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Dieses Buch enthält folgende Western: (499XE) Alfred Bekker: Der lange Schatten des Jake McCann Pete Hackett: Marshal Logan und die höllischen Sechs Pete Hackett: McQuade - Auf Gedeih und Verderb Pete Hackett: McQuade und der Satan von Maricopa Ich stand vor den kreuz und quer liegenden, verkohlten Balken und Brettern der Freeman Farm und war erschüttert. Der heiße Südwind wirbelte Asche und Staubspiralen über den Hof. Bei Gott, hier hatte sich eine Tragödie abgespielt, die mit Worten kaum zu beschreiben war. Vor drei Tagen waren mitten in der Nacht maskierte Reiter auf der Farm erschienen, hatten zunächst den Hund niedergeknallt, und als John Freeman mit einer Winchester in den Händen das Haus verließ, wurde auch er von den Nachtreitern erschossen. Sie waren mit einer Brutalität sondergleichen vorgegangen. Das Bild, das sich mir bot, sprang mir mit geradezu erschreckender Intensität in die Augen. Etwas Beklemmendes schien in der Luft zu liegen. Der Eindruck von Zerstörungswut und sinnloser Gewalt traf mich bis ins Mark.
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Seitenzahl: 278
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Zieht die Eisen, Revolvermänner! Western Sammelband 4 Romane
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DER LANGE SCHATTEN DES JAKE McCANN
Marshal Logan und die höllischen Sechs
McQuade – auf Gedeih’ und Verderb
McQuade und der Satan von Maricopa
Dieses Buch enthält folgende Western:
Alfred Bekker: Der lange Schatten des Jake McCann
Pete Hackett: Marshal Logan und die höllischen Sechs
Pete Hackett: McQuade - Auf Gedeih und Verderb
Pete Hackett: McQuade und der Satan von Maricopa
Ich stand vor den kreuz und quer liegenden, verkohlten Balken und Brettern der Freeman Farm und war erschüttert. Der heiße Südwind wirbelte Asche und Staubspiralen über den Hof. Bei Gott, hier hatte sich eine Tragödie abgespielt, die mit Worten kaum zu beschreiben war. Vor drei Tagen waren mitten in der Nacht maskierte Reiter auf der Farm erschienen, hatten zunächst den Hund niedergeknallt, und als John Freeman mit einer Winchester in den Händen das Haus verließ, wurde auch er von den Nachtreitern erschossen. Sie waren mit einer Brutalität sondergleichen vorgegangen.
Das Bild, das sich mir bot, sprang mir mit geradezu erschreckender Intensität in die Augen. Etwas Beklemmendes schien in der Luft zu liegen. Der Eindruck von Zerstörungswut und sinnloser Gewalt traf mich bis ins Mark.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER A.PANADERO
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Der Umfang dieses Buchs entspricht 106 Taschenbuchseiten.
US-Marshal Brent Hayes ist im Auftrag des Gouverneurs unterwegs, um Jake McCann festzunehmen. Seinen Marshal-Stern trägt Hayes in der Westentasche, denn in New Mexico kann der ihm nicht helfen. Wird er es überhaupt schaffen, bis zu McCann vorzudringen, denn der hat seine Helfer überall...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author / COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
US-Marshal Brent Hayes wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und blickte nach Süden - dorthin, wo irgendwo das Hauptquartier von Jake McCann sein musste - jenem Mann, dem er das Handwerk legen sollte. Seinen Stern trug Hayes nicht, schon um länger am Leben zu bleiben. Denn das Land, das vor ihm lag, war das Land, in dem Jake McCann regierte und nicht das Gesetz. Sobald irgendjemand erfuhr, dass er im Auftrag des Gouverneurs hier war, um McCann zu entmachten, würde er eine Zielscheibe sein. Hayes war den ganzen Tag geritten und inzwischen war die Sonne bereits milchig geworden. Vor ihm befand sich eine karge, trockene Einöde soweit das Auge reichte.
Ein Geräusch ließ Hayes dann abrupt hochfahren. Seine Rechte fuhr instinktiv in Richtung Hüfte, wo ein Revolvergriff aus dem Holster ragte.
Schüsse peitschten.
Hayes blickte sich nach allen Seiten um, aber zunächst war nirgends etwas zu sehen.
Die Schüsse krachten irgendwo hinter der nächsten Hügelkette gen Süden und mittlerweile war die Sache zu einer ausgewachsenen Schießerei geworden. Ziemlich heftig musste es da hin und her gehen...
Das Geräusch galoppierender Pferde war zu hören. Es wurde zu donnerndem Hufschlag. Ein Reiter, der sich dicht am Rücken seines Gauls hielt, preschte über die Hügel. Er klammerte sich an den Hals seines Schecken. Der Mann war verletzt. Sein Hemdrücken rot. Ein Wunder, dass er sich noch in den Steigbügeln halten konnte.
Der Kerl ritt direkt auf Hayes zu.
Dann kam ein zweiter Reiter über den Hügel. In einem mörderischen Galopp hetzte er mit einem 45er in der Rechten hinter dem Verletzten her. Der Verfolger zielte kurz und feuerte.
Der Flüchtende hatte keine Chance. Die Kugel traf ihn am Hinterkopf. Ein Ruck ließ ihn vorn über den Hals des Pferdes zu Boden fallen. Der Gaul stoppte, stellte sich auf die Hinterbeine und wieherte durchdringend. Der Körper des Getroffenen kam mit einem dumpfen Laut auf dem ausgetrockneten Boden auf.
Hayes' Hand war indessen zur Hüfte gegangen.
