Zehnmal Sternenland: Classic Science Fiction Roman Koffer - Alfred Bekker - E-Book

Zehnmal Sternenland: Classic Science Fiction Roman Koffer E-Book

Alfred Bekker

0,0
6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Titel: (699) Alfred Bekker: Heiliges Imperium Hendrik M. Bekker: Die Entfesselung der Kriegshunde Mara Laue: Der Geist der Maschinen Alfred Bekker/ W.A.Hary: Das Erbe der Altairer Alfred Bekker: Keduan - Planet der Drachen A.F.Morland: Der Fresser Freder van Holk: Sprung über die Lichtschranke Gerd Maximovic: Die Legende vom blauen Planeten W.W.Shols: Planet im Niemandsland W.K.Giesa: Planetentod Jahrtausende in der Zukunft: Die Menschen haben große Teile der Galaxis besiedelt. Manche von ihnen haben sich über lange Zeiträume hinweg so sehr an ihre Umgebung angepasst, dass sie kaum noch als Angehörige derselben Spezies erkennbar sind. Galaktische Reiche rivalisieren um Macht, Einfluss und Vorherrschaft: Das Galaktische Kaiserreich, überzeugt davon, dass der Mensch nicht nur die edelste Schöpfung der Evolution ist, sondern auch, dass er bereits vollkommen ist und nicht in irgendeiner Form manipuliert werden darf. Die Terranische Allianz freier Völker, die sich einst bildete, weil die Traniatische Föderation in einem langsamen Zerfallsprozess den Mitgliedswelten zu schwach wurde. Das galaktische Reich mit der größten Ausdehnung. Wie der Name andeutet, gehört die Erde, Terra, zu den Gründungswelten. Trotz unzähliger Mitgliedsspezies stellen die Menschen und all ihre Abkömmlinge einen Großteil der Bevölkerung. Die Traniatische Föderation freier Welten, der klägliche Rest eines gigantischen Reiches, das lange vor den ersten raumfahrenden Menschen bereits existierte. Heute eher ein Schutz- und Trutzbündnissystem, als eine echte galaktische Größe. Das Kratische Konsortium, ein Bündnisgeflecht von Verbrecherlords, Unterweltbossen und Alleinherrschern. Manche sagen, nirgendwo in der Galaxis sei mehr Verkommenheit finden. Und für diejenigen, die sich keinem von ihnen unterordnen wollen, gibt es nur die Flucht in die Weite des Anarchistischen Raums. Niemand ahnt, dass im Hintergrund Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, die möglicherweise das empfindliche Gleichgewicht der Machtverhältnisse im All für immer verändern werden. Ohne dass das Leben in der Galaxis es weiß, steht die momentane Phase der Ruhe und Ordnung in der Galaxie vor ihrem Ende ... Isaak Sanders ist mitten in die Wirren des Angriffs eines unbekannten Feindes auf Chutala gelandet. Jerel Rimasen wurde zu seinen dratikanischen Brüdern in die Heimat gerufen, denn große Entscheidungen stehen an

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 1180

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker, Wilfried A. Hary, Mara Laue, Gerd Maximovic, W.K.Giesa, Freder van Holk, W.W.Shols, A.F.Morland

UUID: 4ee9dd2f-8747-4652-a071-a317c65ba050
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Zehnmal Sternenland: Classic Science Fiction Roman Koffer

Copyright

Heiliges Imperium

Die Entfesselung der Kriegshunde

Der Geist der Maschinen

Das Erbe der Altairer

KEDUAN - PLANET DER DRACHEN

Der Fresser

SPRUNG ÜBER DIE LICHTSCHRANKE

Die Legende vom blauen Planeten

Planet im Niemandsland

Planetentod

Zehnmal Sternenland: Classic Science Fiction Roman Koffer

Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker, Wilfried A. Hary, Mara Laue, Gerd Maximovic, W.K.Giesa, Freder van Holk, W.W.Shols, A.F.Morland

Dieser Band enthält folgende Titel:

Alfred Bekker: Heiliges Imperium

Hendrik M. Bekker: Die Entfesselung der Kriegshunde

Mara Laue: Der Geist der Maschinen

Alfred Bekker/ W.A.Hary: Das Erbe der Altairer

Alfred Bekker: Keduan - Planet der Drachen

A.F.Morland: Der Fresser

Freder van Holk: Sprung über die Lichtschranke

Gerd Maximovic: Die Legende vom blauen Planeten

W.W.Shols: Planet im Niemandsland

W.K.Giesa: Planetentod

Jahrtausende in der Zukunft: Die Menschen haben große Teile der Galaxis besiedelt. Manche von ihnen haben sich über lange Zeiträume hinweg so sehr an ihre Umgebung angepasst, dass sie kaum noch als Angehörige derselben Spezies erkennbar sind. Galaktische Reiche rivalisieren um Macht, Einfluss und Vorherrschaft:

Das Galaktische Kaiserreich, überzeugt davon, dass der Mensch nicht nur die edelste Schöpfung der Evolution ist, sondern auch, dass er bereits vollkommen ist und nicht in irgendeiner Form manipuliert werden darf.

Die Terranische Allianz freier Völker, die sich einst bildete, weil die Traniatische Föderation in einem langsamen Zerfallsprozess den Mitgliedswelten zu schwach wurde. Das galaktische Reich mit der größten Ausdehnung. Wie der Name andeutet, gehört die Erde, Terra, zu den Gründungswelten. Trotz unzähliger Mitgliedsspezies stellen die Menschen und all ihre Abkömmlinge einen Großteil der Bevölkerung.

Die Traniatische Föderation freier Welten, der klägliche Rest eines gigantischen Reiches, das lange vor den ersten raumfahrenden Menschen bereits existierte. Heute eher ein Schutz- und Trutzbündnissystem, als eine echte galaktische Größe.

Das Kratische Konsortium, ein Bündnisgeflecht von Verbrecherlords, Unterweltbossen und Alleinherrschern. Manche sagen, nirgendwo in der Galaxis sei mehr Verkommenheit finden.

Und für diejenigen, die sich keinem von ihnen unterordnen wollen, gibt es nur die Flucht in die Weite des Anarchistischen Raums.

Niemand ahnt, dass im Hintergrund Entwicklungen in Gang gesetzt wurden, die möglicherweise das empfindliche Gleichgewicht der Machtverhältnisse im All für immer verändern werden.

Ohne dass das Leben in der Galaxis es weiß, steht die momentane Phase der Ruhe und Ordnung in der Galaxie vor ihrem Ende ...

Isaak Sanders ist mitten in die Wirren des Angriffs eines unbekannten Feindes auf Chutala gelandet.

Jerel Rimasen wurde zu seinen dratikanischen Brüdern in die Heimat gerufen, denn große Entscheidungen stehen an.

Copyright

Cover Wolfgang Sigl

Eine Cassiopeiapress Romanzeitschrift: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Folge auf Twitter:

https://twitter.com/BekkerAlfred

Zum Blog des Verlags geht es hier:

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

Heiliges Imperium

von Alfred Bekker

Chronik der Sternenkrieger

Ein CassiopeiaPress E-Book

Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Im Reich der Kridan“.

© 2005,2008,2012 by Alfred Bekker

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)

www.AlfredBekker.de

>+++<

Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.

In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...

Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

>+++<

Das Licht des grünen Jademonds fiel auf die etwa 1,80 Meter große Gestalt, die in der Mauernische wartete. Sie war in einen dunklen Umhang gehüllt, dessen Kapuze tief ins Gesicht gezogen war. Nur die Spitze eines leicht nach unten gekrümmten Schnabels ragte aus der Dunkelheit hervor. Die vierfingrige Krallenhand eines vogelähnlichen Qriid kam unter dem groben Tuch des Umhangs zum Vorschein und raffte ihn etwas zusammen. Ein Geräusch ganz in der Nähe ließ den Qriid für eine Sekunde erstarren.

Die Krallenhand verschwand unter dem Umhang und packte den Handtraser, der darunter verborgen war.

»Bist du derjenige, der den Prediger sucht?«, fragte eine Stimme aus der vollkommenen Dunkelheit der schmalen, von drei- und vierstöckigen Gebäuden umsäumten Gasse.

»Ja«, bestätigte der Qriid und unterstrich seine Antwort mit einem schabenden Laut, den er mit Hilfe des Schnabels erzeugte. Ich bin gekommen, um den Prediger zu töten, fügte er in Gedanken hinzu, denn für Ketzer gibt es keinen Platz im Heiligen Imperium…

*

»Wie ist dein Name?«, fragte die Stimme aus der Dunkelheit.

»Pan-Sen.«

»Du bist Techniker auf dem Kriegsschiff ZORN GOTTES, das derzeit im Orbitaldock von Garinjan gewartet wird.«

Die Krallenhand schloss sich fester um den Handtraser, den Pan-Sen unter seinem Umgang verborgen hatte. Es handelte sich um die gewöhnliche Standardwaffe zur Selbstverteidigung, wie sie unter den Raumsoldaten des Heiligen Imperiums üblich war – nicht um die weitaus wirkungsvollere Ausführung, die von Spezialkräften für Kampfeinsätze am Boden getragen wurden.

»Du bist gut informiert«, stellte Pan-Sen etwas irritiert fest.

»Dein Urlaub auf Garinjan dauert noch zwei Imperiumstage, was dreieinhalb Planetenumdrehungen hier auf Garinjan entspricht«, fuhr die Stimme fort. »Dein Schiff wurde bei dem letzten Einsatz gegen die Menschen schwer beschädigt und musste Lichtjahre weit bis in die Noirmad-Exklave geschleppt werden, weil anscheinend sämtliche Werften des Imperiums derzeit mit dem Neubau und der Reparatur von Kriegsschiffen vollkommen ausgelastet sind!«

Woher kann er so viel über mich wissen?, durchzuckte es Pan-Sen.

Aus der Dunkelheit löste sich jetzt eine Gestalt, die Pan-Sen um etwa eine Haupteslänge überragte.

Der Unbekannte trug einen Druckanzug, dessen metallisch wirkende Beschichtung das Licht des Jademonds reflektierte.

Ein Naarash!, durchfuhr es Pan-Sen. Mit allem hätte ich gerechnet – nur nicht damit!

»Ich bin überrascht«, stellte Pan-Sen fest.

Die Methan atmenden Naarash wurden innerhalb des Imperiums als Transporteure und Händler geduldet, weil die Raumflotte der Qriid gerade in den Zeiten, in denen der Aarriid zur Fortsetzung des heiligen Krieges aufrief, nicht genug Kapazitäten besaß, um den logistischen Voraussetzungen der Kriegswirtschaft gerecht werden zu können. Allerdings waren die Qriid weit davon entfernt, die Methanatmer als auch nur entfernt gleichwertig anzusehen. In den Augen der Vogelartigen hatten sie einen Status, der kaum über dem von Sklaven stand. Misanjij, lautete die Qriid-Bezeichnung für Angehörige dieses Volkes. Das bedeutete nichts anderes als notwendiges Übel.

»Ich werde dich zum Prediger führen«, versprach der Naarash, dessen Helmvisier nicht transparent war. Seine Worte waren in Sprache und Modulation nicht von denen eines Qriid zu unterscheiden.

Die Klangfärbung war ebenso perfekt imitiert wie die Schabegeräusche, die ein Qriid mit seinem Schnabel zu erzeugen vermochte und die häufig in Gesprächen als zusätzliche nonverbale Botschaften eingesetzt wurden, um Aussagen zu unterstreichen oder zu kommentieren.

