Witch & Wizard (Band 1) - Verlorene Welt - James Patterson - E-Book

Witch & Wizard (Band 1) - Verlorene Welt E-Book

James Patterson

3,8

Beschreibung

In einer Welt, die verloren scheint, in der Zauberei und Magie verboten sind und mit allen Mitteln verfolgt werden, gibt es nur zwei Menschen, auf denen die Hoffnung aller ruht. Whit und Wisty. Hexe und Zauberer. Allerdings wissen sie noch nichts davon. "Verlorene Welt" ist das deutsche Jugendbuchdebüt von James Patterson, dem "erfolgreichsten Bestsellerautor aller Zeiten" (Der Spiegel).

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Für unsere Heldin Andrea Spooner :-) – J. P.  

Ich glaube an die Aristokratie … nicht an eine Aristokratie der Macht, die auf Rang und Einfluss gründet, sondern an eine Aristokratie der Empfindsamen, der Besonnenen und Beherzten. Ihre Vertreter sind in sämtlichen Ländern und Klassen zu finden, und auch in allen Zeitaltern, und wann immer sie aufeinandertreffen, herrscht zwischen ihnen ein geheimes Einverständnis. Sie stehen für die wahre Tradition der Menschlichkeit, für den einzig dauerhaften Triumph unserer sonderbaren Spezies über Grausamkeit und Chaos.

Willkommen in deinem schlimmsten Albtraum –

in einer Welt, die du dir vielleicht nicht mal vorstellen kannst.

Es ist eine Welt, in der sich alles verändert hat.

Es gibt keine Bücher, keine Filme, keine Musik,

keine Redefreiheit mehr.

Alle Menschen unter achtzehn Jahren gelten als verdächtig.

Man könnte dich und deine Familie

jederzeit verschleppen und einsperren.

Du bist vollkommen überflüssig.

Unerwünscht.

Was ist das für eine Welt?

Wo könnte so etwas passieren?

Darum geht es nun wirklich nicht.

Es geht darum, dass es passiert ist.

Bei uns passiert es genau jetzt.

Und wenn du nicht die Augen aufmachst und achtgibst,

Alles verändert sich …

JETZT!

Wisty

Es ist überwältigend: Abertausende zornige Gesichter, die Bevölkerung einer ganzen Stadt, und alle starren mich an wie eine gefährliche Verbrecherin. Aber ich bin keine Verbrecherin. Ehrenwort. Das Stadion ist randvoll, eigentlich überfüllt. Die Leute stehen in den Seitengängen, auf den Treppen, auf den Betonmauern. Sogar auf dem Spielfeld hocken ein paar Tausend. Heute wird hier kein Football gespielt. Es ist so voll, dass die Mannschaften es nicht mal von den Umkleiden auf den Rasen schaffen würden.

Und diese himmelschreiende Ungerechtigkeit wird auch noch im Fernsehen übertragen, und natürlich im Internet. All die nutzlosen Zeitschriften und Zeitungen sind hier. Da oben, in gleichmäßigen Abständen auf den Rängen, haben sich die Kameramänner postiert.

Sogar eine ferngesteuerte Kamera zischt an Drähten über dem Spielfeld hin und her. Da ist sie – sie schwebt direkt vor der Bühne und zittert leicht im Wind.

Ich muss also davon ausgehen, dass noch Millionen Augen mehr zuschauen, als ich sehe. Aber die, die mir hier im Stadion entgegenblicken, brechen mir das Herz. Zehntausende, vielleicht sogar Hunderttausende neugierige, gefühllose, bestenfalls gleichgültige Gesichter … jetzt weiß ich, was Angst bedeutet.

Da draußen gibt es keine feuchten Augen und schon gar keine Tränen.

Keine Protestschreie.

Keine stampfenden Füße.

Keine solidarisch erhobenen Fäuste.

Kein Anzeichen, dass irgendwer zumindest darüber nachdenken würde, die Bühne zu stürmen, die Absperrung zu durchbrechen und meine Familie hier rauszuholen.

Nein, es ist kein guter Tag für uns Allgoods.

Angesichts des tickenden Countdowns, der auf den riesigen Videowänden des Stadions blinkt, dürfte es eher unser letzter Tag sein.

Das denkt man sich erst recht, wenn man den sehr großen, kahlköpfigen Mann auf dem eigens errichteten Podest in der Mitte des Spielfelds entdeckt. Der Mann erinnert an eine Kreuzung aus dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und Ming dem Grausamen. Aber ich weiß, wer er ist. Ich habe ihn kennengelernt. Es ist Der Eine, Der Der Einzige Ist.

