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Einfach wunderbar – die romantische Seite der Sandra Brown
Kein Mensch soll ihr nahe kommen, kein Mensch soll sie jemals wieder so verletzen! Doch das einsame Leben der begabten Taubstummenlehrerin Laurie Parrish ändert sich dramatisch, als sie zum ersten Mal dem Vater ihrer neuesten Schülerin begegnet. Drake Sloan ist ein bekannter Fernsehstar und ein Mann, der hinter der Fassade des Erfolgs seine verwundete Seele verbirgt. Langsam kommen Laurie und Drake einander näher, doch eine richtige kleine Familie können sie erst werden, als ein tragisches Missverständnis sie zwingt, ihre Herzen einander endlich zu öffnen …
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Seitenzahl: 324
Veröffentlichungsjahr: 2012
Lauri Parrish ist eine begabte Taubstummenlehrerin. Doch hinter einer Fassade aus Unbekümmertheit und beruflichem Erfolg versteckt die junge Frau schlimme seelische Verletzungen. Auch Drake Sloan, ein beliebter Fernsehserienstar, hat Geheimnisse: Er kann seine verstorbene Frau nicht vergessen, und er glaubt, seine kleine Tochter könne nie ein normales Leben führen. Denn Jennifer ist hörgeschädigt. Als Lauri engagiert wird, um ihr den Umgang mit ihrer Taubheit und das Sprechen beizubringen, bricht für diese drei einsamen Menschen eine neue Zeit an. Lauri und Drake kommen einander näher, und in der schönen Landschaft von New Mexico bekommen sie die einmalige Chance, eine richtige Familie zu werden. Wenn nur nicht die dummen Missverständnisse und das tiefe Misstrauen wären, die sie immer wieder auseinanderreißen. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein schrecklicher Vorfall sie zwingt, ihre tiefsten ängste und größten Bedürfnisse auszusprechen – und endlich ihre Liebe mit ganzem Herzen zu begrüßen . . .
Sandra Brown war Schauspielerin und TV-Journalistin, bevor sie mit ihrem Roman »Trügerischer Spiegel« auf Anhieb einen großen Erfolg landete. Inzwischen ist sie eine der beliebtesten Autorinnen, die mit jedem ihrer Bücher die Spitzenplätze der »New-York-Times«-Bestsellerliste erreicht! Sandra Brown lebt mit ihrer Familie abwechselnd in Texas und South Carolina.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.sandrabrown.com
Celinas Tochter ⋅ Die Zeugin ⋅ Blindes Vertrauen
Scharade ⋅ Verliebt in einen Fremden
Sündige Seite ⋅ Envy – Neid ⋅ Crush - Gier
Nachtglut ⋅ Kein Alibi ⋅ Betrogen ⋅ Schöne Lügen
Nacht ohne Ende ⋅ Schöne Lügen ⋅ Ein Hauch von Skandal
Trügerischer Spiegel ⋅ Im Haus meines Feindes
Ein Kuss für die Ewigkeit ⋅ Wie ein Ruf in der Stille
Rage [Zorn] ⋅ Weißglut
Für meine Eltern. Danke, dass Ihr mich liebt.
Liebe Leserinnen und Leser,
bevor ich mich der allgemeinen Unterhaltungsliteratur zuwandte, habe ich unter mehreren Pseudonymen Liebesromane geschrieben. Wie ein Ruf in der Stille erschien ursprünglich vor über zwanzig Jahren (unter meinem ersten Autorennamen Rachel Ryan).
Die Handlung reflektiert Trends und Lebensart, wie sie seinerzeit aktuell waren – doch bleibt das Thema immer populär und allgemein gültig. Wie in jedem Liebesroman stehen die unglücklich Liebenden im Mittelpunkt. Wir erleben Augenblicke der Leidenschaft und Zärtlichkeit, zwischenmenschliche Spannungen – kurzum: sämtliche Facetten der Liebe.
Es macht mir riesigen Spaß, romantische Liebesgeschichten zu schreiben. Sie bestechen durch ihre optimistische Grundhaltung und den unvergleichlichen Charme, der ihnen innewohnt. Probieren Sie es einfach aus. Ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Vergnügen bei der Lektüre.
Sandra Brown
Meinst du, dein Mann weiß das mit uns, Liebling?« Er umarmte sie leidenschaftlich, streifte mit seinen Lippen zärtlich ihre Schläfen.
»Und wenn schon? Ist mir doch egal«, erklärte sie. »Ich hab dieses Versteckspiel restlos satt. Ich möchte, dass alle es erfahren.«
»Oh, mein Schatz, mein süßer Schatz.« Der Mann neigte den Kopf. Dummerweise verpasste er ihr dabei einen absolut unromantischen Nasenstüber.
»Schnitt!«, brüllte jemand über die Lautsprecher am Set. Lauri Parrish fuhr erschrocken zusammen.
