Zeitpeitschen - Silvo Lahtela - E-Book

Zeitpeitschen E-Book

Silvo Lahtela

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Beschreibung

Alle fünf Bände von "Identität unplugged" stellen die konkreten Auswirkungen des Kollektiven Unbewußten im Sinne C. G. Jungs auf die Gegenwart dar. "Zeitpeitschen" hat die Form eines Tagebuchs und behandelt intensiv aber spielerisch eine Vielzahl von konkreten Themen: sei es Pokern, sei es Taxifahren, sei es Schreiben, sei es Kochen, sei es Alkoholabhängigkeit, sei es Kampfsport und noch vieles mehr. All diesen kurzen und konzentrierten Texten und auch dem einleitendem Essay "Der seriöse Charme der Astrologie" ist jedoch gemein, daß sie den Alltag, dem sie sich auf verschiedenste Weise stellen, nicht nur beschreiben, sondern ihn immer auch transzendieren, überraschende Horizonte im Gewohnten aufreißen.

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Seitenzahl: 233

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Identität unplugged

Band 1 Spam aus der Kindheit

& Vorwort zur Gesamtausgabe

Band2 Nachtmusik

Band3 Zeitpeitschen

Band 4 Die eigene Stimme ist die fremde

Band 5 Jenseits der Apps

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

Der seriöse Charme der Astrologie

Zeitpeitschen

16. Februar 2009 Sonne 28 Grad Wassermann

19. Februar Sonne 0,5º Fische

20. Februar Sonne 1.9° Fische

21. Februar Sonne 2.9° Fische

23. Februar Sonne 4,5° Fische

26. Februar Sonne 8.5° Fische

27. Februar Sonne 9.1° Fische

28. Februar Sonne 10.4° Fische

3. März Sonne 12,6° Fische

3. März Sonne 13.1° Fische

4. März Sonne 13,6° Fische

Sonne 14° Fische

Sonne 15,2° Fische

Sonne 15.5° Fische

Sonne 16,7° Fische

Sonne 18° Fische

Sonne 18,5° Fische

19,6° Fische

20° Fische

20.7° Fische

21,3° Fische

21,6° Fische

22,2° Fische

22.7° Fische

23.2° Fische

24.6° Fische

25° Fische

25.6° Fische

26.2° Fische

26.4° Fische

26.7° Fische

28° Fische

28.6° Fische

29° Fische

0° Widder

0,5° Widder

2° Widder

3° Widder

3.5° Widder

4.2° Widder

5° Widder

6.7° Widder

7.9° Widder

8.1° Widder

8.9° Widder

9.9° Widder

10.3° Widder

11° Widder

11.5° Widder

12° Widder

12.5° Widder

13.1° Widder

14.4° Widder

15.1° Widder

15.8° Widder

17.1° Widder

18.2° Widder

18.7° Widder

19.3° Widder

20.2° Widder

20.9° Widder

21.7° Widder

22.8° Widder

24.1° Widder

25.° Widder

25.6° Widder

26.7° Widder

28° Widder

29.1° Widder

29.9° Widder

0.9° Stier

1.4° Stier

2.5° Stier

2.6° Stier

3.4° Stier

4.6° Stier

6.3° Stier

7.5° Stier

8.2° Stier

9.2° Stier

10.2° Stier

11.5° Stier

12.6° Stier

13.3° Stier

14.4° Stier

15.5° Stier

Vorbemerkung

Ein durch handfesten und ziemlich „unesoterischen“ Realismus geprägtes Tagebuch mit einem Text über Astrologie einzuleiten, mag sonderbar anmuten. Und doch ist ein Tagebuch, und zwar völlig unabhängig vom Inhalt, strukturell nichts anderes als eine konkrete Auseinandersetzung mit dem jeweils gegenwärtigen Zeitmoment, eben dem „Tag“. Wie ein Horoskop, nur ohne Planeten.

Diese paradoxe Seelenverwandtschaft steigert sich hier noch dadurch, daß der Essay: „Der seriöse Charme der Astrologie“ in der gleichen Periode wie Zeitpeitschen geschrieben wurde, also auf natürliche Weise in den Horizont des Tagebuchs selbst fällt. Insofern gehören diese auf den ersten Blick sehr disparaten Texte tatsächlich zusammen, – wie Halbgeschwister, die zwar von äußerst unterschiedlichen Müttern geboren worden sind, aber den gleichen Vater haben: Zeitbewußtsein, Taktgefühl.

eine organic language unknown TM

Veröffentlichung

Der seriöse Charme der Astrologie

Viele sich für recht schlau haltende Leute gehen davon aus, daß es bei Astrologie nicht wirklich etwas zu verstehen gibt, sondern es sich eigentlich nur um die Frage dreht, ob man daran glaubt. Oder eben nicht. Und mit Glaubensfragen ist es ähnlich wie mit Geschmacksfragen: Ob man Knoblauch lieber zerdrückt oder zerreibt oder ganz wegläßt, ob man Fan von Schalke 04 oder Bayern München oder von gar keinem Verein ist, ob man Allah oder Jesus oder niemanden anbetet, – wache und tolerante Zeitgenossen dürften in der Regel andere Sorgen und daher vermutlich auch für Astrologie eher ein geistiges Achselzucken übrig haben. Frei nach dem Motto: Soll doch jeder nach seiner Façon selig werden.

