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"Ich kann mir kaum etwas Spannenderes und Schöneres vorstellen, als Jesus nachzufolgen. - Ich dachte, das ist ein toller erster Satz für dieses Buch. Und es stimmt. Meistens. Nun ja, wenn ich ehrlich bin, dann könnte ich auch schreiben: Manchmal frustriert es mich total, Jesus nachzufolgen. Das ist kein so motivierender erster Satz. Aber auch das stimmt. Manchmal. Jesus nachzufolgen ist auf alle Fälle spannend, aufregend und verändernd." Geschichten und Zwischenrufe mitten aus dem Leben: Ebenso inspirierend wie entlarvend geht es dabei immer wieder um eine ehrliche und ganzheitliche Jesus-Nachfolge, die nicht nur die Herrlichkeit Gottes kennt, sondern auch die Schwerkraft des Alltags. Tobias Faix nimmt seine Leserinnen und Leser mit auf eine Reise, die eigenen Glaubenstraditionen zu hinterfragen, und wirft einen frischen Blick auf Jesus und seine gute Nachricht: Eine liebevolle Herausforderung!
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Seitenzahl: 184
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»Ich habe euch damit ein Beispiel gegeben,dem ihr folgen sollt. Handelt ebenso!«
Jesus Christus in Johannes 13,15
»Die Bibel wurde uns nicht gegeben, um unser Wissen zuvergrößern, sondern um unser Leben zu verändern.«
Dwight L. Moody
»Wenn wir die Welt ignorieren, dann betrügen wir das Wort Gottes. Wenn wir das Wort Gottes ignorieren, dann haben wir nichts, was wir der Welt geben können. Gerechtigkeit und Rechtfertigung durch Glauben, Anbetung und politisches Handeln, das Spirituelle und das Materielle, persönlicher Wandel und struktureller Wandel gehören zusammen. Wie im Leben Jesu bilden Sein, Tun und Sagen den Kern unseres integralen Auftrags.«
Micha-Initiative
TOBIAS FAIX
Herausforderungen
zur ganzheitlichen Nachfolge
Dieses Buch als E-Book: ISBN 978-3-86256-700-3
Dieses Buch in gedruckter Form: ISBN 978-3-937896-61-8,Bestell-Nummer 588 661
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar
Bibelzitate, soweit nicht anders angegeben, sind derÜbersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright© 1983, 1996, 2003 by International Bible Society®.Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Verlages
Der Abdruck der Zitate von Dietrich Bonhoeffer aufden Seiten 46 sowie 118–120 erfolgt mit freundlicherGenehmigung. © by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh,in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf JohannsonUmschlagbild: © ShutterStock®Satz: Neufeld Verlag
3., überarbeitete und erweiterte Auflage 2010
© 2008 Neufeld Verlag Schwarzenfeld
Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise,nur mit Genehmigung des Verlages
www.neufeld-verlag.de / www.neufeld-verlag.ch
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Vorwort zur dritten Auflage
»Ein Haufen Radikaler«: Vorwort von Stephan Volke
Einleitung: Über die Nachfolge
1. Die Herausforderung des Glaubens
Worship starts now oder: Die Herrlichkeit Gottes und die Schwerkraft meines Alltags
Gottsucher oder: Die Gemeinde als Ort der Begegnung?
Warum ich als Christ nicht für schönes Wetter beten darf
Revolte gegen das Zuviel
»Deine Armut kotzt mich an!«
Würde Jesus bei IKEA einkaufen?
Warum Nächstenliebe mit fairem Handel zu tun hat und Glauben mit dem Spritverbrauch meines Autos
Micha – damals und heute oder: Über den Zusammenhang von Ungerechtigkeit und Glauben
Blickwechsel oder: Sind wir ein Volk von Jammerlappen?
Ansteckende Gesundheit des Glaubens?
Begegnung mit Andy
2. Das Evangelium des Anstoßes
Das kastrierte Evangelium oder: Warum wir uns selbst unfruchtbar machen
Die Wahrheitsfalle
Let’s talk about Jesus! oder: Warum es uns so schwer fällt, mit unseren Freunden über Jesus zu reden
Spirituelle Magersucht
Der »Instant Gott«: Bigger, faster, better, more ...
