Wilde Geschichten vom Fischen - Doppeldrill und Bogenjagd: über 30 kuriose Erlebnisse - Gottlieb Eder - E-Book

Wilde Geschichten vom Fischen - Doppeldrill und Bogenjagd: über 30 kuriose Erlebnisse E-Book

Gottlieb Eder

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Beschreibung

Zu selben Zeit denselben Fisch gedrillt? Beim Schwarzfischen erwischt oder nachts der teuren Ausrüstung beraubt? Wie es zugeht, wenn echte Fischer inbrünstig ihrer Leidenschaft nachgehen, hat Gottlieb Eder mithilfe erfahrener Fischerkollegen in diesem Buch minutiös portraitiert. Zwischen Huchen und Lachsen, Drachenkopffischen und Hechten, Schwarzfischerei, Bogenjagd und Indianerreservoir, tödlicher Schlinge, Raubbau und Traumwasser im ehemaligen Kriegsgewässer warten alle Fischer letztlich genau auf das Eine: den Fang ihres Lebens. Mit anderen Worten: "Die eher steife Rute verbeugt sich schlagartig und das Surren der Rolle löst ein Glücksgefühl aus." Inhalt: VORWORT ... 7 VERDECKTER ERMITTLER ... 9 HANDARBEIT ... 17 HECHT ... 21 EIN GRAUSLICHER FANG ... 25 EIN TRAUMTAG ... 29 JUSTITIA ... 35 KREBSE ... 41 MONSTER ... 47 KARPFENGRAPSCHEN ... 51 NILBARSCHE ... 55 RINGFINGER ... 61 STEELHEAD ... 65 REKORDHUCHEN ... 69 PROZESS ... 73 TEUFELSROCHEN ... 79 SCHARFES CHILLI ... 83 TREIBJAGD ... 87 SCHICKSAL ... 91 LIFE STERLET ... 95 BISAM ... 99 TRAINING ... 105 WALHAI ... 113 GLÜCK ... 117 DIE VÖGEL ... 123 MITTAGSFORELLEN ... 129 DELIKATESSE ... 133 FLOSSFISCHER ... 139 TIERISCHE HEIMSUCHUNG ... 143 GEHILFE ... 151 TIERQUÄLEREI ... 155 ÄSCHENPROJEKT ... 159 GEFÄHRLICHE FISCHE ... 163 EISFISCHEN ... 169 KONTROLLE ... 173 SELBSTBEDIENUNG ... 179 DIE UNA ... 183 INDIANER ... 187 BOGENJAGD ... 191 FLIEGENFISCHERIN ... 197 SAALACH ... 201

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Seitenzahl: 241

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Einen aufrichtigen Petri Dank meinen Freunden, Bekannten und Fischerkollegen. Ohne ihre bereitwilligen Mitteilungen wäre die Herausgabe dieses Buches nicht möglich gewesen.

INHALT

VORWORT

VERDECKTER ERMITTLER

HANDARBEIT

HECHT

EIN GRAUSLICHER FANG

EIN TRAUMTAG

JUSTITIA

KREBSE

MONSTER

KARPFENGRAPSCHEN

NILBARSCHE

RINGFINGER

STEELHEAD

REKORDHUCHEN

PROZESS

TEUFELSROCHEN

SCHARFES CHILLI

TREIBJAGD

SCHICKSAL

LIFE STERLET

BISAM

TRAINING

WALHAI

GLÜCK

DIE VÖGEL

MITTAGSFORELLEN

DELIKATESSE

FLOSSFISCHER

TIERISCHE HEIMSUCHUNG

GEHILFE

TIERQUÄLEREI

ÄSCHENPROJEKT

GEFÄHRLICHE FISCHE

EISFISCHEN

KONTROLLE

SELBSTBEDIENUNG

DIE UNA

INDIANER

BOGENJAGD

FLIEGENFISCHERIN

SAALACH

„Ein Fischer wartet Stunden und ein Narr ein ganzes Leben lang.“ (Chinesische Weisheit)

VORWORT

Vor einer politischen Wahl, nach einer Jagd und am Stammtisch der Fischer wird gelogen, dass sich die Angelhaken biegen. Dieses Zeitfenster ist die Hochsaison der Maulhelden. Natürlich gilt auch hier die Unschuldsvermutung. Leider ist das Jäger- und Fischerlatein ein nicht verbrieftes geistiges Weltkulturerbe.

Aber auf der anderen Seite der Medaille stehen außergewöhnliche Geschichten, die der Wahrheit entsprechen. Ich schwöre es bei Neptun, dem Gott des Wassers. Vermutlich reicht ein langes Fischerleben nicht aus, um die Erlebnisse an und im Wasser, mit der Tierwelt und den Menschen, gebührend darzustellen.

Angeblich rechnet der Schöpfer dieser Welt die verbrachten Stunden und Tage bei der nassen Waid nicht in die Lebensspanne ein. Wobei auch das Erzählen, frei von Lug und Trug, in diese Rechnung eingeschlossen ist. Quasi ein persönliches Guthaben für eine Verlängerung der Lebenserwartung. Neben dem Naturerlebnis noch dazu ein unbezahlbares Glück.

Die gesammelten Geschichten bieten abwechslungsreiches Lesevergnügen aus der Welt der Fischerei. Die Bandbreite der Schilderungen reicht von makaber über amüsante bis beinahe unvorstellbare Ereignisse.

Wahre Fischer lügen nicht, oder?