Und so wenig wie ein Atheist Lust darauf hat, sich Gott erklären zu lassen, oder eine Couchpotato vom knochenharten Training eines Fußballprofis träumt, oder ein Kochmuffel einen Ausbildungsplatz in einer Restaurantküche anstrebt, – genauso wenig dürfte sich der normale Nichtastrologe für die Feinheiten der Horoskopdeutung interessieren.

So weit so klar, zumindest nachvollziehbar. Dennoch gibt es ein paar grundsätzliche und meist übersehene Dinge zur Astrologie zu sagen, die den Dunstkreis des subjektiven Horizonts verlassen, der ja für die wirkliche Bedeutung einer Sache selten das Entscheidende ist. Auch wer ungern kocht, muß trotzdem was essen; auch Mörder beten; Nichtastrologen haben ein Horoskop; Schwule sind von Heteros gezeugt worden; der Mensch stammt vom Affen ab, und so weiter. Mit anderen Worten: Die sogenannte „eigene Meinung“ ist im Alltag als individuelle Markierung zwar ganz nützlich, man kann mit ihr geistige Reviere abstecken, sich abgrenzen, – aber für echte Erkenntnisse, egal auf welchem Gebiet, braucht man schon ein bißchen Distanz von genau diesem eigenen Bauchnabel, der persönliche Meinung heißt.

Um ohne Umschweife gleich mit dem häufigsten Vorurteil aufzuräumen, das den Zugang zur Astrologie für intelligente Leute am stärksten blockiert: Astrologie bedeutet eben nicht, daß der Lauf von Sonne, Mond und Sternen Ereignisse auf der Erde beeinflußt. Astrologie braucht überspitzt gesagt eigentlich gar keine Planeten. Der Gedanke dahinter ist der entscheidende Punkt, den selbst die meisten Astrologen nicht wirklich verstehen, geschweige denn in einfachen Worten erklären können. Was ich hier jetzt tun werde; wozu bin ich schließlich Autor mit astrologischer Erfahrung. Dieser Text ist auch mit der Hoffnung geschrieben, daß sich der bewußtseinsmäßige Nebel aus den Köpfen verzieht. Und um mich inhaltlich nicht mit fremden Federn zu schmücken, sei noch erwähnt, daß mein astrologisches Wissen wesentlich auf den Büchern von Wolfgang Döbereiner, das heißt, der sogenannten Münchener Rhythmenlehre beruht. Das „Ausleben“ dieses Wissens, das Schreiben in meinem Fall, ist natürlich eine andere und davon unabhängige Geschichte.

Also: Astrologie bedeutet nicht, daß aufgrund irgendwelcher physikalischer oder paraphysikalischer Einflüsse der Planeten (Strahlung, Geisterfunken, Magnetfelder, transzendentaler Energieschübe oder was auch immer) jemandem auf der Erde ein Ziegelstein auf den Kopf fällt, oder bei Vollmond vielleicht wegen des fahlen Lichtes Werwölfe unterwegs sind.

Astrologie meint all dies nicht. Und hat es im Ernst nie behauptet. Es gibt in seriöser moderner Astrologie keine Kausalität im Sinne von Ursache und Wirkung zwischen „himmlischem“ Planetenstand und irdischem Ereignis. Zum wirklichen Zusammenhang der beiden komme ich gleich, aber es ist zunächst notwendig, den weitverbreiteten Unsinn, der über Astrologie in Umlauf ist, als solchen zu kennzeichnen. Sie als eine Art esoterische Vogelscheuche (Gedankenscheuche) auf dem weiten Feld des menschlichen Geistes zu betrachten, ist zwar üblich, aber letztlich nur Zeichen von Ahnungslosigkeit und nicht von Aufgeklärtheit oder intellektueller Coolness.

Um es mit dem Preßlufthammer wiederholend einzuhämmern: Planeten haben, auch vom astrologischen Standpunkt aus betrachtet, überhaupt keine in irgendeiner Form interessierende reale Wirkung auf das menschliche Schicksal. Der Pluto, der Mars, der Saturn, all diese traditionell bösen Buben tun niemandem etwas zuleide. Es sind Energieklumpen weit, weit oben am Himmel. Wenn ein Besoffener Sie in der U-Bahn anpöbelt, ist es nicht der Pluto, sondern eben dieser Besoffene. Und wenn die Liebste Ihres Lebens Sie innig küßt, ist dies nicht die Venus, sondern eben genau diese Liebste. Seien Sie froh ... – der Pluto pöbelt nicht, die Venus küßt nicht.

