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Alles, was Unternehmer über die Staaten am Persischen Golf wissen müssen. Pflichtlektüre für alle, die Geschäfte in der arabischen Welt machen wollen. Erdöl hat die Region am Golf reich gemacht doch die Golfstaaten bauen zunehmend auch neue Geschäftsfelder auf, wie etwa das florierende Dubai mit hohen Wachstumsraten in Wirtschaft und Tourismus. Viele deutsche Unternehmen nutzen die Chance und engagieren sich in dieser Region. Béatrice Hecht-El Minshawi gibt dazu einen umfassenden Einblick in Kultur, Politik und Business der arabischen Staaten sowie Ratschläge für alle, die beruflich am Golf tätig sind. Unternehmer, die bereits in dieser Region aktiv sind, berichten von ihren Erfahrungen. Mit Wirtschaftswunder in der Wüste ist man bestens auf Bahrain, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Oman, Saudi-Arabien oder Iran vorbereitet.
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Seitenzahl: 179
Strategien für langfristigen Erfolg in den Golfstaaten
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-636-01421-4 | Print-Ausgabe
ISBN 978-3-86881-119-3 | E-Book-Ausgabe (PDF)
E-Book-Ausgabe (PDF): © 2009 by Redline Verlag, FinanzBuch Verlag GmbH, München. www.redline-verlag.de
Print-Ausgabe: © 2007 by Redline Wirtschaft, Redline GmbH, Heidelberg. Ein Unternehmen von Süddeutscher Verlag | Mediengruppe.
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Abbildung S. 35: André Ueberbach, Singapore 2007 Lektorat: Tanya Wegberg, Neuruppin Umschlaggestaltung: INIT, Bielefeld Umschlagabbildung: dpa, Düsseldorf/AKG, Berlin Satz: M. Zech, Redline GmbH Druck: Himmer, Augsburg Bindearbeiten: Thomas, Augsburg Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Dank
Einleitung
Schwarzes Gold im Orient
Geschäftserfolg in den Golfstaaten
Was Sie von diesem Buch erwarten könne
Interkulturelle Kompetenz für das Business am Golf
Was ist Kultur und warum ist die Beschäftigung damit sinnvoll?
Erwartungen der orientalischen Geschäftspartner
Business am Golf
Wirtschaftliche Zusammenhänge der Länder am Golf
Geschäftsmöglichkeiten in den Golfstaaten
Wie Religion und Familie das Business beeinflussen
Was heißt Islam und was Muslime?
Muslime als Geschäftspartner
Der Weg zum guten Geschäft
Expatriates in den Golfstaaten
Partnerinnen und Familie im Ausland
Geschäftsfrauen unterwegs
Die Entwicklung in der Golfregion
Wüstenländer am Golf
Iran
Irak
Kuwait
Saudi-Arabien
Bahrain
Katar
Vereinigte Arabische Emirate
Oman
Ausblick: Traditionelle Geschäfte und die Basis für neue
Praktische Informationen für die Kooperation mit orientalischen Geschäftspartnern
Begrüßungen und Redewendungen
Titel und Ehrentitel
Allgemeine Regeln für Ihren Geschäftskontakt im Orient
Tipps für Ihren Geschäftskontakt mit Arabern
Tipps für Ihren Geschäftskontakt mit Iranern
Anhang: Was ist was?
Regionen und Organisatione
Adressen & Kontakte
Internet-Links für die Golfstaaten
Geplante Termine für Ramadan und Opferfest
Sprachen
Literatur
Stichwortverzeichnis
Unabhängig meiner langjährigen Erfahrungen in den Ländern der Persisch und Arabisch sprechenden Welt, bin ich dankbar für alle Informationen, die mir die vielen Menschen gegeben haben, die sowohl aus den Golfstaaten stammen oder von woanders herkommen und in den verschiedenen Ländern am Golf leben als auch aus diesen Ländern stammen und in Australien, Europa und den USA beruflich tätig sind.
Das sind Frauen und Männer unterschiedlichen Alters und Backgrounds, aus angesehenen bis unbekannten Familien, die sehr verschiedene Aufgaben und Positionen haben. Die meisten von ihnen sind beruflich tätig, zum Beispiel in arabischen und europäischen Unternehmen diverser Branchen am Golf, in Europa und den USA. Einige sind in Kultureinrichtungen oder in örtlichen Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen beschäftigt. Manche sind in Familienunternehmen und selbstständig tätig.
