der Pferdedieb Pete Hackett: Wölfe kennen kein Erbarmen Max Brand: Speedy - keiner ist schneller! Eine Nachricht über einen grausamen Mord erreicht Amarillo. Die Monahan Ranch ist überfallen worden und alle, ihr Besitzer, seine Frau und seine Kinder sind tot. Ein Zeuge konnte der sterbenden Frau noch entnehmen, dass es vier Reiter waren, die sie überfallen haben. Doch als Logan und Joe die Indizien zusammentragen, stellt sich raus, dass es doch mehr Verdächtige geben könnte, als sie gehofft hatten und mehr Leute dahinter stecken könnten als zuerst vermutet...

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Seitenzahl: 716

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Pete Hackett, Max Brand

Western Viererband 4020

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Dieses eBook wurde mit StreetLib Write ( http://write.streetlib.com) erstellt.
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Inhaltsverzeichnis

Western Viererband 4020

Copyright

Marshal Logan von allen gehetzt

Marshal Logan und der Pferdedieb

Wölfe kennen kein Erbarmen

Speedy – keiner ist schneller!

Western Viererband 4020

Pete Hackett, Max Brand

Dieses Buch enthält folgende Western:

Pete Hackett: Marshal Logan von allen gehetzt

Pete Hackett: Marshal Logan und der Pferdedieb

Pete Hackett: Wölfe kennen kein Erbarmen

Max Brand: Speedy - keiner ist schneller!

Eine Nachricht über einen grausamen Mord erreicht Amarillo. Die Monahan Ranch ist überfallen worden und alle, ihr Besitzer, seine Frau und seine Kinder sind tot. Ein Zeuge konnte der sterbenden Frau noch entnehmen, dass es vier Reiter waren, die sie überfallen haben. Doch als Logan und Joe die Indizien zusammentragen, stellt sich raus, dass es doch mehr Verdächtige geben könnte, als sie gehofft hatten und mehr Leute dahinter stecken könnten als zuerst vermutet...

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER EDWARD MARTIN

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Marshal Logan von allen gehetzt

U.S. Marshal Bill Logan

Western von Pete Hackett

U.S. Marshal Bill Logan – die neue Western-Romanserie von Bestseller-Autor Pete Hackett! Abgeschlossene Romane aus einer erbarmungslosen Zeit über einen einsamen Kämpfer für das Recht.

Über den Autor

Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane.

Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Am Himmel im Westen ballten sich schwarze, drohende Wolkenberge. Die Wolken falteten sich zu formlosen, tiefdunklen Gebilden zusammen und wurden von einem ungeheuren Sturm herangetrieben. Blitze zuckten vom Himmel. Fernes Donnergrollen kündete ein schweres Gewitter an.

Die Herde stand in einem Talkessel. Es waren wohl an die tausend Rinder. Muhen, Brüllen und das Blöken von Kälbern erfüllte die Senke. Sie war begrenzt von Hügeln, auf deren Flanken hüfthohe Büsche wuchsen und aus deren Kuppen ruinenartige Felsgebilde ragten.

Der Cowboy Stan Billings ritt rechts um die Herde herum. Es ging auf den Abend zu. Die Sonne war hinter den Wolkenbergen im Westen verschwunden. Düsternis hüllte das Land ein. Ein Reiter kam Stan Billings entgegen. Steigbügel an Steigbügel verhielten die beiden Cowboys. »Der Sturm wird in einer Viertelstunde hier sein«, sagte Stan Billings. »Es wird wahrscheinlich die Hölle. Hoffentlich spielen die gehörnten Teufel nicht verrückt.«

Herb Wilson, der andere Cowboy, rückte sich den Hut etwas aus dem Gesicht. »Wir werden es auf uns zukommen lassen müssen. Lassen wir uns überraschen. Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird.«

»Gemütsmensch«, knurrte Stan Billings.

Sie trieben ihre Pferde wieder an. Schnell trieb der Wind den Sturm näher. Dann fielen die ersten Regentropfen vom Himmel. Wenig später schüttete es wie aus Eimern. Der Himmel schien sämtliche Schleusen geöffnet zu haben. Der Sturm heulte wie ein hungriges Tier. Die Dunkelheit hatte zugenommen. Ein bretterharter Wind trieb peitschende Regenschauer schräg über das Land. Grelle Blitze zerrissen den aufgewühlten Himmel. Das Echo des Donners rollte durch das Tal.

Der scharfe Wind nahm den Cowboys fast den Atem. Es donnerte, als würde die Erde auseinanderplatzen. Irgendwo im Westen zuckte ein Blitz am Horizont entlang. Ein erneuter heftiger Windstoß brachte rollenden Donner. In immer neuen Böen peitschte der Sturm den Regen heran. Obwohl Stan Billings und Herb Wilson imprägnierte Regenumhänge trugen, waren sie bald bis auf die Haut durchnässt. Die Unruhe in der Herde verstärkte sich. Die Tiere waren durch den strömenden Regen nur als dunkle, formlose Kleckse zu erkennen.

Fast eine Stunde tobte das Unwetter. Dann zog es nach Osten weiter. Es regnete noch immer stark, aber der bretterharte Wind hatte nachgelassen. Der Himmel lichtete sich ein wenig, und durch ein Loch in der Wolkendecke war sogar der rote Horizont im Westen wahrzunehmen. Unter den Hufen der Pferde schmatzte der aufgeweichte Boden. Von den Hügeln schossen reißende Rinnsale, die die geröllübersäten Rinnen noch mehr ausschwemmten. Stan Billings wollte schon aufatmen, als er durch das Säuseln des Windes und das Rauschen des Regens dumpfes Grollen vernahm.

Der Cowboy identifizierte das Geräusch als ferne Hufschläge. Der Regen peitschte ihm ins Gesicht. Er fragte sich, wer da kam. Kaum anzunehmen, dass es jemand von der Ranch war. Die Hufschläge näherten sich. Stan Billings ließ sein Pferd schneller gehen. Aus der Düsternis kam ihm Herb Wilson entgegen. Von Wilsons Hutkrempe tropfte das Regenwasser. Er hatte den Regenumhang bis zum Hals geschlossen. Jetzt parierte der Cowboy das Pferd. »Verdammtes Dreckwetter!«, schimpfte er. »Ich kann meine Unterhose auswringen.«

»Es kommt jemand«, erklärte Stan Billings, ohne auf Wilsons Worte einzugehen. Er drehte den Oberkörper ein wenig und richtete das Ohr nach Süden, von wo sich die Hufschläge näherten. Von hier war nichts zu hören. »Komm!«

Billings zerrte sein Pferd um die linke Hand und ritt an. Wilson folgte ihm. Dort, wo Billings die Hufschläge vernommen hatte, hielten die beiden an. Billings lauschte angespannt. Aber da war nur das Säuseln des Windes, das Rauschen des Regens, waren nur die Geräusche, die die Herde verursachte.

»Du hast dich sicher getäuscht«, rief Herb Wilson.

Billings schüttelte den Kopf. »Ich hab’s ganz deutlich gehört. Es waren Hufschläge. Mindestens sechs Pferde. Seit einiger Zeit macht eine Rustlerbande die Weiden der Buffalo Lake unsicher. Ich hoffe nicht, dass das die Viehdiebe waren.«

Sie ritten wieder auseinander. Billings zog die Winchester aus dem Scabbard und riegelte eine Patrone in den Lauf. Sein Pferd prustete und warf den Kopf in den Nacken. »Ruhig, Alter«, knurrte der Cowboy. Es war, als wäre der Funke der Unruhe von dem Reiter auf das Pferd übergesprungen. Der Cowboy tätschelte den Hals des Tieres. »Nur ruhig.« Das Pferd stieß ein helles Wiehern aus.

Billings zog am Rand der Herde dahin. Er hatte das Gewehr quer über den Mähnenkamm des Pferdes gelegt. Seine Rechte umspannte den Kolbenhals. Der Regen behinderte die Sicht des Weidereiters. Er verspürte Anspannung. Er war sich sicher, sich nicht getäuscht zu haben. Jeder seiner Sinne war aktiviert. Unablässig schwenkte er seinen Blick in die Runde.

Und dann sah er das Rudel Reiter. Es bewegte sich in einem dichten Pulk. Billings zerrte an den Zügeln. Sein Pferd kam zum Stehen. Die Reiter ritten auseinander. Billings trieb sein Pferd an. Ein Schuss dröhnte. Die Kugel verfehlte den Cowboy. Er riss sein Pferd in den Stand, das Gewehr flog an seine Schulter. Doch ehe er zum Schuss kam, traf es ihn. Er stürzte rücklings vom Pferd, lag im Gras, spürte den ziehenden Schmerz in der Brust, und dann wurde es ihm schwarz vor Augen. Der Tod griff mit gebieterischer Hand nach ihm …

Herb Wilson hatte die beiden Schüsse gehört. Automatisch griff er nach dem Gewehr, zog es aus dem Sattelschuh, repetierte und folgte dem Klang der Schüsse. Das Herz schlug ihm hinauf bis zum Hals. Ihm war bewusst geworden, dass sich Billings nicht getäuscht und tatsächlich Hufschläge vernommen hatte. Der Weidereiter verspürte ein seltsames Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Seine Gefühle waren gemischt.

Die Herde setzte sich in Bewegung. Einer der Rustler hatte einem Leitstier ein Lasso um den Hals gelegt und zerrte das Tier mit sich. Die anderen Viehdiebe trieben an den Flanken und am Ende der Herde die ruhenden Longhorns an.

Wilson sah einen Reiter durch die graue Regenwand, konnte aber nicht erkennen, ob es sich um Stan Billings handelte. Er ließ sein Pferd laufen. Der Mann drosch mit einer Bullpeitsche in die Luft und ließ sie knallen. Horn klapperte, das Muhen und Brüllen der Rinder hatte sich verstärkt. Dumpfes Rumoren erhob sich. Einige tausend Hufe wühlten den Boden auf. Buschige Schwanzenden peitschten über knochige Rücken. Die Viehdiebe verstärkten die Unruhe in der Herde, die das Gewitter ausgelöst hatte.