Der US-Marshal hatte keine Ahnung, worum es hier ging und was der Hintergrund dieser Fehde war. Eine grausige Mischung aus gellenden Todesschreien und peitschenden Schüssen drang unterdessen über die Hügelkette.
Der fremde Reiter sah Hayes für den Bruchteil eines Augenblicks mit schmalen Augen an. Ein kantiges, brutales Gesicht mit einem gemeinen Grinsen spielte um den dünnlippigen Mund. Seine Nase sah aus, als wäre sie mal gebrochen gewesen.
Der Kerl riss die Waffe hoch und feuerte. Rot züngelte es aus dem langen Lauf des Peacemakers heraus.
Aber Hayes war schnell.
Blitzartig riss er die Waffe aus dem tiefgeschnallten Holster heraus und drückte ab. Schüsse fielen beinahe gleichzeitig.
Hayes erwischte sein Gegenüber an der Schulter. Der Kerl wurde durch die Wucht des Geschosses nach hinten gerissen. Sein eigener Schuss ging haarscharf an Hayes' Hutkrempe vorbei.
Der fremde Reiter riss sein Pferd herum. Er versuchte, noch einmal auf Hayes zu schießen, riss die Waffe hoch und drückte ab.
Hayes duckte sich und schoss um den Bruchteil einer Sekunde früher. Der Kerl hatte ihm keine Wahl gelassen.
Sein Gegner stöhnte auf. Das Pferd preschte davon, während der Reiter schlaff im Sattel hing.
Hayes folgte ihm.
Der Reiter rutschte einen Augenblick später aus dem Sattel und blieb regungslos liegen.
Hayes blickte kurz zu dem Mann hinunter, der im Staub lag.
Dem konnte keiner mehr helfen...
Bevor Hayes seinem Gaul die Sporen gab, langte er noch hinunter zum Scabbard, riss das Winchester-Gewehr heraus und lud die Waffe mit einer energischen Bewegung durch.
Dann preschte er vorwärts - dorthin, wo geschossen wurde.
Hayes hatte nicht die leiseste Ahnung, um was es hier ging oder was ihn hinter der nächsten Hügelkette erwarten würde. Er sah jetzt hinter den Hügeln eine schwarze Rauchsäule in den strahlend blauen Himmel hinaufsteigen.
Unbarmherzig trieb er den Braunen vorwärts und hetzte ihn schließlich einen flachen Hang hinauf. Oben, auf dem Hügelkamm angekommen blickte er sich auf der anderen Seite um.
Noch immer wurde wild hin und her geschossen.
Hier war ohne Zweifel ein erbarmungsloser Kampf im Gange.
Hayes sah eine mittelgroße Ranch, deren Wohnhaus in hellen Flammen stand.
Flammen schlugen bereits auch aus der Scheune und dem Pferdestall.
Einzig und allein ein etwas abseits gelegenes Gebäude, dass wohl als Unterkunft für die Cowboys diente, war bislang noch vom Feuer verschont geblieben, aber wenn es nach den Angreifern ging, dann würde sich auch das bald ändern.
Etwa ein Dutzend Männer schossen wie wild auf die Ranch und dabei vor allem auf die Unterkunftsbaracke, denn dort schien sich der letzte Widerstand zu halten...
Aus zweien der Fenster konnte man in steter Regelmäßigkeit Mündungsblitze zucken sehen, aber was war das schon gegen die Flut der Angreifer?
Hayes sah einige Leichen im braunen, trockenen Gras und beim nahe gelegenen Pferdecorral.
Es war nicht zu sehen, welcher Seite sie angehörten, aber sie zeugten davon, mit was für einer Verbissenheit hier gekämpft worden war.
Die Sache schien klar.
Ein Rancher und seine Leute verteidigten sich hier mit dem Mut der Verzweiflung gegen eine Bande von Gesindel. Aber ihre Chancen standen schlecht.
Hayes' Augen wurden schmal.
Er wartete einen Moment und ließ seinen Braunen den Hang hinunterstürmen, wobei er Schuss um Schuss aus seiner Winchester krachen ließ.
Schon mit den ersten Kugel holte er zwei der Kerle aus ihrer Deckung heraus.
Hayes konnte nicht genau sagen, wie schwer er sie erwischt hatte. Er hörte nur ihre Schreie. Die Bande wurde jetzt auf den fremden Reiter aufmerksam, der aus dem Nichts aufgetaucht zu sein schien und sich da so unerwarteter weise eingemischt hatte.
Man hörte sie wild durcheinander rufen und dann pfiffen Hayes die ersten Kugeln um die Ohren, sodass er den Kopf einziehen musste.
Hayes ließ den Braunen einen Haken schlagen und hängte sich seitwärts an den Sattel, sodass der Gaul den größten Teil seines Körpers deckte.
Im vollen Galopp ließ Hayes noch ein paar Mal seine Winchester krachen.
Einer der Kerle schrie auf und stürzte nieder. Es musste ihn schwer erwischt haben, denn er blieb reglos am Boden liegen.
Vermutlich war er tot.
Zur gleichen Zeit kam aber von der anderen Seite ein Schrei. Einer der letzten beiden Verteidiger war getroffen worden, denn fortan wurden nur noch aus einem Fenster Schüsse abgegeben.
Ein Bandit machte sich von hinten an die Baracke heran und legte Feuer.
Bald schon fraßen sich die Flammen empor und begannen hell aufzulodern.
Alle Ranchgebäude waren aus Holz. Wochenlang hatte die Sonne brennend heiß vom Himmel geschienen und das Holz pulvertrocken werden lassen.
Nun brannte es wie Zunder.