Gleich hinter seiner Einzigartigkeit hängt ein riesiges Banner der N. O. – der Neuen Ordnung.

Über den Rängen erschallt ein Sprechchor, fast schon ein Gesang: »Der Eine, Der Der Einzige Ist! Der Eine, Der Der Einzige Ist!«

Als Der Eine gebieterisch die Hand hebt, schieben uns seine vermummten Untergebenen auf der Bühne nach vorne. So weit es geht, ohne uns die Schlingen vom Hals zu nehmen.

Ich sehe, wie mein gut aussehender, mutiger Bruder auf die Plattform unter unseren Füßen starrt. Er grübelt, ob es vielleicht eine Möglichkeit gibt, den Mechanismus zu blockieren. Ob man irgendwie verhindern kann, dass er sich entriegelt und uns in die Tiefe fallen lässt, bis es uns das Genick bricht. Er sucht einen Ausweg in letzter Minute.

Ich sehe meine Mutter. Sie weint leise. Natürlich nicht um sich selbst, sondern um Whit und mich.

Ich sehe meinen stattlichen, gebeugten Vater. Er hat aufgegeben. Doch er lächelt mich und meinen Bruder an, um uns Mut zu machen – um uns daran zu erinnern, dass wir unsere letzten Momente auf diesem Planeten genießen sollten.

Aber ich greife vor. Ich sollte doch eine Einleitungschreiben und stattdessen berichte ich von unserer öffentlichen Hinrichtung …

Fangen wir lieber von vorne an.

Erstes Buch

STRAFE OHNE

WHIT

Manchmal wacht man auf und die Welt hat sich komplett verändert.

Der Lärm eines kreisenden Helikopters weckte mich. Kaltes blauweißes Licht zwängte sich durch die Jalousien und flutete das Wohnzimmer, bis es beinahe taghell war.

Dabei war es mitten in der Nacht.

Mit vernebeltem Blick spähte ich auf die Digitalanzeige des DVD-Players – es war genau 2.10Uhr.

Gleichzeitig bemerkte ich ein regelmäßiges Tropp, tropp, tropp im Hintergrund. Es klang nach einem mächtigen Herzschlag. Es pulsierte, es bedrängte mich. Es kam näher.

Was ist das?

Ich stolperte zum Fenster. Nachdem ich zwei Stunden völlig weggetreten auf dem Sofa gelegen hatte, brauchte mein Körper eine Weile, um wieder zum Leben zu erwachen. Dann linste ich durch die Lamellen.

Und wich zurück und rieb mir die Augen.

Was ich da gesehen hatte, war absolut unmöglich. Was ich hörte, auch. Völlig ausgeschlossen.

War das wirklich das stetige, unerbittliche Stampfen Hunderter Soldaten, die im perfekten Gleichschritt durch unsere Straße marschierten?

Unsere Straße lag nicht im Stadtzentrum. Hier kamen keine Feiertagsparaden vorbei. Und normalerweise wurde die Straße auch nicht mitten in der Nacht von bewaffneten Männern in Kampfanzügen gestürmt.

Ich schüttelte den Kopf und federte ein paar Mal auf den Zehenspitzen auf und ab, ein bisschen wie beim Aufwärmen. Wach auf, Whit. Zur Sicherheit verpasste ich mir auch noch eine Ohrfeige, ehe ich wieder hinausblickte.

Da waren sie – eine riesige Kolonne Soldaten in unserer Straße!Hunderte Soldaten, klar und deutlich zu erkennen im Licht eines halben Dutzends fahrbarer Suchscheinwerfer.

Ein einziger Gedanke kreiste unaufhörlich in meinem Kopf: Das kann nicht sein. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein.

Doch dann erinnerte ich mich an die Wahlen, an die neue Regierung, an das wirre Gerede meiner Eltern über die ungewisse Zukunft unseres Landes, an die Sondersendungen im Fernsehen, an die politischen Petitionen, die meine Klassenkameraden im Netz weiterleiteten, an die erbitterten Diskussionen zwischen den Lehrern an der Schule. Bis zu diesem Moment hatte mich nichts davon interessiert.

Und bevor ich mir darüber klar werden konnte, was all das zu bedeuten hatte, machte die Vorhut der Kolonne an unserem Haus halt.

