Der Weg des Paladins - Olaf Thumann - E-Book

Der Weg des Paladins E-Book

Olaf Thumann

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Beschreibung

Im hohen Norden Skandinaviens werden in einem uralten Hügelgrab geheimnisvolle Gegenstände gefunden, die aufregende Geschichten aus einer fremden, längst vergangenen, Welt erzählen... Der junge MäcBee wird unerwartet in den Dienst der Krone von Tuscelan einberufen. Dort gerät er in einen Wirbelwind von Verrat, Kampf und Hinterlist. An der Seite grimmiger Krieger schreitet der junge Held durch eine urtümliche Welt, wo übermächtige Gegner darauf lauern, seine Heimat zu vernichten. Die Zeit des Wartens ist vorbei... Nun schlagt die Trommeln, blast das Horn... Entrollt die Banner, stellt euch auf... Die Reihen fest geschlossen, grimmig ist der Blick... Lanzen brechen, Schwerter splittern... Zertreten werden soll die Brut, brennen soll'n die Dörfer... Heil den Feldherrn, Bluttag ist da... Der Stahlpakt marschiert... Ein rasanter Roman, der den Leser nicht zur Ruhe kommen lässt. Schlag auf Schlag entwickelt sich die Geschichte eines heroischen Zeitalters, einer fremdartigen, ungezähmten Welt, in der das Schwert regiert...

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Dieses Buch ist meinen Kindern gewidmet.

Covergestaltung, Karten und Illustrationen: Olaf Thumann

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

1.

Bleich und kalt scheint der Mond auf die altehrwürdigen Universitätsgebäude herab. Dunkelgraue Wolkenfetzen werden vom feuchten Novemberwind über den Himmel geschoben. An dem großen Schreibtisch sitzt ein vollkommen erschütterter Mann. Er schaut, immer noch fassungslos, auf einen dicken Stapel von Computerausdrucken. Fast 75 Jahre hat es nun gedauert, um das Rätsel von einigen Quarzkristallwürfeln zu lösen, die seinerzeit bei einer archäologischen Ausgrabung in einem Hügelgrab im Norden Norwegens gefunden wurden. In eine der sorgsam geglätteten Steinwände der Grabkammer waren alte, nordische Runen eingemeißelt, die davon kündeten, dass die Würfel von den Göttern durch ein Himmelstor zu den Menschen auf der Erde gesendet worden wären. Der in dem uralten Grab ruhende unbekannte Kriegerfürst war laut Runenbotschaft ein frühzeitlicher König. Er erhielt die Würfel von seinem Lehrer, als dieser im Sterben lag. Dieser Lehrer war einer von dreien, die mit den Würfeln zusammen durch ein mysteriöses „Himmelstor“ zu den Menschen gekommen wären. Die Runenschrift kündete davon, dass die drei in die Menschenwelt verbannt worden seien. Über Jahrhunderte hinweg seien sie durch die Zeiten gewandert, um den Erdenmenschen Wissen zu bringen. Der Kriegerfürst habe angeblich die Würfel vom letzten Überlebenden der drei erhalten, der einst der Lehrer und Mentor dieses mächtigen Mannes gewesen war. Dieser Lehrer soll den Namen Marlhin getragen haben und ein fast biblisches Alter erreicht haben. Über eine lange Zeit hinweg konnte niemand so recht etwas mit den merkwürdigen Kristallwürfeln anfangen und so galten sie lediglich als geheimnisvolle Objekte, die sehr alt waren, die man aber im Grunde nicht wirklich zuordnen konnte. Die eingemeißelte Runenbotschaft in der sonst so sorgsam geglätteten Grabkammerwand wurde als altertümliche Dichtung abgetan.

Erst sehr viel später, im Zuge der immer mehr zunehmenden Technisierung und Computerisierung, kam einem Assistenten der Universität während einer durchzechten Nacht der Gedanke, dass es sich bei den Würfeln um fortschrittliche Datenträger handeln könnte. Es sollte noch etliche Jahre brauchen, bis sich die ersten Erfolge einstellten. Dann jedoch in einer kalten Januarnacht kam der Durchbruch. Die Techniker in den Universitätslabors waren endlich in der Lage die unzähligen, hauchdünnen Schichten von holografischen Abbildungen visuell voneinander zu trennen und sie so lesbar zu machen. Neben vielen Bildern erblickten die aufgeregten Wissenschaftler auch lange Texte in einer unbekannten Schrift.

Die Übersetzung war ausgesprochen zeitaufwendig gewesen. Es war schwierig, erforderte viel Geduld und den Einsatz von mehreren modernen Großrechnern, die man zusammengeschaltet hatte. Nun jedoch war es endlich vollbracht. Ausgedruckt, auf vielen tausenden Seiten, blütenweißem Papier, lag das Geheimnis der Würfel auf dem polierten, dunklen Holz des Schreibtisches.

Der fassungslose Professor Moriarty schaute seine vor dem Schreibtisch versammelten Mitarbeiter der Reihe nach an. Soeben erst hatte der Großrechner der Universität den Ausdruckvorgang beendet. Sogleich waren die Ausdrucke von den Mitarbeitern des Professors zu ihm gebracht worden. Die Aufregung war ihnen allen anzusehen. Mit fiebrig glänzenden Augen nahm Professor Moriarty das oberste der Blätter und begann zu lesen. Ein seliges Lächeln zog über sein Gesicht, als die uralten Geschichten und Berichte in seinem Geist Form annahmen und lebendig wurden. Nachdenklich senkte er die eng bedruckten Seiten und schaute auf das Deckblatt. In dick gedruckten Buchstaben konnte man dort den Titel der Übersetzung lesen …

Die Tuscelan-Chroniken

Mein Name ist Apis. Scriptor Magister des Königshauses von Tuscelan. Diese wahrheitsgetreuen Berichte, Aufzeichnungen und Bilder sollen späteren Generationen die Geschichte von Tuscelan erzählen. Gelegen im Herzen eines riesenhaften, urtümlichen Inselkontinents, umgeben vom ewigen, unendlichen Meer. Ich will euch berichten von Tuscelan, meiner geliebten Heimat. Gelegen inmitten wunderschöner Landschaften, voller Wunder, vielen uralten Geheimnissen, magischen Wesen, Zauberei und fast unglaublichen Heldentaten, die dieses heroische Zeitalter kennzeichnen, in dem Tuscelan und die anderen Reiche, Fürstentümer und Stadtstaaten dieser Welt und dieser Epoche ihren Stempel aufprägten. Diese Zeilen sollen berichten von MäcBee, Heerführer im Dienste des Fürstentums Tuscelan, treuer Paladin der Königin, ergebener Held der Krone, Wissenssuchender und Abenteurer in einer Zeit, in der das Schwert regiert.

Der Autor wird sein Möglichstes tun, um der Nachwelt neutral und wahrheitsgemäß von den vielen Begebenheiten und Geschehnissen zu berichten, die sich zugetragen haben. Lasset mich euch nun berichten von Kriegern und Königen, von Zauberern und finsterer Magie, von strahlenden Stadtstaaten und längst untergegangenen Reichen, von Prinzen, Fürsten, Herrschern und Räubern, von Helden und Monstern, von Heldentaten, Liebe und schrecklichem Verrat. Lasset mich euch berichten von meiner Welt. Lasset mich berichten von einem Helden. Lasset mich berichten von MäcBee …

2.

Sein Name war MäcBee. Sohn des Heermahn, geboren, im Jahre 2966 nach Beginn unserer Geschichtsschreibung, in Tuscelan, dem strahlend schönen Stadtstaat, gelegen im mittleren Bereich der „Großen Insel“, wie der Kontinent Tusculum auch genannt wird. Dort, unweit des nordwestlichen Zipfels des großen Binnenmeeres, dort, wo der Waldgürtel und die Highlands aufeinandertreffen, liegt Tuscelan. Meine Heimat ist einer dieser vielen kleinen, stark befestigten Stadtstaaten, die sich überall auf dem Kontinent finden. Meine glorreiche Heimat ist führendes Mitglied im „Stahlpakt“, einer Allianz von einigen kleinen, aber doch sehr wehrhaften Stadtstaaten und Fürstentümern. Die meiste Zeit unseres 728 Tage dauernden Jahres ist das Wetter in Tuscelan warm oder zumindest mild. Lediglich in zweien von zwölf Monaten im Jahr wird es hier unangenehm kalt. Dann fallen die Temperaturen fast schlagartig ab und Eis und Schnee herrschen dann rund 120 Tage lang über unsere geliebte, sonst so sonnenverwöhnte, Heimat. Tuscelan ist einer dieser typischen Stadtstaaten, die Ihr sicherlich alle zur Genüge kennt. Das ruhmreiche und gepriesene Herrscherhaus der Bebees hat unseren Stadtstaat seinerzeit, im Jahre 2008, gegründet und aus einem kleinen, nur schwach befestigten Zufluchtsort im Laufe der Zeit eine weithin bekannte, angesehene und respektierte Festungsstadt geformt. Viele kluge und starke Herrscher haben seitdem über das Schicksal unserer geliebten Heimat gewacht und den Ruhm und den Reichtum von Tuscelan vermehrt.