Jedenfalls sind alle befragten Fischer in ihrer Zeit geblieben und erzählen höchst subjektiv, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.

Viel Freude beim Lesen der Wilden Geschichten vom Fischen wünscht

Gottlieb Eder

VERDECKTER ERMITTLER

Silberlachse

Diese Geschichte habe ich selbst erlebt.

Nach der abenteuerlichen Flussbefahrung und dem zeitlich begrenzten Nomadentum weit im Westen Alaskas ist nun die Hafenstadt Seward unser Reiseziel. Ein wahrer Luxus ist das gebuchte Motorhome im Vergleich zur Zeltbehausung mitten im Revier der Bären.

Die großartigen Landschaftsformen der Kenai-Halbinsel beeindrucken uns aufs Neue. Flüsse und Fjorde entlang der Küste sind voller Fische. Die blitzblanken Silberlachse mit den noch schmarotzenden Meerläusen, rund um den After, sind uns den Batzen Dollar wert.

Das unvorstellbare Karfreitagbeben im Jahre 1964 hat auch Seward mit voller Wucht getroffen. Zeitzeugen berichteten von einem dumpfen Rumoren und Grollen aus dem Bauch der Erde heraus. Hebungen und Senkungen der Erdkruste begleiteten die Stöße. Einem Monster gleich öffnete sich anschließend der Boden und riss Menschen, Fahrzeuge und Gebäude in die Tiefe. Ganze Straßenzüge wurden aufgeworfen, versetzt oder sackten in die Tiefe. Eisenbahnbrücken kippten wie Spielzeug ins Wasser. Kartenhäusern gleich stürzten Gebäude in sich zusammen. Bergflanken bebten. Steile Hänge rutschten und Felsstürze polterten zu Tal. Im Siedlungsraum brachen Feuersbrünste aus.

Der Spannungsabbau durch die Plattenverschiebungen der Erdkruste führte dazu, dass ein rund 35 Meter breiter Küstenstreifen im Meer versank. Wir haben die von der Stadt zur Verfügung gestellten Informationen gelesen, können uns aber nicht wirklich die Urgewalt des Bebens vorstellen. Vom südöstlichen Zentralalaska ging das Epizentrum aus, und im Prinz-William-Sund setzte sich ein gewaltiger Tsunami in Bewegung. Die Wellenberge erreichten eine Höhe von weit über sechzig Metern und fegten in die enge Bucht.

Die Macht der Naturkraft zerlegte die Hafenanlagen und die vertäuten Boote in ein wahres Trümmermeer. Verwüstet wurde ein Großteil der Küstenregion. Die geringe Besiedlungsdichte, die Fangboote ankerten bereits im Hafen und der späte Ausbruch des Bebens bedingten verhältnismäßig wenig Todesopfer.

Bereits nach elf Minuten zeichneten die Seismographen auf der Hohen Warte in Wien das heftige Alaska-Erdbeben auf. In dieser kurzen Zeit überbrückten die Erdstöße eine Strecke von rund 7.000 Kilometern.

Mein Reisegefährte Walter und ich tappen nicht blind in die Charterfalle. Längst haben wir die Zeit der blutigen Anfänger abgeschüttelt. Wir fühlen uns erfahren genug und den Aufgaben gewachsen. Viel erlebt haben wir auf unseren fischenden Raftfahrten. Die Wildnis ist eine wahre Lebensschule. Besonders die schlechten Erfahrungen prägen sich tief in das Gedächtnis ein.

Wir pfeifen auf das Durchblättern der Werbefotos in den dicken Alben. Unbeeindruckt sind wir von den flotten Sprüchen in den Prospekten. Die Marktschreier vor den Büros der Chartergesellschaften ernten von uns ein müdes Lächeln im Vorbeigehen. Gut, unser mageres Englisch ist ein Hemmnis und macht eher wortkarg. Gespannt warten wir auf die Rückkehr der Fangschiffe. Mit eigenen Augen wollen wir uns von der Beute, der Mannschaft und dem Zustand des Bootes überzeugen. Wenig begeistert sind wir von dem Kampffischen mit Schulterkontakt. Eng ist der Platz an der Reling. Unvermeidbar ist das Verwickeln der Leinen. Laufend tuckern am späten Nachmittag die Boote in den Hafen. Sie gleiten fast behäbig zum Liegeplatz und werden mit dicken Tauen gefesselt. Fender fliegen über Bord. Sie sollen die Reibereien mit den Nachbarbooten verhindern.

Wir merken uns die erfolgreichen Heimkehrer sowie die Nummer des Liegeplatzes am Steg. Einprägsam ist auch so mancher Name am Rumpf des Schiffes. Unüblich ist das orientalische Feilschen, ziemlich einheitlich sind der Preis für die Ausfahrt und die Zeit auf dem Wasser festgelegt. Wir mühen uns ab. Zahlreiche Klinken der Charteranbieter putzen wir. Ständig heißt es leider, wir sind schon ausgebucht. Das Geschäft mit dem Lachs und dem Heilbutt läuft wie geschmiert. Der Geschäftsneid ist nicht der Rede wert. Mit einem mündlichen Überweisungsschein steuern wir den nächsten Anbieter an. Wir nützen das letzte Buchungsfenster. Das Glück ist uns hold. Gut Ding braucht eben Weile, bis es endlich klappt. Puffin Lady nennt sich unser Fischerboot. Insgesamt sind wir rund acht Stunden – laut Buchungsvertrag – auf dem Wasser unterwegs. Groß ist die Vorfreude auf die intensive Betreuung. Der Bootseigner ist Mädchen für alles und unser persönlicher Guide. Wir sind nur zu dritt auf dem Schiff.