Die Naarash besaßen ausgesprochen leistungsfähige Translatorsysteme.

Pan-Sen trat einen Schritt näher, die Krallenhand noch immer am Traser. Er traute dem Braten einfach nicht.

»Derjenige, der dieses Treffen vermittelt hat, sprach davon, dass mich jemand namens Tam-Karan zum Prediger führen würde.«

»Ich bin Tam-Karan«, erklärte der Naarash.

»Das ist ein Qriid-Name«, ereiferte sich Pan-Sen.

»Hier in der Noirmad-Exklave ist es seit neuestem erlaubt, dass Naarash Namen tragen, die dem Namenskodex des Heiligen Imperiums entsprechen.«

Pan-Sen war zum ersten Mal auf einer Welt der Noirmad-Exklave, einem Gebiet, das etwas abseits des von den Qriid besiedelten Bereichs lag. Hier gab es besonders viele Naarash, was damit zusammenhing, dass sich in diesem Sektor innerhalb der letzten dreißig Imperiumsjahre ein Zentrum der Raumfahrt-und Kriegsindustrie entwickelt hatte. Auf vielen Planeten der Noirmad-Exklave gab es einen besonders hohen Anteil an schweren Elementen und seltenen, für die Qriid-Technik wichtigen Isotopen. Die Rohstoffvorkommen hatten zu den Industrieansiedlungen geführt und die waren der Grund für das hohe Aufkommen an Raumfrachtverkehr, das wiederum die Naarash auf den Plan gerufen hatte.

Vielleicht sind die Verhältnisse hier einfach etwas anders als zu Hause, dachte Pan-Sen.

Zu Hause – das war in seinem Fall Sagunta, der etwa merkurgroße Mond der Qriid-Hauptwelt Qriidia. Sagunta glich einem von Qriidianischen Steinwürmern durchlöcherten Felsen. Der atmosphärelose Mond war eine einzige Flottenbasis. Die Anlagen waren allesamt unter der Oberfläche, wo sich darüber hinaus auch die Wohnungen von mehreren Hundert Millionen Flottenangehörigen und ihrer Familien befanden.

Auf Sagunta hatte es nicht einen einzigen Naarash gegeben.

Aus Sicherheitsgründen durften ihre Schiffe diesen Mond nicht anfliegen.

Alle Waren, die nach Sagunta gebracht wurden, mussten zunächst auf der Hauptwelt Qriidia mit ihrer strahlenden Hauptstadt Qatlanor umgeladen und dann von flotteneigenen Transportern weitergeleitet werden.

Auch wenn es nie einen Grund dafür gegeben hatte, die Naarash pauschal des Verrats zu verdächtigen, so hatte sich das Misstrauen des Oberkommandos der Flotte in diesem Punkt wohl doch durchgesetzt.

»Folge mir jetzt«, forderte der Naarash.

*

Sol-System, Erd-Orbit…

Commander Rena Sunfrost, Captain des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER, betrat Konferenzraum C auf Spacedock 13.

Admiral Norman Fabri und Commodore Tim Bray Jackson – Renas direkte Vorgesetzte – befanden sich im Raum und hatten am Ende des langen Tisches Platz genommen, der in der Mitte stand.

Eine der Wände war teilweise transparent, sodass man einen atemberaubenden Panoramablick auf die Erde und die näheren Orbitalstationen hatte.

Rena nahm Haltung an.

»Rühren«, sagte Commodore Jackson trocken. Sein Kopf war auf Grund einer Verstrahlung, die er während der inzwischen schon legendären Raumschlacht im Tridor-System erlitten hatte, vollkommen haarlos. Elf irdische Standardjahre war es nun schon her, dass die Kriegsraumer des Space Army Corps der Humanen Welten dem Ansturm der vogelähnlichen Qriid getrotzt hatten, bis deren Angriffswelle verebbt war.

Jahre eines unerklärten Waffenstillstands hatten sich daran angeschlossen.

Ein Zustand, der wohl am treffendsten als »kalter Krieg« bezeichnet werden konnte.

Seit einiger Zeit jedoch war dieser Konflikt erneut in alter Heftigkeit aufgeflammt. Mit ihrem jüngsten Vorstoß zum Wega-System waren die Qriid tief ins Herz der Humanen Welten vorgedrungen.

Die militärische Lage war Besorgnis erregend.

»Setzen Sie sich, Commander«, sagte Commodore Jackson und deutete auf die Reihe der freien Schalensitze auf Renas Seite des Konferenztisches.

»Ja, Sir«, antwortete Rena und nahm Platz.

Jackson lehnte sich etwas zurück und wechselte einen kurzen Blick mit Admiral Fabri. Der nickte knapp.

Anschließend wandte sich Jackson wieder Rena zu und meinte: »Sie werden sich gewiss etwas über die Umbaumaßnahmen an Bord der STERNENKRIEGER gewundert haben.«

»Das können Sie laut sagen, Sir«, bestätigte Rena. »Meines Wissens ist die STERNENKRIEGER jetzt das einzige Schiff im Space Army Corps, dass über so eine Konstruktion aus ultraleichten Karbonstangen verfügt, mit denen man eine Art Zelt aus Aluminiumfolie auffächern kann!«

Jackson lächelte und selbst Admiral Fabri konnte nicht umhin, wenigstens verhalten zu schmunzeln.

»Die Mission, die für die STERNENKRIEGER vorgesehen ist, unterliegt strengster Geheimhaltung«, erklärte Jackson schließlich. »Darum war es bisher nicht möglich, Sie und Ihre Besatzung über den Sinn dieser Maßnahmen zu informieren. Ich werde das aber heute nachholen. Inzwischen haben wir nämlich von politischer Seite grünes Licht. Der Humane Rat ist damit einverstanden, dass Sie tief ins Gebiet der Qriid vorstoßen. Zur Tarnung war es daher notwendig, das Äußere der STERNENKRIEGER so zu verändern, dass es Ihnen möglich ist, einen von Qriid besiedelten Planeten anzufliegen, um dort Kontakt mit sechs Dissidenten aufzunehmen und die Möglichkeiten einer effektiven Zusammenarbeit auszuloten.«

Rena hob erstaunt die Augenbrauen.

»Es gibt Dissidenten im Qriid-Imperium?«, fragte sie verwundert. »Bislang machte ihre politische Struktur doch eher den Eindruck eines monolithischen Blocks – abgesehen vielleicht von vagen Hinweisen auf ein paar Rivalitäten zwischen Militär und Priesterschaft.«

Ein verhaltenes Lächeln erschien auf Tim Bray Jacksons Gesicht. »Das entsprach der Außenansicht«, erklärte er. »Seit wir Dank Ihrer Mission im Tardelli-System die sieben Monde von Heptagon als Relaisstation eines vorgeschobenen Horchpostens verwenden können, haben wir viele Erkenntnisse über die innere Struktur des Qriid-Imperiums hinzugewonnen. So hat sich beispielsweise der Verdacht bestätigt, dass die Wiederaufnahme der Kampfhandlungen durch die Qriid mit der Auswahl eines neuen Aarriid durch die Priesterschaft in Zusammenhang steht. Der Aarriid ist ja dem Glauben der Qriid nach Stellvertreter und Stimme Gottes im Universum. Stirbt er, bedeutet dies auch zunächst ein Ende des Heiligen Krieges bis ein Nachfolger bestimmt ist, was offenbar manchmal viele Jahre dauern kann.«

»Geschah dies auch vor elf Jahren, als die Qriid sich nach der Schlacht um Tridor plötzlich zurückzogen, obwohl es dafür militärisch gesehen eigentlich keinen zwingenden Grund gab?«, hakte Rena nach. Eine Frage, die sie schon seit langem beschäftigt hatte.

»Die bisher gewonnenen Informationen deuten genau in diese Richtung«, nickte Jackson.

Dann hatte ich mit meiner Vermutung also Recht, ging es Rena durch den Kopf. Der damalige Sieg über die Qriid hatte nichts mit der Stärke des Space Army Corps zu tun, sondern damit, dass für die Vogelartigen zwischenzeitlich die theologische Legitimation des Krieges in Frage gestellt war.

»Dann waren die diplomatischen Bemühungen von Botschafter Aljanov im Bannister-System also von vorn herein zum Scheitern verurteilt«, stellte Sunfrost fest.

Jackson nickte. »Ja, zumindest in dem Augenblick, als die Priesterschaft einen neuen Aarriid bestimmt hatte, denn das herrschende Dogma des Qriid-Glaubens besteht darin, dass in diesem Fall die Fortsetzung des Heiligen Krieges zwingend vorgeschrieben ist. Sie sehen sich als das auserwählte Volk, das von Gott die Mission erhielt, sein Heiliges Imperium bis in die Unendlichkeit hinein auszudehnen. Allerdings haben wir durch Entschlüsselung der Funkdaten auch erfahren, dass es offenbar vor allem in längeren Phasen des Interregnums – und damit des Friedens! – immer wieder Abweichler gab, die als Ketzer bezeichnet wurden. Qriid, die sich offenbar an die Annehmlichkeiten des Friedens gewöhnt hatten und weit weniger bereit waren, ihr Leben und ihre Kraft dem Dienst am Imperium zu opfern, als es Priesterschaft und Militär für richtig hielten.«

»Hatten diese Ketzerbewegungen denn jemals auch nur den Hauch einer Chance, sich gegenüber der Zentralgewalt durchsetzen zu können?«, fragte Sunfrost ziemlich skeptisch.

Jackson hob die Schultern. Mit einer schnellen Handbewegung strich er sich über den völlig haarlosen Kopf, auf dem sich das Licht spiegelte.

»Noch existiert im gesamten Einflussbereich der Humanen Welten nicht ein einziger Experte für Qriid-Geschichte, der diese Bezeichnung auch verdienen würde, aber die Geheimdienstspezialisten im Heptagon-System sammeln ständig weitere Daten, die sich irgendwann sicherlich zu einem historischen Abriss verdichten lassen. Wir wissen jedenfalls, dass es vor fünfhundert Standardjahren einen Planeten namens Gesarimoa gegeben hat, auf dem offensichtlich eine starke Ketzerbewegung den Großteil der Bevölkerung erfasst und in ihrem Sinne beeinflusst hatte.«

»Was geschah?«

»Der Planet wurde vollkommen verwüstet und ist heute nichts anderes als ein atmosphäreloser, verstrahlter Gesteinsbrocken am Rande des Qriid-Gebietes. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass diese Geschichte den Tatsachen entspricht, allerdings hat die gegenwärtige Führung des Imperiums offenbar ein großes Interesse daran, die Erinnerung an die Ereignisse von Gesarimoa lebendig zu halten, um künftige Ketzerbewegungen abzuschrecken. Dies scheint jedoch nicht ganz geglückt zu sein.«

Admiral Fabri aktivierte inzwischen einen Bildschirm, auf dem eine Sternenkarte in Pseudo-Drei-D-Qualität entstand.

»Sie sehen hier das Gebiet der Qriid, Commander«, erläuterte Admiral Fabri. Ein bestimmtes Areal war farbig markiert. Es lag etwas außerhalb des relativ geschlossenen Bereichs, den die Qriid zu ihrem heiligen Imperium zählten.