Neigen wir zur geistlichen Onanie?
Weide meine Schafe – Von geistlichem Fastfood und persönlichen Verdauungsschwierigkeiten
Von Thailand nach Deutschland – Gedanken über Jugendarbeit bis ins Jahr 2019
Wer ist dein Herr? oder: Das fünfte Evangelium
Warum wir uns mehr um die Liebe streiten sollten
Marie – Eine Kurzgeschichte
3. Die Gesellschaft, in der wir leben
Salz und Licht oder: Wie unsere Nachfolge die Gesellschaft verändern kann
Das elfte Gebot: »Du sollst keine Jesusfilme machen«
Second Life – Mein anderes Ich
Deutschland sucht den Superchrist
Die Wissensgesellschaft
Die (christliche) Konsumgesellschaft und der Vorhof der Heiden
Die Rückkehr der Religion – Postmoderne Spiritualität und der Wettlauf zum eigenen Glauben
Massenrausch und Popreligiosität oder: Die Rückkehr des Kreuzes?
Christsein in der Postmoderne – Emerging Church und andere geistliche Aufbrüche
Warum Teilen nicht sexy ist oder: Über die große Kunst, Gerechtigkeit zu leben
Und immer derselbe Traum – Eine Kurzgeschichte im WM-Jahr
4. Der Jesus, dem wir nachfolgen
Das Wunder geschieht in deinen Händen
Von falschen Kleidern, Erwartungen und dem Mut, man selbst zu sein
Spiritualität oder: Auf der Suche nach einer ganzheitlichen Gottesbegegnung
Das Alte Testament, Jesus und unser Denken heute
Dietrich Bonhoeffer – Nachfolge feiern
Michel aus Lönneberga oder: Warum es zu viele Topfchristen gibt
McJesus oder: Wie sieht dein Jesus aus?
Gründer oder Erhalter? Mit Gott Visionen umsetzen
Von der Freiheit des Verzichts
Von Ratten und Leitern – Ausgelaugte Leiter und unselbstständige Gemeinden
Neue Väter braucht das Land – Familien, Väter und Gemeinde
Gemeinde als Ort der Integration und nicht der Ausgrenzung
Neumer und Ort – Heilung
Neumer und Ort – Lobpreis und Regen
Aus Rezensionen zu diesem Buch
Selten habe ich auf ein Buch so viele E-Mails, Briefe und Anrufe bekommen wie zu diesem. Auf der einen Seite sehr viel Zustimmung und Dankbarkeit, was mich natürlich gefreut hat, auf der anderen Seite auch Ärger und Widerspruch, was mich meist auch gefreut hat. Denn das »IKEA-Buch« sollte von Anfang an kein »nettes christliches Buch« zur Ermutigung im Glauben werden, sondern zum Nachdenken anregen und in der Gottesbeziehung herausfordern.
Und dies ist wohl auch bei vielen Leserinnen und Lesern passiert. Besonders gefreut haben mich die Zuschriften von Leuten, die begonnen haben, das Gelesene in ihrem Alltag umzusetzen. Manche haben deshalb nur eine Geschichte pro Woche oder sogar pro Monat gelesen, um den Inhalt dann in Familie, Beruf und Gemeinde umzusetzen. Wahrlich vorbildlich. In vielen Kirchen und Gemeinden wurde das Buch in Hauskreisen gelesen, zu Predigtreihen »verwurschtelt« oder als Grundlage von Gemeindefreizeiten genommen. Ganz nebenbei ist so das Aktivbuch Würdest du bei IKEA einkaufen? entstanden, das vor allem bei der praktischen Umsetzung helfen will. Solche Entwicklungen sind für einen christlichen Autor natürlich traumhaft und erfüllen ihn mit Dankbarkeit.