An diesem Punkt herrscht praktisch kein Unterschied zwischen der Haltung eines typischen Wissenschaftlers und eines wahren Astrologen. Was allerdings keine Sensation ist, denn der gesunde Menschenverstand ist, wie der Name schon sagt, ein allgemeines menschliches Merkmal. Und in diesem Sinne ist der Pluto ein Planet im Sonnensystem und der Besoffene in der U-Bahn ist ein Mann in Deutschland. Oder wo auch immer er herumtorkeln mag. Das ist weder dasselbe noch ist es ursächlich miteinander verbunden. Natürlich gibt es nun Leute, die das anders sehen und die tatsächlich von einer „planetarisch-spirituellen“ Wirkung auf irdische Ereignisse ausgehen. Mit echter Astrologie hat diese naive und pseudophysikalische und ziemlich an den Haaren herbeigezogene Erklärung jedoch nichts zu tun.

– Wenn der als Beispiel gebrachte Mann aber nicht wegen des Plutos oder eines anderen Planeten in seinem Horoskop trinkt, warum haben Horoskope dann überhaupt eine Aussagekraft? Warum läßt sich dann aus dem Horoskop dieses Mannes ersehen, für einen erfahrenen und guten Astrologen, daß er trinkt? Und warum er trinkt? Und wann er trinkt? Und wie lange er schon trinkt. Und daß Aggression sein Trinken begleitet? Und wie er vom Saufen loskommen könnte? Und tausend andere Sachen mehr?

Wenn ursächliche Planeteneinflüsse für solche menschlich-allzumenschlichen Ereignisse auf der Erde auszuschließen sind, gleichzeitig aber inhaltliche Vorhersagen und Deutungen von Astrologen aufgrund des Planetenstandes (Horoskops) oft genug zutreffen, zumindest jenseits der Zufallswahrscheinlichkeit liegen, dann gibt es dafür eigentlich nur eine halbwegs plausible Erklärung: Zeit selbst (anschaulich gemacht mit dem „Schnappschuß“ des Horoskops) scheint eine unabhängige inhaltliche, sozusagen auf das Leben „abfärbende“ Qualität zu besitzen, die man analysieren und darstellen, mithin „deuten“ kann. Oder, um den Titel einer Abhandlung von C.G. Jung zu verwenden, der sich als einer der wenigen modernen Geistesgrößen respektvoll mit Astrologie auseinandergesetzt hat: „Synchronizität als ein Prinzip akausaler Zusammenhänge“.

Wenn man also im Hochsommer in Badehose oder Bikini baden geht, ist die mit der nackten Haut verbundene, sichtbare Sinnlichkeit nicht nur eine persönliche Vorliebe, sondern direkt an die Jahreszeit gekoppelt. Dies ist natürlich ein ganz simples Beispiel. Oder etwas konkret vertieft, da ich diesen Text gerade in München schreibe, am Flußufer auf einer Decke sitzend: Die meisten Menschen ertrinken in der Isar in der warmen Jahreszeit, da sie die reißende Strömung und andere Gefahren („Wasserwalze“) beim Baden unterschätzen. Das heißt, die Zeit des Sommers hat, astrologisch gesehen, bezogen auf die Isar und die sich dort vermehrt aufhaltenden Menschen auch ein bißchen mehr Todesgefahr als sonst mit im Gepäck. Das ist insofern nicht banal (nach dem Motto: Wenn mehr Leute baden, ertrinken natürlich wahrscheinlicherweise auch mehr) als daß diese Eigenschaft – größere Lebensgefahr – allein durch eine Veränderung der Zeit, nämlich von Winter zu Frühling zu Sommer, zustande gekommen ist.

Ein etwas komplexeres Beispiel für das alltägliche Wirken nur der Zeit ist das Eintreten der Pubertät: Sie ist nicht schon immer da wie ein vor dem Haus geparktes Auto, sondern kommt erst, wenn „die Zeit reif“ ist. Ein Baby hat noch keine, aber wird sie kriegen, wenn alles gut läuft. Manche Erwachsene haben sie nie gehabt, weil es leider nicht so gut gelaufen ist, sie nie aus den Vorgaben des jeweiligen Elternhauses ausgebrochen sind, um zu sich selbst zu kommen.

Der Unterschied zwischen astrologischem und normalen Verständnis der Zeit läßt sich vielleicht am einfachsten am Wechsel zwischen Tag und Nacht veranschaulichen. Auch wenn inzwischen vielen Leuten dieser rhythmische Zeiteinfluß unter anderem aufgrund der Verzerrung durch das ununterbrochen taghell „beleuchtete“ Internet nicht mehr wirklich bewußt ist.

