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In einer Zeit, in der das Meer von furchteinflößenden Drachenbooten durchkreuzt wird und das Brüllen der Krieger die Küsten heimsucht, erhebt sich eine Geschichte von Kampf, Mut, Liebe und Überleben. Der junge Nils Olavson, ein tapferer Wikingerkrieger, segelt auf seiner ersten Plünderfahrt. Mit dem Schwert in der Hand und dem Feuer des Abenteuers im Herzen trifft er auf Gudrun, eine ebenso entschlossene und mutige Wikingerfrau. Ihre Begegnung ist der Anfang einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte, die gegen alle Widrigkeiten bestehen muss. Gemeinsam bauen Nils und Gudrun sich ein neues Leben auf. Sie finden eine unbewohnte Insel und beschließen, dort eine neue Siedlung zu gründen. Mit großer Hingabe und unerschütterlichem Willen beginnen sie, eine Gemeinschaft von Siedlern aufzubauen, die ihnen bei ihrem Vorhaben zur Seite steht. Doch in einer Welt, in der Raub, Mord und Plünderung an der Tagesordnung sind, ist es schwer, Frieden zu finden. Nils und Gudrun müssen nicht nur die harschen Bedingungen der Natur und die Herausforderungen des Siedlerlebens meistern, sondern auch die Intrigen und Gefahren, die von mächtigen Wikingern ausgehen. Dank ihrer Klugheit und ihrem unermüdlichen Einsatz gewinnen sie das Wohlwollen des örtlichen Jarls und etablieren einen florierenden Handel. Doch werden ihre Bemühungen ausreichen, um ihre Gemeinschaft zu schützen und ihre Träume zu verwirklichen? Wikinger ist eine epische Erzählung über die Kraft der Liebe, den Mut zur Veränderung und die Hoffnung auf ein besseres Leben in einer der härtesten Epochen der Geschichte. Begleiten Sie Nils und Gudrun auf ihrer Reise und erleben Sie die aufregende Welt der Wikinger, wie Sie sie noch nie zuvor gesehen haben.
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Seitenzahl: 421
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Dieses Buch ist all jenen gewidmet, die sich für die Kultur und das Erbe der nordischen Völker begeistern. Denen, die tief in ihrem Innern spüren, dass diese Kultur und deren Erbe nicht gänzlich vergessen sind sondern fortbestehen. Lasst Eure Fantasie niemals vergehen. Sie ist der Schlüssel und die Karte auf dem Weg zu neuen Ufern.
Die Wikinger, ihr Leben und ihre Kultur
1. Nils Olavson
2. Auf Wikingerfahrt
3. Stürmische Reise
4. Eine neue Heimat
5. Freie Landbesitzer und Lehnherren
6. Die Siedlung
7. Markttage in der Handelsstadt
8. Inselleben
9. Neue Lehnsleute
10. Winter auf der Insel
11. Pläne und Wünsche
12. Sigurd Grimmbart
13. Erkenntnisse und Entscheidungen
Die Ostseeküste Dänemarks erstreckte sich über eine weite Strecke, von der rauen, felsigen Küste im Norden bis zu den sanften, sandigen Stränden im Süden. Entlang dieser Küste und dem Rest des heutigen Dänemark, aber auch im heutigen Norwegen, Schweden und Finland lebten die Wikinger, ein Volk von Seefahrern und Kriegern, die für ihre Tapferkeit, ihre Handelsfähigkeiten und ihre reiche Kultur bekannt waren.
Die Wikingerdörfer entlang der Küste der Küste von Dänemark waren damals geprägt von einer Mischung aus Landwirtschaft und Handel. Die Menschen lebten vom Fischfang und der Jagd, aber auch von der Landwirtschaft und dem Handwerk. Ihre Häuser waren meist aus Holz gebaut, mit grasgedeckten Dächern und hohen Giebeln, die sich gegen den Himmel abhoben. Die einzelnen Dörfer waren oft von Palisaden umgeben, die sie vor Angriffen feindlicher Stämme schützten.
In den Dörfern der Wikinger herrschte reges Treiben, besonders während der Sommermonate, wenn die Schiffe aus dem Handel und den Raubzügen zurückkehrten. Die Männer und Frauen der Wikinger arbeiteten gemeinsam, um die Beute zu teilen und die Waren zu verkaufen oder zu tauschen. Die Märkte waren lebhaft und voller Farben und Gerüche, mit Ständen, die alles von Lebensmitteln über Kleidung bis hin zu Schmuck und Waffen anboten.
Die Kultur der Wikinger war reich an Traditionen und Bräuchen, die tief in ihrer Geschichte verwurzelt waren. Ihre Götter und Göttinnen wurden verehrt und in Opfergaben geehrt, und die Jahreszeiten wurden mit Festen und Feiern gefeiert. Die Wikinger glaubten an das Leben nach dem Tod und waren daher bestrebt, sich auf ihre Reisen ins Jenseits vorzubereiten, indem sie ihre Toten mit reichen Grabbeigaben bestatteten. Die Runen, die sie in Steine und Holz ritzten, waren nicht nur Schriftzeichen, sondern auch heilige Symbole, die Macht und Schutz verliehen.
Die Wikinger waren aber auch weithin bekannt für ihre Seefahrerkünste und ihre Fähigkeiten im Schiffbau. Ihre Langschiffe waren schnell und wendig, gebaut für lange Reisen über das offene Meer. Die Männer waren mutige Seefahrer, die sich nicht vor den Gefahren der See fürchteten, sondern diese Gefahren als Herausforderung ansahen, die es zu überwinden galt. Ihre Schiffe waren mit kunstvollen Drachenköpfen verziert, die sie vor bösen Geistern und Feinden schützen sollten.
Die Frauen der Wikinger waren ebenfalls stark und selbstbewusst, und viele von ihnen spielten eine überaus wichtige Rolle im täglichen Leben der Gemeinschaft. Sie waren nicht nur für die Erziehung der Kinder und die Versorgung der Familie zuständig, sondern nahmen darüber hinaus auch an Handelsgeschäften teil und übten oft Handwerksberufe aus. Einige Frauen waren auch als Seherinnen und Heilerinnen bekannt, die die Zukunft voraussagen und Krankheiten heilen konnten. Diese Frauen genossen hohes Ansehen in der Gemeinschaft der Wikinger.
Die Wikinger waren auch für ihre Kunstfertigkeit bekannt, insbesondere in der Metallverarbeitung und der Holzschnitzerei. Ihre Kunstwerke waren reich verziert mit komplexen Mustern und Motiven, die oft mythologische Geschichten und auch Legenden ihrer Kultur darstellten. Ihre Schmuckstücke waren besonders beliebt, und viele von ihnen wurden als Amulette und Talismane getragen, um Glück und Schutz zu bringen. Die Wikingerkunst war ein wichtiger Teil ihrer Kultur und ihrer Identität, und ihre Werke wurden von Generation zu Generation weitergegeben.
Die Wikinger waren ein stolzes und tapferes Volk, das für seine Freiheit und Unabhängigkeit erbittert kämpfte. Sie waren bereit, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen und sich gegen ihre Feinde zu verteidigen, aber sie waren auch gastfreundlich und großzügig gegenüber denen, die ihren Respekt verdienten. Insgesamt war die Kultur der Wikinger reich an Geschichte und Tradition, und ihr Erbe lebt noch heute in den Ländern, die einst von ihnen besiedelt waren. Ihre Kultur hat einen bleibenden Einfluss auf die moderne Welt gehabt und wird auch weiterhin eine wichtige Rolle in der Geschichte spielen.
Es war Frühling in Dänemark, und das kleine Dorf Skovkyst, in dem Nils Olavson aufwuchs, war aus seinem langen Winterschlaf erwacht. Die blühenden Blumen am Wegesrand und das Zwitschern der Vögel in den Bäumen verkündeten die Rückkehr des Lebens in die Landschaft. Das Dorf lag an der felsigen Küste, umgeben von dichten Wäldern, mit uralten Eichen und Kiefern deren Bäume sich wie schützende Arme um die kleine Gemeinschaft schlangen. Rund einhundert Menschen lebten in dem Dorf. Eine Sippe die größtenteils über mehrere Generationen hinweg mit einander verwandt war.