Würde Jesus bei IKEA einkaufen? ist auch ein (Vor-)lesebuch und es hat mich sehr gefreut, dass viele davon Gebrauch machen. Es hat mir noch mehr Spaß gemacht, selbst öffentlich (und bei YouTube ...) daraus vorzulesen und zu beobachten, wie unterschiedlich die einzelnen Geschichten wirken und wie verschieden das Publikum darauf reagiert. Es ist nun mal ein Unterschied, ob ich beim Ökumenischen Kirchentag oder der freikirchlichen Jesuskonferenz lese. Eines war immer gleich: Es gab viele Gespräche.
Besonders die Geschichte: »Warum ich als Christ nicht für schönes Wetter beten darf« provozierte Reaktionen, von tiefer persönlicher Betroffenheit bis hin zu offenem (und lautem) Widerspruch. Eine Frau aus dem Süden der Republik machte sich sogar die Mühe eine Umfrage in ihrer Gemeinde, und als mich das Ergebnis nicht überzeugte, sogar in ihrer Stadt zu machen. Das Ergebnis: Über 90 Prozent der Befragten waren der Meinung, man könne sehr wohl für schönes Wetter beten. Natürlich kann man und Frau das. Die Frage bleibt trotzdem, ob es immer richtig ist. Spätestens seit Modern Talking wissen wir, dass die Mehrheit nicht immer Recht haben muss.
Und was bleibt zum Schluss? Natürlich die alles entscheidende Frage: »Würde Jesus jetzt bei IKEA einkaufen?« Die Antwort darauf gebe ich nicht; statt dessen hier die Top 7 der besten Antworten von Leserinnen und Lesern auf die »IKEA-Frage«:
7. Wenn der Vater es will, würde Jesus auch bei IKEA einkaufen ... der war ja wohl sogar im Tempel bei den Heuchlern ... oh, oh ... ob‘s die heute da auch noch gibt? ;-)
6. Keine Ahnung, ob Jesus bei IKEA einkaufen würde (natürlich neige ich als Frau zu der Annahme, dass er es tun würde ;)), aber er würde mich bestimmt auf eine Portion Köttbullar einladen. ;)))
5. Na ja ... ich finde, IKEA ist mehr so‘n Frauenladen! Weiß nicht, ob Jesus da so viel Freude hätte! ;)
4. Wie heißt es im Galaterbrief? »Nicht mehr kaufe ich, sondern Christus kauft in mir.« Also, klar geht Jesus bei IKEA einkaufen, jedes Mal, wenn ich mit ihm dahin gehe.
3. Jesus würde gerade bei IKEA einkaufen, denn er liebt die Sünder.
2. Ja, denn die Bibel und IKEA haben Parallelen: Wenn man das Möbelstück ohne die Anleitung bauen will, wird das nie was - wenn man Glauben will, wird das nie was ohne Bibel.
1. Jesus würde, statt einzukaufen, lieber im »Småland« mit den Kindern spielen.
Weitere Antworten sind natürlich herzlich willkommen!
So, nun wünsche ich viel Freude beim Lesen. Gegenüber den ersten beiden Auflagen sind einige Texte aktualisiert worden und vier neue hinzugekommen.
Tobias Faix, im Sommer 2010
Es ist so einfach, alles so zu machen, wie wir es gelernt haben. Es ist so einfach, sich gegen Veränderungen zu wehren und keine neuen Gedanken im Leben zuzulassen. Es ist so einfach, sich auch sein Leben mit Gott so einzurichten, dass es weder uns selbst noch anderen weh tut. Es ist so einfach, aber ist es auch richtig?
Viele Christen leben nach dem Motto: »Ich will so bleiben, wie ich bin«, und meinen dann, dass Jesus ihnen ins Ohr flüstert: »Du darfst«. Aber das ist ein Irrtum. Ich erinnere mich an das Erlebnis eines Freundes, dem ein langjähriger Christ einmal sagte: »Seit mehr als dreißig Jahren stehe ich nun in der Nachfolge!« Mein Freund merkte sofort, dass das sehr ernst gemeint war, denn sein Gesprächspartner stand tatsächlich. Und das sogar still, denn da bewegte sich nichts mehr! Aber ist es das, was Jesus meinte, als er Menschen aufforderte, ihm nachzufolgen?