Wilson feuerte aus der Hüfte. Der Reiter sank auf den Hals seines Pferdes, hielt sich aber im Sattel. Der Cowboy gab seinem Pferd die Sporen. Er näherte sich dem Rustler bis auf drei Pferdelängen, als es ihm von diesem entgegenblitzte. Dumpf brüllte der Revolver auf. Wilson spürte den Einschlag in die Schulter. Im nächsten Moment kam der Schmerz. Es war, als hätte man ihm eine glühende Klinge in die Schulter gerammt. Er zerrte sein Pferd herum und ritt davon. Ihm war klar, dass er nichts tun konnte. Sorge um Stan Billings erfüllte ihn.

Die Viehdiebe trieben die Herde davon. Schrilles Geschrei vermischte sich mit dem Muhen der Kühe und dem Brüllen der Stiere, Bullpeitschen knallten, viertausend Hufe ließen die Erde regelrecht erbeben.

Schmerz und Benommenheit brandete gegen das Bewusstsein des Cowboys an. Herb Wilson versuchte, den Schmerz zu ignorieren und die Benommenheit zu überwinden. Die Geräusche der ziehenden Herde verklangen zwischen den Hügeln. Bald waren nur noch das Winseln des Windes und das Rauschen des Regens zu vernehmen.

Herb Wilson ritt zur Weidehütte, saß davor ab, band das Pferd an eine der Corralstangen und ging hinein. Seine Beine wollten ihn kaum tragen. Der Schmerz, der in Wellen durch seinen Körper zog, ließ seine Mundwinkel zucken. Seine Gedanken wirbelten.

Da es im Innern der Hütte finster war, zündete er die Laterne an, die auf dem Tisch stand. Lichtschein kroch auseinander. Der Schatten des Cowboys wurde groß und verzerrt an die Wand geworfen. Er zog sich den Regenumhang aus, ebenso Jacke, Weste und Hemd, und dann machte er sich daran, seine Wunde notdürftig zu versorgen. Verbandszeug befand sich in dem Schrank, der hier neben zwei grob aus dünnen Fichtenstämmen zusammengezimmerten Betten, einem Tisch und zwei Hockern das einzige Mobiliar bildete.

Dann ging Wilson wieder nach draußen, band sein Pferd los, zog sich ächzend in den Sattel und ritt an …

*

Bill Harper und sein Bruder Matt ritten in den Hof der Wagenrad Ranch. Seit drei Tagen hatte es nicht mehr geregnet und die Sonne hatte das Land wieder getrocknet. Die Hufe der Pferde rissen kleine Staubwolken in die klare Abendluft. Der Widerschein der untergegangenen Sonne färbte den Himmel im Westen purpurn, rötlicher Schein lag auf dem Land. Die Schatten waren lang. Das Windrad beim Brunnen drehte sich langsam. In einem Corral standen an die zwanzig Pferde. Die Ranch vermittelte Ruhe und Frieden.

Es gab ein flaches Haupthaus, einen Küchenanbau, ein kleines Bunkhouse, eine Remise sowie Schuppen, Scheunen und einen großen Stall. Bill Harper bewohnte mit seiner Frau Carolin ein kleines Haus am Tule Creek.

Die beiden Brüder waren Cowboys auf der Ranch. Besitzer war Mort Baldwin. Es gab noch drei weitere Cowboys, aber die befanden sich auf der Weide. Bill nahm so etwas wie die Stellung eines Vormanns auf der Wagenrad Ranch ein.

Linus, der Schäferhund, kam aus seiner Hütte und fiepte leise. Die Kette, die ihn hielt, rasselte.

Die beiden Brüder ritten zum Brunnen, hielten an und saßen ab. Die Winde quietschte und knarrte, als Matt einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. Die beiden wuschen sich Staub und Schweiß aus den Gesichtern. Dann tränkten sie die Pferde.

Mort Baldwin verließ das Ranchhaus, ging bis zum Verandageländer und legte die Hände darauf. Mortimer war fünfzig Jahre alt und grauhaarig. Seine Frau war bei der Geburt seiner Tochter Sarah gestorben. Das war vor zweiundzwanzig Jahren. Er hatte nie wieder geheiratet. Sein Gesicht war sonnengebräunt und verwittert. Baldwin war mittelgroß und untersetzt. Er packte noch selbst mit an auf der Ranch.

»Was gibt es Neues?«, rief Baldwin.

Bill Harper wandte sich seinem Boss zu. »Vor vier Tagen haben Rustler tausend Rinder der Buffalo Lake Ranch abgetrieben. Ein Cowboy wurde getötet, ein anderer verletzt. Simon hat eine Mannschaft auf die Fährte der Bande gehetzt, aber sie ritt in einen Hinterhalt und drei der Männer wurden verwundet. Die Herde ist in der Felswildnis verschwunden. Steve Simon hat das Bezirksgericht eingeschaltet.«

»Die Rustler werden immer dreister«, brummte Mort Baldwin. »Bin gespannt, wenn sie auf unsere Weiden kommen. Diese dreckigen Bastarde. Sie schrecken nicht mal davor zurück, Cowboys abzuknallen. Hoffen wir, dass ihnen die Marshals von Richter Humphrey das blutige Handwerk legen.«

Neben den Rancher trat Sarah, seine Tochter. Sarah war eine hübsche, junge Frau mit langen, blonden Haaren. Sie trug eine schwarze Hose und eine hellgrüne Bluse, eine Kleidung, die ihre weiblichen Proportionen gut zur Geltung brachte. Sarah lachte. Die weißen Zähne bildeten einen scharfen Kontrast zur Sonnenbräune ihrer Haut.

»Hallo, Matt, hi, Bill!«

Matts Augen glitzerten. »Hi, Sarah. Du bist mir doch treu gewesen in den drei Tagen, in denen ich auf der Weide war.«

Sie sprang in den Hof, kam zu Matt, der nahm sie in die Arme und die beiden begrüßten sich mit einem Kuss.

Mort Baldwin und Bill Harper grinsten verständnisvoll. Baldwin hatte nichts gegen die Liebe seiner Tochter zu dem Cowboy. Auch er hatte mal ganz klein angefangen, und er hatte Respekt vor jedem, der sich mit seiner Hände Arbeit sein Brot verdiente.

»Nein«, erwiderte Sarah lachend, nachdem sie sich mit sanfter Gewalt von Matt freigemacht hatte, »ich habe ein Verhältnis mit der Buffalo Lake-Mannschaft angefangen. Jeden Tag kommt ein anderer der wilden Burschen vorbei.«

»Kümmere dich um die Pferde, Matt«, trug Bill Harper seinem jüngeren Bruder auf. »Ich begrüße Carolin, und dann –« seine Stimme hob sich, »– komme ich zu dir, Mort, um dir Näheres zu erzählen. Es war jetzt der dritte Überfall der Rustler. Steve Simon hat geschworen, die Schufte aufzuhängen, wenn sie ihm in die Hände fallen.«

Bill Harper stakste davon. Vor das kleine Haus am Creek war Carolin getreten. Sie war achtundzwanzig Jahre alt und dunkelhaarig. Eine schöne Frau. Vor drei Jahren hatten sie und Bill geheiratet. Kinder waren ihnen bisher versagt geblieben. Mort Baldwin hatte nichts dagegen einzuwenden gehabt, dass sein Vormann seine Frau auf die Ranch holte und am Fluss das kleine Haus baute. Carolin arbeitete als Köchin auf der Ranch und erledigte auch andere Arbeiten wie Kühe melken und Hühner füttern.

Bill Harper begrüßte seine Frau mit einem schnellen Kuss. Dann sagte er: »Ich muss mit Mort sprechen. Dann komme ich. Es dauert nicht lange. Ich habe in den drei Tagen deine Küche vermisst, Darling. Und nun hoffe ich, dass du mir ein anständiges Essen auf den Tisch bringst.«

Sie lachte. »Ich freue mich, dass du wieder zurück bist.«

»Ich muss mit dem Boss sprechen. In spätestens einer halben Stunde komme ich.«

Bill küsste seine Frau noch einmal, dann wandte er sich ab …

*

Es war finster. Carolin lag in Bills Armen. Er war drei Tage fort gewesen und sie hatte sich nach ihm gesehnt. Sie küssten sich. Leidenschaftlich und innig. Ihr graziler Körper schmiegte sich an ihn. Er merkte ihre Wärme.

Plötzlich schlug draußen der Hund an. Er gebärdete sich wie verrückt. Sein Kläffen sprengte die Stille wie eine höllische Symphonie.

Bill erhob sich. Im Finstern angelte er sich das Gewehr, lud es durch und ging zur Tür. Leise knarrend schwang sie auf. »Was ist denn, Linus?«

Der Hund zerrte an seiner Kette. Sie klirrte. Linus war nicht zu beruhigen.

Bill bohrte seinen Blick in die Finsternis hinein. Der Himmel war bewölkt, nur manchmal drang durch ein Loch in der Wolkendecke Mond- und Sternenlicht. Wolkenschatten zogen lautlos über das Land.

»Still, Linus!«

Die scharfe Stimme kam vom Haupthaus her. Bill Harper schaute hinüber. Er nahm eine flüchtige Bewegung im pechigen Schatten unter dem Vorbaudach wahr.

Jetzt verstummte der Hund. Nun war auch das Zirpen der Grillen zu hören. Die Dunkelheit schien Unheil zu verkünden. Bill Harper spürte es tief in der Seele. »Was mag den Hund so außer Rand und Band versetzt haben?«, fragte er halblaut.

»Keine Ahnung«, antwortete Mort Baldwin. »Vielleicht ist ein Puma um die Ranch gestrichen. Legen wir uns wieder schlafen.«

Drüben klappte die Tür.

Bill Harper wollte sich auch umwenden, um in sein Haus zurückzukehren. Da peitschte ein Schuss. Bill Harper brach zusammen. Und jetzt stampften Hufe. Ein Pferd wieherte. Dann waren nur noch trappelnde Hufschläge zu hören. Ein Pulk Reiter galoppierte aus dem Ufergebüsch. Das Hufgetrappel stieß zwischen die Gebäude der Ranch wie ein Vorbote von Untergang und Tod. Aus den Mündungen der Gewehre und Revolver der Angreifer stießen glühende Feuerlohen. Der Krachen der Schüsse vermischte sich mit den Hufschlägen.

