Wie bringe ich meinen Mann am besten um? - Stephan Peters - E-Book

Wie bringe ich meinen Mann am besten um? E-Book

Stephan Peters

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Beschreibung

... über die grausame Rache betrogener Frauen und den Alptraum dreier Mädchen, die von einem Psychopathen gejagt werden. Außerdem Gruseliges für Freunde der Schauergeschichten von 1900. Zuletzt eine Story für Schnapsnasen: "Der Köbes-Blues". "Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich die gleichen Fehler machen. Aber ein bisschen früher, damit ich mehr davon habe." (Marlene Dietrich)

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Kurzvita

Nachdem der Düsseldorfer Stephan Peters früher eher düstere Literatur veröffentlichte, schreibt er nun schwarzhumorige Krimis. Also für Fans von Miss Marple und Alfred Hitchcock. Trotzdem hat Peters noch echte Schauergeschichten im Angebot. Er war viele Jahre im öffentlichen Dienst. Nun widmet sich der Autodidakt ausschließlich der Kunst. Er schreibt Bücher und trägt mit jungen Autorinnen auf diversen Bühnen seine skurrilen Stories vor. Dabei begleitet ihn seine Frau Betty am Klavier.

Stephan Peters leitet die Krimi-Lesereihe „Die dunkle Seite von Gerresheim“ im Bogart‘s, Düsseldorf, in der prominente Autorinnen und Autoren vortragen. Peters hatte Auftritte in Fernsehen und Radio. Er ist Literaturbeirat im Kulturkreis Düsseldorf, Mitglied der Thomas-Mann-Gesellschaft und schreibt für Magazine Buchkritiken.

Privat liest Stephan Peters am liebsten englische Krimis, über Psychologie, Philosophie und Mystik.

Veröffentlichungen unter anderem:

Männer haben den IQ eines Grabsteins

(Kurzgeschichten)

Die Hexe von Gerresheim

(Roman)

Der Würger von Erkrath

(Kurzgeschichten)

Aschermittwoch

(Kurzgeschichten)

Erhältlich mit Autogramm und portofrei:[email protected]

Inhaltsverzeichnis

Der Sturm Ela – oder: Im Massagesalon der Lady Ping

Wie bringe ich meinen Mann am besten um?

Der schreckliche alte Mann

Der Griff aus dem Dunkel

Der Liebesbetrug

Der Köbes-Blues

Der Sturm Ela – oder: Im Massagesalon der Lady Ping

Bernd Lindau öffnete an jenem verhängnisvollen Nachmittag im März 2014 die Wohnungstür und gab seiner Frau Emily einen dicken Kuss. Emily sah ihn verblüfft an. Sie bügelte gerade und guckte „Rote Rosen“ im Fernsehen.

Sie war ein paar Jahre jünger als ihr Bernd, der gerade seinen dreiundfünfzigsten Geburtstag gefeiert hatte. Emilys Figur war proper, nicht zu dick, nicht zu spirrig. Sie hatte sich heute Morgen gerade die rotblonden Haare gewaschen und sah blendend aus. Es fiel ihr leicht, das Haus im oberen Gerresheim zu pflegen und sich dann Sport und ihren Freundinnen zu widmen. Bernd verdiente gut, und sie selbst hatte ein kleines Erbe zur Verfügung.

Bernd hatte noch nie auf seine Figur geachtet, was man ihm auch ansah. Sein Bauchumfang war beträchtlich, aber die dünnen Haare auf der Glatze nicht der Rede wert. Trotzdem stand er jeden Morgen vor dem Spiegel und legte sich die dürren Haarsträhnen über die Platte. Ihm gehörte eine kleine, aber effektive Tischlerei, und die Last des Berufes machte ihm seit drei Jahren zu schaffen. Er merkte, dass das Alter immer näher rückte.

„Oh – einen Kuss am Nachmittag!“ frohlockte Emily. „Das hat es seit Jahren nicht mehr gegeben.“ Gleichzeitig überlegte sie, ob sich dahinter etwas verbergen könnte. Hmmm.

