Wir kriegen das schon hin! - Friederike von Buchner - E-Book

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Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Tassilo Graf von Teufen-Thurmann hatte eingeladen. Tassilos Frau Ottilie hatte den großen Saal im Waldschlösschen aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Zu Zeiten von Tassilos Großvater waren dort prächtige Feste und Bankette abgehalten worden. Und auch an diesem Abend verbreiteten die drei großen Kronleuchter aus funkelndem Kristall festliches Licht. Die feinen Tischdecken, mit dem eingewebten Wappen der Grafen von Teufen-Thurmann, zierten die langen Tische. Ottilie hatte mit dem besten Porzellan und den edlen italienischen Gläsern den Tisch gedeckt. Zusammen mit dem schweren Silberbesteck, in das das Wappen derer von Teufen-Thurmann eingraviert war, erstrahlte die Tafel feierlich und luxuriös. Ottilie stand mit Zenzi in der offenen Doppeltür. Sie betrachteten kritisch ihr Werk. »Was meist du, Zenzi? Wie sieht es aus?«, fragte Ottilie. Die alte Zenzi lächelte. »Genau wie damals, als ich vor über sechzig Jahren als junges Madl herkam. Damals gab Tassilos Großvater den Winter über Gesellschaften und Bälle. Mei, waren das noch Zeiten! Wenn ich mir jetzt die festlich gedeckte Tafel anschaue, dann ist mir, als wäre die Zeit zurückgedreht worden. Mei, sieht das alles schön aus!« »Ohne deine Hilfe hätte ich das nie hinbekommen, Zenzi. Vielen Dank!«

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Toni der Hüttenwirt – 228 –

Wir kriegen das schon hin!

Man muss nur ein wenig nachhelfen …

Friederike von Buchner

Tassilo Graf von Teufen-Thurmann hatte eingeladen. Tassilos Frau Ottilie hatte den großen Saal im Waldschlösschen aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Zu Zeiten von Tassilos Großvater waren dort prächtige Feste und Bankette abgehalten worden. Und auch an diesem Abend verbreiteten die drei großen Kronleuchter aus funkelndem Kristall festliches Licht. Die feinen Tischdecken, mit dem eingewebten Wappen der Grafen von Teufen-Thurmann, zierten die langen Tische. Ottilie hatte mit dem besten Porzellan und den edlen italienischen Gläsern den Tisch gedeckt. Zusammen mit dem schweren Silberbesteck, in das das Wappen derer von Teufen-Thurmann eingraviert war, erstrahlte die Tafel feierlich und luxuriös.

Ottilie stand mit Zenzi in der offenen Doppeltür. Sie betrachteten kritisch ihr Werk.

»Was meist du, Zenzi? Wie sieht es aus?«, fragte Ottilie.

Die alte Zenzi lächelte. »Genau wie damals, als ich vor über sechzig Jahren als junges Madl herkam. Damals gab Tassilos Großvater den Winter über Gesellschaften und Bälle. Mei, waren das noch Zeiten! Wenn ich mir jetzt die festlich gedeckte Tafel anschaue, dann ist mir, als wäre die Zeit zurückgedreht worden. Mei, sieht das alles schön aus!«

»Ohne deine Hilfe hätte ich das nie hinbekommen, Zenzi. Vielen Dank!«

»Mach net so ein Aufheben drum, Otti! Die Walli hat auch geholfen. Kurz bevor die Gäste kommen, stelle ich noch die Blumengestecke auf.« Die alte Zenzi schnäuzte in ihr Stofftaschentuch. »Entschuldige, Otti, ich bin ganz gerührt. Das sind die Erinnerungen! Ich denke, Tassilos Großvater schaut aus dem Paradies herunter und freut sich und seine liebe Frau ebenso. Des war eine gute Idee von Tassilo, der Sache einen feierlichen Rahmen zu geben. Des ist wirklich wie in den alten Zeiten. Wenn erst die jungen Madln in ihren dunklen Kleidern mit den weißen Schürzen servieren, dann ist das ein ergreifender Moment, wie ich in ihn lange nimmer erlebt habe. Damals hatte ich geholfen. Immer hatte ich mir gewünscht, einmal mit am Tisch sitzen zu können, einmal eine feine Dame zu sein.« Die alte Zenzi lachte verlegen. »Damals träumte ich in stillen Stunden davon, reich zu heiraten, vielleicht sogar einen Burschen aus den Adelskreisen, die hier so zahlreich verkehrten. Ja, das waren halt Jungmädchenträume.« Zenzi warf Ottilie einen Seitenblick zu. »Träumen durfte ich, aber sonst war ich auf der Hut. Mei, die jungen Burschen, die hier ein und aus gingen, denen habe ich schon gefallen. Die haben immer versucht, mir die Schleife meiner Schürze aufzuziehen. Aber da hatten sie keinen Erfolg. Ich hatte immer einen doppelten Knoten gemacht. Sie wollten anbandeln. Aber damit sind sie bei mir auf Granit gestoßen.« Zenzi kicherte. »Na, na – der Weg in meine Schlafkammer führt nur über den Traualtar, hab ich ihnen gesagt.«

