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Mein nutzloser Therapeut meinte, mein größtes Problem sei Impulskontrolle – als wüsste ich das nicht selbst. Eigentlich ist es nur passend, dass ich ihn umgebracht habe. Wenn ich das dringende Verlangen spüre, jemanden zu töten, helfen zehn tiefe Atemzüge und eine nette Kindheitserinnerung eben nicht. Das hat auch er eingesehen, selbst wenn es erst in den letzten Momenten vor seinem Tod war. Ich versuche ja, daran zu arbeiten. Aber es ist … schwierig. So schwierig. Und es wird nicht einfacher, als ich das nächste Objekt meiner Begierde entdecke … Das Stalking Her Duet behandelt düstere Themen und enthält explizite Gewaltdarstellungen. Die Protagonisten haben das Konzept von Gut und Böse längst weit hinter sich gelassen und werden auch in dieser Geschichte nicht damit anfangen, moralisch vertretbare Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Beschreibung schon nicht nach deinem Geschmack ist, wird das Buch es auch nicht sein. Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Stalking Her Duets sind bereits erhältlich.
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Seitenzahl: 217
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STALKING HER DUET
BUCH EINS
Copyright: Mia Kingsley, 2023, Deutschland.
Covergestaltung: Mia Kingsley
Korrektorat: http://www.swkorrekturen.eu
ISBN: 978-3-910412-32-3
Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.
Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.
Black Umbrella Publishing
www.blackumbrellapublishing.com
What Looms In The Dark
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
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Über Mia Kingsley
Mein nutzloser Therapeut meinte, mein größtes Problem sei Impulskontrolle – als wüsste ich das nicht selbst. Eigentlich ist es nur passend, dass ich ihn umgebracht habe. Wenn ich das dringende Verlangen spüre, jemanden zu töten, helfen zehn tiefe Atemzüge und eine nette Kindheitserinnerung eben nicht. Das hat auch er eingesehen, selbst wenn es erst in den letzten Momenten vor seinem Tod war.
Ich versuche ja, daran zu arbeiten. Aber es ist … schwierig. So schwierig. Und es wird nicht einfacher, als ich das nächste Objekt meiner Begierde entdecke …
Das Stalking Her Duet behandelt düstere Themen und enthält explizite Gewaltdarstellungen. Die Protagonisten haben das Konzept von Gut und Böse längst weit hinter sich gelassen und werden auch in dieser Geschichte nicht damit anfangen, moralisch vertretbare Entscheidungen zu treffen. Wenn diese Beschreibung schon nicht nach deinem Geschmack ist, wird das Buch es auch nicht sein.
Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. Beide Teile des Stalking Her Duets sind bereits erhältlich.
Taylor Pearce – töten. Callum Bradley – töten. Braiden Huffman – ficken. Unter Umständen. Sollte er es schaffen, irgendwie den Mund zu halten, damit ich seiner penetranten Stimme nicht länger lauschen musste.
Maya Jones – töten. Harriet Khan – ficken. Sie war irgendwie sexy. Ein bisschen älter als ich, aber sexy. Nash Juarez – töten. Samantha Graham – töten. Jack Barnes – ficken. Isabelle Wilson – töten. Fuck, ich konnte nicht einmal in Worte fassen, wie sehr ich Isabelle hasste. Summer Collins – ficken.
»Nicht wahr, Campbell?«, fragte Frank in diesem Moment.
Ich zwang meine Mundwinkel in die Höhe. »Auf jeden Fall«, behauptete ich, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, worum es ging. Aber das sollte meinem Geschäftspartner nach mehr als dreißig Jahren eigentlich klar sein.
Frank rollte mit den Augen und hob sein Weinglas. »Auf die gelungene Übernahme von Turncastle Inc. und viele erfolgreiche Geschäftsjahre.«
»Und fette Boni.« Braiden lachte gackernd und ich korrigierte meine Einschätzung zu »töten«. Ich würde es niemals über mich bringen, ihn zu ficken, ohne ihm vorher die Zunge rauszuschneiden. Seine Stimme hatte den Charme einer rostigen Kettensäge und den Appeal einer unangekündigten Darmspiegelung.