Am nächsten Tag taucht noch einer bei der gebuchten Nummerntafel und der schwimmenden Papageitaucherdame auf. Ein Einheimischer, wie wir aus dem Wortwechsel zwischen Bootseigner und dem Mann mutmaßen.

Wir brettern von einer vorgelagerten Insel zur nächsten. Funksprüche vernetzen die Jagd nach den Fischen. Die ziehenden Schwärme und ihre Tiefe sind im Zeitalter der Echolote kein Geheimnis. Die Lachse folgen den riesigen Schulen der pazifischen Heringe nach, die in den flachen Gewässern ihre Laichgebiete suchen. Der Rogen wird an Tang, Steinen oder Baumleichen abgesetzt. Seelöwen, Buckelwale, Bären, Küstenwolfe, eine Vielfalt an Vögeln und natürlich auch die Lachse schätzen diesen Futterfisch und ihre Eier, wenn die Brandung sie an das Ufer spült.

Im Golf von Alaska und in dem Beringmeer fressen die Lachse Krill. Sie jagen erfolgreich den kleinen Schwarmfischen nach. Heringe sind ihre Leibspeise.

Ist ihre Zeit gekommen, treibt es die künftige Elternschaft wieder heimwärts. Mächtig ist der genetische Drang. Bewundernswert ist der Orientierungssinn der Fische. Unfehlbar finden sie zu den Flussmündungen zurück. Das Magnetfeld der Erde und der Sonnenstand ersetzen den menschlichen Kompass. Eingeprägt sind der Geschmack und Geruch ihres Geburtsgewässers im eigentlich lächerlich kleinen Hirn.

Noch im Küstenbereich fressen sie sich die Fettreserven auf die Gräten. Zu Beginn des letzten Wanderzuges blitzen ihre Körper wie blankes Silber. Während des Aufstieges zu ihren Geburtsgewässern stellen sie die Nahrungsaufnahme gänzlich ein. Die angebotenen Reizköder in den Flüssen sind den Wanderfischen nur eine Belästigung vor dem Maul. Sie wollen einfach diese Dinger aus ihrer Welt schaffen. Reflexbisse sind die Fehlentscheidung aus der Sicht der Fische.

Die Laichwanderung zerrt an den Kräften. Außerdem wird die im Muskelfleisch gespeicherte Energie zur Entwicklung der Geschlechtszellen umgewandelt. Ihr Temperament, der Geschmack des Fleisches und die Ausdauer leiden mit der zurückgelegten Strecke im Süßwasser.

Beim Aufsteigen in die Flusssysteme und Quellgebiete verpassen sie keine Abzweigung. Weit stromauf kämpfen sich die gedrungenen, bulligen Silberlachse zu ihren Laichgewässern durch. Ein faszinierendes Verhalten dieser prächtigen Fische zeigt, dass sie je nach Weglänge zu den Geburtsgewässern, dem Pegelstand und der Wassertemperatur den Zeitpunkt der Wanderstrecken abstimmen.

Immer wieder legen sie Ruhepausen in den tiefen Pools ein. Während dieser Zeit reifen die Geschlechtsprodukte heran. Sind schließlich die Eier entwickelt genug, zieht es die Rogner zügig zum eigenen Geburtsort. Von den Hormonen gesteuert, folgen die Milchner auf den Flossen.

Typisch für diese Pazifische Lachsart ist ihre Aufspaltung in einen Sommerund Herbstlaichzug. In der gemächlichen Strömung der Hauptflüsse kommen die Wanderer flott voran. Gering ist ihr Kräfteverschleiß. Die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes hält sich in dem trüben Gletscherwasser noch in Grenzen. Biegen jedoch die Trupps in die klaren Flüsse und Bäche ab, dann tickt die biologische Uhr einen rascheren Schlag.

Zum prächtigen Hochzeitskleid wandeln sich die Schuppen. Sekundäre Geschlechtsmerkmale prägen sich aus. Die Milchner beeindrucken die Rivalen und das weibliche Geschlecht gar mit einem geierartigen Laichhaken. Erschöpft vom Laichgeschäft taumelt schließlich diese Generation dem Tod entgegen. Rapide schwindet der Schutz der Schleimhaut und Pilzkulturen verbreiten sich wie ein Fleckerlteppich. Eingeplant ist ihr Verwesen in den Kreislauf der Natur. Die Vergänglichkeit der Alten ist kein Vergeuden, sondern bildet die Basis für neues Leben. Eine Art von Wiedergeburt.

Je nach der Wassertemperatur schlüpft die Brut in den Laichgruben nach rund hundert Tagen. Im Gegensatz zu den rasch ins Meer abwandernden Buckellachsen halten sich diese Jungfische mindestens ein Jahr lang im Geburtsgewässer auf. Einigen Populationen eigen ist, dass sie sich gar einige Winter lang in Seen herumtreiben, ehe sie ins Salzwasser wechseln.

Endlich steht unser Boot still. Unüblich ist das Setzen eines Ankers. Gemächlich treiben wir mit der Brise. Die Striche auf dem Echolot verraten einen Fischschwarm unterm Kiel. Auch die Tiefe der Wanderer zeigt das Gerät an.