Also: Es wird periodisch dunkel und dann wieder hell, weil die Erde sich um die eigene Achse dreht, und so die Sonne immer wieder für eine Weile aus dem Sichtfeld verschwindet. Das ist simple Wissenschaft und nichts allzu Mysteriöses. Astrologie befaßt sich nun aber nicht damit, warum es Nacht wird – das ist sozusagen als Tatsache mehr oder weniger geschenkt –, sondern was es bedeutet, daß es Nacht geworden ist. Denn aller Erfahrung nach passieren nachts andere Dinge als tagsüber. Dieser wiederkehrende reale Zusammenhang zwischen Aktion und Zeitpunkt ist das Material und der Ursprung jeder Astrologie.

Hat man sich mit diesem Gedanken erst einmal angefreundet, daß Zeit nicht nur das ist, was quantitativ auf dem Handydisplay oder auf der Armbanduhr angezeigt wird, sondern daß sie auch konkrete und lebendige Inhalte setzt, die es nur zu sehen gilt, dürfte Astrologie schnell an nüchternem Charme gewinnen und an esoterischem Kitsch verlieren. Neben C. G. Jung stammt der einzige mir bekannte und halbwegs auf der Höhe des Themas sich bewegende Text über Astrologie von einem Nichtastrologen von Ernst Jünger, und kommt schon im Titel: „Meßbare und Schicksalszeit“ zum Kern der Sache.

Denn der Zeitbegriff der Astrologie ist durch und durch qualitativ. Die echte Frage ist nie, als auf den Alltag bezogenes Beispiel jetzt: „Wann fährt der Zug vom Münchener Hauptbahnhof nach Berlin?“ – sondern: „Was bedeutet es, daß der Zug um 12 Uhr mittags von München nach Berlin abfährt?“ Man kann in der letzteren Frage vielleicht ein müßiges Unterfangen sehen, aber natürlich ist die Frage nach der Qualität des Vorgangs (zum bestimmten Zeitpunkt) unendlich viel komplexer als die simple Frage nach dem Zeitpunkt allein.

Kein Mensch interessiert sich normalerweise wirklich für die superdetaillierte Feststellung, daß am 24.7. 2010 um genau 17:02 auf der Duisburger Loveparade die ersten Opfer der Massenpanik zu melden waren; sagt man jedoch, daß ungefähr um diesen Zeitpunkt herum am späten Nachmittag die Qualität der Zeit sich geändert, eine Differenzierung der Zeit stattgefunden hat, die astrologisch ausgedrückt so beschrieben werden kann, daß die Konstellation Mars-Saturn bestimmend wurde (Konjunktion – nah beieinander stehend – am Mittagspunkt über Duisburg), wird es inhaltlich, und damit schon einmal viel interessanter.

Denn auch wer keine Astrologie betreibt, oder wer sie ablehnt, sogar wer sie verabscheut, wird bei der Aussage: „Saturn-Mars Konjunktion am MC über Duisburg“, mit der Idee konfrontiert, daß ein spezifischer Zeitpunkt an einem spezifischen Ort überhaupt eine Qualität jenseits der rein quantitativen Angabe haben könnte. Von allem Schnickschnack befreit ist Astrologie im Wesentlichen die Behauptung, daß Zeit (konkret und objektiv dargestellt mithilfe des Horoskops, das ohne Deutung einfach nur – geozentrisch – den Planetenstand bezogen auf den Tierkreis abbildet) mit Inhalten aufgeladen ist.

Sieht man das Horoskop zunächst einfach nur als Beschreibung eines konkreten Zeitpunktes – ohne jeden inhaltlichen Bezug – fällt sofort auf, daß es dank der im Tierkreis dargestellten Planetenpositionen unendlich viel differenzierter und komplexer ist als etwa die normale und relativ inhaltsleere Aussage: „Am 24.7.2010 um 17:02“.

Die übliche Beschreibung der Zeit mithilfe des Kalenders und der Uhrzeit steht zur astrologischen Charakterisierung der Zeit ungefähr in dem Verhältnis wie eine Punkband zu Mozart: auf der einen Seite ein paar unsauber und naiv geschrammelte Akkorde, auf der anderen extreme musikalische Erfahrung und Wissen. Anders und weniger blumig gesagt: Was Zeit angeht, sind Astrologen, und nur sie, die wahren Profis. Sie „hören“ mithilfe des Horoskops, was und wem die Stunde geschlagen hat.

Journalisten beispielsweise, die ihrem eigenen Verständnis nach vielleicht am „Puls der Zeit“ schreiben, etwa als Auslandskorrespondenten der New York Times, sind paradoxerweise eher „zeitliche Dilettanten“, da sie in der Regel von Einzelerscheinungen innerhalb der Zeit geblendet sind, diese zwar gründlich recherchieren, aber oft klassischerweise den Wald (eben die chronisch unberücksichtigte Qualität der Zeit) vor lauter Bäumen nicht sehen.

