What a Scot wants - Amalie Howard - E-Book

What a Scot wants E-Book

Amalie Howard

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Beschreibung

Highlander Ronan Maclaren muss heiraten und für einen Erben sorgen. Besonders eilig hat er es damit aber nicht. Er ist glücklicher Gutsherr seines Clans, der die Maclaren-Whisky-Destillerie leitet. Die richtige Frau hat er zudem auch noch nicht gefunden.

Lady Imogen Kinley hat sich seit Jahren raffiniert vor der Ehe gedrückt. Sie hat aus schmerzlicher Erfahrung gelernt, dass man Männern nicht trauen kann und ist fest entschlossen, unabhängig zu bleiben. Dabei hat sie diebische Freude daran, sich für potenzielle Verehrer so unattraktiv wie möglich zu machen. Ihre Eltern greifen schließlich zu einer verzweifelten Maßnahme und unterzeichnen einen Verlobungsvertrag für Ronan und Imogen.

Als sich die beiden das erste Mal gegenüberstehen, ist es Abscheu auf den ersten Blick. Beide schwören, den anderen in den Wahnsinn zu treiben - mit allen Mitteln …

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Wir wünschen viel Vergnügen.

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Über das Buch

Highlander Ronan Maclaren muss heiraten und für einen Erben sorgen. Besonders eilig hat er es damit aber nicht. Er ist glücklicher Gutsherr seines Clans, der die Maclaren-Whisky-Destillerie leitet. Die richtige Frau hat er zudem auch noch nicht gefunden.

Lady Imogen Kinley hat sich seit Jahren raffiniert vor der Ehe gedrückt. Sie hat aus schmerzlicher Erfahrung gelernt, dass man Männern nicht trauen kann und ist fest entschlossen, unabhängig zu bleiben. Dabei hat sie diebische Freude daran, sich für potenzielle Verehrer so unattraktiv wie möglich zu machen. Ihre Eltern greifen schließlich zu einer verzweifelten Maßnahme und unterzeichnen einen Verlobungsvertrag für Ronan und Imogen.

Als sich die beiden das erste Mal gegenüberstehen, ist es Abscheu auf den ersten Blick. Beide schwören, den anderen in den Wahnsinn zu treiben - mit allen Mitteln …

Über die Autoren

Amalie Howard ist USA Today- und Publishers Weekly Bestsellerautorin. Ihre Wurzeln liegen in Westindien und ihre Artikel über multikulturelle Belletristik sind in The Portland Book Review und auf Diversity in YA erschienen. Derzeit lebt sie mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Colorado.

Angie Morgan ist Autorin vieler Kinder- und Jugendbücher und schreibt zudem erfolgreich Liebesromane für Erwachsene. Sie hegt eine große Leidenschaft für Geschichte, historische Dramen und Dokumentationen und liebt es, sich in vergangenen Zeiten zu verlieren. Die Autorin lebt mit ihrem Mann, ihren drei Töchtern und einer Vielzahl von Haustieren in New Hampshire. Neben dem Schreiben genießt sie es, zu lesen, zu laufen, zu kochen und sich um ihre Kinder zu kümmern, - und hin und wieder findet sie sogar Zeit zum Schlafen.

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Amalie Howard, Angie Morgan

What a Scot wants

Aus dem Amerikanischen von Firouzeh Akhavan-Zandjani

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

Newsletter

Widmung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Epilog — Sechs Monate später

Anmerkungen

Impressum

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Unseren treuen Leserinnen gewidmet – ohne Sie hätten wir es nicht geschafft.

Kapitel 1

Auf Maclaren, Schottland, 1831

»Ich werde keine vollkommen Fremde heiraten, verdammt noch mal!«

Ronan Maclaren, der Herzog von Dunrannoch und Laird von Maclaren, knallte den Bogen aus edlem Pergament auf den Schreibtisch. Wütend sah er seine Mutter und den Anwalt an, die mit ihm zusammen im Arbeitszimmer auf Maclaren saßen.

»In Vaters letztem Willen stand nichts von einer arrangierten Heirat.« Finster fixierte er Mr Stevenson, der mit einer Ledertasche auf dem Schoß links neben Lady Dunrannoch saß. Es war kalt im Raum. Die Wände und Böden aus Stein saugten förmlich die eisigen Temperaturen der Highlands auf – trotzdem war der Mann in Schweiß gebadet.

»Die ausdrückliche Anweisung Seiner Lordschaft lautete, dass ich erst zwei Jahre nach seinem Tod den Testamentsnachtrag zur Sprache bringen dürfte«, erklärte Stevenson. »Wenn Sie sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht selbst um eine Ehefrau bemüht hätten, sollte ich Ihnen die restlichen Auflagen und die … äh … Vereinbarungen hinsichtlich der Braut nennen.«

Ronan funkelte ihn voller Zorn an, und an den zu Fäusten geballten Händen traten die Knöchel weiß hervor. »Die darin bestehen, dass ich gegen meinen Willen mit einer Frau verlobt bin, die ich überhaupt nicht kenne.«

Es hatte ihn fast umgehauen, als Stevenson ihm die bis dahin geheim gehaltenen Bedingungen enthüllt hatte: Sollte Ronan zwei Jahre nach dem Tod des Herzogs immer noch keine Ehefrau haben, sollte zwischen dem Herzog von Dunrannoch und dem Grafen von Kincaid im Rahmen einer Heirat ein Bündnis geschlossen werden.

Vor ein paar Jahren wäre der frühere Herzog beinahe während langer Krankheit dahingesiecht. Doch dann hatte er sich wie durch ein Wunder wieder erholt und zu seiner alten Kraft zurückgefunden. Als er dann im Winter vor zwei Jahren eines Morgens nicht erwacht war, hatte das die ganze Familie Maclaren wie ein Schock getroffen. Doch der raffinierte Herzog von Dunrannoch schien auf sein Ableben vorbereitet gewesen zu sein und hatte Änderungen an seinem Testament vorgenommen, nachdem ihn der erste Hauch des Todes umweht hatte. Er hatte festgelegt, dass der Erbe von Maclaren heiraten müsste, was für Ronan kein Problem darstellte. Irgendwann würde er heiraten müssen. Ihm war jedoch nicht bewusst gewesen, dass die Verfügung hinsichtlich einer Eheschließung mit einer verdammten Frist verknüpft sein würde.

Eine Frist, die gerade abgelaufen war und sich auch nicht verlängern ließ.

»Sie ist keine gänzlich Fremde, mein Lieber. Lady Imogen ist eine ganz reizende Frau«, erklärte Ronans Mutter, Lady Dunrannoch. Es lag nur ein leicht angespannter Zug um ihren Mund, der jedoch ihre äußerlich zur Schau getragene Gelassenheit Lügen strafte.

Aber das war Ronan egal. Die Frau könnte seinetwegen auch das reizendste Geschöpf ganz Schottlands sein. Angesichts des Nachtrags des verstorbenen Herzogs blieb ihm jetzt keine andere Wahl – er musste die Tochter des Grafen von Kincaid heiraten, ansonsten würde er die Brennerei der Familie verlieren. Diese stellte die Haupteinnahmequelle der Maclarens dar, und Ronan hatte die letzten zwanzig Jahre Blut und Schweiß eingesetzt, damit das Unternehmen Gewinn abwarf.

Ronan unterdrückte ein frustriertes Schnauben. Sein hinterhältig schlauer Vater hatte diesen Plan bestimmt nicht allein ausgeheckt und vor allem nicht bis in die kleinste Einzelheit. Da steckte eine Frau hinter. Er sah seine Mutter mit durchdringendem Blick an, dem sie jedoch mit kühler Zurückhaltung begegnete.

»Du hattest deine Finger mit im Spiel. Ohne dich wäre er nie auf so eine Idee gekommen.«

Lady Dunrannoch sah ihn mit auf die Seite gelegtem Kopf an. »Dein Vater hat sein Testament verfeinert, kurz nachdem er sich besser zu fühlen begann. Dein Widerstreben zu heiraten, war deutlich erkennbar und genauso offensichtlich wie die Tatsache, dass er nicht bis in alle Ewigkeit der Herzog bleiben würde. Du musst seine Beweggründe verstehen …«

»Das drakonische frühere Ultimatum habe ich ja verstanden«, warf er kalt ein. »Aber das hier ist nichts weiter als eine Vernunftehe!«

»Wie die meisten Ehen, die in Adelskreisen geschlossen werden«, erwiderte die Herzogin.