In den Wäldern rund um das Dorf gab es unzählige Tierarten. Von den quirligen Eichhörnchen, die in den Baumkronen hin und her huschten, bis zu den majestätischen Hirschen, die stolz durch das Unterholz schritten. Die Dorfbewohner gingen oft auf die Jagd und sammelten Beeren, Pilze und Kräuter, die in der Küche und als Heilmittel verwendet wurden. Die klaren Bäche, die sich durch den Wald schlängelten, tummelten sich mit Fischen, deren silberne Schuppen im Sonnenlicht funkelten. Das Meer war allgegenwärtig. Der salzige Duft der See lag in der Luft, und das Rauschen der Wellen bildete den ständigen Hintergrundklang des Dorfes. Am Ufer lagen die Boote der Fischer, robust und aus schweren Eichenbalken gezimmert, ihre Segel aus grobem Tuch geflickt und verstärkt. Die Kinder des Dorfes spielten oft am Strand, bauten aus Treibholz und Seegras kleine Festungen und suchten nach Muscheln und kleinen Krebsen in den Gezeitentümpeln.
Das Dorf zählte mehr Kühe als Menschen, was bei den Dorfbewohnern oft zu scherzhaften Bemerkungen führte. “Unsere Kühe sind die wahren Herrscher des Dorfes – sie geben uns Milch und schauen dabei auch noch klüger aus als manch einer von uns!“ Der alte Erik Einauge, ein alter Krieger, sagte dies oft, und jedes Mal brach das Dorf in schallendes Gelächter aus. Die Kühe grasten friedlich auf den Weiden, und es war nicht ungewöhnlich, dass ein paar von ihnen neugierig durch die Gassen schlenderten, als ob sie die Neuigkeiten des Tages auf ihre eigene, gemütliche Weise in Erfahrung bringen wollten. Einmal hatte eine besonders neugierige Kuh sogar versucht, die Dorfschmiede zu betreten, was zu einem chaotischen, aber höchst unterhaltsamen Schauspiel führte, als die Dorfbewohner versuchten, sie wieder hinauszuschaffen. “Vielleicht wollte sie einfach nur sehen, ob sie auch Hufeisen bekommen kann!“, rief der Schmied lachend, als er versuchte, das störrische Tier wegzuziehen.
Das Dorf selbst war eine Ansammlung von etwa fünfzig Langhäusern, die in einem lockeren Kreis angeordnet waren und von einer hölzernen, doppelt Mannshohen Palisadenmauer umgeben war.. Jedes Haus war aus groben Holzbalken gebaut, mit Dächern aus Schilfrohr und Moos, die im Frühling oft von frischem Grün überzogen waren. Die Balken über den Türen waren zumeist mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Zwischen den einzeln stehenden Häusern erstreckten sich schmale, unbefestigte Pfade, die sich durch den sandigen Boden schlängelten und von kleinen Blumen gesäumt waren, die mutig ihre Köpfe dem Frühlingslicht entgegenstreckten.
Der Hafen von Skovkyst
Dicht am steilen Ufer, wo auch die Fischerboote fest gemacht waren, standen einige einfache Holzhütten, in denen die Fischer ihre Netze und Werkzeuge unterbrachten. Auch wenn das Ufer des natürlichen Hafens etwas steil war, so lag der Hafen doch geschützt vor den Winterstürmen. Ein Vorteil den die rauen Seefahrer zu schätzen wussten. Alle anderen Gebäude des Dorfes befanden sich innerhalb der festen Palisadenmauer. Vorsicht war ratsam in dieser Epoche.
Die Menschen dieser Region lebten in einfachen, aber robusten Häusern, die für das raue Klima der Küste gebaut waren. Jedes Haus hatte ein großes offenes Feuer in der Mitte, das gleichzeitig zum Kochen und Heizen diente. Die Räume waren oft vom Rauch erfüllt, da die Abzüge nicht perfekt funktionierten, aber die Bewohner waren daran gewöhnt und nahmen es als Teil ihres Lebens hin.
Die Männer des Dorfes verbrachten die meisten Tage auf See oder auf den Feldern. Sie waren kräftige, wettergegerbte Männer, die das harte Leben gewohnt waren. Ihr Alltag war geprägt von der harten Arbeit auf den Feldern oder dem riskanten Fischfang auf dem offenen Meer. Bisweilen jedoch gingen einige der Männer auch auf Raubzüge … Die Wikingfahrten wie man es nannte. Nicht alle kehrten von diesen Plünderzügen zurück, die oft viele Monate dauerten. Auch Snorre, der sieben Sommer ältere Bruder von Nils war auf einen dieser Raubzüge gegangen und mit Kriegern aus der Umgebung nach England gesegelt um dort Ruhm und Beute zu erlangen. Snorre war nie von seiner ersten Reise als Wikinger zurück gekehrt. Sein toter Körper lag nun in der kalten Erde einer fernen, fremden Insel. Die Skalden sangen Lieder über seine Tapferkeit … Dies änderte jedoch nicht die Tatsache, dass Snorre nun in Walhalla speiste und nie zurück kehren würde. Nils vermisste seinen älteren Bruder, zu dem er stets eine starke Bindung besessen hatte .
Nils' Vater, ein ehemaliger Krieger von großem Ruf, war heute nur noch ein Fischer, der oft tagelang auf See war, um die Familie zu ernähren. Er war ein großer, kräftiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht und Händen, die von der harten Arbeit rau waren. Seine Augen hatten die Farbe des Meeres, und er sprach selten, aber wenn er es tat, dann lauschten alle aufmerksam seinen Worten, die er dann mit tiefer Stimme kundtat.
Die Frauen kümmerten sich um den Haushalt, die Kinder und die Tiere. Sie bereiteten das Essen zu, flickten Kleidung und flochten Körbe. Nils' Mutter war eine freundliche Frau mit einem warmen Lächeln und einer ruhigen Stimme, die selbst das unruhigste Kind beruhigen konnte, gewesen. Sie war an einem Fieber gestorben als Nils erst zehn Sommer alt war. Sein Vater hatte sich im darauf folgenden Sommer eine neue Frau als seine neue Gefährtin genommen.
Seine Stiefmutter war stets gut zu Nils gewesen. Ihr Haar war immer in einem dicken Zopf geflochten, und ihre Hände waren geschäftig, egal ob sie kochte, nähte oder wusch. Oft saß sie lachend mit den anderen Frauen des Dorfes zusammen und nähte zusammen mit diesen Kleidungsstücke für die Männer und Kinder des Dorfes. Die vier jüngeren Geschwister von Nils krabbelten dann oft um die Frauen herum und spielten mit einfachen Holzspielzeugen.
Nils Zuhause war ein kleines Langhaus, das er mit seinen Eltern und vier jüngeren Geschwistern teilte. Der Boden bestand aus gestampfter Erde, und das strohgedeckte Dach hielt den Regen nur notdürftig ab. Der Rauch des offenen Feuers im Zentrum des Raumes hing oft schwer in der Luft, da der Rauchabzug meistens nicht perfekt funktionierte. An den Wänden des Wohnraumes hingen dichte Bündel getrockneter Kräuter, und der Duft von Thymian und Rosmarin vermischte sich mit dem Holzrauch. Einfache Holzmöbel, die von Nils' Vater selbst gezimmert waren, standen im Raum, und bunte, dicht gewebte Wolldecken und Felle boten etwas Komfort.
Als Kind verbrachte Nils viel Zeit damit, durch die Wälder zu streifen, immer auf der Suche nach Abenteuern. Er liebte es, sich vorzustellen, ein großer Krieger zu sein, der in der Fremde gegen Feinde kämpfte und dort reiche Schätze erbeutete. Oft spielte er mit anderen Kindern des Dorfes, und sie bauten sich Schwerter aus Holz und Schilde aus Rinde. Nils war der Anführer ihrer kleinen Bande, und seine lebhafte Fantasie machte ihre Spiele zu geradezu epischen Schlachten. Die anderen Kinder, die zusammen mit ihm die Spiele spielten liebten seine Fantasie. Jedoch konnte Nils es nicht verhindern auch hier seine Tolpatschigkeit zu zeigen.