„Ab heute wirst du von mir jeden Tag geküsst werden und nicht nur auf die Wange!“ Dann kniff er in Emilys runden Hintern und sagte:

„Das Richtige für Herz und Hand!“

„Na sag` mal, mein lieber Hase, was ist bloß in dich gefahren?“ Bernd mochte den Hasen eigentlich gar nicht, aber er antwortete:

„Mir geht es gut, wie lange nicht mehr!“ Dann setzte er sich in den geblümten Sessel und streckte genüsslich die Beine aus. Anschließend zündete sich Bernd eine Zigarre an, und Emily verzog die Nase. Sie fragte:

„Du bist heute so … so frisch und munter. Und du bewegst dich wie ein junger Hüpfer und nicht wie mein alter Bernd, der seit fünf Jahren ‚Rücken‘ hat. Was macht die Bandscheibe? Hat Doktor Fromm dir eine Wunderspritze verabreicht?“ Bernd lachte wieder und machte eine abfällige Handbewegung.

„Vergiss Doktor Fromm. Der behandelt mich seit Jahren ohne Ergebnis. Nein, es brechen neue Zeiten an, und die Zeiten heißen: Lady Ping!“

„Lady – Ping? Wer um Himmels Willen ist das? Eine neue Ärztin?“

Bernd formte einen dicken Kringel mit seiner Zigarre und schickte ihn Richtung Emily, die wenig begeistert war. Doch heute schwieg sie.

„Lady Ping ist eine … einzigartige Heilerin. Sie ist Masseurin und besitzt wahre Wunderkräfte!“ Emily wurde misstrauisch.

„Was heißt hier Wunderkräfte? Ist sie etwa eine von denen, die mehr tun, als nur massieren? Sex und Sadomaso inbegriffen?“ Emily legte die Hände in die Hüften und blickte ihren Mann wie eine Mutter an, deren Sohn wieder mal die Fensterscheibe mit einem Fußball zertrümmert hat.

„Du misstraust mir, wie immer! Wo bleibt deine Freude darüber, dass deinem Mann endlich mal geholfen wird?“ Bernd schmollte und steckte sich ein Schokoladenei in den Mund, das von Ostern übriggeblieben war. Das Ei war bereits etwas ranzig.

„Nein, Lady Ping hat vier Diplome an der Wand hängen, daneben sind zehn Dankesbriefe von Patienten.“ Er nuschelte etwas, weil die Schokolade zwischen seinen Zähnen hing. Emily lachte höhnisch.

„Na, auf so etwas kannst ja nur du reinfallen. Urkunden mit dem Computer zu fälschen, ist kinderleicht.“

„Woher willst du denn das wissen? Du glotzt einfach zu viel in die Röhre.“

Daraufhin schaltete Emily den Fernseher aus und erfuhr darum nicht, ob Sir Roderick das arme Stubenmädchen heiratete oder nicht.

„Und wo denn eigentlich ist die Praxis, oder wie man das nennt?“

„An der alten Rampenstraße, hier am Gerresheimer Bahnhof.“ Emily lachte wieder höhnisch.

„Das glaub‘ ich jetzt nicht! Das ist doch eine heruntergekommene Straße voller Unkraut und Ratten!“

„Nicht mehr, seitdem Lady Ping dort wohnt!“ antwortete der entzückte Bernd. „Also um ihre Praxis herum befindet sich ein kleiner Garten mit Blumen aus dem Orient.“ Er strahlte verzückt.

„Ha – die würden sich in Gerresheim gar nicht halten! Das sind bestimmt Billigpflanzen aus dem Bauhaus.“

„Du glaubst mir auch gar nichts!“ Bernd tat empört, aber er dachte nur noch an Lady Ping. Ping mit ihren schwarzen Mandelaugen und der samtweichen Haut aus Milch und Honig. Hmmm. Bernd stopfte sich ein zweites Osterei in den Mund. Die pechschwarzen Haare, die nach Parfüm dufteten.

Ohhh … und dann die wunderschöne, exotische Musik aus den Lautsprechern. Das gedämpfte Licht. Die Öllampen aus Tausendundeiner Nacht! Alles in der totalen Einsamkeit der alten Rampenstraße! Nur ab und zu ein Zug, sonst nichts.

Und dann natürlich die Wunderhände von Lady Ping! Die Verkrampfungen von Bernd lösten sich im Nichts auf. Aus ihren zarten Fingern waberte ein warmer Lavastrom, ohne die Haut zu verbrennen.

Dabei sah sein Gesicht wie ein Kalb aus, dem man aus mehreren Flaschen Whisky in den Bottich gegossen hatte. Seine Zunge hing aus den dicken Lippen heraus, und seine Augen schielten.

Emily dachte nach. Dann sagte sie mit verkniffenem Lächeln und Boshaftigkeit in den Augen:

„Wenn das so ist, mein lieber Bernd, musst du ja auch keine neuen Termine bei Lady Ping machen. Du bist ja endlich geheilt!“

Er zuckte leicht zusammen.