Abgesehen von wenigen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen haben alle anderen darum gebeten, die Informationen, die sie mir gaben, verschlüsselt oder ganz ohne persönliche Angaben und ihren Namen im Buch zu integrieren. Sie hätten sonst die Erlaubnis ihres Unternehmens einholen müssen.
In Wirtschaftsforen, Konferenzen und Kongressen, an denen Deutsche und Araber teilnehmen, sprechen die deutschen Vertreter meist von den dynamischen Märkten, die sich in den arabischen Ländern weiterhin entwickeln, und an denen sie mehr partizipieren möchten. Sie sprechen von den Verbesserungen der Dienstleistungen im Umwelt- und Finanzbereich, der Infrastrukturen, der IT- und Hochtechnologie und der Tourismusbranche. Auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte Anfang Februar 2007 während ihrer Nahostreise in Abu Dhabi: "Wir haben den Wunsch, daran teilzuhaben." Vehement trat sie für ein entsprechendes Abkommen für freien Handel zwischen der Europäischen Union und den Golfstaaten ein und sagte: "Ich glaube, dass es jetzt an der Zeit ist, hier zu einem Abschluss zu kommen." Außerdem weisen Delegationsführer stets gerne darauf hin, dass Deutsche 2006 für Projekte in den Golfstaaten immerhin rund 600 Millionen US-Dollar verplanten.
Araber dagegen erwähnen zuallererst die guten und oft langjährigen Beziehungen zwischen Personen im Orient und Okzident und verteilen stolz Grußworte ihrer Regierungschefs und Minister. Und weil sie viel Wert auf ihre guten Beziehungen zu deutschen Unternehmern und Politikern legen, weisen die Vertreter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten gleich darauf hin, dass sie Ideen schnell realisieren, geplante Projekte zügig abwickeln und Produkte pünktlich liefern werden.
Wirtschaften heißt: profitable Geschäfte machen, aber auch, dafür Verantwortung zu tragen. Gerade im Zusammenspiel modernster Länder, die über Satelliten kommunizieren, alternative Energien entwickeln und Atome spalten können, ist ein Höchstmaß an intellektueller und emotionaler Reife und eine vernünftige moralische Basis erforderlich – eine Herausforderung für Strategen und Entwickler, für Unternehmer im Business zwischen Deutschland und den Golfstaaten.
Die Wirtschaftsbeziehungen mit den Golfstaaten benötigen keine neue Basis, wenn wir es mit Goethe halten:
»Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen.
Sinnig zwischen beiden Welten sich zu wiegen, lass ich gelten; also zwischen Ost und Westen sich bewegen, sei’s zum Besten!«
Goethe, J.W.: West-östlicher Divan
Wünschenswert wäre, wenn internationale Wirtschaftsbeziehungen mehr und nachhaltiger zur Reifung von Menschen und Friedensprozessen und zum Schutz der Umwelt beitragen könnten.
Danken möchte ich allen, die mir Informationen gegeben haben, denn sie haben für die Fülle des Buches gesorgt. Besonderer Dank geht an Christine Huber, Lektoratsbüro & Literaturagentur, die mich motiviert hat, auch dieses Buch zu schreiben und mich treu und wie immer kompetent begleitete.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen von Herzen viel Freude am Golf und ein gutes Gelingen.
Béatrice Hecht-El Minshawi
Globalisierung ist in aller Munde. Doch warum wird dieser weltweite Vorgang meistens nur ökonomisch verstanden? Hinter den wirtschaftlichen Prozessen stehen Menschen unterschiedlicher Kulturen und mit individuellen Interessen und Kompetenzen. Sie müssen sich bei der Zusammenarbeit über Grenzen hinweg verständigen. Dies ist eine Provokation für die eigene kulturelle Prägung, eine Provokation für die Gefühle, für alle Sinne, für die kognitive und kommunikative Kompetenz. Und es ist eine Herausforderung für alle, die in ihren Geschäftsbeziehungen am Golf erfolgreich sein möchten. Ohne Kulturkompetenz ist das nicht leicht.