»Was zum Teufel ist denn mit euch los? Bekommt ihr heute gar nichts auf die Reihe? Wir hängen jetzt seit geschlagenen anderthalb Stunden an dieser blöden Szene fest.« Eine kurze Pause folgte, Schauspieler und Kamerateam blickten betreten in die Runde. »Ich komm runter.«
Lauri beobachtete fasziniert, wie die Schauspielerin zu ihrem Partner herumschnellte und ihn anfauchte: »Ich war zu nah an Kamera eins, Drake. Nicht du.«
»Rechnen war noch nie deine große Stärke, Lois. Es war Kamera drei. Ach, übrigens, hast du eigentlich keine Bedenken, dass Kamera eins die Narben von deinen diversen Faceliftings einfangen könnte?«
»Mistkerl«, zischte die Schauspielerin. Sie schob sich an dem feixenden Kameramann vorbei und stakste über den kalten Betonboden des Fernsehstudios in Richtung der Umkleiden.
Lauri Parrish, die eher zufällig bei den Aufnahmen zu der beliebten Daily Soap Antwort des Herzens gelandet war, fand die Episode ungeheuer spannend. Wegen ihres Ganztagsjobs hatte sie zwar keine Gelegenheit, sich das Nachmittagsprogramm anzuschauen, wusste aber wie die meisten Amerikaner um dieses spezielle Serien-Highlight. Viele berufstätige Frauen legten die Mittagspause mithin bewusst so, dass sie das Fernsehdrama um die sexuellen Abenteuer und die persönlichen Krisen von Dr. Glen Hambrick nie verpassten.
Vor ein paar Tagen war Dr. Martha Norwood, Gründerin des Norwood-Instituts für Taubstumme und Hörgeschädigte, mit einer Bitte an sie herangetreten. Lauri war dort als Lehrerin beschäftigt.
»Es geht um Jennifer Rivington, eine unserer Schülerinnen. Ihr Vater möchte sie von der Schule nehmen«, hatte ihre Chefin das Gespräch begonnen.
»Ich kenne Jennifer ganz gut«, antwortete Lauri. »Sie leidet unter einer starken Hörbehinderung, ist total unkommunikativ und unzugänglich.«
»Das ist es ja, was ihrem Vater Sorgen macht.«
»Vater? Keine Mutter?«
Dr. Norwood überlegte kurz, bevor sie antwortete: »Nein, ihre Mutter ist tot. Ihr Vater hat einen etwas ungewöhnlichen Job. Deshalb ist Jennifer schon sehr früh in unser Internat gekommen. Sie hat sich aber bei uns nie wohlgefühlt. Jetzt möchte er eine private Lehrkraft einstellen, die sie in seinem Haus betreut. Ich dachte, das könnte Sie interessieren, Lauri.«
Die junge Frau zog kaum merklich die schön geschwungenen dunklen Brauen hoch. »Ich weiß nicht. Können Sie mir vielleicht ein bisschen mehr darüber erzählen?«
Die grauhaarige Dame musterte ihre Lehrkraft aus scharfsichtigen blauen Augen. Sie hielt große Stücke auf Lauri. »Viel mehr kann ich dazu im Moment auch nicht sagen. Mr. Rivington möchte wohl, dass die Lehrerin mit Jennifer nach New Mexico zieht. Er hat dort ein Haus in einer kleinen Gemeinde in den Bergen.« Dr. Norwood lächelte milde. »Ich weiß doch, dass Sie lieber heute als morgen von New York fortwollen. Und Sie sind mit Sicherheit qualifiziert für eine solche Aufgabe.«
Lauri lachte leise. »Wenn man wie ich in Nebraska aufgewachsen ist, findet man New York zwangsläufig zu laut und zu beengt. Ich bin seit acht Jahren hier, und ich vermisse die ländliche Umgebung, die unendlichen Weiten, die Berge.« Sie schob sich eine vorwitzige brünette Locke aus der Stirn. »Scheint mir ganz so, als wollte Mr. Rivington die Verantwortung für seine Tochter auf jemand anderen abschieben. Ist er der Typ Vater, der sein Kind ablehnt, weil es behindert ist?«
Dr. Norwood blickte auf ihre sorgfältig manikürten Hände, die gefaltet auf der Schreibtischplatte ruhten. »Seien Sie nicht so vorschnell mit Ihrer Beurteilung, Lauri«, krittelte sie sanft. Bisweilen war die junge, tüchtige Pädagogin ziemlich impulsiv. Das war ihr größtes Manko – sie neigte zu voreiligen Schlüssen. »Wie schon erwähnt, die Umstände sind ziemlich ungewöhnlich.«
Die Institutsleiterin stand abrupt auf, die Besprechung war zu Ende. »Sie müssen sich nicht schon heute entscheiden, Lauri. Ich möchte, dass Sie sich Jennifer in den nächsten Tagen genauer anschauen. Gehen Sie ein bisschen auf sie zu. Und dann sollten Sie sich mit Mr. Rivington zusammensetzen und alles Weitere besprechen.«
»Natürlich, Doktor Norwood. Wenn ich Ihnen irgendwie behilflich sein kann, mach ich das gern.«
Auf dem Weg zu der Rauchglastür des Büros rief Dr. Norwood ihr nach: »Ach, Lauri, noch eins. Geld ist kein Thema.«
»Doktor Norwood, wenn ich einen Job als Privatlehrerin annehme, dann weil ich denke, dass es positiv für die Entwicklung des Kindes ist«, antwortete die junge Frau entwaffnend aufrichtig. »Und nicht wegen der Bezahlung.«
»Das dachte ich mir«, erwiderte Dr. Norwood lächelnd.