»Nicht meine!«

Seine Faust donnerte auf die Schreibtischplatte und brachte das schwere Möbelstück aus massivem Holz zum Beben. Stevenson fuhr zusammen, und die Ledertasche rutschte von seinem Schoß und knallte auf den Boden. Doch seine Mutter zuckte noch nicht einmal mit der Wimper. Sie sah ihn mit hoch erhobenem Kinn an, während sie eine Augenbraue so langsam nach oben zog, dass seine Ohren anfingen zu brennen. Er war siebenunddreißig, und doch schaffte sie es immer noch, ihm – ohne ein Wort – mit ihrem Missfallen einen Stich zu versetzen.

»Willst du mir damit zu verstehen geben, dass du aus Liebe heiraten möchtest?«, fragte sie.

Ronan knirschte mit den Zähnen. Sie wollte ihn in eine Falle locken. Das spürte er ganz genau. Er war weiter davon entfernt, ein romantischer Schwachkopf zu sein, als jeder andere, den er kannte, aber zum Teufel noch mal … die Vorstellung, eine Frau zu heiraten, die er noch nicht einmal kannte oder schätzte, drehte ihm den Magen um. Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.

»Ich verstehe ja, dass du aufgebracht bist, mein Schatz, aber die Kinleys sind eine gute Familie mit einem außergewöhnlichen Stammbaum«, erklärte sie. »Lord Kincaid ist ein Graf und Lady Imogen eine hoffähige Partie.«

»Ich bin in der Lage, mir selbst eine Frau zu suchen, verdammt noch mal.«

»Warum hast du das denn dann noch nicht getan?« Ihre Augenbraue zuckte angesichts seines Fluchs eine Winzigkeit nach oben. »Es ist zu deinem Besten, mein Sohn.«

Er wusste, dass er in dem Ruf stand, ein strenger und fast schon peinlich genauer Mensch zu sein. Man tuschelte, dass keine Dame, wie groß ihre Mitgift auch sein mochte, wie zweckmäßig das Bündnis oder wie ausgeprägt auch ihre persönlichen Vorzüge wären, je den Ansprüchen von Ronan Maclaren, dem Herzog von Dunrannoch, genügen würde. Doch er hoffte nur schlicht und ergreifend, eine Frau kennenzulernen, die sein Blut in Wallung brachte oder ihn zumindest faszinierte. Wenn er sich eine Braut nahm, sollte er zumindest einen Funken Zuneigung für sie empfinden.

Er konnte keinen Moment länger ruhig sitzen bleiben. Ronan verließ seinen Schreibtisch und trat an eines der hohen Flügelfenster, durch die man in den inneren Hof der Festung schauen konnte. Er war geboren und dazu erzogen worden, eines Tages der Herzog zu sein. Sein ganzes Leben lang hatte er sich auf diese Rolle vorbereitet – eine Aufgabe, die er sehr ernst nahm. Sein Clan und seine Familie waren immer an erster Stelle gekommen. Immer.

Doch jetzt fühlte er sich angegriffen, und das von seiner eigenen Familie. Er empfand es wie einen Verrat, der sich wie ein stumpfes rostiges Messer in seine Brust bohrte.

»Du hattest sehr viel Zeit, dir selbst eine Frau zu suchen«, fuhr seine Mutter fort, die nun auch aufgestanden war. »Ich war nicht damit einverstanden, als dein Vater Mr Stevenson bat, eine Verlobungsvereinbarung und einen Nachtrag in seinem Testament aufzusetzen, weil ich gehofft habe, dass du die erste Änderung seines Letzten Willens ernst nehmen würdest.«

»Das habe ich …«

»Du hast mehrere sehr passende Verbindungen abgelehnt«, fuhr sie fort. »Und es darf nicht sein, dass der Herzog von Maclaren ein Junggeselle ist.«

»Es darf auch nicht sein, dass Maclaren seine Brennerei verliert«, knurrte er.

»Das wird nicht passieren – wenn du deiner Pflicht als Herzog und Laird nachkommst.«

Zum Teufel noch mal – mit seiner Mutter war nicht zu spaßen. Entschlossen und hartnäckig. Aber sie hatte recht – genau wie sein Vater, als er noch am Leben gewesen war. Bündnisse mit anderen Clans waren ein wesentlicher Standpfeiler, um die Macht einer Familie zu stärken und ihre Ländereien zu vergrößern. Seine Brüder und Schwestern hatten alle aus diesem Grund geheiratet, wobei außer der ersten Ehe seiner Schwester Makenna mit einem gewalttätigen Laird – wovon weder Ronan noch ein anderer Maclaren gewusst und erst nach dem Tod des Mannes erfahren hatte – alle über den Bündnisgedanken hinaus auch in Zuneigung mit ihren Ehepartnern verbunden waren.

Ronan spürte, wie sich seine Brust zusammenzog. Vor langer Zeit hatte er mal gewähnt, ebenfalls verliebt zu sein. Doch so eine Torheit war ein zweischneidiges Schwert – Freude einerseits und Schmerz und Leid andererseits. Es hätte ihn fast vernichtet, und seitdem hatte er nie wieder einer Frau sein Vertrauen geschenkt. Er sah die Herzogin an. Vielleicht war es tatsächlich sein Fehler gewesen, so lange zu warten, aber keine Frau hatte je einen so großen Reiz auf ihn ausgeübt, dass er den Wunsch verspürt hätte, ihr einen Antrag zu machen. Und jetzt zwang man ihm eine völlig Fremde auf. Er fühlte sich von Pflicht und Umständen in die Ecke gedrängt, und beides gefiel ihm nicht.

Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Und wenn ich diesen Vertrag nun unterschreibe«, sagte er und mied dabei den Blick seiner Mutter. »Und die Dame« – wie hieß sie noch gleich – Imogen? – »sich weigert zu heiraten?«

»Lord Kincaid hat bereits eingewilligt. Er tat es, als dein Vater ihm das Angebot unterbreitete.«

Ronan unterdrückte ein wütendes Schnauben. »Um es klarzustellen – wenn ich den Ehevertrag nicht unterzeichne oder den unterzeichneten Vertrag breche, sind die Lebensgrundlage und die Zukunft unseres Clans verwirkt.«

Stevenson warf Lady Dunrannoch einen Blick zu, den sie mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken, das Ronan nicht entging, erwiderte. »Richtig.« Der Anwalt räusperte sich. »Und wenn Lady Imogen beschließt, Sie nicht zu heiraten, wird sie ebenfalls etwas von entsprechendem Wert verlieren«, fuhr er fort und klopfte auf seine Tasche. »Das ist hier alles schriftlich festgehalten.«

»Vater scheint an alles gedacht zu haben«, sagte Ronan.

»Er hat nur an deine Zukunft gedacht – an die Zukunft von Maclaren«, erwiderte die Herzogin.

Ronan begegnete dem Blick seiner Mutter. Wieder drehte ihm der an ihm begangene Verrat den Magen um. Er hatte das Gefühl, manipuliert zu werden und sich dem Willen von anderen beugen zu müssen. Er wusste, dass es zum Wohle von Maclaren war und um den Fortbestand der Linie ging, aber sein Widerwille war so groß, dass er ihn kaum in Worte fassen konnte. Das hieß jedoch nicht, dass er nicht seine Pflicht erfüllen würde. Er war ein Maclaren, und das kam immer an erster Stelle.

Er würde nicht zulassen, dass die Brennerei in die Hände eines Außenstehenden fiel. Es ärgerte ihn maßlos, dass seine Eltern sich darüber hinwegsetzten, nur um ihn verheiratet zu sehen. Er hatte die letzten zwanzig Jahre zu viel gearbeitet, um aus der Brennerei, die anfangs nur aus einer Destille in der heruntergekommenen Kate eines Kleinbauern bestanden hatte, ein erfolgreiches Unternehmen zu machen, das fast allen Leuten in seinem Clan Arbeit verschaffte.

Sie waren von ihm abhängig. Sie vertrauten ihm. Ihm – und nicht so einem Geck aus Edinburgh, der noch nie einen Fuß auf Maclaren gesetzt hatte.

»Ich werde den Vertrag nicht brechen«, erklärte er und spürte, wie die vertraute Entschlossenheit zurückkehrte, die aus einem eisernen Willen und unbeirrbarer Beharrlichkeit bestand. Maclaren und die Einwohner würden nicht in Gefahr geraten. Und seine Ehre bekäme keinen Kratzer.