Einmal, als Nils und seine Freunde im Wald spielten, kletterte er auf einen Baum, um eine bessere Aussicht zu haben. Doch kaum hatte er den ersten Ast erreicht, rutschte er ab und landete unsanft auf dem Boden. Die anderen Kinder lachten und halfen ihm wieder auf die Beine. “Du bist ein tapferer Krieger, Nils, aber vielleicht solltest du dich mehr auf das Kämpfen und weniger auf das Klettern konzentrieren“, sagte sein Freund Lars grinsend. “Klettern brauchst du später nicht mehr aber das Kämpfen muss ein Krieger beherrschen.“
Ein anderes Mal, als sie sich in einer besonders wilden Schlacht gegen ihre imaginären Feinde befanden, schwang Nils sein Holzschwert so enthusiastisch, dass er versehentlich ein Hühnergehege traf, und die Hühner wild umher flatterten. Der Hahn flatterte auf Nils Kopf, verkrallte sich in dessen Haaren und krähte dabei laut. Das gesamte Dorf lachte herzhaft, und Nils' Vater kommentierte trocken: “Wenn du das nächste Mal gegen die Hühner kämpfst, Sohn, solltest du sie vielleicht vorher um Erlaubnis fragen.“
Im Frühling, wenn das Eis endlich schmolz und das Land wieder fruchtbar wurde, war die beste Zeit des Jahres. Die Dorfbewohner arbeiteten gemeinsam, um die Felder zu bestellen und die neuen Saaten auszubringen. Als er älter wurde half Nils seinem Vater oft bei der harten Arbeit des Fischfangs und half auch seiner Mutter bei den alltäglichen Aufgaben. Dies war für einen heranwachsenden Jüngling in diesen Zeiten selbstverständlich und entsprach dem Brauchtum. Diese Zeiten der Zusammenarbeit stärkten das Gemeinschaftsgefühl und schufen ein Netz der Unterstützung, auf das sich jeder verlassen konnte.
Doch es waren auch gefährliche Zeiten. Immer wieder zogen fremde Krieger raubend, plündernd und brandschatzend durch das Land und das Dorf musste stets wachsam bleiben. Nils erinnerte sich gut an die Geschichten, die an langen Winterabenden am Feuer erzählt wurden … Geschichten von blutigen Schlachten und verlorenen Freunden. Sein Vater hatte ihm beigebracht, wie man ein Schwert führte, und obwohl Nils noch jung war, wusste er, dass auch er eines Tages sein Heim und natürlich auch seine Familie verteidigen musste.
Es war jedoch auch eine Zeit, in der der starke Geist der Gemeinschaft hochgehalten wurde, weil dies der Ehre, den alten Traditionen und Sitten entsprach. Die Dorfbewohner halfen einander, bauten gemeinsam Häuser, und bei Festen und Feiern teilten sie das Wenige, das sie hatten. Besonders eindrucksvoll waren die Sonnenwendfeiern, bei denen das ganze Dorf zusammenkam, um den längsten Tag des Jahres zu feiern. Es wurde getanzt, gesungen und gelacht, und für einen Moment schienen bei diesen Festen alle Sorgen des Alltags vergessen. Große Feuer wurden bei diesen Festen entzündet, und das flackernde Licht der Flammen und die Wärme des Feuers schufen dann eine geradezu magische Atmosphäre. Die Männer und Frauen des Dorfes führten die uralten Rituale auf, um die Götter um eine reiche Ernte, Glück und Schutz vor Feinden zu bitten.
Die Dorfbewohner führten ein einfaches, hartes Leben, das von den Rhythmen der Natur und den ständigen Bedrohungen des Krieges geprägt war. Doch eines Tages änderte sich Nils' Leben auf unerwartete Weise grundlegend.
Ein gefangener Mönch wurde ins Dorf gebracht, gefangen genommen während eines Überfalls auf ein Kloster, an der Englischen Küste. Es war zu dieser zeit Brauchtum bei den Völkern des Nordens gefangene Feinde als Sklaven zu verkaufen oder aber selbst zu behalten. Der Mönch, ein stiller Mann mit freundlichen Augen und einem langen und schon löchrigen, braunen Gewand, trug ein kleines, ledergebundenes Buch bei sich, das er wie einen Schatz hütete. Der Krieger aus dem Nachbardorf, der diesen Mönch in England gefangen genommen hatte, wollte ihn verkaufen, da er selbst bereits zwei Sklaven besaß und nicht noch einen weiteren Menschen durchfüttern wollte. Es lag dem Krieger mehr an den Silberstücken, die er durch den Verkauf seines Sklaven erhielt.
Die Dorfbewohner waren zunächst misstrauisch gegenüber dem neuen Sklaven, den Nils Vater für zwanzig Silberstücke gekauft hatte, doch der Dorfälteste, ein allseits angesehener alter Krieger mit nur noch einem Bein und einem Auge, erkannte schnell, dass der Mönch wertvolles Wissen besaß. Es war ungewöhnlich, aber der Dorfälteste beschloss, dass Wissen Macht bedeutete, und die Geschichten und das Wissen des Mönchs könnten eines Tages nützlich für das Dorf und seine Bewohner sein. So erlaubten sie dem Mönch sich relativ frei im Dorf zu bewegen und beauftragten ihn damit, die Kinder zu unterrichten.
Nils war besonders fasziniert von den Geschichten und der Weisheit, die der Mönch zu teilen hatte. Der Mönch brachte ihm das Lesen und Schreiben bei, und Nils verschlang jedes Buch und jede Schriftrolle, die er in die Hände bekam, Bücher waren zu dieser Zeit selten und wertvoll. Im Heimatdorf von Nils gab er ihrer nur rund zwei Dutzend. Diese Bücher stammten von einem Raubzug, erbeute aus einem Kloster an der fernen Frankenküste. Er lernte Geschichten von den Heldentaten alter Krieger, von den Sternen am Himmel und den Geheimnissen der Natur. Die Dorfbewohner fanden es seltsam, einen jungen Wikinger mit einem Buch in der Hand zu sehen, aber sie respektierten seinen Wissensdurst und seine Fähigkeiten, sein durch die Bücher erworbenes Wissen an andere weiter zu geben.
Die Unterrichtsstunden fanden oft im Freien statt, unter dem schützenden Dach der uralten Bäume oder am steinigen Ufer des Meeres. Der Mönch zeichnete Symbole in den Sand und erklärte ihre Bedeutung, während die Wellen leise an den Strand plätscherten. Nils lernte, die lateinischen Buchstaben zu schreiben, und er war stolz, als er endlich seinen eigenen Namen auf ein Stück Pergament schreiben konnte.
Manchmal saßen sie stundenlang nebeneinander auf Felsbrocken am Strand und der Mönch erzählte Geschichten aus der Bibel oder von fernen Ländern. Nils war besonders beeindruckt von den Geschichten über Fürsten und Helden, die gegen Drachen kämpften und Königreiche retteten. Diese Geschichten inspirierten natürlich seine eigenen Träume von Abenteuern und glorreichen Heldentaten.
Oft saß Nils abends allein im Wald, las bei schwachem Licht des Mondes und ließ sich von den Schriften der Bücher in die ferne Welten entführen, die die Worte des Mönchs ihm eröffneten.
Doch das Lernen war nicht immer einfach für den jungen Nils. Eines Tages, als Nils wieder einmal besonders unkonzentriert war, weil er an das bevorstehende Frühlingsfest dachte, schüttelte der Mönch den Kopf und sagte: “Nils, du musst lernen, dich zu fokussieren. Ein Krieger, der seine Aufmerksamkeit nicht auf das Schlachtfeld richtet, ist schnell ein toter Krieger. Deine Gegner warten nur darauf, dass du unaufmerksam bist.“ Nils nickte nachdenklich und versuchte, sich zu konzentrieren, aber die Vorfreude auf das Fest ließ ihn immer wieder abschweifen.