Unsere derzeitige Herrscherin ist die liebreizende und von allen verehrte Königin Lea. Oft besungen und gerühmt sind ihre Schönheit, ihre Eleganz, ihre Weisheit, ihr Witz und ihre Güte. Unsere erlauchte, von allen geliebte, Königin stammt in direkter Linie vom Gründervater unserer Heimat, dem großen Antree Bebee ab. Dieser sagenumwobene Held soll ein wahrer Riese von Gestalt gewesen sein. Tuscelan verdankt einen großen Teil seines Reichtums dem Handel mit dem geschätzten Tuscelaner Honig. Nirgendwo sonst gibt es Imker, die einen derart köstlichen Honig gewinnen können. Wen wundert es da, dass dieses flüssige Gold der Bienen von allen Bewohnern des Stadtstaates hoch geschätzt wird und selbst in der ärmsten Unterkunft als Grundnahrungsmittel gilt. Ähnlich verhält es sich übrigens auch mit dem Tuscelaner Met, welcher unvergleichlich köstlich und unerreichbar im Geschmack ist. Undenkbar, eine festliche Mahlzeit in dieser Stadt, bei der Honig oder Met fehlen würden. Die Bewohner und Bürger unserer Stadt sind fast alle von hohem Wuchs, oft blonden Haaren und blauer oder grauer Augenfarbe. Dies lässt darauf schließen, dass unsere Vorfahren ursprünglich aus dem Norden des Kontinents stammten. Weit über die Grenzen unserer Stadtmauern hinaus sind der Mut, die Todesverachtung und das Können unserer heroischen Krieger bekannt und gefürchtet. Wenn sich die Tore unserer Festungsstadt öffnen und die Tuscelanischen Legionen in dichtgeschlossenen, geordneten Reihen unter ihren prächtigen Schlachtenbannern ausrücken, dann zittert die Welt vor dem dunkel hallenden Gleichschritt der marschierenden, heroischen Soldaten. Glücklicherweise müssen die Truppen nicht allzu oft ausziehen.

In den vergangenen Jahrzehnten meinte das Schicksal es recht gut mit Tuscelan und den umliegenden Stadtstaaten. Lediglich einige kleinere, teilweise jedoch recht blutige, Scharmützel waren zu verzeichnen. Meist jedoch war es friedlich und die Bevölkerung von Tuscelan konnte sich dem Handel, der Kunst und der Kultur widmen. Es ist nicht selten, dass einer der Bewohner die beachtliche Lebenserwartung von etwa 100 Jahren erreicht. Glücklicherweise gab es auch in solchen Zeiten stets genügend Aufgaben für einen tapferen Helden wie MäcBee, sodass in unserer schönen Stadt ständig neue Geschichten die Runde machten und für Unterhaltung sorgten.

Die Bevölkerung unserer geliebten Heimat zählte fast 35.000 Köpfe. Eine Zahl, die über Jahrhunderte hinweg mehr oder weniger stabil und gleichmäßig blieb. Dazu kommen noch etwa 250 Menschen, die keine Bürgerrechte von Tuscelan besitzen, jedoch ebenfalls ständig innerhalb der Stadtmauern leben. Dies sind zumeist Gelehrte oder Kaufleute aus fernen Ländern. Etwa ein Drittel unserer tapferen Bevölkerung lebt innerhalb der starken Stadtmauern. Die übrigen wohnen im Umkreis einer Tagesreise Fußmarsch, rund um die befestigte Stadt. Die Landbevölkerung wohnt, arbeitet und lebt traditionell in den vier Provinzen Tuscelans. Sie sind es auch, die den berühmten Honig produzieren. Nicht zu vergessen sind natürlich die zahlreichen Weiler und Gutshöfe, die sich über die Landschaft verteilen und von den vier Provinzzentren verwaltet werden. Der Großteil der notwendigen Lebensmittelversorgung des Stadtstaates wird ebenfalls von den fleißigen Bewohnern der vier Provinzen produziert. Der Transfer der Nahrungsmittel in die Stadt erfolgt ebenfalls durch die Landbevölkerung. Dieses System funktioniert meist recht gut. Die Aufteilung der Ländlichen Bevölkerung auf jeweils vier Provinzen ist bereits seit Ewigkeiten typisch für das Staatengefüge auf dem Kontinent. Nahezu überall findet man vier Niederlassungen, Regionen oder Provinzen, die sich um eine Hauptniederlassung gruppieren. Allerdings gehen seit einigen Jahrhunderten viele Nationen dazu über, weitere Provinzen zu begründen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Die Anfänge dieser Art von Siedlungssystems gehen zurück auf den Gottkaiser, der unserer Zivilisation das Licht der Wahrheit und die Erleuchtung brachte. Bevor der Gottkaiser, zusammen mit seinen 10 Paladinen, seinen Himmelswagen bestieg und zu den Sternen auffuhr, schnitt er mit seinem Dolch aus Licht die Göttlichen Gebote in eine Felswand. Das Jahr, in dem der Gottkaiser wieder von uns ging, wird von den Scriptoren und Lexicani als „Das Jahr Null“ bezeichnet. Beinahe drei Jahrtausende sind seitdem vergangen. Längst sind die geheiligten Runen, die ER seinerzeit in die Felswand schnitt, verwittert und ausgelöscht. Jedoch gibt es Abschriften davon, und nahezu jede gläubige Nation auf Tusculum nennt wenigstens eine davon ihr Eigentum. Diese Göttlichen Gebote, zusammen mit den gesammelten Heiligen „Weisungen und Anregungen“ des Gottkaisers bilden das Glaubensfundament unserer Zivilisation. Der Vollständigkeit halber muss allerdings auch erwähnt werden, dass die „Weisungen und Anregungen“ der verschiedenen Staatengebilde teilweise geringfügig differieren. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass bei weitem nicht alle Clans, Stämme oder Nationen den Gottkaiser verehren und dem imperialen Glauben angehören. Es gibt auch heute, nach rund dreitausend Jahren, noch viele Andersgläubige. Allerdings sind die Religion und natürlich auch deren Ausübung in den meisten Volksgemeinschaften Tusculums als eine eher nebensächliche Angelegenheit zu betrachten. Wirklich fanatische Gläubige sind glücklicherweise ausgesprochen selten.

MäcBee hatte die Chance auf die Position des Paladin und Helden der Krone traditionsgemäß durch das Priesterorakel bei seiner Geburt zugesprochen bekommen. Ein Heldenkandidat steht dann auf einer Nominierungs-Warteliste. Sobald einer der drei amtierenden Paladine entweder in Rente geht, berufsunfähig wird oder einfach den Risiken seiner Tätigkeit erliegt, kann einer der Kandidaten der Warteliste seinen Platz einnehmen. Es ist äußerst selten, dass ein Paladin im Dienste der Krone das Rentenalter erreicht. In einem solchen Fall, wenn einer der drei Paladine nicht mehr zur Verfügung steht, wird aus den Kandidaten der Warteliste ein neuer Paladin ausgelost. Traditionsgemäß steht fast jedes zehnte Neugeborene auf dieser Liste. Sobald das Alter von 8 Jahren erreicht ist, kann ein Kandidat nominiert werden. Wenn die Kandidaten das Alter von 25 Jahren erreicht haben, werden sie von der Warteliste gestrichen. Unverständlicherweise feiern viele Exkandidaten dieses Ereignis. Die zuständigen Priester, die für die Ziehung der Lose verantwortlich sind, versehen diese ungemein wichtige Tätigkeit selbstverständlich mit größter Sorgfalt. Bei der Ziehung von MäcBees Namen gab es seinerzeit ein kleines Missgeschick, da aus ungeklärten Umständen irrtümlich der Sohn eines wohlhabenden Handelsherrn als nominiert bezeichnet wurde. Jedoch eilte der ausgesprochen erfreute Vater des Nominierten umgehend zu den Priestern, um die Richtigkeit der Nominierung zu überprüfen, wie es seit Generationen bei den Reichen und Adeligen der Brauch ist. Man stellte seinerzeit fest, dass sich der zuständige Priester anscheinend verlesen hatte. Der strenggläubige, fromme Vater des fälschlich nominierten Jünglings spendete der Kirche bei dieser Gelegenheit eine beträchtliche Summe gemünzten Goldes, das er zufällig bei sich trug. Der für die Nominierung verantwortliche Priester prüfte das Losergebnis nochmals und verkündete sodann, dass der beneidenswerte MäcBee das Glück und Privileg hatte, den Posten als Paladin der Krone anzutreten.

Der seinerzeit zehn Jahre alte MäcBee war natürlich begeistert über diese unglaubliche Ehre. Sicherlich kann man davon ausgehen, dass sein Vater und der Rest der Familie diese Begeisterung teilten und sich der Ehre bewusst waren, die dem Sprössling zuteilwurde.

Zwei Tage nach Erhalt der Nominierungsnachricht machte sich der Jungpaladin MäcBee auf den Weg in die königliche Festung, um dort seinen geheiligten Dienst anzutreten. Die beiden grimmigen Wachsoldaten, die sich auf ihre Lanzen stützend am Haupttor den Wachdienst versahen, betrachteten den jungen Mann, der die Straße zum Tor herauf gestiefelt kam. Als der Paladin schnaufend den großen Torbogen mit den darin stehenden Soldaten erreichte, trat der Offizier der Torwache aus der Tür der Wachstube, die sich neben dem Haupttor befand. Der Offizier wandte sich, nach einem kurzen Blick auf den jungen Mann um und bellte einen kurzen harten Befehl in die Wachstube. Aus dem Dunkel der Türöffnung trat ein weiterer Soldat. MäcBee, der sich schon immer für derartige Sachen interessiert hatte, konnte problemlos die Rangabzeichen des nun in das warme Sonnenlicht tretenden Mannes entziffern und lächelte den vollbärtigen Hauptfeldwebel der Gardetruppen freundlich an, was diesen lediglich dazu bewegte, seine linke Augenbraue zu erheben, während er MäcBee mit kaltem Blick musterte. Der Feldwebel nickte dem jungen Wachoffizier kurz zu und winkte nun den leicht verunsicherten Jungpaladin zu sich. Selbstverständlich hatte er den jungen Mann vor sich als den erwarteten neuen Paladin erkannt. Der Hauptfeldwebel war lediglich zum Empfang des Paladin-Neulings zum Haupttor der Festung gekommen.