In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl der Menschen, die an der Weltwirtschaft teilhaben, von 1 Million auf rund 5 Millionen rasant entwickelt. Sie treiben Handel, sind lokal, regional und international unterwegs und müssen miteinander arbeiten und auskommen. In den beteiligten wohlhabenden Ländern werden Reiche reicher und Arme ärmer. In armen Ländern werden aber alle etwas wohlhabender (Pascale Lamy, Direktor IOMC, WTO-Generaldirektor, 2006). Dies betrifft jedenfalls die Menschen in den Golfstaaten.
Diese Dynamik und weltweite Herausforderung wird nicht nur in Asien, sondern besonders auch am Golf vorangetrieben. Öl, das Schwarze Gold, ist der Reichtum im Nahen Osten. Am Schatt al-Arab oder Arvand Rud, wie die Iraner sagen, der Nahtstelle zwischen der arabischen und persischen Golfseite, stehen die größten Raffinerien der Region. Alle Länder am Golf, die seit vielen Jahren Öl fördern, haben sich vorgenommen, durch die Einnahmen die Menschen ihres Landes zu unterstützen, für Bildung und Arbeit zu sorgen, die Infrastruktur zu modernisieren und ihr Land für den Weltmarkt zu entwickeln. Öl ist aber auch ein Schmierstoff der Globalisierung. Das Schwarze Gold ist sehr umkämpft und hat bislang durch viele Krisen weniger zur Entwicklung beigetragen als erhofft.
Ein Engagement für neue Märkte und für etablierte internationale Geschäftsbeziehungen in der Golfregion ist gefragt. Doch viele Unternehmer, Manager und Ein- und Verkäufer sind unsicher, wie sie sich gegenüber ihren Geschäftspartnern im Mittleren und Nahen Osten verhalten sollen. Sie genießen es, dass unsere Produkte und Qualitätsnormen in den Golfstaaten geschätzt und oft bevorzugt sind. Sie verstehen aber nicht, warum wir aus orientalischer Sicht manchmal als kompliziert gelten. Dafür suchen sie schnelle Antworten auf ihre Fragen. Im Lernprozess der interkulturellen Kompetenz geht es aber nicht um Rezepte, sondern um systemische Konzepte, um über das Verstehen der eigenen kulturellen Kompetenz und das Abgleichen mit der orientalischen Kultur den Geschäftspartnern am Golf adäquat und fair begegnen zu können. Möchten beide Seiten mehr miteinander zu tun haben, sollten sie sich besser verständigen und die Unterschiede verstehen lernen.
Das verheerende Attentat in New York und weitere Anschläge in anderen Großstädten der Welt prägen derzeit unser Bild von muslimischen Arabern. Die jetzige Politik im Iran verhindert eine positivere Perspektive. Doch warum sehen wir im Orient nur das, was wir sehen wollen, und warum sehen auch die Orientalen an uns nur, was sie sehen möchten? So gestaltet sich jede Seite ihr eigenes Bild, nämlich jenes, das ihnen am meisten dient. Wie kommen wir zu einer differenzierten Betrachtungsweise sowohl unserer kulturellen und traditionellen Unterschiede als auch unserer gemeinsamen Interessen?
Ein norddeutsches Unternehmen hat seit vielen Jahren mit Saudi-Arabien zu tun. Immer wieder gehen deutsche Experten für ein bis zwei Jahre nach Riad. Während der Vorbereitungsseminare wird oft berichtet, dass es ihren Partnerinnen schwer fällt, ihre Männer in einem derart strengen islamischen Land zu wissen oder selbst dorthin zu gehen, woher Fundamentalisten kommen. Ein süddeutsches Unternehmen hat seit einigen Jahren behutsame Geschäftskontakte mit dem Iran. Diese Fachkräfte haben es wirklich schwer, ihren geplanten Aufenthalt im Iran zu Hause durchzusetzen. Immer wieder kommt das Thema: »Wie soll ich mit den Ängsten meiner Frau umgehen?«In beiden Beispielen werden Ängste der Familien deutlich, die auch den Alltag der in den Orient reisenden Geschäftsleute beeinflussen. Sie selbst machen meist sehr gute Erfahrungen mit ihren arabischen und iranischen Partnern und Mitarbeitern, doch können sie ihre positiven Eindrücke und Erkenntnisse ihren Familien nicht ausreichend vermitteln, weil die Medien tagtäglich unangenehme Informationen verbreiten.