Der Mönch, dessen Name Brother William war, erzählte Nils während des Unterrichts oftmals Geschichten von fernen Ländern und fremden Kulturen, die der Junge sich nur schwer vorstellen konnte. Er sprach von mächtigen Königen und großen Städten, von goldenen Tempeln und endlosen Wüsten. Nils hörte fasziniert zu und stellte unzählige Fragen. Er wollte alles wissen, wollte die Welt verstehen, die so viel größer und komplexer war als sein kleines Dorf und die Umgebung in der er aufwuchs. Nils konnte sich nur schwer vorstellen, dass es Städte geben sollte, in denen tausende von Menschen zusammen lebten.
Brother William erkannte schnell das Potenzial in Nils und förderte seinen Wissensdurst. Er brachte ihm nicht nur das Lesen und Schreiben bei, sondern auch grundlegende Mathematik und die ihm ebenfalls bekannten Prinzipien der Navigation auf See, wobei man nach den Sternen am Nachthimmel seinen Kurs berechnete. “Eines Tages wirst du vielleicht ein großer Entdecker oder Krieger“, sagte der Mönch mit einem Lächeln, “Aber vergiss dabei nie, dass Wissen genauso mächtig ist wie ein scharf geschliffenes Schwert.“
Nils nahm diese Worte tief in sich auf und begann, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Die Bücher und Geschichten eröffneten ihm neue Perspektiven und ließen ihn von Abenteuern in fernen Ländern träumen. Er wusste, dass sein Platz momentan noch in Skovkyst war, doch er verspürte immer stärker den Drang, die unendliche Welt zu erkunden und seine eigenen Geschichte in die Epen seines Volkes zu schreiben.
Ein paar Jahre vergingen und Nils wurde zu einem Jüngling von fünfzehn Sommern. Er hatte sich bereits zu einem geschickten und starken Krieger entwickelt, aber sein Wissensdurst war noch immer ungestillt. Die vielen Geschichten von Brother William hatten in ihm den Wunsch geweckt, die Welt zu erkunden und eigene Abenteuer zu erleben. Die täglichen Aufgaben im Dorf, das Fischen, Jagen und die Hilfe bei der Verteidigung des Dorfes, begannen ihm nicht mehr zu genügen.
Eines Abends, als die Dorfbewohner um das große Feuer in der Mitte des Dorfes versammelt waren, um den Erfolg des Tages zu feiern, kam ein alter, wettergegerbter Seefahrer namens Bjorn ins Dorf. Bjorn war ein ehemaliger Wikinger, der viele Länder bereist und unzählige Schlachten geschlagen hatte. Seine Geschichten vom weiten Meer, von fernen Ländern und großen Abenteuern faszinierten Nils von Anfang an. Bjorn erzählte von Städten mit goldenen Dächern, von Schlössern, die bis weit in den Himmel empor ragten, und von Reichtümern, die jenseits der Vorstellungskraft lagen. Er sprach von Gefahren und Herausforderungen, von Monstern, die die weiten Meere unsicher machten, und von fremden Kulturen, die ebenso faszinierend wie fremdartig waren. Für Nils war es kaum vorstellbar, dass es Menschen mit schwarzer haut geben sollte oder aber öde, trockene Gegenden an Land, wo es nur Sand und überhaupt kein Wasser gab. Das Meer war den Menschen des Nordens ein ewiger Freund genauso wie ein ewiger Gegner. Es versorgte sie mit Nahrung aber konnte auch bisweilen ein Schiff spurlos verschwinden lassen.
“Das weite Meer“, sagte Bjorn mit seiner rumpelnden, rauen Stimme, “ist wie ein grausamer, aber auch gerechter Herr. Es belohnt die Tapferen und verschlingt die Schwachen. Wer das Meer bezwingen will, muss bereit sein, alles zu riskieren.“
Diese Worte hinterließen einen tiefen Eindruck bei Nils. Das Meer rief nach ihm, und er wusste, dass er diesem Ruf irgendwann folgen musste. Doch er wusste auch, dass es nicht einfach sein würde, sein Zuhause und seine Familie zu verlassen. Die Verantwortung gegenüber seiner Familie, ganz besonders gegenüber seinen jüngeren Geschwistern, die ihm sehr am Herzen lagen, lastete schwer auf ihm.
In den folgenden Tagen suchte Nils Rat bei Brother William. Der Mönch, dem der junge Nils wie einen Sohn ans Herz gewachsen war, sah den inneren Konflikt in den Augen des jungen Mannes.
“Du bist ein guter Sohn und Bruder, Nils“, sagte Brother William sanft, “aber dein Herz sehnt sich nach mehr. Manchmal müssen wir unseren eigenen Weg finden, auch wenn es bedeutet, dass wir die Menschen, die wir lieben, für eine Weile zurücklassen müssen. Doch denke daran, dass die Weisheit und das Wissen, die du erlangst, eines Tages auch deinem Dorf und deiner Familie zugutekommen können.“ Nils wusste, dass Brother William recht hatte.
Das Frühlingsfest war ein großes Ereignis im Dorf. Die Vorbereitungen begannen bereits Wochen im Voraus, und alle Dorfbewohner beteiligten sich daran. Es wurde getanzt, gesungen und viel gelacht ... und für einen Moment schienen alle Sorgen des Alltags vergessen. Große Feuer wurden entzündet und das flackernde Licht und die Wärme schufen eine fast magische Atmosphäre. Männer und Frauen führten alte Rituale auf, um die Götter um eine reiche Ernte und Schutz vor Feinden zu bitten. Es war wichtig, die Gunst der Götter auf seiner Seite zu wissen. Odin Loki, Freja oder Thor kümmerten sich nur selten um die Belange der Menschen. Man durfte es jedoch keineswegs riskieren ihren Zorn zu erregen. Die Rache eines verärgerten Gottes konnte schlimm für die Menschen ausfallen, die sich deshalb stets dem Willen ihrer grimmigen Götter beugten und alles taten um ihre Götter zu besänftigen.
Nils liebte das Frühlingsfest, besonders wegen der Wettkämpfe, die stattfanden. Es gab Wettläufe, Ringen und Bogenschießen, und die jungen Männer des Dorfes konnten ihre Kräfte messen. Obwohl Nils nicht der Geschickteste war, nahm er jedes Jahr voller Enthusiasmus teil. Einmal, bei einem Wettlauf, stolperte er über seine eigenen Füße und fiel der Länge nach in den Schlamm. Das ganze Dorf lachte, und Nils stand auf, verbeugte sich theatralisch und rief dann: “Das war nur eine Aufwärmübung!“ Einer der lachenden Dorfbewohner empfahl im doch derartige Übungen abseits der Schlammlöcher zu machen. Dies wäre sicher besser für die Kleidung. Da Nils der Schlamm förmlich aus den Ärmeln tropfte konnte er dies kaum widerlegen.
Bereits im frühen Kindesalter begann die Waffenausbildung eines jungen Wikingers, der später zu einem gefürchteten Krieger heranwachsen sollte, wenn er denn seine erste Schlacht überlebte, wofür es natürlich keine Garantie gab. Viele junge Männer hatten dies mit endgültiger und abrupter Erkenntnis feststellen müssen. Auch Nils ging durch diese harte Schule und wurde so zu einem Krieger ausgebildet, der es verstand seine Waffen im Kampf mit tödlicher Präzision einzusetzen.
Mit sechs Jahren war der Junge kaum mehr als ein Kind, aber die Erwartungen an ihn waren bereits hoch. Die ersten Lektionen begannen mit einfachen Übungen zur Stärkung seines Körpers und seiner Ausdauer. Unter der strengen Aufsicht seines Vaters und älterer Dorfbewohner verbrachte er Stunden damit, Holzblöcke zu schleppen, schwere Steine zu heben und durch die dichten Wälder zu rennen. Diese Aktivitäten dienten nicht nur der körperlichen Ertüchtigung, sondern auch der Entwicklung von Disziplin und Durchhaltevermögen.