Isabelle legte die Hand auf meinen Unterarm und drückte ihn leicht. »Ich bin froh, dass alles so reibungslos über die Bühne gegangen ist.« Sie schenkte mir einen Augenaufschlag, bei dem andere Männer vermutlich zu Wachs in ihren Händen geworden wären. »Wenn ich dir sonst noch irgendwie behilflich sein kann – egal wie –, musst du es nur sagen.« Ihr Lächeln vertiefte sich.
Danke, nein. Ich würde ihr eher den Kopf abschneiden und ihren blutigen Halsstumpf ficken, bevor ich freiwillig mehr Zeit als nötig in ihrer Gegenwart verbrachte.
»Hm«, machte ich bloß einsilbig, ehe ich unter dem Tisch einen harten Tritt vors Schienbein bekam. Frank räusperte sich laut, während er vorgab, die Speisekarte zu studieren.
»Das ist nett«, rang ich mir ab und nickte Isabelle kurz zu, ehe ich selbst hinter der Speisekarte verschwand.
Das musste aufhören. Ich würde mit Frank reden. Es reichte doch, dass er das Gesicht der Firma war – wieso saß ich also hier und tat so, als wäre ich ein normaler Mensch? Er hatte ja nicht die geringste Ahnung, wie viel Kraft mir das wirklich abverlangte.
Mein Handy vibrierte in der Innentasche meines Jacketts, weshalb ich die Speisekarte weglegte und es hervorholte. Ich wusste ohnehin, was ich essen würde, weil ich immer das Gleiche bestellte.
»Reiß dich zusammen!«, hatte Frank geschrieben.
Sogar mit Ausrufezeichen. Er hatte also schlechte Laune.
»Ich habe dir das Leben gerettet und dir geholfen, eine Leiche zu entsorgen«, tippte ich, eine Augenbraue gehoben.
Auf der anderen Tischseite massierte sich Frank die Schläfe mit der einen Hand, während er mit der anderen die Antwort an mich formulierte.
»Abgesehen davon, dass ich schon tausendmal gesagt habe, dass du das nicht immer SCHRIFTLICH festhalten sollst, ist es eine Ewigkeit her. Irgendwann zieht das nicht mehr. Sei nett zu Isabelle!«
Ich wollte gerade tippen, dass ich sie sehr viel lieber töten wollte, als nett zu ihr zu sein, da feuerte Frank eine weitere Nachricht hinterher. »Schreib es nicht!!!«
Drei Ausrufezeichen? Ich runzelte angewidert die Stirn und steckte mein Handy weg.
»Darf ich Ihnen noch Wein einschenken?«, fragte eine Stimme neben mir.
Eine überaus wohlklingende Stimme, rauchig, aber nicht zu dunkel, einen Hauch atemlos und sehr, sehr verheißungsvoll. Ich drehte den Kopf.
»Hallo, ich bin Holly und heute Ihre Kellnerin.«
Holly. Ficken oder töten?
Ficken. Definitiv ficken. Oder erst ficken und dann töten. Wir würden sehen.
»Hallo, Holly. Ich hätte gern mehr Wein.« Im Gegensatz zu Isabelle bekam sie ein echtes Lächeln – mein ganz spezielles Zieh-dein-Höschen-aus-und-spreiz-die-Beine-für-mich-Lächeln. Es funktionierte makellos. Doch das tat es immer.
Holly schluckte schwer, verbarg ihre Regung aber hinter ihrer professionellen Fassade. Sie beugte sich vor und goss mehr Wein in mein Glas.
Obwohl Perfektion ein überbewertetes Konzept war, kam Holly überraschend nah dran. Sie war ein fleischgewordener Männertraum.
Die Bluse war eng, allerdings nicht zu eng, der Rock kurz, aber nicht zu kurz, darunter ein fabelhafter Körper, fantastische Proportionen. Ihre Bewegungen und ihr Lächeln sagten: Ja, du kannst mich ficken, aber ich bin teuer. Teuer und es wert.
Ich ignorierte, dass Frank mir erneut gegen das Schienbein trat. Er wusste immerhin, wie ich sein konnte.
Mein Blick folgte Holly bei jeder Bewegung. Sie umrundete den Tisch, schenkte nicht nur mir Wein nach, doch ich ließ sie nicht aus den Augen.