»Dies hier ist die Noirmad-Exklave – ein Gebiet, das noch nicht allzu lange zum Imperium gehört, aber dennoch eine Reihe von enorm wichtigen Industriewelten beherbergt. Wir haben Grund zur Annahme, dass sich dort in den letzten Monaten eine Ketzerbewegung unter Führung eines geheimnisvollen Anführers etabliert hat, der sich bislang einfach nur der Prediger nennen lässt. Der Qriid-Geheimdienst scheint diese Bewegung sehr ernst zu nehmen, hatte aber bislang noch keinen Erfolg damit, ihren Anführer auszuschalten.«

Commodore Jackson schob Sunfrost einen Datenträger über den Tisch und ergänzte: »Hier finden Sie alle nötigen Angaben. Die Datensammlung bezüglich des Predigers und seiner Bewegung sind auf dem letzten Stand unserer Erkenntnisse. Aber bedenken Sie bitte, dass die noch immer sehr spärlich und möglicherweise auch fehlerhaft sind. Schließlich stammt das Meiste, was wir an Informationen über die Ketzer-Bewegung besitzen, von ihren erbitterten Gegnern und ist dementsprechend tendenziös.«

»Ist etwas Genaueres über die Ziele dieser Bewegung bekannt?«

»Sie argumentieren natürlich theologisch, wie man das innerhalb des Qriid-Imperiums auch erwarten kann. Vor allem behaupten Sie, dass die herrschende Priester-Kaste die Überlieferung falsch auslegt und Teile davon bewusst unterdrückt. Für uns ist wichtig, dass sich die Zahl ihrer Anhänger in der Noirmad-Exklave geradezu explosionsartig vergrößert haben muss. Der Prediger scheint den Nerv vieler Qriid zu treffen, die einfach kriegsmüde sind… Elf Jahre Kampfpause haben sie offenbar auf den Geschmack gebracht.«

Rena Sunfrost deutete auf die Sternenkarte. »Wir werden im Sandströmraum den Zentralbereich des Imperiums durchfliegen müssen, um in die Noirmad-Exklave zu gelangen«, gab sie zu bedenken.

Commodore Jackson bestätigte dies. »Das ist vollkommen korrekt, Commander – aber ein Risiko besteht da nur, wenn Sie die Sandström-Passage wider erwartend unterbrechen müssten.«

Er atmete tief durch und fuhr anschließend in gedämpftem Tonfall fort: »Sie wissen ja, was im Wega-System geschehen ist. Es steht nicht gut und die Analysen des Geheimdienstes gehen davon aus, dass wir die Qriid auf lange Sicht gesehen nicht aufhalten können.«

»Man könnte verzweifeln«, mischte sich Fabri ein.

»Während im Humanen Rat gerade eine Vorlage zur Mobilmachung gescheitert ist, sind die Qriid längst dabei, auch die letzten industriellen Reserven für den Krieg zu mobilisieren.«

Rena nahm den Datenträger an sich.

»Ich wünsche Ihnen viel Glück, Commander«, hörte sie Commodore Jackson sagen.

Es klang für Rena wie aus weiter Ferne.

Ein Vorstoß in die Höhle des Löwen lag vor ihr und in ihren Gedanken war sie bereits auf die nächsten notwendigen Schritte konzentriert.

*

Garinjan, Noirmad-Exklave, Heiliges Imperium der Qriid…

Der Naarash führte Pan-Sen durch die engen, verwinkelten Gassen von Sarashtor, einer sich unkontrolliert ausbreitenden Siedlung, die sich um den gleichnamigen Industriekomplex herum gebildet hatte. Der Industriekomplex war auf dem neuesten Stand der Qriid-Technik und produzierte vor allem Traserkanonen jeder nur erdenklichen Größe. Die meisten davon wurden irgendwann in Kriegsschiffe eingebaut, die sich dann in die Weiten des Alls aufmachten, um die Ungläubigen zu vertreiben und das Gebiet des Heiligen Imperiums zu vergrößern. Denn das war der Daseinszweck jenes Volkes, das sich selbst als von Gott auserwählt ansah.

Für etwa ein Dutzend Imperiumsjahre (die der Umlaufzeit des Planeten Qriidia um sein Zentralgestirn entsprachen) hatte Waffenstillstand geherrscht, nachdem der Aarriid gestorben war.

Zwölf lange Imperiumsjahre hindurch hatte Waffenstillstand geherrscht, in der die Priesterschaft nach einem jungen Qriid Ausschau gehalten hatte, der über die spirituellen Eigenschaften von Gottes künftigem Stellvertreter verfügte.

Die genauen Kriterien, nach denen die Priester den neuen Herrscher auswählten, gehörten dabei zu ihrem Geheimwissen.

Aber seit kurzem war die Zeit des Interregnums zu Ende.

Die Flotten der Qriid zogen wieder in die Tiefen des Alls, um Gottes auserwähltem Volk den nötigen Raum zu verschaffen und den einzig wahren Glauben im Universum zu verbreiten. Die Unbelehrbaren mussten vertrieben oder unterworfen werden, denn das war der Heilige Auftrag, dem das Imperium seine Existenzgrundlage verdankte.

Pan-Sen folgte dem Naarash in einen Hinterhof, der – wie die gesamte Stadt – nur sehr spärlich beleuchtet war.

Tam-Karan führte den Raumsoldaten der Qriid-Flotte zu einer Tür.

Kurz blinkte an dem Druckanzug des Naarash ein Kontrolllämpchen auf. Wahrscheinlich sendet er mit Hilfe des Helmfunks ein Identifikationssignal, schloss Pan-Sen.

Im nächsten Moment glitt die Tür zur Seite. Tam-Karan trat ein. Der Qriid folgte ihm.

Innen herrschte ein diffuses Halbdunkel.

Nur ein vergleichsweise schwaches Leuchtaggregat spendete gerade genug Licht, um sich orientieren zu können.

Eine weitere, ebenfalls mit einem Zugangscode gesicherte Tür führte zu einem langen, schmalen Korridor. Nach dem Pan-Sen und Tam-Karan ihn bis zum Ende passiert hatten, erreichten sie einen Lastenaufzug.

Pan-Sen zögerte, ehe er dem Naarash in den Aufzug folgte.

»Wo geht es hin?«, erkundigte er sich.

Tam-Karan gab bereitwillig Auskunft. »Die Anhänger des Predigers sind darauf angewiesen, sich an verborgenen Orten zu treffen. Du wirst davon gehört haben, wie erbarmungslos uns die Geheimpolizei des Imperiums verfolgt.«

»Ja, allerdings.«

Uns!, echote es in Pan-Sens Bewusstsein wider. Er hat ›uns‹ gesagt – was bedeutet, dass er sich selbst als einen Anhänger des Predigers empfindet. Welche Ketzerei! Der Angehörige eines Dienervolkes auf einer Stufe mit den Auserwählten, denen Gott das Universum versprach! Ist nicht allein das schon Blasphemie der übelsten Sorte?

»Du kommst nicht von hier – darum kannst du es nicht wissen«, sagte der Naarash.

»Wovon sprichst du?«

»Davon, dass es in diesem Gebiet zahllose unterirdische Stollen und Gänge gibt. Überbleibsel der Hiralium-Bergwerke, die aber nicht mehr benötigt werden, seit dieses Mineral für den Überlichtantrieb der Kriegsschiffe keine Verwendung mehr findet.«

Pan-Sen öffnete leicht den Schnabel. Er kannte den Begriff »Hiralium« nur noch aus den Geschichtsbüchern. Insbesondere aus Veröffentlichungen, die sich mit der historischen Entwicklung der Qriid-Flotte und technischen Einzelheiten des Heiligen Krieges beschäftigten, den das Imperium mit manchmal jahrzehntelangen Unterbrechungen führte, so lange es existierte. Er hatte während seiner Ausbildung auf der Heiligen Flottenakademie für angehende Tanjaj, wie die Raumsoldaten der Qriid genannt wurden, davon gehört und wusste daher, dass es schon fast dreißig Imperiumsjahre nicht mehr in Gebrauch war.

»Das Labyrinth der unterirdischen Gänge ist viel größer als die gesamte Stadt Sarashtor«, erklärte unterdessen Tam-Karan. »Bis zu vierzig Stockwerke tief geht es hinab. Damals wohnten sogar Teile der Bergmannschaften hier unten in provisorischen Quartieren. Besonders in Hochphasen des Krieges, wenn das Produktionsvolumen bis aufs Letzte ausgereizt wurde.«

»Verstehe«, zischte Pan-Sen aus seinem Schnabel heraus und erzeugte anschließend ein leichtes Schaben.

»Es ist fast unmöglich, uns dort unten aufzuspüren. Und wenn doch, ziehen wir uns eben in noch tiefere Schächte zurück.«

Pan-Sen folgte Tam-Karan nun endlich.

Der Fahrstuhl fuhr abwärts.

Minutenlang.

Schließlich stoppte er.

Die Tür öffnete sich und Pan-Sen trat mit dem Naarash in einen halbdunklen Korridor. An der Decke hingen Fluoreszenzröhren, von denen etwa die Hälfte noch funktionierte.

Eine feuchte Kühle herrschte hier unten, die Pan-Sen als unangenehm empfand. Schließlich war er nur die klimatisierten Räume auf Kriegsschiffen oder in den Anlagen des Qriidia-Mondes Sagunta gewohnt. Und du klagst darüber, für Monate oder Jahre nicht mehr an der Seite deiner Eierlegerin liegen zu können und dir des Nachts stattdessen eine Koje mit anderen Tanjaj teilen zu müssen, die ihre Pflicht als Gotteskrieger erfüllten und gegen die ungläubigen Heiden kämpften. Was haben jene Qriid erdulden müssen, die vielleicht Jahrzehnte hier unten zubrachten, und in den Hochphasen des Krieges vermutlich nichts anderes kannten, als Hiralium zu fördern und zu schlafen.

Der Heilige Krieg forderte Opfer.

Von jedem einzelnen Gläubigen. So lauteten die Lehrsätze, die immer wieder von den Priestern verkündet wurden. Der Einzelne war unbedeutend. Es zählte das Imperium und der große Auftrag, die Mission, die das auserwählte Volk notfalls gegen alle anderen zu erfüllen hatte.

Nachdem sie eine Weile gelaufen waren, stutzte Pan-Sen plötzlich.

Dumpfer, fast röhrender Gesang mit scharfen, krächzenden Obertönen drang an sein Ohr. Ein Gesang, wie er ansonsten in den Tempeln der Qriid-Priesterschaft in ähnlicher Form zu hören war. Es gab bei diesen Gesängen keine Texte. Sie dienten lediglich als akustisches Mantra der inneren Versenkung und der Hinwendung zu Gott, dessen Stimme jeder Gläubige in sich selbst entdecken sollte.

Der Naarash wandte den Kopf etwas. Es war unmöglich zu erkennen, was sich hinter dem Visier seines Helms abspielte.

Aber Pan-Sen hatte den Eindruck, gemustert zu werden.

»Der Gesang…«, murmelte der Qriid.

»Wir sind keineswegs Ungläubige, wie du vielleicht erwartet hast, Pan-Sen!«

»Du sprichst, als würdest du dazu gehören und nicht nur…«

»…Dienste verrichten?«

»Ja.«

»Der Prediger macht keinen Unterschied zwischen Qriid und Naarash. Seine Friedensbotschaft gilt für alle Bewohner des Imperiums, gleichgültig welcher Spezies sie angehören.«

»Aber wir Qriid sind das auserwählte Volk, ihr Naarash bestenfalls geduldete Heiden!«

»Der Prediger sagt, dass Gott überhaupt kein Volk auserwählt hat und dass der Kult des verborgenen Gottes, dem wir Naarash anhängen, in keinerlei Widerspruch zum Glauben an jenen Gott steht, den die Qriid als Herrn und Schöpfer des Universums ansehen.«

Wenig später führte der Naarash den Qriid in ein hallenartiges Gewölbe. Es gab hier nur noch sehr wenige funktionierende Fluoreszenzröhren. Fackeln brannten und tauchten den Raum in ein ganz besonderes, sehr weiches Licht.