Wir alle müssen mit Klischees und Vorurteilen umgehen. Sie leiten unsere sozialen Kontakte. Sind wir unseren Mitmenschen gegenüber immer fair? Über die differenzierte Beschäftigung mit den eigenen und den anderen kulturellen Strukturen lässt sich Verhalten erklären und verstehen, und es hilft, Konzepte für die langfristige Begegnung mit Geschäftspartnern im Orient zu bilden. Das ist eine gute Basis, um durch wiederholte Begegnungen mit Ihren Geschäftspartnern Ihre interkulturelle Kompetenz zu fördern.
Die meisten Ihrer Geschäftspartner in den Golfstaaten sind sowohl modern als auch konservativ. Modern hinsichtlich des Zugangs zu Technik und Infrastruktur, dennoch konservativ und Kultur bewahrend. In der westlichen Presse wird das oft mit »halbierte Moderne« beschrieben. »Wir sind und bleiben Araber und gläubige Muslime«, behauptet der 30-jährige Magdy, den ich in Abu Dhabi zum Gespräch treffe. Er studierte Ökonomie in den USA und leitet den Betrieb seines Vaters, ein Elektrounternehmen.
Die Identität als Araber oder Perser ist sehr stark ausgeprägt und wird jeweils von einer langen und beeindruckenden Geschichte getragen. Die meisten Araber wie Iraner pflegen eine mehrdimensionale Kommunikationskultur. Sie sehen ihr Leben als Einheit und teilen es nicht so strikt, wie wir es vielleicht gewohnt sind, in beruflich und privat. Sie verstehen sich als eine Person mit verschiedenen Aufgaben und Rollen, die sich immer wieder ergänzen und überlappen können. Eine davon ist, Geschäftspartner eines oder einer Deutschen zu sein.
Viele Informationen und Insidertipps warten darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Es sind keine Geschichten aus Tausendundeiner Nacht, sondern unterschiedliche Erfahrungsberichte verschiedener Geschäftsleute. Diese Informationen können für die systematische Planung und Vorbereitung Ihrer Geschäfte am Golf, für die Durchführung – die Kontaktaufnahme, den Beginn, die Abwicklung, die Verhandlungsprozesse – und für die Endabwicklung hilfreich sein.
Teil I – Interkulturelle Kompetenz für das Business am Golf – führt Sie in die Geheimnisse kulturellen Verhaltens im Orient ein und zeigt Ihnen, wie Sie sich darauf einstellen können. Sie werden anhand von Beispielen mit interkulturellen Fragen und Lösungen konfrontiert und erfahren, wie Sie sich methodisch am besten auf Ihr Business am Golf vorbereiten können.
Teil II – Business am Golf – lenkt Ihr Augenmerk auf die Geschäftsmöglichkeiten in den Golfstaaten. Hier lesen Sie über die Bedingungen in der Region. Sie bekommen einen Einblick in die wirtschaftlichen Zusammenhänge, in die islamische Lehre und erfahren, wie muslimische Geschäftspartner handeln, denn die Grundlagen islamischer Ethik werden auch Ihr Business beeinflussen. Sie erhalten Informationen über die orientalische Gesellschaft, was Arbeiten hier und dort bedeutet und welche Lebenseinstellung Ihre Geschäftspartner besitzen. Außerdem erfahren Sie, welche Kompetenzen Geschäftsleute benötigen, die längere Zeit in den Golfstaaten tätig sind. Schließlich gibt es einen kurzen Einblick in die Frage, was Berufsfrauen unterwegs erwartet.
Teil III – Entwicklung in der Golfregion – beschäftigt sich mit den Traditionen und dem Fortschritt in den Golfstaaten. Hier erhalten Sie Informationen über die einzelnen Länder am Golf, über die Geschichte der Golfregion und die Entwicklung durch den Öl- und Gasreichtum. Das Wissen über die Beziehungen zwischen Orient und Okzident und über den Einfluss arabischer Kultur in Europa soll einen Einblick in arabische Gesellschaften bieten.
Teil IV – Praktische Informationen für die Kooperation mit orientalischen Geschäftspartnern – ist ein Serviceteil. Hier finden Sie eine Fülle wertvoller und praktischer Tipps für die Kooperation mit Ihren Geschäftspartnern. Mit Verhaltensregeln, Adressenlisten, Anmerkungen, einer Literaturliste und einem Stichwortregister endet das Buch.