Isabelles belangloses Geplapper neben mir wurde zu einem statischen Rauschen, während ich Holly beobachtete.
Holly, Holly, Holly.
Bei jedem Atemzug drückten sich ihre vollen Brüste gegen den weißen Stoff der Bluse. In solchen Momenten wünschte ich mir immer, dass die Räume, in denen ich mich aufhielt, kälter waren, denn ich wollte ihre Nippel sehen.
Mehr noch – ich wollte Holly anfassen. Es juckte mir bereits in den Fingern.
Außerdem beschäftigte mich die Frage, was ich unter ihrer Bluse finden würde, unter ihrem Rock. Spitze? Baumwolle? Nackte Haut? Welch verheißungsvolle Vorstellung.
In der Sekunde beschloss ich, dass Holly mir gehörte.
Sie begegnete meinem Blick und schenkte mir ein verhaltenes und trotzdem einladendes Lächeln. Oh ja, Holly wollte es auch.
Eine leichte Röte stieg in ihre Wangen, und sie schaute weg, gab vor, dass ihre gesamte Aufmerksamkeit für das Nachschenken von Wein draufging. Sie wandte sich ab, stöckelte auf den hohen Absätzen davon, die zwar für einen atemberaubenden Hüftschwung sorgten, sie am Ende ihrer Schicht aber vermutlich umbrachten.
Auf der anderen Seite wirkten die High Heels nicht, als würde Holly darin besonders schnell rennen können. Keine Chance, vor mir zu flüchten.
Ich nahm die Stoffserviette vom Tisch und breitete sie über meinem Schoß aus, weil die Vorstellung mich hart machte und Isabelle heute schon mehr als einmal dorthin geschielt hatte. Sie spekulierte darauf, einen Ring von mir an den Finger geschoben zu bekommen, und versuchte vermutlich abzuschätzen, wie viel sie im Schlafzimmer würde vortäuschen müssen. Es war ein kleiner Preis, mit mir ins Bett zu gehen, wenn sie dadurch Zugang zu meinem Vermögen bekam.
Um mir die Zeit zu vertreiben, bis Holly zurückkam, überlegte ich, welche Farbe ihre Unterwäsche wohl hatte, sollte sie welche tragen. Unschuldiges Weiß? Zeitloses Schwarz? Verruchtes Rot?
Ich malte mir ganz genau aus, wie ich ihren Slip packen und von ihren wohl gerundeten Hüften ziehen würde, um die Geheimnisse zu enthüllen, die dazwischenlagen.
Neben mir stand Isabelles Mund einfach nicht still und ständig drückte sie meinen Unterarm. Ich betrachtete das Steakmesser auf der gestärkten Tischdecke. Ich wusste aus Erfahrung, dass es mühselig war, damit Knochen zu durchtrennen. Mühselig, nicht unmöglich.
Frank würde mich vermutlich nicht so sehr nerven, wenn er gewusst hätte, wie exzellent meine Selbstbeherrschung im Moment war. Alles in mir schrie danach, Isabelle hier und jetzt die Hand abzutrennen, ihr damit wiederholt ins Gesicht zu schlagen und sie zu fragen, wie es ihr gefiel, ständig mit ihren unförmigen Fingern angefasst zu werden.
Aber ich hatte mich im Griff. Noch.
Oh, Holly kam zurück.
Ich bemerkte sofort, dass sie ihren Lippenstift aufgefrischt hatte. Ihre Lippen glänzten etwas mehr und ihr blumiges Parfüm stieg in meine Nase. Wie durch Zufall presste Holly ihre weichen Titten gegen meine Schulter, weil sie dringend mein Besteck zurechtrücken musste.
Ihr Lächeln vertiefte sich, als sie ihren Block zückte. »Was darf es sein?«
Ich leckte mir über die Unterlippe, und sie starrte wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf die Stelle, weil wir beide wussten, was ich wollte.
Aber aus irgendeinem Grund würde jeder hier einen Anfall bekommen, wenn ich jetzt den Tisch leer räumte und Holly darüber beugte. Dabei konnte vermutlich selbst Brayden noch etwas lernen, wenn ich es tun würde.
Stattdessen reichte ich ihr bloß die Karte. »Steak, rare, und Brokkoli.«
»Rare?«, vergewisserte sie sich und schrieb eifrig mit.
