Wie das Summen der Bienen - Ukrich Beckwermert - E-Book

Wie das Summen der Bienen E-Book

Ukrich Beckwermert

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Beschreibung

"In einem Bienenvolk leben lediglich 500 bis 1500 Drohnen. Männerdominanz tut keinem Volk gut." Ulrich Beckwermert Bienen faszinieren Menschen seit jeher: Sie sind fleißig, in ihrem Volk herrscht eine klare Ordnung und ohne sie gäbe es weder Honig noch pflanzliche Artenvielfalt. Schon in der Bibel finden sich viele Bezüge zu den schwarz-gelben Insekten. Ulrich Beckwermert zeigt in diesem Buch faszinierende Verbindungen zwischen dem Volk der Bienen und dem der Kirche auf und beschreibt, was die Kirche für mehr Nachhaltigkeit lernen sollte: "Wir haben als Kirche die Verantwortung, uns für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen." Neben viel Wissenswertem über das Leben der nützlichen Insekten berücksichtigt er geistliche Bezüge ebenso wie seine eigenen Erfahrungen als Imker. Ein informatives wie unterhaltsames Buch über Bienen, Honig und das Imkern und welche Bedeutung dieses Bild aus der Natur für die Kirche und den persönlichen Glauben hat.

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Den Ehrenamtlichenin der Kirche gewidmet.

Ulrich Beckwermert, Jahrgang 1964, studierte Theologie in Frankfurt/Main und Wien und wurde 1990 Priester. Seitdem ist er im Bistum Osnabrück zu Hause. 2001 wurde er Dompfarrer im Osnabrücker Dom, fünfzehn Jahre später Personalreferent. Seit 2020 ist er Generalvikar. Bienen züchtet er schon seit über zehn Jahren. Seine Bienenstöcke stehen im Garten des Priesterseminars in Osnabrück, unweit des Doms.

Ulrich Beckwermert

WIE DAS SUMMENDER BIENEN

Was die Kirchevon Honigbienen lernen kann

Inhalt

Einleitung

Das laute Summen der Bienen

Eine Einladung, Gottes Spuren zu entdecken

Gutes Wohnen bedeutet ein gutes Leben

Stockdunkelziffer

Den Mund bitte mal voll nehmen

Das Konzert der Bienen

Königlicher Luxus

Jeder Dienst ist von Bedeutung

Männerdominanz

Bienentanz und Lobsummen

Bienenwachs – ein Multitalent

Welch köstliches Amt!

Die Klosterfrau und der grüne Honig

Geschüttelt – und gerüttelt

Gartenretter für mehr Lebensräume

Bienenstich: essen – fürchten – heilen

Keine Feindbilder bedienen

Gemeinsam statt einsam

Leben ist Beziehung

Bienenfleiß und Kirchenfleiß

Süßer als Honig

Glück für die Völker

Wenn Beten ist wie Kühlen

Vegetarische Wespen

Bienensegen

Summen gegen Einsamkeit

Wenn Menschen Bienen ersetzen müssten …

Der Präsident und die Königin

Eine politische Biene?

Wie ein Honigkuchenpferd

Die Bienen und die Alten

Die Zehn Stockgebote

Ein Gebet

Nachwort

Quellenverzeichnis

„Die Bienen sind das Vorbild zu vielem moralischen Gut und es wird sogar behauptet, dass der Umgang mit denselben den Menschen nur veredele.“

Hannoversche Bienenzeitung von 18631

Einleitung

Im Februar 2021 sorgt ein unerwarteter Wintereinbruch für extreme Kälte. In den Nächten geht die Temperatur auf bis zu - 18°C herunter. Tagsüber steigt sie nicht über - 10°C. Der Garten des Priesterseminars Osnabrück liegt unter einer tiefen Schneedecke. Das hat es sehr lange nicht mehr gegeben.

Vor fünf Jahren habe ich hier mit einem befreundeten Imker sieben Bienenvölker aufgestellt. Die Jahreszeiten der vergangenen Jahre waren durch heiße, trockene Sommer und milde Winter bestimmt. Die Bienenvölker haben sich in dieser Zeit gut entwickelt, jedes Jahr gab es eine ergiebige Honigernte.

