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Seit Jahrhunderten leben sie verborgen unter den Menschen … sie sind Gestaltwandler und nur noch wenige. Um ihre Art zu erhalten, müssen sie das tun, was sie eigentlich ablehnen … sich menschliche Gefährten suchen. Nachdem Davids Zukunft wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist, ist er auf der Suche nach einem Neuanfang. Doch vorher will er die Fehler seiner Vergangenheit korrigieren – vor allem das gut gehütete Geheimnis namens Lianne, das er vor seiner Familie verborgen gehalten hat. Doch David muss schnell feststellen, dass das nicht so einfach ist, wie er geglaubt hat … Lianne wurde ihr gesamtes Leben nur auf eine Aufgabe vorbereitet - der Besitz eines besonderen Mannes zu sein ... Seit sie ihn das erste Mal gesehen hat, geht ihr der geheimnisvolle Gönner nicht mehr aus dem Kopf. Als sie David endlich wiedersieht und er ihr eröffnet, dass er keine Verwendung in seinem Leben für sie hat, beschließt Lianne, ihn vom Gegenteil zu überzeugen ...
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Seitenzahl: 101
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Alexa Kim
Wolf Breed - David (Band 7)
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Epilog
Bisher erschienen von Alexa Kim
Impressum neobooks
Lianne
Meine Augen verfolgten die Libellen vor meinem geöffneten Fenster. Die Farben ihrer Flügel schillerten in allen Farben, und einige von ihnen verharrten schwirrend in der Luft des Spätsommerabends. Die Weinberge, die das Château umgaben, wurden von der Abendsonne in rötlich organgenes Licht getaucht. In ein paar Wochen würde die Traubenlese beginnen, und dann würde das Lachen der Arbeiter bis an mein Fenster dringen ...
Der kleine Ort Begoise war zwar auf kaum einer Landkarte zu finden, aber trotzdem für seinen Wein berühmt. Das Château wirkte wie aus einer romantischen Malerei. Ich fühlte mich hier zu Hause – es war viel besser, als der Ort, an dem ich bis zu meinem zwölften Lebensjahr gelebt hatte. Meine Erinnerungen an das Apartment in dem Londoner Außenbezirk, in dem hauptsächlich Arbeitslose und Kriminelle lebten, waren verblasst. Ich wusste noch, dass ich im Winter gefroren habe, weil der Vermieter die Heizkosten gar nicht oder nur für drei Monate bezahlte und regelmäßig Strom und Gas abgestellt wurden. Ich erinnerte mich auch noch an den Blick aus dem Fenster … die schmuddelige Straße, auf der Drogenabhängige und Dealer ihren Geschäften nachgingen und die dunkle Seitengasse mit der flackernden Laterne, in die meine Mutter im Sommer ihre Freier geschleppt hat, um für ein paar Euro mit ihnen Sex zu haben … Ich kann mich nicht mehr erinnern, wohin sie die Männer im Winter gebracht hat. Ich müsste mich eigentlich an viel mehr erinnern, immerhin war ich schon Zwölf, aber vielleicht hat mein Verstand dieses Leben vor Begoise und dem Château, einfach weggesperrt, weil es so trostlos war.