Doch als seine Mutter nickte und er nur den Anflug von Bedauern in ihrer Miene sah, musste Ronan an diese Lady Imogen, seine zukünftige Braut denken, und ihm kam eine Idee. Keiner würde seine Ehre infrage stellen, und die Brennerei bliebe im Besitz von Maclaren, wenn sie die Verlobung von sich aus löste. Sie würde zwar einen hohen Preis zahlen müssen, wenn sie den Vertrag brach, aber er brauchte dann nicht diese Vernunftehe einzugehen.

Er musste also nur dafür sorgen, dass sie schreiend Reißaus nahm.

Edinburgh, Scotland

Lady Imogen Kinley schloss die Augen, als ihr die Tränen kamen.

Sie hatte es zwar schon ein paarmal miterlebt, aber das Wunder der Geburt erstaunte sie immer wieder aufs Neue und erfüllte sie mit Demut. Sie sah den Säugling an, der in eine blaue Windel gewickelt war, und bestaunte das winzige, perfekte, rosige Gesichtchen. Sie raunte dem Baby leise Worte zu, beruhigte es mit einem Finger und atmete seinen süßen Duft ein.

Die Mutter des Kinds lag in der Mitte des Betts. Mary war selbst noch fast ein Kind. Sie hatte als Küchenmädchen im Haushalt eines Lords gearbeitet und war hochkant rausgeworfen worden. Dabei war völlig außer Acht gelassen worden, dass der bewusste Lord an erster Stelle für sein Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen werden müsste. Imogen verzog das Gesicht. Männer konnten einfach tun und lassen, was sie wollten – bestraft wurden sie nie.

Sie hatte die Pforten von Haven, einem ziemlich großen Reihenhaus, geöffnet, als sie den ersten Teil ihres Erbes erhalten und viel Geld ausgegeben hatte, um das Haus in ein Heim für Frauen wie Mary zu verwandeln. Frauen wie ihre geliebte Gouvernante, Belinda, die dem gleichen Vergehen durch einen Mann zum Opfer gefallen war. Weil Belinda die Geburt des Kinds nicht überlebt hatte, war das Obdach für Frauen zu Imogens Lebenswerk geworden. Ihr Herz zog sich bei der Erinnerung, was der jungen Gouvernante widerfahren war … und dem Gedanken an den Schuft, der dahintergesteckt hatte, zusammen.

Silas Calder – ein Mann, dem alle vertraut hatten. Ein Mann, dem sie vertraut hatte.

Ihre Finger verkrampften sich, während sie die dunklen Gedanken beiseiteschob. Silas hatte alle zum Narren gehalten, doch während Imogen mit knapper Not seinen Fängen entkommen war, hatte Belinda nicht so viel Glück gehabt.

Zumindest etwas Gutes war dabei herausgekommen. Haven hatte das Leben von Dutzenden Frauen gerettet, die in ähnliche Schwierigkeiten geraten waren. Im Laufe der Jahre hatte Imogen viel darüber gelernt, zu was Männer in der Lage waren, und jetzt konnte sie nichts mehr schockieren. Haven bot Frauen mittlerweile auch hin und wieder eine Unterkunft, oder ihnen wurden die Grundlagen des Lesens und Schreibens beigebracht. Doch die wichtigste Aufgabe sah Imogen weiter darin, ein Zuhause für Waisenkinder zu finden und den Frauen neue Anstellungen zu beschaffen. Das alles bezahlte Imogen vor allem mit ihrem eigenen Geld. Und das ging immer mehr zur Neige.

Aber das war egal. In einem Jahr, an ihrem dreißigsten Geburtstag, würde sie den letzten Teil ihrer Mitgift erhalten. Bis dahin mussten sie es schaffen, über die Runden zu kommen und jede Guinea zweimal umdrehen.

Imogen genoss das Gefühl des sich windenden Bündels in ihren Armen und den unschuldigen Ausdruck in dem kleinen Gesicht. Was für ein Geschenk es doch war, keine andere Sorge zu haben, als seinen Hunger stillen und es warm und behaglich zu haben. Etwas widerstrebend reichte sie das Baby Emma, der Aufseherin des Hauses, die auch gelegentlich die Aufgaben einer Hebamme übernahm und ihre langjährige Freundin war. Ehe und Mutterschaft standen nicht auf Imogens Plan. Sie gehörte hierher – zu diesen Frauen, ihrer Familie.

Sie würde niemals heiraten, wenn es nicht sein musste.

»Er ist wunderschön«, sagte sie zu der Mutter.

»Danke, Milady«, sagte Mary erneut. »Ich säße jetzt auf der Straße, wenn es Sie nicht gäbe.«

»Mary«, sagte Imogen und warf Emma einen Blick zu. Sie schlug einen sanfteren Ton an, aber es musste gesagt werden. »Das ist jetzt schon die dritte Stelle, die wir für dich gefunden haben, und deine zweite Geburt. Du kannst dich doch nicht immer vom Herrn des Hauses verführen lassen.«

Das Mädchen besaß den Anstand zu erröten. »Ich wollte es ja auch gar nicht.«

»Verwende zumindest irgendeinen Schutz, um nicht zu empfangen«, warf Emma ein, die sich die Hände gründlich wusch, nachdem sie das Baby untersucht und einer wartenden Amme gereicht hatte. »Schwämme und so etwas. Es liegt nicht nur am Mann, und es ist dein Körper.«

»Versuch, dich jetzt ein bisschen auszuruhen«, sagte Imogen, um sich dann mit einem erschöpften Seufzer zu Emma umzudrehen.

Emma war von Anfang an in Haven dabei gewesen und hatte sich um die meisten der Schwangeren gekümmert, bis sie sich hatten vergrößern und ein paar Angestellte wie Säuglingsschwestern und eine weitere Hebamme hatten einstellen müssen. Sie hatte auch bei der Verwaltung des Gelds und der Verteilung geholfen. Sie hatten sich im Mädchenpensionat kennengelernt, und obwohl Emma ein sehr gutes Zahlenverständnis besaß, war ihre Leidenschaft doch immer die Medizin gewesen. Eine Leidenschaft, die sie von ihrem Vater, einem Arzt, geerbt hatte, der ihrem Wunsch zu lernen, immer nachgegeben hatte.

»Es wird immer schwieriger, Nein zu sagen. Wir haben einfach nicht genug Betten.«

»Mary ist eine Ausnahme«, beruhigte Emma sie sanft. »Die Frauen, denen du hilfst, haben es bitter nötig. Haven ist zu einem sicheren Hafen für viele geworden, die nicht wissen, wohin oder zu wem sie gehen sollen.«

»Ich will aber mehr tun – den Unterricht erweitern und auch auf Jungen ausweiten.« Imogen schob die Lippen vor, als sie sich wieder in das kleine Büro begaben, das sie sich eingerichtet hatte. »Veränderung und Bildung muss bei beiden Geschlechtern ansetzen. In den Bordellen in der Stadt geht es immer schlimmer zu. Kinder müssen die Möglichkeit bekommen, mehr aus ihrem Leben zu machen, als Taschendieb oder Schlimmeres zu werden.« Sie sah Emma an. »Wie viel Geld haben wir noch?«

Emma atmete tief durch. »Es reicht noch eine Weile, wenn wir umsichtig sind, aber zusätzliche Ausgaben für das, was du jetzt planst, können damit nicht abgedeckt werden.«

»Ich werde mit meinen Eltern sprechen.« Imogen seufzte. »Vielleicht erwägen sie es ja, mir den Rest meiner Mitgift schon früher zu geben. Schließlich ist ja nicht mit irgendwelchen Heiratsanträgen zu rechnen.«

»Du willst wirklich nicht heiraten?«

»Nein.« Das wollte sie tatsächlich nicht. Ein Ehemann war eine Fessel, die sie weder wollte noch brauchte.

»Ich werde heute Abend mit meinem Vater reden«, sagte sie zu Emma und tat alles, was sie mitnehmen wollte, in einen kleinen Beutel. »Meine Eltern wissen mittlerweile, dass ich nicht heiraten werde. Ich bin nachweislich eine alte Jungfer, die keiner will.«

»Du bist nicht alt«, erklärte Emma streng. »Und wenn du deinen Verehrern auch nur eine winzig kleine Chance geben würdest, hätten durchaus einige Interesse, dich zu heiraten.«

Das stimmte wahrscheinlich. Trotz ihrer Abneigung gegen die Ehe waren die Herren – angezogen von ihrer fast schon unanständig hohen Mitgift – in Scharen herbeigeströmt. Aber Imogen hatte dieses Geld nicht irgendeinem Mann zukommen lassen wollen, nur weil er ihr seinen Namen anbot. Ihr Erbe war für Größeres bestimmt – für wichtigere Dinge. Und es gehörte ihr. Und deshalb hatte sie jeden auf irgendeine Weise abblitzen lassen.