Ganz gleich, was jetzt auch noch geschehen mochte: Von der Ranch würde kaum mehr bleiben als verkohlte Ruinen...
Plötzlich spürte Hayes, wie ein Ruck durch den kräftigen Körper des Braunen ging.
Das Tier ließ ein markerschütterndes Wiehern hören und Hayes ahnte, was das zu bedeuten hatte.
Es hatte den Braunen erwischt.
Ein paar Pferdelängen strauchelte der Gaul noch voran, bevor er dann zu Boden kam.
Hayes warf sich gerade noch rechtzeitig aus dem Sattel, um nicht unter dem massigen Tierkörper begraben zu werden. Geschickt rollte er sich am Boden ab, während links und rechts von ihm Sand von den einschlagenden Geschossen zu kleinen Staubfontänen aufgewirbelt wurde.
Es war verdammt knapp.
Hayes drehte sich blitzartig um die eigene Achse, riss den Lauf der Winchester hoch und feuerte. Sein Schuss traf einen Mann, der sich bei der brennenden Scheune verschanzt und gerade auf den fremden Reiter angelegt hatte.
Der Kerl klappte zusammen wie ein Taschenmesser und blieb regungslos liegen, während Hayes wieder hochgeschnellt war.
Eine Bleikugel riss ihm den Hut vom Kopf, während Hayes sich vor dem aufbrausenden Geschosshagel hinter eine Pferdetränke rettete.
Das Blei der Banditen schlug innerhalb weniger Sekunden ein gutes Dutzend Löcher in die Tränke, aus denen das Wasser herauslief.
Hayes presste sich auf den Boden und nutzte die Gelegenheit, um neue Patronen in das Magazin seiner Winchester hinein zu schieben.
Dann wartete er ab, bis das wütende Geballere etwas abgeebbt war, bevor er sich schließlich wieder aufrichtete und hinter der Tränke hervortauchte.
In schneller Folge schoss er sein Winchester-Gewehr ab und aus dem Barackenfester bekam er Unterstützung.
Zwei der Kerle wurden tödlich getroffen, einen dritten erwischte es an der Hand, sodass er fluchend seine Waffe fallenließ.
"Los, weg hier, Männer!", hörte man eine kehlige Stimme.
Die überlebenden Banditen rannten in Richtung ihrer Pferde, wobei sie weiter sporadisch in Hayes' Richtung ballerten.
Dann schwangen sich die ersten von ihnen in die Sättel und preschten davon.
Hayes jagte ihnen noch ein paar Kugeln hinterher, aber sie waren bald schon außerhalb seiner Schußweite. Hayes richtete sich nun zu voller Größe auf und legte sich den Lauf der Winchester über die Schulter.
Es war so, wie er vermutete hatte.
Diese Kerle hatten offenbar mit wenig Gegenwehr gerechnet und sich bei ihrem Überfall dementsprechend sicher gefühlt.
Aber in dem Moment, in dem ihnen jemand entschlossen gegenübertrat, liefen sie davon wie die Hasen.
Hayes ging ein paar Schritte zurück und nahm seinen Hut vom Boden auf. Dann wandte er den Blick zu der Cowboy-Baracke hin, deren Dach nun hell in Flammen stand.
In diesem Moment trat eine junge Frau durch die Tür, in deren zarten Händen sich eine Winchester befand. Sie war wohl die letzte überlebende Verteidigerin dieser Ranch, von der kaum etwas bleiben würde, als das Land selbst.
Ihr eigenes Leben war mit Mühe und Not gerettet worden, aber das war auch schon alles.
Sie trug Männerkleidung, die ihr viel zu groß war und ihre Figur sicherlich nicht betonte.
Aber selbst das Wenige, das die grobe Drillich-Hose und das karierte, sehr weit geschnittene Hemd davon preisgaben, ließ Hayes unwillkürlich schlucken.
Sie war eine aufregende Schönheit.
Ihr Haar war dick und blond und fiel ihr in einem mächtigen Schopf bis weit über die Schultern. Die Züge ihres Gesichts waren feingeschnitten und stolz, während die vollen Lippen ihr etwas Sinnliches gaben.
Sie kam näher heran und dann sah Hayes in ihre meergrünen Augen, in denen ein wildes Feuer loderte.
"Ich danke dir, Fremder!", brachte sie heraus und atmete tief durch. "Wie heißt du?"
"Mein Name ist Hayes."
"Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt wohl auch tot - so wie meine Cowboys!", sagte sie und in ihrem Tonfall schwangen Bitterkeit und Wut mit.
Hayes sah es in ihren Augen glitzern. Sie weinte still vor sich hin. So stark sie auch zuvor gewesen sein mochte, als ihr die Kugeln nur so um die Ohren geflogen waren, jetzt brachen die Gefühle ungehemmt ihr heraus.
Hayes trat zu ihr, und sie blickte zu dem hoch gewachsenen Mann auf. Dann legte er ihr den Arm um die Schultern, und sie schmiegte sich an seine breite Brust.
"Es war furchtbar..." flüsterte sie.
Hayes nickte verständnisvoll.
"Ich weiß", murmelte er. "Aber jetzt ist alles vorbei!"
Eine ganze Weile lang standen sie einfach nur so da, ohne ein Wort zu sagen.
Sie stand wohl unter einer Art Schock und brauchte ein bisschen Zeit, um sich zu erholen und wieder zu sich zu kommen.
"Ich bin Rebecca O’Connor", brachte sie schließlich heraus, während sich mit dem Handrücken über die Augen wischte. "Und dies hier war einmal meine Ranch... Drei Cowboys standen bei mir in Lohn und Brot. Die Kerle haben sie einfach niedergeknallt."