Alles änderte sich an dem Tag, als ich Adrian begegnete. Obwohl es sieben Jahre her ist, erinnere ich mich an diesen Augenblick, als wäre es gestern gewesen – die gerissenen Henkel der Tüte, mein entsetztes Gesicht, als die Einkäufe, die ich von unserem knappen Geld gekauft hatte, auf die Straße rollten … das Spritzen der reifen Orange, als das Auto darüber fuhr und die zerbrochenen Eier auf der Straße. Ich erinnere mich, dass ich verzweifelt überlegt habe, was wir die nächsten Tage essen würden …
Dann stand Adrian vor mir – groß, breitschultrig, mit einer gesunden Sommerbräune, die zum kalten Londoner Regenwetter nicht so recht passen wollte. Er lächelte mich an, und sprach mit französischem Akzent … Ich war kein naives Mädchen, das behütet aufgewachsen war und ich wusste, was Männer von Frauen wollen … und was sie von sehr jungen Mädchen wollen. Ich überlegte, einfach weglaufen, als Adrian mir einen Hundert Euro Schein entgegenhielt. Ich weiß nicht, warum ich es nicht getan habe … etwas hat mich zurückgehalten, und das war mein Glück. Adrien wollte nicht mich … auf jeden Fall nicht für sich, wie sich später herausstellte. Er ging mit mir zurück in den Supermarkt und schleppte dann zwei gefüllte Tüten in unser winziges Apartment. Dort eröffnete er meiner Mutter, dass er mir eine bessere Zukunft bieten konnte … mit Bildung und Sicherheit. Es war nicht besonders schwer, meine Mutter zu überzeugen – sie hatte genug Probleme ohne mich … und es war nicht schwer für Adrien, mir eine neue Identität zu verschaffen. Bis heute weiß ich nicht, wie er das hinbekommen hat oder wie meine Mutter der Schule und dem Jugendamt klarmachen konnte, dass ich plötzlich nicht mehr da war. Aber es kam nie jemand, der nach mir gesucht hat, seit ich in Begoise lebe ...
Adrian hat alle seine Versprechen gehalten. Ich nehme an, dass ich mittlerweile auch Männer in der dunklen Gasse mit der flackernden Laterne bedienen würde, wenn Adrian mich damals nicht gefunden hätte. Er hat mir sogar einen neuen Namen gegeben – Lianne. Ich gehöre in dieses Château, genau wie die anderen Frauen, die hier leben … und doch bin ich anders als sie. Adrian hat mich von Anfang an auf eine besondere Aufgabe vorbereitet.
„Sieh dich an, Lianne ...“, hat er zu mir gesagt, als er mich in dieses Zimmer gebracht hat. Er schob mich vor den großen Spiegel mit dem verzierten Goldrahmen und lächelte. „Du wirst eine Schönheit sein … und dir wird eine ganz besondere Aufgabe zuteilwerden. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Du musst lernen, wie man spricht, wie man geht, wie man sich unterhält, wie man lächelt … und du musst lernen, wie man dient.“
Ich habe Adriens Worte damals nicht verstanden, aber ich fing an, die anderen Frauen zu beobachten und mit mir zu vergleichen. Sie alle waren Schönheiten und die Kunden, die ins Château kamen, hatten nichts mit den ungepflegten Männern gemeinsam, die meine Mutter mit in die Gasse nahm.
Als ich Dreizehn war, konnte ich endlich selbst sehen, was Adrien meinte. Das runde Mädchengesicht begann sich zu formen und ebenmäßig zu werden. Die grünen Augen bekamen einen besonderen Ausdruck. Ich lernte, durch einen einzigen Augenaufschlag die Aufmerksamkeit der Männer auf mich zu ziehen, auch wenn sie gerade noch eine andere angesehen hatten; und ich schenkte allen ein Lächeln … einfachen Arbeitern von den Weinbergen oder reichen Männern, die das Château besuchten, um der Eintönigkeit ihrer Ehe zu entkommen.
Adrien unterstützte meine Entwicklung, achtete aber darauf, dass keiner dieser Männer mir zu nah kam. „Du bist nicht für sie bestimmt …“, war seine Begründung.
„Aber für wen bin ich bestimmt?“, fragte ich ihn dann. Seine Antwort blieb vage.
„Für einen besonderen Mann … für ihn habe ich dich gefunden, und er bezahlt für das alles hier ...“
Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass Adrien mir nicht aus reiner Gutmütigkeit dieses Leben ermöglichte. Ich war nicht schockiert darüber – wie gesagt, war ich nie ein behütetes und naives Mädchen gewesen. Trotzdem begann ich mir Gedanken zu machen, wer dieser besondere Mann war ... wann ich ihn kennenlernen würde … ob er alt oder jung war … ob ich ihn mögen würde ...