»Warum sollte ich heiraten wollen?«

»Um eine Familie zu haben?«, entgegnete Emma.

»Ich habe bereits eine Familie.«

»Dann, um sich zu verlieben?«

Imogen verdrehte die Augen. »Liebe ist nutzlos. Da braucht man doch nur Mary und die Männer zu fragen, die ihre unsterbliche Zuneigung erklären und das Weite suchen, sobald die Früchte ihres Vergnügens reifen.«

»Du bist viel zu zynisch, liebe Freundin.« Lachend ließ Emma einen Finger kreisen. »Doch eines Tages, wenn du es am wenigsten erwartest, wird die Liebe dich finden und dich nie wieder loslassen.«

Imogen tat so, als würde sie vor Entsetzen schaudern, und trat dann durch die Tür nach draußen, wo ihre Kutsche bereits wartete. »Himmel, das hoffe ich nicht. Gute Nacht, Emma, Liebes.«

»Die Liebe wird dich finden«, trällerte Emma hinter ihr.

»Nicht, wenn ich es verhindern kann!«

Imogen lächelte immer noch und schüttelte den Kopf, als sie in die Kutsche stieg und dem Kutscher durch ein Klopfen zu verstehen gab, dass er losfahren könnte. Hinley war zuverlässig jeden Abend zur gleichen Zeit zur Stelle, um sie wieder nach Hause zu fahren – dem Haus ihrer Eltern –, wo sie mit den beiden zu Abend speiste, ehe sie sich zurückzog.

Schon früh hatte sie sich entschieden, nicht in Haven zu wohnen. Es war zwar ein großes Haus mit vielen Schlafzimmern, aber sie wollte, dass sie immer für diejenigen offen standen, die sie brauchten. Und obwohl sie ihre Arbeit liebte, brauchte sie doch Raum für sich zum Atmen. Das Haus der Kinleys war groß genug, um dort komfortabel zu leben. Sie hatte ihren eigenen Flügel, wo keiner sie störte. Warum sollte sie an einer Situation, die gut war, etwas ändern?

Sie stieg aus der Kutsche, strich ihr Kleid glatt und ging die Treppe hinauf.

»Papa? Mama?«, rief sie, während sie sich ihres Umhangs, ihrer Haube und der Handschuhe entledigte und alles dem Butler reichte. »Danke, Burns. Sind meine Eltern zu Hause?«

»Im Arbeitszimmer, Liebes«, hörte sie die angespannt klingende Stimme ihrer Mutter, ehe Burns antworten konnte.

Sie betrat den Raum, und ihr Lächeln verschwand, als sie die ungewohnt ernsten Mienen ihrer Eltern sah. Stimmte etwas nicht? War etwas passiert?

»Gütiger Himmel, was ist los?«, fragte sie und ließ sich in einen Ledersessel sinken, während sie ihre Mutter ansah, deren Gesicht weiter verkrampft wirkte. »Was ist passiert? Du siehst bekümmert aus.«

Ihre Mutter, die neben dem Kamin stand und nervös die Hände ineinandergelegt hatte, sprach als Erste. »Nein, Liebes, nicht bekümmert. Sogar eher das Gegenteil. Die Maclarens sind in der Stadt. Lady Dunrannoch ist eine alte Freundin, und nun ja, es geht um die Verlobung des Herzogs. Der Anwalt der Familie Maclaren hat sich mit uns in Verbindung gesetzt, um uns mitzuteilen, dass es jetzt in Kraft gesetzt ist. Ehrlich gesagt haben wir uns immer gefragt, ob es wohl je dazu kommen würde, denn ich nahm an … na ja, er ist schließlich ein Laird aus den Highlands, und ich habe noch nie von einem Laird gehört, der sich entschlossen hätte, nicht zu heiraten …«

Imogen versuchte den atemlosen, weitschweifigen Worten ihrer Mutter zu folgen. Maclaren? Der Name war berühmt. Es handelte sich um eine sehr vermögende, einflussreiche Familie, und über den Herzog hieß es, er wäre ein strenger, rücksichtsloser Mensch. Aber da sie nicht erkennen konnte, was die Ankunft der Familie in Edinburgh oder seine Verlobung mit ihr zu tun haben sollte, entspannte sie sich etwas.

»Was deine Mutter zu sagen versucht«, ging Imogens Vater dazwischen, obwohl Imogen dem Geschnatter ihrer Mutter nur noch mit halbem Ohr zuhörte und bereits wieder ihren eigenen Gedanken bezüglich Haven und den gefährlich geschrumpften Mitteln nachhing, »ist, dass eine Entscheidung getroffen werden muss. Wir haben nur dein Glück im Sinn, aber wir müssen auch für deine Sicherheit sorgen. Solange ich lebe, Liebes, wird immer für dich gesorgt sein, aber mein Titel und mein Besitz besteht vollständig aus dem Fideikommiss. Sobald ich nicht mehr bin, wirst du von demjenigen meiner Cousins abhängig sein, der noch lebt und alles erbt.«

Imogen schloss die Augen. Sie wollte nicht daran denken, was sein würde, wenn ihre Eltern tot waren. Sie konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Ihr Erbe, das sorgfältig verwaltet wurde, würde mehr als genug für sie und Haven sein.

Plötzlich fiel ihr wieder ein, was ihr Vater sonst noch gesagt hatte.

»Warte. Was für eine Entscheidung muss getroffen werden?«

»Deine Verlobung, Liebes.« Ihre Mutter zog die Augenbrauen zusammen. »Hast du denn überhaupt nicht zugehört?«

Sie blinzelte, plötzlich bekam sie kaum noch Luft, und ihre Ohren fingen an zu dröhnen. »Verzeih, Mama … sagtest du eben, meine Verlobung?«

»Ja, deine Verlobungsvereinbarung, Imogen. Mit dem Herzog von Dunrannoch, dem Laird von Maclaren.«

Nein, nein, nein. Das konnte doch nicht wahr sein. Ihr Verstand weigerte sich, ihr dabei zu helfen, eine verständliche Antwort zu formulieren. Widerworte. Irgendetwas. Sie blieb stumm. Ihr wurde kalt vor Angst. Das erste und letzte Mal, dass sie verlobt gewesen war, hatte sich als eine Katastrophe erwiesen.

Silas Calder war äußerlich ein völlig anderer Mensch gewesen als im Innern. Selbst jetzt ahnten ihre Eltern nichts von der Größe seiner Täuschung, und sie hoffte, dass sie es auch niemals erfahren würden. Silas war für immer aus ihrem Leben verschwunden. Das Letzte, was sie von ihm gehört hatte, war, dass er nach Italien geflüchtet wäre. Sie hoffte, dass sie und ihre Familie diesen Mann niemals wiedersehen würden.

Aber jetzt wurde ihr allein bei der Vorstellung, einen anderen zu heiraten, schlecht.

Ihre Mutter verließ schließlich ihren Platz neben dem Kamin und kam auf sie zu. »Ich weiß, dass du gegen die Ehe bist, seit Silas …«

»Sprich seinen Namen nicht aus!« Imogen war unwillkürlich aufgesprungen. Alles Blut wich aus ihrem Kopf, und sie fühlte sich auf einmal ganz benommen. Doch der schwelende Zorn blieb.