Mit einem Grunzen bedeutete er MäcBee ihm zu folgen. Die beiden durchschritten viele Gänge und bewegten sich immer tiefer in die Eingeweide der alten Königsfestung. Bisweilen begegneten ihnen in den hohen Räumlichkeiten, die sie nun durchschritten, ein stumm dahineilender Diener, eine der hübschen Hofdamen, ein Gelehrter oder einer der sorgsam gerüsteten, ernst blickenden Gardesoldaten. Dem aufgeregten Jungpaladin erschien der Weg fast unendlich. Nach einer ganzen Weile jedoch bogen sie in einen unscheinbaren Seitengang ein. Der ergraute, schweigsame Feldwebel klopfte an eine aus dunklem Holz geschnitzte Tür. Von der anderen Seite war ein Husten zu vernehmen, woraufhin der Feldwebel die Tür öffnete, MäcBee durch die Türöffnung in den Raum schob und ebenfalls eintrat.

Ein kleiner dicker Mann erhob sich schnaufend hinter seinem mit Pergamenten und Büchern überladenen Schreibtisch. Er streckte dem jungen Mann vor sich zur Begrüßung seine feiste Hand entgegen und sprach den Jüngling mit brummelnder Stimme an. „Ich bin Eggehart der vertraute Ratgeber und Kanzler unserer geliebten Königin. Willkommen in der königlichen Festung, junger Paladin.“ Der Gardefeldwebel hatte sich mittlerweile ächzend in einen der gut gepolsterten Sessel fallen lassen, seinen Helm abgenommen und kratzte sich nun ausgiebig am kahlen Hinterkopf. Auf den Gardisten deutend sprach der deutlich übergewichtige Kanzler mit leiser Stimme freundlich lächelnd weiter: „Wie ich feststellen darf, hast du anscheinend auch schon unseren ruhmreichen Waffenmeister Tannvalt kennen gelernt. So nehmt doch endlich Platz, junger Paladin. Der gute Tannvalt wird sich zukünftig um deine Kampfausbildung kümmern, die du benötigen wirst, um die nächste Zeit zu überstehen. Es wird erwartungsgemäß nicht allzu lange dauern, bis sich die Nachricht herumgesprochen hat, dass es in Tuscelan einen neuen Helden gibt. Erfahrungsgemäß werden dann etliche fremde Helden bei uns eintreffen, um sich mit dem Neuling, also mit dir, werter Paladin, zu messen, wie es seit ungezählten Generationen Sitte und Brauch ist.“

Hauptfeldwebel Tannvalt stieß ein glucksendes Lachen aus. „Magister Kanzler, der junge Paladin hier wird sicherlich neben Kampfausbildung und Waffen auch eine gehörige Portion Glück benötigen, um die nächsten Monate zu überstehen. Ich habe vernommen, dass unsere geschätzten Nachbarn in Maddinheim seit einigen Monaten ebenfalls einen neuen Paladin haben. Der Kerl soll ausnehmend blutrünstig sein. Bedauerlicherweise ist er wohl auch recht geschickt im Umgang mit den Waffen und fordert nach und nach alle umliegenden Paladine zum Waffengang, so dass wir wohl in spätestens sechs Monaten mit seinem Besuch rechnen können. Es gilt also bis dahin vordringlich unseren neuen und überaus geschätzten Heldennachwuchs auf diese ihm sodann bevorstehende, gefahrvolle Auseinandersetzung vorzubereiten.“ Tannvalt blickte den, sichtlich nervös auf seinem Polstersessel umher rutschenden, MäcBee ernst an und studierte nachdenklich den Heldenaspiranten, der sich momentan ernüchtert wünschte, ganz wo anders zu sein und niemals etwas von Paladinnominierungen gehört zu haben. Der erfahrene Waffenmeister seufzte laut. „Jüngelchen, das werden sicherlich einige unangenehme Monate der Ausbildung werden. Man wird dich jeden Tag vor Sonnenaufgang wecken. Das Waffentraining wird hart werden, aber ich glaube, wir haben eine gewisse Chance, dass du den Kampf mit dem Maddinheimer Prügelpaladin bestehen kannst, ohne dass wir eine neue Nominierung ausrufen müssen, weil du danach körperlich nicht mehr für den Dienst als Held und Paladin der Krone geeignet bist.“

Er grinste den kreidebleichen Jüngling freundlich an, dem der Schweiß auf der Stirn stand. „Heute werden wir dir erst einmal deine Unterkunft zuweisen und dich dann angemessen ausrüsten und einkleiden. Ab morgen früh beginnt deine Ausbildung. Du solltest also heute zeitig zu Bett gehen, um ein letztes Mal vor Beginn deiner Ausbildung ausreichend Schlaf bekommen zu können. Einen derartigen Luxus wie ausschlafen, so lange man möchte, wird es die nächsten Monate mit Sicherheit nicht mehr geben.“

Kanzler Eggehart erhob sich ächzend von seinem Sessel hinter dem fast überladenen Arbeitstisch, ging forschen Schrittes zu einer Seitentür und öffnete diese. „Volvgank, ich brauche euch …“, rief er in den Nachbarraum. Daraufhin erschien ein hagerer, in eine dunkle Kutte gekleideter Mann, der sich schweigend vor den Anwesenden verbeugte. Der Kanzler legte dem Neuankömmling mit einem Lächeln die Hand auf die Schulter. „Das ist mein Sekretär Volvgank. Er ist ausgebildeter Scriptor und Lexicani. Er wird euch nun eure neue Unterkunft zeigen und sodann mit euch in die königliche Rüstkammer gehen, damit ihr dort eure Ausrüstung in Empfang nehmen könnt. Wenn ihr Fragen haben solltet, so wird Volvgank euch helfend zur Seite stehen, werter Paladin.“ Der Kanzler nickte MäcBee noch einmal freundlich zu und wandte sich dann Tannvald zu. Der Scriptor Volvgank stellte sich neben MäcBee und deutete mit einer Hand in Richtung Tür, um dem Jungpaladin zu verstehen zu geben, dass die Audienz beendet war.

Die beiden verließen das Zimmer, ohne dass sich der Feldwebel oder der Kanzler, die sich leise miteinander unterhielten, noch um sie gekümmert hätten. Als sie auf dem Gang, draußen vor dem Arbeitszimmer des Kanzlers, standen, schloss der Scriptor leise die dicke Holztür hinter sich. Er blickte auf den fast einen Kopf kleineren MäcBee herab und lächelte freundlich. „Wohlan, Meister Paladin. Folgt mir bitte in eure Unterkunft. Wir werden uns schnell eure neuen Gemächer anschauen, die euch als Paladin zustehen und dann der Rüstkammer, der königlichen Festung, einen Besuch abstatten.“

MäcBee folgte dem Scriptor durch das Labyrinth der Gänge, bis sie endlich zu einer handgeschnitzten Eichentür im Wohntrakt der Festung gelangten. Der Scriptor wandte sich MäcBee zu und reichte ihm schmunzelnd einen schmiedeeisernen Schlüssel. „Dieses ist der Schlüssel zu eurer Unterkunft. Solange ihr ein Paladin der Königin seid, werden die Räumlichkeiten hinter dieser Tür zu eurer alleinigen Verfügung stehen. Vor euch haben bereits 348 andere Paladine diese Gemächer bewohnt. Ihr werdet an der Wand neben der Eingangstür eine Bronzetafel finden, in der sämtliche Namen sowie die Dienstzeit eurer illustren Vorgänger eingraviert sind. Wenn ihr diese Tafel aufmerksam studiert, werdet ihr feststellen können, dass einige eurer heroischen Vorgänger eine ausgesprochen kurze Dienstzeit hatten. Ihr solltet euch darüber Gedanken machen, wenn ihr ab morgen mit dem Kampftraining beginnt.“

MäcBee nahm verunsichert den schweren Schlüssel in Empfang und öffnete die dicke Tür zu den Gemächern, die er nun bewohnen sollte. Er schaute den Scriptor fragend an. Als dieser eine auffordernde Geste machte, betrat MäcBee die Räumlichkeiten. Leise, wie ein Schatten, folgte ihm der Scriptor. Neugierig durchstreifte der sprachlose Jungpaladin die Räume. Das Leben als Paladin der Krone schien gewisse Vorteile zu besitzen. Der in sich geschlossene Bereich umfasste einen breiten Flurbereich, ein sehr behaglich gestaltetes Schlafgemach sowie eine kleine Kochnische mit Küchenkamin und einem in die Wand eingelassenen, begehbaren Vorratsschrank. Es gab einen freundlich sauberen Waschraum mit Abort, einem Marmorwaschbecken und einem großen, gekachelten Bodenbadebecken. Dazu gesellte sich auch eine recht große Abstellkammer. In dem geräumigen Arbeitszimmer waren die Wände mit deckenhohen, altersdunklen Holzregalen gesäumt, die zur Farbe des Bodens passten. Abgerundet wurde das Ganze durch einen sehr behaglichen Wohnbereich, der ebenso wie das Schlafgemach und das Arbeitszimmer mit einem Kamin ausgestattet war. Die Decken und die Wände bestanden aus den massiven Felssteinen, aus denen die Festung erbaut worden war. Der Boden der Räume war mit sorgfältig poliertem Holzparkett, in einem angenehm warmen, dunklen Farbton bedeckt. Lediglich der Boden des Waschraumes war vollständig mit glatt polierten Fliesen aus geädertem hellem Marmor gefliest. Möbel waren allerdings bis auf ein einsames Bett im Schlafgemach nicht vorhanden. Die hohen, sonnenhellen Räume lagen in einer Ecke des Wohntraktes und verfügten alle über bodentiefe, farbige Mosaikfenster, aus kostbarem Glas. Vom Wohnbereich und ebenso aus dem Schlafgemach konnte man bequem einen breiten Eckbalkon betreten und von dort auf die liebevoll gepflegten Festungsgärten, sowie die umliegende Stadt herabblicken. Mit leuchtenden Augen und einem breiten, dümmlich wirkenden Grinsen im blassen Gesicht stand der Jungpaladin MäcBee inmitten der leeren Räumlichkeiten.