Etwa zweihundert Personen befanden sich hier – die meisten davon waren zweifellos Qriid, aber hin und wieder reflektierte auch die metallische Oberfläche eines Naarash-Druckanzugs das flackernde Licht.

Ein hoch gewachsener, gemessen am Durchschnitt seiner Spezies sehr großer Qriid stand in der Mitte auf einem angerosteten Metallcontainer, der gut zwanzig Qriid-Schritte lang und zehn Qriid-Schritte breit war.

Dieser Behälter hatte ursprünglich zum Transport von Werkzeugen gedient.

Jetzt hatte der Prediger ihn zu seiner Bühne umfunktioniert.

Der Gesang im Hintergrund verstummte.

Der falkenhafte Kopf wandte sich langsam seitwärts und ließ dabei den Blick über die Zuhörer schweifen, die allein von der Anwesenheit dieses Qriid vollkommen fasziniert zu sein schienen.

Eigenartig, dass mich niemand nach Waffen durchsucht hat, ging es Pan-Sen durch den Kopf. War diese Ketzer-Bewegung des geheimnisvollen Predigers wirklich so naiv? Aber warum sahen dann sowohl die Priester als auch die militärische Führung der Tanjaj in ihr eine derart große Gefahr, dass man den selbst ernannten Propheten dieser Bewegung wie einen Staatsfeind jagte?

Es war so leicht hier her zu gelangen und zu ihm vorzudringen, durchfuhr es Pan-Sen. In seinem Inneren rumorte es. Gedanken durchzuckten sein Hirn. Ein kaum entwirrbares Knäuel aus Erwägungen, Überlegungen, Schlussfolgerungen.

Mit Mühe unterdrückte der Vogelartige einen geräuschvollen Ausstoß von Magengasen, die auf Grund der Tatsache, dass die Qriid sich fast ausschließlich von Fleisch ernährten, einen aasigen Geruch verbreiteten.

Ich hätte auf meinen Magen hören sollen, dachte Pan-Sen.

Auf meinen Instinkt. Irgendetwas ist hier nicht so, wie es sein sollte!

Den Handtraser hielt er noch immer unter dem Umhang verborgen.

Eine schnelle Bewegung reichte, um diesem Spuk ein Ende zu machen und dem Imperium einen großen Dienst zu erweisen. Es ist deine Pflicht, sagte eine Stimme in ihm.

»Es ist eine Lüge, dass es Gottes Wille sei, den Krieg bis in alle Ewigkeit fortzusetzen«, erhob sich die Stimme des Predigers. »Die Priester sagen, so stünde es in den Heiligen Büchern unserer Überlieferung. Aber sie unterschlagen dabei, dass sie selbst diesen Kanon inspirierter Schriften zusammengestellt haben. Die unterdrückten Apokryphen hingegen sagen etwas ganz anderes. Sie sprechen von der Liebe Gottes und davon, dass jedes Individuum nur Gott gehört, aber nicht einem Moloch wie dem Imperium, das rücksichtslos die Leben von Milliarden Soldaten wegwirft.

Immer wieder werden sie in ihren Raumschiffen in die Ferne geschickt, um Leid und Unheil über fremde Völker zu bringen. Aber zu allererst bringen sie Leid und Unheil über sich selbst. Über jedes einzelne Qriid-Leben, das da draußen im Raum vergeudet wird. Statt dass wir unser Wissen vermehren und uns an der Schöpfung Gottes freuen, statt dass wir unsere Jungen schlüpfen und aufwachsen sehen und ihnen zeigen, was es heißt, sich des Lebens zu freuen und Glück zu empfinden, ohne anderen das Glück zu nehmen, schickt uns der Tanjaj-Mar, der Oberbefehlshaber der Gotteskrieger, wie sie fälschlicherweise genannt werden, in immer neue Schlachten. Mögen diese im fernen Raum toben oder in den Produktionshallen irgendwelcher Industrieanlagen, die des Krieges wegen am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten müssen. Ist es richtig, dass ein Qriid sein persönliches Glück dem Imperium und dem Heiligen Krieg zu opfern hat? Ich sage Nein. Das Streben nach Glück ist keineswegs gegen die Gebote Gottes. Ich sage es und ich sage damit nur das, was schon unsere Vorfahren wussten, die die Apokryphen niederschrieben – jenen Teil der Überlieferung, der nicht weniger von Gottes Geist inspiriert worden ist, als die Heiligen Bücher, aber von der Priesterschaft in schändlicher Weise unterdrückt wurde.« Der Prediger machte eine rhetorische Pause. Wieder ließ er den Blick seiner grauen, falkenhaften Augen über die Zuhörerschaft schweifen.

»Das Universum ist kein Ort des Bösen. Es ist ein Ort wimmelnden Lebens, geschaffen für die Geschöpfe Gottes. Leben wir im Einklang mit der Ordnung, die der Herr geschaffen hat, und nicht gegen sie, so wie wir es seit Jahrtausenden getan haben.« Er hob mit einer beschwörenden Geste die Krallenhand und rief: »Die Priester nennen uns Ketzer – ich aber sage euch, sie selbst sind Ketzer und haben den wahren Glauben verraten. Sie sagen uns, wir werden das Imperium zu Grunde richten. Ich aber sage euch, sie selbst erschüttern es in seinen Grundfesten, weil sie Gottes Wort beugen, wie es ihnen gefällt. Sie sagen euch, ihr hättet kein Recht auf persönliches Glück, auf die Liebe einer Eierlegerin, auf das Quieken der frisch geschlüpften Jungen, auf ein einfaches Leben in Harmonie und Zufriedenheit! Ich aber sage euch, ihr habt jeden Anspruch darauf, nach Glück zu streben und mehr zu sein als Werkzeuge in einer monströsen Maschinerie des Krieges.«

Pan-Sen hing am Schnabel dieses begnadeten Redners, dessen Worte eine Saite ganz tief in seiner Seele berührten.

Denn ganz tief in seinem Inneren konnte er einfach nicht anders, als dem Prediger zuzustimmen. Auch er war den Krieg leid. Die Jahre des Friedens mochten daran schuld sein. Darum hassten die Kommandanten der Tanjaj den Frieden wie die graue Pest von Shedemenia. Der Frieden, so predigten die Kommandanten, machte träge und verstärkte nur die unersättliche Gier nach Glück.

»Meister, wer bist du?«, fragte einer der Anwesenden. »Nie hast du uns deinen Namen gesagt. Überall kennt man dich nur als ›den Prediger‹«

Eine Pause entstand.

Stille herrschte.

Sekundenlang hätte man den zwei Zentimeter großen und nur wenige Milligramm wiegenden Panzer eines ausgelutschten Qriidianischen Hsirr-Käfers aus einem Qriid-Schnabel zu Boden fallen hören können.

Dann fuhr der Prediger fort.

»Nennt mich fortan Ron-Nertas«, sagte er.

Ron-Nertas – der Friedensbringer, durchzuckte es Pan-Sen.

»Meister, bist du der Friedensbringer, den uns die verbotenen Legenden aus den Apokryphen verheißen?«, rief ein anderer Qriid sichtlich erregt und immer wieder von schabenden Schnabelgeräuschen unterbrochen. »Bist du der Prophet des Friedens, wie es dort heißt?«

»Ich bin der, dem keine Waffe etwas anhaben wird, so wie es die Apokryphen weissagen.« Der Prediger, der sich Ron-Nertas nannte, richtete nun den Blick direkt auf Pan-Sen. Er streckte die Krallenhand aus und deutete in Richtung des Tanjaj, dessen Pulsschlag sich enorm erhöhte.

»Du – tritt näher!«

Jetzt oder nie, durchzuckte es Pan-Sen.

»Dieser Qriid dort ist zum ersten Mal unter uns. Er ist gekommen, um mich zu töten!«

Die Anwesenden starrten Pan-Sen voller Entsetzen an. Hier und da waren aufgeregte Krächzlaute und entrüstetes Schnabelschaben zu hören.

»Nur zu – tue, was dir deine innere Stimme befiehlt«, sagte der Prediger ruhig und gelassen.

Pan-Sen riss den Handtraser hervor. Eine Welle dumpfer Groll- und Krächzlaute ging durch die Menge.

»Vollende es!«, befahl der Prediger. Er breitete die Arme aus. Pan-Sen betätigte den Handtraser, aber kein Energiestrahl löste sich aus der Waffe. Stattdessen stieß der Tanjaj-Krieger und Raumsoldat der Qriid-Flotte einen Schrei aus und ließ die Waffe fallen. Sie war innerhalb weniger Sekunden glühend heiß geworden. Energetische Überlastung, war dem Techniker in Pan-Sen augenblicklich klar. So etwas kam vor – allerdings sehr selten und im Allgemeinen auch nur bei Waffen, die keiner ausreichenden und regelmäßigen Wartung unterzogen wurden. Und davon konnte bei Pan-Sen nun wirklich keine Rede sein.

Der Prediger kam von seiner Bühne herunter und ging ohne jede Eile auf Pan-Sen zu, der vollkommen schockiert war. Ist es möglich, dass dieser Prophet über Fähigkeiten verfügt, die sich wissenschaftlich-technisch nicht erklären lassen?, durchfuhr es Pan-Sen. Oder hat einfach nur jemand meine Waffe manipuliert?

Das hätte allerdings geheißen, dass sich die Ideen des Ketzer-Predigers auch unter den Flottenangehörigen bereits viel weiter verbreitet hatten, als es die Priesterschaft und der im Namen des göttlichen Aarriid regierende Oberbefehlshaber der Streitkräfte öffentlich zugeben wollten.

»Ich sehe in deine Seele, Tanjaj«, sagte der Prediger. »Du glaubst, dass du gekommen bist, um mich zu töten. Aber das ist eine Lüge dir selbst gegenüber. Eine Lüge, die es dir als gutem Tanjaj und Raumsoldat erlaubte, überhaupt hierher zu kommen. Als dich meine Anhänger ansprachen, hast du gedacht, es sei deine Pflicht, ihnen zu folgen, um das zu tun, was selbst dem Geheimdienst des Imperiums nicht geglückt ist. Mich zu töten.«

»Ich…« Was anschließend aus Pan-Sens Schnabel hervorkam, war nichts weiter als ein entsetzlich schwächlich klingendes Krächzen.

»Ich weiß alles über dich. Du bist Pan-Sen, deine Eierlegerin trägt den Namen R'ee-Seg und du zweifelst tief in deinem Inneren ebenso wie wir an dem Sinn dieses Krieges, der so lange dauern wird, bis der neu erwählte Aarriid stirbt. Du hasst den Gedanken, deine Eierlegerin vielleicht nie wieder zu sehen und ihr stattdessen über den Kurierdienst der Flotte reproduzierfähiges genetisches Material zu schicken, damit sie auf Sagunta dafür sorgen kann, dass weitere zukünftige Tanjaj ausgebrütet werden, deren Leben so erbärmlich sein wird wie das deine!«

Zu welchen Datenbanken haben die Jünger dieses Propheten bloß Zugang?, ging es Pan-Sen durch den Kopf. Bin ich tatsächlich von ihnen beobachtet und gezielt ausgewählt worden?