»Seit du die Verlobung gelöst hast, weil ihr nicht zusammenpasstet«, preschte ihre Mutter weiter vor. »Aber Imogen, dein Vater und ich haben das ausführlich besprochen, und wir haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass du behütet und versorgt bist.«

»Ich bin durchaus in der Lage, mich um mich selbst zu kümmern. Ich muss nicht heiraten, damit für mich gesorgt ist.«

»Wir wissen, dass du dazu in der Lage bist«, sagte ihr Vater, »aber als der verstorbene Herzog vor ein paar Jahren mit seinem Vorschlag an mich herantrat, konnte ich nichts Falsches daran entdecken. Die Verbindung hätte für beide Seiten Vorteile, wenn man das Widerstreben seines Sohns zu heiraten bedenkt, und deine Mutter und ich müssten uns keine Sorgen mehr um deine Zukunft machen, solltest du weiter den einzelgängerischen Weg gehen, den du vorzuziehen scheinst. Nach dem Debakel mit Silas hatten wir gehofft, dass du einen anderen Verehrer in Betracht ziehen würdest, aber …«

Er führte den Satz nicht zu Ende, aber sein tadelnder Ton sagte genug. Imogens standhafte Weigerung, sich von einem der Männer, die sie besuchten, den Hof machen zu lassen, war akzeptiert worden, aber als sie schließlich weit über zwanzig war, hatte sie durchaus gemerkt, dass ihre Eltern anfingen, sich Sorgen zu machen. Wie konnte sie erklären, dass ihr allein bei der Vorstellung einer Heirat richtiggehend schlecht wurde? Denn dann würde sie ihnen von Silas erzählen müssen, und das konnte sie auf keinen Fall. Dieser Teufel in Menschengestalt hatte genug Leid angerichtet. Es würde ihren Vater umbringen, wenn er erführe, was der Mann, der wie ein Sohn für ihn gewesen war, getan hatte.

Imogen hatte gedacht, dass längst Gras über die Sache gewachsen wäre und sie eine unabhängige und glückliche Zukunft erwartete – und nun dieser Schicksalsschlag.

Eine arrangierte Ehe! Sie konnte sich angesichts des Rufs des gegenwärtigen Herzogs von Dunrannoch nicht vorstellen, dass dieser der Idee aufgeschlossener gegenüberstand.

Sofort griff sie diesen Gedanken auf. »Warum um Himmels willen sollte der Herzog auf so eine Vereinbarung eingehen?«

»Weil er, wenn er es nicht tut, das Familienunternehmen verliert – eine Whisky-Brennerei«, erklärte ihr Vater und kam vom Sofa hoch.

Zum zweiten Mal an diesem Tag spürte Imogen, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie hatte das Gefühl hintergangen – getäuscht – worden zu sein; und zwar von den beiden Menschen, denen sie immer am meisten vertraut hatte. Sie fühlte sich plötzlich wie eine Fremde – als würde sie den Mann und die Frau, die vor ihr standen, überhaupt nicht kennen.

»Seine Gnaden hat zugestimmt«, verkündete ihre Mutter in bewusst heiterem, optimistischem Ton.

»Natürlich hat er das«, erwiderte Imogen, der sich der Hals angesichts des Gedankens, was für ein Mensch dieser Laird Maclaren war, zusammenschnürte. »Dieser Highland-Flegel würde wahrscheinlich sogar einen Baumstumpf heiraten, wenn er seine kostbare Whisky-Brennerei dadurch nicht verlieren würde.«

Ihre Mutter streckte die Hand nach ihr aus, aber Imogen zuckte zurück und ignorierte den schmerzlichen Ausdruck in ihrem Gesicht. »Wir wollen doch nur, dass du glücklich bist, mein Liebling.«

»Ich bin glücklich«, gab sie zurück. »Ich brauche keinen Mann dafür.«

»Er ist ein Herzog. Dir wird es an nichts mangeln«, sagte ihr Vater.

»Und wenn ich mich weigere?«, fragte sie und hob entschlossen das Kinn.

»Du kannst dich nicht weigern, Imogen.« Sein Gesichtsausdruck ließ sie erstarren.

Oh, Allmächtiger, was hatte er getan?

»Warum nicht?«, fragte Imogen mit leichter Sorge, und eine Minute später, nachdem ihr Vater ihr die Bedingungen für diesen Fall erklärt hatte, starrte sie ihre Eltern völlig fassungslos an.

»Du würdest ihm mein Erbe geben?«, flüsterte sie.

Ihr Vater nickte. Imogens Herz schlug immer langsamer, und sie fühlte sich benommen. Wie hatten sie ihr das nur antun können? Wenn sie den Rest ihrer Mitgift verlöre, wäre sie mittellos und der Barmherzigkeit des nächsten männlichen Erbberechtigten ausgeliefert. Schlimmer noch – es würde zu Lasten von Haven gehen, und vielleicht würden sich dessen Pforten für immer schließen.

Ihre Eltern ließen ihr überhaupt keine andere Wahl. Sie hatten sie in die Ecke gedrängt und alles andere in Brand gesteckt. Die Ungerechtigkeit, die damit einherging, raubte ihr fast den Atem. Eine Whisky-Brennerei! Mehr würde der Mann nicht verlieren …

Imogen blinzelte, und die Wut, die ihre Ohren dröhnen ließ, wurde plötzlich leiser. Sie sah ihre Eltern an und erinnerte sich, dass der Herzog ja auch etwas zu verlieren hatte. So hatte es ihr Vater erklärt. Dunrannochs Verlust würde ähnlich hoch sein. »Handelt es sich um eine große Brennerei?«

»Eine der größten von Schottland«, erwiderte ihr Vater.

In dem Fall warf die Brennerei bestimmt einen gewaltigen Gewinn ab. Mit den Einnahmen könnte sie so viel machen. Ein zweites Gebäude kaufen. Die Erweiterungen für eine Schule vornehmen. Imogen machte die Vorstellung, wie viel mehr Frauen sie helfen könnte, ganz benommen. Das Ganze könnte sich als Glücksfall erweisen und nicht als die Katastrophe, von der sie ursprünglich ausgegangen war – solange der Laird den Ehevertrag brach und nicht sie.

»Na gut«, sagte sie. »Ihr lasst mir keine andere Wahl. Ich akzeptiere die Vereinbarung.«

Zehn Jahre lang hatte Imogen die Avancen von Männern erfolgreich abgewehrt. Und wenn dieser sture und ganz und gar verzweifelte Highlander-Herzog schließlich einen Rückzieher machte, würde sie seine Entschädigungszahlung annehmen und diese hervorragend nutzen.

Haven und ihre Unabhängigkeit wären für immer gesichert.

Kapitel 2

Sobald die Kutsche die Stadtgrenze von Edinburgh passierte, spürte Ronan eine Veränderung in seinem Innern. Er kannte die Stadt gut; denn er hatte ihr sein ganzes Leben lang mehrmals im Jahr einen Besuch abgestattet. Obwohl sein Herz den Highlands gehörte, genoss er die Abwechselung, die Edinburgh bot. Das galt insbesondere für die letzten beiden Jahre.

Er hatte sich problemlos in die Rolle als Herzog und Laird eingefunden. Schließlich war er schon lange auf die Aufgaben und Pflichten, die damit einhergingen, vorbereitet worden. Trotzdem fühlte er sich immer noch eingeengt. Jede seiner Bewegungen wurde beobachtet, jedes seiner Worte abgewogen. Er bildete den Mittelpunkt von Maclaren, an dem sich alle orientierten, und Edinburgh … nun, dort konnte er frei durchatmen.

Ganz besonders konnte er sich in den beiden Herrenklubs entspannen, denen er und seine Brüder angehörten. Das eine war der New Club, wo er sich mit anderen traf, wenn es sich um geschäftliche Angelegenheiten handelte, und der andere war der Golden Antler, wo er hinging, wenn er sein steif gestärktes Halstuch ablegen wollte. Insgesamt genoss Ronan diese Stippvisiten in Edinburgh.

Nie hätte er sich träumen lassen, dass er sich mal vor dem Besuch der Stadt fürchten würde.

Und zwar heute, wo er sich mit dem Grafen von Kincaid zum Abendessen treffen und seine zukünftige Braut kennenlernen würde. Die Vorstellung zu heiraten ließ ihn in kalten Schweiß ausbrechen. Das war so, seitdem seine erste Liebe, Grace Donaldson, das einzige Mädchen, das er je gewollt hatte, seine Hoffnungen zerstört hatte, als sie mit einem anderen durchgebrannt war. Und jetzt fand er sich in dieser misslichen Lage.

Man zwang ihn zu einer Ehe mit einer alten Jungfer.

Ronan rief sich in Erinnerung, was Stevenson über Lady Imogen Kinley hatte berichten können. Mit neunundzwanzig war sie immer noch aus freien Stücken unverheiratet, obwohl sie mit einer riesigen Mitgift ausgestattet war. Sie war mal mit einem Mann namens Silas Calder verlobt gewesen, der der Verwalter der Güter der Kincaids gewesen war. Doch dann war die Verlobung gelöst worden, und der Mann hatte aus unbekannten Gründen einen Rückzieher gemacht.