Gleich am nächsten Morgen hatte die Schulleiterin ihr ein Stück Papier mit einer Adresse in die Finger gedrückt und gesagt: »Dort werden Sie heute um drei Uhr erwartet. Fragen Sie nach Mr. D. L. Rivington. Er weiß Bescheid.«
Lauri war zunächst verblüfft gewesen, als der Taxifahrer vor einem Komplex mit Fernsehstudios angehalten hatte. Neugierig, wer dieser Mr. Rivington wohl sein mochte, betrat sie das weitläufige Gebäude. Als sie am Empfang nach ihm fragte, meinte die hübsche junge Rezeptionistin kichernd: »Dritter Stock.«
Lauri wollte in Richtung Aufzug steuern, doch das Mädchen hielt sie mit den Worten auf: »Einen Augenblick, bitte. Wie war noch gleich Ihr Name?« Nachdem sie sich vorgestellt hatte, warf die Rezeptionistin einen Blick auf ihre Besucherliste. »Ah, Sie sind das, Miss L. Parrish. Sie können direkt reingehen. Aber seien Sie leise. Die drehen noch.«
Lauri trat aus dem Aufzug und fand sich in einem gigantischen Aufnahmestudio wieder. Sie war beeindruckt von der Ausstattung und den Akteuren.
Das riesige Studio unterteilte sich in einzelne Sets für die aktuell produzierte Soap. Eine Szene bestand aus Krankenhausbett mit pseudo-medizinischem Equipment. Eine weitere war als Wohnraum möbliert, eine Küche auf einem knappen Quadratmeter nachgestellt. Sie schlenderte durch die Kulissen, spähte interessiert in die abgetrennten Nischen, angestrengt bemüht, nicht über das Gewirr der ausgerollten Kabel von Kameras und Monitoren zu stolpern, die sich kilometerlang über den Boden schlängelten.
»Hey, Kleine, was kann ich für dich tun?«, rief ein vorlauter Kameramann, die Daumen lässig in den Bund seiner Jeans gesteckt.
Entgeistert stammelte Lauri: »Ich – ähm – ja, Mr. Rivington? Ich muss ihn sehen.«
»Mr. Rivington?«, grölte der Typ, als hätte sie eben einen Superwitz gemacht. »Das wird schwierig. Haben Sie sich unten angemeldet?« Sie nickte. »Dann ist alles okay. Aber warten Sie, bis wir die Szene im Kasten haben, ja?«
»Ähm – ja.« Was hatte er damit wohl gemeint?, rätselte sie für sich.
»Stellen Sie sich dorthin und keinen Mucks, okay? Und fassen Sie bloß nichts an«, warnte einer der Techniker.
Lauri stellte sich hinter die Kameras, die eine Sequenz in einem nachgestellten Krankenhausfoyer filmten.
Während der unfreiwilligen Wartezeit entdeckte sie unvermittelt den Schauspieler, für den Millionen von Amerikanerinnen schwärmten. Er saß lässig auf einer der Requisiten und knabberte an einem Apfel, den er sich aus einem Korb auf dem Tisch geangelt hatte. Lauri überlegte, ob seine weiblichen Fans auch so begeistert gewesen wären, wenn sie mitbekommen hätten, wie Drake Sloan seine Partnerin soeben angepflaumt hatte. Aber diese flegelhafte Art gehörte vermutlich zu seinem Sex-Appeal, oder? Er spielte den Macho-Mediziner, der in der beliebten Krankenhausserie jeden unterbutterte und dem dank seines unverschämt guten Aussehens sämtliche Herzen zuflogen.
Tja, dachte Lauri mit einem Anflug von Ironie, so viele Frauen können sich nicht irren. Er hatte etwas Raubtierhaftes an sich – sofern man auf diesen Typ Mann stand. Und er war ein echter Hingucker. Seine aschblonden Haare schimmerten unter der Studiobeleuchtung heller, wie sonnengesträhnt. Dichte, dunkle Brauen und ein dunkler Oberlippenbart bildeten dazu einen ungewöhnlichen Kontrast. Der Bart unterstrich seinen sinnlichen Mund, der Hausfrauen, Karrieregirlies und Großmütter an den Rand des Nervenzusammenbruchs trieb. Das Umwerfendste an ihm waren jedoch die strahlend grünen Augen. Bei Nahaufnahmen schwelte in ihnen ein Feuer, das ungelogen jeden Eisblock zum Dahinschmelzen gebracht hätte.
Von ihrem Beobachtungspunkt aus, etwas abseits der grellen Studiobeleuchtung, verfolgte Lauri, wie Drake Sloan mit katzenhafter Geschmeidigkeit aufstand und den Apfelrest zielsicher in einen Abfallkorb warf.
Abfällig musterte sie seine Garderobe. Kein Chirurg trug dermaßen knallenge Hosen bei der Arbeit. Der grüne Operationskittel war figurbetont geschnitten und passte dem hoch gewachsenen, schlanken Drake Sloan wie eine zweite Haut. Der V-förmig ausgeschnittene Kragen enthüllte seine dunkel behaarte Brust. Als wenn so was in einem Operationsraum erlaubt wäre, überlegte Lauri verächtlich schnaubend.