Der Kapitän holt eine Packung Heringe aus dem Kühlschrank. Er halbiert die Baits und zieht geübt den Drilling durch das Fleisch. Die Bremse der handlichen Multirolle ist schnursicher eingestellt. Nach einem neuerlichen Blick auf den Fischfinder lässt uns der Mann unterschiedliche viele Fußeinheiten Schnur von der Rolle abziehen. Der bewegungsarmen Beute und ihrem Geruch können einzelne Schwarmfische nicht widerstehen. Vehement ist ihr Biss. Die eher steife Rute verbeugt sich schlagartig und das Surren der Rolle löst ein Glücksgefühl aus.

Im Meer sind es keine zufälligen Reflexbisse. Irgendwie sind wir durch die geübte Fliegenfischerei zu schnell mit dem Anschlag. Oft reißen wir den getürkten Happen aus dem Maul des Fisches oder der Haken schlitzt nach kurzem Kampf aus dem Fleisch. Der Unbekannte hingegen wartet mit Geduld, bis der Fisch den Hering schluckt. Tief im Maul oder gar schon im Schlund sitzt der Drilling. Er zeigt kein Mitgefühl der Kreatur gegenüber. Es gibt kein Entkommen. Jeder Zugriff endet tödlich für den Fisch.

In Bootsnähe gehakt, gebärdet sich der Fisch ungestüm. Er versucht mit mächtigen Sprüngen den Fremdkörper im Maul abzuschütteln. Zieht mit hoher Geschwindigkeit seine Kreise um den Rumpf und kreuzt den Schatten des Schiffes. Trotz Leinenzwang und der Bremswirkung der Multirolle schießt er einem Torpedo gleich neuerlich in die Weite. Er kehrt um. Taucht in die Tiefe und stiftet mit seinem sonderbaren Verhalten Verwirrung unter seinen Schwarmmitgliedern. Die Federkraft der Rute und die Übersäuerung seiner Muskeln zeigen alsbald Wirkung. Im klaren Wasser ist der Überlebenskampf des Silvers gut zu beobachten. Immer wieder blitzt die weiße Bauchseite auf. Der Fisch gibt sich geschlagen. Auf die Reißfestigkeit der geflochtenen Schnur ist Verlass. Kurbelumdrehung um Kurbelumdrehung nähert sich der Fisch der Bordwand. Sein Kopf an der Oberfläche schnappt Luft statt Wasser. Der langstielige Kescher, vom Kapitän geführt, streckt sich der Beute entgegen. Das Netz vor den lidlosen Augen weckt neue Lebensgeister. Der Silberlachs bäumt sich auf und schiebt sich mit seiner kräftigen Schwanzflosse halb aus dem Wasserspiegel. Wenige Meter weit tanzt er auf seinem Antrieb, dann ist seine Lebenskraft verwirkt.

Die Zwangsjacke des Netzes schränkt jede Bewegung des Fisches ein. Jeder Knüppelschlag ist ein Treffer und schickt den Fisch in die ewigen Jagdgründe. Die Masse eines handlichen Eisenrohres verstärkt die Wirkung. Weidgerecht ist das Töten. Nach dem Ausdrehen des Hakens oder der blutigen Operation landet der Fisch in einer mächtigen Kühlbox. Der Unbekannte hat das Fleischmachen im Griff. Wischt sich mit einem Fetzen die Hände ab und fischt sich eine Zigarette aus der Schachtel. Er genießt und beobachtet das Geschehen rundum mit wachen Augen.

Wir bemühen uns, seine erfolgreiche Art zu fischen nachzuahmen. Unsere Erfolgsquote ist bescheidener. Immer wieder befreit sich ein Silberlachs vom getürkten Haken. Die Stückzahl von sechs Fischen pro Lizenz wehrt sich erheblich. Mein Freund und ich haben bereits vor zwei Jahren in Seward den kraftvollen Silberlachsen nachgestellt. Unvergleichlich ist der Überlebenswille dieser Pazifischen Art mit ihrem auffallenden weißen Zahnfleisch. Einmal gehakt, kämpfen sie wie die Teufel. Der Coho, wie ihn die Ureinwohner respektvoll bezeichnen, ist mit Abstand der beißfreudigste und aggressivste Lachs. Es verwundert also nicht, dass gerade die Zunft der Fliegenfischer diesen Vertreter der Salmoniden verehrt.

Der Mann hat schon längst sein Fanglimit erreicht. Zum vergnüglichen Zeitvertreib pafft er nun wie ein Kettenraucher. Uns hingegen läuft die Zeit durch die Rutenringe. Die Ungeduld erfasst auch bereits den Kapitän am Funkgerät. Ein rascher Ortswechsel soll uns das erlaubte Limit ermöglichen. Er bemüht sich nach Möglichkeit, schließlich ist unser Erfolg seine Garantie für ein sattes Trinkgeld. In unserer fleischlichen Not versprechen wir dem arbeitslosen Meisterfischer ein Abendessen in einer typischen Hafenkneipe.

Gar mit einer Packung Mozartkugeln, als süße Bestechung, versuchen wir unser Glück. Vergeblich ist unser charmantes Betteln, der Kerl rührt keinen Finger. Immer öfter tippt er mit seinem Zeigefinger auf die Uhr und zeigt mit dem gestreckten Arm die Peilung zum Hafen an. Mit Dollarscheinen versuchen wir uns eine Verlängerung der Fangzeit zu erkaufen. Der Lockruf des Geldes verfehlt die Wirkung. Wir fühlen es, irgendwie ist auch schon der Kapitän mürbe. Mit einem Achselzucken gibt er sich schließlich geschlagen und wirft die Maschine an. Während der flotten Rückfahrt einen Köder zu schleppen, hätte wenig Sinn. Der halbe Hering würde nur auf den Schaumkronen hüpfen, statt in der richtigen Tiefe die Lachse verführen.