Danach hatte sie offensichtlich fast zwei Dutzend Anträge abgelehnt. Soweit der Anwalt informiert war, verbrachte sie ihre Tage damit, Besucher in ihrem Stadthaus zu empfangen, das ihr von ihrem nachsichtigen Vater geschenkt worden war, und bei verschiedenen mildtätigen Organisationen mitzuarbeiten, wenn ihr der Sinn danach stand. Ganz offensichtlich handelte es sich bei ihr um eine verwöhnte, eitle Erbin, der zu viel Zeit und Geld zur Verfügung stand.

Er schüttelte sich vor Abscheu. Es würde nicht weiter schwer sein, sie dazu zu bringen, einen Rückzieher zu machen.

Als die Kutsche vor einem hübsch gelegenen Gebäude am Charlotte Square von New Town hielt, das nur ein paar Straßen von seinem eigenen Haus entfernt war, sprang Ronan aus der Kutsche und richtete seine förmliche Kleidung. Durch das schneeweiße, kunstvoll geschlungene Halstuch bekam er kaum Luft und ließ damit fast schon ahnen, was ihn erwartete. Er warf froh, dass er beschlossen hatte, getrennt von seiner Mutter, die ebenfalls von den Kincaids eingeladen worden war, zur genannten Adresse zu fahren. Das verschaffte ihm die Möglichkeit, später allein wieder zu gehen, sollte sich das als nötig erweisen. Er rechnete fest damit.

Er stieg die Treppe hoch und wurde vom Butler angekündigt. »Seine Gnaden, der Herzog von Dunrannoch.«

Sofort verstummte das Gespräch im nahegelegenen Salon, als ein gut aussehender, elegant gekleideter älterer Herr in Begleitung einer schlanken blonden Frau auf ihn zukam.

»Herzlich willkommen, Euer Gnaden«, sagte der Graf.

»Danke«, erwiderte Ronan.

Kincaids Ehefrau lächelte ihn freundlich an. »Was für eine Freude, Sie endlich mal hier zu sehen.«

Lady Kincaid und seine Mutter waren in ihrer Kindheit Nachbarn gewesen, und ihre wohlartikulierte Aussprache erinnerte an die von Lady Dunrannoch. Kincaid dagegen hatte die weiche, gedehnte Sprechweise der Schotten, die jedoch weit entfernt von Ronans ausgeprägter Aussprache war. Sein Blick ging an den beiden vorbei und suchte nach der Frau, die er kennenlernen sollte.

Kincaid drehte sich um, als spürte er seine Neugier, und schaute über die Schulter. »Ah, ja, Imogen, da bist du ja. Komm her, meine Liebe.«

Eine zierliche Frau trat aus dem Salon. Sie trug ein rosafarbenes Kleid, das eher für eine Debütantin geeignet wäre, die in die Gesellschaft eingeführt werden sollte. Welche erwachsene Frau trug denn rosa?

Ronan spürte, wie ihm der Atem stockte, als ihn ihr Blick aus tiefgrünen, fast animalischen Augen traf. Sie wollte mit ihrem Blick provozieren, und die unverfrorene Kühnheit, mit der sie ihn musterte, war wie ein Schlag in die Magengrube. Andere Einzelheiten, wie ihr tiefschwarzes Haar und das anmutig geschwungene Kinn mit dem Grübchen, entgingen ihm zwar nicht, aber der glitzernde, abschätzende Blick drängte all das in den Hintergrund.

Aber sie war winzig und reichte ihm kaum bis zur Brust. Doch mit ihren Augen könnte sie Drachen töten – oder ihn, wenn er nicht aufpasste. Er verspürte den lächerlichen Drang, sein Claymore zu ziehen und sich für einen Kampf zu wappnen.

Ihre Augen wurden schmal, und er konnte fast sehen, wie sich die Räder in ihrem Kopf drehten, als plötzlich ein überschwängliches Lächeln auf ihr Gesicht trat.

»Euer Gnaden!«, piepste sie mit so hoher Stimme, dass der Klang Glas hätte springen lassen können. »Ich bin ja so froh, dass Sie kommen konnten.«

Ronan wäre beinahe auf der Stelle zurückgewichen, um durch die Tür, die Treppe runter in seine Kutsche zu springen, falls die noch da war. Allmächtiger! Von dieser Stimme bekam er Zahnschmerzen, und seine Männlichkeit zog sich schmerzhaft zu verschrumpelten Pfläumchen zusammen. Ein paar Sekunden lang war er vor Entsetzen starr, ehe er blinzelte, als er ein Zucken um ihre rosigen vollen Lippen sah.

Konzentrier dich, du Dummkopf!

Er verbeugte sich und nahm die Herausforderung an, als er nach ihren Fingern griff, die in einem Handschuh steckten. Es würde nicht viel brauchen, um jemanden wie sie in die Flucht zu schlagen. Er brauchte wohl nur den vulgären Schürzenjäger zu geben. Das würde schon reichen. Außerdem hatten ihre durchdringende Stimme und das rosafarbene Kleid etwas an sich, dass ihm auch nicht ein Jota an Scham oder Schuldgefühlen angesichts dessen bescherte, was er vorhatte.

Er unterdrückte ein Grinsen, presste seinen – offenen – Mund auf die Knöchel ihrer Hand und schloss die Zähne um ein bisschen Stoff und Haut. Als sie keuchte und ihm ihre Hand entriss, hob er den Blick zu ihr.

»Oh«, hauchte sie. Zwei hochrote Flecken brannten auf ihren Wangen.

»Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, meine zukünftige Herzogin«, sagte Ronan und sprach mit noch gedehnterer Stimme als sonst. Er beobachtete, wie ihre grünen Augen groß wurden. Vor Schreck? Vor Entsetzen? Er presste die Lippen aufeinander, um nicht zu grinsen.

Mögen die Spiele beginnen.

Als sich ihre Eltern entfernten, um weitere Gäste zu begrüßen, die gerade eingetroffen waren, ließ er den Blick bewundernd über ihren Körper gleiten – bis zu den Spitzen ihrer mit Perlen besetzten Schühchen und dann wieder nach oben, wobei sein Blick auf ihren Hüften verweilte und er einen beifälligen Laut angesichts ihrer schmalen Taille von sich gab. Dann betrachtete er ihre in rosa Stoff gehüllten Brüste und leckte sich die Lippen, als hätte er ein Festmahl vor sich.

Himmel, was er da tat, war schändlich. Seine Mutter wäre angewidert und seine Schwestern … nun, Sorcha würde nicht zögern, ihn grün und blau zu schlagen. Solch ein abscheuliches Verhalten war ihm völlig zuwider, aber es war nun mal die einzige Möglichkeit, seine zukünftige Braut in die Flucht zu schlagen. Nur so konnte er gewinnen.

Lady Imogens Keuchen war deutlich zu hören, und auch die Röte, die Hals und Dekolleté erfasst hatte, war nicht zu übersehen. »Sie sind ein Schwein«, platzte es im Flüsterton wütend und entrüstet aus ihr heraus.

Er zwang sich zu einem Zwinkern. »Grunz, grunz. Ach, der Gedanke, dass ich bald ganz der Ihre sein werde, leannan.«

»Nicht, wenn ich ein Wörtchen mitzureden habe.« Sie presste die Lippen aufeinander, und Ronan stellte unwillkürlich fest, dass ihre Stimme gar nicht mehr so schrill geklungen hatte wie anfangs. Seltsam … und faszinierend. »Und nennen Sie mich nicht so«, fuhr sie ihn an. »Ich bin weder auf Gälisch noch in sonst einer Sprache Ihr Liebling.«

Er ließ die Schultern kreisen und zog träg eine Augenbraue hoch. »Wie kommen Sie darauf, dass Sie überhaupt etwas sagen dürfen? Ich mag es, wenn meine Frauen still und gehorsam sind.« Als ihre Augen blitzten, trieb es ihn dazu, noch einen draufzusetzen. »Eigentlich«, fügte er hinzu und kam ihrem Ohr näher, »mag ich es am liebsten, wenn sie nur stöhnen. Und meine kleine Frau darf mir auch sagen, was es zum Abendessen gibt – nachdem sie alles genommen hat, was ich ihr geben kann.«

Lady Imogens Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Fisch, den man aus dem Wasser herausgeholt hatte. Ronan grinste und nickte. »Aye, Mädchen, genauso, nur mit ein bisschen mehr Geräusch.«

Er hätte schwören können, dass er sie mit den Zähnen knirschen hörte, als sie auf dem Absatz kehrtmachte, um zu gehen. Doch sie hatte noch keinen Schritt getan, als er ihr einen Klaps auf den Po gab. Sie wirbelte herum, und ihre Augen sprühten vor Wut. Einen Moment lang dachte Ronan, dass sie ihn hier und jetzt ohrfeigen würde – verdient hatte er es.