Zum Glück ist Jesus kein hoher Offizier, der seine Truppe anbrüllt: »Steht bequem!« Genau das Gegenteil ist die Art Jesu. Er sagt: »Kommt mit, lernt von mir.« Das heißt zuerst einmal: »Bleibt nicht, wie ihr seid!«, »Steht nicht rum und auch nicht bequem, sondern seid in Bewegung!«
Es gibt viel zu entdecken, es gibt viel zu tun, also: Lasst uns aufbrechen! Jesus war kein Mensch, der die Bequemlichkeit liebte. Er war ein Radikaler – und die ersten Jünger waren es ebenfalls. Das Wort »radikal« kommt vom lateinischen Wort »Radix« – und das bedeutet »Wurzel«. Verwurzelt sein, ohne unbeweglich zu werden, darauf kommt es im Leben als Christ an. Jesus war kompromisslos in seiner Liebe zu den Menschen. Er war kompromisslos in seinem Urteil über Menschen, die Gesetze über die Liebe, Regeln über die Barmherzigkeit, Richtigkeiten über die Gnade stellen wollten. Auch dieses Urteil war radikal.
Wir müssen wieder neu lernen, radikal zu denken, zu handeln und zu sein. Nachfolge lässt sich nicht regeln, sondern nur leben. Dieses Buch gibt viele Denkanstöße, provozierende Impulse und jede Menge Stoff zum Nachdenken. Ob allen alles gefällt, ist dabei überhaupt nicht wichtig. Oft sind es gerade Gedanken, die weh tun, die uns am besten weiter bringen. Und es ist in der Nachfolge besser, wenn uns mal einer auf die Füße tritt, als dass wir immer auf derselben Stelle stehen und keinen Schritt vorwärts kommen.
Tobias Faix betätigt sich mit diesem Buch als provozierender »Auf-die-Füße-Treter«. Ich brauche so etwas von Zeit zu Zeit.
Ich kann mir kaum etwas Spannenderes und Schöneres vorstellen, als Jesus nachzufolgen. Ich dachte, das ist ein toller erster Satz für dieses Buch. Und es stimmt. Meistens. Nun ja, wenn ich ehrlich bin, dann könnte ich auch schreiben: Manchmal frustriert es mich total, Jesus nachzufolgen. Das ist kein so motivierender erster Satz für dieses Buch. Aber auch das stimmt. Manchmal. Jesus nachzufolgen ist auf alle Fälle spannend, aufregend und verändernd.
Jesus folgen hat erstmal nichts zu tun mit Heiligung oder Jesus ähnlicher werden oder gar so werden wie Jesus. Nachfolgen heißt bei Jesus erstmal, dass die Jünger dahin gehen, wo Jesus auch ist. Ganz, so, wie sie sind, sollten sie ihm damals folgen. Alles stehen und liegen lassen. Arbeit, Familie, Vermögen – alles erstmal egal. Jesus hat Priorität. Da merke ich sofort, dass sich alles in mir zusammenzieht, ich anfange zu argumentieren, dass die heutige Situation anders ist (und das ist sie ja auch) und dass Jesus sicher nicht möchte, dass ich Frau und Kinder sitzen lasse (will er auch nicht). Und ich merke, wie spannungsgeladen das Thema Nachfolge ist. Dass es dabei nicht um eine theoretische Diskussion geht, sondern um mein praktisches Leben und zwar mit allem, was dazu gehört. Und es geht nicht um schnelle Antworten, sondern um ein Ringen auf allen Ebenen. Nachfolge ist ein ganzheitlicher Prozess, der alle Lebensbereiche einschließt, also nicht nur den Sonntagsgottesdienst und den Hauskreis, sondern vor allem Familie, Freunde und Arbeit. Nachfolge lässt sich nicht reduzieren auf Stille Zeit (wir finden keine Bibelstelle, dass Nachfolge sich darüber definiert, wie oft und regelmäßig und intensiv du Bibel liest oder sogar betest), sondern umfasst unser ganzes Leben und uns als ganzen Menschen (Geist, Seele und Leib). Dabei sind wir von einer bestimmten Kultur geprägt und leben in einem konkreten gesellschaftlichen Umfeld. Nachfolge hat auch damit zu tun und hinterlässt da, wo wir gehen, unsichtbare Fußabdrücke, die zu erkennen geben, wem wir nachfolgen und wie sich dies in unserem Leben und bei unseren Mitmenschen auswirkt.