Der bisher zurückhaltende Scriptor meldete sich mit einem dezenten Hüsteln zu Wort. „Nachdem ihr euch nun mit euren neuen Gemächern vertraut gemacht habt, wollen wir nun die Rüstkammer aufsuchen. Ebenso solltet ihr dem Quartiermeister der Königin eure Aufwartung machen, um dort Matratze, Bettzeug und Kleidung zu erhalten. Folgt mir bitte, werter Paladin.“ Mit diesen Worten drehte Sciptor Volvgank sich um und ging zur altersdunklen Eingangstür der Paladingemächer. MäcBee folgte ihm eilig und hüpfte regelrecht neben dem zügig aber würdevoll, dahin schreitenden Scriptor den breiten Gang entlang. Die beiden folgten den Bogengängen, Fluren und Treppen. Nach einer Weile erreichten sie das Erdgeschoss der Festung. Sie überquerten einen, im hellen Sonnenschein liegenden, Innenhof und kamen endlich zum Kasernenbereich des riesigen Bauwerkes. Schon von Weitem waren die mit Bronzenägeln beschlagenen, großen Doppeltüren der königlichen Rüstkammer zu erkennen. Deutlich hörte man das Hämmern der Schmiedemeister, die in diesen Räumlichkeiten ihrer Arbeit nachgingen. Hier in der weithin bekannten Rüstkammer der Tuscelanischen Festungsstadt entstanden, bereits seit vielen Generationen, die Rüstungen, Helme und Waffen, mit denen die grimmigen Soldaten Tuscelans in die Schlacht zogen, wenn die Zeit des Kampfes gekommen war. Die Arbeiten der hiesigen Schmiedemeister waren weithin bekannt und gerühmt. Tuscelanische Militärschwerter mit ihren hundertfach gefalteten Stahlklingen waren überall ein begehrter Handelsartikel. Es kam jedoch ausgesprochen selten vor, dass irgendwo eines dieser Schwerter zum Verkauf angeboten wurde. Dies trug allerdings nur noch mehr dazu bei, den Preis und Nimbus dieser Schwerter in die Höhe zu treiben. Einige Gardisten und auch Soldaten der regulären Legionen empfingen gerade Pfeile von den Bediensteten der Rüstkammer. Anscheinend war für die Truppen ein Übungsschießen mit dem Bogen und der Armbrust angesetzt worden. Scriptor Volvgank nahm den jungen Paladin am Arm und dirigierte ihn in die Rüstkammer, in der ein emsiges Treiben herrschte. In der Mitte des großen Raumes, an einem grob gezimmerten Tisch, saß auf einem Schemel ein dicker, älterer Mann. Er hatte einen dichten, rötlichen Vollbart, der großzügig mit grauen Haaren durchzogen war. Seine wasserblauen Augen blinzelten über einer roten Knollennase den beiden Neuankömmlingen entgegen. Seine buschigen Augenbrauen wölbten sich fragend, als er MäcBee näher betrachtete. Der sitzende Mann war augenscheinlich der Rüstmeister. Vor ihm auf der gehobelten Tischplatte standen ein Methumpen und ein halber Käselaib. Anscheinend hatte er gerade gespeist. Gekleidet war er, wie alle Sciptoren, Lexicani und Gelehrten traditionell mit einer dunklen Kutte aus grobem Leinstoff.

Die anderen Bediensteten der Rüstkammer nahmen keine Notiz von dem Trio und gingen weiter ihrer Arbeit nach. Der Rüstmeister legte wortlos seinen Kopf schief und blickte grinsend den schmunzelnden Scriptor an, der nun den unsicher umherblickenden Paladin nach vorne schob. Dann hob der Scriptor grüßend seine Hand und sprach den vor ihm sitzenden Mann an. „Heil dir, Alfrett. Ich bringe den neuen Paladin, damit er von dir seine Kampfausrüstung erhalten kann. Ab morgen früh will unser geschätzter Hauptfeldwebel Tannvalt ihn über den Übungsplatz hetzen und ihm das Kriegshandwerk beibringen.“ Der Rüstmeister Alfrett fing an glucksend zu lachen. „Nun, dann wollen wir euch doch einmal vernünftig einkleiden, junger Paladin. Wie ich sehe, benötigt ihr sogar anständiges Schuhwerk. Mit solchen Sandalen, wie ihr sie bisher tragt, solltet ihr besser nicht auf einem Übungsplatz oder sogar einem Schlachtfeld erscheinen.“ Mit einer verblüffenden Gewandtheit stand der Rüstmeister auf und kam auf MäcBee zu. Kopfschüttelnd umkreiste er den Paladin. „Junger Paladin, ich muss schon sagen, es ist traurig, was heutzutage alles Held und Paladin werden kann. Zu meiner Zeit war das anders. Da hatten die Helden wenigstens noch anständige Muskeln. Ich befürchte, junger Paladin, eure Ausbildungszeit wird euch nicht allzu sehr erheitern.“ Immer noch missmutig den Kopf schüttelnd wandte er sich ab und winkte einen seiner Gehilfen herbei. Er murmelte dem neu hinzutretenden Mann einige Sätze zu und ließ sich dann wieder ächzend auf seinen Schemel plumpsen.

Der Rüstmeister kramte in den weiten Taschen seiner Kutte herum und brachte endlich eine kleine Pergamentrolle zum Vorschein. Er streckte die mysteriöse, kleine Pergamentrolle dem Jungpaladin schadenfroh grinsend entgegen. „Der Kanzler Eggehart ließ mir, kurz vor eurer Ankunft in der Rüstkammer, dieses Schreiben überbringen. Der Kanzler hatte die Güte, durch einen seiner Sekretäre einen Tagesplan für euch aufstellen lassen. Dies hier ist er. Ich soll ihn euch übergeben, wenn ihr eure Ausrüstung hier in Empfang nehmt. Da ihr die Kampfausrüstung aus meiner Rüstkammer erhaltet, habe ich mir die Freiheit genommen, einen Blick auf den Tagesplan zu werfen.“ Alfrett zog die Hand mit der Pergamentrolle vor MäcBees zugreifenden Händen zurück. Mit genießerisch gespitzten Lippen rollte er das Pergament auseinander. Der Rüstmeister kicherte leise und warf Scriptor Volvgank einen verschwörerischen Blick zu.

Volvgank stand glucksend und breit grinsend hinter dem Jungpaladin. Ermunternd nickte er nun dem Rüstmeister zu. „Lest uns doch bitte vor, was sich unser gescheiter Kanzler da hat einfallen lassen.“ Der Rüstmeister fuhr sich mit der Zungenspitze über seine Lippen und begann mit weithin tragender Stimme vorzulesen, was sich auf dem Pergament befand.

„Eintag: Schwerttraining bis zum Mittagessen. Nach dem Essen Axtkampftraining, bis zum Abendessen.

Zweitag: Schwertkampftraining bis zum Mittagessen. Nach dem Essen Kampftraining mit dem Dolch und dem Kampfmesser, bis zum Abendessen.

Dreitag: Schießen mit Armbrust und Bogen bis zum Mittagessen. Nach dem Essen Ausbildung und Training mit der Wurfaxt und dem Wurfmesser, bis zum Abendessen.

Viertag: Der Gebrauch von Hellebarde, Lanze und Speer bis zum Mittagessen. Nach dem Essen Schwertkampftraining in voller Rüstung, mit und ohne Kampfschild, bis zum Abendessen.

Fünftag: Unterrichtung im Nahkampf ohne Waffen bis zum Mittagessen. Nach dem Essen Ausdauertraining in voller Rüstung, bis zum Abendessen.

Sechstag: Schwertkampftraining in voller Rüstung, mit und ohne Kampfschild, bis zum Mittagessen. Nach dem Essen der Kampf zu Pferde, bis zum Abendessen.

Siebentag: Waffenloser Nahkampf in voller Rüstung, bis zum Mittagessen.

Nach dem Essen Reparatur und Pflege von Waffen sowie Ausrüstung, bis zum Abendessen. Wecken mit Frühstück ist jeweils um 6.00 Uhr. Nach dem Abendessen theoretische Schulung durch Sriptor Volvgank bis um 22.00 Uhr. Schulungsthemen werden sein: Strategie und Taktik, das Pionierwesen, die Belagerungstechniken sowie medizinische Grundkenntnisse, Geschichte, Allgemeinwissen und natürlich auch das gute Benehmen bei Hofe.“

Der Rüstmeister sah MäcBee tief in die Augen. „Tut euch selber einen Gefallen und unterschätzt unseren werten Volvgank nicht. Bevor er Scriptor wurde, hat er beinahe 20 Jahre lang in der Garde gedient. Es gibt außer dem listenreichen Hauptfeldwebel Tannvalt und mir selbst keinen Kämpfer mit mehr Erfahrung in der königlichen Festung. Die beiden anderen Paladine übrigens mit eingeschlossen. Alles, was die zwei wagemutigen Helden wissen, haben sie von uns gelernt. Die beiden werden sich ebenfalls mit an deiner Ausbildung beteiligen und uns so ein wenig entlasten. Ihr werdet sehen, werter Paladin, es wird alles ausgesprochen interessant und abwechslungsreich werden. Ich kann euch jedoch nur dringend empfehlen, die Ausbildung sehr ernst zu nehmen. Schließlich hängt eure Gesundheit, wenn nicht sogar euer Leben, davon ab.“ Der Rüstmeister erhob sich von seinem Schemel. „Kommt mit, junger Paladin. Wir wollen doch einmal schauen, was wir alles an Rüstungen in eurer Größe haben. Normalerweise sind die Leute, die wir hier einkleiden, etwas größer oder zumindest massiger und auch etwas muskulöser als ihr.“ Alfrett ging mit watschelnden, kleinen Schritten zu einem der zahlreichen Waffenständer und begann die dort befindlichen Waffen zu studieren. Er wandte sich um und winkte MäcBee zu sich …

Dreißig Minuten später stapfte ein schwer beladener Paladin namens MäcBee zu seinem Quartier. Neben ihm spazierte ein fröhlich grinsender Scriptor. Als sie an der Tür zu MäcBees Gemächern ankamen, verabschiedete sich Volvgank gutgelaunt von MäcBee. „Ich werde euch nun verlassen, werter Paladin. Ich möchte euch noch einen Rat geben. Geht zum Schreiner der Festung und fragt ihn, ob er für euch einen Waffenständer und eine kleine Truhe für eure Kleider übrig hat. Vielleicht ergattert ihr bei dieser Gelegenheit ja sogar noch einen Stuhl und einen Tisch. Ich werde euch durch einen Diener Geschirr, etwas zu speisen und zu trinken sowie eine Nachtlektüre bringen lassen. Solltet ihr bei der Ankunft des Dieners vom Festungsschreiner noch nicht wieder zurück sein, so wird er die Gegenstände vor eure Tür legen. Man wird euch morgen früh um 6.00 Uhr wecken …“ Der Scriptor verbeugte sich noch einmal schmunzelnd vor MäcBee, dem der Schweiß auf der Stirn stand, wandte sich um und ging fröhlich pfeifend den Bogengang hinab.