»Ja, praktisch roh. Es reicht, wenn der Koch den Teller einmal am Grill vorbeischwenkt.«
Isabelle stieß ein hysterisches Lachen aus, als hätte ich das Lustigste gesagt, das sie jemals gehört hatte. »Ach Campbell«, sagte sie und drückte meinen Arm schon wieder.
Nicht in der Öffentlichkeit, ermahnte ich mich selbst. Nicht. In. Der. Öffentlichkeit.
Fuck!
Wo Isabelle wohl parkte? Vielleicht in einer einsamen Seitenstraße? Sie fuhr einen gigantischen SUV. Ich würde ihr nicht einmal die Knochen brechen müssen, um ihre Leiche in den Kofferraum stopfen zu können.
»Ist das alles, Sir? Brokkoli und Steak? Keine weitere Beilage?« Holly brachte mich mit ihrer Frage zurück in die Gegenwart.
»Ja. Ja, das ist alles.« Ich sah sie eindringlich an, damit ja kein Zweifel an meiner Botschaft bestand. »Für den Moment.«
Holly senkte den Blick, um das leichte Lächeln und die immer intensiver werdende Röte in ihren Wangen zu verbergen. Sie sprach relativ leise, sodass nur ich sie hören könnte. »Was auch immer Sie wünschen, Sir.«
Ich war wirklich froh, dass ich so clever gewesen war, die Serviette vorsorglich auszubreiten, denn inzwischen war ich schmerzhaft hart.
Aber das machte nichts. Vorfreude war bekanntermaßen die schönste Freude.
Ich musterte mich mit zusammengekniffenen Lidern, kam zu dem Schluss, dass ich zu müde aussah, und legte noch ein bisschen Rouge nach.
Im Schlafzimmer schlüpfte ich in den engen Rock und zog im Gehen den Reißverschluss hoch. Meine Tasche lag gepackt auf dem Küchentresen, der Kaffee lief bereits in die Tasse.
Ich stellte meine Schuhe neben die Tür und holte meine Lieblingsschüssel aus dem Schrank, goss eine großzügige Menge Müsli hinein.
Eigentlich war ich Anfang Januar noch davon überzeugt gewesen, dass ich dieses Jahr bis zum Sommer endlich genug abgenommen haben würde, um mir einen von Tias knappen Bikinis zu leihen, aber seit Damon angefangen hatte, ständig davon zu reden, wie sehr ihn meine runden Hüften anmachten, hatte ich mehr oder weniger kapituliert.
Mein Blick wanderte zwischen der Müsli-Packung und der Schüssel hin und her, bevor ich eine weitere Handvoll hineinfallen ließ. Besser.
Ich knusperte geräuschvoll vor mich hin, kippte etwas von der Milch in meine Kaffeetasse, ehe ich die Packung zurück in den Kühlschrank stellte, und holte mein Handy hervor, um die aktuellen Nachrichten zu lesen.
Ich hörte den Schlüssel im Türschloss und warf einen Blick auf die Uhr. »Wow«, sagte ich, als Schritte näher kamen. »Du hast nicht übertrieben, als du gesagt hast, dass es später wird.«
Tia kam barfuß in die Küche geschlurft, die High Heels in der Hand, ihre Clutch unter den Arm geklemmt.
»Neues Kleid?«, fragte ich mit Anerkennung in der Stimme. Tia wusste, wie neidisch ich darauf war, dass sie in Weiß einfach unglaublich gut aussah. Der Kontrast zu ihrer dunklen Haut war schlicht atemberaubend, während ich in weißer Kleidung wirkte, als sollte ich dringend einen Arzt aufsuchen.
»Ja, ein Geschenk von Larry.«
»Larry.« Ich schnalzte mit der Zunge. »Hilf mir auf die Sprünge.«
»Der Mafia-Buchhalter.« Sie öffnete den Kühlschrank und holte eine ihrer Dosen Red Bull raus. »Ich bin so müde.«
Ich kommentierte es nicht, dass das ganze Koffein ihr vermutlich nicht beim Einschlafen helfen würde, denn Tia war alt genug, um das selbst zu begreifen. Sie trank Energydrinks zum Runterkommen.