Karl Liebknecht war ein feuriger Kämpfer für den Sozialismus am Anfang des 20. Jahrhunderts und einer der Gründer der Kommunistischen Partei, der 1919 aufgrund dieses Einsatzes zusammen mit Rosa Luxemburg umgebracht wurde. Oft traf Karl Liebknecht sich mit Studenten und linken Genossen zu Diskussionen, um seine Thesen und Visionen mit anderen zu teilen. Seine Anhänger besuchten ihn auch zuhause und als Liebknecht einmal mit einigen von ihnen spazieren ging, nahm er seinen Sohn mit. Karl Liebknecht setzte ihn sich auf seine Schultern, während er redete. Er kam so ins Erzählen und Diskutieren, dass er seinen Sohn ganz vergaß. Sie sprachen hitzig über Gleichheit, Brüderlichkeit und Gerechtigkeit und Liebknecht bemerkte nicht, dass sein Sohn dringend auf die Toilette musste und wild gestikulierte. Schließlich geschah es, sein Sohn pinkelte Liebknecht buchstäblich ins Genick. Der wurde daraufhin so zornig, dass er den Jungen vor den Augen seiner Zuhörer verprügelte.
Wir sollten aufpassen, dass es uns als Christen und Gemeinden nicht genauso ergeht. Dass wir bei all dem, was uns wichtig ist, worüber wir engagiert diskutieren, wofür wir Zeit und Geld investieren, nicht das praktische Handeln vergessen. Ich merke, wie leicht es mir fällt, Missstände anzuprangern und spannende Diskussionen zu führen – und wie schwer, das Diskutierte im Alltag zu leben. Veränderung beginnt mit Erkenntnis, mit einer Bewusstseinserweiterung (Römer 12,2) und führt dann zu verändertem Handeln (Matthäus 5–7). Denken und Handeln sind beide wichtig und gehören zusammen, sollen und können nicht getrennt werden.
In der Nachfolge kommt es immer wieder zu Problemen. Probleme, die für mich kaum überwindbar sind. Ich möchte als Nachfolger Jesu radikal leben, alles verlassen, Wunder erleben und die Herrlichkeit Gottes soll täglich in ihrer ganzen Fülle über mich ergossen werden (natürlich bleibe ich dabei demütig, erwähne das höchstens ganz nebenbei). Gleichzeitig möchte ich ein sehr guter Ehemann und Vater sein. Immer da sein, kreativ und motivierend, ein Vorbild für die eigene Familie. Denn ich weiß: Das Reich Gottes beginnt in der Familie. Als Familienvater biete ich meinen Kindern, was sie brauchen, erziehe sie nach christlichen Maßstäben zu selbstständigen Persönlichkeiten. Da kollidiert dann leider freiwilliger Verzicht mit dem Wunsch nach Markenklamotten, und auch ich möchte mir ab und zu etwas gönnen (ein Apple-Notebook zum Beispiel), bekomme aber ein schlechtes Gewissen, wenn ich an die Millionen hungernder Kinder denke (dass diese Gedanken ausgerechnet im Computerladen verschwunden sind, muss ein Zeichen sein!).