Daß Zeit überhaupt eine Qualität hat, läßt sich natürlich prinzipiell abstreiten. Meiner Ansicht nach zwar ein sinnloses Unterfangen ohne Zukunft. Ich komme gleich noch darauf. Aber unabhängig davon bedeutet eben die Ablehnung der Astrologie implizit die Verneinung dessen, daß Zeit überhaupt etwas bedeutet. Das heißt, wer nicht an Astrologie „glaubt“, behauptet letztlich – da Astrologie vor jeder Deutung auf Zeitbeschreibung beruht (ähnlich wie die Untersuchung beim Arzt der Diagnose vorausgeht) –, daß Zeit als solche keine Rolle im Leben spielt. Dies dürfte gefühlt eine völlig andere Aussage sein als: „Ich glaube nicht an Astrologie!“

Aber es ist eben ganz genau dasselbe; erhellenderweise sind übrigens die meisten auf ihre „Rationalität“ so stolzen Nichtastrologen oft fasziniert von Sportarten, wo gegen die Zeit selbst angerannt wird: Wie etwa beim Hundert-Meter-Lauf oder Marathon oder auch beim Zeitfahren bei der Tour de France. Was psychologisch als echte Kompensation zu verstehen ist: Wenn ein Inhalt unterdrückt oder verdrängt wird, statt Sexualität diesmal das Empfinden für Zeit, sucht sich dieser Inhalt halt eine neurotische Erscheinungsform. Wo plötzlich nur noch mit hochsensiblen Kameras zu messende Zehntel- oder Hundertstelsekunden („Fotofinish“)übertrieben wichtig werden, während der einfache „menschliche“ Tag jegliche Bedeutung verloren hat.

Daß es ein intuitives Empfinden für Zeit gibt, ist keine esoterische Behauptung, sondern menschlicher Alltag: Jeder, der seinen Geburtstag oder den seiner Oma oder seiner Kinder feiert – oder bezeichnenderweise mit schlechtem Gewißen vergessen hat –, besitzt es. Feiertage wie „Silvester“, „Tag der Deutschen Einheit“, „Weihnachten“, „Ramadan“ und so weiter, wären ohne das Zeitgefühl der Menschen vollkommen sinnlos. Warum soll man die zeitliche Wiederkehr von irgendetwas feiern oder gedenken, wenn Zeit selbst eigentlich gar keine Bedeutung hätte?

Konsequente Nichtastrologen dürften eigentlich ihren Geburtstag (oder auch jeden anderen), also die sicherlich zu feiernde Tatsache ihrer oder eines anderen Menschen Geburt, eben nicht an diesem speziellen Tag feiern; sondern unabhängig von diesem Datum wann immer es ihnen gerade in den Sinn kommt. Macht kaum jemand; und nicht wirklich aus Inkonsequenz, sondern weil sich das zeitliche Empfinden gegen diese subjektive Beliebigkeit total sträubt.

Weil Zeitgefühl, also Empfinden für die Qualität der Zeit, eine allgemeine menschliche Erfahrung ist (um von Tieren zu schweigen: die Paarungszeit etwa ist keineswegs beliebig), ist es recht müßig, es „zu beweisen“. Existieren tut das Zeitgefühl sowieso, es braucht keinen Existenzbeweis. Ähnlich wie bei Musikalität: Wer die Harmonie zwischen zwei Tönen hört, braucht keine offizielle Bestätigung. Und wer sie nicht hört, wird sie auch nach einer intellektuellen Begründung (Frequenzvergleiche beispielsweise) nicht hören. Mit anderen Worten, für alle Arten von Beweisen zutreffend: Erfahrung läßt sich nicht durch Ideologie ersetzen, und schon gar nicht widerlegen. Aber Erfahrung läßt sich mitteilen. Und damit gelangt man jetzt zur astrologischen Sprache, zum Horoskop, das genau das tut: nämlich die Erfahrung der Zeit ausdrückt.

Die Elemente der astrologischen Zeichensprache – Tierkreiszeichen, Planetensymbole, Häusereinteilungen und so weiter – sind keine „Erfindungen“ von irgendwelchen verspulten Wirrköpfen, sondern es sind objektive Details, die helfen, den jeweiligen Augenblick zeitlich extrem genau zu differenzieren, in seiner unaustauschbaren Besonderheit zu bestimmen. Die Positionen der astronomischen Himmelskörper Sonne, Mond, Merkur, Mars, Venus, Pluto, Saturn, Uranus, Jupiter, Neptun im Tierkreis bilden – bezogen auf einen konkreten Zeitpunkt an einem konkreten Ort – eine immer unterschiedliche Gesamtkonstellation; deren konkretes Abbild eben das konkrete Horoskop ist. Völlig unabhängig von der Interpretation dieses Abbildes läßt sich sagen, daß jedes Horoskop eine ziemlich komplexe Darstellung des jeweiligen zeitlichen Augenblicks liefert. Was man damit anfängt, ist zweifellos eine andere Frage. Aber festzuhalten bleibt, daß es einerseits ein intuitives qualitatives Zeitempfinden bei allen Menschen gibt, und zweitens, daß Zeit spezifisch und mithilfe des Horoskops objektiv darstellbar ist.