Parallel dazu begann er, grundlegende Techniken im Umgang mit verschiedenen Waffen zu erlernen. Sein Vater schnitzte ihm ein kleines Holzschwert, das so leicht war, dass er es problemlos halten konnte. Die ersten Übungen bestanden darin, einfache Schläge und Stiche zu üben. Anfangs war der Junge noch ungeschickt, seine Bewegungen waren unbeholfen und er stolperte oft über seine eigenen Füße. Doch mit jedem Tag wurde er sicherer, da Fehler stets hart bestraft wurden.
Besonderes Augenmerk wurde auf das Gleichgewicht und die Körperhaltung gelegt. Der Junge musste auf Baumstämmen balancieren, während er gleichzeitig einfache Hiebe ausführte. Diese Übungen schulten seine Koordination und halfen ihm, die Kontrolle über seine Bewegungen zu erlangen. Obwohl er oft hinfiel und frustriert war, trieb ihn der Ehrgeiz an, sich zu verbessern. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass Nils, in der Anfangszeit, bei drei von vier Versuchen versagte. Später änderte sich dies jedoch. Seine Tolpatschigkeit schien zu verschwinden, sobald er eine Waffe in der Hand hielt.
Im Alter von acht Jahren wurde die Ausbildung intensiver. Sein Holzschwert wurde durch eine leichtere Version eines echten Schwertes ersetzt, und er begann, mit einem kleinen Schild zu trainieren. Der Schild war schwer und ungewohnt, und anfangs fiel es ihm schwer, sowohl das Schwert als auch den Schild gleichzeitig zu handhaben. Oft ließ er eine der beiden Waffen fallen oder verlor das Gleichgewicht. Bisweilen waren die erfahrenen Krieger, die mit der Waffenausbildung der jungen Männer betraut wurden, ratlos über das Ungeschick von Nils.
Die älteren Krieger des Dorfes, die seine Ausbilder waren, zeigten ihm, wie man den Schild nicht nur zur Verteidigung, sondern auch als Waffe einsetzt. Er lernte, wie man Angriffe blockiert, den Schild gegen Gegner rammt und ihn benutzt, um seine Bewegungen zu verstecken und unvorhersehbare Angriffe zu starten. Diese Techniken erforderten eine präzise Koordination und viel Übung. Besonders in dieser Zeit erlitt Nils mehr blaue Flecken und Abschürfungen, als je zuvor in seinem Leben. Er wurde in den Gebrauch verschiedener Schwertarten eingeführt, von kurzen, handlichen Schwertern, wie dem Sax, bis hin zu längeren, schwereren Klingen. Jede Waffe hatte ihre eigenen Techniken und erforderte unterschiedliche Ansätze im Kampf. Diese Vielfalt half ihm, ein umfassendes Verständnis für den Schwertkampf zu entwickeln. Die Lektionen waren hart und tränenreich. Schnittwunden blieben bei dem Jüngling nicht aus. Nils lernte jedoch zusehends aus seinen Fehlern.
Mit elf Jahren begann der Junge, auch andere Waffen zu erlernen. Die Axt, ein Symbol der Wikingerkrieger, wurde zu einem zentralen Bestandteil seiner Ausbildung. Anfangs war der Umgang mit der Axt besonders schwierig. Die Waffe war schwer und unhandlich, und ihre Verwendung erfordert eine andere Technik als das Schwert. Die Axt verlangte mehr Kraft und Präzision, da sie oft mit einer einzigen, mächtigen Bewegung geführt wurde. Nils hatte hier einen gewissen Vorteil, da er für sein Alter bereits deutlich kräftiger war, als andere Jünglinge seiner Altersklasse. Gegen einen erwachsenen Krieger, mit echter Kampferfahrung, jedoch war er noch immer chancenlos.
Sein Vater zeigte ihm, wie man die Axt effektiv schwingt, wie man Schwachstellen in der Rüstung eines Gegners ausnutzt und wie man die Waffe sowohl zum Angriff als auch zur Verteidigung einsetzt. Der Junge übte stundenlang an Holzpuppen und Bäumen, bis er die Techniken beherrschte. Allmählich wurden seine Bewegungen geschmeidiger und kontrollierter, und er begann, die Axt mit einer Kombination aus roher Kraft und geschickter Technik zu führen, die er allmählich durch sich ständig wiederholende Übungen erlernte..
Zur gleichen Zeit wurde er in den Gebrauch des Speers eingeführt. Der Speer war eine vielseitige Waffe, die sowohl im Nahkampf als auch aus der Ferne eingesetzt werden konnte. Er lernte, wie man den Speer wirft, wie man ihn im Nahkampf verwendet und wie man sich gegen Angriffe verteidigt. Das wichtige Training mit dem Speer erforderte von dem heranwachsenden nicht nur Aufmerksamkeit sondern auch ein gutes Gefühl für Distanz und den richtigen Zeitpunkt um die Waffe gegen einen Gegner einzusetzen.
Mit vierzehn Jahren begann der Junge, sich auch im Bogenschießen zu üben. Der Bogen war eine wichtige Waffe der Wikinger, sowohl für die Jagd als auch im Kampf. Das Bogenschießen erforderte eine andere Art von Konzentration und Geduld. Der Junge verbrachte Stunden damit, auf Ziele zu schießen, die in verschiedenen Entfernungen aufgestellt waren. Er lernte, wie man den Bogen spannt, wie man die Pfeile richtig hält und zielt, und wie man den Wind und andere Umweltfaktoren berücksichtigt. Anfangs traf er selten ins Ziel. Doch langsam, mit der Zeit, wurde seine Treffsicherheit besser. Das Bogenschießen schulte seine Geduld und Konzentration, Fähigkeiten, die auch im Nahkampf von Vorteil waren. Er lernte, ruhig zu bleiben und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, selbst wenn er unter Druck stand.
Mit sechzehn Jahren war der Junge kein Kind mehr, sondern ein junger Mann, der sich in der Kunst des Krieges bewährte. Neben der körperlichen Ausbildung begann nun auch das Studium der Taktik und Strategie. Zum Erstaunen der Krieger, die ihn ausbildeten, hatte Nils eine instinktive Begabung dafür, die Züge des Gegners einzuschätzen und vorher zu sehen. Ein wichtiger Bestandteil dieser Phase war das Verständnis der Kampfformationen und der Zusammenarbeit in einer Gruppe. Die Wikinger kämpften oft in eng koordinierten Einheiten, und der junge Mann musste lernen, wie man als Teil eines Ganzen effektiv agiert. Er nahm an gemeinsamen Übungen mit anderen jungen Kriegern teil, bei denen sie verschiedene Formationen und Taktiken ausprobierten.
Die Jahre seiner Ausbildung hatten ihn von einem ungeschickten Jungen zu einem erfahrenen Krieger gemacht, der bereit war, sich den Herausforderungen der Welt zu stellen. Sein Weg war geprägt von harter Arbeit, Entbehrungen und dem unermüdlichen Streben nach Perfektion. Die Fähigkeiten und Tugenden, die er während seiner Ausbildung erworben hatte, würden ihn sein ganzes Leben lang begleiten und ihm helfen, sich in der Welt der Wikinger zu behaupten. Die langen Jahre der Ausbildung hatten ihn nicht nur körperlich stark gemacht, sondern auch seinen Charakter geformt. Er hatte in dieser Zeit Disziplin, Geduld und Durchhaltevermögen entwickelt, Fähigkeiten, die ihn nicht nur im Kampf, sondern auch im Leben leiten würden. Die strenge und harte Ausbildung hatte ihn auf die Herausforderungen des Lebens vorbereitet und ihm das Selbstvertrauen gegeben, das er als zukünftiger Krieger benötigen würde. Nils würde, als Krieger, weiterhin neue Techniken und Taktiken erlernen und seine Fähigkeiten verfeinern. Die Ausbildung eines Wikingers war ein lebenslanger Prozess, und obwohl er nun von anderen Kriegern ausgebildet worden war, wusste er, dass er immer noch viel zu lernen hatte.