Sie hörte eine Stimme hinter sich und drehte sich um. Der Mann, der sich vermutlich vorhin aus der Technik zu Wort gemeldet hatte, steuerte in Richtung Requisite, die zickige Schauspielerin im Schlepptau.
»Er schert sich um keine einzige Einstellung«, beschwerte sie sich. »Er weiß genau, wo er stehen muss, wenn die Kamera auf ihn fokussiert, aber nein, er macht verflucht noch mal, was er will.«
»Ich weiß, ich weiß, Lois. Sei ein braves Mädchen und ignorier ihn einfach, ja?«, meinte der Regisseur einlenkend. »Komm, wir absolvieren den heutigen Drehplan, und dann gehen wir was trinken. Ich red mit Drake. Okay? He, Schätzchen, zeig mir mal dein umwerfendes Lächeln.«
Was für ein Blabla. Lauri stöhnte heimlich auf. Stargeflüster. Das kannte man doch. Erzähl ihnen, was sie hören wollen, und verschieb die Paranoia auf den nächsten Tobsuchtsanfall.
Die beiden gesellten sich zu Drake Sloan auf dem Set und diskutierten kurz miteinander. Die Techniker, die in der Zwischenzeit rauchten, lasen oder miteinander plauderten, nahmen ihre Positionen hinter den Kameras wieder ein und setzten sich Kopfhörer auf, über die sie die entsprechenden Anweisungen von der Aufnahmeleitung erhielten. Der Tontechniker richtete die Mikrophone erneut aus.
Der Regisseur küsste Lois auf die Wange und sprang vom Set. »Bevor ich nach oben verschwinde, gehen wir die Szene noch mal kurz durch. Küss sie gefälligst ein bisschen leidenschaftlicher, Drake. Sie ist immerhin deine Geliebte und nicht deine todkranke Erbtante.«
»Hat deine Geliebte schon mal Anchovispizza mit einer Extraportion Knoblauch zu Mittag gegessen, Murray?«
Lois schäumt vor Wut.
Die Crew lachte sich schlapp. Murray redete Lois abermals gut zu. Dann rief er: »Aufzeichnung läuft!«
Eine der Kameras war so positioniert worden, dass sie Lauri die Sicht versperrte. Wider Willen fand sie die Dreharbeiten inzwischen richtig spannend. Geduckt huschte sie zu einem strategisch günstigeren Punkt, von wo aus sie die Abläufe optimal verfolgen konnte. Und nachdem sie ihren trivialen Dialog heruntergebetet hatten, riss Drake Sloan Lois ein weiteres Mal in seine Arme und küsste sie glutvoll.
Lauris Herz setzte einen Schlag lang aus, als sie sah, wie seine Lippen mit denen der Schauspielerin verschmolzen. Man konnte diesen Kuss fast körperlich fühlen, sich lebhaft vorstellen … Sie lehnte sich an einen Requisitentisch und reckte den Kopf, um auch ja nichts zu verpassen. Der Klang von zersplitterndem Glas lenkte die Blicke von den Darstellern – auf Lauri. Das ganze Drehteam starrte sie an!
O Schreck! Sie hatte die große Glasvase auf dem Tisch nicht bemerkt. Jetzt lag sie in tausend Scherben zerbrochen auf dem Studioboden.
»Verdammt!«, brüllte Drake Sloan. »Was ist denn jetzt schon wieder?« Er schob Lois unsanft beiseite und durchquerte den Raum mit drei langen, energischen Schritten. Murray folgte ihm – obwohl entnervt und verärgert, war er die Ruhe in Person. Der Schauspieler baute sich vor Lauri auf, und sie hätte vor Scham im Erdboden versinken mögen.
»Wer zum Henker …«
»Sie ist hier, weil sie einen Termin mit Mr. Rivington hat«, unterbrach ihn der hilfsbereite Kameramann von vorhin.
Drake Sloan fixierte sie mit mordlustig glitzerndem Blick unter dunklen Brauen. Seine grünen Augen weiteten sich. »Mr. Rivington, mmh?« Einige Kameraleute prusteten verhalten. »Murray, seit wann veranstalten wir hier Autogrammstunden?« Diesmal lachte die gesamte Crew.
Lauri fand das gar nicht witzig. Im Gegenteil, sie war stocksauer, dass er sich auf ihre Kosten lustig machte. Wütend warf sie die kupfern schimmernden Locken zurück, ihre braunen Augen wurden schmal.
»Tut mir leid, dass ich Ihr … Dingsda unterbrochen habe«, versetzte sie schnippisch. Sie hatte keine Ahnung, wie man das beim Film nannte, und sie wollte es auch gar nicht so genau wissen. Sie entzog sich Drake Sloans zynischem Feixen und wandte sich an Murray, der ihr immerhin halbwegs normal vorkam. »Mein Name ist Lauri Parrish. Ich sollte Mr. Rivington hier heute um fünfzehn Uhr treffen. Bitte entschuldigen Sie die kleine Panne.«
»War leider nicht die einzige heute.« Murray seufzte inbrünstig. Nach einem vielsagenden Blick zu Sloan setzte er hinzu: »Mr. Rivington ist momentan beschäftigt. Was halten Sie davon, wenn Sie in meinem Büro auf ihn warten? Es dauert nicht mehr lange. Schätze, er wird in Kürze bei Ihnen sein.«
»Ja, danke«, antwortete sie. »Ich bezahl Ihnen die Vase.«
»Vergessen Sie’s. Gehen Sie die Treppe rauf und durch die Technik. Das Büro liegt direkt gegenüber dem Flur.«
»Danke«, wiederholte Lauri. Logisch, dass man sie weiterhin anstarrte wie das achte Weltwunder. Geistesgegenwärtig schnellte sie herum und kletterte die Wendeltreppe hoch. Als sie oben ankam, hatte Murray schon wieder alle in Position gebracht.