Als an diesem Abend die Sonne dunkelrot am fernen Horizont versank, saß ein erschöpfter MäcBee in seinen zugewiesenen Paladingemächern. Der freundliche Festungsschreiner war sehr entgegenkommend zu dem sichtlich verlegenen und unsicheren Jungpaladin gewesen. MäcBee war nun stolzer Besitzer einer robusten, kleinen Kleidertruhe, eines Schemels und eines grob gezimmerten Tisches. In der Ecke seines Wohnbereiches standen nun ein Waffenständer und sogar ein kleines Abstelltischchen aus Wurzelholz, das der lächelnde Schreinermeister MäcBee geschenkt hatte. Wie von Volvgank angekündigt, hatte ein Diener ihm Speise, Getränke, Geschirr, sogar einige kleine Bienenwachskerzen und die versprochene Lektüre gebracht. MäcBee hatte sich kurz vor Sonnenuntergang ermattet an seinen neuen Tisch gesetzt, etwas Hartkäse, frisch gebackenes Brot und kaltes, in Honigkruste gebratenes, Büffelfleisch gegessen. Dazu trank er erfrischenden, herben Fruchtsaft, den er mit klarem Wasser verdünnte. Im Vorratsschrank, in der Kochnische, waren nun ausreichend Nahrungsmittel für drei Tage vorhanden. Die Speisenvielfalt stellte den Paladin völlig zufrieden und die Qualität der Nahrungsmittel ließ keinerlei Wünsche offen. Der junge Paladin hatte schon sehr oft Nahrung von weit geringerer Qualität gesehen und teils auch verzehrt. Nachdem MäcBee die Überreste seiner Mahlzeit weggeräumt hatte, entzündete er eine Kerze und legte sich schnaufend auf die harte Strohmatratze seines Bettes.

Er nahm das alte, ledergebundene Buch zur Hand, das der Sciptor ihm zugeschickt hatte und schaute nachdenklich auf den eingeprägten Titel, der in altertümlichen erscheinenden Lettern geschrieben war. Das Buch handelte von seinem Urgroßvater mütterlicherseits und war scheinbar, vor vielen Jahren, auch von ihm verfasst worden. MäcBee konnte sich noch recht gut erinnern, wie er als Kind oft auf den Knien seines Urgroßvaters gesessen hatte und mit großen Augen den vielen spannenden Geschichten, Sagen und Märchen lauschte, die sein Urgroßvater ihm mit leiser Stimme erzählte. Irgendwie konnte MäcBee sich den liebevollen, alten Mann mit dem wettergegerbten, zerfurchten Gesicht und den humorvollen Augen nicht so recht als harten Krieger vorstellen. Wenn er jedoch heute, im Nachhinein, an die Geschichten dachte, so waren viele davon recht kriegerisch angehaucht. MäcBee öffnete das alte Buch und begann zu lesen. Die Aufregung und Anspannung des ersten Tages als Paladin und Held der Krone fiel unmerklich von ihm ab. Alle Mühen des Tages waren vergessen. MäcBee kaute entspannt an einem kleinen Stückchen Wurst, das er sich von der armdicken, luftgetrockneten, harten Dauerwurst aus seinem Vorratsschrank abgeschnitten hatte. Ein Lächeln zog über sein Gesicht. Die alten, im Buch niedergeschriebenen, Geschichten nahmen in seinem Geist fast greifbare Form an und zeichneten ein beinahe greifbares Bild dieser, obwohl längst vergangenen, so doch unvergessenen Zeit, als die Orks wieder einmal von den Legionen des Stahlpaktes in ihre Wildnis im Süden zurückgetrieben wurden. Dies war die Zeit seines Ahnen gewesen, der damals heroisch gegen die barbarischen Grünhäute gekämpft hatte …

Der Soldat JamesBee ... Erzählungen aus dem Tagebuch eines Soldaten. Kriegstagebuch des JamesBee 2th. Platoon, C-Kompanie, 1th. Bataillon, 7th. Regiment

Achtmonat im Jahre 2936 - Die Ork-Kriege beginnen

Ich war ein Soldat der Krone und gehörte zur Imperiumsarmee unseres geliebten Stadtstaates Tuscelan. Ich hatte eine Lanze und ein Schwert. Ich trug einen Helm und Rüstung. Ich beschützte meine Heimat. Im Gefecht stand ich oft in der vordersten Linie der Front, meist kaum einen Meter von dem Gegner entfernt. Ich konnte seine brutalen Horden genau betrachten. Verdammte Barbaren, Kreaturen mit grünlich schimmernder Haut, mit Reißzähnen, spitzen Ohren und den Augen von Raubtieren. Ich habe gesehen, was diese Ungetüme in den anderen Städten, Dörfern Weilern und Gehöften angerichtet haben. Ruinen, Schutt und Asche, verstümmelte Leichen, abgetrennte Körperteile, unzählige tote und vergewaltigte Frauen, Männer und Kinder aller Altersklassen. Nur noch verbrannte Erde, nichts, was noch Anzeichen vom Leben trug, nichts, was daran erinnerte, dass es noch vor ein paar Stunden hier eine blühende Siedlung mit Kultur, lachenden, liebenden und lebenden Menschen gab, bevor eine dieser marodierenden Orkhorden vorüberzog und ihr blutiges Werk tat. Die meisten dieser schrecklichen Orte sind nun verlassene Ruinenhaufen, die jetzt unbewohnt, still und leer in der Landschaft liegen und darauf warten, irgendwann von hoffnungsvollen Siedlern wieder aufgebaut zu werden. Oft fanden wir keinen einzigen Überlebenden in den meist noch qualmenden, blutbespritzten und leichenübersäten Trümmern. Niemand war da, der uns davon berichten konnte, was genau passiert war. Aber insgeheim war ich auch froh, dass wir keine überlebenden Menschen fanden. Es gäbe kein glückliches Leben mehr für diese bedauernswerten Leute, deren Heimat und Familien nun nicht mehr existierten und die dieses Grauen hätten miterleben müssen, ohne etwas dagegen tun zu können. Und dann stand ich dort auf dem Schlachtfeld und die, die für das Grauen verantwortlich waren, standen in unmittelbarer Nähe vor mir. Aber ich verspürte keine Angst, nur eine gewisse Ungeduld. Mein sehnlichster Wunsch im Moment war nur, an diese hassenswerten Kreaturen heranzukommen, um ihnen den Stahl meiner Waffe zu kosten zu geben. Es war mir egal, ob ich fallen würde und es war mir auch absolut gleichgültig, ob ich verletzt werden würde. Ich wusste nur eines, dass es mein Wille war, vorher einige von diesen selbstzufriedenen, barbarischen Kreaturen niederzureißen und diese Welt von ihnen zu befreien. Früher, als ich noch ein Zivilist war, war es nicht ganz klar, was ich eines Tages werden würde, ein Handwerker ein Bauer oder ein Kaufmann … Zum Glück wurden meine Gebete erhört. Der allmächtige und gütige Gottkaiser (… gelobt sei Sein Name …) war gnädig zu mir und hat mich zu einem Soldaten der Krone gemacht, zu einem Kämpfer für die rechte Sache, zu einem Krieger Tuscelans. Wirklich ernsthaft sollte mir ja nichts geschehen. Ich war schon mindestens 50mal in den Einsatz geschickt worden. In unseren blutigen Zeiten das Leben eines Soldaten halt … Nun ging es gleich wieder los. Vorsichtig schaute ich mich um. Neben mir stand mein Kumpel Larz, der in meiner Nachbarschaft aufgewachsen war, und den ich schon seit dem Kindergarten kannte. Der arme Kerl bekam schon wieder das große Zittern. Fast jedes Mal, wenn es RICHTIG zur Sache ging, waren wir beide mitten im dichtesten, blutigsten Gemenge. Irgendwie wurde er nicht damit fertig. Ihm fehlte halt die richtige mentale Einstellung. Ich schaute auf unsere grimmig blickenden Offiziere und seufzte. Das Zielobjekt war mir nicht unbekannt. Der Gegner hatte sich dort gut eingerichtet und die bereits vorhandenen Befestigungen noch verstärkt. Bereits mehrfach hatten wir diesen Ort angegriffen. Jeder einzelne dieser Angriffe war heroisch und blutig. Dieses Mal nun sollte es endlich zu einer Entscheidung kommen. Gesegnetes Massensterben dachte ich noch, als der Befehl zum Abmarsch kam. Wir rückten in geordneten Kolonnen aus. Dann war ich auf dem Wege in den Kampf und marschierte mit festem Schritt „grimmig, entschlossen und unheilvoll“ auf mein Ziel zu. Neben mir erblickte ich meine Kameraden, sah ihr grimmiges Lächeln und fühlte mich nun plötzlich unschlagbar und unverwundbar, inmitten dieser Marschkolonne von hunderten entschlossener Soldaten, die wohl teilweise nun gerade Ähnliches empfanden wie ich. Die zahlreichen Truppenkontingente der anderen Stadtstaaten der Allianz zogen mit uns in diesen Krieg. Dies war keiner der üblichen Kämpfe zwischen den Stadtstaaten und Fürstentümern, sondern ein Kreuzzug gegen die widerlichen, barbarischen Horden der Orks, die wieder einmal aus den unbekannten, sagenumrankten Gefilden des Südens in den von Menschen bewohnten nördlichen Teil des Kontinents eingedrungen waren. Wir kämpften für unsere Heimat, für unsere Familien, für unsere Zukunft, für unsere Völker und unsere Rasse. Der Krieg gegen die brutalen Orks war kein normaler Krieg, diese immer wieder ausbrechenden Gefechte gegen die Horden, die aus dem geheimnisvollen Süden des Kontinents hervorbrachen, war der Kampf zwischen zwei Rassen. Erst wenn irgendwann in der Zukunft eine Rasse die andere endgültig besiegt, wird das ewig neue Morden und Brennen ein Ende haben. Ich und alle meine Kameraden waren bemüht, dass die Orks vom Antlitz dieser Welt getilgt werden würden. Wir marschierten in dichter Formation, der Gleichschritt unserer Regimenter dröhnte wie Basstrommeln und dann fing irgendein Idiot an, eines dieser dusseligen heroischen Lieder zu singen … und dann sangen wieder alle mit … Ich natürlich auch … Schließlich war ich ein Patriot …