Möwen sind unsere gefiederte Begleitagentur. Mit ihren scharfen Augen beobachten sie genau das Verhalten der Leute auf den Booten. Sie wissen Bescheid, dass während der Rückfahrt in den sicheren Hafen oft Lachs und/oder Heilbutt an Deck filetiert werden. Natürlich von der Stärke der Crew abhängig. Begehrt sind unter den Studenten die Ferienjobs. Statt Mann über Bord fliegen Fischabfälle über die Reling. Im Blasenteppich des Kielwassers streiten sie sich um die Fetzen. Ein billiges Fressen ohne Aufwand.

Putzige Seeotter, sie haben pro Quadratzentimeter mehr Haare im Pelz als ich auf dem ganzen Kopf, flüchten aus der Visierlinie des Buges. Laut genug ist der Lärm der Motoren unter Wasser. Die Geräuschkulisse trägt sicher Schuld daran, dass viele Wale ihre Orientierung verlieren. Einmal gestrandet, drückt das Gewicht die Luft aus der Lunge. Der Tod folgt auf die Atemnot.

Trupps von Kormoranen, neidvoll von den Fischern als schwarze Pest bezeichnet, heben sich widerwillig aus dem Wasser, um einen sicheren Abstand zum Boot anzustreben. Andere wiederum sitzen mit gespreizten Flügeln auf wassernahen Verdauungsplätzen. Nach dem Tauchgang gehören das Trocknen und die Gefiederpflege zum Geschäft. Kolonien von Seelöwen räkeln sich auf flachen Felsen. Die Bullen mit ihrer Masse stechen auch ohne Fernglas aus der Herde heraus. Im Reigen der Haremsdamen lässt sich gut faulenzen. Auch ihnen schmeckt frischer Lachs ausgezeichnet.

Je enger der Fjord sich zieht, umso öfter entdecken wir kahle Felsen, die vom Vogelmist geradezu weiß gestrichen scheinen. Und auf schmalen Simsen leuchten die bunten Schnäbel der kecken Papageitaucher. Vereinzelt sitzen die Wappenvögel Alaskas, die Weißkopfseeadler, in ihren Horsten. Wichtig ist der Überblick in ihrem Revier. Die beeindruckende Naturkulisse und die Vielfalt der Tierwelt entschädigen bei weitem das knappe Verfehlen des Fanglimits. Wir grämen uns nicht lange, schließlich haben wir schon köstliche Rotlachsfilets zum Räuchern und Vakuumverpacken abgeliefert.

Die berühmte Fuchsinsel verhindert noch die direkte Peilung zum Heimathafen Seward. In flotter Fahrt schneidet der Bug die Wellen. Fast ein Flottenverband an Fangbooten nähert sich dem Ankerplatz im Hafen. Die Einhaltung des Zeitrahmens gehört scheinbar zum guten Ton innerhalb der Kollegenschaft.

Viele schleppen ihren Fang im ungesunden Plastiksack die steilen Holzstege hinauf. Andere laden ihre gewaltigen Plattfische in besonders breite Schubkarren um. Geschoben und gezogen überwinden sie den Unterschied zwischen Hafenwasser und dem Straßenniveau. An den vielen Filetiertischen warten bereits die Meister auf Kundschaft. Blitzschnell zerlegen sie Lachs und Butt in handliche Filets. Wie in Butter ziehen sie ihre scharfen Klingen durch das Fleisch. Das staunende Publikum genießt die Show. Am laufenden Fisch werden die Abfälle über den Rand geschoben. Kreischende Möwen begleiten im Sturzflug den freien Fall der nahrhaften Kost. Auf dem Wasser geht das Gezeter und Gezerre lautstark weiter. Urplötzlich taucht der Platzhirsch auf, ein prächtiger Seelöwe. Schwer heben die Vögel mit dem Ballast im Kropf und Schnabel ab. Federn fliegen. Ungern überlassen sie dem Chef der Nahrungskette die besten Brocken.

Auch wir warten mit dem Unbekannten in der Reihe, um den Fang zu veredeln. Unerwartet dreht sich der coole Typ um und zückt seinen Dienstausweis. Er stellt sich als verdeckter Ermittler der Fisch- und Gamebehörde vor. Zum Abschluss wünscht er uns noch einen schönen Aufenthalt in Alaska und mehr Glück bei der nächsten Ausfahrt auf Heilbutt.

HANDARBEIT

Regenforellen

Diese Geschichte hat mir Erich erzählt.

Erich behauptet ungeniert, dass er vor Jahren aus dem gut besetzten Hollersbach einige Bachforellen mit den bloßen Händen aus dem Unterstand gekitzelt hat. Stausee und Bach gehören zum Fischereirecht des Bräurup in Mittersill. Ein großes Betätigungsfeld bietet das riesige Revier.

Einmal, es gibt sogar einen verlässlichen Zeitzeugen, hat er eine Doublette erwischt. In jeder Hand zappelte eine flinke Forelle. Ich schwöre es bei Neptun. Schuppige Tatsache, absolut kein Fischerlatein.