Geschäfte machen mit Bewohnern der Golfstaaten verläuft meistens anders als hier. Die Menschen dort leben nach anderen Gesetzmäßigkeiten und reagieren oft anders, als Sie es kennen. Und Sie fühlen und reagieren auch anders, wenn Sie in einer fremden und klimatisch ungewohnten Umgebung sind. Das alles kann die Begegnung mit Orientalen und die Geschäftsabläufe beeinflussen. Mit interkultureller Kompetenz können Sie damit leichter umgehen.
Kulturelles Verhalten ist die Gesamtheit dessen, was wir gelernt haben und in unserem Handeln, zum Beispiel in unseren Rollen und Aufgaben, zum Ausdruck bringen. Kulturelles Verhalten lernen wir dort, wo wir aufwachsen: in einer speziellen Region der Welt und als Angehörige eines bestimmten Volkes und Landes. In der Anonymität von Großstädten zurechtzukommen oder auf dem Lande mit Tieren umzugehen, das älteste Kind der Geschwisterreihe zu sein oder das mittlere oder jüngste – aus solchen Erfahrungen können Sie Kompetenzen für Ihren Berufsalltag gewinnen. Sich um die Sippe oder den Stamm zu kümmern, in der Wüste mit Hitze und Staub zu leben, in Überschwemmungsgebieten immer wieder Hütten aufzubauen oder im Dschungel Wege zu bahnen – das sind Fähigkeiten, die schulen.
All diese unterschiedlichen Lebenssituationen und Erfahrungen beeinflussen die kulturelle Prägung einer Person. Das hat direkte Auswirkungen auf die Vorstellungskraft und Kreativität, auf Energie und Ausdauer. Auch die Vorbildrolle, die Kompetenz, ein Team zu bilden, eine Abteilung zu leiten oder ein Unternehmen zu führen, kann in der Wüste, im Dschungel oder beim Aufbau einer Hütte gelernt werden. Wer international interessant sein möchte, sollte sich mit der eigenen kulturellen Vielfalt und der von anderen Personen beschäftigen.
Wir halten uns nicht so gerne beim Drumherum auf, sondern kommen im Gespräch schnell zur Sache. Smalltalk, der nicht zum Ziel führt, ist nicht unsere Kultur. Während wir in Nordeuropa eher gewohnt sind, uns zielorientiert und rational auf Geschäftstreffen vorzubereiten und uns schon im Vorfeld weitgehend vor Unsicherheiten zu schützen, vertrauen Orientalen meist mehr ihrem Gefühl. Dies sind zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen für ein Business am Golf.
Hier finden Sie Anregungen für Gesprächsthemen. Sollten Sie zum Beispiel Auslandserfahrung haben oder leben Sie mit drei Generationen in einem Haus zusammen, können Sie diese Aspekte beim nächsten Smalltalk einbringen. Smalltalk ist im Orient nämlich Bigtalk. Bereiten Sie sich vor und lassen Sie sich Zeit, um das zu erzählen, was der andere von Ihnen wissen sollte.
Für die Menschen im Nahen Osten spielen folgende Kategorien eine besondere Rolle: hierarchisch, kollektivistisch und fatalistisch. Wenn Ihnen das Bedürfnis Ihrer Geschäftspartner nach hierarchischer Einordnung, nach kollektivistischer beziehungsweise familienorientierter Einstellung und nach fatalistischer Überzeugung fremd ist, versuchen Sie eine Antwort darauf zu finden, was die Araber und Iraner davon haben, dass sie solchen kulturellen Denkweisen anhängen.
Auf der nächsten Seite sehen Sie eine Liste von mehreren bipolaren Faktoren, die in Ihrer Begegnung mit den Geschäftspartnern im Nahen Osten sowohl den Gesprächsbeginn als auch den Verhandlungsprozess und die Umsetzung beeinflussen. Dahinter verbergen sich die jeweiligen unterschiedlichen Sozialisationen, das heißt Unterschiede im Denken, in den Grundwerten, in den Annahmen, in den Interpretationen und Interaktionsmethoden der Menschen, auch Diversitäten in ihrer Lebensphilosophie, ihrer psychologischen Orientierung und ihrem Weltbild.