Vier Jahre nach seiner Ankunft im Dorf verstarb der Mönch unerwartet und Nils fühlte einen tiefen Verlust. Der Mönch war mehr als nur ein Lehrer gewesen, er war ein Freund und Mentor, der ihm eine Welt jenseits der Küste und der Wälder gezeigt hatte. Das Dorf begrub den toten Körper des Mönches in der Erde und stellte ein einfaches Holzkreuz auf das Grab. Dies geschah auf das Drängen von Nils Stiefmutter hin, die mit dem Mönch oft über die Bibel und den christlichen Glauben diskutiert hatte. Nils Vater hingegen hatte kein Verständnis für derartige Heilslehren und geriet regelmäßig in Wut, wenn seine Frau mit ihm darüber reden wollte. Nils versprach, seiner Stiefmutter, das Wissen und die Weisheit, die ihm der Mönch hinterlassen hatte, in Ehren zu halten und an andere Menschen weiter zu geben.
Die Erinnerungen und das Verlangen nach mehr Wissen trieben ihn an und formten seine Träume von Abenteuern und Entdeckungen. Nils wusste, dass er die Lehren des Mönchs nutzen würde, um seine eigenen Träume zu verfolgen und vielleicht eines Tages seinen eigenen Namen in die Geschichte einzuprägen, sodass er an den kalten Winterabenden an wärmenden Feuern von Skalden besungen wurde ... Möglicherweise sogar in Runen eingeritzt in einen Felsen der an der Küste stand, sodass Reisende die Kunde von seinen Taten dort lesen konnten. Derartiges erschien Nils als das wohl wichtigste Vermächtnis, welches ein Krieger anstreben konnte. Die mächtigen Könige wurden über viele Jahrhunderte hinweg von den Skalden besungen. Ein einfacher Krieger jedoch wurde in der Regel schnell wieder vergessen.
Nils wuchs in diesem einfachen, aber lebhaften Umfeld auf. Mit der Zeit entwickelte der Junge sich zu einem beeindruckender junger Mann, dessen blondes Haar und noch dünner Bart ihm ein markantes Aussehen verliehen. Er war stark wie ein Bär, doch dabei oft auch so tolpatschig wie ein junges Fohlen, das gerade seine ersten Schritte macht. Seine Freunde und Familie schätzten ihn für seine Gutmütigkeit und seinen unerschütterlichen Optimismus, auch wenn er nicht selten über seine eigenen Füße stolperte oder versehentlich Dinge umwarf. Die körperliche Entwicklung von Nils führte auch dazu, dass er die jungen Frauen des Dorfes nun mit anderen Augen betrachtete. Diese hingegen blickten den Jüngling jetzt bisweilen mit merkwürdigen Blicken an und auch die älteren Frauen hatten bisweilen ein seltsames Lächeln auf den Lippen, wenn sie Nils anschauten. Schnell sammelte der junge Nils erste Erfahrungen damit, welche körperlichen Unterschiede es zwischen Männern und Frauen gab.
Nils war jetzt ein junger Mann, der gerade ins Jünglingsalter kam, seine Muskeln begannen zu wachsen, und sein anfänglich spärlicher Bartwuchs war bereits jetzt durch dichtes Gesichtshaar ersetzt worden, auf das Nils stolzwar und seinen Bart mit einer Hingabe pflegte, die ihm oft den Spott der anderen einbrachte. Er war von jedoch von kräftiger Statur, hoch gewachsen, mit bereits deutlichen Muskeln, mit blondem Haar, das wild um seinen Kopf herumwirbelte, und blauen Augen, die vor Unschuld und Neugierde funkelten. Nils selbst war sich seiner Wirkung auf die Frauen nicht bewusst. Diesen jedoch war sein Äußeres mehr als klar bewusst. Er war ein attraktiver junger Mann, und das wussten auch die Mädchen und Frauen seines Heimatdorfes. In diesen Zeiten suchte man sich früh einen Partner oder eine Partnerin.
Nils Olavson
Wenn Nils durch die engen Gassen seines Dorfes schlenderte, konnte er die bewundernden Blicke der Dorfschönheiten spüren, die sich um ihn scharten wie Bienen um einen Honigtopf. Sie lächelten ihm zu, flirteten mit ihm und tuschelten hinter vorgehaltener Hand über den hübschen jungen Mann, der so vielversprechend in die Zukunft blickte. Ein junger ungebundener Mann, der voraussichtlich die Grundlagen dafür besaß, einst ein großer Krieger zu werden und seiner späteren Partnerin dann Reichtum von den Plünderfahrten mit nach hause zu bringen.
Nils genoss die Aufmerksamkeit der Mädchen und Frauen, er fühlte sich geschmeichelt von ihren Avancen und genoss es, der Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit zu sein. Er war ein junger Mann voller Lebenslust und Abenteuerlust, bereit, das Leben in vollen Zügen zu genießen und jede Gelegenheit zu nutzen, die sich ihm bot.
Doch seine Flirts und Scherze blieben nicht unbemerkt, und bald schon begannen sich Komplikationen anzubahnen. Einige der Mädchen waren eifersüchtig auf die Aufmerksamkeit, die er anderen schenkte, und begannen, gegen ihn zu intrigieren, um seine Gunst zu gewinnen.
Es kam auch zu einigen Missverständnissen und Missgeschicken, die Nils in unangenehme Situationen brachten und ihn mehr als einmal in Verlegenheit brachten. Einmal wurde er von einer Gruppe eifersüchtiger Mädchen in einen Fass voller saurer Milch gestoßen, ein anderes Mal wurde er von einer wütenden Horde von Hühnern verfolgt, nachdem er versehentlich das Eiernest gestört hatte, als er mit einem Mädchen dort, im dunklen Hühnerstall, erste Küsse austauschte.
Doch das Schlimmste kam noch, als Nils sich versehentlich an die Tochter des Dorfältesten heranmachte und vom Dorfältesten inflagranti mit ihr erwischt wurde. Die Szene war peinlich und kompromittierend, und Nils wusste, dass er in ernsten Schwierigkeiten steckte.
Als sein Vater davon erfuhr, war er außer sich vor Wut. Er packte Nils am Kragen seines Hemdes und schüttelte ihn wie eine Puppe. "Was hast du dir dabei gedacht, du dummer Junge?", schrie er, sein Gesicht war rot vor Zorn. "Hast du keinen Anstand? Keinen Respekt vor den Traditionen und dem Ansehen unserer Familie?"
Nils versuchte sich wortreich zu verteidigen, doch sein Vater war nicht zu beruhigen. Er zog seinen Gürtel aus den Schlaufen seines Übergewands und begann dann, Nils damit zu verprügeln, seine Worte von Schlägen begleitet. "Das wird dir eine Lehre sein, Junge", brüllte er, seine Stimme brach vor Zorn. "Das nächste Mal wirst du zweimal überlegen, bevor du dich mit einer Frau einlässt, die dir nicht gehört! Sich dann dabei auch noch von deren Vater erwischen zu lassen ist der Gipfel der Dummheit."
Die Dorfbewohner versammelten sich um die Szene, einige mit besorgten Blicken, andere mit belustigtem Grinsen. Leises Gelächter erklang. Es war ein Spektakel, das sie nicht oft erlebten, und sie genossen es, zuzusehen, wie der junge Nils eine schmerzvolle Lektion in Respekt und Anstand erhielt.
Als die Prügelstrafe vorbei war, schleppte Nils sich müde und gedemütigt zu seinem Elternhaus, sein Gesicht von Tränen und Scham gerötet. Er hatte eine wichtige Lektion gelernt, eine Lektion, die er so schnell nicht vergessen würde. Und obwohl sein Stolz verletzt war und sein Körper schmerzte, wusste er, dass er aus seinen Fehlern lernen und sich bemühen musste, ein besserer Mann zu werden … oder sich nicht mehr erwischen zu lassen. Nach einigen Tagen angestrengten Nachdenkens entschloss Nils sich dazu, sich einfach nicht mehr erwischen zu lassen. Dies schien ihm die beste Option zu sein.