Sie hätte sich die eindrucksvolle Elektronik auf den bunt flackernden Schalttafeln gern genauer angeschaut. Über einen der riesigen Monitore flimmerte eben Sloans Womanizer-Konterfei in Großaufnahme. Sie musste sich bremsen, sonst hätte sie ihm glatt die Zunge herausgestreckt.
Als sie das Büro gefunden hatte, sank sie seufzend auf den einzigen Stuhl, der vor Murrays vollbepacktem Schreibtisch stand. Dahinter stand ein vorsintflutliches Chefsesselexemplar aus zerkratztem Kunstleder. Sie betrachtete die verstaubten Fotos an den Wänden, die Murray oder wie auch immer der Typ hieß in Begleitung von Schauspielerinnen, Filmdirektoren und sonstigen hochkarätigen Promis zeigten.
Wer war dieser Mr. Rivington überhaupt? Ein Angestellter vom Sender? Oder einer der Techniker? Nein. Er musste Geld haben, denn das Norwood-Institut war teuer. Und Mr. Rivington hatte Jennifer dort im Internat untergebracht, was locker noch mal das Dreifache kostete. Die Minuten zogen sich wie Kaugummi hin, und Lauri wurde zunehmend nervös. Schließlich vernahm sie Schritte im Gang.
Drake Sloan betrat das Büro und schloss leise die Tür hinter sich.
Unschlüssig sprang Lauri auf. »Ich bin hier verabredet mit Mr. …«
»Ich bin D. L. Rivington, Jennifers Vater.«
Lauris Lippen formten ein stummes O, während sie ihn entgeistert anblinzelte. Er stand lässig in den Türrahmen gelehnt. Inzwischen hatte er sich umgezogen und trug Jeans und eine Strickjacke, die Ärmel bis zu den Ellbogen hochgeschoben.
»Überrascht Sie das?«
Sie nickte.
»Dann hat Doktor Norwood Ihnen meinen Künstlernamen wohl nicht genannt.« Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Abwesend kratzte er sich am Ohr. »Nein, das hatte ich auch von ihr erwartet. Bestimmt wollte sie vermeiden, dass Sie gegen mich voreingenommen sind. Schauspieler genießen nämlich keinen besonders guten Ruf.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem angedeuteten Grinsen, das sich sofort wieder verlor. »Vor allem, wenn die Leute glauben, was sie in den Hochglanzmagazinen über uns lesen. Wussten Sie übrigens, dass ich meine momentane Freundin letzte Woche zu einer Abtreibung genötigt habe? Ich hab’s aus der Zeitung erfahren«, meinte er sarkastisch.
Immer noch zu schockiert, um einen Ton herauszubringen, lächelte Lauri säuerlich. Unvermittelt fielen ihr die Kolleginnen an der Schule ein. Was sie wohl sagen würden, wenn sie wüssten, dass sie sich mit Dr. Glen Hambrick alias Drake Sloan alias D. L. Rivington in einem Raum aufhielt?
Für gewöhnlich war sie ganz die kühle, kompetente Sonderpädagogin – bis auf diverse unlöbliche Ausnahmen, wo das überschäumende Temperament mit ihr durchgegangen war. Und wieso stand sie dann jetzt mit ineinander verknäulten Schwitzhändchen vor ihm? Seit er sich vorgestellt hatte, starrte sie ihn vermutlich wie eine hirnamputierte Idiotin an. Die Zunge klebte ihr am Gaumen fest.
»Wenn es Sie tröstet, Miss Parrish, Sie sind auch nicht so ganz das, was ich mir unter einer Sprachtherapeutin vorgestellt hatte.« Er drückte sich von der Tür ab, worauf Lauri instinktiv einen Schritt zurückwich.
Prompt wusste dieser Schuft nichts Besseres zu tun, als sein berühmt-berüchtigtes Grübchenlächeln aufzusetzen. Klar merkte er, dass sie sich unbehaglich fühlte, allein mit ihm in diesem Schuhkarton von einem Büro. Das machte sie nur noch wütender. Für wen hielt er sich eigentlich? Von wegen blöd herumstammeln und ihn anhimmeln, als wäre er ein gefeierter Superstar! Drake Sloan kochte auch nur mit Wasser.
»Mrs. Parrish bitte.«
Er hob belustigt eine Augenbraue und murmelte: »Ich werd’s mir merken.« Seine arrogante Art irritierte sie.