Kulturelle Unterschiede zwischen Orient und Okzident, die das Geschäftliche beeinflussen
Siehe Tabelle
Zusammengestellt aus: Hofstede 1997, Hecht-El Minshawi 2003/1, Berninghausen/Hecht-El Minshawi 2007
Stellen Sie sich darauf ein, im Business mit den Golfstaaten die Macht zu zeigen, die Sie durch Ihre Position haben: Sie sind ein Vorgesetzter, der risikobereit ist und dem die Menschen im Unternehmen am Herzen liegen, der sich eloquent und flexibel gibt, auf Status achtet und seinen Untergeordneten sagt, was sie wie und bis wann zu tun haben.
Herr A. hält sich seit einigen Tagen in Dubai auf und möchte dort den Verkaufsleiter eines arabischen Im- und Exporthandels treffen. Es war mühsam, erinnert sich Herr A., von Augsburg aus mit seinem Kollegen in Dubai einen Termin zu vereinbaren. Die Faxe kamen entweder nicht an oder wurden nicht beantwortet, und war Herr F. am Telefon, wurde das Gespräch ständig unterbrochen. Die beiden Herren hatten zwar während eines Arabien-Besuchs von Herrn A. im Jahr zuvor schon einmal miteinander gesprochen, aber keine Gelegenheit gehabt, sich gut kennen zu lernen.
Herr A. erreicht pünktlich das Gebäude, in welchem Herrn F.s Firma untergebracht ist. Es ist wenige Minuten vor 11 Uhr, und der Deutsche freut sich, dass er spätabends wieder nach Hause fliegen wird. Er ist längst des Reisens überdrüssig, weil er wegen des ständigen Lärms in den VAE schlecht schlafen kann. Von seinem letzten Geschäftstreffen verspricht er sich jedoch noch einigen Erfolg. Sein Produkt, eine Schraube mit besonderer Windung, wird Herrn F. gefallen.
Um 11.20 Uhr wird Herr A. endlich in das große Bürozimmer geleitet. Der Araber, in sichtbar teures Tuch elegant gekleidet, steht hinter seinem mächtigen Schreibtisch und telefoniert, indem er sein Handy zwischen Kopf und Schulter eingeklemmt hält, während er Papiere und Akten sortiert, die sich auf dem Schreibtisch türmen. Herr A. in seinem Unternehmens-Tropenlook streicht sich beim Anblick des bedeutenden Mannes die Hose glatt. Etwas irritiert hält er im Raum Ausschau nach einem angemessenen Platz. Während der Araber laut und hektisch spricht – Herr A. versteht kein Wort davon –, bedeutet er seinem Gast mit einer Geste, im Sessel der Besucherecke Platz zu nehmen.
Zur Begrüßung erkundigt sich der Gastgeber nicht nur nach dem Befinden seines Besuchers, sondern er ist auch sehr daran interessiert zu erfahren, wie die letzten Fußballspiele der Europameisterschaft ausgefallen sind und wer inzwischen deutscher Meister geworden ist. Damit hatte Herr A. nicht gerechnet und kann deshalb auch keine zufrieden stellende Antwort geben.
Nach einer Weile beginnt Herr A. mit seiner Präsentation: »Herr F., wir sind miteinander verabredet, damit ich Ihnen ...« Ein Bürodiener kommt ohne anzuklopfen ins Zimmer. Nach vorne gebeugt, die Hände vor seiner Brust zum Gruße zusammengelegt, eilt der schmächtige Mann ehrerbietig seinem Chef entgegen, der sich ihm sofort zuwendet. Auch diesmal versteht Herr A. das Gespräch der beiden nicht, wundert sich aber, dass Herr F. die Unterwürfigkeit des Dieners zulässt. Angewidert blickt der Deutsche zur Seite. Das Telefon klingelt; der Araber ermahnt den Diener, das Handy zu bringen, und bittet seinen Gast weiterzusprechen. Dieser bemüht sich um Konzentration und fährt fort: »Ich bin gekommen, um Ihnen mein Produkt vorzustellen. Wie ich Ihnen in meinen Unterlagen bereits angekündigt habe, handelt es sich um eine besondere Schraubenart, die auch ...«
Der schmächtige Mann hat den Raum inzwischen verlassen, und Herr A. hofft, in Ruhe sprechen zu können, als sich die Tür wieder öffnet. Eine Frau bringt Tee in kleinen Tassen und kalte Getränke. Der Gast wählt heißen Tee, während sich der Araber mit der jüngeren Frau unterhält, die in eine dezente Abaya gekleidet ist. Dann dreht er sich dem Deutschen zu und nimmt den Faden wieder auf: »Yes, my friend, you are very right! Let me see your catalogue, please.« Etwas überrascht blättert Herr A. schnell einige werbeträchtige Seiten auf, als ein recht junger Angestellter des Arabers hereinkommt, in üblicher Manier das Gespräch unterbricht und sogleich die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Mit einer Handbewegung entschuldigt sich Herr F. bei seinem deutschen Gast, der inzwischen mit dem Kugelschreiber in monotonem Takt auf den Tisch klopft. Unruhig versucht der Deutsche, eine entspannende Sitzposition einzunehmen. Er schlägt die Beine übereinander und stößt an den Tisch, was die einzelne Blume, die darauf steht, zum Wippen bringt.