Adrian gab mir auch auf diese Fragen nur ausweichende Antworten: „Bald …“ oder „Er ist anders als andere Männer … ich bin sicher, dass du ihm gefallen wirst.“
Aber wird er mir gefallen?! … war ich dann versucht, zu fragen. Ich wusste allerdings, dass ich keine Antwort darauf bekommen würde, weil es unerheblich war … weil ich diesem Mann längst gehörte ...
Es war ein Zufall, dass ich in dieser einen Nacht nicht schlafen konnte und an meinem Fenster stand, als ein dunkler Mercedes vor dem Château vorfuhr. Als ein Mann ausstieg und Adrien ihn begrüßte, wusste ich, dass Er es war … der Mann, der für mich bezahlt hatte. Er sah einen kurzen Augenblick hoch zu mir, sodass ich erkennen konnte, dass er jung war und dunkle Haare hatte. Unsere Blicke trafen sich für einen Augenblick, als hätte er bemerkt, dass ich ihn ansehe … und in diesem Moment hatte ich hatte das Gefühl, die Zeit würde stehen bleiben! Seine Augen hatte etwas Fremdes, das ich nicht fassen konnte. Trotzdem zogen sie mich in ihren Bann. Über meinen Rücken lief ein seltsames Kribbeln. Am liebsten hätte ich das Fenster geöffnet und mit ihm gesprochen, aber ich war dazu erzogen worden, derartige Dinge nicht zu tun. Trotzdem ... ich wusste, dass er es war. Adrien hatte die Wahrheit gesagt … er war etwas Besonderes.
An diesem Abend war ich mir sicher, dass er gekommen war, um mich zu holen.
Doch der nächste Tag verging, ohne dass etwas geschah, und einen Tag später war der Mercedes verschwunden …
„Lianne ...“, holte mich Adriens Stimme aus meinen Gedanken.
Sofort wandte ich mich von den Libellen ab, um ihn anzulächeln. Ich wusste, dass er es mochte, wenn ich lächelte. Allen Männern gefiel mein Lächeln.
„Du bist wunderschön, Lianne … und du weißt es ...“ Er kam zu mir und setzte sich neben mich auf das Fensterbrett. „Zieh heute Abend ein schönes Kleid an … du wirst mit mir zu Abend essen.“
Mein Herz begann schneller zu schlagen. Adrien aß selten mit mir zu Abend. „Welches Kleid soll ich tragen?“
„Das ist deine Entscheidung …“
„Natürlich ...“, antwortete ich lächelnd. Adrien hatte die kostspieligsten Lehrer auf das Château geholt, damit sie mich unterrichteten … ich war geformt und geschliffen worden, wie ein Edelstein. „Ich werde dich nicht enttäuschen ...“, sagte ich deshalb und senkte den Blick auf meine Hände, wie es mir meine Benimmlehrerin Madame Vailles beigebracht hatte.
„Da bin ich mir sicher, Lianne … denn heute Abend entscheidet sich deine Zukunft…“ Adrien stand auf und sah mich an, wie ein strenger Vater seine Tochter. „Er wird viel von dir erwarten, aber ich bin sicher, du bist vorbereitet auf einen Mann wie ihn ...“
David
Als das Château in Sicht kam, erinnerte ich mich an das Gesicht des Mädchens am Fenster. Es war Nacht gewesen, als ich sie gesehen hatte ... trotzdem war jede Einzelheit ihrer Gesichtszüge in meinem Gedächtnis eingeprägt. Adrien hatte nicht zu viel versprochen, was sie anging. Ich war sehr jung gewesen, als ich ihm den Auftrag gegeben hatte, eine Frau für mich zu finden, die meinen Vorstellungen entsprach. Zuallererst war es eine trotzige Reaktion auf die Entscheidung meiner Eltern gewesen, für mich eine passende Gefährtin zu finden. Sollten sie mir doch eine Gefährtin suchen … binden würde ich mich allerdings nicht an sie!