Zum Teufel noch mal, er konnte es kaum glauben, dass er sie in dieser Weise angefasst hatte. Aber schockiert stellte er fest, dass sie sich zusammenriss und ihm ein gefasstes, höfliches, zartes Lächeln schenkte – und einen Knicks machte. So einen verdammten Hofknicks, als wäre er der König von England.

»Natürlich würden Sie das, Euer Gnaden.« Ihre Stimme war jetzt wieder mehrere Oktaven nach oben gestiegen. Ronan zuckte zusammen und sah sie mit schmalen Augen an.

»Was würde ich natürlich?«, fragte er, ehe er sich zurückhalten konnte.

»Sie würden ein Abendessen wollen«, erklärte sie mit leerem Blick, und die vollen Lippen verzogen sich. »Das tun die meisten Männer. Leider ist die Küche mein schlimmster Feind. Ich kann nicht kochen – noch nicht einmal ein Ei. Bei meinem letzten Versuch habe ich das Dotter verbrannt, was eigentlich völlig unmöglich wäre, wie mir die Köchin erklärte. Aber ich kenne ein paar köstliche Rezepte, die sie bestimmt für uns zubereiten würde … natürlich nur, wenn Ihnen das recht ist.« Seufzend schlug sie die Augen nieder. »Ich habe einmal zugesehen, wie sie Götterspeise gemacht hat, und die war so wackelig – ich habe noch nicht mal einen Löffel davon essen können!« Sie unterdrückte ein Schaudern und kicherte, und dabei flatterten ihre Wimpern wie ein Baum bei starkem Wind. »Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, konnte ich danach eine ganze Woche lang auch keinen Pudding mehr essen. Mögen Sie Götterspeise, Euer Gnaden?«

Er blinzelte überrascht, als sie aufhörte zu reden, um Luft zu holen, und antwortete, ehe er über das nachdachte, was er sagte. »Äh, nein. Ich mag Süßes nicht.«

Ihr Lächeln nahm beängstigende Ausmaße an. »Oh, wie schade! Ich liebe Süßes. Ich liebe Pudding. Ich könnte den ganzen Tag nur Kuchen, Kekse und Pudding essen. Sie müssen wissen, dass unsere Köchin das beste Rezept für Zitronenkekse kennt. Mögen Sie Kekse? Keine Sorge, die meisten sind nicht sonderlich süß.«

Ronans Ohren dröhnten, während Lady Imogen ihn mit ihren großen grünen Augen erwartungsvoll anschaute. »Ich mag keine Zitronen«, erwiderte er, obwohl er die in Wirklichkeit liebte.

»Ach, ich bin mir sicher, dass ich Sie zu einem Zitronenkeks verführen könnte.« Sie griff nach seinem Arm. »Kommen Sie. Vielleicht gehen wir ganz schnell in die Küche, bevor das Abendessen losgeht. Dann stelle ich Ihnen auch unsere Köchin …«

Ronan ließ sie stehen und entfernte sich.

»Euer Gnaden?«, fragte sie mit einem unschuldigen Blick über die Schulter.

»Ein andern Mal«, stieß er hervor. »Entschuldigen Sie mich.«

Als er wieder in der Eingangshalle war, drückte Ronan eine Hand an die schwitzende Stirn. Allmächtiger! Wenn sie noch ein Wort sagte, würde er sich im ersten Whiskyfass ertränken, das er finden konnte – auch wenn es nicht von Maclaren stammte. Freudig.

Gütiger Himmel, sie war offensichtlich zu dumm, um gekränkt zu sein. Er hatte ihren Hintern in aller Öffentlichkeit getätschelt – sie aufs Gröbste beleidigt. Und abgesehen von der ersten unwillkürlichen Reaktion war sie nicht schreiend zu Lord und Lady Kincaid gerannt, was eigentlich die Absicht hinter seinem unflätigen Verhalten gewesen war. Aber nein, sie hatte ihn mit ihrem Gerede über wackelige Götterspeise und dämliche Puddingrezepte fertig gemacht.

Trotzdem war ihm der erste Anflug von Aufbrausen, von Abscheu nicht entgangen. Fast hatte er den Eindruck bekommen, sie wollte ihm mit ihrem Absatz den Fuß brechen und ihm quer ins Gesicht schlagen. Was hatte sie aufgehalten? Hatten ihre Eltern sie dazu erzogen, über so ein Verhalten, wie er es an den Tag gelegt hatte, hinwegzusehen? Oder war sie einfach abgelenkt gewesen, weil sie gerade an Essen gedacht hatte? Durch das sprunghafte Gebaren der Frau drehte sich in seinem Kopf alles.

Leicht verzweifelt zog Ronan eine kleine Flasche aus seiner Jacketttasche und nahm einen großen Schluck. Mehr denn je war ihm jetzt klar, was für ein katastrophales Paar sie abgeben würden. Er würde sich nach einer Woche Ehe mit ihr den Hals durchschneiden. Vielleicht auch früher.

Verdammte Götterspeise.

Er würde sich einfach noch mehr bemühen, sie in die Flucht zu schlagen – egal, was es ihn kostete.

In der Abgeschiedenheit der Garderobe mit angrenzendem Waschraum wollte Imogen am liebsten etwas zerschmettern. Vorzugsweise eine große Kristallvase auf dem Kopf eines gewissen Highlanders. Himmel, er war furchtbar! In ihrem ganzen Leben war sie noch nie so beleidigt worden. Trotz der vielen Schichten Stoff brannte ihr Po immer noch an der Stelle, wo er sie so dreist – so unfein – berührt hatte.

Und dieser rüde Kerl hatte sie auch noch gebissen! Sie errötete und schloss die Finger zur Faust. Die Hitze seines Munds hatte sie versengt, und als sie die Berührung seiner Zähne gespürt hatte, wäre sie beinahe in Flammen aufgegangen.

Und dieses schlüpfrige Gerede … Allmächtiger.

Eigentlich mag ich es am liebsten, wenn sie nur stöhnen. Und meine kleine Frau darf mir auch sagen, was es zum Abendessen gibt – nachdem sie alles genommen hat, was ich ihr geben kann.

Ihre Wangen brannten, und sie musste tief durchatmen, während sie den Fächer noch stärker bewegte. Imogen konnte sich nicht daran erinnern, wann ihr Körper das letzte Mal so heftig auf jemanden reagiert hatte, ganz zu schweigen von einem so unzivilisierten, ungeschlachten Kerl. Sie konnte sich den Aufruhr in ihrem Körper nicht erklären, die Atemlosigkeit, die Schwäche in den Gliedern. Sie war verärgert. Das war alles. Einfach wütend.

Was um Himmels willen hatten ihre Eltern sich dabei gedacht?

Imogen spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht und trocknete es mit einem weichen Tuch. Trotz seines Auftretens hatte der Herzog von Dunrannoch nichts an sich, was das Auge beleidigte. Abgesehen von seiner riesigen Gestalt sah er nicht übel aus. Nein, viele Frauen würden ihn sogar für gut aussehend halten, wenn auch markant.

Seine Nase sah aus, als wäre sie ein oder zwei Mal gebrochen worden, er besaß ein kräftiges, entschlossenes Kinn und hohe, edle Wangenknochen. Sein dunkles Haar war voll, und seine Augen wiesen den blaugrünen Farbton auf, den ein See zeigte, wenn ein Unwetter aufkam. In den paar Minuten in seiner Gesellschaft hatte sie gesehen, wie seine Augen von durchscheinendem Blau zu dunklem Grau gewechselt hatten. Wenn sie ihn nicht so sehr verabscheut hätte, wäre sie vielleicht geneigt gewesen, sie schön zu finden.

Mr Jobson, Emmas Cousin, den sie hin und wieder mit Erkundigungen beauftragte oder in geschäftlichen Angelegenheiten um Rat fragte, war bei seinen Nachforschungen sehr gründlich gewesen, und obwohl es sie eingeschüchtert hatte, was ihr über den Herzog zugetragen worden war, hatte sie sich davon nicht abschrecken lassen. Er war schließlich ein Mann. Ein Mann, der Fleiß und Intelligenz schätzte. Sie würde vorgeben, beides nicht zu besitzen.