Hier bietet es sich an, auf einen Einwand einzugehen, der oft als „Widerlegung der Astrologie“ angesehen wird. Aufgrund der Präzession der Erdachse – Richtungsänderung eines rotierenden Körpers; kurz gesagt: ein drehender Kreisel wie die Erde verbleibt nicht statisch auf einer Stelle, sondern driftet mit der Zeit ein wenig – steht die Sonne am Frühlingsanfang (21. März) auf der Ekliptik nicht mehr auf Null Grad Widder wie vor 2000 Jahren, sondern um etwa 30 Grad verschoben im Tierkreiszeichen Fische. Und wird sich natürlich immer weiter verschieben, und irgendwann wird der Frühlingspunkt im Sternzeichen Wassermann liegen.

Hier ist jetzt Folgendes wichtig zu verstehen, um einen klaren Kopf zu bewahren beziehungsweise zu bekommen: Die Namen der Tierkreiszeichen stehen für Zeitabschnitte, die der Zwölfteilung des Jahres entsprechen. Die erste dieser zwölf Phasen vom Frühlingspunkt an (Tag und Nacht sind gleich lang), wird traditionell „Widder“ genannt, und beginnt um den 21. März herum. Das heißt, die Sonne steht für etwa dreißig Tage während dieser Zeit am Himmel in einem bestimmten Bereich, der sich früher mit dem Sternzeichen Widder deckte. Daß er es heute nicht mehr tut, ist unerheblich, weil die Bezeichnung „Widder“ nur ein Name und nicht die Ursache für die im Frühling beginnende Phase und den entsprechenden Ekliptikbereich der Sonne ist. Daß das reale Sternbild „Widder“ von der Erde aus gesehen verschoben ist, hat für die Astrologie keine Bedeutung, da die Inhalte dieser Frühlingsphase sich nicht geändert haben.

Es ist so, als würde man das Deckblatt einer Uhr austauschen: Ob es rot oder schwarz oder grün ist, der verschiedene Hintergrund ändert nichts an der Zeitanzeige selbst. Die astrologischen Prinzipien der jährlichen Widder-Phase (Konkrete Direktheit mit einem Schuß Aggression beispielsweise) existieren auch dann noch, wenn das Sternbild Widder irgendwann völlig aus dem Kosmos verschwunden sein sollte.

– Führt man das objektive Zeitbild des Horoskops und das subjektive Zeitgefühl zusammen, landet man relativ zwangsläufig bei der Astrologie, versteht sofort das seit Jahrtausenden unausrottbare Interesse an ihr. Die ja nichts anderes ist als der Versuch, das jeweilige Bild der Zeit, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, gespiegelt im jeweiligen Horoskop, zu verstehen. Was vom Motiv her einen durchaus noblen Zug und nichts mit geistiger Primitivität zu tun hat.

Vertreter der in den Medien vorherrschenden, sich aufgeklärt dünkenden Denkhaltung nicken an dieser Stelle oft wissend mit den Köpfen und meinen, das sei es ja eben: Das magische Denken, von dem der moderne Mensch sich zu befreien habe, fast wie von geistigen Sklavenketten. Das Horoskop sei nur ein Bild, ganz hübsch und interessant anzuschauen zwar, habe aber keine relevante Bedeutung für die Wirklichkeit.

Hier ist der wunde Punkt der Argumentation, aber nicht für die Astrologie, sondern für ihre Gegner. Denn was die Nichtastrologen mit der Bedeutung des Horoskops so vehement verneinen, ist eben nicht das Horoskop allein, sondern die Bedeutung dessen, was es präsentiert: nämlich der Zeit selbst. Die reflektierten Nichtastrologen tun also wiederum genau das, wovon schon bei der spontanen, sozusagen primitiven Ablehnung der Astrologie die Rede war: Sie leugnen, daß Zeit überhaupt einen Sinn hat. Was der menschlichen Erfahrung widerspricht.

Um das Bisherige etwas anschaulicher zusammenzufassen, ohne zu sehr in den astrologischen Jargon zu verfallen – was wissensmäßige Voraussetzungen beim Leser erfordern würde –, kann man die Massenpanik in Duisburg als aktuelles Beispiel verwenden, um die astrologische Sichtweise mit der üblichen, sozusagen journalistischen, zu vergleichen.