„Nein, wo denkst du hin? Meine Heilung bleibt nur erfolgreich, wenn ich mindestens einmal zur Anwendung komme. Genauso wie bei Dr. Fromm. Mit dem großen Unterschied, dass er mir nie geholfen hat.“

Bernd wartete gar keine Antwort ab und verschwand in sein Arbeitszimmer, legte sich auf die Couch und sah sich im Fernsehen die „Hafenpolizei“ an. Natürlich verstand er kein Wort, weil er nur an Lady Ping dachte.

Etwa eine Woche später fing Bernd mit dem Joggen an. Drei Mal die Woche. Die Zunge hing ihm dabei aus dem Mund. Sein Kopf war hochrot. Mir seinen letzten Kräften erreichte er die Haustür, und Emily sagte streng:

„Du bringst dich noch um! Warum läufst du so schnell? Du bist doch keine dreißig mehr.“

„Alles nur für dich, alles nur für …“, und dann fiel er ermattet auf die Couch.

Am nächsten Tag kleidete er sich neu ein. Alles nur vom Feinsten und vom Teuersten. Von dem hochwertigen Rasierwasser ganz abgesehen.

„Alles nur für dich, mein Schatz. Alles nur …“

Hmmm, dachte Emily. Als sie am Monatsende die Kontoauszüge überprüfte, traf sie beinahe der Schlag. Einmal wurden dreihundert Euro abgehoben, später dann sogar fünfhundert und am Ende gar tausendzweihundert Euro! Sie stellte ihn zur Rede.

„Ja“, sagte Bernd. „Mein Freund Külli ist pleite.“

„Was? Der hat doch einen gut gehenden Elektroladen in Kaiserswerth, wie kann der denn pleitegehen?“

„Ja, liebe Emily. Das Leben kann grausam sein. Aber keine Angst, es ist nur eine kurze Pechsträhne. Bald geht es wieder bergauf, und ich bekomme mein Geld wieder.“

„Unser Geld!“, korrigierte Emily wütend. Wie dem auch sei, Emily konnte kaum noch richtig schlafen. Nachts wirbelten ihre Gedanken herum. Betrügt er mich mit dieser Schlampe? Sie beschloss, dem Ganzen auf den Grund zu gehen.

Nun überprüfte sie jede Woche alle Kontoauszüge, die ihr verrieten, dass Bernd ab und zu tausend oder gar dreitausend Euro abgehoben hatte. Nur gut, dass Emily noch das große Erbe ihrer Eltern hatte, an das Bernd nicht rankommen konnte.

An einem warmen Morgen, es war ein diesiger Frühlingstag Ende März, rief Emily Gerda Mühlmann an. Gerda war Küllis Frau. Emily hatte die Freundin lange nicht mehr gesehen. Der Grund war eine Schönheitsoperation auf der Kö, die wahnsinnig teuer war und mit Botox in den Lippen gekrönt wurde. Noch zwei Wochen später sah Gerda wie ein Sandsack von Wladimir Klitschko aus.

Die Lippen glichen denen einer Beate-Uhse-Puppe, und die Mundwinkel nebst Augenlidern hingen wie Henkersseile herunter.

Gerda Mühlmann traute sich gar nicht mehr aus dem Haus und musste wütend an die dreißigtausend Euro denken, die sie an den Chirurgen zu zahlen hatte. Aber auch sie besaß ein beträchtliches Vermögen, das ihr verstorbener erster Mann hinterlassen hatte. Aber er hatte auch noch drei Geliebte hinterlassen und zwei Kinder, von denen Gerda gar nichts wusste. Im Nachhinein traf sie noch der Schlag. Die Mühlmanns galten immer als Vorzeigeehepaar, das allen Gefahren stand hielt. Nach dieser Erkenntnis wurde Gerda kurzfristig zur Alkoholikerin, doch gottlob wurde sie von Emily im letzten Augenblick gerettet.