Zwei bewaffnete Trupps lösten sich aus der Formation und sprinteten über unseren Rasen wie Spezialeinheiten. Die eine Gruppe rannte hinter das Haus, die andere postierte sich vorne. Es ging so schnell, dass ich es kaum mitbekam.

Ich zuckte vom Fenster zurück. Mir war klar, dass die Typen nicht gekommen waren, um mich und meine Familie zu beschützen. Ich musste Mom, Dad und Wisty warnen …

Doch als ich den Mund aufmachen wollte, prügelten sie schon die Haustür aus den Angeln.

Wisty

Es ist nicht besonders angenehm, mitten in der Nacht aus dem eigenen Zimmer entführt zu werden. Aber genau das ist mir passiert …

Lautes Gepolter weckte mich: umkippende Möbel, splitterndes Glas. War das etwa Moms Teegeschirr?

Mann, Whit, dachte ich mir, während ich schläfrig den Kopf schüttelte. Mein großer Bruder war im letzten Jahr zehn Zentimeter gewachsen und hatte knapp fünfzehn Kilo Muskelmasse zugelegt. Dadurch war er zum breitschultrigsten und schnellsten Quarterback der Gegend geworden, zum – man kann es nicht anders ausdrücken – furchteinflößendsten Spieler der ungeschlagenen Mannschaft unserer Highschool.

Doch abseits des Spielfelds war Whit mindestens so tollpatschig wie ein durchschnittlicher Bär – wie ein durchschnittlicher Bär, der sich ein Sixpack Red Bull reingepfiffen hatte und sich enorm wichtig nahm, weil er hundertfünfundzwanzig Kilo stemmen konnte und von sämtlichen Mädchen der Schule für den heißesten Typen aller Zeiten gehalten wurde.

Ich rollte mich auf die andere Seite und vergrub den Kopf unter dem Kissen. Seit Neuestem trank Whit auch noch. Obwohl er schon früher nicht durchs Haus hatte gehen können, ohne irgendwas umzuschmeißen. Ein klares Elefant-im-Porzellanladen-Syndrom.

Aber das war heute Nacht nicht das eigentliche Problem. Das wusste ich.

Vor drei Monaten war Whits Freundin Celia im wahrsten Sinne des Wortes spurlos verschwunden, und mittlerweile glaubte niemand mehr, dass sie noch zurückkehren würde. Ihre Eltern waren völlig am Ende, Whit natürlich auch. Und wenn ich ehrlich bin, ging’s mir auch nicht viel besser. Celia war – ist – ein sehr hübsches, intelligentes und kein bisschen eingebildetes Mädchen. Sie ist einfach nur cool, obwohl ihre Familie so reich ist. Celias Dad besitzt das örtliche Luxus-Autohaus, Celias Mom ist eine ehemalige Schönheitskönigin. Und jetzt war ausgerechnet Celia verschwunden. Ich konnte es immer noch nicht fassen.

Als ich hörte, wie sich die Schlafzimmertür meiner Eltern öffnete, kuschelte ich mich noch tiefer in meine gemütliche Flanellbettwäsche.

Im nächsten Moment dröhnte Dads Stimme durchs Haus. Er klang wütend. Sehr wütend.

»Was denken Sie sich eigentlich!? Sie haben kein Recht, hier einzudringen. Verlassen Sie sofort unser Haus!«

Ich schoss in die Höhe, auf einmal hellwach. Der Krach ging wieder los, und im nächsten Moment hörte ich ein … ein gequältes Wimmern? War Whit gestürzt, hatte er sich den Kopf angehauen? Oder war irgendwas mit Dad?

Um Himmels willen!, dachte ich und krabbelte eilig aus dem Bett. »Ich komme, Dad! Alles in Ordnung mit dir? Dad?«

In diesem Moment begann der Albtraum so richtig. Der erste Albtraum eines Lebens voller Albträume.

Meine Zimmertür flog krachend auf. Zwei massige Gestalten in dunkelgrauen Uniformen stürmten herein und glotzten mich an wie das Oberhaupt einer enttarnten Terrorzelle.

»Sie ist es! Wisteria Allgood!«, rief der eine, als ein grelles Licht die Dunkelheit zerfetzte. Damit hätte man einen ganzen Flugzeughangar ausleuchten können.