»Du hast den jungen Burschen bestimmt auf die Finger gehauen«, lachte Ottilie.

»Des kannst laut sagen! Ich war nicht zimperlich, wenn es um meine Ehre ging. Aber was hat es mir gebracht? Jetzt bin ich uralt und habe keine Familie.«

Ottilie legte den Arm um Zenzis Schulter. »Liebe Zenzi, das stimmt nur zur Hälfte, das weißt du. Zwar hast du keine nahen Blutsverwandten. Aber du gehörst zu uns, zu Tassilo und mir und zu den Kindern und Enkeln. Ich erinnere mich noch gut daran, als Tassilo zum ersten Mal von dir erzählte. Sie war mein Kindermädchen, die Zenzi, hat er gesagt. Sie war immer für mich da und hielt zu mir. Sie saß an meinem Bett, wenn ich krank war, tröstete mich, wenn ich Kummer hatte. Ihr konnte ich alles anvertrauen. Sie war liebevoller und verständnisvoller als meine Mutter. Ich verdanke Zenzi alles. Sie hat mir geholfen, dass ich meinen Weg gehen konnte. Sie gehört zu mir. Dass es so ist, das weißt du doch, Zenzi, richtig?«

Die alte Zenzi seufzte. »Ich hätte für Tassilo mein Leben gegeben und würde es immer noch tun«, sagte sie leise und wischte sich die Augen.

»Du wirst heute bei uns am Tisch sitzen, links von Tassilo. Alle können sehen, dass du zu uns gehörst. Aber das weiß ohnehin jeder in Waldkogel. Es ist doch gleich, ob wir bei dir in der großen Küche essen oder du bei uns am Tisch sitzt. Außerdem sitzt du sonst doch auch an Sonn- und Feiertagen an unserm Tisch, wenn wir im Speisezimmer essen.«

»Aber heute ist des etwas anderes. Vielleicht kannst des net verstehen, Otti.«

Ottilie streichelte ihr die Wange. »Doch, ich kann es verstehen. Aber jetzt hörst du auf und freust dich einfach.«

»Otti, bist du sicher, dass die in der Küche alles schaffen, wenn ich nicht dabei bin?«

»Oh, liebe Zenzi, jetzt kneif mir aber net! Du hast den Braten vorbereitet, die Klöße und die Beilagen. Tassilo hat extra Personal gemietet, das wird sich in der Küche um alles kümmern. Mach dir keine Gedanken! Alles ist in bester Ordnung. Du gehst jetzt auf dein Zimmer und ruhst dich etwas aus. Dann machst du dich fein.«

Zenzi wollte etwas einwenden. Aber da Ottilie sie nicht zu Wort kommen ließ, fügte sie sich.

Einige Stunden später erleuchteten Fackeln den Schlosspark. Unterhalb der Freitreppe standen Musiker und begrüßten die eintreffenden Gäste.

Tassilo und Ottilie warteten in der Halle und hießen jeden Einzelnen willkommen.

Zuerst gab es einen Umtrunk, in der großen zweistöckigen Eingangshalle, dann ging man gemeinsam in den Saal. Tassilo hatte selbst die Platzkarten aufgestellt. Bald saßen alle an der gedeckten Tafel.

Die Bedienungen schenkten Wein aus. Es war ein besonders edler Tropfen aus dem Weinkeller des Schlosses.