Der nichtastrologische Standpunkt sieht in der Tatsache, daß Menschen im Gedränge der Loveparade zerquetscht wurden (tödliche Brustquetschungen meistens), weil nachdrängende Besucher mit denen kollidierten, die das Gelände verlassen wollten, letztlich ein Organisationsproblem, das aus verschiedenen Gründen schlecht gelöst wurde. Hauptsächlich sei wohl der Ehrgeiz der Veranstalter schuld, die Show trotz der beengten und keineswegs idealen Verhältnisse der Örtlichkeit um jeden Preis durchzuziehen. Eine zunächst leicht nachvollziehbare Meinung, wobei natürlich auf den zweiten Blick die Suche nach „Verantwortlichen“ den kleinen Schönheitsfehler hat, daß damit indirekt unterstellt wird, die Opfer der Katastrophe hätten selbst keinerlei eigene Verantwortung an ihrem Schicksal.

Was schon deswegen ziemlich zweifelhaft ist, da niemand zum Besuch der Loveparade gezwungen wurde; dies ist übrigens kein billiger Zynismus, sondern einfach eine unleugbare Tatsache. Massenveranstaltungen in dieser Größenordnung sind kein Kindergeburtstag und können immer eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickeln. Wer einen Berg hochklettert, kann abstürzen; wer Auto fährt, kann tödlich verunglücken; wer sich in Menschenmassen begibt, kann von ihnen erdrückt werden – diese Gefahren liegen einfach in der Natur der jeweiligen Sache, und somit auch im Verantwortungsbereich desjenigen, der sich auf sie einläßt. Wer diese Verantwortung etwa bei der Loveparade allein den Veranstaltern in die Schuhe schiebt, und die Teilnehmer nur als arme Opfer hinstellt, entmündigt letztlich den Einzelnen, macht das Individuum in der Vorstellung zum totalen Spielball. Dies mag ja auch so empfunden werden, aber dann sollte man es auch in klaren Worten so sagen und nicht von „mündigen Bürgern“, sondern vielleicht besser von betreuten Schafen reden.

Die astrologische Haltung sucht im Unterschied zur moralischen nicht nach Schuldigen, Verantwortlichen oder gar „Drahtziehern“ der Duisburger Katastrophe, sondern schaut erst einmal unbefangen in das Horoskop. Und stellt fest, daß tatsächlich ab dem späten Nachmittag eine Konstellation zuständig wurde, Mars-Saturn Konjunktion, die nach astrologischer Erfahrung „widerstandsorientierte Energie“, Trotz, Aggression gegen Grenzen anzeigt.

„Anzeigt“, nicht verursacht; diese Unterscheidung zu verstehen, ist absolut notwendig. „Mars-Saturn“ heißt astrologisch nicht, daß die Konjunktion dieser beiden Planeten verdrängte Aggression ursächlich explosiv freisetzt, sondern daß verdrängte hochschießende Aggression oft erfahrungsgemäß von dieser Planetenposition zeitlich begleitet wird, also eine Synchronizität stattfindet. Ähnlich, wie wenn die Sonne in unseren Breitengraden im Steinbock steht, und es dann vermutlich recht kühl draußen ist, weil der Sonnenstand Steinbock immer im Winter stattfindet, arbeitet die astrologische Deutung mit der Vermutung, daß die Konstellation Mars-Saturn immer in Konfliktsituationen auftritt. Zwar weniger anschaulich und auf der Hand liegend wie die Angabe: Sonne im Steinbock bedeutet unter anderem Winterzeit, aber vom Prinzip genau dasselbe. Wiederkehrende Erfahrung wird mit einem parallel wiederkehrenden Muster des Zeitbildes (des Horoskops) verbunden.

Bezieht man also dieses wiederkehrende Zeitmuster von Mars-Saturn auf die Duisburger Loveparade, so hat man alle Komponenten, die man für eine Massenpanik so braucht, beisammen. Die Enge und Dichte und undurchdringliche Masse (entspricht der astrologischen Zeiterfahrung: Saturn) unterdrückt die Impulse der einzelnen Individuen(entspricht der astrologischen Zeiterfahrung: Mars); die Unterdrückung macht sich Luft, Widerstand gegen die Gängelung wird frei (Konstellation Mars-Saturn); und es kommt zur unkontrollierten Eruption innerhalb der Menschenmasse, die sich dann in der Folge wellenmäßig hochschaukelt und außer Kontrolle gerät.