Das war einfach. Schwieriger würde es sein, nicht auf sein abstoßend vulgäres Verhalten zu reagieren, wie sie gerade festgestellt hatte. Der Herzog hatte angesichts ihres Busens fast gesabbert und war sich doch tatsächlich mit der Zunge über die Lippen gefahren, als wäre sie eine köstliche Speise! Bei der Erinnerung an seinen hungrigen Blick wurde ihr wieder heiß. Wie würde es sich wohl anfühlen, von einem Mann wie ihm verzehrt zu werden?

Allmächtiger! Nur zehn Minuten mit diesem Mann, und sie verlor ihren Sinn für Sitte und Anstand.

Imogen schüttelte den Kopf und rief sich zur Räson. Sobald sie sich wieder gefasst hatte, würde sie nach draußen gehen und die Darbietung ihres Lebens abgeben müssen. Sie würde flirten und sich wie ein Hohlkopf aufführen, sie würde seine doppeldeutigen Bemerkungen ignorieren, seine Schwächen herausfinden und sich für später merken. Es bestand kein Grund zur Eile – kein Grund zur Panik.

Jemanden abzustoßen, war wie Verführung eine Kunst. Man musste mit Vorsicht zu Werke gehen.

Sie holte noch einmal tief Luft, um sich zu wappnen, und verließ den Ruheraum. Es war nicht schwierig, dieses Monster von Verlobten ausfindig zu machen, aber sie ging nicht zu ihm, sondern beobachtete ihn nur aus der Ferne. Er unterhielt sich gerade mit ein paar anderen Gästen und küsste eine elegant aussehende ältere Frau zur Begrüßung auf die Wange. Der Anflug eines Lächelns war in seinem Gesicht zu sehen. Sie nahm an, dass es sich bei der Frau um seine Mutter handelte.

Ihr Vater sah zu ihr rüber, als alle begannen, langsam den Salon zu verlassen, doch Imogen wandte den Blick ab. Ihr wurde schon schlecht, wenn sie ihm nur in die Augen sah. Er würde sie tatsächlich mit so einem widerwärtigen Mann verheiraten? Plötzlich spürte sie, wie es hinter ihr warm wurde, als hätte sie den Schuft heraufbeschworen, und ehe sie es gewahr wurde, lag auch schon eine schwere Hand an ihrer Hüfte.

»Da sind Sie ja, meine zuckersüße Braut, bei der mir doch gleich das Wasser im Munde zusammenläuft.« Ronan Maclarens große Hand brannte sich förmlich durch mehrere Schichten Seide. »Ich hoffe doch, dass wir beim Essen nebeneinandersitzen, meine kleine Pudding-Liebhaberin«, flüsterte er, während er mit schnellen, langen Schritten den Flur entlangging und sie förmlich hinter sich herschleifte. Imogen wäre beinahe gestolpert, doch der Arm des Highlanders umfasste sie noch fester, während er sie an seine Seite zog.

Sie stieß ein atemloses Keuchen aus, als er sie so fest an sich drückte, widerstand aber dem Drang, seine Hand zu zerkratzen und sich von ihm zu lösen. Es war unausweichlich, dass sie nebeneinandersäßen, aber sie würde ihre Rolle spielen und versuchen, ihrem unflätigen Verlobten nicht die Salatgabel in den festen, muskulösen, in schwarzen Stoff gehüllten Schenkel zu stoßen. Sie atmete tief durch, ehe sie in ihre Rolle schlüpfte und sich zu einem Kichern zwang.

»Oh, ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt sitzen kann. Ich bin ja schon so aufgeregt, wegen der Musik nach dem Abendessen. Mögen Sie Musik, Euer Gnaden?« Er wirkte wie ein Mensch, der Gewehrsalven und Kampfschreie jedem Musikinstrument vorzog. Doch ehe er antworten konnte, redete sie schon weiter. »Denn ich liebe Musik, vor allem Walzer – Schubertwalzer, um genau zu sein, aber ich kann mir die Schritte nie merken, deshalb müssen Sie Nachsicht üben, wenn ich Ihnen auf die Zehen trete.«

Lord Dunrannoch blieb stehen, als sie ihre Plätze erreichten – wie Imogen bereits befürchtet hatte, saßen sie tatsächlich nebeneinander, aber glücklicherweise am anderen Ende der Tafel, sodass ihre Eltern nicht alles mitbekommen würden – und antwortete so laut, dass die Sitznachbarn es hören konnten: »Meine Süße, Sie dürfen mir jederzeit auf die Zehen treten.« Er lehnte sich zu ihr, als sie saßen, und senkte seine Stimme, sodass nur sie ihn hören konnte. »Es geht doch nichts über einen Walzer, damit ein Mann einer Frau nahekommen kann. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt.«

Über die Maßen empört brauchte Imogen etwas länger, um die Serviette auf ihrem Schoß glattzustreichen, während der Drang, sich auf ihn zu stürzen, um ihm das Gesicht zu zerkratzen, fast übermächtig wurde. Dieser ordinäre, unflätige Schuft! Sie holte tief Luft, schüttelte die Wut ab, die in ihr brodelte, und sah mit törichtem Blick zu ihm auf.

»Ich liebe es, Walzer zu tanzen.« Sie unterstrich die Bemerkung mit einem weiteren durchdringenden Kichern und spürte, wie der Herzog zusammenzuckte. »Finden Sie es nicht auch seltsam, Euer Gnaden, dass viele Wörter, wenn man sie immer wieder sagt, gar nicht mehr wie Wörter klingen? Walzer, zum Beispiel. Sagen Sie es einmal.«

Er hatte gerade seinen Stuhl zurechtgerückt und sah sie jetzt fragend an. »Was soll ich sagen?«

»Walzer.«

»Walzer?«

Imogen hüpfte fast von ihrem Stuhl. »Ja! Genau! Walzer. Sagen Sie es wieder. Walzer, Walzer, Walzer, Walzer, Walzer«, trällerte sie und wippte dabei mit dem Kopf. Sie musste ein Lachen unterdrücken, als ein erschreckter Ausdruck in die dunkelgrauen Augen von Lord Dunrannoch trat.

»Walzer, Walzer, Walzer, Walzer«, fing sie dann noch mal an, ehe sie ein schrilles zufriedenes Lachen ausstieß. »Sehen Sie? Es hört sich gar nicht mehr nach einem richtigen Wort an, oder?«

Er sah sie wortlos an, während ein Nerv an seinem Kinn zuckte, und machte keinen Versuch, etwas zu sagen. Sie unterdrückte ein zufriedenes Grinsen, obwohl ihre Wangen anfingen zu schmerzen. Nicht lachen, Imogen.

»Aye, das ist wohl wahr«, brummte er schließlich, und als er keine obszöne Bemerkung mehr von sich gab, lehnte sie sich erfreut über ihren Sieg zurück.

Doch so süß dieser Sieg auch sein mochte, so war er doch beklagenswert kurz. Ihre Eltern warfen durchdringende Blicke in ihre Richtung. Bestimmt hatten sie ihr demütigendes Verhalten bemerkt, aber sie wusste, dass sie sie niemals in aller Öffentlichkeit zurechtweisen würden. Und obwohl der Herzog während der Suppe nicht mal den Kopf in ihre Richtung drehte, schlürfte er beim Essen so laut, als wäre er ein von jeder Zivilisation unbeleckter Wilder.

Jedes Mal, wenn er den Löffel zum Mund führte und wieder diese schrecklichen Geräusche erzeugte, lief Imogen ein Schauer über den Rücken, und mehrere Blicke um den Tisch herum richteten sich erstaunt auf ihn. Sogar Lady Dunrannochs Wangen hatten einen rosigen Farbton angenommen, als die Diener die Platten mit dem Fleischgang hereintrugen. Imogen hatte plötzlich eine Idee. Eine Platte wurde vor den Herzog gestellt und gemäß der herrschenden Etiquette – die sie bei ihm nicht erwartet hatte – nahm er ein schönes Stück Fleisch von der Platte, um es auf ihren Teller zu legen.

Imogens Hand schoss nach vorn, und sie stieß ein durchdringendes Flüstern aus. »Nein, danke! Ich kann das nicht essen.«

Seine Hand mit der Serviergabel schwebte über ihrem Teller. »Warum denn nicht?«