Tassilo stand auf und klopfte mit dem Löffel an sein Weinglas. Das Gemurmel verstummte. Alle Augen richteten sich auf ihn.

»Liebe Freunde und Gäste«, begann er und lachte. »Ich heiße jeden herzlich willkommen und bin so frei, mir die namentliche Aufzählung zu ersparen. Das würde nur unnötig Zeit kosten, weiß ich doch, wie gespannt ihr seid. Meine Familie und ich haben euch eingeladen, um über unser Heimatmuseum zu sprechen, das auf dem alten Gutshof entstehen soll, der auf fast wundersame Weise in den Besitz unseres Hauses zurückgekehrt ist.« Tassilo lachte. »Wenn der Ruppert Schwarzer wüsste, wie wir heute feiern, dann würde er sich noch mehr ärgern, denn es ist uns wieder einmal gelungen, seine Pläne zunichtezumachen. Darauf wollen wir anstoßen!«

Tassilo hob sein Glas und sagte: »Auf uns Waldkogeler, darauf, dass wir immer zusammenhalten und alles tun, damit nichts und niemand unser schönes Dorfleben stört! Auf unsere geliebte Heimat!«

Die Gäste hoben die Gläser und tranken.

Danach ergriff Tassilo wieder das Wort: »Nicht nur ich habe mir darüber Gedanken gemacht, auf welcher rechtlichen Grundlage das Museum unangreifbar sein wird. Als Bürgermeister von Waldkogel weiß Fritz Fellbacher auch zu gut, wie schwierig es ist, vernünftige Entscheidungen umzusetzen, wenn im Hintergrund der Schwarzer seine Interessen durchdrücken will. Deshalb haben wir uns darauf geeinigt, den alten Gutshof, den ihr als Hinteregger Hof kennt, im Besitz der Familie Teufen-Thurmann zu behalten. Den ehemaligen Gutshof haben wir in eine Stiftung eingebracht. Er wird weiter als Bauernhof geführt. Seine Erträge füllen das Stiftungsvermögen auf, woraus auch die Kosten fürs Museum bestritten werden sollen. Natürlich wird es nicht ohne ehrenamtliche Hilfe gehen. Doch so ist das Heimatmuseum gesichert und für alle Zeiten dem hinterlistigen Zugriff Ruppert Schwarzers entzogen.«

Es wurde spontan Beifall geklatscht.

Tassilo lächelte und wartete, bis es wieder ruhig war. »Dass das so gelingen konnte, ist in erster Linie drei Menschen zu verdanken, die maßgeblich dabei geholfen haben. Da ist als Erste die liebe Zenzi, die zu uns gehört, wie das so ist in einer Familie. Die Zweite ist die Ella Waldner. Drittens hat uns Jörg Hinteregger geholfen. Er ist der einzige Enkel, der immer eine enge Verbundenheit mit seinem Großvater und dem Hof hatte. Jörg werde ich später das Wort erteilen. Er wird euch über die Details informieren. Ich habe ihn als Geschäftsführer mit der Verwaltung der Stiftung Heimatmuseum Waldkogel beauftragt. Die Stiftung ist bereits amtlich registriert und anerkannt. Jörg ist offiziell mit den Aufgaben betraut. So, das war meine Rede. Jetzt übergebe ich an Jörg Hinteregger. Bitte, Jörg!«

Jörg stand auf und bedankte sich. Er hatte rote Wangen. Jeder konnte ihm ansehen, dass er sehr aufgeregt war. Seine Stimme bebte am Anfang.