Die Zeit des Wartens ist vorbei …

Nun schlagt die Trommeln, blast das Horn …

Entrollt die Banner, stellt euch auf …

Die Reihen fest geschlossen, grimmig ist der Blick …

Lanzen brechen, Schwerter splittern …

Zertreten werden soll die Brut, brennen soll'n die Dörfer …

Heil den Feldherrn, Bluttag ist da …

Der Stahlpakt marschiert … … ein neuer heroischer Auftrag beginnt. Komme was wolle, wir werden unsere Pflicht tun und unseren Auftrag erfüllen.

Dreimonat im Jahre 2941, Angriff auf Krimstein

Es war wieder einmal so weit. Zahllose neue Rekruten wurden eingezogen und bevölkerten jetzt die Kasernenstuben. Rabenfutter, das lediglich dazu taugte, um uns Veteranen den Weg zu bereiten. Wenn ich mir diese jungen Gesichter anschaute, wurde mir schlecht, bei dem Gedanken, wie viele dieser ungestümen jungen Rekruten wohl bei einer Schlacht, den nächsten Sonnenuntergang nicht mehr erleben würden. Es war jedes Mal dasselbe. Diese Anfänger fühlten sich unbesiegbar vor ihrem ersten Kampf. Kein Wunder, ihnen wurde ja von den Ausbildungsfeldwebeln ständig erzählt, wie überlegen wir dem Gegner seien. Am Abend nach ihrer ersten Schlacht waren die wenigen Überlebenden sicherlich um einiges klüger und konnten derartigen Märchenstorys wohl kaum noch einmal Glauben schenken. Das ist nun einmal die Lebensschule der Soldaten und Krieger. Jeder von uns Veteranen musste irgendwann einmal da durch …

Ich stand gerade mit meinen Schwertbrüdern Theodem und Eichbart herum und betrachtete das hektische Treiben. Der stets missgelaunte Theodem schaute missmutig und ausgesprochen übel gelaunt auf die sich vor ihm formierte Rekrutengruppe. Ebenso wie auch ich, so trug auch er die Rangabzeichen eines Platoon-Feldwebels. Der bedeutend ausgeglichenere Eichbart war unser Kompaniefeldwebel. Ich hatte es noch nie erlebt, dass Theodem unfreundlich wurde. Zumindest nicht gegenüber den eigenen Truppen …

Vor sich hin grummelnd trat Theodem vor die Rekrutengruppe, die ihm zugeteilt worden war. Er spuckte geringschätzig auf den Boden, was doch tatsächlich einen der Neulinge dazu verleitete, vor ihm zu salutieren. Ich blickte meinen Kompaniefeldwebel, der neben mir stand, resignierend an und erntete lediglich ein Schulterzucken. Solche übereifrigen Typen hatten wir schon oft gesehen. Wenn die erst einmal zum zehnten oder zwanzigsten Mal im Einsatz waren, dann wurde aus ihnen entweder brauchbares Soldatenmaterial oder sogar Unteroffiziere. Die ganz Verbohrten wurden dann manchmal sogar Offiziere, und einige wenige wurden zu den Gardetruppen versetzt, wo die fanatischsten und härtesten Soldaten unseres glorreichen Reiches ihren Dienst versahen. Mittlerweile bewegten sich die Rekruten in einer disziplinierten Marschformation auf eines der Festungstore zu, um zu einer Übung auszurücken. Diese naiven, unwissenden Neulinge waren genauso begeisterungsfähig, wie Generationen von Rekruten vor ihnen. Der eindeutig unmusikalische Theodem befand sich an der Spitze der Formation, um sie zu einem der außengelegenen Übungsgelände zu führen. Er grölte wieder einmal eines dieser üblichen, patriotischen Lieder. Sein Platoon sang begeistert mit. Glücklicherweise sangen die Rekruten um ein Erhebliches besser, als ihr Ausbilder.

Ich schlenderte mit dem Kompaniefeldwebel zur Kantine hinüber. Im gut besuchten Unteroffiziersclub waren schon die meisten meiner alten Bekannten versammelt und gönnten sich das eine oder andere erfrischende Getränk. Eine schwitzende Ordonanz schleppte gerade ein Tablett mit gefüllten Methörnchen vorüber. Ich griff rasch zu, dankbar, dass ich zwei Arme hatte und stillte meinen brennenden Durst. Das Ordonanzkerlchen kam wieder vorüber und ich erneuerte meine beiden Trinkhörner. Langsam besserte sich meine Stimmung, und auch der bereits leicht schielende Theodem wurde eindeutig optimistischer. Einige Hörnchen später sah der Plan, den unsere Truppenkommandanten ersonnen hatten, schon erheblich erfolgversprechender aus. Wir verließen die Kantine zusammen mit den anderen Unteroffizieren, um in der Truppenunterkunft ein kurzes Schläfchen zu halten. Ich war überzeugt davon, dass insbesondere der Mittagsschlaf gut für die Fitness und geistige Regsamkeit ist. Als ich Theodem diese bahnbrechende Erkenntnis mitteilte, stimmte er mir mit einigen tiefen, gurgelnden Tönen zu. Kurze Zeit später lagen wir schnarchend in unseren Unterkünften und träumten von kommenden Heldentaten.

Einige Tage später begutachteten wir die zurückkehrenden, nun schon recht gut ausgebildeten, Rekrutenformationen. Wie üblich war ein gewisser Schwund zu erkennen. Wir schienen allerdings mit diesen Rekruten Glück zu haben. Die Ausfallrate lag lediglich bei knapp 10 % der Rekruten. Es blieben also noch genügend mutige und unerschrockene Soldaten für die geplante Angriffsoperation übrig. Die Ausbilder geleiteten ihre Schützlinge zur Kantine, wo eine kleine aber nahrhafte Mahlzeit auf die hart gedrillten und nun ausgehungerten Rekruten wartete. Natürlich waren die Portionen nicht zu groß, damit die Soldaten „hungrig und aggressiv“ blieben. Wenn das Gefecht vorüber sei, könnten sie sich satt essen, aber bis dahin würde jedoch noch etwas Zeit vergehen … Fanfarensignale ertönten und riefen die Truppenkontingente zu den Bannern. Unsere Offiziere inspizierten uns ein letztes Mal. MäcBee kam, umgeben von grimmigen, vernarbten Gardisten, auf den großen Appellplatz. „Wenn ich einmal Kinder oder Enkel haben werde und es ein Junge wird, dann werde ich dafür Sorge tragen, dass der Knabe den Namen unseres, von uns allen zutiefst verehrten, Heerführers und königlichen Herrschers, erhalten wird“, nahm ich mir vor. Die Truppenkommandanten erstatteten ihm Rapport. Ich konnte das Gesicht meines Herrschers gut erkennen.

Ich war seinerzeit einer der ersten Soldaten, die das „Eiserne Kreuz“ erhielten. Einer Tapferkeitsauszeichnung, die unser edler König gestiftet hatte. Stolz richtete ich mich ein wenig höher auf, als sein Blick auf mir verweilte und er mir wohlwollend zunickte. Er hob die Hand zum Gruß, schaute uns grimmig aber väterlich an und es wurde still auf dem gepflasterten Platz … „Männer, Soldaten, Krieger … Schwertbrüder … Die Zeit der Rache ist da. Heute schlagen wir zurück. Wir werden unsere Feinde angreifen und vernichten. Nichts wird uns aufhalten. Wir sind unbesiegbar, weil wir für das Recht und die Wahrheit kämpfen. Heil euch, meine Kinder, seid tapfer und mutig, im Angesicht der bevorstehenden Schlacht. Ich werde bei euch sein, und mit euch zusammen diese Schlacht bestreiten …“ Er hob sein glänzendes Schwert in die Höhe … „Blut und Eisen, meine Schwertbrüder. Ruhm und Ehre warten auf uns. Folgt mir …“

Ein ohrenbetäubendes Gebrüll antwortete ihm, als wir unsere Waffen in die Höhe reckten und ihm zujubelten. Er bestieg sein Streitross, trabte langsam aus dem „Großen Tor“ und wir folgten ihm, in wohlgeordneten Kolonnen.