Alles vorbei … mein gesamtes Leben lag in Trümmern. Ich war nicht mehr der Erbe von Carpenter Investigations. Jetzt war ich nur noch der Sohn eines Betrügers, der sich auf verabscheuungswürdige Art an der Arbeit eines anderen bereichert hatte. Ich war ein Nichts … zugegeben noch immer ein sehr reiches Nichts, aber für meine Familie und deren Fortbestand bedeutungslos.
Nachdenklich betrachtete ich Manon, die neben mir in der Limousine saß. Eigentlich konnte ich mich nicht beschweren. Ich hatte alles, was ich mir früher so sehr gewünscht hatte … inklusive meiner Freiheit. Die lästigen Verpflichtungen, Carpenter Investigations zu übernehmen, war ich los, Manon war eine angenehme Begleitung, die sich tagsüber um meinen Londoner Haushalt kümmerte und nachts um meine anderen Bedürfnisse. Mir war klar, dass Manon hoffte, ich würde mich an sie binden, nachdem Marcus sich für Kandy entschieden hatte. Aus Bequemlichkeit hatte ich sie auf Partys und zu Einladungen mitgenommen. Das bestärkte ihre Hoffnungen auf eine feste Gefährtenschaft. Bei meinem Bruder Marcus hatte sie sich diese Hoffnungen nicht gemacht. Wahrscheinlich dachte sie, dass ich mit meiner neuen Lebenssituation von Verpflichtungen befreit war … ich trug kein echtes Carpenter-Blut in mir und war deshalb der Blutlinie nicht verpflichtet. Aber mein Leben hatte einen schalen Geschmack bekommen … die Dinge, die mir früher so viel bedeutet hatten, waren mir vollkommen egal, auch wenn ich vorgab, dass es nicht so war. Der Name Carpenter öffnete mir noch immer die Tür zu jeder Gesellschaft. Marcus hatte freundlicherweise darauf verzichtet, mich bloßzustellen. Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto unwohler fühlte ich mich. Was hatte ich in meinem Leben getan, um dieses Ansehen zu verdienen? Ich lebte von meinem Erbe, das Marcus mir ausgezahlt hatte … einem Erbe, auf das ich genau genommen gar kein Anrecht hatte! Ich hätte zurück zu Marcus gehen können und ihn darum bitten, mir eine Aufgabe zu geben, aber das wollte ich nicht. Ich wollte etwas eigenes erschaffen, nur hatte ich leider keine Ahnung, was. Vor diesem Hintergrund hoffte Manon vergeblich … was ich jetzt nicht gebrauchen konnte, war eine Gefährtin!
„Warum sind wir hier?“, fragte sie und legte ihre Hand vertraulich auf meine. Kurz war ich versucht, sie fortzuziehen. Manon fügte sich immer selbstverständlicher in die Rolle einer Gefährtin ein, und ich ließ es zu. Ich würde mit ihr reden müssen, sobald ich die andere Sache aus der Welt geschafft hatte. Eines stand auf jeden Fall fest - die Pläne des alten David passten nicht mehr in mein Leben. Ich würde Adrien für seine Mühe entschädigen. Vielleicht hatte er sogar selbst Verwendung für eine Frau … immerhin war er wie ich und hatte nie eine Gefährtin gewählt, obwohl er bereits Mitte Dreißig war.
„Es ist hübsch hier ...“, stellte Manon fest, als wir kurze Zeit später aus der Limousine stiegen. Kurz war ich versucht, hinauf zum Fenster zu schauen, in der Hoffnung, das Mädchen dort zu sehen - aber ich verbot es mir. Dafür war ich nicht gekommen ...
„Was ist das hier?“ Manon sah sich neugierig um.
„Ein diskreter Ort, an dem reiche Männer sich entspannen, ohne ihre Frauen oder Familien.“