Im Haupthaus der Ranch wurde ein Blendladen aufgestoßen. Mort Baldwin feuerte auf die Reiterschemen. Staub wallte dicht. Aus dem Häuschen, das Bill und Carolin Harper bewohnten, trat die junge Frau. Sie sah ihren Mann am Boden liegen, das Entsetzen überschwappte ihr Bewusstsein, sie ging auf das linke Knie nieder.

Aus dem Bunkhouse feuerte Matt Harper.

Die Reiter stoben um die Ranch herum und feuerten die Rohre heiß. Carolin Harper riss das Gewehr vom Boden hoch und begann zu schießen. Sie wurde von zwei Kugeln getroffen und fiel über ihren Mann. Die Nacht war voll vom Trappeln der Hufe und vom Krachen der Schüsse. Eines der Pferde brach zusammen und warf seinen Reiter ab. Aber das Tier kam wieder hoch, der Bandit schwang sich behände in den Sattel. Der Pulk jagte in die Nacht hinein. Der einzelne Reiter folgte. Die Finsternis verschluckte sie, das Hämmern der Hufe entfernte sich schnell.

Dann senkte sich eine bleischwere Stille – eine Stille, die anmutete wie ein Leichentuch – über die Ranch. Der aufgewirbelte Staub senkte sich. Der Hund begann kläglich zu winseln.

»Bill!«

Matt Harper erhielt keine Antwort. Einige Sekunden verstrichen. Dann erklang es vom Haupthaus her: »Bist du in Ordnung, Matt?«

»Ja. Was aber ist mit Bill? – Carolin!«

»Licht«, rief der Rancher. »Sarah, zünde die Laterne an und komm heraus.«

Wenig später flutete Licht über die Veranda. Scharf umriss es die Gestalten von Mort Baldwin und seiner Tochter. In den Augen der beiden wob das Entsetzen. Der Rancher nahm die Laterne und kam damit in den Hof. Sie schaukelte quietschend am Drahtbügel. Licht- und Schattenreflexe huschten über den Boden.

Matt Harper verließ das Bunkhouse. Er hielt das Gewehr mit beiden Händen schräg vor der Brust. Sein Gesicht mutete an wie versteinert.

Bill Harper und Carolin waren tot. Ihr Blut versickerte im Staub. Fassungslosigkeit prägte die Gesichter der Überlebenden des Überfalls. Das Entsetzen lähmte die Stimmbänder. Ein Laut, der sich anhörte wie trockenes Schluchzen, entrang sich Matt Harper. Er richtete sich auf. Sein Innerstes war aufgewühlt. Seine Zähne knirschten übereinander. »Diese dreckigen Bastarde!«

»Wer waren die Kerle?«, fragte Mort Baldwin, als er seine Erschütterung überwunden hatte. »Die Viehdiebe vielleicht?«

Sarah Baldwin ging zu Matt Harper und lehnte sich gegen ihn. Das Grauen berührte sie mit knöcherner Klaue. So hautnah war sie nie vorher in ihrem Leben mit der Brutalität des gewaltsamen Todes konfrontiert worden. Ihre Psyche drohte zu versagen.

»Das waren Simons Leute«, presste Matt Harper hervor. Seine Stimme raschelte wie trockenes Herbstlaub. »Die Ranches und Farmen am Tule Creek sind der Buffalo Lake Ranch seit langem ein Dorn im Auge. Nun hat er seine Leute geschickt. Mit solchen Aktionen wollen sie uns zermürben. Bei Gott, ich werde den Tod Bills und meiner Schwägerin rächen. Ich – ich …«

Matts Stimme brach. Sein Blick verlor sich irgendwo in der Finsternis. Neben Fassungslosigkeit und Trauer verspürte er ein Gefühl, das er zunächst nicht zu deuten wusste und das aus dem Aufruhr seiner Gefühle an die Oberfläche stieg. Es schnürte ihm den Hals zu und ließ sein Herz rasen. Es war Hass – mörderischer, tödlicher Hass …

*

Es war früher Morgen, als wir unsere Pferde aus dem Mietstall in Canyon holten. Im Stall roch es nach Stroh und Pferdeausdünstung. Durch die Ritzen in den Stallwänden fiel in schrägen Bahnen das erste Grau des Tages. Der Stallmann hatte seinen Dienst noch nicht angetreten. Wir sattelten und zäumten die Tiere, dann saßen wir auf und lenkten sie aus dem Wagen- und Abstellhof.

Die Stadt war noch nicht zum Leben erwacht. Vögel begrüßten mit ihrem Gezwitscher den Tag. Wir folgen der Main Street bis zum Ortsende, dann verließen wir die von Wagenrädern zerfurchte und von Hufen aufgewühlte Poststraße und folgten einem schmalen Fahr- und Reitweg nach Südwesten. Wir ließen die Pferde im Schritt gehen. Über den buckligen Horizont im Osten kroch die Sonne und schickte ihre ersten Flammenbündel über das Land. Die Natur bekam Farbe.

Nach anderthalb Stunden lag der Buffalo Lake vor uns, in den der Tule Creek mündete. Am Nordufer des Sees war die Buffalo Lake Ranch erbaut worden. Es handelte sich um eine Hauptranch der Panhandle Cattle Company, der fast das gesamte Weideland im Panhandle gehörte. Sitz der Company war in Chicago. Die Gesellschafter waren steinreiche Männer, die überall auf der Welt lebten.

Das Haupthaus war stöckig und aus Steinen erbaut. Das Verandadach war zugleich Balkon, von dem aus eine Außentreppe in den Hof führte. In mehreren Corrals standen wohl hundert Pferde. In einer Fence weideten vier Milchkühe. Helle Hammerschläge aus der Schmiede verrieten, dass der Schmied sein Tagwerk begonnen hatte.

Als wir in den Ranchhof ritten, hielten einige Helfer in ihrer Arbeit inne und beobachteten uns. Hühner badeten im Staub. Ein Hahn krähte heiser. Wir zügelten vor dem Haupthaus die Pferde und ließen uns aus den Sätteln gleiten. Dann stiegen wir sattelsteif die vier Stufen zur Veranda hinauf und Joe Hawk klopfte gegen die Haustür.

Es war Steve Simon selbst, der uns öffnete. Der Ranchboss war um die vierzig Jahre alt und dunkelhaarig. Bekleidet war er mit schwarzer Hose, blauem Hemd und einer schwarzen Lederweste.

»Na endlich«, begrüßte er uns. »Ich dachte schon, Richter Humphrey findet es nicht für nötig, ein paar Staatenreiter zu schicken.«

Der Bursche verströmte Unduldsamkeit und Arroganz. Er war mir unsympathisch. Aber ich versuchte, objektiv zu bleiben. »Wir Marshals sind die meiste Zeit irgendwo im Panhandle unterwegs. Das war auch dieses Mal so. Als wir nach Amarillo zurückkehrten, schickte uns der Richter sofort los. Und da sind wir nun.«

»Entschuldigen Sie meine Ungeduld. Treten Sie ein.«

Wir betraten die Halle. Sie war repräsentativ eingerichtet. Auf dem Kaminsims standen große Porzellanfiguren. An den Wänden hingen Ölgemälde und alte Waffen. Eine Treppe schwang sich nach oben und endete auf einer Galerie, von der einige Türen abzweigten.

»Nehmen Sie Platz, Marshals. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«

»Vielen Dank.« Wir ließen uns nieder. »Gegen eine Tasse Kaffee wäre nichts einzuwenden.«

Der Ranchboss verließ für kurze Zeit die Halle, dann kam er zurück und setzte sich zu uns. Er sagte: »Es war der zweite Überfall auf Herden der Buffalo Lake Ranch. Ein weiterer Überfall geschah am Salt Fork Red River auf eine Herde der Green Belt Ranch. Insgesamt wurden der PCC fast zweitausend Rinder gestohlen. Die Viehdiebe haben sie nach Westen getrieben. Ich habe ihnen meine Reiter hinterher geschickt. Es kam zu einem Kampf …«

Steve Simon brach ab.

»Stellen Sie einen Mann ab, der uns zum Ort des letzten Überfalls führt«, sagte ich. »Dann sehen wir weiter.«

Es klopfte an der Tür und sogleich wurde sie geöffnet. Es war Derek McLeary, der in die Halle kam. McLeary war Vormann auf der Buffalo Lake. Ein großer Mann von fünfunddreißig Jahren, den ein Leben im Sattel geprägt hatte. Krummbeinig kam er näher. »Hallo, Logan, hallo, Hawk.« Er grinste. »Lange nicht das Vergnügen gehabt miteinander.«

Ich wusste, was McLeary meinte. Es gab immer wieder Ärger mit den Ranches der PCC. Meistens waren es Übergriffe auf die kleineren Ranches und Farmen, die uns auf den Plan riefen. Die PCC wehrte sich gegen die Besiedlung des Landes. Die Ranchbosse schrieben ihre eigenen Gesetze und praktizierten sie. Schwierigkeiten räumten sie aus dem Weg – auf ihre Art. Die Städte und Ansiedlungen in den Countys lebten in ihrem Schatten und trugen ihren Stempel.

»Sind Sie so erpicht darauf, McLeary?«, fragte Joe mit einem grimmigen Grinsen um die Lippen.

»Gott bewahre. – Ich denke, der Boss hat Sie aufgeklärt.«

»Ja.« Ich nickte. »Wir reiten gleich zu der Weide, von der die Rinder abgetrieben wurden.«

»Sagen Sie Mitchum Bescheid, Derek«, sagte der Ranchboss. »Er soll die beiden Marshals begleiten.«

»Die Fährten der Herden führen in die Steinwüste«, gab McLeary zu verstehen. »Wir sind ihnen gefolgt, ritten allerdings in einen Hinterhalt. Drei Männer wurden ziemlich schlimm verletzt. Diese Banditen scheuen sich nicht davor, Blut zu vergießen.«

»Wir werden ihnen das Handwerk legen«, versetzte ich.