Seine Geschichte hört sich sinngemäß folgendermaßen an:

Schiefergraue Wolken kleben auf halber Höhe des Bergwaldes. Sie drücken nicht nur den Barometerstand, sondern auch die Gemütslage meiner Familie. Die Töchter winden sich mit stressigem Zank aus ihrer Verpflichtung im Haushalt. Die Schlichtungsversuche meiner Frau lassen sie ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem Gugelhupf im Backrohr vernachlässigen. Verkohlt ist die Köstlichkeit. Der üble Geruch heizt das Raumklima zusätzlich an. Unausgelastet motzt zudem unser verwöhnter Nachzügler und wir Männer – auch dem gelangweilten Vater passt es ins Programm – ergreifen die Flucht. Der Bachlehrweg ist unser Ziel. Wass(er)leben. Die paar Regentropfen stören nicht, denn Vater hat vorbeugend einen Schirm als Wanderstock mit.

Am Bacheinlauf des Stausees kämpft ein Fliegenfischer gegen den leichten Gegenwind und den Grauerlenbestand beim Rückschwung an. Vermutlich verbringt der Anfänger seine Freizeit mit dauerndem Anknüpfen von Trockenfliegen, die seine Kunstwerke in der hinderlichen Botanik ersetzen. Kein Ring auf dem Wasser, kein Biss, kein Drill. Langweilig wird die Beobachtung und wir verlassen den Schauplatz. Angesteckt vom brotlosen Fischer, regen sich der Beutetrieb und die Abenteuerlust in mir. Schwer zu bändigen ist auf Dauer das Pirschgen. Wir suchen die alten Gumpen auf. Sie liegen gut getarnt im dichten Auwald mit den üppigen Wurmfarnbeständen. Die Sporenträger lieben die hohe Luftfeuchtigkeit und den Halbschatten unter dem Gehölz.

Der Bachlehrweg bietet ein besonderes Naturerlebnis. Zahlreiche Lehrtafeln entlang des Wassers vermitteln anschaulich Wissen. Die Stimme des Wassers reicht vom flüsternden Gurgeln bis zum tobenden Rauschen. Die Geräuschkulisse ist quasi die natürliche Begleitmusik auf der Wanderung. Treibholz und ganze Bäume sind Zeugnis der Transportkraft des Wassers. Verfrachtete Wurzelstöcke sitzen wie Kronen auf mächtigen Steinen. Das fließende Element zeigt nachhaltig seine Urgewalt.

Vater und Sohn stehen Schmiere. Im Nu stehe ich mit der kurzen Hose im saukalten Wasser. Wate bedächtig gegen die Strömung und greife mir die geflüchteten Rotgetupften aus ihren steinigen Unterständen. Die Bachforellen fühlen sich im Schatten der Steine sicher. Sie begreifen nicht die Lebensgefahr, die sich in Form meiner flachen Hand her nähert. Sie stehen immer mit dem Kopf gegen das anströmende Wasser und deuten die sanfte Berührung am Bauch falsch. Ihre schleimige Schuppenhaut rettet sie nicht vor meinem blitzschnellen Zugriff. Gelernt ist eben gelernt, und in kürzester Zeit habe ich frische Gebirgsforellen mit dem ehrenwerten Handwerk erwischt. Mit dem Kopf voraus stecken wir die abgeschlagenen Forellen zwischen die Speichen des Regenschirmes.

Tarnen und Täuschen ist unbedingt notwendig. Der abwechslungsreiche Lehrweg entlang des Wildbaches wird gut angenommen. Ständig sind Gäste und Einheimische unterwegs. Wie ein Lauffeuer würde sich meine lizenzlose Tat im Dorf verbreiten.

Trotz des inzwischen heftig einsetzenden Gewitters klemmt sich mein Vater den missbrauchten Regenschutz mit dem Fischbauch fest unter die Achsel. Im Eilschritt verlassen wir drei den Ort des Geschehens. Noch immer steht der Fliegenfischer am Wasser und schimpft über das Beißverhalten der launischen Salmoniden.

HECHT

Beton macht Flossen

Diese Geschichte hat mir Josef erzählt.

Der Lech ist ein rechter Nebenfluss der Donau. Zerstückelt ist der Fluss durch eine Kette von Kraftwerken und Hochwasserschutzbauten. Rund dreißig Kraftwerke und 24 Stauseen nutzen das Wasser für die Gewinnung des Stromes. Groß ist der Hunger nach Energie.

Unterbrochen ist die Durchgängigkeit des Fließgewässers und somit die Wanderung der Fische unmöglich. Nachrüsten mit billigen Fischleitern ist nur Kosmetik. Die Stauhöhe der Lechstufe 9 bei Apfeldorf, unweit von Landsberg, beträgt 7 Meter.

Zahlreiche Fischereivereine bemühen sich um die Bewirtschaftung der einzelnen Staustufen. Der ursprüngliche gute Äschenbestand ist in den strömungsreicheren Abschnitten bereits den kapitalen Huchen zum Opfer gefallen. Gänsesäger, Kormoran und andere gefiederte Fischliebhaber tragen weiteres am Rückgang der Fahnenträgerin bei.

Den Bibern hingegen gefallen im Umfeld der Wehranlagen die ruhigen Zonen. Mit Sicherheit sind sie den Edelmardern mit dem hübschen gelben Kehlfleck neidisch. Ihre Kletterfertigkeit lässt sie mit Leichtigkeit Vogelnester plündern. Dafür beißen sich die Biber zur ebenen Erde mit ihren scharfen Nagezähnen förmlich durch Weidengehölze. Fingerlange Späne fliegen rundum, bis der Stamm wie ein doppelt gespitzter Bleistift ausschaut. Fällt alsbald der Baum, lässt sich die Familie die jungen Triebe, Rinden und Blätter schmecken.