Betont professionell gab sie zurück: »Doktor Norwood schickt mich, damit wir über Jennifer sprechen, Mr. Rivington.«
»Nennen Sie mich einfach Drake. Möchten Sie einen Kaffee?« Er deutete auf eine Kaffeemaschine. In der Glaskanne brodelte eine pechschwarze Teerbrühe. Eigentlich wollte sie keinen, aber immerhin hätte sie dann etwas in der Hand zum Festhalten.
»Ja, gern.«
Er steuerte zu einem kleinen Tisch und spähte skeptisch in eine Tasse, weil deren Sauberkeit wohl einiges zu wünschen übrig ließ. Fragend hob er eine Braue. »Sahne? Zucker?«
»Sahne.«
Nachdem er ordentlich Kaffeeweißer in die heiße Flüssigkeit geschüttet hatte, rührte er mit einem fleckigen Plastiklöffel um, der offenbar schon häufiger benutzt worden war. Er reichte ihr die Tasse. Sie wollte die Finger um das warme Porzellan schließen, aber er hielt die Tasse fest, bis sie die Lider hob. Sie schluckte unwillkürlich, als sie in die meergrünen Tiefen blickte, in denen sie sich schemenhaft spiegelte.
»Ihre Haare und Ihre Augen sind von einer ungewöhnlichen Farbe«, bemerkte er.
Lauri war stolz auf ihre schönen kastanienbraunen Locken, auf die das Sonnenlicht kupferfarbene Reflexe zauberte. Dazu die braunen Augen, durchschimmernd wie funkelnde Rauchtopase. Der gelbe Leinenanzug unterstrich beides und betonte ihren honigfarbenen Teint.
Sollte sie sich jetzt etwa bedanken? Zumal es bestimmt kein aufrichtig gemeintes Kompliment war. Stattdessen lächelte sie nur spröde, versuchte krampfhaft, ihm die Kaffeetasse aus der Hand zu ziehen. Er gab sie ihr und goss sich selber eine Tasse ein.
»Erzählen Sie mir von meiner Tochter, Mrs. Parrish«, meinte er, indem er die Anrede bewusst spöttisch dehnte. Er trat hinter den Schreibtisch, schwang sich in den leise knackenden Sessel und legte die Füße auf die Tischplatte.
Steif, mit durchgedrückter Wirbelsäule setzte Lauri sich auf den Stuhl ihm gegenüber. Nippte an ihrem Kaffee. Er war so ekelhaft bitter, wie sie vermutet hatte. Als sie unwillkürlich das Gesicht verzog, grinste er matt. »Sie müssen entschuldigen, dass er so schlecht ist.«
»Er ist gut, Mr. Sl … Rivington.«
Sie starrte in die Kaffeetasse, und als er schwieg, sah sie ihn unschlüssig an. Zu ihrer Verblüffung buchstabierte er seinen Namen im Gehörlosenalphabet: D-R-A-K-E. Sein Stirnrunzeln signalisierte ihr, dass sie ihn mit Vornamen anreden sollte.
Sie befeuchtete sich die Lippen, lächelte nervös und zeigte mit den Fingern Lauri. Er nahm die Füße vom Schreibtisch, beugte sich im Sessel vor, winkelte die Ellbogen auf der Tischplatte an und stützte das Kinn auf die Hände.
Lauri hielt das für einen günstigen Augenblick, seine Kenntnisse in Zeichensprache zu testen. Dr. Norwood war wirklich sehr zurückhaltend gewesen, was Drake Rivington betraf. Bestimmt wollte die Institutsleiterin, dass sie sich ihr eigenes Bild von dem Vater der kleinen Jennifer machte. Mit langsamen und exakten Gesten fragte Lauri ihn in der Zeichensprache: Benutzen Sie die Gebärdensprache im Umgang mit Jennifer?
»Ich habe Jennifer erkannt, mehr nicht«, sagte er, als sie die Hände sinken ließ.
Sie versuchte es erneut: Wie alt ist Ihre Tochter? Darauf reagierte er gar nicht. Er saß nur da, fixierte sie mit einem verständnislosen Blick seiner faszinierend grünen Augen. Lauri buchstabierte: Welche Haarfarbe hat sie? Nichts. Lieben Sie Jennifer?
»Jennifer hab ich erkannt. Den Rest nicht, tut mir leid. Ich glaube, das bedeutet Liebe.« Er kreuzte die Arme über der Brust, wie sie es zuvor gemacht hatte.
»Stimmt, Drake. Und von jetzt an buchstabieren Sie Ihren Namen so, das ist kürzer.«
Sie machte das Zeichen für den Buchstaben D und führte die Hand dann an die Mitte ihrer Stirn. »Das heißt Vater.« Sie berührte mit dem Daumen ihre Stirn, ihre anderen Finger gespreizt. »Wir kombinieren die beiden. Gesehen?«
Er nickte. Das heißt Lauri. Sie machte den Buchstaben L und strich sich vom Wangenknochen bis zum Kinn. »Das bedeutet Mädchen.« Sie strich sich mit dem Daumen über die Wange, ihre Hand eine lockere Faust. »Sehen Sie, wie wir die beiden Zeichen kombinieren, um einen Namen zu bilden?«
»Ja.« Er hatte sie aufmerksam beobachtet. »Für Jennifer formen wir den Buchstaben J mit unserem kleinen Finger und machen dann ein Symbol für ihre Locken.«
»Exakt!« Sie lächelten einander an, und für Augenblicke fanden sich ihre Blicke. Unvermittelt fühlte Lauri ein ungewohntes, aber angenehmes Prickeln in der Bauchgegend. Langsam schwante ihr, warum andere Frauen darauf fieberten, ihn jeden Nachmittag im Fernsehen zu sehen. Er hatte wirklich Charisma, und er wusste es. Wenn sie nicht höllisch aufpasste, brächte er sie glatt noch von dem Grund ihrer Anwesenheit ab.