Wir ritten, nachdem wir den Kaffee, den uns ein chinesischer Koch brachte, getrunken hatten. Der Cowboy Ron Mitchum begleitete uns. Es war noch ein junger Bursche. »Ich war dabei, als wir der Spur folgten«, erklärte er, während wir nach Südwesten ritten. »Sie lauerten zu beiden Seiten einer Schlucht. Als wir zwischen den Felsen waren, begannen sie ohne Vorwarnung auf uns zu feuern. Es war die Hölle. Vier Pferde und drei Männer …«

Wir erreichten die Senke. Das Gras war niedergetrampelt, der Boden aufgewühlt. »Es hat in der Nacht, in der der Überfall geschah, wie aus Eimern geschüttet«, sagte Mitchum. »Der Regen hat viele Spuren einfach weggewaschen.«

»Zweitausend Rinder hinterlassen eine deutliche Spur«, versetzte ich. »Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass die Herde bereits auf dem Weg nach New Mexico ist. Dann hat sie drei Tage Vorsprung und wir müssen unsere Pferde zuschanden reiten, um sie einzuholen.«

»Ihr braucht mich jetzt ja nicht mehr«, knurrte der Cowboy. »Was dagegen, wenn ich zurückreite?«

»Reiten Sie nur«, sagte ich.

Er zog sein Pferd herum und trieb es an, indem er im Sattel ruckte und mit der Zunge schnalzte. Joe und ich wandten uns der Fährte zu, die nach Westen führte. In rauchiger Ferne erhoben sich himmelstürmende Felsen. Ihre Gipfel ragten in ein Meer aus weißen Wolken hinein. Davor buckelten Hügel. Einige waren bewaldet. Auf anderen erhoben sich Felsen. Gelber Staub puderte das Gras, den der Südwind in den Tagen nach dem Regen vom Llano Estacado heraufgebracht hatte.

Wir zogen los. Die Spur führte zwischen die Hügel. Die Sonne wanderte höher. Die Rinder hatten eine breite Schneise in das kniehohe Gras getreten. Überall lag Rinderdung. Die Sicht war durch die Anhöhen ringsum begrenzt. Ich sicherte ununterbrochen um mich. Auch Joe verströmte angespannte Wachsamkeit. Die Gewehre hatten wir aus den Scabbards gezogen. Ich hielt die Winchester am Kolbenhals fest, mit der Kolbenplatte hatte ich sie auf meinen Oberschenkel gestellt.

Es war warm. Der Sommer ging zu Ende und die ersten Anzeichen, dass der Herbst Einkehr hielt, waren bereits zu erkennen. Die Blätter an den Sträuchern und Bäumen hatten zum Teil schon eine gelbe Färbung angenommen.

Unverdrossen ritten wir. Das Felsmassiv rückte näher. Die dunklen Einschnitte waren Schluchten. Am Himmel zogen einige Geier ihre lautlosen Bahnen. Schwarze Punkte vor dem endlos anmutenden Blau … Die Vegetation wurde karger. Bald war das Weideland mit großen Inseln aus Sand und Geröll versetzt, der Boden wurde stellenweise felsig. Die Hufe klirrten, wenn sie gegen Stein stießen.

Dann ritten wir zwischen die Felsen. Die Spur führte in eine Schlucht. Zu beiden Seiten ragten fast senkrecht die Felsen zum Himmel. Es gab Seitenschluchten, aus denen uns kühle Luft entgegenströmte. Die Vegetation bestand nur noch aus dornigen Comas und Mesquitesträuchern. Die Hufschläge, die unsere Pferde erzeugten, wurden von den Echos verstärkt.

Ich hatte das Gefühl, durch ein riesiges, steinernes Grab zu reiten. Die Gefahr konnte hinter jedem Felsvorsprung lauern, der Tod war allgegenwärtig. Meine Nerven waren angespannt, ich war darauf eingestellt, gedankenschnell zu reagieren.

Die Schlucht mündete in ein Tal. Hier mussten die Rustler die Herden gesammelt haben. Von hier aus waren sie mit den gestohlenen Longhorns nach Westen gezogen.

Wir hielten an.

Joe sagte: »Sie sind, nachdem sie die dritte Herde abgetrieben haben, in Richtung New Mexico aufgebrochen. Es gibt nun zwei Möglichkeiten …«

»Drück dich deutlicher aus«, forderte ich.

»Entweder die ganze Bande ist mit der Herde unterwegs, oder ein Teil ist zurückgeblieben, um eine weitere Herde zu sammeln, die die Kerle, die jetzt nach New Mex trailen, abholen, sobald sie die gestohlenen Rinder an den Mann gebracht haben.«

Ich nagte an meiner Unterlippe. »Das ist nicht auszuschließen«, murmelte ich dann. »Ich halte es sogar für möglich, dass es sich um Auftragsdiebstähle handelt. Jemand, der in New Mexico genügend Weideland besitzt, hat sich in den Kopf gesetzt, es mit Longhorns zu füllen, will aber die natürliche Vermehrung nicht abwarten.«

»Das ist sicher nicht von der Hand zu weisen«, pflichtete mir Joe bei.

»Folgen wir der Herde nach Westen.«

»Sie hat gut und gerne vierzig Meilen Vorsprung«, gab Joe zu bedenken. »Morgen dürfte sie die Grenze überschreiten.«

»Ich habe nicht vor, die Herde zurückzutreiben«, erwiderte ich. »Ich will nur herausfinden, wer hinter den Viehdiebstählen steckt. In Zusammenarbeit mit dem zuständigen Sheriff in New Mexico werden wir dem- oder denjenigen das Handwerk legen.«

Wir trieben unsere Pferde an. Nach Westen war die Senke von Felsen begrenzt. Tiefe Einschnitte führten zwischen sie. Ringsum dehnte sich ödes, von der Sonne versengtes Land; Felsketten, sandige Hügel, ausgetrocknete Bachläufe und steinige Senken. Spärliche Büschel harten Galleta Grases, Dornengestrüpp, Kreosot- und Mesquitebüsche waren die ganze Vegetation. Felstürme wuchteten empor, gleißender Sand floss von den Felsgiganten hernieder.

Wir folgten den Windungen zwischen den Felsen. Und dann lag vor uns eine Ebene. Auf ihr wuchsen Korkeichen und hüfthohe Büsche. Sie dehnte sich wohl eine halbe Meile nach Westen, und auf der anderen Seite erhoben sich wieder Felsen. Die Sonne, die über dem bizarren Horizont im Westen stand, blendete uns.

In mir schlugen die Alarmsignale an. Irgendetwas, das sich meinem Verstand entzog, warnte mich. Ich zügelte das Pferd, neben mir hielt Joe an. Unsere Tiere traten auf der Stelle, Sattelleder knarrte, die Gebissketten klirrten.

»Wir sollten im Schutz der Hügel und Felsen um die Senke herumreiten«, schlug ich vor. »Ich habe kein gutes Gefühl.«

In Joes Zügen arbeitete es. Er starrte nach Westen, sein Blick glitt über die Felswände und Schluchtmündungen hinweg, dann zuckte er mit den Schultern und meinte: »Womöglich hast du recht. Es ist nicht auszuschließen, dass einige der Banditen zurückgeblieben sind, um etwaige Verfolger von ihrer Fährte zu fegen. Wir wollen nichts herausfordern.«

Wir ritten am Rand der Ebene entlang nach Norden, schlugen uns zwischen die Hügel und Felsen und wandten uns wieder nach Westen …«

*

Es war neun Uhr vorbei und finster, als sich Derek McLeary erhob. Auch Steve Simons Gestalt wuchs in die Höhe. Der Vormann sagte: »Ist in Ordnung, Boss. Ich werde von den Weidecamps jeweils einen Mann abziehen und die Reiter auf der Ranch konzentrieren. Sollte wieder ein Überfall stattfinden, kann diese Truppe schnell vor Ort sein und den Viehdieben folgen. Eine gute Idee. Wirklich.«

Steve Simon lächelte selbstgefällig. »Hin und wieder hat auch ein Ranchboss eine brauchbare Idee«, sagte er. »Damit pfuschen wir auch den Marshals nicht ins Handwerk. Sie sollen sich darauf konzentrieren, die Rinder, die gestohlen wurden, wiederzubeschaffen. Mit der mobilen Truppe versuchen wir, weitere Diebstähle zu unterbinden beziehungsweise zu verhindern, dass die Viehdiebe mit den Longhorns die Felswüste erreichen.«

Der Vormann verabschiedete sich und verließ das Ranchhaus. Die Abendluft war kühl. Tief atmete er auf der Veranda durch. Feines Säuseln erfüllte die Luft. Aus der Mannschaftsunterkunft sickerte Stimmendurcheinander und Gelächter ins Freie.

Derek McLeary stieg die vier Stufen hinunter und wandte sich dem Verwaltungsgebäude zu, in dem er wohnte und in dem das Ranch Office untergebracht war.

Aus der Dunkelheit zwischen dem Stall und einer Scheune wurde der Vormann angesprochen.

»He, McLeary!«

Der Vormann blieb stehen und drehte den Kopf. »Wer spricht da?«

»Matt Harper. Du hast deine Leute zur Wagenrad Ranch geschickt. Mein Bruder und meine Schwägerin starben.«

»Unsinn.«

»Ich bin hier, um sie zu rächen. Du wirst den Anfang machen, McLeary. Später hole ich mir deinen Boss.

»Nimm Vernunft an, Harper. Ich habe damit nichts zu tun. Vielleicht waren es die Viehdiebe …«

McLeary griff unter seine Jacke.

Harper feuerte. Das Mündungslicht stieß wie die glühende Spitze eines Speers durch die Finsternis. Der Knall wurde in den Hof geschleudert und schien sich zwischen den Gebäuden zu stauen. McLeary spürte den furchtbaren Einschlag der Kugel, sein Mund klaffte auf zu einem Schrei, der jedoch in der Kehle erstarb. Dann brach er zusammen.

Knirschende Schritte verrieten, dass Matt Harper floh.

Steve Simon lief aus dem Ranchhaus. Aus der Mannschaftsunterkunft drängten einige Männer. Stimmen schwirrten durcheinander. Fragen wurden laut. Simon sah das längliche, dunkle Bündel am Rand des Hofes liegen und lief hin.

McLeary stöhnte. Steve Simon ging bei ihm auf das linke Knie nieder. »Was ist geschehen? Wer hat geschossen?«

»Matt Harper. Er – er …« McLeary bäumte sich auf, ein Röcheln brach aus seiner Kehle, er fiel zurück, sein Kopf rollte auf die Seite. Mit einem verlöschenden Atemzug starb er.