"Es ist etwas ungewöhnlich, dass eine Frau auf einer Ranch der Boss ist!", meinte Hayes, während er sie immer noch bei den Schultern hielt.
Sie blickte zu ihm auf.
"Glauben Sie etwa, dass eine Frau so etwas nicht kann?", fragte sie. Hayes sah das Blitzen ihrer grünen Augen und lächelte mild.
Er schüttelte den Kopf.
"Nein", meinte er. "Du kannst das bestimmt!"
Sie zuckte mit den Achseln.
"Ich hatte keine andere Wahl!", erklärte sie. "Vor zwei Jahren bin ich mit meinem Mann in dieses Land gezogen und wir haben versucht, eine Ranch aufzubauen. Aber dann ist er bei einer Schießerei ums Leben gekommen und ich versuchte, die Ranch weiterzuführen. Es ist mir auch ganz gut gelungen. Zumindest bis jetzt!"
Ihre letzten Worte klangen sehr bitter, und Hayes konnte nur zu gut verstehen, wie ihr zumute war.
"Hast du eine Ahnung, was das für Männer waren?", fragte er.
Ihr Gesicht wurde zu einer steinernen Maske.
"So etwas kann nur jemand fragen, der nicht aus der Gegend ist!"
Hayes nickte.
"Ich bin tatsächlich nicht aus der Gegend", gab er zu.
"Das waren die Männer von Jake McCann! Diese mordgierigen Bastarde!"
Hayes horchte auf.
Wegen Jake McCann war er schließlich hier her, in die Gegend um Columbus, New Mexico gekommen. Aber von seinem Auftrag würde Hayes Rebecca nichts sagen. Und auch nicht von dem Marshal-Stern, der sich in seiner Westentasche befand. Hayes wollte auf Nummer sicher gehen. Einen Fehler konnte er sich nicht erlauben.
"Was hatten McCann und seine Männer für einen Anlass, deine Ranch niederzubrennen?" Hayes musste den Unwissenden spielen, um nicht Rebeccas Argwohn zu erregen.
"Fremder, das verstehst du nicht!"
"Warum versuchst du nicht, es mir zu erklären, Rebecca?"
Ihre meergrünen Augen unterzogen Hayes einer kritischen Musterung. Dann schien Rebecca O’Connor einen Moment lang mit sich ringen zu müssen, bevor sich schließlich doch ihre Lippen bewegten.
"Okay", meinte sie. "Die ganze Gegend zahlt an diesen McCann dafür, dass er sie in Ruhe lässt. Jeder Rancher und auch die Leute in der Stadt."
Hayes nickte.
"Und du wolltest nicht mehr zahlen, nicht wahr?"
"Ich konnte nicht mehr, Hayes! Wir hatten eine Seuche bei unseren Rindern, unsere Einnahmen waren schlecht. Ich habe ein bisschen Geld auf der Bank von Columbus, aber diese Rücklagen hätte ich gebraucht, um über dieses Jahr hinwegzukommen! Ich bat um Aufschub, aber sie wollten ihn mir nicht geben." Sie barg ihr Gesicht mit den Händen. "Was hätte ich denn tun sollen?", rief sie. "Wenn ich gezahlt hätte, wäre das das Ende der Ranch gewesen!" Sie blickte wieder auf und fügte noch bitter hinzu: "Es war wohl ziemlich dumm, zu glauben, dass wir allein gegen diese Banditen eine Chance haben könnten!"
Hayes wandte sich um und blickte zu den Toten, die überall auf dem Boden verstreut lagen.
Rebeccas Cowboys waren ebenso darunter, wie ungefähr die Hälfte des Banditentruppe.
Aber nach allem, was Hayes über Jake McCanns Meute erfahren hatte, konnte dies nur eine kleine Abteilung seiner Bande gewesen sein...
Vielleicht waren es fünfzig, vielleicht auch hundert Mann, die unter dem Befehl dieses Mannes standen.
Niemand wusste das so genau, aber Hayes schätzte, dass man mindestens so viele Schießer brauchte, um ein derart großes Gebiet wirksam zu kontrollieren. So wirksam, dass es bisher offenbar niemandem gelungen war, sich mit Erfolg dagegen aufzulehnen.
Ein ganzer Landstrich unter der Knute eines einzigen, machtgierigen Mannes, der sich einen Dreck um das Gesetz scherte. So war die Situation.
Und Brent Hayes war hier, um das zu ändern.
"Hayes!", hörte er dann plötzlich Rebeccas Stimme.
Er wandte sich zu ihr herum.
"Ja?"
"Was hast du vor?"
Hayes war klar, dass er sich etwas um Rebecca würde kümmern müssen.
Er deutete zum Horizont, wo die Sonne im Begriff war unterzugehen.
"Bevor es dunkel wird, will ich die Toten begraben haben!", meinte er.
"Und dann?"
"Mein Ziel ist Columbus. Wenn du willst, nehme ich dich bis dorthin mit, Rebecca!"
Sie nickte.
"Okay!"
Es war schon fast Mitternacht, als Hayes und Rebecca die ersten Häuser der Stadt Columbus als dunkle Schemen aus der Dunkelheit auftauchen sahen.
Hayes hatte dem Pferd eines erschossenen Banditen seinen Sattel aufgelegt, und auch Rebecca ritt auf einem dieser Pferde, denn ihre eigenen Tiere hatten die Kerle schon vorher aus dem Corral getrieben.
Der Ritt durch die Dunkelheit war nicht einfach gewesen, aber Rebecca kannte sich vorzüglich in der Gegend aus. Sie hätte den Weg von ihrer Ranch vermutlich auch blind gefunden, wenn es vonnöten gewesen wäre.