Der Grund war ein Witz von Emily: „Du, Gerda. Sir Henry sitzt auf der Couch neben seiner Gattin, die ebenfalls sechzig Jahre alt ist. Da schleicht von hinten eine Fee heran und flüstert Sir Henry zu: ‚Du hast einen Wunsch frei. Was wünschst du dir?‘ Sir Henry antwortete spontan: ‚Ich wünsche mir eine Frau, die dreißig Jahre jünger ist als ich.‘ – ‚Kein Problem‘, sagte die Fee und zauberte. Und, schwupp, war Sir Henry neunzig Jahre alt und hatte endlich eine Frau, die dreißig Jahre jünger war!“

Aber nun kommen wir in den März 2014 zurück, als Emily Gerda Mühlmann anrief:

„Tach, Gerda. Hör mal, kann es sein, dass ihr plei…, ich meine, dass ihr in einem finanziellen Engpass seid?“ Emilys Ohren drangen neugierig beinahe durch den Telefonhörer.

„Aber Emily – wie kommst du denn darauf? Ganz im Gegenteil. Uns geht es so gut, wie lange nicht mehr. Külli hat ein dickes Auftragsbuch.

Er muss sogar noch jemanden anstellen. Wie kommst du nur darauf?“

Emily schwieg kurz und dachte angestrengt nach. Gerda sagte:

„Und ich dachte schon, dass ihr pleite seid.“

„Waaas? Wer sagt denn so etwas?“ Emilys Herz pochte unter der neuen Bluse von Zeemann. Ihre linke Hand griff an ihren Hals.

„Külli hat es mir erzählt. Aber erst, nachdem ich unsere Kontoauszüge überprüft habe. Du glaubst es kaum: er hat in einem Monat zweitausend Euro abgeholt, nur weil ihr auf dem Trockenen sitzt.“

„Aber das ist doch gelogen! Bernd verdient gut und hat sogar eine Gehaltserhöhung bekommen!“

Beide Frauen schwiegen betroffen. Man konnte die Stille förmlich mit den Händen greifen. Und beide dachten angestrengt nach. Emily unterbrach das Grübeln:

„Hör mal, Gerda. Kann es sein, dass dein Külli zur Massage geht?“

„Woher weißt du das denn?“ Gerdas Stimme zitterte leicht. Emily sah sie förmlich vor sich. Gerda, zwanzig Kilo zu dick, dunkelblonde Haare und fünfundfünfzig Jahre alt. Sie hatte jetzt gewiss rote Flecken auf ihren Wangen. Hektische Flecken, die sie sowieso schon seit zehn Jahren hatte.

„Gerda, wir sollten uns unbedingt treffen. Besser jetzt als gleich. Was hältst du vom Café Matilda?“

„Ich komme sofort.“ Gerda hatte zwar noch jede Menge zu tun. Die Wäsche war fällig, die Geschäftsbücher mussten noch auf Vordermann gebracht werden, vom Hausputz ganz zu schweigen. Aber nun ging es um Leben und Tod!

Dreißig Minuten später saß sie schwer atmend vor Emily, die sich bereits einen Cognac und einen Kaffee bestellt hatte. Gerda staunte nicht schlecht. Wenn sie sich am helllichten Tage Alkohol einflößte, war es kurz vor zwölf. Das Café Matilda war bei ihr um die Ecke, aber Gerda musste mit dem Bus aus Vennhausen kommen. Nur heute nicht, denn Gerda hatte sich ein Taxi bestellt. Es war bestimmt bereits kurz nach zwölf.

Der Innenraum war klein, kuschelig, und es gab hervorragenden Kuchen, den sich die Mütter mit ihren Kindern teilten.

Emily trug einen dunklen Hosenanzug, was sie sonst nie tat. Er ließ Böses erahnen. Die füllige Gerda setzte sich hin und bestellte das gleiche wie ihre Busenfreundin. Und diese fragte:

„Sag mal, Gerda. Kennst du eine Lady Ping?“ Gerda fuhr zusammen und griff sich ans Herz. Sie trug dickes Make-up und einen Schal ums Gesicht, damit man die Schönheitsoperation nicht sah.

„W … woher kennst du die denn?“ Emily lachte bitter und erzählte ihr alles. Und Gerda kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Drei Stunden später hatten sie sechs Tassen Kaffee und sechs Gläser Cognac zu bezahlen. Gerda beglich die Rechnung für beide. Nun ging es ihnen schon besser. Wegen des Cognacs und wegen Emilys Plan, der einfach genial war! Beide Frauen warteten noch ein, zwei Monate ab, ob es mit ihren Männern besser werden würde: nix! Emily joggte noch mehr und aß noch weniger. Sie hoffte, ihren Bernd damit wieder auf die rechte Bahn zu bringen. Aber ohne Erfolg. Manchmal traf sie im Aaper Wald auf eine andere Joggerin mit asiatischen Gesichtszügen. Sie war bildhübsch, und der lange Haarzopf flatterte ihr hinterher. Die kleinen Brustwarzen zeichneten sich unter ihrem T-Shirt ab, auf dem der nackte Donald Trump abgebildet war. Auf seinem Kopf saß wohl seine eigene rothaarige Katze. Ein Bild des Schreckens.