Nachdem ich den nächsten Löffel Müsli mit einem Schluck Kaffee hinuntergespült hatte, fragte ich: »Also? Was hatte es mit der Verspätung auf sich? Ich dachte schon, das ist ein Vorwand, weil du dich doch wieder mit Derek triffst.«
Tia rollte mit den Augen. »Um Himmels willen, nein. Ich habe die Halsschlagader in einem ungünstigen Winkel erwischt und das Scheißblut ist bis an die Decke gespritzt.« Sie stützte den Ellbogen auf den Küchentresen und das Gesicht in die Hand. »An die verdammte vier Meter hohe Decke. Und find mal eine Leiter im Penthouse eines Milliardärs. Ich sag es dir.«
Ich runzelte die Stirn. »Hast du denn eine gefunden?«
»Natürlich nicht. Ich musste nach unten gehen und den Hausmeister fragen.«
»Den du dann auch getötet hast, nehme ich an.«
Tia nickte. »Keine Zeugen und so.«
»Du bist echt eine Chaotin. Hattest du vorher geplant, ihn zu erstechen?«
»Ja.«
»Und dann ziehst du ein weißes Kleid an? Mutig.«
Meine beste Freundin rollte mit den Augen. »Wir können halt nicht alle so zwanghaft neurotisch sein wie du.« Die Dose zischte, als Tia sie öffnete und sie mit dem Geräusch eines überaktiven Aquariumfilters direkt halb leerte.
»So ein Unsinn. Ich bin nicht neurotisch.« Ich stand auf und räumte meine leere Schale in die Spülmaschine.
»Klar, deshalb gehst du ja jetzt auch nicht zur Arbeit wie eine Normalsterbliche.«
»Das diskutiere ich nicht schon wieder mit dir. Es ist einfach die perfekte Tarnung.«
»Hm.« Tia trank den Rest der Dose mit einem noch beachtlicheren Gluckern. »Du weißt, dass ich dich liebe, aber es ist einfach pervers, dass du von neun bis fünf für einen Hungerlohn arbeitest und nachts das Zehnfache verdienst, während du Leichen zerteilst.«
»Hungerlohn.« Ich rümpfte die Nase. »Du vergisst den bezahlten Urlaub, die Krankenversicherung und den jährlichen Bonus.«
»Ich werde dich daran erinnern, wenn du dich das nächste Mal über Daniels unerwünschte Aufmerksamkeit beschwerst, weil du deinen Boss hasst.«
»Jeder hasst seinen Boss. Das gehört quasi dazu.«
Tia nickte nur vielsagend und deutete auf ihre Zimmertür. »Dann geh du mal. Ich muss jetzt ins Bett. Wie normale Leute.«
Ich seufzte bloß. Tias Definition von »normal« war nämlich kein guter Maßstab.
Außerdem war ich schon fast zu spät dran. »Was willst du heute Abend essen?«, rief ich und stieg in meine Schuhe, griff nach meiner Tasche.
»Thai. Von dem Laden Ecke Hawthorne und Bridgeway.«
»Alles klar. Bis später.«
»Bye, bis später.«
Ich eilte aus dem Haus und bis zur U-Bahn-Haltestelle, erwischte gerade noch die Bahn und quetschte mich zwischen die anderen Pendler.
Es waren nur zwei Stationen bis zu dem uncharmanten Wolkenkratzer, in dessen vierzigster Etage ich die nächsten acht Stunden verbringen würde. Aber egal was Tia sagte, ich mochte die berechenbare Routine.
Brianna stand bereits mit angepisster Miene neben dem Wasserspender, sichtlich unzufrieden darüber, dass ich pünktlich gekommen war. Sie hatte eine Affäre mit unserem Boss, doch seit sie mitbekommen hatte, wie interessiert er immer meinen Arsch musterte, war sie davon überzeugt, zwischen Daniel und mir würde etwas laufen, und versuchte, mir das Leben schwer zu machen.
»Coco, schönes Wochenende gehabt?«, fragte sie mit einem süßlichen Ton in der Stimme.
»Hm«, machte ich und nickte, während ich darüber nachdachte, wie ich eine Leiche in einem großen Metallfass voller Säure aufgelöst hatte. »Und selbst?«
Eigentlich wollte ich sie fragen, ob sie wieder ein paar verheiratete Männer wie unseren Boss gefickt hatte, aber ich verkniff es mir. Wer im Glashaus saß und so weiter. Was Moral anbelangte, konnte ich mich nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen.