"Was wirst du tun, wenn wir gleich in Columbus ankommen, Rebecca?", fragte Hayes. "Hast du jemanden, wo du erst einmal unterkommen könntest?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Nein. Niemanden. Aber das macht nichts. Ich habe dir ja bereits gesagt, dass ich noch etwas Geld auf der Bank habe. Ich werde mich erst einmal im Hotel einmieten, um wieder zu mir zu kommen..." Sie zuckte mit den Schultern. "Wer weiß, vielleicht gebe ich auf..."
Hayes runzelte die Stirn.
"Was soll das heißen?"
"Dass ich möglicherweise das Land verkaufen werde, auf dem die Ranch gestanden hat. Viel werde ich im Augenblick wohl nicht dafür bekommen. Aber vielleicht reicht es, um irgendwo anders ein neues Leben zu beginnen."
"Überlege dir gut, was du tust", meinte er.
Wenig später ritten sie bereits durch die finsteren Straßen von Columbus.
Erst als sie auf der Main Street waren, wurde es etwas heller, denn in den Saloons war noch Betrieb.
Hayes wandte sich an seine Begleiterin und meinte: "Du wirst am besten wissen, wohin wir uns jetzt wenden sollten. Ich brauche ebenfalls ein Zimmer."
Rebecca O’Connor nickte und streckte den Arm aus.
"Dort hinten ist Saul Ellroys Hotel. Ich kenne den Besitzer. Er ist ein anständiger Kerl und so etwas wie ein Freund. Ihm gehört übrigens auch der Columbus Silverdollar in der unteren Etage des Gebäudes..."
Hayes zuckte mit den Schultern.
Sein Blick glitt die anderen Kaschemmen an der Main Street entlang, in denen um diese Zeit noch etwas los war, und blieb dann dort hängen, wo Rebeccas schlanker Arm hingedeutet hatte.
Saul Ellroys Laden machte von außen keinen schlechten Eindruck und so nickte er.
"Okay, Rebecca!"
Sie lenkten ihre Gäule auf Saul Ellroys Silverdollar zu. Mehr als zwei Dutzend Pferde standen schon davor.
Hayes und Rebecca stellten ihre Tiere dazu.
"Sehen wir erst einmal zu, dass wir Zimmer bekommen!", murmelte Hayes. "Um die Pferde werde ich mich dann nachher schon noch kümmern."
Als Hayes ihr aus dem Sattel half, huschte zum ersten mal ein Lächeln über Rebeccas Gesicht. Es war ein entzückendes Lächeln.
Der Blick ihrer meergrünen Augen traf ihn und diesmal war dieser Blick nicht mehr wütend und zornig, sondern warm.
Hayes hielt ihre Hand einen Augenblick länger, als eigentlich nötig gewesen wäre.
Sie ließ es gewähren.
"Unter deiner rauen Schale scheint ja ein vollendeter Gentleman zu stecken, Hayes!", meinte sie dann.
Hayes gab ihr das Lächeln zurück.
"Nur, wenn ich es mit einer echten Lady zu tun habe, Rebecca! Nur dann!"
Sie lachten beide darüber, und dann gingen sie Arm in Arm die durch Schwingtüren.
Drinnen herrschte viel Betrieb und ausgelassenes Treiben. An der Theke standen Männer und tranken Whiskey, während ein graubärtiger Pianospieler auf einem verstimmten Klavier herumklimperte.
Ein paar Kerle sangen ziemlich schräg dazu.
Hayes ging mit Rebecca direkt zum Schanktisch.
Es war sicher das größte Etablissement weit und breit. Insgesamt drei Keeper standen hinter dem Tresen und füllten den Männern ihre Gläser auf.
"Mister Ellroy!", rief Rebecca mit heller, klarer Stimme, die durch das sonore Gemurmel der Männer drang. Einer der drei Keeper wandte den Kopf.
Es war ein massiger Kerl, wahrscheinlich schon weit über fünfzig. Er war so riesig, dass er selbst den hoch gewachsenen Hayes noch um ein paar Zentimeter überragte.
Saul Ellroy kam herbei und in seinem feisten, etwas angestrengt wirkenden Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
"So etwas... Mrs. O’Connor! Sie hier? An einem solchen Ort!"
"Ich brauche für die nächste Zeit ein Zimmer, Mister Ellroy. Natürlich zahle ich dafür!"
Ellroys Gesicht veränderte sich.
Es wurde ernst, sehr ernst. Der Saloon- und Hotelbesitzer zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Was ist geschehen?", erkundigte er sich. Aber sein Tonfall verriet, dass er die Antwort im Voraus ahnte.
"Es war McCanns Meute." Rebecca O’Connor versuchte weiter zu sprechen, aber ihre Stimme versagte ihr auf einmal den Dienst.
Ein Kloß schien ihr im Hals zu sitzen und sie am Reden zu hindern. Sie schluckte, und dann barg sie das Gesicht in den Händen.
Das Geschehene musste sie ohne jeden Zweifel stark mitgenommen haben.
So sprach Hayes für sie.
"Sie haben die Ranch niedergebrannt. Es hat niemand überlebt. Ich kam dazu, aber da war das meiste schon geschehen..."
Der Keeper erschrak und wandte den Kopf zu Hayes.
"Oh, mein Gott!", stieß der dicke Mann hervor. "Diese Hunde! Diese verfluchten Hunde!"
Er schlug mit der flachen Hand auf den zerkratzten Schanktisch. Einige der Kerle an der Theke blickten sich kurz zu ihm um, dann fuhren sie in ihren Gesprächen fort.