Eines Morgens im Frühling, im Jahr nach dem Tod des Mönches, als die Sonne über den Wipfeln der Bäume aufging und die ersten Strahlen das Dorf in ein goldenes Licht tauchten, wusste Nils, dass die Zeit gekommen war. Er versuchte, eine Kuh zu melken und bemühte sich verzweifelt dabei mehr Milch in den Eimer als auf seine Stiefel zu bekommen. Die Kuh sah ihn mit einem genervten Blick an, als wolle sie sagen: “Vielleicht bist du besser für große Abenteuer als für die einfache Arbeit hier im Dorf geeignet.“ Nils lachte und murmelte zu sich selbst: “Es ist Zeit für ein Abenteuer. Ich bin jung und stark, kann gut mit dem Schwert umgehen und will selber auch reiche Beute erobern um ein geachteter Krieger zu werden, der nicht selber die Kühe melken muss.“
Er wusste, dass die Zeit gekommen war, seine Träume zu verfolgen. Der Frühling hatte das Land in ein Meer aus Farben und Düften verwandelt, und die Sehnsucht nach fernen Ländern und neuen Erfahrungen wuchs bereits seit Jahren in ihm. Er verabschiedete sich von seiner Familie und versprach, eines Tages mit Reichtümern und aufregenden Geschichten zurückzukehren, die sie sich nicht einmal in ihren kühnsten Träumen vorstellen konnten. Natürlich erntete er damit auch Gelächter und Spott von den jungen Frauen des Dorfes. Nils ließ sich jedoch nicht von seinem jetzt gefassten Entschluss abbringen. Er war nun siebzehn Sommer alt und war überzeugt, die Welt würde nur darauf warten, von ihm erkundet zu werden. Er wollte Ruhm, Ehre und Reichtum erringen.
Nils schnürte sein Bündel, zog die alte Lederrüstung seines Großvaters über, gürtete sein Schwert und und machte sich auf den Weg, um Leif Schildspalter und seine Männer zu finden. Das Schwert war der ganze Stolz von Nils. Es war alt und bestand aus Bronze aber es war sorgsam gepflegt und bereits sein Großvater war mit dieser Waffe in die Schlacht gezogen. Auf seinem Sterbebett hatte der alte Mann diese Waffe dem damals kaum sechs Sommer alten Nils in dessen Hand gedrückt.
Leif Schildspalter war ein mächtiger, wilder Krieger und Anführer einer Gruppe von Wikingern, die für ihre Stärke und Tapferkeit bekannt waren. Mit seiner Flotte von drei Schiffen plante Leif eine Reise nach England, um Küstendörfer und Klöster zu plündern. Bereits in den Jahren vorher hatte Leif Schildspalter derartige Raubfahrten begangen und dabei reiche Beute erlangt. Die Reise würde Nils weit weg von den ihm so vertrauten, heimatlichen Wäldern und dem ruhigen Leben im Dorf führen, aber sein Herz brannte vor Abenteuerlust, dem Drang, die Welt zu sehen und irgendwo Ruhm und Beute zu erlangen.
Mit jedem einzelnen Schritt, den er von seinem Heimatdorf weg machte, fühlte Nils die Aufregung in sich wachsen. Der kühle Seewind Wind trug den Duft des Meeres zu ihm, und das Rauschen der Wellen in der Ferne klang wie ein Lied der Freiheit. Die Erinnerungen an seine Kindheit, an die Wälder und das Dorf, die ihn geprägt hatten, begleiteten ihn, während er auf dem alten Handelspfad den Wald marschierte. Eichhörnchen huschen durch das Geäst der Bäume und suchten in der Frühlingssonne ihre Nahrung. Einmal sah Nils ein Reh, welches jedoch mit schnellen Sätzen im Unterholz verschwand. Am Abend verzehrte Nils ein Stück harten Käse, welchen er, zusammen mit einem kleinen gepökelten Stück Schweinefleisch, in einem Tragebeutel auf seinem Rücken mitführte. Nils hatte ein kleines Feuer entfacht, das ihn in der Kühle der Nacht wärmen sollte. Viele Meilen hatte er heute zurück gelegt und war nun müde. Nils gähnte und schaute einen Moment zum Sternübersäten Himmel empor. Dann deckte er sich mit einer Wolldecke zu und war schnell eingeschlafen. Über ihm flogen Nachtvögel durch den Himmel. Der Wald lag schweigend und still um den Jüngling. Er würde das Dorf indem sich bereits die Krieger um den berühmten Leif Schildspalter versammelten am kommenden Tag kurz vor der Abenddämmerung erreichen. Das Abenteuer seines Lebens hatte begonnen. Nils schlief fest und traumlos. Der lange Fußmarsch hatte ihn erschöpft. Sein Schnarchen war das einzige Geräusch im sonst so stillen Nachtwald.
Nils folgte dem Handelspfad weiter, der die kleinen Dörfer an der Küste miteinander verband, und erreichte am späten Nachmittag das Dorf. Bereits von weitem konnte er erkennen, dass deutlich mehr Schiffe als üblich in dem Hafen des Dorfes festgemacht hatten. Anscheinend wollten auch andere Häuptlinge oder Kriegsherren von hier aus zur Wikingfahrt aufbrechen.
Wikingerkrieger
Als Nils endlich das Dorf betrat bemerkte er schnell, dass nicht nur Leif Schildspalter hier Männer um sich scharte sondern auch der weithin bekannte Jarl Hengist Ragnarson sich hier aufhielt und bemüht war Krieger anzuwerben. Der Entschluss von Nils stand jedoch bereits fest. Er wollte mit Schildspalter ziehen, dem man nachsagte, er würde von den Göttern besonders mit Glück bedacht. Glück war wichtig für einen Krieger. Es nutzte nicht das schärfste Schwert, wenn der Gegner mehr
Glück in einer Schlacht hatte. Ein einziger Pfeil oder ein geschleuderter Speer, den ein mutiger, starker Krieger nicht bemerkte, hatten in der Vergangenheit bereits das Leben von so manchem jungen Wikinger von einem Moment auf den anderen beendet. Deshalb wählte man seinen Anführer mit Bedacht aus. Das Verhältnis der Götter zu einem Häuptling dem man folgte, konnte jederzeit auf dessen Gefolgsleute Einfluss nehmen. Nils wusste nicht warum das so war aber der Dorfälteste seines Heimatdorfes hatte ihm einmal erklärt, dass die Götter mit der Vergabe ihrer Gunst sehr wählerisch waren, jedoch schnell ihren Missmut über alle ergossen, die sich im Umfeld eines Menschen befanden, dem sie nicht wohlgesonnen waren. Welcher Mensch vermochte schon den Willen oder die Beweggründe der Götter verstehen. Die Götter folgten ihre eigenen Regeln und Zielen. Diese waren jedoch für Menschen nicht immer zu erkennen.
Nils suchte und fand Leif Schildspalter, der hier am Hafen sein Lager aufgeschlagen hatte. Der Häuptling sprach kurz mit dem Jüngling und nahm ihn dann in seine Mannschaft auf, die sich bislang aus nahezu hundertsechzig Kriegern bestand. Sehr viel mehr Männer wollte Leif Schildspalter nicht mehr anwerben, da seine drei Schiffe bereits voll bemannt waren. Eigentlich wartete der Häuptling nun nur noch auf günstigen Wind um die Wikingerfahrt zu beginnen. Er hatte die Runen befragen lassen und die Seher hatten verkündet die Runen würden gute Vorzeichen zeigen. Für Leif Schildspalter war diese Aussage eine Erleichterung. Ebenso wie auch die meisten seiner Landsleute war er abergläubisch und achtete stets darauf die Gunst der Götter nicht zu verlieren.
Das Wikingerdorf erwachte langsam zum Leben, als die ersten goldenen Strahlen der Morgensonne über den Horizont krochen. Das sanfte Rauschen der Wellen und das ferne Rufen der Möwen vermischten sich mit dem Geruch von Salz und Fisch, während die Bewohner des Dorfes einen weiteren Tag des Handels, der Vorbereitung und der täglichen Arbeiten angingen.