»Ich brauche vier neue Seiten für die Präsentation am Mittwoch von dir.« Sie kam näher und tippte mit der Fingerspitze auf meine Schreibtischplatte. »Schnellstmöglich.«
»Kein Problem.« Ich hatte mich damit arrangiert, dass Brianna offenbar dachte, dass es sie ebenfalls zum Boss machte, wenn sie den Schwanz unseres tatsächlichen Bosses berührte.
Ihr falsches Lächeln bröckelte, weil sie darauf spekuliert hatte, dass ich mich wehren würde. »Okay.«
»Ich setze mich jetzt direkt dran.« Ich beugte mich vor und schaltete den Computer an. »Wirklich sofort.«
»Gut.« Was anderes konnte sie schlecht sagen, aber ihr frustrierter Gesichtsausdruck, als sie herumfuhr, war Gold wert.
Ich wartete, bis sie tatsächlich weg war, und nahm den Hörer vom Telefon. Die Nummer konnte ich auswendig.
Miranda meldete sich nach nur wenigen Sekunden. »Coco, Darling, was kann ich für dich tun?«
»Hast du etwas für mich?«
»Puh.« Miranda lachte. »Harte Arbeitswoche?«
»So in etwa.«
»Du weißt, dass es gerade mal fünf nach neun am Montagmorgen ist, richtig?«
Ich biss die Zähne aufeinander und presste hervor: »Hast du etwas für mich oder nicht?«
Sie tippte auf ihrer Tastatur herum, summte leise vor sich hin, ehe sie ein triumphierendes Geräusch ausstieß. »Habe ich in der Tat. Joseph Foley Junior. Muss bis Sonntag erledigt sein. Zwanzigtausend.«
»Ich mach’s.«
»Wunderbar. Ist notiert. Die Details schicke ich dir gleich.«
Ich legte auf und mein Lächeln fühlte sich nicht länger gezwungen an.
Ich bewegte das Werkzeug, der Stift glitt an die richtige Stelle, und das leise Klicken verriet mir, dass das Schloss jetzt offen war. Ich drehte den Türknauf und warf einen Blick in das kleine Apartment dahinter – bisher sah ich allerdings weder Hund noch Katze.
Ich schaute nach rechts und links, doch niemand außer mir befand sich in dem langen Flur mit den unzähligen Wohnungstüren. Nachdem ich eingetreten war, schaltete ich das Licht an, schloss die Tür hinter mir und zog sicherheitshalber ein Paar Handschuhe über.
Die Inneneinrichtung war mal so gar nicht nach meinem Geschmack. Der Teppich sah nämlich aus, als hätte Holly ihn von der Müllhalde mitgehen lassen, und neben der Spüle stapelte sich das Geschirr von mindestens vier Tagen.
Ich schnüffelte in die Luft. Das war eindeutig schimmelige Blumenerde.
Holly, Holly, Holly. Ich schüttelte den Kopf.
Ich sah mich um, öffnete die Schublade an der Bambuskommode und studierte die Taschenbücher, die sich auf dem Regalbrett über dem Bett stapelten. Hollys Wohnung war eine Enttäuschung. Die Hälfte ihrer unzähligen Zimmerpflanzen war vollkommen überwässert, die andere komplett vertrocknet. Holly schien nicht die geringste Ahnung zu haben, was sie eigentlich tat. Und sie war unordentlich.
Mit spitzen Fingern hob ich einen BH vom Boden auf und überprüfte die Größe auf dem Etikett, weil ich wissen wollte, ob ich recht gehabt hatte. Jepp, hatte ich.
Ich ließ den BH wieder fallen und ging zum Bett, tastete unter der Matratze herum, fand aber nichts. In der Nachttischschublade war ebenfalls nichts und einen Kleiderschrank besaß Holly nicht. Bloß eine Kleiderstange mit vielen Erdtönen. Die drei weißen Blusen und zwei schwarzen Röcke trug sie offenbar nur, wenn sie kellnerte.