"Zahlen Sie auch an Jake McCann?", erkundigte sich Hayes kühl.
Ellroy sah Hayes an, als wäre dieser ein exotisches Tier.
"Sie sind wohl nicht aus der Gegend, was Mister…?"
"...Hayes."
Ellroy verzog das Gesicht.
"Wenn Sie aus der Gegend wären, würden Sie so etwas nicht fragen! Jeder zahlt hier an Jake McCann! Jeder! Und alle die versucht haben, es nicht zu tun, liegen jetzt unter der Erde!" Ellroy machte eine hilflose Geste. "McCann residiert auf einer Hazienda in Mexico. Dort ist er sicher, dieser verfluchte Bastard!"
"Wie sieht McCann aus?", fragte Hayes. "Sind Sie ihm schon einmal begegnet? So von Angesicht zu Angesicht..."
Aber Ellroy schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich bin McCann nie begegnet. Er lässt die Drecksarbeit von seinen Leuten machen... Wenn du ein kleiner Gauner bist, Fremder, dann musst du deinen Hals riskieren! Aber nicht, wenn man so groß ist wie Jake McCann!"
Ellroy stellte zwei Gläser auf den Schanktisch.
"Whisky?", fragte er.
"Ja", kam es von Hayes.
"Und die Lady?"
Rebecca O’Connor hatte sich inzwischen wieder etwas gefangen und nickte.
"Ja", meinte sie. "Ein Whisky wird auch mir heute guttun!"
Ellroy holte die Flasche mit dem braunen Saft und schenkte ein. "Geht auf Kosten des Hauses, Mrs. O’Connor!", meinte er. "Genau wie Ihr Zimmer!"
Rebecca wollte protestieren, aber Ellroy winkte ab und erstickte ihren Protest schon im Keim. "Wir haben uns immer gut verstanden, Mrs. O’Connor, und Sie sind jetzt in einer bösen Lage. Da muss man sich gegenseitig helfen!"
"Ich danke Ihnen!"
Später gingen sie mit Ellroy die Treppe hinauf zu den Zimmern. Hayes begann inzwischen zu ahnen, dass dieser Auftrag alles andere, als eine gewöhnliche Sache werden würde. Hier hatte er es mit einem ganz großen Wolf zu tun, der einen ganzen Landstrich in seinen unbarmherzigen Fängen hielt.
Ellroy öffnete eine Zimmertür und machte eine einladende Armbewegung.
"Hier, Mrs. O’Connor! Dies ist mein bestes Zimmer! Es steht zu Ihrer Verfügung!"
"Ich danke Ihnen."
"Hoffentlich gefällt es Ihnen!"
"Es ist wunderbar, Mister Ellroy!"
"Wenn Sie noch irgendeinen Wunsch haben sollten, dann sagen Sie es mir bitte!"
"In Ordnung."
Ellroy wandte sich nun an Hayes.
"Ihr Zimmer liegt genau gegenüber, Mister Hayes... Wissen Sie schon, wie lange sie in Columbus bleiben werden?"
Hayes machte eine unbestimmte Miene.
"Wahrscheinlich nicht lange. Ich weiß es aber noch nicht genau. Wenn es Ihnen recht ist, werde ich für eine Nacht im Voraus bezahlen."
"In Ordnung. Ich nehme an, Sie haben Pferde dabei..."
"Ja."
"Dann stellen Sie die Tiere für die Nacht in meinen Stall. Der hiesige Mietstall gehört Craig Gordimer und der ist, wie ich ihn kenne, längst im Bett und wäre ziemlich ärgerlich, wenn Sie ihn dort herausläuten würden!"
Hayes nickte.
"Okay, verstehe. Gibt es eigentlich einen Sheriff in der Stadt?"
Ellroys Augen wurden schmal, als er Hayes mit einem nachdenklichen Blick bedachte. Er zögerte einen Moment, bevor er sprach.
"Ja, er heißt Madison. Aber erwarten Sie nicht zuviel von ihm."
"Wo ist dieser Madison jetzt?", fragte Hayes.
Ellroy zuckte die Achseln.
"Im Bett, schätze ich. Unten im Schankraum war er jedenfalls nicht mehr - und im Allgemeinen zieht er meinen Saloon den anderen Kaschemmen vor, die es hier in Columbus gibt! Er wohnt direkt neben dem Office und der Gefängniszelle."
Später befand sich Hayes wieder draußen im Freien und schwang sich auf den Rücken seines Gauls.
Es war ihm nicht besonders wohl dabei, Rebecca in diesem Moment allein zulassen, aber es ging nicht anders.
Er hatte ihr eingeschärft, die Tür von innen verschlossen zu halten und niemandem aufzumachen. Außerdem hatte sie ihr Winchester-Gewehr dabei, mit dem sie ja vorzüglich umzugehen wusste, wie sie bei dem Gefecht gegen die Banditen bewiesen hatte.
Die Kerle, die bei dem Überfall davongekommen waren, konnten es unmöglich schon über die mexikanische Grenze geschafft haben und mussten sich noch irgendwo in der Umgebung aufhalten.
Einige von ihnen waren verletzt - was lag da näher, als eine Stadt wie Columbus aufzusuchen, wo es vielleicht sogar einen Doc gab.
Und wenn nicht, dann zumindest genug Whisky zur Desinfektion oder zum Betäuben der Schmerzen.
Wenn diese Männer Rebecca in die Hände bekommen würden, stand ihr sicher Schlimmes bevor...
Hayes lenkte sein Pferd die Main Street entlang, bis er zum Sheriff-Office kam.