Am Hafen herrschte schon früh reges Treiben, als sich jetzt die Krieger aus verschiedenen Dörfern sich für diesen bevorstehenden Raubzug versammelten. Die klobigen Langschiffe ragten stolz aus dem Wasser, ihre Segel flatterten leicht im morgendlichen Wind. Die Männer liefen geschäftig hin und her, ihre muskulösen Arme beladen mit Fässern voller Proviant, Waffen und anderen Vorräten.
Die Frauen des Dorfes standen am Ufer und winkten ihren Männern zum Abschied. Ihre Gesichter waren teils von Sorge gezeichnet, aber auch von Stolz auf die Tapferkeit ihrer Männer. Einige hatten Tränen in den Augen, während andere versuchten, stark zu sein und damit ihren Männern Mut zuzusprechen. Sie wussten, dass sie zurückbleiben mussten, um das Dorf und ihre Familien zu schützen, während die Männer auf Abenteuer auszogen.
Die Männer des Dorfes, die nicht am Raubzug teilnahmen, kehrten nach und nach zu ihren täglichen Aufgaben zurück. Einige arbeiteten auf den Feldern, während wiederum andere in ihren Werkstätten oder an den Handelsständen arbeiteten. Die Schmiede hämmerten eifrig an neuen Waffen und Rüstungen, ihre Hände geschickt und geübt im Umgang mit dem glühenden Metall. Die Geräusche von Hämmern und Ambossen erfüllten die kühle Morgenluft, während die Männer hart arbeiteten, um sicherzustellen, dass das Dorf gut verteidigt war, wenn die Krieger zurückkehrten.
Die Frauen des kleinen Dorfes waren ebenfalls fleißig, als sie sich um die täglichen Bedürfnisse ihrer Familien kümmerten. Sie bereiteten die Mahlzeiten vor, flickten Segel und sorgten dafür, dass das Dorf gut versorgt war, während die Männer des Dorfes jetzt zumeist fort waren. Ihre Hände waren geschickt und schnell, ihre Gesichter von der Sonne gebräunt und von der harten Arbeit gezeichnet.
Währenddessen spielten die Kinder fröhlich auf den Straßen des Dorfes, ihre lachenden Stimmen erfüllten die Luft. Einige spielten Fangen oder Verstecken, während andere am Ufer entlang liefen und Steine ins Wasser warfen. Es war ein idyllisches Bild, das von der harten Realität des Lebens der Wikinger überschattet wurde.
Die Sonne stieg höher am Himmel empor, und die Hitze des Tages ließ das Dorf in einen langsamen Rhythmus der Arbeit und des Lebens gleiten. Die Männer und Frauen des Dorfes arbeiteten unermüdlich, um sicherzustellen, dass das Dorf gut versorgt und verteidigt war, während die Krieger auf Abenteuer auszogen.
Als die Nacht hereinbrach, kehrte Ruhe in das Dorf ein, das nur noch vom sanften Rauschen der Wellen und dem fernen Rufen der Möwen durchdrungen wurde. Die Bewohner des Dorfes zogen sich in ihre Häuser zurück, die nur noch von den warmen Lichtern der Fackeln und Feuer erhellt wurden. Die Kinder wurden ins Bett gebracht, und das Dorf versank langsam in einen tiefen Schlaf.
Doch selbst in der Stille der Nacht ruhte das Dorf niemals ganz. Gut bewaffnete Wachen patrouillierten auf den Straßen, ihre Augen wachsam und ihre Waffen stets bereit, um das Dorf vor möglichen Gefahren zu schützen. Die Männer und Frauen, die nicht am Raubzug teilgenommen hatten, blieben wachsam und bereit, sich zu verteidigen, sollte das Dorf angegriffen werden.
In den Häusern des Dorfes saßen die Familien um die Feuerstellen versammelt, ihre Gesichter vom warmen Schein des Feuers erleuchtet. Sie erzählten sich Geschichten von vergangenen Abenteuern und Heldentaten, von den tapferen Kriegern, die einst in die Schlacht gezogen waren und Ruhm und Reichtum gefunden hatten.
Die Frauen bereiteten derweil die Mahlzeiten für den nächsten Tag vor, ihre Hände geschickt und erfahren in der Zubereitung von Speisen. Sie schnitten Gemüse, würzten Fleisch und backten Brot, während sie sich leise unterhielten und ihre Kinder ins Bett brachten, wie jeden Abend.
Die Nacht verging langsam, und die ersten Anzeichen des Morgens zeigten sich am Horizont. Die Bewohner des Dorfes erwachten langsam aus ihrem Schlaf, bereit, einen weiteren Tag des Handels, der Arbeit und des Lebens anzugehen. Die Krieger, die auf Abenteuer auszogen, würden bald zurückkehren, ihre Schiffe beladen mit Beute und Geschichten des Ruhms. Bis dahin würde das Dorf wachsam bleiben und auf alles vorbereitet sein, was die Zukunft bringen mochte. Das Leben ging weiter und es gab nie eine Garantie dafür, das ausgezogene Krieger auch wieder zurück kehrten.
Die Flotte lag wie dunkle Schatten im frühen Morgengrauen vor der Ostküste Dänemarks vor Anker. Die Luft war kühl, an diesem Tag, und eine leichte Brise kräuselte das Wasser. Leif Schildspalter, ein erfahrener und entschlossener Wikingerhäuptling, stand auf dem Deck seines Drachenbootes und betrachtete das morgendliche Meer. Neben ihm schaukelte die Flotte von Hengist Ragnarson, einem mächtigen Verbündeten und ebenso erfahrenen Seefahrer. Zusammen hatten sie sich auf eine wagemutige Expedition nach England vorbereitet, um Reichtümer und Ruhm zu erlangen.
Die Schiffe, stolz und mächtig mit ihren geschnitzten Drachenköpfen, lagen bereit. Die Männer an Bord waren kampferprobt und unruhig vor Erwartung. Die Ruderer saßen an ihren Plätzen, ihre Hände fest um die glatten Holzgriffe geklammert, die Augen zum Horizont gerichtet. Nils, ein junger und unerfahrener Krieger, stand neben einem alten Veteranen am Steuer. Der erfahrene Krieger, Bjorn genannt, zeigte ihm geduldig, wie man das Ruder hält und auf die Zeichen des Himmels und der Wellen achtet.
“Halte das Ruder fest, Junge,“ sagte Bjorn mit einer tiefen, ruhigen Stimme. “Das Meer kann sich schnell ändern, und du musst bereit sein.“
Die ersten Stunden der Reise waren ruhig. Die Schiffe glitten durch das tiefblaue Wasser, angetrieben von kräftigen Ruderern und begleitet von gelegentlichen Windstößen, die die Segel aufblähten. Die Sonne stieg langsam über den Horizont und tauchte das Meer in ein goldenes Licht. Die Männer tauschten leise Worte, ihre Stimmen gedämpft in der Stille des Morgens. Jeder wusste, dass dies nur die Ruhe vor dem Sturm war.
Die ersten Tage derReise waren friedlich. Die Flotte segelte reibungslos gen Norden, und die Männer gewöhnten sich an den Rhythmus der See. Doch das Wetter änderte sich rasch. Als sie die Meerenge des Skagerrak erreichten, zog ein dunkler, bedrohlicher Sturm auf. Die Wolken verdichteten sich, und der Wind nahm an Stärke zu. Die Wellen wurden höher und unruhiger, und das ruhige Gleiten der Schiffe verwandelte sich in ein wildes Schaukeln und Stampfen.
Der Sturm brach in voller Wucht über die Flotte herein. Regen peitschte die Männer, und der Wind heulte durch die Takelage. Die Ruderer kämpften verbissen gegen die tobenden Wellen, doch es war klar, dass sie den Elementen ausgeliefert waren. Leif Schildspalter und Hengist Ragnarson, auf ihren Schiffen brüllten Befehle, ihre heiseren Stimmen waren kaum hörbar im Sturmgetöse.
Nils kämpfte am Steuer, seine Hände fest um das Holz geklammert. Bjorn stand neben ihm, seine Augen schmal vor Konzentration. Auch er umklammerte das Ruder mit aller Kraft. “Lass dich nicht vom Sturm überwältigen,“ rief Bjorn. “Halte das Ruder fest und halte den Kurs!“
Sturm über der Nordsee