Geschickt transportieren sie auf den bequemen Wasserwegen Vorräte und Baumaterial für ihre Biberburg. Prächtig vermehren sich die Biberclans und die Schäden wachsen. Unfreiwillige Umsiedelungsaktionen oder gar Abschüsse sind mit behördlichen Auflagen verknüpft. Vorgeschrieben ist die Auflösung des Biberbaues. Diese Arbeit schmeckt den zuständigen Jägern eher wenig. So bleibt es meistens, wie es ist. Regelmäßige Hochwässer, die Klimaerwärmung ist nicht mehr zu leugnen, reißen die am Ufer gefällten Bäume mit und lagern sie als Schwemmholz ab.

Unmittelbar am Ufer entlang wächst reichlich Holz. Unterspülte Wurzeln sind dem Sturm auf Dauer nicht gewachsen. Der Baum verliert seinen Halt und kippt ins Wasser. Schneeballast und Altersschwäche sorgen zudem für weitere Schwemmholzeinbringung. Den Fischen bieten diese Holzleichen am Grund Schutz und Deckung. Ein wahrer Tummelplatz für die Brut. Den Fischern in den Staustufen des energiewirtschaftlich genutzten Lech-Flusses sind die Hindernisse ein Ärgernis. So manches Petri Heil hat sich schon am zähen Geäst mit Verlust gelöst. Immer wieder hängen die Köder und gesetzten Klappanker unrettbar fest. Keine taktischen Manöver bringen Erfolg. Der laufende Schwund geht ins Geld.

Wir, Peter und ich, haben aus der Not eine Tugend gemacht und Anker aus Beton gegossen. Eine handliche Kübelgröße aus Kunststoff mit Fertigbeton gefüllt und mit einer stabilen Öse versehen. Für alle Vereinsmitglieder und Bootsbesitzer versteht sich. Mein Fischerfreund und ich sitzen im leicht verbeulten Alu-Boot. Wir sind wieder einmal auf Hecht aus. Wie unser Stammlokal kennen wir die krautfreien Schneisen im botanischen Unterwasserdschungel. Erfahrung und Alterssturheit beeinflusst die Auswahl des Köderfavoriten. Von der moderaten Strömung geschoben, fischen wir die Stellen ab.

Einem Fleckerlteppich gleich wechseln sich die Bestände unterschiedlicher Pflanzen ab. Jede Art passt sich den Bedingungen und der Tiefe an. Laichkräuter, Tausendblatt und Schilfzonen streiten lautlos um die Vorherrschaft. Die Nährstoffeintragungen aus den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen lassen die Pflanzen geradezu wuchern. Fruchtbar ist der Gewässerboden durch die abgelagerten Schwebstoffe.

Peter lässt seinen getigerten Wobbler mehrmals am Rande des Krautgürtels vorbeitrudeln. Schaufelstellung und Einholgeschwindigkeit passen. Schlagartig ändert die Attacke eines starken Fisches die entspannte Situation. Der Angriff ist so heftig, dass sich die handgefertigte Huchenrute krümmt. Blitzschnell setzt Peter den Anschlag. Der Drilling greift ins Fleisch. Trotzdem schießt der Fisch wie ein Torpedo in das gegenüber liegende Krautgewirr. Kurz ist das Kreischen der Rolle, dann steht das Tier still. Einem Betonklotz gleich rührt es sich nicht mehr von der Stelle. Egal in welche Richtung die Rutenspitze zeigt und Druck ausgeübt wird.

Huchen und die starken Regenbogenforellen bevorzugen im Stauraum den strömungsreichen Bereich im Umfeld des alten Flussbettes. Uralte Barsche können nie diese Zugkraft entwickeln. Biber sind Vegetarier. Kein Nager vergreift sich an einem fischähnlichen Gegenstand mit Haken. Wir sind uns absolut sicher, es ist ein Hecht mit Gardemaß. Das Zupfen an der unter Spannung gehaltenen Schnur bringt keinen Erfolg. Vielleicht gefällt dem Fisch auch die Massage des Zahnfleisches? Schließlich einigen wir uns nach vergeblichen Bemühungen, den Sturkopf aus dem Unterwasserdschungel zu prellen. Ich rudere das Boot mit Bedacht zur Stelle, bis Peters Schnur senkrecht in das Wasser verschwindet. Anschließend lasse ich neben dem Lot den Betonanker in die Tiefe plumpsen.

Innerhalb eines Flossenschlages spielt sich Folgendes ab:

Im selben Augenblick muss die Druckausbreitung sämtliche Zellen des Seitenlinienorganes in höchste Alarmbereitschaft gesetzt haben. Die angeborenen Instinkte treiben das Tier blitzschnell aus dem Krautversteck. Es verliert keine Schuppe Zeit durch Nachdenken. Schließlich muss es sein Leben vor dem drohenden Ungemach retten. Ungeachtet des schmerzhaften Drillings im Kiefer und dem fremden Leinenzwang beschleunigt es aus dem Stand heraus. Der Räuber flüchtet und sucht Schutz im nächsten Wasserpflanzenwald.

Die ablaufende Schnur lässt die Rolle singen. Monoton ist gleichwohl das Geräusch und dennoch die Lieblingsmelodie von uns Fischern.