Der Blick des Predigers fixierte ihn. Pan-Sen glaubte nicht an Telepathie. Er war ein vergleichsweise nüchterner Qriid, der Gedankenübertragung für eine Ausgeburt traditioneller Qriidischer Märchen und Sagen hielt. Aber in diesem Augenblick hatte er den Eindruck, dass sein Gegenüber ganz genau wusste, was in ihm vorging. Du hast Recht, schien sein Blick zu sagen. Du bist ausgewählt worden und alles war vorbereitet.

Der Prediger reichte Pan-Sen die Krallenhand.

»Bleib bei uns oder kehre auf dein Schiff zurück, wenn die Zeit gekommen ist – ganz wie du willst. Aber wenn du zurückkehrst, tue dies als einer von uns. Als einer, der die Botschaft der Veränderung und Hoffnung weiter trägt.«

Pan-Sen war unfähig, etwas zu entgegnen.

Er hat Recht, dachte er nur. Er hat verdammt noch mal so Recht…

Im selben Moment hörte der Qriidische Raumsoldat jemanden ehrfurchtsvoll sagen: »Ein Wunder! Wir haben ein Wunder erlebt!«

*

Rena Sunfrost betrat die Brücke des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER. Das Schiff hatte sich gerade von Spacedock 13 abgesetzt. Die Ionentriebwerke ließen den Boden leicht vibrieren und rumorten etwas in der Aufwärmphase.

»Alles in Ordnung, I.O.?«, wandte sich Sunfrost an Raphael Wong, den Ersten Offizier der STERNENKRIEGER.

»Wenn man davon absieht, dass wir in unserem Zeitplan fast einen halben Tag hinterherhinken – ja, Captain.«

Rena lächelte mild und ließ sich in den Schalensitz des Kommandanten gleiten.

»Ionentriebwerke auf maximalen Beschleunigungsfaktor«, meldete Ruderoffizier John Taranos. »Aktivierung des künstlichen Schwerefeldes in zehn Minuten. Eintritt in den Sandströmraum voraussichtlich in acht Stunden und elf Minuten.«

Im Unterlichtflug benutzte die STERNENKRIEGER einerseits ihre leistungsfähigem Ionentriebwerke, die allerdings durch ein starkes Antigravfeld am Bug unterstützt wurden. Dieses Antigravfeld ließ das Schiff gewissermaßen nach vorne fallen und bewirkte eine enorme Steigerung der Beschleunigungswerte. Um in den Hyperraum zu gelangen und dort mit Hilfe der Sandströmaggregate mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit die Abgründe zwischen den Sternen überwinden zu können, musste zunächst eine Mindestgeschwindigkeit von vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreicht werden. In der Kombination von Antigrav und Ionentriebwerk gelang dies in etwa acht Stunden.

Allein mit den Ionentriebwerken hätte ein Schiff wie die STERNENKRIEGER dazu annähernd eine Woche gebraucht.

»Halt«, sagte Sunfrost. »Lieutenant Taranos, ich möchte, dass Sie den Antigrav zunächst noch nicht aktivieren.«

Der Ruderoffizier des Leichten Kreuzers drehte sich stirnrunzelnd zu seinem Captain herum. »Warum nicht, Ma'am?«

»Ich möchte zunächst einen letzten Test der Konstruktion durchführen«, erklärte Sunfrost.

Die Konstruktion – das war in den letzten Tagen die Bezeichnung für jenes bizarre, zeltartige Gebilde geworden, dass sich mit Hilfe eines Gestänges aus extrem stabilen und dabei sehr leichten Karbonfasern im Heckbereich, am Bug und an mehreren anderen, weniger exponierten Stellen am Schiffsrumpf der STERNENKRIEGER auffächern ließ und damit die optische Erscheinung erheblich veränderte. Darüber hinaus sorgte die mit einer besonderen Beschichtung versehene und sehr widerstandsfähige Aluminiumfolie auch dafür, dass sich die vom Schiff emittierten Energiesignaturen stark veränderten, sodass sie nicht sofort als typische Signatur eines Kriegsschiffs im Dienst der Humanen Welten erkennbar war.

Außerdem wurden sämtliche Waffensysteme verdeckt. Im Notfall blieben die je vierzig Gaussgeschütze an den Seiten sowie das Vierfachgeschütz am Bug weiterhin einsatzfähig –

allerdings nur um den Preis, dass die Tarnung sofort aufflog.

Natürlich reichte das Auffächern der Konstruktion nicht aus, um sich unbehelligt inmitten des Qriid-Reichs bewegen zu können. Darüber hinaus waren die Systeme des Bordrechners darauf programmiert worden, Identifikationssignale in einem Code abzusenden, der typisch für Schiffe der Naarash war, einem von den Qriid in Teilen ihres Imperiums geduldeten Händlervolks, über dessen Herkunft auf Seiten der Menschheit so gut wie nichts bekannt war.

Allerdings war es möglich gewesen, von Heptagon aus auch den Funkverkehr zahlreicher Naarash-Schiffe abzuhören, sodass man immerhin wusste, dass sie sich als Händler und Transporteure relativ frei im Bereich des Imperiums bewegen durften. Sie waren Methanatmer und trugen daher immer dann, wenn sie eine Sauerstoffwelt betraten, schwere Druckanzüge.

An Bord der STERNENKRIEGER war eigens ein Laderaum mit einer Methanatmosphäre geflutet worden. Letztlich war nicht genug darüber bekannt, wie detailreich die Nahortung der Qriid war. Aber man musste damit rechnen, dass sie misstrauisch wurden, wenn sich an Bord eines angeblich harmlosen Naarash-Schiffes nicht ein einziger mit Methan gefüllter Hohlraum befand.

Es gab Faktoren, die der STERNENKRIEGER-Crew bei ihrer Aufgabe, ein Naarash-Schiff zu imitieren, entgegenkamen.

Einerseits die Tatsache, dass es der Kult des Geheimen Gottes, dem die Naarash angehörten, verbot, das Gesicht zu zeigen.

Das schloss Videodaten beim Schiff-zu-Schiff-Kontakt von vornherein aus.

Der zweite glückliche Umstand war, dass die Naarash-Schiffe von sehr unterschiedlicher Bauart waren, sodass eine eher bizarre Raumschiffvariante, wie sie die STERNENKRIEGER mit ihrer zur Gänze entfalteten Konstruktion zweifellos darstellte, ohne weiteres als Naarash-Schiff durchgehen würde.

»Countdown zur Aktivierung des Schwerefelds gestoppt«, meldete Taranos.

Rena wandte sich an Wong. »Entfalten Sie die Konstruktion, Raphael.«

»Aye, Captain.«

Auf einem Nebenbildschirm erschien eine schematische Darstellung der STERNENKRIEGER. Diese Darstellung erschien gleichzeitig auch auf dem Display von Wongs Konsole. Schritt für Schritt war auf dieser scheinbar dreidimensionalen Darstellung zu sehen, was geschah und wie sich die einzelnen Teile der Konstruktion nach und nach auffächerten.

Es dauerte nur wenige Minuten und die STERNENKRIEGER hatte ihr Aussehen vollkommen verändert.

»Aktion wurde einwandfrei ausgeführt«, erklärte Wong sachlich.

»Wir können nur hoffen, dass das auch so reibungslos klappt, wenn wir uns im Bereich der Qriid befinden«, äußerste sich Robert Ukasi, seines Zeichens Waffenoffizier im Rang eines Lieutenants an Bord der STERNENKRIEGER. »Wenn nicht, dann sind wir geliefert.«

Rena wusste nur zu gut, dass Ukasi Recht hatte.

Natürlich konnten im Notfall die an Bord befindlichen Geschütze eingesetzt werden, was aber unweigerlich eine Identifizierung als irdisches Kriegsschiff nach sich zog. Die würfelförmigen Projektile der Gausskanonen waren sowohl in ihrer Form als auch in der Wirkung derart charakteristisch für die Schiffe des Space Army Corps, dass man auch gleich einen Identifikationscode an die Gegenseite senden konnte.

In den vergangenen Tagen waren mehrfach Testflüge und Simulationen durchgeführt worden, um die Zuverlässigkeit der Konstruktion zu überprüfen. Es hatte ein paar kleinere, aber relativ unbedeutende technische Probleme gegeben, die sie nun aber anscheinend im Griff hatten, wie Sunfrost zufrieden feststellte.

Sie gab daher den Befehl, die Konstruktion wieder einzufahren. Das Karbongestänge legte sich selbstständig zusammen, wobei die Aluminiumfolie gleich Platz sparend gefaltet wurde.

Mit der Konstruktion war es nicht möglich, den Antigrav zu benutzen, da die Energie des künstlichen Schwerefeldes das im Vergleich zum Schiffsrumpf relativ instabile Gebilde sofort mit sich gerissen hätte. Nur auf den Ionenantrieb beschränkt hätte die STERNENKRIEGER fast eine Woche gebraucht, um mit vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit in den Sandströmraum eintreten zu können.

Allein dieser Umstand machte es schon nötig, die Konstruktion erst dann zu aktivieren, wenn man den Zielsektor erreicht hatte.

»Sollen wir auch eine Simulation der Naarash-Identifikationssignale durchführen?«, erkundigte sich David Kronstein, der für Ortung und Kommunikation zuständige Brückenoffizier.

»Halten Sie das denn für notwendig?«, fragte Rena.

Kronstein schüttelte den Kopf. »Die bisherigen Simulationen waren zufrieden stellend. Ob unsere Pseudo-ID-Signale wirklich etwas wert sind, wird sich erst zeigen, wenn wir einem Geschwader von Qriid-Schiffen gegenüberstehen und uns die andere Seite tatsächlich für ein harmloses Handelsschiff der Naarash hält.«

*

Corporal Bat McConnarty riss sich den Helm des Druckanzugs vom Kopf. Er rang nach Luft und keuchte. Sein Gesicht war krebsrot.

»In dem Ding erstickt man ja!«, stieß er schließlich hervor, nachdem er wieder zu Atem gekommen war.

»Schätze, der Anzug ist noch verbesserungswürdig«, kommentierte Sergeant Oliver Rolfson, der Kommandant des zwanzigköpfigen Teams von Marines, die an Bord der STERNENKRIEGER ihren Dienst taten.

Corporal McConnarty war nach dem Sergeant der zweite Mann in der Marines-Einheit, die vor allem für Kampfeinsätze am Boden ausgerüstet war.

Er schälte sich aus dem ausgesprochen unförmigen, mit einer reflektierenden Legierung beschichteten Anzug.

An verschiedenen Stellen waren kleinere Kolonnen von sehr verschnörkelten Symbolen auf der Oberfläche des Anzugs zu sehen, bei denen es sich um Schriftzeichen der Naarash handelte.

Viel war es nicht, was man über dieses Volk wusste. Sie lebten auf ihren Raumschiffen, schienen selbst keinerlei Regierung oder Staat gebildet zu haben und waren nicht nur innerhalb des Qriid-Imperiums anzutreffen, sondern boten überall ihre Dienste als Zwischenhändler und Transporteure an.

Aus dem von Heptagon aus abgehörten Funkverkehr und abgefangenen Transmissionen war bekannt, dass die Qriid die Naarash zwar duldeten, sie im Allgemeinen aber sehr herablassend und voller Verachtung behandelten. Die Methanatmer wiederum schien das in keiner Weise daran zu hindern, ganz opportunistisch ihren Vorteil aus den Kriegsambitionen des Heiligen Imperiums zu ziehen.