Im ebenen, weitläufigen Gelände vor unserem festungsartigen Stadtstaat formierten wir uns zu einer Streitmacht, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Nichts sollte uns aufhalten. Der blutrote Himmel wirkte fast wie ein Omen. Beinahe verspürte ich so etwas wie Mitleid mit unseren ahnungslosen Gegnern. Aber nur beinahe … Das sowohl ersehnte als auch gefürchtete Gefecht verlief dann eigentlich eher unerwartet… Es war mir schon bewusst, dass der Anmarsch unserer gewaltigen Heerschar nicht unbeobachtet sein würde. Wir alle rechneten mit Verlusten in der Größenordnung von 75% … Zumindest waren wir altgedienten Veteranen davon überzeugt. Die neuen, unerfahrenen Rekruten sahen das Ganze natürlich alles sehr viel optimistischer. Es wäre ja auch ausgesprochen kontraproduktiv für die Moral gewesen, wenn wir ihnen von unseren, auf lange, blutige Erfahrungen basierenden, Einschätzungen berichtet hätten. Davon abgesehen, mussten sie genauso durch die harte, grausame Schule des Kampfes gehen, wie auch vor ihnen schon unzählige Generationen von Soldaten und Kriegern. Wir marschierten in ausgefächerter Kampfformation, um nicht überraschend in der Flanke angegriffen werden zu können. Hirsche, Rehe, Hasen und anderes Getier gaben bei unserem Anblick eilig Fersengeld. Heute jedoch hatten diese schmackhaften Tiere nichts von uns zu befürchten. Unser Interesse und Auftrag lagen hinter dem Horizont und niemand würde jetzt Zeit oder Gedanken darauf verschwenden, um nun Jagd auf sie zu machen, bevor nicht der Kampfauftrag erfüllt war. Einige vereinzelte, zahlenmäßig schwache Wachpatrouillen der Orks wurden von uns überrascht und rasch niedergemacht. Keine Warnung sollte unser Ziel erreichen. Das Zielobjekt kam in Sicht. Angriffssignale ertönten, und wir gingen geordnet und in dichter Formation zum Sturmangriff über. Fanfarenstöße zerrissen den düsteren Himmel, dumpfer, rollender Trommelschlag dröhnte. Wie eine unaufhaltsame, eiserne Welle strömten wir auf die stark befestigte Zitadelle Krimstein zu. In den Anfangstagen dieses blutigen, verlustreichen Krieges hatten die barbarischen Orks die Zitadelle, einst Sitz einer tapferen, alten Fürstensippe, gestürmt und alle Bewohner getötet. Heute nun endlich war der langersehnte Tag der Rache gekommen. Mit Todesverachtung erstürmten wir die steilen Mauern der Festung. Die Besatzung der Festung konnte unser Eindringen nicht verhindern. Die wenigen, völlig überraschten Wächter waren schnell überwältigt und hauchten röchelnd ihr erbärmliches Leben aus. Über ihre noch zuckenden Körper hinweg stürmten wir in die feindliche Festung herein. Nur langsam erwachte die gegnerische Festung zum Leben, als die Orks bemerkten, was geschah. Dicke Holztüren wurden aufgerissen, als wir die vielen Räume der alten Zitadelle durchkämmten, um jeden unserer Gegner zu finden und zu töten. Vereinzelte, verzweifelt kämpfende Verteidiger hatten keinerlei Chance gegen uns. Dies war kein normaler Krieg zwischen uns Menschen, dies war ein heiliger Kreuzzug gegen die Orks. Wir trieben die barbarischen Orks kämpfend vor uns her. Oft war der Steinboden glitschig von Blut. Ich befand mich in der ersten Angriffswelle. MäcBee stürmte und kämpfte direkt vor mir. Er blickte mich an und grinste. „Folgt mir Schwertbrüder, Bluttag ist da …“ brüllt er mit seiner tiefen Stimme. Wild schreiend folgte mein Platoon ihm. Ich schrie natürlich auch und kämpfte mich, Seite an Seite mit meinem Herrscher, durch die dünnen Reihen der Verteidiger. Ich trat eine letzte Eichentür auf und wir stürmten in den Thronsaal der Zitadelle. Der mit barbarischem Prunk eingerichtete Saal war fast leer. Nur wenige Orkkrieger hielten sich in dem großen Saal auf. Ein letzter, blutiger Sturm hob an. In einem Hagel von Schwerthieben machten wir die barbarischen Orks nieder, die es gewagt hatten in die Gebiete der Menschen einzudringen. Langsam wurde es still in der umkämpften Zitadelle. MäcBee tauchte eine Hand in das Blut eines orkischen Offiziers, der auf den Stufen zum Thron zusammengesunken war und uns nun blutig und leblos aus glasigen Augen anstarrte. Dann schrieb er für den entkommenen Herrn der Orkhorde eine Botschaft an die Saalwand, damit diesem bewusst war, was wir von ihm hielten …

WIR KOMMEN UND HOLEN DEIN BLUT

Wir verließen die nun geplünderte und an einigen Stellen brennende Zitadelle. Zwar war der Hordenführer der Orks uns entkommen, jedoch war es uns gelungen fast alle seiner wichtigen Offiziere zu töten. Von diesem schweren Schlag würde sich diese Orkhorde nicht so schnell erholen können.

Nur sehr vereinzelt war leises Wimmern aus Räumen mit zertrümmerten Türen zu hören. Wohin man auch blickte, lagen tote und sterbende Orks herum. Offiziere überbrachten MäcBee die Kampfzusammenfassung. Ich stand dicht neben ihm und hörte jedes Wort mit. Wir hatten kaum Verluste zu verzeichnen.

Lediglich 160 unserer heroischen Soldaten hatten ihr Leben bei dem tapferen Angriff gelassen, der die Macht der Orks zerschlagen hat. Die Verluste der barbarischen Orks waren ungleich höher. Beinahe 2000 dieser stinkenden Bestien waren unseren Schwertern zum Opfer gefallen. Ärgerlicherweise hatten wir den Führer der Horde nicht erwischt. Hätten wir den blutrünstigen Orkfürsten bei diesem Angriff erledigen können, dann wäre der Feldzug so gut wie gewonnen gewesen. Der gerissene Kriegsherr der Horde war jedoch nicht in der Zitadelle und entkam dadurch seinem Schicksal. Das Signal zum Sammeln ertönte. Vor den Mauern von Krimstein sammelte sich unser Heer und machte sich zum Abmarsch bereit. Wir zogen wieder heim nach Tuscelan. Der geisterhafte Mond stand am wolkigen Himmel und blickte auf unsere siegreiche Streitmacht, als wir wieder zurückmarschierten. „Heimat, wir kommen“, riefen wir. Dieser Krieg war noch lange nicht vorüber, aber der Feind hatte nun einen Schlag erhalten, von dem er sich so schnell nicht erholen konnte.

Schwer atmend und zutiefst ergriffen legte MäcBee das alte Buch beiseite. Sinnend schaute er aus dem bunten Glasfenster und sah den Mond hoch oben am Himmel stehen, der auf die Stadt Tuscelan herab schien. „Urgroßvater … du hast unserer Familie große Ehre gemacht. Obwohl du lange tot und begraben bist, leben dein Name und deine Geschichte in diesen Schriften weiter. Wer mag wohl wissen, wie viele kommende Generationen von jungen Menschen diese Abenteuer lesen werden und sich wünschen, an deiner Seite gekämpft zu haben. Ich gelobe, ich werde mich deiner würdig erweisen und Ruhm und Ehre für unsere Familie ernten. Wenn der Gottkaiser in seiner unendlichen Gnade (… gelobt sei Sein Name …) es mir erlaubt, so werden spätere Generationen auch von mir lesen. Nun habe ich ein Ziel und eine Aufgabe …“

3.

Die nun folgende Zeit sollte für den jungen Paladin MäcBee die anstrengendste und forderndste Zeit seines bisherigen Lebens werden. Früh am Morgen wurde er unnachgiebig durch einen alten Diener geweckt, der ein Holzbein und nur noch ein Auge hatte. Dieser Diener, mit dem Namen Morty, richtete dann dem müden MäcBee ein karges Frühstück her, während dieser sich wusch und ankleidete. Das Frühstück bestand aus einem Krug heißen, mit Kleehonig gesüßten, Tee, etwas Brot und einem Stück Käse. Auf dem Übungsplatz im Kasernenteil der Festung standen bereits einige Rekruten, die, ebenso wie MäcBee in die hohe Kunst des Kampfes eingeweiht werden sollten. Zuerst wurde den jungen Männern die grundsätzliche Handhabung der verschiedenen Waffen beigebracht. Als der, die Ausbildung leitende, Hauptfeldwebel Tannvald der Überzeugung war, sie könnten alle eine Waffe halten, ohne sich sofort selbst umzubringen, ließ er die jungen Männer paarweise antreten und gegeneinander kämpfen. Später wurde dann auch in Gruppen gegeneinander gekämpft. Zuerst wurden hölzerne Waffen dazu genutzt, aber schon nach kurzer Zeit tauschten die Ausbilder die Holzwaffen gegen eiserne Waffen aus, damit die Kämpfer ein Gefühl für das Gewicht der echten Waffen entwickeln konnten. Zwar waren diese Waffen stumpf und die jungen Rekruten trugen volle Rüstung, um sich an das Gewicht zu gewöhnen, aber die ersten Verletzungen ließen nicht lange auf sich warten. Bereits nach den ersten vier Wochen hatte sich die Zahl der zum morgendlichen Kampftraining antretenden Rekruten sichtlich verringert. Von anfänglich 28 jungen Männern waren gerade einmal 17 Männer verblieben, die jetzt zusammen mit MäcBee das Kriegshandwerk erlernten. Vier von ihnen hatten den harten Dienst quittiert und eingesehen, dass ein Leben als Krieger nicht das war, was sie sich anfänglich vorgestellt hatten. Diese jungen Männer waren von den anderen Rekruten herzlich verabschiedet worden und kehrten nun zu ihren Familien zurück, um einen anderen Beruf zu ergreifen.