Jetzt stehe ich im tiefen Schnee vor einem der Bienenstöcke. Es sind zwei übereinander gestapelte braune Holzkästen, die auf einem niedrigen Tisch stehen und durch einen Metalldeckel abgedeckt sind. Der Bienenstock steht im eisigen Wind. Nichts deutet darauf hin, dass in diesem Kasten ca. 3.000 Bienen eine Königin umringen, um sie vor der Kälte zu schützen. Ob sie das bei diesen Temperaturen schaffen? Die Königin muss eine Umgebungstemperatur von circa + 25°C haben, sonst überlebt sie den Winter nicht. Vielleicht hat sie bereits Eier gelegt und mit der Brut begonnen, um die ersten Sommerbienen heranzuziehen. Dafür werden allerdings circa + 35°C Wärme benötigt. Eine große und energieaufwendige Herausforderung bei diesem heftigen Frost!

Die Hoffnung auf den Frühling ist größer als die Angst vor Rückschlägen.

Ich halte mein Ohr ans Flugloch. Um der Bienenkönigin Wärme zu spenden, nutzen die Arbeiterinnen ihre Flügel. Durch die Bewegung ihres Flugapparates, die für uns Menschen als Summen wahrnehmbar ist, erzeugen sie Wärme, und schützen so das Volk und die Königin vor dem Kältetod.

Ich höre kein Summen. Das Volk scheint erfroren. Ich will das nicht glauben und werde unruhig. Ich gehe noch dichter ans Flugloch heran. Eiskristalle haben sich dort gebildet. Die Nacht war wirklich bitterkalt …

Es gibt einen einfachen Trick, um zu testen, ob im Kasten noch Leben steckt: klopfen. Mit der Faust klopfe ich also zweimal an den Bienenstock. Ich höre ein kurzes Aufbrausen. Sie leben! Durch das Klopfen erschrecken sich die Bienen kurz, weil sie einen Feind befürchten, vielleicht den Specht, Bär oder sonst ein Tier, das den Stock aufbrechen will, um an den Honig zu kommen. Das Volk beruhigt sich rasch wieder. Es gibt keinen Feind und ich beruhige mich auch, weil ich jetzt weiß, dass das Volk lebt. Trotz Frost, Eis und Schnee halten tapfere Bienen ihre Königin sicher und warm geborgen. Ich bin gerührt über das kälteempfindliche Leben mitten Winter.

Ein paar Wochen später stehen die ersten Frühlingstage vor der Tür. Die Temperatur steigt bis + 16°C. Die Bienen fliegen aus, sie wollen zu den ersten Frühblühern. Das Volk beginnt nun damit, sich neu aufzubauen. Bald werden es zwischen 50.000 und 60.000 Individuen sein, die mit der Königin einen einzigartige Bienenstaat bilden.

Eine Biene allein vermag nichts. Sie kann nur in einer Gemeinschaft mit anderen Artgenossen leben. Seit ich mich mit den Bienen beschäftige, denke ich oft an Vergleiche zwischen einem Bienenvolk und dem Kirchenvolk. Und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Parallelen fallen mir da ein. Vor allem die Bienenkästen im tiefen Winter, die so tot und leblos erscheinen, erinnern mich an Kirchen, die an kalten Wintertagen wie große Kästen unbelebt in Städten und Dörfern stehen. Wer daran vorbeigeht, erkennt kein Leben, aber wer sich nähert und „klopft“, wird sich wundern, wie viel Leben hinter diesen Türen steckt.

Die Kirche befindet sich momentan im übertragenen Sinne in einem tiefen Winter. Durch den sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener sowie den Finanzskandal herrscht innerhalb der katholischen Kirche eine frostige Atmosphäre. Gläubige wie Interessierte haben ihr Vertrauen in die Kirchenleitung verloren, ob nun auf Gemeinde- oder Bistumsebene und vor allem in Bezug auf Rom. Echte Reformen scheinen zudem wie auf Eis gelegt. Die Zahl der Kirchenaustritte steigt und steigt.

Auf den Winter folgt der Frühling. Das ist sicher. Unsicher bleibt jedoch der Frühlingsanfang. Manchmal kann es im Januar bereits so warm werden, dass die ersten Bienen fliegen. Es kann aber auch ganz anders kommen und bis in den April hinein so kalt bleiben, dass die Völker lange Zeit um ihr Überleben kämpfen müssen. Sicher ist nur: Der Frühling wird kommen. Bienen klammern sich an diese Hoffnung bzw. Gewissheit. Das tue auch ich. Ich hoffe darauf, dass die Kirche einen Frühling, einen neuen Aufbruch erlebt.