Die Anzüge waren vor einem Jahr aus einem havarierten Raumschiff geborgen worden, das auf Granger III geborgen worden war. Das Granger-System befand sich im Grenzgebiet zum Reich der K'aradan, war früher von diesen sehr menschenähnlichen Humanoiden besiedelt worden, ehe die Kolonien schließlich vor fast einem Jahrhundert aus einem unbekannten Grund aufgegeben worden waren. Inzwischen erwog man im Humanen Rat die formelle Inbesitznahme und Kolonisierung des Systems, aber so lange wie die Qriid-Gefahr nicht wenigstens einigermaßen unter Kontrolle war, würde die Umsetzung dieser Pläne noch warten müssen.

Die Besatzung des Havaristen hatte die Notlandung überwiegend überlebt, wie man später rekonstruieren konnte.

Allerdings waren die Naarash ohne funktionierenden Überlichtfunk dem Tode geweiht gewesen. Die Überlebenden hatten auf der Sauerstoffwelt Granger III nur so lange existieren können, wie ihre Methanversorgung sichergestellt gewesen war. Verzweifelt hatten sie versucht, die Lebenserhaltungssysteme in Gang zu halten.

Ein Landungsteam des Space Army Corps-Zerstörers NEW MARS unter Captain Alvoin Garcia y Kuznecov hatte das Wrack gefunden, darin unter anderem fünf voll funktionsfähige Druckanzüge, deren Methanpatronen jedoch verbraucht waren.

Von den Naarash selbst gab es keine Spur. Man fand nicht einmal winzigste Mengen genetischen Materials und die Dateien des Bordrechners waren komplett gelöscht.

Später belegten genauere Untersuchungen, dass die Naarash sich selbst in die Brennkammern eines noch teilweise funktionsfähigen Antriebskonverters gestürzt hatten, als sie erkannten, dass ihre Lage aussichtslos war.

Erst die Informationen, die man über den Horchposten Heptagon gewann, machten dieses Verhalten plausibel. Bei den Naarash herrschte ein streng religiöses Bildertabu. Ein Abbild in diesem Sinn war der genetische Code, weswegen ein Naarash peinlich genau darauf achtete, nirgends Ausscheidungen oder andere genetisch entschlüsselbare Substanzen zu hinterlassen.

Die Anzüge ließen jedoch gewisse Rückschlüsse auf die Körperformen der Naarash zu. Sie waren etwa zwei Meter zwanzig groß, hatten offenbar eine quasi-humanoide Gestalt, wobei der Kopf fast ein Viertel der Körperlänge ausmachte.

Die mit einem von außen undurchsichtigen Visier versehenen Helme wölbten sich sowohl am Hinterkopf als auch nach vorne erheblich aus, sodass ihre »Gesichter« vermutlich recht tierhaft wirkten und von einem großen Maul oder Schnabel dominiert wurden.

Der Körper war vergleichsweise schmächtig – ganz im Gegensatz zu Armen und Beinen, die außerordentlich muskulös sein mussten. Offenbar waren die Transporteure der Galaxis gleichzeitig auch bestens dafür veranlagt, ihre Schiffsladungen notfalls per Hand zu löschen.

»Sie werden daran noch eine Menge tun müssen, Lieutenant«, wandte sich McConnarty an die leitende Ingenieurin der STERNENKRIEGER.

Lieutenant Catherine White, eine mollige, aber durchaus hübsche Frau Anfang vierzig, hatte mit skeptischen Blick verfolgt, wie McConnarty sich darum bemüht hatte, in dem Anzug zu gehen.

»Sie sind doch ein Marine«, meinte White und spielte damit auf die Tatsache an, dass die Angehörigen dieser Elitetruppe es gewöhnt waren, schwere, durch Druckkontakte im Inneren gesteuerte, servoverstärkte Kampfanzüge zu tragen, deren Bedienung erst nach einem intensivem Training möglich war.

»Eben!«, knurrte McConnarty etwas ungehalten. »Ich bin ein Marine – und wenn ich schon Probleme habe, in diesem Ding überhaupt zu atmen, dann ist dieser Anzug für ein ganz gewöhnliches Flotten-Weichei doch nichts anderes als der perfekte Sarg.«

»Wir werden fast drei Wochen im Sandströmraum zubringen«, erwiderte White ruhig. »Da ist noch Zeit genug, die Anzüge so umzurüsten, dass sich auch normalsterbliche Nicht-Marines darin ganz normal bewegen können«, versprach White. »Und was die Belüftung angeht – daran wird noch gearbeitet.«

Bat McConnarty lächelte dünn. »Das kann ich nur hoffen. Andernfalls wird es der Captain schwer haben, irgendwelche Freiwilligen für das Landeteam zu finden.«

Nun meldete sich Sergeant Rolfson zu Wort. Sein Ton war sachlich. »Ich würde auf jeden Fall dazu raten, dass wir die Methanpatronen wieder füllen. Die Außenbeschichtung der Anzüge macht es zwar so gut wie unmöglich, das Innere zu scannen, aber das gilt nicht für die Methanversorgung!«

»Ich weiß«, nickte White. »Mit Attrappen kommen wir nicht durch eventuell vorhandene Kontrollen. Das ist mir schon klar.«

»Eine andere Frage ist, ob es nicht ratsam wäre, in den Anzug eine Waffe zu integrieren«, sagte Rolfson. »In den Ärmeln ist Platz genug, da könnte man wenigstens einen Nadler verbergen, dessen Mündung in einen der Finger integriert ist. Für uns Marines könnte man vielleicht sogar ein Gaussgewehr in einem der Ärmel unterbringen. Der Arm bleibt dann relativ steif, aber dafür sind wir nicht so wehrlos!«

»Keine schlechte Idee«, lobte White. Schließlich hatten die Hände der Naarash ohnehin sieben Finger von sehr unterschiedlicher Größe, sodass es sich eigentlich anbot, davon einen für die Mündung eines Nadlers zu reservieren.

»Was haben denn die Naarash für Waffen?«, fragte Bat McConnarty, der sich inzwischen etwas beruhigt hatte.

White hob die Schultern. »Wenn ich das aus den Berichten der NEW MARS richtig behalten habe, wurden bei Sichtung des auf Granger III havarierten Naarash-Raumers zwei leichte Handtraser aus Qriid-Produktion gefunden, die sich aber in einem verschlossenen Fach befanden und wohl wirklich nur für den äußersten Notfall gedacht waren. Das Schiff selbst verfügte über keinerlei Waffen.«

»Wahrscheinlich würden sie es wohl nicht zulassen, dass sich die Qriid innerhalb der Grenzen ihres Imperiums frei bewegen, wenn sie hoch gerüstet aufträten…«, war Rolfson überzeugt.

*

Nach acht Stunden und dreiundvierzig Minuten trat die STERNENKRIEGER in den Sandströmraum ein. Für die nächsten drei Wochen würde sie in diesem dem Einsteinuniversum übergeordneten Kontinuum bleiben und dabei mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit mitten durch das Herrschaftsgebiet der Qriid fliegen.

Während der Sandströmpassage war die STERNENKRIEGER nicht zu orten. Erst sobald sie ins Einsteinuniversum zurückfiel, konnte sie durch die Qriid erfasst werden. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit, geortet zu werden, außerordentlich gering, solange die STERNENKRIEGER nur mit dem Schwung ihrer Austrittsgeschwindigkeit aus dem Sandströmraum weiter flog, was auch als Schleichflug bezeichnet wurde. Aber bis dahin lagen noch Wochen harter Arbeit vor der Crew, denn diese Mission musste bis dahin mit größter Sorgfalt vorbereitet werden.

»Alle Systeme der Sandströmaggregate laufen einwandfrei«, meldete Lieutenant Taranos. »Unser Zielpunkt liegt eine Lichtstunde von Garinjan entfernt.«

»Danke, Lieutenant. Beschleunigen Sie auf maximalen Überlichtfaktor.«

»Aye, Captain.«

Rena Sunfrost erhob sich aus ihrem Kommandantensessel und wandte sich an Wong. »Was wissen wir über Garinjan – außer der Tatsache, dass es Zentrum und Ursprungsort der Ketzerbewegung sein soll?«

Wong lächelte dünn.

»Selbst das ist nicht hundertprozentig gesichert.«

»Falls sich unsere Kollegen vom Geheimdienst bei der Auswertung der vom Horchposten Heptagon aufgezeichneten Daten geirrt haben sollten, wird sich unsere Mission unweigerlich verlängern«, kündigte Sunfrost an. »Wenn wir die Konstruktion aufgefächert haben, können wir den Antigrav nicht benutzen und brauchen eine halbe Ewigkeit, um das System wieder zu verlassen.«

»Über Garinjan ist nur bekannt, dass es sich um eine wichtige Industriewelt handelt, auf der früher viel Bergbau betrieben wurde. Es ist der sechste Planet einer Sonne, die in unseren Katalogen unter der Bezeichnung AZ-345 geführt wird. Den Erkenntnissen des Geheimdiensts nach ist AZ-345

mit einem Stern der Spektralklasse G identisch, der von den Qriid Yamla genannt wird. Alles Weitere werden wir wohl erst erfahren, wenn wir das Zielgebiet erreicht haben.«

»Also müssen wir improvisieren«, stellte Sunfrost fest.

»Sieht so aus.«

»Sie haben die Brücke, Raphael.«

»Aye, Captain.«

»Und in zwei Stunden möchte ich alle Offiziere zu einer Besprechung in meinem Raum sehen.«

*

Rena nahm sich in einem der Aufenthaltsräume einen Kaffee und setzte sich an ein Außenfenster. Inzwischen fand sie die Automatenbrühe ganz erträglich. Immer wieder hatte sie die Einstellungen des Getränkeprogramms nachjustiert, um schließlich etwas zu bekommen, was den Namen Kaffee auch verdiente. Leider hatte dieses Getränk den Nachteil, seit mehr als einem Jahrhundert vollkommen aus der Mode gekommen zu sein und nur noch von einer verschwindend kleinen Minderheit genossen zu werden, sodass kaum noch jemand wusste, wie richtiger Kaffee gekocht wurde. Das galt für Menschen und Steuerprogramme von Getränkespendern gleichermaßen.

Entweder, die Maschine hat entgegen aller Wahrscheinlichkeit dazugelernt und die Brühe ist tatsächlich aromatischer geworden – oder ich habe mich inzwischen einfach nur an das Zeug gewöhnt, ging es Rena durch den Kopf.

Sie konnte sich nur eine kurze Pause gönnen, denn es lag noch einiges an Arbeit vor ihr. Insbesondere musste sie die vorhandenen Daten über Garinjan durcharbeiten und sich außerdem um die weitere Planung der Mission kümmern, die stark von technischen Faktoren abhing. Insbesondere natürlich davon, in wie fern es möglich war, die Druckanzüge der Naarash so umzuarbeiten, dass sie vom Außenteam genutzt werden konnten.

Ein erster Zwischenbericht lag ihr bereits vor.

Und der war nicht gerade ermutigend.

»Captain?«, ertönte plötzlich eine helle, weibliche Stimme.