»Lieber Tassilo, liebe Ottilie, liebe Zenzi, Thomas, Julia, Bürgermeister Fellbacher, Pfarrer Zandler und alle, die ihr hier seid. Das ist ein besonderer Augenblick für uns alle. Ich hätte mir gewünscht, dass mein Großvater das erlebt. Ich bin in München aufgewachsen, weil dort mein Vater meine Mutter gefunden hatte. Nun, München ist eine schöne Stadt. Aber daheim gefühlt habe ich mich immer nur in Waldkogel, bei meinem Großvater. Jede freie Minute habe ich auf dem Hinteregger Hof verbracht. Sehr zum Leidwesen meiner Eltern, hatte ich darauf bestanden, alle Ferien und jedes zweite Wochenende dort zu verbringen. So bin ich in die Landwirtschaft und Viehzucht hineingewachsen. Als ich mein Abitur machte, bestanden meine Eltern darauf, dass ich Betriebswirtschaft studiere. Ich willigte nur ein, als sie mir ein Doppelstudium erlaubten. So studierte ich zusätzlich Landwirtschaft. Als mich Tassilo fragte, ob ich bereit sei, die Stiftung zu leiten und den alten Hinteregger Hof als Muster- und Lehrhof zu verwalten, habe ich mit Freuden zugesagt. Die Idee eines Heimatmuseums, mit praktischem Nutzen, gefällt mir. Ich freue mich auf meine Aufgabe und verspreche, mich mit meiner ganzen Kraft dafür einzusetzen. Nach dem festlichen Essen werde ich ausführlich erläutern, wie ich mir das Heimatmuseum vorstelle. Das bedeutet nicht, dass ich meinen Willen durchsetzen möchte. Ganz im Gegenteil, ich wünsche mir, dass ihr eure eigenen Ideen und Taten einbringt.« Jörg Hinteregger hob sein Glas. »Ich trinke auf das Heimatmuseum von Waldkogel und die Waldkogeler!«

Alle hoben die Gläser.

»Du musst sagen, trinken wir auf uns Waldkogeler«, rief Bürgermeister Fellbacher. »Du magst zwar in München geboren und größtenteils dort aufgewachsen sein, Jörg. Aber im Herzen und in deiner Verbundenheit mit deinem Großvater bist du ein echter Waldkogeler Bub.«

Alle stimmten zu. Pfarrer Zandler forderte die Gäste auf, auf Jörg anzustoßen, der zurück in die Heimat gefunden hatte.

Da bekam Jörg feuchte Augen. »Das stimmt, Pfarrer Zandler. Schon als kleiner Bub habe ich mir gewünscht, mein ganzes Leben auf dem Hof zu verbringen.«

Nach diesen beiden Ansprachen trugen die extra engagierten Kellnerinnen das Essen auf. Tassilo hatte an nichts gespart. Es wurde ein überaus gelungener Abend. Nach dem Essen zogen sich alle in die Bibliothek zurück. Bei Kaffee lauschte man Jörgs Ausführungen.

Er hatte gute Ideen. Den Hof wollte er nach alten, bewährten Methoden bewirtschaften. Jeder, der mit anpacken wollte, war willkommen. Zenzi, Ella, Marie und andere ältere Waldkogeler wollten regelmäßig Vorführungen machen, unter anderem Koch- und Backkurse geben und zeigen, wie Wolle und Flachs verarbeitet werden. Jeder Besucher würde sein Talent am Spinnrad und am Webstuhl erproben können. Historische Räumlichkeiten würden entstehen, eine Küche, eine Stube, Schlafzimmer der Herrschaften und die Kammern der Knechte und Mägde, so wie sie in früheren Zeiten eingerichtet waren.

Jörg hatte Zettel vorbereitet, auf denen jeder Gast notieren konnte, mit welcher ehrenamtlichen Unterstützung er sich einbringen wollte. Außerdem bat er die Gäste, viele Blankozettel mitzunehmen und zu verteilen. Auf diese Weise sollten alle Waldkogeler die Chance bekommen, am Heimatmuseum mitzuwirken.

Nach dem offiziellen Teil der Einladung wurde getanzt und gefeiert, bis die Sonne aufging.

*

Annette und ihre Freundin Isabel saßen im Eiscafé und aßen Eis. Das heißt, Isabel ließ sich genüsslich jeden Löffel ihres Eisbechers auf der Zunge zergehen. Annette stocherte missmutig darin herum.

»Was hast du? Schmeckt doch lecker!«, sagte Isabel.