Die astrologische Deutung beschreibt die Duisburger Massenpanik also nicht als schlecht gelöstes Organisationsproblem, sondern als Zustand der Einengung des Einzelnen durch die Masse (im Grunde eine gute Charakteristik der Loveparade überhaupt), der so nicht länger zu ertragen war. Das heißt, solange man an diesem Zustand nichts geändert hätte, hätte auch die beste Organisation der Welt die Katastrophe nicht verhindert. Genau so wenig wie man ein Mädchen, das in die Pubertätsphase eingetreten ist, mit Puppen und guten Manieren wieder zurück in die Kindheit locken kann, kann man eine Menschenmasse, die „umkippt“, die sich aus einer alten Form befreien will, wieder in die alten Gleise zwängen. Es ging in Duisburg nicht mehr, die Zeit dafür war um. Da dennoch an der überlebten Vorstellung der Loveparade festgehalten wurde, sowohl von den Veranstaltern als auch von den Teilnehmern, fuhr die Qualität der Zeit bildlich ausgedrückt wie eine Peitsche in die entindividualisierte Masse, und jagte die ganze gestaltlose Veranstaltung auseinander.

Von der Qualität der Zeit ausgehend, mit einem flüchtigen Blick ins Horoskop (nur die Konstellation Mars-Saturn berücksichtigend, es gibt natürlich noch viele andere astrologische Zusammenhänge), kommt die astrologische Sichtweise also zu dem Ergebnis, daß nicht die Organisation der Duisburger Loveparade das Problem und die Ursache der Katastrophe gewesen ist, sondern das Wesen der Loveparade selbst dazu geführt hat: Der Widerspruch zwischen den individuellen Impulsen der Teilnehmer („Tanzen“) und der riesigen Menschenmenge, die eben den einzelnen total und tragischerweise auch wörtlich plattwalzt, ist zu groß geworden. Und genau dieser Widerspruch und seine aggressive Entladung wird durch die qualitative Zeitbeschreibung „Mars-Saturn“ angezeigt.

Und auch umgekehrt: Das Duisburger Unglück fließt als neue Erfahrung dieser Zeit-Konstellation zukünftig in ihre inhaltliche Charakteristik mit ein. Woran man übrigens sehr gut sehen kann, daß Astrologie kein statisches System ist, sondern immer in Bewegung, immer dabei, neue Erfahrungen abzuspeichern und bewußtseinsmäßig zu assimilieren.

Es ist offenbar möglich, mit recht geringem Aufwand (kurz oder länger ins Horoskop schauen), ganz ohne Untersuchungskommissionen oder aufwändige Hintergrundrecherchen astrologisch ziemlich klare Aussagen zu Ereignissen zu treffen. Die eingefleischten Gegner der Astrologie kommen an dieser Stelle meist mit dem Argument: Sicher könne man alles mögliche mit etwas Phantasie aus dem Horoskop herauslesen, man könne ja auch alle möglichen Gestalten in vorbeiziehenden Wolken sehen. Wenn aber Astrologie wirklich stimmen würde, wieso sei es dann möglich, daß verschiedene Astrologen das gleiche Ereignis ganz unterschiedlich bewerten würden, beziehungsweise es manchmal richtig voraussagten, und dann wieder völlig danebenlägen? Wahrheit sei doch nicht teilbar, genauso wenig wie man nur ein bißchen schwanger sein könne.

Das klingt zunächst gut, aber der grundsätzliche Fehler bei dieser Argumentation ist das Unverständnis davon, was Astrologie überhaupt ist. Astrologie ist nicht Wahrheit von Gottes Gnaden oder per se, sondern sie ist die Deutung einer objektiven zeitlichen Situation (des spezifischen Planetenstands). Menschliche Deutung schließt nicht nur verschiedene Versionen zum gleichen Sachverhalt (Horoskop) ein, sondern schlicht und einfach auch den totalen Irrtum.

Wenn ein Schachweltmeister ein einzügiges Matt übersieht – was durchaus vorkommt –, so beweist dies weder, daß Schach ein dummes Spiel noch daß der Weltmeister ein Patzer ist. Es beweist eigentlich überhaupt nichts außer der Tatsache, die aber sowieso bekannt ist, daß niemand vollkommen ist. Um den Vergleich noch etwas weiterzutreiben: Leute die sich darüber mokieren, daß Astrologen sich oft gewaltig irren, erinnern an Kiebitze beim Schach, die zwar die eindeutigen Fehler der Großmeister bemerken, aber selbst keinen einzigen ernstzunehmenden Zug imaginieren können, und trotzdem unbeirrt daran glauben, das Spiel zu verstehen. Sie verstehen es nicht. Sie haben so wenig ein Gespür für das objektive Potential der Figuren wie Gegner der Astrologie ein Empfinden für das objektive Potential der Zeit besitzen.

Und eben wegen dieses objektiven Potentials läßt sich Zeit nicht nur astrologisch am Horoskop deuten; Zeit erzeugt ununterbrochen und überall Strukturen: Seien es die Linien der Hand, sei es der Verlauf eines Fußballspiels, sei es der Börsenkurs, sei es die Fellzeichnung eines Schäferhundes. Wohin auch immer man blickt, – in Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart hat Zeit sich als erkennbare Struktur „abgesetzt“. Wie Kaffeesatz, deswegen kann man ja aus ihm auch lesen.