Einer der Rekruten war durch einen bedauerlichen Unfall während der Waffenausbildung gestorben. Während eines der üblichen Trainingsläufe auf den Mauern und Wehrgängen war der junge Mann gestolpert und kopfüber eine steile Treppe herabgestürzt, die er gerade eben noch in voller Rüstung, mit Marschgepäck und Waffen, empor gehastet war. Dabei hatte er sich den Hals gebrochen. Seine Leiche wurde zwei Tage und zwei Nächte in der geheiligten Kasernenkapelle der Festung aufgebahrt, bevor er feierlich beigesetzt wurde. Sechs der Rekruten waren den harten Anforderungen nicht gewachsen. Sie waren als, für den Waffendienst in den Legionen, untauglich ausgemustert und umgehend entlassen worden. Keiner der Verbliebenen war ohne Blessuren durch die ersten Wochen gekommen. Besonders, wenn man gegen einen der Ausbilder antreten musste, dann war ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit etwas, das man danach schmerzhaft im Gedächtnis behielt. Ein Apothekarius war jederzeit, auf dem mit dunklen Steinen gepflasterten Innenhof des Kasernentraktes, anwesend. Alle Rekruten und auch MäcBee konnten zahlreiche blaue Flecken, Abschürfungen und tiefe Kratzer vorweisen, die davon zeugten, wie hart der Waffendrill war. Während an den Abenden nach dem unerbittlichen Waffentraining die Rekruten in den Stuben der Kaserne in die Feinheiten des Soldatenlebens eingeführt wurden und auf den langen, breiten Fluren des Kasernentraktes das Marschieren im Gleichschritt lernten, wurde der junge MäcBee in der gutsortierten, berühmten Bibliothek der königlichen Festung unterrichtet, um ihn auf das Leben als Paladin vorzubereiten. Der junge Paladin wurde davon nicht abgeschreckt. Er lernte gerne Neues kennen. Die zahlreichen, unterschiedlichen Themen interessierten ihn und seine Lehrer verstanden es, den Lehrstoff interessant zu gestalten. Seine Lehrer in diesen Abendstunden waren Scriptor Volvgank und Morty, der wie sich herausstellte, ein angesehener Lexicanus war. Morty war in seiner lange zurückliegenden Jugendzeit ein Soldat der königlichen Garde gewesen. Nachdem er in einem blutigen Gefecht gegen herumstreifende Orks die untere Hälfte seines linken Beines und sein linkes Auge verloren hatte, konnte er natürlich nicht länger als Gardesoldat Dienst tun. Man bot ihm damals, nach seiner Genesung, einen ruhigen Posten in der Bibliothek an. Morty vertiefte sich in seine neue Aufgabe und wurde mit der Zeit ein überaus angesehener Lexicanus, der über mehr Wissen verfügte, als viele Gelehrte. Er war voller Weisheit, inspirierend, und hatte eine fast väterliche Art an sich. Zwischen Morty und MäcBee entwickelte sich recht schnell ein freundschaftliches Verhältnis. Der alte Morty sah in dem jungen Paladin beinahe so etwas wie einen Sohn, den er selber niemals hatte. Der Lexicanus war gegenüber seinem neuen Schüler stets verständnisvoll, manchmal dozierend, jederzeit ausgeglichen und verstand es dabei ausgezeichnet den jungen MäcBee für den oft schwierigen und sehr umfangreichen Lehrstoff zu begeistern. Oft saßen die beiden bis spät in die Abendstunden in einer ruhigen Ecke der königlichen Bibliothek. Der alte, sonst oft schweigsame, Morty war während dieser Zeit in seinem Element und auch MäcBee vergaß oft die Zeit. Häufig diskutierten die beiden lebhaft miteinander und es war nicht selten, dass zufällig in der Bibliothek anwesende, ehrwürdige Gelehrte ebenfalls mit in die vielfältigen Diskussionen einbezogen wurden.

Besonders die militärischen Themenbereiche, mit ihren vielfältigen Facetten und auch die Geschichte Tuscelans hatten es dem jungen Paladin angetan. Langsam begriff MäcBee, was alles dazu gehörte, ein Paladin der Krone zu sein. Es genügte nicht, lediglich geschickt mit der Waffe zu sein. Die Herkunft eines Mannes war für den Posten als Paladin sowieso völlig nebensächlich. Ob man Adeliger war oder der Sohn eines Bauern interessierte in Tuscelan niemanden. Sobald ein Mann den Posten des Paladins innehatte, war er Paladin. Alles, war er vorher war, interessierte nicht mehr länger. Dass mit dem Dasein als Paladin jedoch auch die Aufgabe als Held der Krone von Tuscelan Hand in Hand einhergingen, war etwas, das erheblich komplizierter war, als es ursprünglich den Anschein machte. Eines Abends, als sie in der Bibliothek saßen und das Gespräch wieder auf das Heldendasein und die damit verbundenen Aufgaben kam, seufzte Morty.

Er stand von seinem gepolsterten Sessel auf und schritt nachdenklich auf und ab. Dann wandte er sich MäcBee zu, der noch an dem polierten, altersdunklen Arbeitstisch saß. Der alte Lexicanus holte tief Luft und hob dozierend den Zeigefinger der rechten Hand.

„Wohlan, werter MäcBee - unser heutiges Thema sind Helden. Oder das Heldensein … Im Grunde jedoch sind diese beiden Dinge nicht eindeutig von einander zu trennen. Ein klein wenig hatte ich bereits das Thema angeschnitten, aber damals ging es speziell um die antiken, also längst toten Helden mit der Folgerung, dass die meisten von ihnen gar keine Helden sind, sondern lediglich ein Produkt von einem Mythos darstellen … Diesmal möchte ich mich gerne mit allen möglichen Arten von Helden beschäftigen. Also mit Menschen – oder auch vielen anderen Spezies – die von ihren Artgenossen als Helden bezeichnet werden. Oder diejenigen, die es nun einmal einfach sind, ohne dass sie jemand so nennt. Letzteres sind wohl die meisten … Was also ist ein Held? Diese Frage ist nicht einfach, auch wenn sie einem auf den ersten Blick als einfach erscheinen mag. Wie kann man also einen Helden von Nicht-, Halb- oder Fasthelden unterscheiden? Ich denke um das besser zu verstehen, sollten wir uns nun eine kleine Art von Klassifizierung einfallen lassen, nach der wir unsere vielen tapferen Helden unterschiedlichen Klassen oder vielleicht besser ausgedrückt, einer Skala von Stufen zuordnen können …“ Morty kicherte leise, als er den leicht glasigen Blick des Paladins bemerkte … „Keine Angst, es wird nicht so kompliziert, wie es sich im ersten Moment vielleicht anhören mag, dafür ist es mir gerade zu spät, ich muss ja noch irgendwann ins Bett, da ich ja schon etwas älter bin und für einen Mann meines Alters die Nachtruhe wichtig ist. Also beginnen wir …

Stufe 1 – Helden – ganz allgemein, als Überbegriff, um all die Persönlichkeiten zu bezeichnen, die sich auf irgendeine Art und Weise da einordnen lassen.

Stufe 2 – Tote und lebendige Helden – Dieser Punkt ist meiner Meinung nach, der wichtigste Aspekt in der Klassifizierung eines Helden. Die Toten sind eben tot, die lassen sich nicht mehr ändern und werden ihren wohlverdienten – oder auch nicht – Heldenstatus nicht mehr so schnell verlieren. Ihnen ist das alles egal, sogar wenn ein vorbeilaufender Necromant sie zufälligerweise wiederbelebt. Glücklicherweise sind derartige Meistermagier, nach den langen, blutigen Magierkriegen vor einigen Jahrhunderten, heutzutage recht selten geworden. Anders ist es bei den lebendigen Helden. Es kann sich immer noch als gravierender Fehler erweisen, dass man ein Held ist. Wenn sich beispielsweise die derzeitige politische Situation oder sonst noch was ändert. Oder die Gegenseite – böse oder gute – den Helden verführt das Gegenteil zu betreiben. Oder man ist nicht schnell genug beim nächsten Mal und eine Prinzessin geht drauf und ihre kleine Schmusekatze noch dazu … das kann dann meist wirklich unangenehme Folgen für den Helden haben … es gibt vielerlei Möglichkeiten. Ein Held zu sein, ist ähnlich wie bei den antiken Göttern, oder den Göttern, die in den östlichen Grenzreichen oder auf den, dem Kontinent vorgelagerten Inseln oder sonst irgendwo verehrt werden. Es ist nicht einfach und man darf keine Fehler machen. Andererseits, wenn ein Gott einen Fehler macht, bleibt er trotzdem ein Gott, der Held dagegen verliert recht schnell alle seine, meist mühsam erlangten Privilegien und manchmal auch noch den Kopf. Das darfst Du übrigens wortwörtlich nehmen …

Stufe 3 – „Öffentliche“ und „verdeckte“ Helden – mit anderen Worten, die bekannten, berühmten meist verehrten und/oder gefürchteten Helden, die in der Öffentlichkeit stehen und diejenigen Helden, die einfach Helden sind, von denen man es aber nicht weiß. Ein gravierender und sehr wichtiger Punkt, da meistens „verdeckte“ Helden sich als die wahren Helden erweisen. Ich meine, sein eigenes Leben zu riskieren, all die Bösen zu erlegen, all den Stress und dafür nichts kassieren wollen? Wenn das nicht heldenhaft ist … „Öffentliche“ Helden wiederum sind öfters nur ein Produkt der jeweiligen Propaganda oder aber eine geschickte Täuschung. Aber es gibt mit erwiesener Sicherheit auch diejenige die es tatsächlich sind. Und somit kommen zu der Stufe 4.

Stufe 4 – Echte und unechte Helden – dabei geht es nur um die Personen, die allgemein von allen oder zumindest von vielen als Helden verehrt werden. Diese beiden, verschiedenen Sorten von Helden unterscheiden sich grundlegend voneinander. Ein Teil von ihnen hat wirklich irgendwann einmal eine ganz große Nummer abgezogen, oder aber er ...oder sie... zieht sie immer wieder ab und zwar in aller Öffentlichkeit. Sie tun es nicht unbedingt mit Absicht, so sind eben die Umstände. Andere, unechte, nutzen nur eine Situation. Das ist ziemlich einfach. Es existiert ein gewisses Vorbild in den Augen des Volkes, eine Erscheinung, eine Vision. Es genügt also in solch einem Fall am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und nach Möglichkeit dementsprechend angezogen zu erscheinen und ein paar markig, einprägsame Sätze zu