Steve Simon richtete sich auf. Männer in Unterwäsche umringten ihn. »Es war Matt Harper«, knirschte der Ranchboss. »Zieht euch an und sattelt Pferde. Wir reiten zur Wagenrad Ranch.«

Eine halbe Stunde später stoben über ein halbes Dutzend Reiter von der Buffalo Lake Ranch. Steve Simon selbst führte das Rudel an. Die Männer vermittelten Grimm und Entschlossenheit. Der Eindruck von Wucht und Stärke, den das Rudel verströmte, war nicht zu übersehen.

Sie ritten fast zwei Stunden. Es ging auf Mitternacht zu, als sie die Ranch erreichten. Der Hund schoss aus seiner Hütte und bellte wie von Sinnen. Auf der Ranch brannten keine Lichter. Als das Rudel im Ranchhof die Pferde zügelte, wurde ein Blendladen des Ranchhauses aufgestoßen, ein Gewehrlauf schob sich ins Freie, eine grimmige Stimme rief: »Kommt ihr, um uns den Rest zu geben?«

»Ich bin es, Steve Simon«, rief der Boss der Buffalo Lake. »Ihr Cowboy hat McLeary erschossen, Baldwin.«

»Er hat seine Drohung also wahrgemacht«, knirschte Baldwin. »Dieser Narr, dieser gottverdammte Narr.« Seine Stimme hob sich. »Die Ranch wurde gestern in der Nacht überfallen. Bill Harper und seine Frau wurden erschossen. Matt hat Rache geschworen. Er war davon überzeugt, dass die Mörder von der Buffalo Lake kamen.«

Sekundenlang war es still. Die Männer schienen den Worten hinterherzulauschen.

Dann fuhr Mort Baldwin fort: »Matt hat die Ranch am Morgen verlassen. Ich habe ihn seither nicht mehr gesehen. Großer Gott, ich habe den Jungen davor gewarnt, Dummheiten zu begehen. – Waren es Ihre Reiter, Simon, die uns den höllischen Besuch abstatteten?«

»Natürlich nicht«, grollte Steve Simon. »Eine Mörderbande macht seit einiger Zeit die Gegend unsicher. Wahrscheinlich war sie es, die euch überfallen hat. – Es war Mord, Baldwin. Harper hat meinen Vormann ermordet. McLeary war nicht bewaffnet.«

»Wenn das so ist, dann wird er auch die Konsequenzen tragen müssen. Ich kann Ihnen nicht sagen, wo sich Matt aufhält.«

»Matt ist kein Mörder!«, rief Sarah Baldwin. Sie stand am anderen Fenster. »Er würde niemals einen Menschen grundlos …«

»Es ist so, Sarah«, rief Steve Simon und unterbrach die junge Frau. »Ich weiß, dass du Matt sehr nahe gestanden hast. Und es tut mir leid, dass er dir eine derartige Enttäuschung bereitet hat. Aber er ist ein Mörder, und er wird für den Mord an McLeary hängen. – Kennedy, schau in der Mannschaftsunterkunft nach.«

Einer der Reiter sprang vom Pferd und lief zu dem kleinen, flachen Gebäude, in dem die Reiter der Wagenrad Ranch schliefen, wenn sie sich auf der Ranch befanden. Gleich darauf kam der Cowboy zurück. »Im Bunkhouse ist niemand.«

Steve Simon erhob noch einmal die Stimme: »Am vergangenen Tag sind zwei Staatenreiter in der Gegend angekommen. Logan und Hawk. Richter Humphrey hat sie auf die Viehdiebe angesetzt. Sie werden sich auch um Harper kümmern müssen.«

Die Reiter zogen ihre Pferde herum und sprengten in die Nacht hinein.

Sarah Baldwin spürte, wie es heiß in ihr aufstieg. Sie hatte plötzlich das Gefühl, Matt für immer verloren zu haben. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.

*

Die Herde stand in einer weitläufigen Senke. Drei der Banditen ritten um sie herum. Sieben Männer hockten am Rand der Senke um ein Lagerfeuer. Ihre Pferde standen in einem Seilcorral. Die Rustler hatten einfach Lassos zwischen einigen Büschen gespannt.

Die Banditen hatten gefrühstückt. Jetzt tranken sie Kaffee und rauchten. Es war ein raues Rudel; falkenäugig und hartbeinig. Ein Leben jenseits von Recht und Ordnung hatte die Gesichter geprägt. Sie verströmten die Wachsamkeit wilder Tiere. Das Leben hatte ihnen eine Reihe von Lektionen erteilt, und das hatte sie vorsichtig und misstrauisch werden lassen.

Rock Warner, der Boss der Bande, ergriff das Wort. »Bis zur Grenze sind es noch drei Meilen. Jack, du treibst mit der Hälfte der Mannschaft die Rinder auf Mallory-Weide und kommst dann zurück. Ich werde mit der anderen Hälfte für Nachschub sorgen. Wie lange werdet ihr brauchen für die restlichen vierzig Meilen?«

»Wir werden in spätestens drei Tagen die Mallory-Weide erreichen«, versetzte Jack Dalton, der zweite Mann in der Bande. »In sechs Tagen können wir zurück sein.«

»Gut. Wir werden noch eine Herde zusammentreiben. Und dann verschwinden wir aus dieser Gegend.« Rock Warner erhob sich und nannte vier Namen. Die Gerufenen standen auf. »Sattelt eure Pferde, Leute. Wir reiten zurück.«

Eine halbe Stunde später ritten sie.

Die Herde zog eine Stunde später weiter nach Westen.

*

Wir kamen zu der Stelle, an der sich die Bande getrennt hatte. Deutlich waren die Spuren der Reiter, die sich von hier aus nach Nordosten gewandt hatten, zu sehen. Die Fährte der Herde führte weiter nach Westen.

»Was mag das zu bedeuten haben?«, fragte Joe.

Ich hob die Schultern. »Sieht aus, als wäre ein Teil der Bande zurückgeritten. Ich nehme an, dass die anderen die Herde zu ihrem Bestimmungsort treiben, während die Kerle, die umgekehrt sind, für Nachschub sorgen.«

»Was tun wir?«

»Du reitest weiter hinter der Herde her, Joe«, sagte ich kurz entschlossen. »Ich folge der Spur der Reiter.«

»Das wäre auch mein Vorschlag gewesen«, murmelte Joe. »Da ich das Ziel der Herde nicht kenne, weiß ich nicht, wann ich zurückkehren werde. Wir treffen uns dann in Amarillo.«

»In Ordnung. Hals- und Beinbruch, Joe.«

»Halt die Ohren steif, Logan-Amigo.«

Wir ritten auseinander.

Die Spur der Reiter führte über Hügel, durch staubige Senken, zwischen engen Felsdurchlässen hindurch und endete am Paloduro Creek. Längst lag die Felswüste hinter mir. Zu beiden Seiten des Creeks erstreckte sich fruchtbares Weideland. Rinderrudel kreuzten meinen Weg. Anfangs waren es Longhorns mit dem Brandzeichen der Tierra Blanca Ranch, einer Unterranch der Buffalo Lake, dann waren es Rinder mit dem Buffalo Lake-Brand.

Ich folgte dem Creek und erreichte am Nachmittag des folgenden Tages Canyon, das kleine Nest im Paloduro Canyon. Es war ein ruhiger Ort. Auf den Gehsteigen bewegten sich nur wenige Passanten. Im Schatten eines Hauses lag ein brauner Hund am Fahrbahnrand. Vor dem Store sah ich drei Jungs von etwa acht Jahren, die Zuckerstangen schleckten. Sie beobachteten mich.

Ich ritt mitten auf der Main Street. Der Hund am Straßenrand hob den Kopf und schaute gelangweilt zu mir her. Einige Männer grüßten mich. Aus dem Saloon kam der Keeper, legte seine Hände auf das Vorbaugeländer und rief: »Wo haben Sie denn Ihren Partner gelassen, Logan?«

»Der ist irgendwo in der Wildnis unterwegs«, antwortete ich und ritt weiter. Im Hof des Mietstalles saß ich ab und führte das Pferd zum Tor. Aus der Düsternis, die im Stall herrschte, kam der Stallbursche. Er überschritt die Lichtgrenze unter dem Tor. »Hallo, Logan.«

»Hallo.«

»Sie sind alleine unterwegs. Haben Sie Erfolg gehabt? Warum reitet Hawk nicht mit Ihnen?« Der Stallmann nahm mir die Zügel ab. Da wir vor unserem Einsatz in diesem Landstrich in der Stadt übernachtet hatten, wusste er, weshalb wir in der Gegend waren.

»Joe reitet auf der Spur der Herde. Sie führt nach New Mexico. Aber die Viehdiebe haben sich getrennt. Etwa ein halbes Dutzend der Kerle sind umgekehrt. Am Paloduro Creek habe ich ihre Spur verloren.«

»Es sind fünf«, sagte der Stallmann. »Sie waren hier. Ihr Anführer heißt Rock Warner. Matt Harper, der sich in der Stadt befand, hat sich ihnen angeschlossen.«

Verständnislos schaute ich den Stallmann an.

Dem Stallmann schien es nicht zu entgehen, denn er sagte: »Mir scheint, Sie wissen noch gar nicht, was sich zugetragen hat. Heiliger Strohsack, Marshal, die Kacke ist am Dampfen. Es brennt in diesem Landstrich – und zwar lichterloh.«

»Lassen Sie mich nicht dumm sterben«, knurrte ich.