Die Bienen bereiten sich auf den Frühling vor, indem sie bereits mit der Brut beginnen, wenn es draußen noch winterlich ist. Das ist gewiss nicht ohne Risiko, denn die Brut kann bei Kälte verderben. Aber die Hoffnung auf den Frühling ist größer als die Angst vor Rückschlägen. Diese Zuversicht können wir von den Bienen lernen.

Von den Bienen lernen? – Jesus hat es vorgemacht. Er hat auf die Schöpfung zurückgegriffen, um seine Botschaft zu erklären. „Lernt etwas aus dem Vergleich mit dem Feigenbaum“ (Matthäus 24,32), sagt er und spricht über das Ende der Welt und was dann neu beginnen wird.

Die Schöpfung hilft uns, die frohe Botschaft Jesu, das Evangelium, besser zu verstehen. Und die Schöpfung zu verstehen hilft, die Kirche und ihren Sendungsauftrag tiefer zu begreifen.

Das laute Summen der Bienen

Im Frühling stehen die Gärten und Parks um den Osnabrücker Dom in voller Blüte. Es beginnt mit den Krokussen. Sie verwandeln unter den kahlen Bäumen den noch grau-braunen Rasen in ein buntes Farbenmeer. Dann folgt die Kirschblüte. Reines Blütenweiß platzt über Nacht aus dunklen Knospen. Endlich Frühling!

Die Schwestern im Priesterseminar haben längst mit der Gartenpflege begonnen, sie bearbeiten nun mit Gartengeräten still den Boden. Der Wochenmarkt vor dem Dom findet unter Linden statt. Diese Bäume werden erst im Juli blühen, aber sie haben bereits ihre ersten Blätter gebildet. Die Märzsonne wärmt die Marktbesucher, die auf bereitgestellten Bänken sitzen und herrliches Gebäck genießen. Kinder toben um sie herum, Hunde rennen hinter ihnen her. Stimmen, Lachen und das Rufen der Marktbeschicker vermischen sich; alles hört sich zuversichtlich und lebensfroh an. Irgendjemand macht Musik und es duftet nach Kaffee. Wer viel Zeit allein verbringt, fühlt sich in dieser Atmosphäre weniger alleine. Der Markt ist für manchen wie ein Zuhause mitten in der Stadt. Viele Menschen kennen sich untereinander, sie rufen sich freundliche Worte zu.

Einige haben es eilig, aber niemand hetzt. Manche bleiben einfach stehen und schauen sich um, um nach ein paar Metern wieder stehen zu bleiben und sich erneut umzuschauen. Es ist schön hier!

Mittags riecht es nach Erbsensuppe, Würstchen und Fisch, manche kommen auf den Markt, nur um hier zu essen. Von freundlichen Verkäuferinnen und Verkäufern werden Käse, Gemüse, Blumen und nachhaltig erzeugtes Fleisch angeboten.

Den Höhepunkt seiner Geschäftigkeit erreicht der Markt im Hochsommer. Neben Hunderten von Marktbesuchern kommen dann Zehntausende Bienen hinzu. Sie sammeln den frischen Nektar der Linden. Die Bäume schützen jetzt den Markt vor der heißen Mittagssonne und spenden mit ihrem Blätterdach kühlenden Schatten. Wer darunter einen Moment stehen bleibt, hört das laute Summen der Bienen. Kinder lassen sich von ihren Eltern im Spiel unterbrechen und die kleinen Marktbesucher hören kritisch nach oben. Ihre Gesichter fangen an zu strahlen, wenn sie das Summen hören. Einige Zweige mit Lindenblüten hängen so tief, dass die Bienen sogar zu sehen sind. Die Kinder nähern sich ihnen; sie ignorieren die Warnungen ihrer Eltern. Zu Recht! Denn die nektarsuchenden Insekten haben jetzt nur eines im Kopf: Linden, Linden, Linden. Niemand wird gestochen.