Dort stieg er ab und klopfte an jener Tür, hinter der er die Wohnung des Sheriffs vermutete. Es dauerte ein bisschen, bis sich die Tür einen Spalt öffnete und ein verschlafenes, müdes Gesicht herausschaute.
"Was wollen Sie?", knurrte er.
"Sind Sie Madison, der Sheriff?"
Er fletschte die Zähne wie ein angriffslustiger Terrier.
"Erwarten Sie, dass ich meinen Stern auch nachts trage?", knurrte er bissig.
Hayes blieb gelassen.
"Nein. Nur, dass Sie Ihre Pflicht tun."
Madison kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Hayes sah aus den Augenwinkeln heraus, dass der Sheriff eine Waffe in der Rechten hielt - einen Colt 45. Er ließ das Schießeisen jetzt sinken.
Dann bewegte er den Kopf seitwärts und bedeutete Hayes damit einzutreten.
"Kommen Sie herein! Aber verdammt noch mal, machen Sie es kurz! Ich bin müde!", grunzte der Sheriff.
Hayes trat ein.
Innen herrschte halbdunkel.
Nur eine kleine Lampe brannte und gab etwas Licht.
Die Wohnung des Sheriffs bestand aus einem einzigen Raum, in dem ein Bett und wenige Möbel standen. Es herrschte heilloses Chaos.
"Jake McCanns Meute hat die Ranch von Mrs. O’Connor überfallen und niedergebrannt. Ich kam leider etwas zu spät..."
Madison verzog das Gesicht.
"Was Sie nicht sagen..."
"Mrs. O’Connor ist die einzige Überlebende. Diese Bastarde haben wie die Tiere da draußen gewütet!"
Der Sheriff zuckte die Achseln und wirkte merkwürdig desinteressiert.
"Bedauerlich, Mister..."
"Mein Name ist Hayes."
"Mister Hayes..." Madison sprach den Namen sehr gedehnt aus, als müsste er überlegen, was er jetzt zu entgegnen hatte.
Hayes zog die Augenbrauen hoch.
Ein paar Augenblicke später sollte ihm klarwerden, dass sein Gegenüber ihn im Grunde nur abwimmeln wollte. "Hören Sie, Hayes...", begann der Sheriff, aber der US-Marshal schnitt ihm das Wort ab.
"Nein, Sie hören erst einmal mir zu! Die Kerle, die das gemacht haben, können noch nicht all zu weit sein! Einige von ihnen sind verletzt... Es wäre doch möglich, dass sie erst einmal hier in Columbus untergekrochen sind!"
Madison schüttelte den Kopf
"Das glaube ich nicht! Leute mit Schusswunden, so etwas fällt auf! Nein, die Leute hätten sich das Maul darüber zerrissen!"
"Wie wär's, wenn wir beide mal eine Runde durch diese schöne Stadt machen, Sheriff?"
"Jetzt?"
Madison schaute verständnislos drein.
Hayes lächelte dünn.
"Ja, jetzt. Gibt es einen Doc hier?"
"Nein. Nicht mehr. Der letzte Doc, den wir hatten ist vor drei Monaten in einen Kugelhagel ums Leben gekommen... Warum sollten die Kerle also nach Columbus geritten sein? Wo ist übrigens Mrs. O’Connor jetzt?"
"Bei Ellroy. Dort kann sie erst einmal unterkommen. Was werden Sie unternehmen, Madison?"
"Soll ich vielleicht ein Aufgebot zusammenstellen und gegen Jake McCann zu Felde ziehen? Ich würde in der ganzen Stadt niemanden finden, Hayes! Die haben alle viel zuviel Angst!"
"Sie lassen McCann also freie Hand!", stellte Hayes mit bitterem Unterton fest. Es schien ganz so, als würde er in dem Sternträger alles andere als einen tatkräftigen Verbündeten haben...
"Nein", knurrte Madison ungehalten. "Ich sorge in dieser Stadt für Ordnung! Das ist alles!"
"Und was darüber hinaus passiert, da schauen Sie weg!"
Madison verzog verächtlich das Gesicht.
"Da tauchen Sie als Fremder einfach so vor mir auf und wollen mir Vorschriften machen! Das gefällt mir nicht! Gehen Sie schlafen, Hayes - und stecken Ihren Kopf in eine Schüssel mit kaltem Wasser, damit Sie etwas abkühlen! In Columbus bin ich das Gesetz! Merken Sie sich das!"
Hayes nickte.
"Das werde ich..."
Der US-Marshal atmete tief durch. Madison lohnte die Aufregung nicht.
Hayes spürte die nackte Furcht bei seinem Gegenüber. Blechstern hin oder her - von diesem Mann hatte er nicht viel Hilfe zu erwarten.
Und irgendwie konnte Hayes ihn auch verstehen.
Dieser Mann wollte am Leben bleiben. Und er wollte so wenig Ärger wie möglich - genau wie die anderen Bürger in der Stadt und wie die Rancher im County.
Und wenn ab und zu einer von ihnen dran glauben musste, dann sahen die anderen einfach weg...
Hayes wandte sich wortlos zum Gehen.
Als er dann wieder im Sattel saß und auf den halb angekleideten Madison herabblickte, knurrte er noch ironisch: "Wie gut, dass es hier einen Sheriff gibt, der eine derart strenge Dienstauffassung hat! Man fühlt sich in Ihrer Stadt so sicher wie in Abrahams Schoß!"