Ich hielt die Hände krampfhaft vor die Augen, während mein Herz zehn Gänge höher schaltete. »Wer sind Sie!?«, schrie ich. »Und was machen Sie in meinem gottverdammten Zimmer?«

Wisty

»Vorsicht!«, rief einer der riesenhaften Männer. »Sie ist extrem gefährlich.« Die beiden sahen aus wie Mitglieder einer Spezialeinheit. Auf ihren Uniformen prangten große weiße Nummern. »Du weißt, dass sie …«

Der andere nickte. Seine Augen huschten nervös durch mein Zimmer. »Du!«, bellte er mich an. »Du kommst mit! Wir sind von der Neuen Ordnung. Ein Mucks, und du wirst mit aller Härte bestraft!«

Ich starrte ihn an. Mir wurde schwindlig. Die Neue Ordnung? Das waren keine normalen Cops. Und erst recht keine Rettungskräfte.

»Ich … äh … ich …«, stotterte ich. »Ich muss mir was anziehen. Könnten Sie mich vielleicht ganz kurz … allein lassen?«

»Maul halten!«, brüllte der erste Soldat. »Schnapp sie dir! Aber nimm dich in Acht. Sie ist gefährlich. Die sind alle gefährlich.«

»Nein! Nicht! Wag es ja nicht!«, schrie ich. »Dad! Mom! Whit!«

Da kapierte ich es. Die Erkenntnis plättete mich, als wäre ich von einem führerlosen Sattelschlepper überrollt worden: Genau so war es Celia ergangen. Oder?

Oh Gott! Ich spürte kalten Schweiß im Nacken. Ich muss hier raus. Meine Panik wuchs und wuchs. Keine Ahnung, wie, aber irgendwie muss ich hier …

… verschwinden.

Wisty

Die beiden übertrieben muskelbepackten, grau gekleideten Männer erstarrten. Ihre kastenförmigen Schädel schnellten hin und her wie Marionettenköpfe.

»Wo ist sie? Sie ist weg! Sie ist verschwunden! Wo ist sie hin?«, krächzte der eine verzweifelt.

Sie leuchteten mit ihren Taschenlampen in alle Ecken. Der eine ließ sich fallen und spähte unters Bett, der andere rannte zu meinem Schrank und riss die Türen auf.

Wo sollte ich denn sein? Waren die beiden komplett durchgeknallt? Ich stand doch direkt vor ihnen. Was war hier nur los?

Vielleicht war das ein Trick. Vielleicht wollten sie mich dazu bringen, die Flucht zu ergreifen, damit sie einen Grund hatten, gewalttätig zu werden. Oder sie waren aus einer Irrenanstalt ausgebrochen und jetzt wollten sie mich holen, wie sie die arme Celia geholt hatten –

»Wisty!« Der ängstliche Schrei meiner Mutter drang durch den Nebel, der sich in meinem Hirn breitgemacht hatte. Mom war im Flur. »Renn, Liebling. Renn!«

»Mom!«, kreischte ich.

Die beiden Männer fuhren herum und blinzelten überrascht. »Da ist sie! Schnapp sie dir! Sie steht direkt vor dir! Schnell, bevor sie wieder verschwindet!«

Große, schwere Pranken schlossen sich um meine Arme und Beine, um meinen Kopf. »Lasst mich los!«, brüllte ich, während ich um mich schlug und mit den Füßen austrat. »Lasst. Mich. Los.«

Doch ihr Griff war hart wie Stahl. Sie zerrten mich durch den Flur ins Wohnzimmer und schmissen mich auf den Boden wie einen Sack Müll.

Hastig rappelte ich mich auf. Scheinwerfer blendeten mich. Ich sah nichts als Weiß. Da hörte ich Whits Schrei. Sie schleuderten ihn neben mich auf den Wohnzimmerboden.

»Whit«, ächzte ich. »Was ist hier los? Was sind das für … Monster?«

»Wisty!« Er klang halbwegs nüchtern. »Alles okay?«

»Nein.« Fast hätte ich geheult. Aber ich wollte nicht, ich durfte nicht vor den anderen schlappmachen. Ich weigerte mich. Alle miesen Thriller, die ich je gesehen hatte, flackerten in meinen Gedanken auf, das ganze Zeug, das angeblich »auf wahren Begebenheiten beruhte«. Mir wurde schlecht. Ich schmiegte mich an meinen Bruder. Er nahm meine Hand und drückte sie.

Die Scheinwerfer erloschen. Wir blinzelten und zitterten im plötzlichen Dämmerlicht.

»Mom?«, rief Whit. »Dad?« Spätestens jetzt war mein Bruder stocknüchtern.