Rena wandte den Blick. Vor ihr stand Lieutenant Catherine White. Die leitende Ingenieurin strich sich eine verirrte Strähne aus der Stirn. In der Linken hielt sie einen Syntho-Drink. Ihr Gesicht wirkte angespannt. »Ich würde Sie gerne kurz sprechen, Captain – und zwar vor unserer Besprechung.«

»Setzen Sie sich«, sagte Sunfrost. »Und dann sagen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben, Lieutenant.«

Catherine White atmete tief durch.

Sie war dreiundvierzig – also elf Jahre älter als Sunfrost – und immer noch Lieutenant. Dieser Umstand trug nicht gerade zu einem ausgeglichenen Gemüt bei. Aber es gab Gründe dafür.

Lieutenant White war zwar eine erstklassige Ingenieurin, aber sie hatte es in der Vergangenheit mit den Vorschriften nicht immer genau genug genommen und war bekannt dafür, auch mal fünfe gerade sein zu lassen. Durch übergroßen Ehrgeiz war sie ihren bisherigen Kommandanten jedenfalls nicht aufgefallen und im Laufe der Jahre schien sich bei ihr, was ihre Flottenlaufbahn anging, ziemliche Resignation breit gemacht zu haben.

»Ma'am, ich weiß nicht, ob Sie sich schon Gedanken über die Zusammensetzung des Außenteams gemacht haben, das auf Garinjan mit den Vertretern der Widerstandsbewegung Kontakt aufnehmen wird?«, erkundigte sich White.

Rena hob die Augenbrauen.

»Gedanken habe ich mir schon gemacht – allerdings bin ich noch längst nicht zu einer abschließenden Entscheidung gelangt. Ich weiß ja noch nicht einmal mit Sicherheit, wie viele von den Naarash-Anzüge wir am Ende für diesen Einsatz tatsächlich zur Verfügung haben.«

»Es werden fünf sein«, versprach Catherine White. »Darauf haben Sie mein Wort, Captain. Irgendwie bekommen wir das hin. Mein Team arbeitet Tag und Nacht daran.«

»Es freut mich, das zu hören«, erwiderte Sunfrost zurückhaltend. Worauf will sie eigentlich hinaus?, fragte sich der Captain der STERNENKRIEGER. Hat sie etwa selbst Interesse, Teil des Außenteams zu sein?

»Captain, ich bin immer noch Lieutenant und werde es wahrscheinlich bis ans Ende meiner Zeit im Space Army Corps auch bleiben.«

»Das klingt ziemlich frustriert.«

»Mag sein. Aber ich bin nicht hier, um mich zu beklagen. Mir ist durchaus bewusst, dass die Gründe dafür, dass meine Karriere irgendwann zum Stillstand gekommen ist, auf mich und mein Verhalten zurückgehen. Vielleicht sogar auf meinen Charakter. Aber dazu werden Sie in den offiziellen dienstlichen Beurteilungen meiner bisherigen Vorgesetzten sicherlich schon genügend gelesen haben.«

»Um ehrlich zu sein, bin ich bis jetzt nur dazu gekommen, diese Beurteilungen zu überfliegen, Lieutenant.« Aber hat das nicht schon gereicht? Außerdem – die gestörte persönliche Chemie zwischen uns wiegt letztlich schwerer als sämtliche Urteile ihrer früheren Kommandanten. Rena konnte Faulpelze nun einmal grundsätzlich nicht ausstehen.

»Das überrascht mich«, stieß Catherine White spontan hervor.

»Weshalb?«, hakte Rena nach.

»Nun, eine so ehrgeizige, korrekte Frau wie Sie…«

»Ich ziehe es vor, mir immer zunächst ein persönliches Bild von einem Menschen zu machen.«

»Das ist eine Einstellung, die leider nicht von vielen Kommandanten des Space Army Corps geteilt wird.«

»Vielleicht ist Ihr Urteil etwas zu hart, Lieutenant.«

Catherine White zuckte die Achseln.

Ein mattes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.

»Vielleicht…«

Rena trank ihren Kaffee aus. »Lieutenant, kommen Sie zum Punkt. Was möchten Sie von mir?«

»Eine Chance«, gab White zurück. »Nicht mehr – auch nicht weniger.«

»Sie wollen ins Außenteam?«

»Wissen Sie, wie viele Einsätze in Landeteams in meinen Akten stehen? Es sind nicht viele, kann ich Ihnen versichern.«

»Das ist für ein Mitglied der technischen Crew nichts Ungewöhnliches«, gab Rena zu bedenken.

»Mag sein. Aber ich möchte noch einmal einen Anlauf nehmen. Vielleicht schaffe ich es ja trotz allem doch noch einmal Lieutenant Commander zu werden, wer weiß? Der Einsatz im Außenteam bei einer derartigen Mission wäre da sicher nicht schlecht.«

»Es tut mir Leid, Lieutenant, aber ich stelle Außenteams nur nach rein sachlichen Gesichtspunkten zusammen – nicht um irgendeine Karriere zu fördern oder zu behindern.« Ganz ehrlich ist deine Argumentation nicht, musste Rena sich in Gedanken eingestehen. Als du Lieutenant Kronstein die Leitung der Außenmission auf Aldrin im Apollo-System übertragen hast, hast du diese Entscheidung ganz offen damit begründet, ihm eine Möglichkeit geben zu wollen, sich zu profilieren. Rena atmete tief durch. Aber David hatte es verdient gehabt vielleicht war das der Unterschied!

Whites Stimme unterbrach Renas Gedanken.

»Es gibt einen sachlichen Grund – und das wissen Sie, Captain! Wenn es Schwierigkeiten mit diesen Naarash-Anzügen gibt, dann werden Sie auf Garinjan meine Hilfe brauchen!«

Rena zögerte mit ihrer Antwort. Catherine Whites Argument war nicht von der Hand zu weisen. Aber für einen Einsatz wie er dem Außenteam auf Garinjan bevorsteht, braucht man Männer und Frauen, auf die man sich hundertprozentig verlassen kann. Und nach allem, was ich über White weiß, trifft das nicht auf sie zu.

»Ich werde es mir überlegen«, versprach Sunfrost.

»Danke, Captain.«

*

Das Besprechungszimmer des Captains bot gerade genug Platz für die Offiziere der STERNENKRIEGER, zu denen noch Sergeant Rolfson als Kommandant der an Bord befindlichen Marines-Einheit und Bruder Guillermo, ein Angehöriger des Wissenschaftler-Ordens der Olvanorer hinzukamen. Bruder Guillermo war zwar kein reguläres Mitglied der Bordhierarchie, hatte aber als Berater an Bord die Privilegien eines Offiziers.

Zunächst berichtete Lieutenant White über die Fortschritte bei der Modifizierung der Naarash-Anzüge.

Anschließend war Bruder Guillermo an der Reihe. Er hatte aus dem unglaublich großen Datenbestand der Olvanorer einige wichtige Erkenntnisse seiner Ordensbrüder über die Naarash herausgefiltert.

»Die Daten, die mir zur Verfügung stehen, stammen von ein paar neutralen Planeten im Grenzbereich zu den Ontiden mit Kulturen, die zumeist nur über eine sehr begrenzte Raumfahrt verfügen und mit Naarash-Schiffen Handel trieben. Unser Orden unterhält auf diesen Welten Forschungscamps.«

»Zu einer direkten Begegnung zwischen Olvanorern und den Naarash kam es nie?«, erkundigte sich Sunfrost.

»Nein. Was wir über sie wissen, stammt lediglich aus zweiter Hand und ist vielleicht auch etwas tendenziös. Außerdem handelte es sich nicht um Naarash, die innerhalb des Qriid-Imperiums ihren Geschäften nachgingen. Ich habe mich inzwischen intensiv mit ihrem Kult des Verborgenen Gottes beschäftigt, der angeblich von den Qriid zumindest als verwandte Religion anerkannt wird.«

»Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen, Guillermo?«, hakte Sunfrost nach.

»Die Naarash gleichen sich in ihrem Kommunikationsverhalten offenbar vollkommen ihrer Umgebung an. Sie scheinen nahezu perfekt funktionierende Translatoren zu besitzen, die sich den sprachlichen und kulturellen Nuancen ihrer Geschäftspartner sehr gut anpassen können.«

»Ich habe die Systeme der Anzüge mit unseren Translatoren gekoppelt«, mischte sich Lieutenant David Kronstein, der Kommunikations- und Ortungsoffizier der STERNENKRIEGER

ein. »Das Ergebnis finde ich zufrieden stellend und es dürfte dafür sorgen, dass sich das Bodenteam ebenso unauffällig auf Garinjan bewegen kann wie jeder andere Naarash.«

»Solange das Bodenteam auf Qriid trifft, mag das zutreffen«, entgegnete Guillermo. »Aber anderen Naarash sollte das Team besser aus dem Weg gehen.«

»Ich sehe da kein Problem«, widersprach Kronstein. »Die Sprachdaten der Naarash waren in den Translatoren ihrer Anzüge vorhanden…«

»Es geht dabei um Nuancen. Den Einheimischen von Bradiga III ist es gelungen, die Frequenz abzuhören, auf der sich die Naarash untereinander verständigen. Es gibt in der Naarash-Sprache 48 verschiedene Anredepronomen, deren Gebrauch unterschiedliche Grade von Vertrautheit signalisieren.«

»Schlimmstenfalls erscheint das Landeteam eben etwas unhöflich«, kommentierte Sergeant Rolfson knapp. »Wenn es keine größeren Probleme auf Garinjan gibt…«

»Die Religion des verborgenen Gottes scheint hoch komplex zu sein«, berichtete Guillermo. »Grundgedanke ist offenbar, dass Gott ein Geheimnis ist und dies auch für jede seiner Schöpfungen gilt – also für jedes Individuum!«

»Zumindest für die Naarash!«, unterbrach Rolfson.

»Nein, die Naarash sind im Gegensatz zu dem, was wir über die Qriid wissen, keine Rassisten. Sie halten sich nicht für auserwählt oder überlegen. Im Gegenteil – sie sind untereinander extrem respektvoll. Der Haken ist allerdings, dass eine falsche Vertraulichkeit durch die unangebrachte Benutzung einer Anrede nicht nur als Unhöflichkeit, sondern als frevelhaftes Verbrechen gegen Gott angesehen wird.«

»Wie reagieren die Naarash gewöhnlich darauf?«, fragte Sunfrost.

»Keine Ahnung. Dazu liegen keine Erkenntnisse vor. Aber es könnte sein, dass sie daran einen Fremden in einem ihrer Druckanzüge sofort erkennen würden.«

*

Auf Garinjan…

Der Morgen graute. Pan-Sen ging auf den Sampan-Dor-Tempel am Rande der Stadt Sarashtor zu – benannt nach einem Märtyrer, der sein Leben vor Jahrhunderten im Heiligen Krieg geopfert hatte, indem er sich mit in den Körper implantierten Sprengstoff gefangen nehmen ließ. Der Sprengsatz hatte eine militärische Einsatzzentrale des Feindes in die Luft gesprengt.

Es ist noch gar nicht so lange her, da hättest du ohne zu zögern dasselbe getan, ging es Pan-Sen durch den Kopf. Aber jetzt hatte er das Gefühl, ein anderer zu sein. Die Begegnung mit Ron-Nertas hatte ihn offenbar innerlich umgekrempelt.

Nein, dachte der Qriid-Soldat, das trifft es nicht. Der Prediger hat mir geholfen, der zu werden, der ich in Wahrheit immer schon war – ohne es zu wissen!

Der Planetenurlaub des Technikers war so gut wie vorbei.