Als Nächstes versuchte ich mein Glück in dem kleinen Bad, doch auch hier fand ich nichts – von den Stockflecken auf dem Duschvorhang abgesehen. Ich würde Holly definitiv mit zu mir nehmen müssen.
In meiner Verzweiflung wühlte ich sogar durch die Küchenschränke, aber … nichts. Holly besaß nicht ein einziges Sexspielzeug. Nicht einmal ein Paar dieser lächerlichen Handschellen mit Plüschbezug, die ohnehin nicht funktionierten. Was für eine Enttäuschung.
Im Kühlschrank herrschte bis auf einige Dosen Cola, eine Flasche Ketchup und zwei Takeout-Boxen eines indischen Restaurants gähnende Leere.
Ich ahnte bereits, dass das mit mir und Holly nichts werden würde. Sie war eine Enttäuschung. Hoffentlich war sie nicht zusätzlich auch noch ein Seestern, eine der Frauen, die sich aufs Bett legten, alle Gliedmaßen von sich streckten und den Mann machen ließen.
Mit einem Seufzen drehte ich mich um und wedelte mit der Hand, weil gleich zwei Trauermücken versuchten, mein Gesicht zu attackieren – zweifellos das Ergebnis der nassen Blumenerde.
Ich zog die Handschuhe aus, schob sie wieder in meine Manteltasche und verließ die winzige Wohnung. Vor der Tür zückte ich mein Handy und informierte Holly, dass ich leider ein paar Minuten zu spät kommen würde, weil der Verkehr unerträglich war.
Eine glatte Lüge, immerhin hatte ich die Verspätung in Kauf genommen, um das Objekt meiner – jetzt schon wieder verblassenden – Begierde besser kennenzulernen.
Ich glitt auf den Rücksitz des Mercedes und sagte zum Fahrer: »Grace Avenue, zum Atlantic Hotel.«
»Sehr wohl, Sir«, erwiderte er und fädelte sich direkt in den Verkehr ein.
Ich starrte aus dem Fenster und versuchte, die Frustration nicht überhandnehmen zu lassen. Holly konnte nichts dafür, dass sie todlangweilig war.
Aber ich wusste, was das bedeutete. Es führte kein Weg daran vorbei. Holly war nicht länger fickbar.
Natürlich ahnte Holly nicht, was ihr bevorstand. Sie strahlte mich an, als ich die Bar in dem teuren Hotel eine halbe Stunde zu spät betrat, kletterte von ihrem Hocker und kam auf mich zu.
Sie begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange. Ihr blumiges Parfüm hüllte mich ein und erinnerte mich leider nur daran, wie die faulige Erde in ihrer Wohnung gerochen hatte. Nein, egal wie ich es drehte und wendete, das mit Holly und mir würde einfach nichts werden.
Ich bot ihr den Arm und führte sie zu einem kleinen Tisch relativ weit hinten, dort war das Licht nicht so hell. »Verzeih mir die Verspätung.« Ich hob ihre Hand an meinen Mund und küsste ihre Fingerknöchel.
Begierde spiegelte sich in Hollys Augen. »Aber das macht doch nichts.«
Ich zog ihr den Stuhl zurück. »Das sehe ich anders. Es ist unverzeihlich, dich warten zu lassen. Was hätte ich denn machen sollen, wenn in der Zeit ein anderer Mann aufgetaucht wäre und dich mir weggeschnappt hätte?«
Holly winkte mit einem verlegenen Lächeln ab, aber die Komplimente wirkten. Das taten sie immer.
Ich studierte die Karte mit der Drinkauswahl. »Womit kann ich dich glücklich machen?«
Holly sah in die zweite Karte und ließ mich an ihrem Auswahlprozess teilhaben. Ich hörte nur mit einem Ohr zu, weil ich meinen Blick in der Hoffnung schweifen ließ, vielleicht etwas zu entdecken, was meine Zeit wirklich wert war.
Nein, heute war wohl nicht mein Tag.
Wobei …
Die hohen Glastüren schwangen nach innen auf und ein attraktives Duo kam herein, zwei Frauen, eine sündhaft groß, dunkle Haut, Haare und Augen, verboten lange Beine, schmalgliedrig und schlank, die andere sündhaft kurvig, klein, helle Haut, Haare und Augen, fabelhafte Titten, ausladende Hüften. Im Grunde der perfekte Dreier.