Hayes verzichtete darauf, den Marshal-Stern aus der Tasche zu holen und ihn Madison unter die Nase zu halten. Gegenüber einem County-Sheriff wie Madison war auch ein US-Marshal nicht weisungsbefugt. Es hätte ihm also nicht das Geringste eingebracht und zudem hätte er damit rechnen müssen, dass es sich in der Gegend herumsprach, wer Hayes wirklich war.
Aber damit hätte er die Erfüllung seines Auftrags gefährdet, denn es wäre von da an fütr ihn schier unmöglich gewesen, näher an McCann heranzukommen.
Hayes verkniff sich eine bissige Bemerkung.
Er riss die Zügel herum und preschte die Main Street hinunter, während Madison ihm eine lautstarke Verwünschung nachsandte.
Als Hayes zu Ellroys Silverdollar zurückgekehrt war, kümmerte er sich erst einmal um die Pferde und stellte sie bei dem Saloonbesitzer in den Stall.
Dann nahm er Satteltaschen und Winchester und ging vorne durch den Schankraum.
Unterdessen hatte sich der Saloon ziemlich geleert. Kaum mehr als ein halbes Dutzend ziemlich einsam wirkender Zecher hing noch vor zumeist leeren Gläsern. Ellroy bemühte sich höchstpersönlich darum, einen nach dem anderen hinauszutreiben!
Hayes musste unwillkürlich grinsen, als er das sah. Ellroy achtete kaum auf den großen Mann, der dann an ihm vorbeiging und die Treppe nach oben passierte.
Wenig später stand er bei den Zimmern, die Ellroy ihm und Rebecca zugewiesen hatte.
Hayes überlegte einen Moment, ob er an Rebeccas Tür klopfen und sich danach erkundigen sollte, ob bei ihr alles in Ordnung sei.
Vermutlich schlief sie längst...
Aber da er sich irgendwie für sie verantwortlich fühlte, tat er es dennoch.
"Rebecca?"
Er klopfte.
Und einen kurzen Augenblick später machte Rebecca ihm auf.
"Alles in Ordnung?", erkundigte sich Hayes.
Sie nickte.
"Ja."
Hayes blickte an ihrem Körper hinunter und stellte fest, dass sie noch vollständig angezogen war. In der Rechten hatte sie das Winchester-Gewehr.
"Endlich bist du zurück! Ich habe die ganze Zeit auf dich gewartet!", sagte sie.
Hayes lachte.
"Das darf doch nicht wahr sein!"
"Ich möchte, dass du in dieser Nacht bei mir bleibst, Hayes! Ich fühle mich dann sicherer..."
Und ehe Hayes noch etwas hätte sagen oder tun können, hatte Rebecca bereits ihre schlanken Arme um den Hals des großen Mannes geschlungen und damit begonnen, ihn leidenschaftlich zu küssen.
In einer solchen Situation ließ Hayes sich für gewöhnlich nicht zweimal bitten...
Noch eine Sekunde zuvor hatte er sich hundemüde von den Strapazen des Tages gefühlt, aber jetzt spürte er mit einem Mal seine Lebensgeister zurückkehren.
Er stellte die Winchester gegen die Wand und ließ die Satteltaschen zu Boden gleiten.
Mit dem Absatz beförderte er die offen stehende Tür ins Schloss und schob dann den Riegel davor. Die ganze Zeit über tauschte er dabei mit Rebecca feurige Küsse.
Auch ihre Waffe war auf einmal nicht mehr da. Mit einem lauten Poltern kam das Gewehr auf den Bretterboden.
Die Hände der jungen Rancherin waren geschickt und schon nach wenigen Augenblicken hatte Hayes bereits die Hemdknöpfe gelöst und seinen mächtigen, muskulösen Oberkörper entblößt.
Hayes hörte ihren Atem und dachte: Diese Frau hat Temperament! Seine Hände glitten über Haar und ihren Nacken und zogen ihr dann das grob karierte Hemd aus.
Darunter trug sie nichts, und ihre wunderschönen Brüste reckten sich Hayes entgegen.
"Komm!", hauchte sie und zog ihn mit sich in Richtung des breiten Bettes.
Sie lagen Arm in Arm beieinander.
Rebecca legte ihren Kopf auf Hayes’ Schulter, während er ihr zärtlich über das wunderbare Haar strich.
Er wandte kurz den Kopf zum Fenster hin, durch das fahles Mondlicht herein schien.
Mein Gott! Was für eine Frau!, dachte Hayes voller Bewunderung. Sie hatte Temperament und Feuer und alles, was sie miteinander getan hatten, mit jeder Faser ihres Körpers genossen.
Sie schmiegte sich noch dichter an ihn, seufzte glücklich und hatte die Augen geschlossen.
Dann wurde ihr Atem regelmäßig.
Wahrscheinlich wären sie beide sehr bald in den Schlaf hinübergedämmert.
Aber dazu kam es nicht...
Schritte ließen Hayes aufhorchen. Es waren Schritte von mehreren Stiefelpaaren, dass konnte der große Mann deutlich hören.
Als die Schritte dann plötzlich endeten, schreckte Hayes hoch.
"Was ist?", fragte Rebecca verstört.
"Ich weiß es noch nicht", murmelte er.
Dann war Ellroys Stimme zu hören. Sie klang seltsam ängstlich, ganz anders, als es sonst die Art dieses Mannes war.
Vielleicht hielt man ihm gerade eine Revolvermündung unter die Nase und hatte ihm seinen Text vorgeschrieben... Hayes sprang aus dem Bett und griff nach dem Revolver, der zusammen mit dem Holster auf Boden lag, wo auch seine restlichen Sachen verstreut zu finden waren...
"Mister Hayes! Ich muss Sie sprechen! Machen Sie die Tür auf!", forderte Ellroys Stimme.