»Ich bin sauer, supersauer, mega-gigantisch sauer«, maulte Annette. »Also, ich schwöre dir, ich würde lieber auf die Sommerferien verzichten und zur Schule gehen, als mit meinen Eltern in Urlaub zu fahren. Die sind echt bekloppt, mit ihrem Bergsteigerwahn. Bis Mittag hatte ich noch Hoffnung, dass nichts daraus wird. Sie wollten nach Österreich, wie jedes Jahr. Doch weil mein Vater lange nicht wusste, ob er wirklich Urlaub nehmen konnte, haben sie zu spät gebucht. Deshalb war keine Ferienwohnung mehr zu bekommen. Ich habe mich natürlich riesig gefreut und dachte, endlich mal keine Berge! So ein Urlaub ist die Langeweile selbst. Jeden zweiten Tag kraxeln sie auf irgendeinen blöden Gipfel, und ich muss brav in der Ferienwohnung warten. Das ist echt blöd! Meine Freude war verfrüht. Sie haben eine Almhütte gefunden, die vermietet wird. Das ist in einem Kaff am Ende der Welt. Kein bisschen schick ist es dort. Meine Mutter hat es mir im Internet gezeigt. Waldkogel heißt es und liegt am Ende eines Tals. Es gibt dort nichts, kein Kino, kein Schwimmbad, nur ein oller Bergsee, der – was denkst du – sehr kalt ist. Brr! Meine Eltern freuen sich sehr. Nie denken sie an mich. Das wird echt schlimm werden, vier Wochen in dem blöden Dorf. Ich werde vor Langeweile krank werden. Du wirst sehen, wie völlig daneben ich nach den Ferien sein werde. Dabei sind Schulferien dazu da, dass wir Schüler uns ein wenig von dem Schulstress erholen und eine schöne Zeit verbringen können. Das muss ich mir wohl abschminken. Ich frage mich, ob es erlaubt ist, sein Kind so zu unterdrücken? Können sie nicht einmal ans Meer fahren? Oder auf einen Reiterhof?«

»Hast du schon gecheckt, ob es dort einen Reiterhof gibt?«

»Nein, dort gibt es mit Sicherheit keine Pferde. Ich habe mir die Aufnahmen genau angesehen. Nur Kühe, Ziegen, Schafe und nochmals Kühe … Ich hatte keine Lust, noch weiter zu recherchieren. Das war mir alles zu doof.«

Isabel hatte Verständnis für ihre beste Freundin. Aber sie behielt für sich, dass sie nicht ganz verstand, warum Annette sich so aufregte. Lieber einen Urlaub in den Bergen als keinen Urlaub! Isabels Eltern sparten. Sie hatten sich vorgenommen, in drei Jahren einen sechswöchigen Urlaub in Kanada zu machen, beim Bruder von Isabels Vater. Der war als junger Mann nach Kanada ausgewandert, hatte inzwischen geheiratet und drei Kinder. Einmal war er allein zu Besuch gekommen. Isabel freute sich auf den Urlaub in Kanada. Sie wollten eine Weile bei den Verwandten bleiben und dann mit einem Wohnmobil durchs Land fahren. Doch vorher musste gespart werden.

»Frag doch deine Eltern, ob du daheimbleiben kannst! Du verbringst die Ferien bei mir. Das wäre super. Wir gehen ins Schwimmbad, wir reiten und gehen ins Kino. Wir treffen uns mit Jungs aus der Parallelklasse, hier in der Eisdiele.«

Annette überlegte. »Das wäre wirklich super. Wir hätten Spitzenferien. Deine Eltern gehen tagsüber arbeiten, und wir könnten machen, was wir wollen.«

»Genau! Meine Eltern hätten bestimmt nichts dagegen, wenn du bei mir wärst, während deine Eltern dort herumkraxeln. Ich werde sie fragen, wenn sie heute Abend von der Arbeit kommen, Annette. Du musst dann nur noch deine Eltern überzeugen.«

Annette seufzte. »Ach, Isabel, wie schön das auch wäre, ich habe wenig Hoffnung. Ich bin sicher, sie werden dagegen sein.«

»Was können sie dagegen haben? Sie mögen mich und sind mit meinen Eltern befreundet.« Isabel zuckte mit den Schultern. »Mache ihnen schmackhaft, dass sie dann jeden Tag auf einen Gipfel klettern könnten, ohne auf dich Rücksicht nehmen zu müssen.«

Annette bekam nun doch Appetit auf ihren Eisbecher. »Mm, deine Idee ist nicht schlecht. Ich werde ordentlich herummotzen und keinen Zweifel daran lassen, dass ich ihnen die Ferien ganz gewaltig vermiesen könnte. Wenn man lange genug nervt, geben Eltern meistens nach.«

»Stimmt! Wir können sehr ausdauernd sein.«