Ein paar Stunden blieben ihm noch, sich im Raumhafen einzufinden und mit einer der Fähren, die zwischen den Schiffen im Orbit und dem Boden hin und her pendelten, zurück auf sein Schiff zu kehren.

Pan-Sen hatte die Worte des Predigers noch gut im Ohr. »Es ist mein Wunsch, dass du an deinen Platz zurückkehrst und ein Tanjaj unter Tanjaj wirst, so wie du es zuvor warst. Auch wenn deine Nieren den Frieden verlangen, so müssen deine Augen sehen, dass es keinen Frieden geben wird, wenn nicht vorher noch ein letzter Kampf ausgefochten wird. Der Kampf um die Nieren und Augen unserer Eibrüder.«

Die Nieren hatten in der Prä-Weltraum-Ära der Qriid als Sitz der Emotion gegolten, während die Augen als Ort des Verstandes angesehen worden waren. Beide Organe wurden daher bis heute immer wider sprichwörtlich auf Gefühl und Geist bezogen.

Es geht kein Weg an dem vorbei, was der Prediger gesagt hat, war es Pan-Sen inzwischen klar geworden. Wir müssen die Ideen des Predigers überall verbreiten…

Am wichtigsten waren dabei die Tanjaj – die Glaubenskrieger, wie sie sich selbst nannten.

Bevor Pan-Sen jedoch zu seinem Raumschiff zurückkehrte, musste er sich einer spirituellen Reinigung im Tempel unterziehen. Das wurde von jedem Tanjaj erwartet.

Es gab in den Tempeln des Heiligen Imperiums eine elektronische Registrierung mit Aufnahme und Speicherung von dreizehn telemetrischen Merkmalen, von denen bereits die Kombination von zweien oder dreien eine eindeutige Identifizierung erlaubten.

Außerdem wurde natürlich auf diese Weise kontrolliert, ob die Raumsoldaten der Qriid auch ihren spirituellen Pflichten nachkamen.

Ein spirituell unreiner Tanjaj brachte Unglück über das ganze Schiff. Daher gab es nirgends so strenge Personenkontrollen wie für betende oder sich einer rituellen Reinigung unterziehende Tanjaj. Da die Kriminalitätsrate der tief gläubigen Qriid verschwindend gering war, wurden Kontrollen ansonsten eher lax gehandhabt.

Aber kein Kommandant wäre das Risiko eingegangen, einen spirituell ungefestigten Tanjaj an Bord zu lassen.

Schließlich waren die Heiligen Krieger des Imperiums nicht mit irgendwelchen dahergelaufenen Söldnern zu vergleichen.

Sie kämpften nicht für materielle Vorteile, sondern einzig und allein für die Verbreitung des von ihnen verinnerlichten Glaubens und dafür, dass ihnen selbst – als Angehörigen des auserwählten Volkes – überall mit dem nötigen Respekt begegnet wurde.

Pan-Sen stieg die Stufen zum Tempel empor, einem mehrere Stockwerke hohen, quaderförmigen Gebäude. Am Eingang standen insgesamt siebzehn Säulen, denn die siebzehn war – wie jede Primzahl – bei den Qriid heilig.

Sie symbolisierten die siebzehn Heiligen, die einst auf Qriidia das Heilige Imperium gegründet hatten, das in seiner Anfangszeit, die tief in der Prä-Weltraum-Ära der Qriid lag, nicht mehr als einen Bruchteil der Oberfläche ihrer Heimatwelt umfasst hatte.

Aber auch große Dinge beginnen irgendwann ganz klein, überlegte Pan-Sen. So wie das Imperium einer Keimzelle entsprungen war, die kaum mehr als die befestigte Stadt Guroon umfasste und sich im Laufe der Zeitalter über viele Sonnensysteme ausgebreitet hatte, so wird vielleicht die Bewegung des Friedensbringers Ron-Nertas eines Tages bis in die Machtzentren von Qriidia vordringen… Und ich werde ein Teil dieses Umschwungs sein.

Nachdem Pan-Sen die Stufen des Tempelportals mit seinen nach hinten geknickten Vogelbeinen erstiegen hatte, neigte er den Kopf. Er neigte ihn so weit nach vorn, wie es das Ritual verlangte.

Demut gegenüber Gott und den Heiligtümern – Todesmut gegenüber dem Feind – so lautete die Losung der Tanjaj, die über dem Portal in den Stein gemeißelt worden war. Die Vertiefungen dieser Gravur waren mit einem fluoreszierenden Material gefüllt. Wenn die Helligkeit unter einen bestimmten Wert sank, begannen die Buchstaben zu leuchten.

Jetzt, da der Morgen dämmerte und die Strahlen der Sonne Yamla über das am Horizont liegende Gebirge der selbstlosen Märtyrer krochen, verblasste dieses Licht gerade.

Für ein tief religiöses Individuum wie Pan-Sen hatte dies geradezu symbolhafte Bedeutung.

Er trat zwischen den Säulen hindurch ins Innere der Kultstädte. Über die Wände flimmerten Projektionen. Bilder des neuen, gerade von der Priesterschaft inthronisierten Aarriid.

Er wurde von schwer bewaffneten Aarriidnjaj – besonderen Priesterkriegern, die allein der geistlichen Macht und nicht dem Oberkommando der Tanjaj unterstellt waren – in einer Sänfte getragen.

Es war ein kleines, vor wenigen Monaten erst geschlüpftes männliches Qriid-Küken, an dem die Sendboten der Priesterschaft die geheimen spirituellen Merkmale entdeckt zu haben glaubten, die diesen Jungen als Stellvertreter Gottes im Universum kennzeichneten.

Der neue Aarriid blickte mit seinen großen, falkengrauen und noch sehr stark aus dem Kopf hervortretenden Augen in die verzückte Menge. Flaum bedeckte den Kopf des Qriid-Kindes, der Schnabel war noch recht kurz und der Schädel im Verhältnis zum Restkörper so gewaltig, dass es dem Kleinen sichtlich Schwierigkeiten bereitete, ihn aus eigener Kraft hoch zu halten.

Ein Spielball in den Händen der Priester, überlegte Pan-Sen.

Das zumindest hatte der Prediger Ron-Nertas immer wieder gesagt.

Ganz tief in Pan-Sens Seele rumorten allerdings auch noch Zweifel.

War es wirklich richtig, sich gegen all das zu stellen, was ihm an Werten, Tradition und Glaubenssätzen beigebracht worden war?

War dieses Küken tatsächlich eher das Sprachrohr der Priesterschaft als die Stimme Gottes?

Etwas Neues zu beginnen heißt, etwas Altes aufzugeben, zitierte Pan-Sen stumm einen der prägnantesten Sätze, die er in den letzten Garinjan-Tagen aus dem Schnabel des Predigers gehört hatte.

Die Bilder auf den Wänden wurden mit weiteren Szenen überblendet, die bei den Einsetzungsfeierlichkeiten des neuen Aarriid aufgenommen worden waren. Millionen Qriid drängten sich auf den Plätzen und Straßen der Hauptstadt Qatlanor. Sie befanden sich in einem kollektiven Rausch. Der Genuss von starken halluzinogenen Drogen ermöglichte ihnen nach Meinung der Priester den spirituellen Kontakt zum Aarriid, diesem so verletzlich wirkenden, kükenhaften Wesen, aus dessen Schnabel angeblich das Wort Gottes kam.

Pan-Sen ging an die Registrierungsstelle und legte seine Krallenhand auf ein Kontaktfeld. Ein Scanner machte blitzschnell eine detaillierte Aufnahme von Pan-Sens rechtem Auge. Das Irismuster wurde gespeichert, sodass nachgewiesen werden konnte, dass der Tanjaj Pan-Sen in diesem Tempel gewesen war, um sich spirituell zu reinigen. Ein weiterer Scanner fertigte gleichzeitig eine Ganzkörperaufnahme an, die telemetrisch ausgewertet wurde.

Pan-Sen kniete nieder.

Er rezitierte die vorgeschriebenen Gebete. Texte, die er seit frühester Jugend kannte und automatisch durch den Schnabel brachte. Er schloss dabei die Augen, um die innere Versenkung zu vertiefen.

Schließlich kam aus einem Schlitz in der Registrierungsstelle ein verplombter Datenträger, der etwa halb so groß war wie die Kralle am kleinsten Finger eines Qriid.

Darauf waren jetzt die Nachweisdaten gespeichert.

Pan-Sen öffnete die Augen.

Er nahm den Datenträger aus dem kleinen Ablagefach heraus und wandte sich zum Gehen. Zwischen den Säulen trat ihm eine Gestalt entgegen. Ein Qriid in der Uniform der Tanjaj.

Er trug die Rangabzeichen eines Riklon-Tanjaj, was einem der unteren Offiziersränge entsprach.

»Ich wusste, dass ich dich hier antreffen würde«, sagte der Qriid zu Pan-Sen.

»Tloam-Ser? Was ist los?«, stieß Pan-Sen hervor. Er kannte Tloam-Ser sehr gut. Sie waren gleichrangig und teilten sich an Bord des Kriegsschiffs, auf dem sie beide Dienst taten, eine Kabine. Aber jetzt spürte Pan-Sen sofort, dass irgendetwas nicht stimmte.

»Du kannst nicht an Bord des Schiffes zurückkehren«, erklärte Tloam-Ser.

»Wieso nicht? Außerdem wäre es Befehlsverweigerung, wenn ich es nicht täte. Meine Seele würde nach meinem Tod in die Feuerhöllen des galaktischen Zentrums eingehen und außerdem würde meine Familie mich aus der Reihe ihrer Ahnen streichen. So als hätte es mich nicht gegeben.«

»Das wird deine Familie in Kürze sowieso tun«, widersprach Tloam-Ser. »Ich hab nicht viel Zeit und riskiere außerdem mein Leben, in dem ich mich mit dir hier unterhalte.«

Die grauen Augen Tloam-Sers musterten Pan-Sen einige Augenblicke lang.

»Ich habe keine Ahnung, wie das geschehen konnte, aber der Sicherheitsdienst der Flotte weiß bereits, dass du den Prediger getroffen hast«, erklärte Tloam-Ser schließlich.

Für Pan-Sen war dies wie ein Schlag vor den Kopf.

Er hat ›Prediger‹ gesagt – nicht ›Ketzer‹, schoss es ihm durch den Kopf. Der Schluss lag nahe, dass Tloam-Ser ebenfalls dieser sich offenbar in rasendem Tempo ausbreitenden Bewegung angehörte. Vermutlich war er es, der mich beobachtet und für würdig erachtet hatte, mit Ron-Nertas in Kontakt gebracht zu werden…

Aber das war jetzt alles zweitrangig.

»Du musst untertauchen, Pan-Sen. Geh in die Bergwerks-Katakomben der ehemaligen Hiralium-Minen, wo die Anhänger des Friedensbringers sich verbergen. Das ist deine einzige Chance…«

Tloam-Ser wandte sich zum Gehen, aber Pan-Sens durchdringende, jetzt krächzend klingende Stimme hielt ihn zurück.

»Warte!«, rief Pan-Sen und folgte seinem Tanjaj-Kameraden.

Tloam-Ser drehte sich halb um.

Sein nach unten gebogener, falkenhafter Schnabel stach im Profil stark hervor.

»Du bist ein Anhänger dieses Predigers, nicht wahr?«, fragte Pan-Sen.

»Ja.«

»Hast du dafür gesorgt, dass ich mit ihnen zusammentraf?«