Ob das die Schlampe Lady Ping ist, dachte Emily misstrauisch. Sie stellte sich vor, wie ihr dicker Bernd auf ihr lag und mit verdrehten Augen stöhnte.

Und da fiel Emily wieder ihr Plan ein, den sie mit Gerda Mühlmann im Café Matilda zu Gerresheim ausgeheckt hatte.

Der Plan war folgender: Gerda sollte ihre dritte Freundin namens Cornelia bitten, ihr Freund Marco möge den Salon der Lady Ping testen. Er war Italiener und wesentlich jünger als Gerda und Emily. Auch Cornelia war um die dreißig und zu allem bereit. Dem jungen Pizzabäcker kam das gerade recht, denn sein Beruf machte ihm zu schaffen, und Arme und Rücken taten ihm weh.

Conny mit den kurzen blonden Haaren sagte:

„Wir wollen mal testen, ob Lady Ping auch mehr macht, als nur massieren. Wir müssen herausfinden, ob sie auch Sex anbietet. Aber waaage es nicht, darauf einzugehen!“

Der kleine Marco, dessen Arme über und über tätowiert waren, sagte empört:

„Wo denkst du hin! Aber ich opfere mich gerne.“ Er war Fortuna-Fan und hatte somit eine masochistische Ader. Genau der Richtige für ihren Plan! Marco hatte auf seinen Armen Tattoos wie alle Fußballspieler und sah irgendwie wie ein Affe aus. Es waren so viele, dass man meinte, er habe drei Arme. Und wie jeder Fußballer spuckte er bei jeder Tätigkeit auf den Boden, was bei den Gästen weniger gut ankam. Er hatte ja keinen Fußball, und somit musste es die Pizza sein.

Was Marco aber nicht wusste:

Die beiden Frauen, Emily und Gerda, saßen am fraglichen Nachmittag Anfang Juli 2014 im Gebüsch vor dem Massagesalon der Lady Ping. Es war unerträglich heiß, und die Grillen zirpten. Eine Ratte huschte durch die Sträucher, denn die alte Rampenstraße war einziges Ruinengebiet aus Schienen, Mauern, Unkraut und Sträuchern.

Der Salon selbst glich eher einer großen Bauarbeiterhütte. Alles war aus Holz, ein paar Backsteine trugen das Ganze, und auf dem flachen Dach stand ein schiefer Schornstein, auf dem eine Elster saß und schlief.

Über dem Eingang stand auf einem windschiefen Holzschild: Massagesalon Lady Ping. In roten Lettern und schlecht gemacht.

Um die Bruchbude herum wuchs wieder Unkraut, alles war ungepflegt, und überall standen leere, kaputte Bierflaschen herum. Man benutzte die alte Rampenstraße als billige Mülldeponie. Ein uralter Ofen sowie eine Waschmaschine, in der eine Katzenfamilie wohnte, verunstalteten das Gelände.

Von den drei oder vier Parisern, die im braunen Gras neben der Hütte von Lady Ping lagen, ganz abgesehen.

Marco ging singend in den Salon hinein, und wenig später hörten Gerda und Emily heftiges Liebesstöhnen aus dem halb geöffneten Fenster dröhnen. Sie blickten sich fassungslos an.

Sie trauten ihren Augen nicht, als Marco später aus dem Salon kam, sich die Hose zuknöpfte und von Lady Ping heftig geküsst wurde. Sie trug nur einen knappen BH und einen roten Slip! Ja – das ist sie, dachte Emily und erinnerte sich an die Läuferin im Aaper Wald. Habe ich es doch geahnt! Na warte!

„Männer sind alle Schweine“, flüsterte Gerda wutentbrannt. Emily nickte nur, weil es ihr die Sprache verschlagen hatte.

Um zwanzig Uhr bekam Emily einen Anruf von Conny.

„Du, Emily. Also da ist nichts. Marco sagt, Lady Ping sei höchst professionell und würde ausschließlich massieren. Er ist ganz begeistert von ihr und möchte sie noch öfter konsultieren. Ist das nicht prima? Ich hätte im Leben nicht daran gedacht, dass sich Marco um seine Gesundheit kümmert. Rate mal, was er gesagt hat.“

Emily konnte es sich schon denken.