Ich schnappte nach Luft. Vor uns standen unsere Eltern, in zerknitterten Schlafanzügen, die Arme auf den Rücken gedreht, als wären sie unberechenbare Kriminelle.

Okay, wir wohnten in einem der schlechteren Viertel der Stadt – aber keiner von uns hatte jemals Ärger mit der Polizei gehabt.

Soweit ich wusste.

Wisty

Stellt euch das mal vor: Eure eigenen Eltern stehen mit weit aufgerissenen Augen vor euch, komplett hilflos und wortwörtlich starr vor Angst. Erschreckend, was?

Meine Eltern. Ich hatte immer gedacht, sie könnten uns vor allem beschützen. Sie waren anders als andere Eltern. Sie waren intelligent, einfühlsam, verständnisvoll … sie wussten immer, was Sache war. Auch jetzt war ihnen anzusehen, dass sie mehr wussten als Whit und ich.

Sie wissen, was hier los ist. Und was auch immer es ist, es jagt ihnen eine Wahnsinnsangst ein.

»Mom …?« Ich blickte ihr fest in die Augen. Vielleicht konnte ich darin eine Botschaft ablesen, irgendeine Andeutung, was jetzt zu tun war …

Als ich sie so ansah, zuckten Erinnerungen durch meinen Kopf – Mom und Dad, wie sie merkwürdiges Zeug faselten: »Du und Whit, ihr seid etwas Besonderes. Etwas wirklich Besonderes, Liebling. Manchmal fürchten sich die Leute vor Menschen, die anders sind als sie. Und diese Angst macht sie wütend und unvernünftig.« Okay, aber war es nicht normal, dass Eltern ihre Kinder für etwas Besonderes hielten? »Nein«, hatte meine Mom einmal darauf geantwortet und mein Kinn leicht angehoben. »Ihr seid wirklich besonders. Pass gut auf dich auf, mein Schatz.«

Drei weitere Gestalten traten aus den Schatten, zwei davon mit Schusswaffe am Gürtel. Ich kapierte gar nichts mehr. Waffen? Soldaten? In unserem Haus? In einem freien Land? Mitten in der Nacht? Und das vor einem Schultag …

»Wisteria Allgood?« Das Scheinwerferlicht fiel auf die drei Gestalten. Es waren zwei Männer und …

Byron Swain?

Byron ging auf dieselbe Highschool wie Whit und ich, ein Jahr über mir, ein Jahr unter ihm. Wenn ich mich nicht sehr irrte, konnte Whit ihn auch nicht ausstehen. Den konnte keiner ausstehen.

»Was hast du hier zu suchen, Swain?«, fauchte Whit. »Verzieh dich aus unserem Haus!«

Byron. Ein unglaublicher Name. Als hätten seine Eltern schon geahnt, dass sie einen Schnösel in die Welt gesetzt hatten.

»Zwing mich doch dazu«, erwiderte Byron mit einem schmierigen, öligen Lächeln, das mich lebhaft an unsere unvermeidlichen Begegnungen im Schulflur erinnerte. Was für ein Vollarsch, hatte ich mir dabei jedes Mal gedacht. Byron hatte braunes, makellos gekämmtes und zurückgegeltes Haar und kalte braune Augen. Leguanaugen.

Der Typ war ein Idiot der Extraklasse, und jetzt wurde er von zwei Elitesoldaten eskortiert, die dunkle Uniformen, Stahlhelme und kniehohe, glänzende schwarze Stiefel trugen. Die ganze Welt stand kopf und ich hatte immer noch meinen albernen pinken Kätzchen-Schlafanzug an.

»Was hast du hier zu suchen?«, wiederholte ich.

»Wisteria Allgood«, sagte Byron im Tonfall eines Gerichtsvollziehers – und zog eine waschechte Schriftrolle hervor. Das Ding sah ziemlich offiziell aus. »Bis zu deinem Prozess wirst du von der Neuen Ordnung in Gewahrsam genommen. Du wirst hiermit beschuldigt, eine Hexe zu sein.«

Mein Kiefer klappte nach unten. »Eine Hexe?«, japste ich. »Bist du wahnsinnig?«

Wisty

Als die beiden Gorillas in Grau auf mich zumarschierten, hob ich instinktiv die Hände – und die Soldaten der Neuen Ordnung blieben tatsächlich stehen! Nicht zu fassen. Ich spürte eine Welle der Kraft … und dann war es auch schon wieder vorbei.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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