Zunächst sprechen die beiden Araber Englisch, wechseln aber nach einer kurzen Weile mit heftigen Bewegungen ihrer Arme und lauter werdenden Stimmen ins Arabische über. Herr A. ist sich sicher, dass die beiden streiten, obwohl er nichts versteht. Er geht davon aus, dass sein Geschäftspartner dringende Probleme zu lösen hat, schon die Telefonate zeugten davon und jetzt auch dieses Gespräch. Er kann doch noch gar nicht verstanden haben, was ich ihm mitteilen möchte!, sagt er sich ungeduldig und geht zum Fenster, während die beiden Araber ihn erstaunt beobachten.
Der deutsche Geschäftsmann hadert mit der Situation: für den späten Nachmittag hatte er sich vorgenommen, den Suq zu besichtigen. Darauf hatte er sich schon sehr gefreut, hatte der Araber doch bereits beim ersten Telefongespräch die Schönheit seiner Stadt angepriesen. Und jetzt, denkt er, wird es nicht klappen. Nichts, was man sich in diesem Land vornimmt, klappt! Er spürt, wie sein Groll wächst, und würde am liebsten laut schreien.
Nach einer Weile dreht er sich erbost um, greift gestikulierend in das Gespräch der Araber ein und sagt laut: »Herr F., ich möchte unser Gespräch im Hotel weiterführen. Können Sie bitte um vier Uhr kommen? Dann werden wir füreinander Zeit haben.« Herr F. bestätigt den Termin, und Herr A. eilt sichtbar wütend davon.
Gehört es zu Ihrem »Code of Communality«, zu Ihrem vielleicht deutschen Verhalten, dass Sie zielorientiert einen Punkt nach dem anderen ansprechen möchten, ohne ständig auf die gute Beziehungsebene zu achten? Dann sollten Sie wissen, dass im Orient ein ausführlicher Smalltalk sehr geschätzt wird, in dem man sich mit Ihnen beschäftigt. Das Wichtige wird außerdem durch die Blume gesagt: Was zwischen den Zeilen steht, ist meist von großer Bedeutung.
Die Beschreibungen der Deutschen in den Listen dieses Buches mögen nicht zu hundert Prozent auf Sie zutreffen, dennoch verhält sich so die Mehrheit im »Code of Communality«. Damit ist die kulturelle Prägung durch die Gesellschaft gemeint, die uns immer leitet. Die Beschäftigung mit Kultur – also mit kulturellem Verhalten, Kulturunterschieden und Interkultur – ist deshalb für Ihre Geschäftsbeziehungen von großer Bedeutung, weil Sie und Ihre Geschäftspartner mit einem jeweils eigenen, unterschiedlichen »Code of Communality« leben (siehe dazu Kumbier/Schultz von Thun 2006). Für Ihren langfristigen Erfolg in den Golfstaaten sollte er identifiziert, abgeglichen und überbrückt werden. Menschen kommunizieren und handeln aufgrund ihrer eigenen kulturellen Prägung und Sichtweise, die sich von der anderer Personen unterscheidet. Dass dies zu Fehleinschätzungen in Gesprächen, zu Missverständnissen und interkulturellen Problemen führen kann, ist nichts Besonderes.
Der »Code of Communality« beeinflusst immer das Verhalten, in der mündlichen und schriftlichen Kontaktaufnahme ebenso wie in Meetings und während Präsentationen und Verhandlungen. Jede Person präsentiert sich aus der Perspektive der eigenen Sichtweise.
Um Ihr Geschäft im Orient mit interkulturellem Kalkül planen und durchführen zu können, ist die Frage nach Ihrer interkulturellen Kompetenz gerechtfertigt.