»Drake.« Sie arbeitete jetzt zusätzlich mit der Zeichensprache, wie sie es als Lehrerin für Hörgeschädigte gewohnt war. »Doktor Norwood bat mich, mir einen Eindruck von Jennifers Fortschritten zu bilden. Ich habe sie mehrere Tage lang beobachtet und mein Urteil ist sicher fachlich fundiert, aber letztlich eben doch meine persönliche Einschätzung. Trotzdem möchte ich ganz aufrichtig mit Ihnen sein.«
»Ich bitte darum. Sicher halten Sie mich für einen schlechten Vater, weil ich meine dreijährige Tochter schon als Baby in ein Internat gesteckt habe. Aber ich liebe sie. Ich bin besorgt um sie und möchte nur das Beste für sie.« Er stand auf und schlenderte zum Fenster. Mit dem Rücken zu Lauri, spähte er durch das schmutzige Glas.
»Bitte beobachten Sie meine Gebärdensprache, Drake. Dann lernen Sie schneller.« Er schnellte provozierend zu ihr herum und kehrte dann mit einem wegwerfenden Schulterzucken zu seinem Sessel zurück.
Sachlich fuhr sie fort: »Sie haben Glück. Jennifer ist nicht völlig taub. Sicher wissen Sie, dass ihre Hörschädigung sensorisch-neuronale Ursachen hat und nach derzeitigem Kenntnisstand irreparabel ist. Sie hört einige laute Geräusche. Zum Beispiel kann sie zwischen einem Hubschrauber und einem Pfeifen unterscheiden.« Sie machte eine Pause, wartete auf seine Reaktion. Da er schwieg, nahm sie den Gesprächsfaden wieder auf. »Leider kennt sie weder den Begriff für Hubschrauber noch für Pfeifen. Oder vielleicht doch, aber sie teilt sich uns nicht mit. Sie reagiert absolut nicht auf irgendeine Form von Kommunikation.«
Die Linien um seine Mundwinkel verhärteten sich. »Wollen Sie damit ausdrücken, sie ist geistig zurückgeblieben?«
»Um Himmels willen, nein«, ereiferte sich Lauri. »Sie ist unglaublich aufgeweckt. Nach meiner Ansicht fehlt ihr die … na ja, manche Kinder reagieren ausschließlich auf persönliche Ansprache, das heißt eine direkte Bezugsperson. Ich persönlich glaube, dass der Internatsaufenthalt Jennifers Entwicklung eher geschadet hat. Sie braucht eine vertraute Umgebung, wo sie ständig die Gesellschaft von jemandem hat, der … der …« Sie brach ab, weil sie ihn sonst womöglich kompromittiert hätte.
»Der sie liebt? Ist es das? Ich hab Ihnen bereits zu erklären versucht, dass ich sie liebe. Ich hab sie ganz sicher nicht in dieser Schule weggesperrt, weil ich mich ihrer schäme.«
»Ich wollte Sie nicht …«
»Oh doch!«, erregte er sich. »Wenn Sie alles so viel besser wissen, dann raten Sie einem Witwer mit einem Baby doch mal, was er mit seinem Kind tun soll? Zumal, wenn dieses Kind taubstumm ist. Hmm? Ihr großartiges Institut ist teuer, und um mir das leisten zu können, muss ich hart arbeiten. Hinzu kommen die Arztrechnungen nach unzähligen Tests, die nicht mehr ergeben haben, als dass meine kleine Tochter taub ist. So schlau war ich auch schon vorher. Oder hätte ich die Kleine sonst diesen verdammt unangenehmen Untersuchungen ausgesetzt?«
Er hielt inne, um Luft zu holen, seine grünen Augen blitzten verärgert auf. »Wenigstens sind wir uns in einem Punkt einig. Jennifer muss privat unterrichtet werden.« Er stand so abrupt auf, dass der Sessel ächzend zurückrollte. »Aber nicht von Ihnen.« Er stürmte um den Schreibtisch herum, stützte seine kräftigen Arme resolut auf ihre beiden Stuhllehnen auf. Lauri fühlte sich zunehmend unbehaglich.
»Ich habe Doktor Norwood erklärt, dass ich jemanden Seriöses suche. Der zuverlässige Omatyp in Strickjacke mit ausgebeulten Taschen – und kein junges Ding in Designerklamotten.« Sein Blick glitt regelrecht anzüglich über ihren Körper. »Jemand mit einem grauen Dutt auf dem Kopf und nicht mit modisch flammendroter Mähne à la Vidal Sassoon. Eine mütterlich wirkende Person mit ein bisschen Übergewicht, nicht mit spitzem Busen und knackigem kleinen Hintern.« Lauri wurde knallrot vor Ärger und Entrüstung. Was bildete er sich bloß ein?!