Er führte mein Pferd in den Stall und ich folgte ihm. Und während er das Tier vom Sattel und dem Zaumzeug befreite, erzählte er: »Nachtreiter haben der Wagenrad Ranch einen höllischen Besuch abgestattet. Der Vormann der Ranch, Bill Harper, und seine Frau kamen bei dem Überfall ums Leben. Matt Harper, Bills jüngerer Bruder, war davon überzeugt, dass der Überfall auf das Konto der Buffalo Lake Ranch ging. Er ritt hin und erschoss Derek McLeary, den Vormann. Steve Simon ließ ihn von seinen Leuten jagen. Harper floh nach Canyon. Und hier hat er sich der Bande von Rock Warner angeschlossen.«

Ich ließ die Worte kurze Zeit auf mich wirken, dann sagte ich: »Gab es in der Vergangenheit Probleme zwischen der Buffalo Lake und den anderen Ranches und Farmen?«

»Nun, Steve Simon ist nicht glücklich darüber, dass an den Creeks Siedlungsstätten entstanden sind, dass die Siedler Zäune ziehen und den Rindern der Buffalo Lake den Weg zum Wasser abschneiden. Aber bis jetzt gab es keine offenen Zwistigkeiten. Simon behauptet, dass der Überfall auf das Konto der Viehdiebe geht, die seit einiger Zeit die Gegend unsicher machen.«

»Warum sollten Rustler eine Ranch überfallen und die Bewohner töten?«

»Das frage ich mich auch«, knurrte der Stallbursche. »Jedenfalls ist Blut geflossen. McLeary soll unbewaffnet gewesen sein, als ihn Matt Harper erschoss. Zu dem Zeitpunkt, als Matt in der Stadt war, wusste noch niemand etwas von dem – hm, Mord. Wenn ihn Simon erwischt, wird er nicht lange fackeln.«

Ich aß im Saloon, dann ritt ich weiter. Mit dem Anbruch der Dunkelheit erreichte ich die Wagenrad Ranch. Ich war vorher noch nie hier gewesen und kannte die Bewohner nicht. Ein Mann trat aus dem Ranchhaus und blickte mir entgegen. Er hielt mit beiden Händen ein Gewehr. Der Lauf wies schräg zum Himmel. Mein Pferd stampfte durch den Staub und ich zügelte es vor dem Wohnhaus, tippte an die Krempe meines Stetsons und sagte: »Ich bin U.S. Deputy Marshal Bill Logan.«

»Mein Name ist Mort Baldwin. Sie kommen sicher wegen des Überfalls, Marshal.«

»Eigentlich bin ich wegen der Viehdiebstähle in der Gegend. Aber dann habe ich in Canyon von dem Überfall auf Ihre Ranch gehört und bin hergeritten.«

»Steigen Sie ab, Marshal, und kommen Sie herein. Sie sind sicher hungrig und durstig und …«

»Ich habe in Canyon gegessen.«

Ich stieg vom Pferd. Aus dem Stall kam ein Mann, der Rancher sagte: »Versorge das Pferd des Marshals, Buck. – Sie bleiben gewiss die Nacht über, Marshal.«

»Dagegen ist sicher nichts einzuwenden«, versetzte ich und zog die Winchester aus dem Scabbard.

Buck übernahm mein Pferd. Ich folgte Baldwin ins Haus. Als wir saßen, sagte der Rancher: »Meine Tochter ist mit Mister Simon, dem Boss der Buffalo Lake Ranch ausgeritten. Ich glaube, der Mann hat ein Auge auf Sarah geworfen. Zuerst wollte sie ablehnen, aber ich habe ihr gut zugeredet. Schließlich geht es um ihre Zukunft, und Matt Harper …«

Der Rancher brach ab.

»Reden Sie weiter, Baldwin«, forderte ich den Rancher auf.

»Matt Harper und meine Tochter waren so gut wie verlobt. Aber jetzt wird Matt als Mörder gejagt, und wenn man ihn schnappt, wird er am Galgen enden. Als heute Simon auftauchte, und mich bat, mit meiner Tochter ausreiten zu dürfen, empfand ich das als eine Fügung des Schicksals. Ich will, dass Sarah eine sorgenfreie Zukunft hat. Und die kann ihr Steve Simon bieten.«

»Erzählen Sie mir von dem Überfall.«

Zehn Minuten später wusste ich alles.

»Wieso war Matt Harper so sehr davon überzeugt, dass es sich um Reiter von der Buffalo Lake Ranch handelte?«

»Das Verhältnis zwischen uns und der Buffalo Lake war nicht das Beste. Immer wieder verliefen sich Rinder der Wagenrad Ranch auf das Gebiet der Buffalo Lake. Ich hatte nicht das Geld, um genügend Cowboys zu beschäftigen, die die Longhorns bewachten. Es gab einige Male Ärger. Auch ist Steve Simon nicht gerade erbaut über die Besiedlung des Landes an den Creeks. Mit der Besiedlung endet die Zeit der freien Weide. Rinder der Buffalo Lake haben so manches Mais- oder Weizenfeld niedergetrampelt.«

»Wenn Steve Simon Ihrer Tochter den Hof macht, erhoffen Sie sich ein besseres Verhältnis zur Buffalo Lake?«

»Ich habe nur Sarahs Zukunft im Auge«, versicherte Mort Baldwin.

»Und was sagt Ihre Tochter dazu?«

»Sie weiß, was von Vorteil für sie ist.«

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

*

Brad Donegan wurde wach. Finsternis umgab ihn. Ein seltsames Rumoren, das er nicht sogleich zuzuordnen wusste, hatte ihn geweckt. Schlaftrunken lauschte er. Es war ein dumpfes Grollen, und einen Moment fragte sich der Cowboy, ob es ein Erdbeben ankündigte. Dazwischen war lautes Knallen zu vernehmen, das sich anhörte wie Schüsse.

Und dann fiel es Brad Donegan wie Schuppen von den Augen.

Es war die Herde!

»Swift!«, schrie er.

»Was ist?«, kam es brummig von dem anderen Cowboy. Und dann: »O verdammt, was ist das?«

»Die Herde! Sie wird abgetrieben. Schnell, Swift …«

Brad Donegan schleuderte die Zudecke von sich, schwang die Beine vom Bett und kam mit einem Ruck hoch. Er tastete sich zum Tisch, fand die Streichhölzer und riss eines der Hölzchen an. Da stand eine Laterne. Es schepperte, als Donegan den gläsernen Windschutz zurückklappte. Er hielt die kleine Flamme an den Docht und er fing Feuer. Die Flamme rußte und flackerte, als der Cowboy aber den Glaszylinder wieder darüber stülpte brannte sie ruhig. Das Licht kroch in die Ecken.

Fast dreitausend Hufe ließen draußen die Erde erzittern. Muhen, Brüllen, Blöken und das Knallen der Peitschen erfüllte die Nacht. Staub wallte. Sechs Reiter hatten die Herde in Marschordnung gebracht. Rock Warner ritt mit dem Leitstier an der Longe voraus. Den Schluss bildete Matt Harper, der sich den Viehdieben angeschlossen hatte, um sich an der Buffalo Lake Ranch zu rächen. Jeweils zwei Rustler hatten die Flanken der Herde übernommen.

Die beiden Cowboys der Buffalo Lake Ranch sprangen regelrecht in ihre Klamotten, dann rannten sie hinaus. Mit fliegenden Händen sattelten sie ihre Pferde. »Reite zur Ranch, Swift!«, ordnete Brad Donegan an. »Ich folge der Herde.«

»Was wohl aus Cole geworden ist?«

»Wahrscheinlich haben ihn diese dreckigen Banditen umgebracht.«

Sie führten die Pferde aus dem Corral, saßen auf und trieben die Pferde an …

Swifts Pferd taumelte nur noch, als er die Buffalo Lake erreichte. Der Cowboy zog seinen Revolver und schoss zweimal in die Luft. Die Detonationen sprengten die Stille wie Böller. Es dauerte nicht lange, dann drängten einige Männer aus der Mannschaftsunterkunft. Einer trug eine Laterne. Licht- und Schatten wechselten auf dem Hof. Aus dem Ranchhaus kam Steve Simon. Aus dem Verwaltungsgebäude trat Buster Denton, den Steve Simon nach McLearys Tod als Vormann eingesetzt hatte.

»Die Herde auf der Südweide wird abgetrieben!«, rief Swift. »Brad folgt den Banditen.«

»Zieht euch an und sattelt Pferde, Männer!«, gebot Buster Denton. »Wir reiten in zwanzig Minuten.«

»Bringt mir die Kerle lebend!«, rief Steve Simon. »Ich will sie baumeln sehen.«

Einige Verwünschungen wurden laut. Dann kam in die Gestalten der Cowboys und Ranchhelfer Leben. Und nach zwanzig Minuten stoben neun Reiter von der Ranch. Swift, der ein frisches Pferd ritt, führte den Pulk. Nach über einer halben Stunde scharfem Ritt – ohne jedoch die Pferde zu verausgaben – erreichten sie die Weide. Die Herde war verschwunden. Aber die Spur, die sie zurückgelassen hatte, war deutlich.

»Sie haben höchstens anderthalb Stunden Vorsprung«, stieß Buster Denton hervor. »Vorwärts, Leute. Reiten wir die Sättel heiß …«

Sie jagten auf der Fährte der Herde nach Westen. Es war nicht schwer, der Spur im Mond- und Sternenlicht zu folgen. Nach einer Stunde etwa riss Buster Denton, der vorausritt, sein Pferd zurück. Das Tier stieg wiehernd auf die Hinterhand. Auch die anderen Reiter zügelten. Denton, der sein Pferd wieder unter Kontrolle hatte, saß ab.

Auf der Fährte lagen ein Pferd und ein Mann. Der neue Vormann ging bei dem Mann auf das Knie nieder. Das Gesicht war nur ein heller Fleck in der Dunkelheit. Dennoch erkannte er es. Bei dem Mann handelte es sich um Brad Donegan. Seine gebrochenen Augen glitzerten wie Glasstücke. Er war tot.

Denton richtete sich auf. Sein Hals war wie ausgetrocknet, das Sprechen fiel ihm schwer. »Das ist Brad«, gab er zu verstehen. »Er hatte keine Chance. Diese verdammten Bastarde. Möge die Hölle sie verschlingen. – Wir nehmen Brad auf dem Rückweg mit zur Ranch.« Denton sprang in den Sattel. »Vorwärts!«

Sie spornten die Pferde wieder an.

Die Hügel endeten und sie stoben über eine Ebene. Im Mondlicht warfen Pferde und Reiter lange Schatten, die ineinander flossen. Die Ebene war von Hügeln begrenzt. Sie muteten in der Nacht an wie riesige, geduckt daliegende Untiere aus vorsintflutlicher Zeit.