Was tun? Das Paradox der christlichen Nachfolge liegt manchmal wie Blei über meinem Leben und doch weiß ich, dass dies eine kreative Spannung ist, die ich auf Erden niemals auflösen werde. Jesus sagt seinen Nachfolgern, dass das Reich Gottes auf dieser Erde mit ihm begonnen hat, aber noch nicht vollendet ist. Nachfolge heißt ein Leben im Jetzt und Noch-nicht. Ein Leben voller Spannungen, im Paradox des Glaubens. Ein Leben zwischen der vollkommenen Erlösung Christi und der Sündhaftigkeit unseres eigenen Lebens. Ein Leben zwischen heiligen Momenten und zerstörendem Egoismus. Zwischen heilender Gemeinschaft und heillosem Streit. Nachfolge zwischen dem Geschenk des Glaubens und dem Leben dieses Glaubens in unserem Alltag.
Jesus hat diese Spannung selbst in sich getragen, indem er ganz Gott und ganz Mensch war. Wir sind nur Menschen und das macht es manchmal schwierig. Aber wir sind auch Erlöste. Erlöste, die mit beiden Beinen in der Wirklichkeit dieser Welt stehen.
Wer für diese Spannungen schnelle Antworten und platte Wahrheiten erwartet, der wird mit Sicherheit enttäuscht werden. In diesem Buch soll zum Nachdenken angeregt, sollen Impulse gegeben und auch mal kritisch nachgefragt werden. Es geht dabei nicht darum, jemanden persönlich, eine Gemeindeform oder gar einen bestimmten Frömmigkeitsstil in ein schlechtes Licht zu rücken. Sondern es geht darum, Einseitigkeiten aufzudecken und zu hinterfragen. Dabei nehme ich mich selbst in die Pflicht, meine eigene Glaubensgeschichte, meine Suche nach Spiritualität und Gottesbegegnung und mein Verhältnis zu der Kultur und Gesellschaft, in der ich lebe. Dabei geht es immer um die Frage der Nachfolge, zum einen persönlich, aber auch als Gemeinde und Kirche. Dass ich dabei nicht neutral bin oder die Wahrheit für mich gepachtet habe, versteht sich von selbst. Diese verschiedenen Texte sollen im besten biblischen Sinne prophetisch sein, zur Nachfolge ermutigen und ermahnen. Sie sollen Mut machen, diesem Jesus zu vertrauen, und zum Ärgernis werden, wo wir mehr zum Pharisäertum neigen als zum Jüngersein. Ich selbst stehe zumindest in dieser Gefahr. Auf alle Fälle sollen sie inspirieren, diesem Jesus alles zuzutrauen, und zu einer ganzheitlichen Nachfolge herausfordern.
Dabei ist dieses Buch in vier Bereiche aufgeteilt. Diese Einteilung ist nicht streng dogmatisch, sondern dynamisch zu verstehen. Nachfolge hat verschiedene Facetten, die sich immer wieder überschneiden und ergänzen. Zu Beginn geht es um die Herausforderung des Glaubens – auch auf die Schwächeren in der Gesellschaft zu sehen, sich nicht nur im eigenen Mikrokosmos um sich selbst zu drehen, sondern den Kopf zu heben und die Verantwortung für seinen Nächsten wahrzunehmen. Im zweiten Teil sehen wir uns das Evangelium des Anstoßes näher an: Nachfolge bedeutet auch, sich hinterfragen zu lassen, nicht nur mit dem frommen Mainstream zu schwimmen, sondern die eigene Prägung und das eigene Verhalten kritisch zu betrachten. Danach dreht sich alles um die Gesellschaft, in der wir leben. Wer beeinflusst eigentlich wen? Wir Christen die Gesellschaft oder doch eher umgekehrt? Im letzten Teil des Buches geht es dann um den Jesus, dem wir nachfolgen. Wie sieht unser Jesusbild aus? Woher kommt das eigentlich? Wie sehen und erleben wir ihn und was können wir von Jesus erwarten und lernen? Dieser Jesus, der so vielfältig ist, sanftmütig, scharfzüngig, mitfühlend, ehrlich, herausfordernd, voller Liebe, ermutigend und geduldig.
Ich folge ihm schon eine ganze Weile nach und habe darüber in den letzten paar Jahren immer wieder kleinere Texte, Kolumnen oder Kurzgeschichten geschrieben. Manche wurden schon veröffentlicht (im »dennoch«-Magazin), andere habe ich erst jetzt geschrieben. Jeder Beitrag steht für sich und doch ergeben sie gemeinsam ein Ganzes.