“Es sei nur für mich, meinte er schüchtern. Na, ist das ein Mann oder nicht? Ihr könnt also beruhigt zu Bett gehen. Das ist doch eine gute Nachricht, oder?“

Emily schluckte und sagte mit trockenem Mund:

„Ja, danke für deine Mühe. Es war ja nur ein Verdacht, nur ein leiser Verdacht.“

Seitdem war es um Nachtschlaf und Ruhe der Freundinnen schlecht bestellt. Was sollten sie tun? Sollten sie ihren Männern Szenen machen und sie zur Rede stellen? Dafür waren weder Emily noch Gerda zu zart besaitet. Ehekräche waren ihnen verhasst, und sie würden sich wie in einem schlechten „Tatort“ vorkommen. Nur nicht das Gesicht und die Haltung verlieren, war das, was ihnen ihre Mütter auf den Weg gegeben hatten. Bis jetzt waren sie damit gut gefahren. Hinzu kam: Bernd und Külli waren ihnen seit vielen Jahren treu gewesen. Jedenfalls war den Freundinnen nichts anderes bekannt. Und von welchem Mann konnte man so etwas schon sagen? Es gab keine Partnerschaft, in der nicht der Haussegen durch Untreue schief hing. Sie führten Vorzeige-Ehen. Und das konnte man nicht so einfach aufgeben. Dann vielleicht noch eine Scheidung, der Skandal und der Tratsch der Freunde. Nein, danke!

Emily und Gerda saßen in der Klemme.

Noch schlimmer wurde es, als sie beim Einkaufen die Schlampe sahen, die in einem brandneuen BMW saß und grinste. Wegen der Hitze war das Fenster offen, und die schwarzen seidigen Haare der Lady Ping flatterten im Abendwind der Heyestraße.

„Ich werd‘ nicht mehr, Gerda“, sagte Emily schockiert. „Hast du die gesehen?“

Gerda nickte betroffen und sagte:

„Das Auto wurde bestimmt von unseren Männern finanziert. Dank Lady Ping sind minne Ping fott.“

Aber dann kam Ela zu Hilfe! Ela, der Sturm des Jahrhunderts in Düsseldorf. Das Tief Ela, das vom Ostatlantik kam, hatte sich mit dem Hoch Wolfgang aus Osteuropa in der Wolle. An jenem verhängnisvollen Pfingstmontag des Jahres 2014 gingen ab 20.51 Uhr eintausend Hilferufe pro Stunde bei der Feuerwehr ein.

Man konnte bereits vorher seltsame Wolkenformationen sehen, die aufgebauscht wirkten. Alles war hellblau, dann schwarz. Es war der Vorhof zur Hölle, das Reich der Verlorenen. Erst fielen leichte Regentropfen, dann brach der Orkan los! So heftig, dass im Grafenberger Wald in späteren Tagen Panzer zum Einsatz kamen und die Bundeswehr alles absperren musste. Es begann an der Bergischen Landstraße, in deren Nähe der Wald ist.

Und genau dort joggte Emily bei 38 Grad, und ihr lief der Schweiß am ganzen Körper entlang. Sie dachte, dass am Abend alles kühler wird und rannte los.

Zu spät bemerkte Emily, dass sie im Auge des Orkans war. Bäume waren längst über Autos und Laternen gefallen, und später waren sogar 1200 Einsatzkräfte bereit, dem Sturm zu widerstehen.

Bäume, Äste und Büsche wirbelten um Emily herum. Als sie von einem toten Kaninchen gestreift wurde, das wie ein Blatt auf ihren Brüsten landete, kreischte sie. Von der Straße her erklangen Dutzende von Rettungswagen, und da erblickte sie Lady Ping! Sie hatte anscheinend das gleiche wie Emily vor und joggte verzweifelt durch den Wald. Blitze zuckten, und in ihrem Schein waren Pings Gesichtszüge bestens erleuchtet.

Emily war nie die Schnellste gewesen. Aber plötzlich fiel ihr das riesige Klappmesser ein, das ihr Bernd geschenkt hatte. Damit sollte sie sich im Wald gegen mögliche Gauner oder Hunde zur Wehr setzen.

Emily machte ein teuflisches Gesicht, griff zum Messer und jagte es Ping in den Bauch. Emily tobte sich einfach aus. Ihr war alles egal. Mit dieser Tat würde sie den Frieden in drei Ehen wiederherstellen. Ping krümmte sich und griff