Ich sah zu Holly. Nein. So schnell würde ich sie leider nicht loswerden können.
Eine Schande. Wirklich.
»Puh, mal sehen. Vielleicht einen … hm … Cosmopolitan?« Holly hatte endlich ihre Wahl getroffen.
»Hervorragend. Weißt du was? Ich hole unsere Drinks direkt an der Bar, dann müssen wir nicht so lange warten.«
»Ich habe die Kellnerin gerade erst da vorne gesehen.« Holly nickte in die Richtung.
Ich ignorierte sie, erhob mich und schloss den Knopf an meinem Jackett. Irgendetwas in mir wollte die beiden sexy Ladys unbedingt aus der Nähe sehen. Wobei die kleine Kurvige mich mehr interessierte, was merkwürdig war, denn sie entsprach nicht meinem üblichen Typ. Sie wirkte zu anspruchsvoll und nicht leicht zu haben. Billige Komplimente würden ebenso wenig ziehen wie das Geraschel meiner Geldscheine.
Vermutlich war es das, was mich reizte – die Herausforderung.
Die beiden Frauen trugen schwarze, kurze Kleider und waren kaum zu übersehen. Ich war nicht der einzige Mann, der sie zur Kenntnis genommen hatte. Aber ich war cleverer als die Konkurrenz.
Statt sie anzusprechen, stellte ich mich bloß an die Bar und orderte zwei Drinks. Ich stand nah neben dem Barhocker der Kurvigen, die gerade ihre roten Lippen nachzog und den Lippenstift dann wieder in ihre Handtasche schob, aus dem sie danach ein Smartphone holte. »Er sollte in zehn Minuten hier sein«, sagte sie zu ihrer hochgewachsenen Begleiterin.
Ich mochte den Klang ihrer Stimme und wollte mehr hören, doch leider schwieg sie, während ihre Freundin sagte: »Das Übliche?«, was ein knappes Nicken zur Folge hatte.
Als die Schönheit ihr Handy vor die Tasche legte, rollte der Lippenstift raus. Da sie sich von mir abgewandt hatte, bemerkte sie es nicht.
Die Gelegenheit war günstig. Mit einer ruhigen, aber zügigen Bewegung meiner Hand verschwand der Lippenstift unter meinen Fingern und in der Tasche meines Jacketts.
Die Getränke kamen. Als der Barkeeper sie vor mich stellte und das Geld entgegennahm, streifte ich die Lady neben mir mit dem Ärmel meines Jacketts.
Sie drehte den Kopf in meine Richtung, die schmale Augenbraue gehoben. »Geht’s vielleicht noch etwas näher?«, schien sie zu fragen, obwohl kein Wort über ihre Lippen kam.
Aus der Nähe betrachtet war sie noch hübscher. Ein herzförmiges Gesicht mit großen grünen Augen, blonde Haare mit einem Stich ins Rötliche, volle Lippen, sinnlich rot geschminkt und große Titten, die unter dem Ausschnitt wunderbar zur Geltung kamen.
Ihr pudriges Parfüm stieg in meine Nase, und mir wurde klar, dass ich sie anstarrte – und zwar höchstwahrscheinlich ohne meine wahren Gedanken zu verbergen.
Scheiß drauf. Normalerweise machte ich so etwas nicht, aber ich würde sie um ihre Nummer bitten.
Sie schien meine Gedanken zu lesen, denn ihr Mund verzog sich spöttisch, ehe sie mir ruckartig den Rücken zudrehte. Als hätte sie gewusst, was ich fragen wollte, und mir bereits präventiv eine Abfuhr erteilt.
Meinetwegen. Aber das letzte Wort war definitiv noch nicht gesprochen.
Ich brachte die Drinks zurück zum Tisch. Erst würde ich mich um Holly kümmern, dann würde ich alles über mein neues Objekt der Begierde herausfinden.
So schnell konnte sich das Blatt wenden.
Tia studierte ihr Spiegelbild und wischte ein paar imaginäre Mascara-Krümel unter ihrem Auge weg. »Joe, sagtest du?« Sie warf mir einen Seitenblick zu und ließ den Spiegel wieder in ihrer Handtasche verschwinden.