Jesus immer wieder neu zu begegnen, sich neu hinterfragen zu lassen und das Ergebnis im Leben umzusetzen, das wünsche ich mir und dir beim Lesen dieses Buches. In diesem Sinne hoffe ich auf ein anregendes Lesen!
Tobias Faix, Marburg
»Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!«
Jesus in Matthäus 25,40
»Nur wer gegen die Armut kämpft, die die Armen demütigt und erdrückt, kann sagen, er halte zu den Armen.«
Leonardo Boff
Gottes Größe und Herrlichkeit haben kein Ende, sie sind einmalig, die Macht und Kraft seiner Auferstehung wird in uns Christen sichtbar. Gott ist der Schöpfer dieser Erde, ja des ganzen Universums. Nichts ist ihm unmöglich und denen, die ihm nachfolgen! Halleluja! »Ich geb mich ganz hin und sage: Ich liebe dich!« Ja, das will ich, ganz, mit allem, was ich habe und bin – immer, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jeder Minute meines Lebens!
Ich fühle mich beschissen! Was für ein katastrophaler Tag: Schlecht gelaunt aufgewacht, auch noch verschlafen. Zu spät in der Arbeit angekommen, nicht gefrühstückt. Ärger wegen der Verspätung. Streit mit Freunden. Das Missverständnis mit der Freundin vom Vortag kann in der Pause nicht geklärt werden. Lasse die schlechte Laune an Bernd, diesem Arsch, raus, der mich bösartig darauf hinweist, dass er von einem bekennenden Christen etwas anderes erwartet hätte. Ich hasse mich selbst, bin enttäuscht, dass der Kreislauf der christlichen Frustration wieder voll zugeschlagen hat.
Karikiert? Überzogen? Vielleicht ein bisschen. Aber kennst du ihn nicht, den Kreislauf der christlichen Frustration? Du hörst eine Predigt, bist auf einem Großtreffen, begegnest Gott in der Anbetung. Dir wird etwas klar, Gott redet zu dir. Du sagst dir: »Ja, ab heute wird alles anders, oder zumindest das mit dem Gebet bekomme ich auf die Reihe!« und dann, drei Tage später, ist wieder alles beim Alten. Du möchtest mit Jesus »Hütten« bauen und musst doch wieder runter in den erbärmlichen Alltag deines normalen Lebens.
Warum? Warum nehmen wir uns etwas vor und dann klappt es doch nicht? Warum zieht uns die Schwerkraft des Alltags immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, wo wir doch viel lieber entrückt, dem Himmel so nahe, beim Herrn sein möchten? Da, wo Friede, Liebe und Anbetung einen umgeben und nicht Enttäuschung, Frust und Lieblosigkeit.
Was sind die Gründe eines solchen Dualismus? Zum einen gehören wir auf diese von der Schwerkraft regierte Welt! Genau dahin hat uns Jesus gesandt (Johannes 17), als Sünder unter die Sünder. Das ist unser Platz, das ist unser Kampf, ob wir das wollen und gut finden oder nicht. Es ist sein Plan. Punkt.
Zum anderen sitzt in mir und in so manch anderem die tiefe Sorge: »Ich komme zu kurz!« Dieser kleine Gedanke hat große Auswirkungen: Hier spiegelt sich meine ganze Ungläubigkeit ungeschont und fürchterlich wieder. Ich glaube nicht, was ich singe. Ich glaube nicht, was ich in der Bibel lese. Ich glaube nicht, was mir meine Geschwister zusprechen. Sondern ich komme zu kurz, deshalb muss ich mich über andere aufregen. Deshalb muss ich mich darstellen und besser machen. Deshalb muss ich andere, inklusive Gott selbst, anklagen. Obwohl es mir objektiv wirklich gut geht, orientiere ich mich an Menschen, denen es scheinbar besser geht, und nicht an Gottes Wort. Warum nur?