Das Hufgetrappel rollte vor den Reitern her zwischen die Anhöhen. Was sie in den Herzen trugen, war gefährlicher und tödlicher als die Waffen in ihren Futteralen. Es war Hass – mörderischer Hass – ein Hass, der keine Zugeständnisse, kein Entgegenkommen und kein Erbarmen kannte.

Aber die Cowboys hatten die Rechnung ohne die Viehdiebe gemacht. Zwei der Kerle lauerten auf einem der Hügel. Vier Mann reichten aus, um die Herde zu treiben. Die beiden, die zurückgeblieben waren, vernahmen den trommelnden Hufschlag. Lauter und lauter quoll er unter der Sichel des Mondes heran. Dann sahen die Banditen im Mond- und Sternenlicht den Reiterpulk über die Ebene jagen. Sie machten sich nicht die Mühe, genau zu zielen, sondern jagten ihre Kugeln blindlings in den Pulk hinein. Pferde stürzten, Männer wurden aus den Sätteln gerissen. Im Handumdrehen wälzte sich ein Knäuel ineinander verkeilter Menschen- und Pferdeleiber am Boden. Gewieher und Geschrei erhob sich. Pferde brachen aus und stoben voller Entsetzen in die Nacht hinein. Cowboys rannten in Deckung.

Nach einiger Zeit verkündeten hämmernde Hufschläge, dass die Rustler flohen.

Zwei der Reiter von der Buffalo Lake waren tot. Drei waren verwundet worden. Am Boden lagen drei tote Pferde. Vier weitere Tiere waren geflohen. An eine weitere Verfolgung der Banditen war nicht zu denken …

*

Ich hatte mich von Mort Baldwin und seiner Tochter Sarah verabschiedet und war auf dem Weg zur Buffalo Lake Ranch. Der Tag war hell und sonnig. Auf den Gräsern lag der Tau. Ich folgte dem Tule Creek, der in den Buffalo Lake mündete. Schließlich lag die Ranch vor mir. Ich ritt wenig später in den Hof.

Steve Simon kam aus dem Haupthaus, ging bis zum Geländer und legte die Hände darauf. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Als ich beim Holm anhielt, sagte der Ranchboss: »In der Nacht haben die Viehdiebe der Buffalo Lake-Weide wieder einen Besuch abgestattet. Sie haben eine Herde von siebenhundert Rindern abgetrieben. Drei meiner Männer wurden getötet, drei weitere verwundet.«

Ich verspürte tiefe Betroffenheit. Und es dauerte kurze Zeit, bis ich das Gehörte verarbeitet hatte. Dann erwiderte ich: »Die Bande hat sich getrennt. Während die eine Hälfte die gestohlenen Rinder nach New Mexico trieb, ist die andere Hälfte zurückgeritten, um weitere Tiere zu stehlen. Mein Kollege folgt der Herde, um festzustellen, bei wem sie landet. Ich bin den anderen Banditen gefolgt, habe aber in Canyon ihre Spur verloren.«

»Die Spur führt nach Westen«, knurrte der Ranchboss.

Aus dem Verwaltungsgebäude kam ein Mann, den ich nicht kannte.

Steve Simon sagte: »Das ist Buster Denton, mein neuer Vormann. Er hat die Männer geführt, die den Rustlern folgten.«

Ich nickte Denton zu. Er hielt drei Schritte von mir entfernt an. »Diese Schufte sind tödlicher als die Cholera. Wir hatten keine Chance und können von Glück sagen, dass nicht noch mehr Männer getötet oder verwundet wurden.«

»Ich werde der Herde folgen«, sagte ich. »Und ich ahne auch, wohin die Rustler sie getrieben haben.«

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren zog ich mein Pferd um die linke Hand und trieb es mit einem Schenkeldruck an. Ich wusste genau, wohin ich reiten wollte. Drei Stunden später erreichte ich die Schlucht, die zu dem Tal führte, in dem die Rustler die gestohlenen Herden gesammelt hatten und von wo aus sie nach Westen aufgebrochen waren. Ich ritt aber nicht in die Schlucht hinein, sondern fand einen Aufstieg, der es mir ermöglichte, auf den Felsen zu gelangen, der die Schlucht nach Norden begrenzte.

Es war ein natürlicher Pfad, der zwischen den Felsen hindurchführte. Ich musste das Pferd führen. Manchmal ging es steil nach oben und das Tier musste die Hinterbeine wie Säulen gegen den Boden stemmen, um nicht zurückzugleiten. Mir brach der Schweiß aus. Atmung und Herzschlag beschleunigten sich. Manchmal rückten die Felsen so eng zusammen, dass sie mir und dem Pferd kaum Durchlass boten.

Aber wir schafften es und gelangten auf ein Hochplateau, das sich weit nach Norden und Westen erdehnte. Der Boden war felsig. Es gab aber auch große Flächen gelben Sandes. Im Westen säumten lang gezogene Felsbarrieren die Ebene. Im Norden schloss sich hügeliges Land an.

Ich verspürte Erschöpfung. Die Flanken meines Pferdes zitterten. Ich ließ mich auf einen Felsen nieder und rastete eine Viertelstunde. Dann saß ich auf und ritt am Rand der Schlucht entlang. Am Ende der Ebene lenkte ich das Pferd zwischen die Hügel, und dann lag das Tal vor mir. Hier standen die Rinder. Am Rand der Senke waren zwei Zelte errichtet worden. In einem Seilcorral befanden sich drei Pferde. Das sagte mir, dass drei der Banditen anwesend waren, während die anderen wahrscheinlich lohnende Objekte für ihre verbrecherische Tätigkeit ausspähten.

Ich stieg vom Pferd, führte das Tier ein Stück zurück, sodass es vom Lager der Rustler aus nicht gesehen werden konnte, band es an einem Busch fest und machte es mir zwischen einigen Felsen so bequem wie möglich. Und während ich das Camp beobachtete, drehte ich mir eine Zigarette und rauchte dann.

Als die Sonne weit im Westen stand und die Schatten lang waren, kamen die anderen drei Banditen. Ihre Kumpane krochen aus den Zelten. Die drei Ankömmlinge saßen ab, entledigten die Pferde der Sättel und Zaumzeuge und trieben sie in den Corral. Dann entzündete einer ein Feuer. Ein anderer holte eine Flasche aus dem Zelt. Die Kerle hockten sich um das Feuer, die Flasche kreiste, sie drehten sich Zigaretten und rauchten. Einige von ihnen legten sich schließlich zurück.

Sie warteten die Nacht ab.

Doch heute wollte ich ihnen einen Strich durch die Rechnung machen.

Ich ritt zurück und benutzte wieder den natürlichen Pfad, um nach unten zu kommen. Als ich unten war, wurde es finster. Ich postierte mich am Maul der Schlucht. Mein Pferd stellte ich zwischen einigen Felsen ab. Die Dunkelheit kam schnell. Wispernd strich der schrale Abendwind an den Felsen entlang und brach sich an Vorsprüngen und Simsen. Am Himmel glitzerten ungezählte Sterne. Der Mond war noch hinter den Felsen im Osten verborgen.

Meine Geduld wurde auf eine ziemlich harte Probe gestellt. Doch dann hörte ich krachenden Hufschlag. Ich repetierte das Gewehr. Die Schluchtwände warfen den Lärm zurück und verstärkten ihn. Dann sah ich den Pulk kommen. Sechs Schemen – Männer, die wahrscheinlich dem Teufel ins Maul spuckten. Ich war alleine. Ein tödliches Verhältnis.

Aber ich musste den Schuften Einhalt gebieten.

»Stopp!«, rief ich.

Sie parierten die Pferde. Die Geräusche reduzierten sich auf ein erträgliches Maß. Pferde schnaubten und stampften.

»Steigt ab, nehmt die Hände hoch und tretet von den Pferden weg. Ich bin U.S. Deputy Marshal Bill Logan. Jede falsche Bewegung fasse ich als Widerstand auf, und ich werde entsprechend reagieren.«

Die Kerle trieben ihre Pferde auseinander. Ihre Revolver dröhnten und grelle Mündungsblitze zuckten in die Finsternis. Querschläger quarrten durchdringend. Ich begann zu feuern. Sie ließen mir keine andere Wahl. Einer der Kerle wurde vom Pferd gerissen. Ein Pferd brach zusammen und warf seinen Reiter ab. Der Bursche blieb lieben. Eine meiner Kugeln riss einen weiteren Banditen aus dem Sattel.

Die anderen flohen in die Schlucht hinein. Die Finsternis schützte sie wie ein schwarzer Vorhang. Dann wurde es still. Nur leises Stöhnen war zu hören.

Ich verließ meine Stellung und lief in die Schlucht hinein. Lautlos pirschte ich zwischen den Felsen dahin, angespannt bis in die letzte Nervenfaser, wachsam, erfüllt von der Bereitschaft, sofort zu schießen, wenn sich irgendwo etwas rührte.

Die Hufschläge waren verklungen. Ich ging bis zum Ende der Schlucht. Die drei Kerle waren abgehauen. Ich lauschte und witterte und ließ meinen Instinkten freien Lauf. Die Herde in dem Talkessel ruhte.

Nach etwa einer Viertelstunde kehrte ich um.

In sicherer Deckung wartete ich den Morgen ab. Die Sterne verblassten, die Finsternis lichtete sich. Dann ging die Sonne auf. Dort, wo die Schlucht begann, lagen drei Männer und ein Pferd. Zwei Pferde standen ein Stück tiefer in der Schlucht. Ich klemmte mir den Kolben der Winchester unter die Achsel, hielt das Gewehr mit beiden Händen an der Seite im Anschlag, mein Zeigefinger krümmte sich um den Abzug.

Ich ließ die gebotene Vorsicht nicht außer Acht.

Zwei der Kerle waren ohne Bewusstsein. Der dritte war tot. Aber nicht ich hatte ihn getötet, er hatte sich beim Sturz vom Pferd das Genick gebrochen.