»Jennifers Lehrerin sollte Krampfadern haben und Gesundheitsschuhe tragen, nicht …« Er blickte auf ihre schlanken Fesseln, die in hauchfeinen Nylons steckten, und die hochhackigen Riemchensandaletten. »Sie sehen nicht aus wie eine Sonderpädagogin, sondern wie eines der Models, die für Parfüm werben.«
Er beugte sich dicht zu ihr hinunter, brachte seinen Kopf an ihren. Bevor sie reagieren konnte, vergrub er sein Gesicht in ihrem Haar. »Sie duften sogar so«, flüsterte er rau.
Für den Augenblick eines Herzschlags verschlug es Lauri die Sprache. Er roch frisch und sinnlich maskulin. Was war bloß plötzlich mit ihr los? Sie riss den Kopf zurück.
»Sie … Lassen Sie mich auf der Stelle los.« Sie stemmte die Hände gegen seinen Brustkorb. Zu ihrer Verblüffung richtete er sich abrupt auf und trat zurück, woraufhin sie hochschnellte, mehrmals tief Luft holte und ihn anfauchte: »Ich mag Ihre Erwartungen nicht erfüllen, aber Sie haben meine hundertprozentig bestätigt, Mr. Sloan.« Sie betonte den Namen, als wäre er eine ansteckende Krankheit.
»Sie haben Ihre süße Tochter nicht verdient. Sie ist ein so hübsches, intelligentes Kind. Aber sie verwahrlost emotional. Verstehen Sie mich? Sie geht innerlich zugrunde, weil ihr Vater sich weigert, eine Sprache zu erlernen, mit deren Hilfe beide miteinander kommunizieren könnten. Eltern wie Sie werfen die Taubstummenbildung wieder auf den Stand der Zeit von Helen Keller zurück. Ich bin Sonderpädagogin …«
»Sie sind piepjung.«
»Ich bin eine erwachsene Frau.«
»Ahhh, jetzt kommen wir zu meinem nächsten Punkt.« Er schnippte mit Daumen und Zeigefinger. »Tun Sie nicht so, als hätte Ihnen mein Annäherungsversuch nicht gefallen. Das können Sie mir nicht weismachen. Wer garantiert mir denn, dass Sie nicht mit dem erstbesten Typen durchbrennen, wenn Sie mit meiner Tochter in New Mexico leben? Wollen das letztlich nicht alle emanzipierten Karrierefrauen? Einen Ehemann?«
Lauri spürte, dass sie bis zu den Haarwurzeln errötete. »Ich hatte schon mal einen. War keine besonders glückliche Ehe.«
»Sie sind geschieden?«
»Witwe.«
»Wie praktisch.«
Sie stolperte zurück und versagte sich einen spitzen Kommentar. Dr. Norwood hatte sie schließlich hergeschickt für einen abschließenden Bericht. An der Tür drehte sie sich noch einmal um. Er stand an den Schreibtisch gelehnt, die Beine lässig übereinandergeschlagen. Selbstzufrieden fixierte er sie mit spöttischem Blick, die Lippen unter dem dichten Schnurrbart zu einem herablassenden Grinsen verzogen.
Unwillkürlich rutschte Lauri heraus: »Sie sind ein arroganter, impertinenter, unmöglicher …« Das letzte Wort verschluckte sie.
»Und? Was weiter?«, versetzte er, während er sich geschmeidig wie ein Panter von dem Schreibtisch abstieß.
»Das bleibt Ihrer Fantasie überlassen, Mr. Sloan.«
Die Tür knallte hinter ihr ins Schloss.
Lauri, du errätst nie …«
»Brigette, ich bin mitten im Unterricht. Was ist denn?«
Die Lehrerin, die in Lauris Klasse hereingeplatzt war, stammelte schuldbewusst: »Du errätst nie, wer draußen auf dich wartet. Ich meine, ich hab ihn schon zigmal gesehen, ich würde ihn überall wiedererkennen. Aber als er da im Gang stand und nach dir fragte …«
»Reg dich ab, Brigette, du machst die Kinder nervös. Sie denken sonst noch, dass irgendetwas Schlimmes passiert sein muss.« Lauri war klar, wen ihre Kollegin meinte. Trotzdem brauchte niemand zu merken, dass ihr Herz bei der Aussicht auf ein Wiedersehen mit Drake Rivington höher schlug. Nach außen hin blieb sie die Gelassenheit in Person.
Ihr Besuch im Fernsehstudio lag eine Woche zurück. Nachher hatte sie Dr. Norwood von ihrem unerquicklichen Gespräch mit Rivington berichtet.
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Die amerikanische Originalausgabe erschien 1982 unter dem Titel »Eloquent Silence« bei Warner Books, New York.
1. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung Mai 2007 bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
Copyright © by Sandra Brown 1982 Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007 by Verlagsgruppe Random House GmbH
Covergestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign,
unter Verwendung eines Motivs von Yuliya Yafimik/Shutterstock.comTKL/MD ⋅ Herstellung: Heidrun Nawrot
Satz: DTP Service Apel, Hannover
eISBN 978-3-641-10038-4V004
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