Die paar Meter Strecke genügen, dass sich der Bug des Bootes leicht in diese Richtung dreht. Um ein neuerliches Festsetzen des Fisches im Kraut zu verhindern, erhöht Peter die Bremswirkung. Ehe es mir gelingt, den Betonanker zu lichten, scheitert die weitere Verfolgung des Fisches. Mit einem Peitschenknall reißt die Schnur.

EIN GRAUSLICHER FANG

Brauchtum

Diese Geschichte hat mir Josef erzählt.

Die verspätete Schneeschmelze im Krimmler Achental sorgt für einen höheren Pegel der Salzach. Leicht getrübt ist das Wasser. Am Übergang zur teilweisen brutal verbauten Böschung reicht die Sicht wohl einen Stiefel tief. An der oberen Salzach pirsche ich mich flussabwärts. Es ist immer wieder eine ungemütliche Kraxlerei.

Nicht geordnet liegen die massiven Klötze der Flussbausteine. Wie von einem Dämon in übler Laune geworfen. Es ist mein Revier. Trotzdem heißt es bei vielen Schritten auf der Hut sein, um nicht auszurutschen oder einen Wackelstein zum Kippen zu bringen. Eiskalt ist das Wasser. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich nach dem Straucheln nur mit Mühe mein Gleichgewicht finde. Petri sei Dank hat es auch die edle Fliegenrute immer ohne Bruch überlebt. Die Kratzer im Lack erhöhen nur den Wert des Gerätes. Sie verknüpfen Erinnerungen an erbauliche Stunden am Wasser. Selten genug ist ein Ortswechsel mit der sausenden Schnur möglich. Mein Augenmerk liegt klar auf den Boden gerichtet und nicht in der Luft.

Die Fischerei erfüllt mich mit Genugtuung. Aufsichtsdienst zum Wohle der Fischerei, eigenes Vergnügen bei der nassen Weyd und bei Bedarf den Auftrag des Fischereirechtinhabers erfüllen. Einige noble Leute haben sich beim Bräurup zum kulinarischen Schmaus angemeldet. Sie begehren nach einer Rarität. Weder Regenbogen, Bachforelle oder Saibling aus dem Achental kann ihren Gaumen kitzeln, sondern über den Tellerrand hinausreichende Äschen. Der Haken an der Sache ist, dass der Fang der Suche nach einem schleifbaren Smaragd im Habachtal gleichkommt. Einige Aufsichtsfischerkollegen bemühen sich daher seit einiger Zeit, um das Aquarium im Gastgarten mit den Fahnenträgerinnen zu bestücken. Um diese Schwierigkeit zu veranschaulichen, kann ich mit meiner Fangstatistik aufwarten.

Um die Jahrhundertwende habe ich im Durchschnitt zwei Äschen mit Maß gefangen. Außerhalb der Schonzeit versteht sich. Rar haben sich diese Fische im Oberlauf der Salzach gemacht. Die meisten sind auf ihrer Laichwanderung in die Stubache abgezweigt. Trotz Schwellbetrieb der Kraftwerke haben die Elterntiere das wärmere Wasser, die Struktur des Schotterbodens und die gemächlichere Strömung bevorzugt.

Wie gesagt, rund acht Jahre später schlägt sich das Aufpäppeln des Bestandes nieder. Eine gesunde Population mit allen Altersstufen macht sich breit. Erfreulich wenden sich die Flossen und knapp über zwanzig Stück erwische ich pro Saison.

Im letzten Jahrzehnt erfolgte neuerlich ein erschreckender Einbruch. Nun macht der auftauchende Fischotter die Bemühungen des Äschenprojektes zunichte. Auch Gänsesäger und Reiher beteiligen sich an der Ausrottung der edlen Salmoniden. Bedauerlich ist der Weg auf die Rote Liste.

Jedoch dem Wassermarder die Alleinschuld ins Maul zu schieben oder den Befischungsdruck anzuprangern, das erscheint mir als ein zu einfacher Schluss. Unerklärlich ist der Rückgang des gesamten Fischbestandes. Wobei sich die Wasserbaumeister bei den Aufweitungen des Hauptflusses, beim Hochwasserschutz sowie bei der Einbindung der Seitenbäche reichlich Mühe geben. An der Verbesserung der Uferstruktur kann es wohl nicht liegen.

Ich mache mir so meine Gedanken, komme aber auf keinen grünen Zweig. Ist es bereits der bröselnde Permafrost, die Erwärmung des Gewässers oder die zusätzliche Fracht an Gletschermilch und Erde im Wasser? Die Fische spüren sicher die Veränderung der Schwebstoffanteile. Den Kiemen schmeckt der Dreck nicht, sie streiken. Die fischenden Hotelgäste sind am Befischungsdruck sicher nicht beteiligt. Kaum ein Fliegenfischer ist ein Fleischfischer. Selten ist die Entnahme eines Portionsfisches.

Jäh unterbricht ein kurzer Ruck an der Leine meine geistigen Spinnereien. Ein starker Fisch sucht sein Heil in der Strömung. Das dünne Vorfach macht den Drill nicht einfacher. Der geringe Durchmesser wendet sich nun zum Nachteil. Trotzdem ist es kein Kampf auf Biegen und Brechen. Die Federkraft der Rute und die Schleifbremse der Rolle stehen auf meiner Habenseite. Im freien Wasser vergeudet der Fisch seine Kraft und zusehends werden seine Fluchten weniger und kürzer.