Ich holte die Wasserflasche vom Sattel eines der toten Pferde, hob mit der flachen Linken den Kopf eines der Besinnungslosen etwas an, dann flößte ich ihm etwas Wasser zwischen die Zähne. Der Bursche begann automatisch zu schlucken. Seine Lider zuckten, dann schlug er die Augen auf. Meine Kugel hatte ihn am Kopf gestreift und ihm eine stark blutende Schramme gezogen. Das Projektil hatte die Wirkung eines Keulenschlages. Mit dem törichten Ausdruck des absoluten Nichtbegreifens starrte er mich an. Aber dann schien sich bei ihm die Erinnerung einzustellen, denn in seinem Gesicht begannen die Muskeln zu zucken und er stieß hervor: »Was ist mit meinen Freunden?«

»Einer hat eine Kugel in die Brust bekommen«, versetzte ich. »Der andere hat sich das Genick gebrochen. Und drei haben Fersengeld gegeben. Wie heißen Sie?«

»Matt Harper.«

Ich war überrascht. »Aaah«, machte ich. »Der Mann, der sich zum Richter und Henker aufgeschwungen und sich schließlich einer Bande von Viehdieben angeschlossen hat.«

»Ich habe McLeary im fairen Kampf getötet. Er griff unter die Jacke.«

»Es gibt einige Stimmen, die das Gegenteil behaupten.«

»Sie lügen. Es waren Reiter der Buffalo Lake Ranch, die die Wagenrad Ranch überfallen und meinen Bruder sowie meine Schwägerin getötet haben. Als ich McLeary im Hof der Buffalo Lake zur Rede stellte, griff er unter die Jacke. Ich habe ihn erschossen. Er hat bekommen, was er verdient hat.«

Stöhnend richtete sich Harper auf. Der Schmerz wühlte in seinem Gesicht und wütete in seinen Augen. Ein Stöhnen brach über seine Lippen. Es dauerte einige Sekunden, bis er seine Not überwunden hatte und sich sein Blick wieder klärte. Er griff in die Jackentasche und holte etwas heraus. »Hier, sehen Sie, Marshal. Diese Niete habe ich nach dem Überfall im Hof der Wagenrad Ranch gefunden. Das ist eine besonders kunstvolle Niete. Einer der Nachtreiter hat sie verloren. Wenn Sie den dazugehörenden Sattel finden, dann wissen Sie auch, wer in der Nacht auf der Ranch war.«

Ich hatte mich erhoben, nahm die Niete, schaute sie kurz an und steckte sie in die Tasche.

Matt Harpers Revolver lag zwei Schritte neben ihm am Boden. Er schielte danach.

»Vergessen Sie’s«, sagte ich und hob die Waffe auf, schleuderte sie weit in die Schlucht hinein und sammelte auch die anderen Waffen zusammen, die am Boden herumlagen. Dann holte ich die beiden Pferde, die ein Stück in die Schlucht hineingelaufen waren. Den Gewehren der Banditen schlug ich die Kolben ab. Dann fesselte ich Harper und verband seine Wunde, und als das geschehen war, kümmerte ich mich um den anderen verletzten Banditen.

Er hatte meine Kugel in die rechte Brustseite bekommen. Auch ihn verband ich. Da es hier keine Büsche gab, konnte ich keine Schleppbahre bauen. Ich flößte dem Bewusstlosen Wasser zwischen die Lippen. Den Rest der Flasche goss ich ihm über das Gesicht. Er erwachte. Mit stupidem Blick musterte er mich.

Auf die Buffalo Lake Ranch konnte ich Harper und den anderen Banditen nicht bringen. Denn ich musste befürchten, dass Steve Simon die beiden sofort aufknüpfen ließ, sobald ich der Ranch den Rücken kehrte. Ich verwarf auch den Gedanken, sie auf die Wagenrad Ranch zu schaffen. Baldwin würde seinen ehemaligen Cowboy und Verlobten seiner Tochter möglicherweise laufen lassen. Und den anderen Banditen lieferte er vielleicht sogar Steve Simon aus, dem er wohl jeden Gefallen erweisen würde, um sich seiner Freundschaft zu versichern.

Ich beschloss, die beiden Banditen nach Canyon zu bringen.

Bevor wir aufbrachen, häufte ich einen Haufen Steine über den Burschen, der sich das Genick gebrochen hatte. Ich sprach ein kurzes Gebet an dem Grabhügel, dann gebot ich Harper, aufzustehen. Da ich ihm die Hände auf den Rücken gefesselt hatte, musste ich ihm helfen, aufs Pferd zu steigen. Mit meiner Hilfe schaffte es auch der andere Bandit, aufzusitzen. Zusammengekrümmt saß er auf dem Pferd. Ob er Canyon lebend erreichte, wusste ich nicht.

Wir ritten los. Der Mann mit der Brustwunde bestimmte das Tempo. Ihm hatte ich nicht die Hände gefesselt. Er konnte mir nicht gefährlich werden. Bald sank er über dem Pferdehals zusammen. Ich hielt an, legte seine Arme um den Hals des Tieres und band ihm die Hände zusammen. So verhinderte ich, dass er vom Pferd stürzte. Das Tier führte ich, als wir weiterritten, am langen Zügel.

Matt Harper ritt neben mir.

»Sie müssen mir glauben, Marshal«, stieß er hervor. »Ich habe McLeary in Notwehr getötet.«

»Sie haben Rache geschworen«, erwiderte ich, »sind zur Buffalo Lake geritten und haben McLeary aufgelauert. Am Ende war McLeary tot. Und ein halbes Dutzend Leute beschwören, dass er waffenlos war.«

»Aber er hat unter die Jacke gegriffen. Ich konnte doch nicht warten, bis er …«

»Woher nahmen Sie überhaupt die Gewissheit, dass McLeary einer der Männer war, die die Wagenrad Ranch überfielen?«

»Wer sonst käme für den Überfall in Frage als die Buffalo Lake?«

»Wenn das alles ist, was Sie zu bieten haben«, knurrte ich.

Von nun an schwieg Matt Harper.

Auch ich hing meinen Gedanken nach.

*

Die Herde stand auf einer Ebene, die im Süden von einem Creek begrenzt wurde. Im Westen und Norden buckelten Hügel. Jenseits des kleinen Flusses erstreckte sich das flache Terrain noch weit nach Süden, gesäumt wurde es von Felsketten, die sich graublau vor dem seidenblauen Horizont abzeichneten.

Zwei Reiter bewachten die Herde.

Joe Hawk verhielt in einem Hügeleinschnitt im Schutz hoher Büsche. Er wusste, dass er sein Ziel erreicht hatte. Der Marshal hatte seinen Stern abgenommen. Von den beiden Reitern ließ er sich nicht sehen. Gedeckt von den Hügeln umrundete er die Ebene und fand die Spuren mehrerer Pferde, die weiter nach Westen führten. Er folgte der Fährte. Das hügelige Terrain endete und vor Joe dehnte sich eine Senke, in deren Mitte sich die Gebäude einer Ranch erhoben. Durch ein hohes Galgentor gelangte man in den Hof. Ein großes Schild war an den Querbalken des Tores genagelt, auf das der Name der Ranch geschrieben worden war.

Saladito Creek Ranch!

Es schien eine große Ranch zu sein. In zwei Corrals standen an die sechzig Pferde. Einige Männer waren bei der Arbeit.

Joe ritt nicht zu der Ranch. Er folgte dem Weg, der von der Ranch aus nach Süden führte, und nach etwa einer Stunde lag eine kleine Ortschaft vor ihm. Es war die Zeit des Sonnenuntergangs. In den Fenstern brach sich das rote Licht der untergehenden Sonne. Aus den Kaminen stieg Rauch. Die Frauen bereiteten das Abendessen vor. Irgendwo bellte ein Hund. Der laue Westwind trieb auf der breiten Main Street kleine Staubfontänen vor sich her.

Die Stadt war ohne jede bauliche Ordnung errichtet. Zwischen den Häusern waren große Lücken. Es gab einen Saloon, ein Hotel und einen Mietstall. Joe saß bei einem Tränketrog ab und ließ sein Pferd saufen. Ein feiner Staubfilm schwamm auf dem Wasser. Der Marshal ließ die Eindrücke, die sich ihm boten, auf sich wirken und verarbeitete sie.

Nachdem das Pferd seinen Durst gestillt hatte, führte er es weiter, bis er den Mietstall erreichte. An den Stall schloss sich ein Corral an, in dem sich fünf Pferde tummelten. Das Tor stand offen. Joe zerrte sein Pferd hinter sich her in den Stall hinein. Aus einem Bretterverschlag, der ein kleines Fenster aufwies und der dem Stallmann wohl als Aufenthaltsraum und Stall Office diente, kam ein bärtiger Oldtimer, dessen Kiefer sich bewegten.

»Hallo, Fremder.« Der alte Bursche spuckte einen Strahl braunen Tabaksaft aus.

»Hallo, Stall.«

»Sie sehen ziemlich verstaubt aus. Sind Sie durch die Felswüste geritten?«

Joe nickte. »Wo bin ich hier gelandet?«

»Der Ort nennt sich Cameron. Die Stadt ist erst im Aufbau begriffen. Haben Sie vor, länger hierzubleiben?«

»Ich weiß noch nicht. Bin ein arbeitsuchender Cowboy. Gibt es in der Gegend eine Ranch, auf der man nach Arbeit fragen kann?«

»Es gibt einige Ranches. Aber da dürften Sie kein Glück haben. Es geht auf den Winter zu, und die Rancher stellen sicher niemand mehr ein. Im Gegenteil. Wenn der Herbst zu Ende geht und die Round ups vorbei sind, bauen sie ab. Nein, ich glaube nicht, dass Sie in der Gegend einen Job finden.«

»Das befürchte ich auch. Ich hab auf der Saladito Creek Ranch nachgefragt. Man hat mich weggeschickt.«

Der Stallmann verzog das Gesicht. »Die Ranch gehört Rich Mallory. Er kam vor anderthalb Jahren in die Gegend und erwarb die Ranch von Old Moss, der keine Nachkommen hatte und seinen Lebensabend im Osten verbringen will. Mallorys Herden wachsen schnell – verdammt schnell. Mallory behauptet, große Herden in Texas anzukaufen. Hinter vorgehaltener Hand aber munkelt man, dass es sich bei der SC um eine Rustler Ranch handelt. Mallory lässt die Rinder nach Norden treiben. Er beschäftigt eine eigene Treibermannschaft.«