Die Bienen wissen, dass sie jetzt nur noch ein paar Wochen haben, um den nötigen Wintervorrat zu sammeln. Wenn der nicht ausreicht, werden sie verhungern. Für Marktromantik haben sie daher nichts übrig, bei ihnen geht es schlichtweg ums Überleben. Genau genommen gilt das auch für den Menschen, denn letztlich kommt die Bestäubungsleistung der Bienen direkt der Ernährung der Weltbevölkerung zugute …

Ohne Bienen fehlte es nicht nur an Honig, auch würde es einen Großteil an Obst und Gemüse nicht geben. Studien2 zeigen, dass ein komplettes Aussterben der Bienen zu einem Rückgang der weltweiten Früchteernte um fast 23 Prozent führen würde. Die Gemüseernte würde um 16 Prozent zurückgehen und der Rückgang bei Nüssen und Getreide läge bei 22 Prozent. Die Folge: Massiv steigende Lebensmittelkosten würden zu weiterem Hunger in der Welt sowie zu gefährlichen sozialen Unruhen führen. Der Mensch braucht die Biene für seine Zukunft.

Es ist kurz vor 12 Uhr. Die Glocken läuten. Gleich beginnt die Marktmesse. Eine ältere Frau mit einer viel zu tief hängenden Tragetasche voller Gemüse geht in den Dom. Andere sitzen schon länger dort. Hier drin ist es kühl. Ein Obdachloser sitzt in der letzten Bankreihe und ist eingeschlafen, gleichmäßig geht sein hörbarer Atem. Ein junges Paar mit Kinderwagen steht vor einer Marien-Ikone und zündet eine Kerze an. Jemand wirft ein paar Geldstücke in den Opferstock. Darüber ein Schild, „Für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe“. Es klimpert. Am Schriftenstand liegt ein Fürbittbuch aus. Viele haben da bereits hineingeschrieben, manche ihre ganze Wut über die Kirche. Andere drücken in diesem Buch ihre Bewunderung für die Architektur des Doms aus. Wieder andere haben große Not. Jemand schrieb fast unleserlich: „Meine Frau ist krank. Sie wird nicht gesund. Solange schon bitte ich dich, ihr zu helfen. Wir können nicht mehr.“ Ein Kind hat ein Kaninchen ins Buch gemalt. Darüber in Großbuchstaben: DANKE!

Der Mensch braucht die Biene für seine Zukunft.

Die Messe beginnt. Überall sitzen Menschen mit ihren Einkaufstaschen. Es raschelt die ganze Zeit. Der Priester und die Lektorin sind trotzdem gut zu verstehen. Während der Messe herrscht ein Kommen und Gehen. Der Obdachlose wird wach, ruft etwas, einige Besucher drehen sich um. Vielen ist er bekannt, er gehört zum Dom. Die Messe schließt mit dem Segen. Der Organist spielt noch einmal kräftig die Orgel. Es klingt großartig. Einige klatschen dankbar.

Bald nach der Messe schließt auch der Markt. Geübte Hände bauen rasch die Stände ab. Plötzlich ist der Platz am Dom menschenleer. Nur die Bienen sind geblieben. Ihr Dienst und ihr Summen werden noch lange weitergehen. Die volle Lindenblüte verheißt ihnen volles Leben. Ob sie ahnen, dass sie auch anderen ihr Überleben sichern? Erst bei Einbruch der Dunkelheit kehren sie heim. Dann wird es still unter den Linden.

Eine Einladung, Gottes Spuren zu entdecken

„Neben der eigentlichen, in der Heiligen Schrift enthaltenen Offenbarung tut sich Gott auch im Strahlen der Sonne und im Anbruch der Nacht kund.“ – Papst Johannes Paul II.3

Papst Johannes Paul II. hat mit diesen Worten nicht sagen wollen, dass die Bibel Konkurrenz bekommen hat. Die Offenbarungsgeschichte, die mit dem Alten Bund beginnt, hat in Jesus Christus, dem menschgewordenen Wort Gottes, ihren Höhepunkt erreicht. Sie ist niedergeschrieben und als Offenbarungsgeschehen unüberbietbar.

Doch Gott kann sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise offenbaren. Eine ist die Schöpfung. Sie ist wie ein Buch, dessen „Buchstaben von der Vielzahl der im Universum vertreten Geschöpfe gebildet werden“.4