Zu Weihnachten ermordet: 5 Krimis - Alfred Bekker - E-Book

Zu Weihnachten ermordet: 5 Krimis E-Book

Alfred Bekker

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Dieses Buch enthält folgende Krimis: (XE299) Alfred Bekker: Mörder mit Hut Alfred Bekker: Durchsiebt Alfred Bekker. Die schlesische Zeitmaschine Alfred Bekker: Saras Flucht Alfred Bekker: Die nackte Mörderin Ein großer Mafia-Deal soll über die Bühne gebracht werden. Es geht um unvorstellbar große Summen - und unvorstellbar dreckige Geschäfte. Ein verdeckter Ermittler wurde eingeschleust und riskiert Kopf und Kragen. Als er auf einer Party des Syndikats-Bosses einem nackten Showgirl gegenübersteht, ahnt er nicht, dass er eine skrupellose Killerin vor sich hat... Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuchautors Alfred Bekker, der darüber hinaus an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mitschrieb.

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Alfred Bekker

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Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Zu Weihnachten ermordet: 5 Krimis

Copyright

MÖRDER MIT HUT

1

2

3

4

5

Durchsiebt

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

Die schlesische Zeitmaschine

1

2

3

4

5

6

SARAS FLUCHT

1

2

3

Die nackte Mörderin

Zu Weihnachten ermordet: 5 Krimis

von Alfred Bekker

Dieses Buch enthält folgende Krimis:

Alfred Bekker: Mörder mit Hut

Alfred Bekker: Durchsiebt

Alfred Bekker. Die schlesische Zeitmaschine

Alfred Bekker: Saras Flucht

Alfred Bekker: Die nackte Mörderin

Ein großer Mafia-Deal soll über die Bühne gebracht werden. Es geht um unvorstellbar große Summen - und unvorstellbar dreckige Geschäfte. Ein verdeckter Ermittler wurde eingeschleust und riskiert Kopf und Kragen. Als er auf einer Party des Syndikats-Bosses einem nackten Showgirl gegenübersteht, ahnt er nicht, dass er eine skrupellose Killerin vor sich hat...

Henry Rohmer ist das Pseudonym des bekannten Fantasy- und Jugendbuchautors Alfred Bekker, der darüber hinaus an zahlreichen Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, John Sinclair und Kommissar X mitschrieb.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER A. PANADERO

© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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MÖRDER MIT HUT

von Alfred Bekker

1

Alle, die an jenem Abend um Geld spielten, gehörten zu denjenigen, die es sich leisten konnte, etwas aufs Spiel zu setzen, ohne dabei auf den Pfennig sehen zu müssen: Da war Gundelach, der Juwelier, ein Spieler aus Leidenschaft, der sich diese ruinöse Sucht seines gutgehenden Geschäftes wegen leisten konnte. Geiger war Bankdirektor und als solcher schon Berufs wegen mit einem gewissen Hang zum Geiz behaftet: Er spielte nie über sein Limit hinaus, selbst wenn er dafür von den anderen, allesamt weitaus vermögenderen Mitspielern belächelt wurde. Jochimsen, ein kühler, zurückhaltender Mann, war in derselben Branche wie Brandner tätig, besaß ebenfalls ein gutgehendes Unternehmen und es gehörte fast schon zum Ritual dieser Spielabende, dass er den Gastgeber drängte, seine Firma doch an ihn zu verkaufen und sich ins Privatleben zurückzuziehen. Natürlich lehnte Brandner dieses Ansinnen seines schärfsten Konkurrenten stets ab.

"Wie wäre es, wenn Sie Ihre Firma als Einsatz stiften würden?", meinte Jochimsen nachdem er einige Fünfhunderter an seine Mitspieler hatte auszahlen müssen. "Wenn es um einen lohnenden Einsatz ginge, könnte ich mich vielleicht auch besser auf das Spiel konzentrieren!"

Brandner lächelte. "Sie werden nie aufgeben, was?"

"Da haben Sie recht!", erklärte Jochimsen "Irgendwann werde ich Ihre Firma kaufen, ob Sie nun wollen oder nicht!"

Im weiteren Verlauf des Abends suchte das Pech vor allem den Juwelier Gundelach heim, der von Runde zu Runde verbissener versuchte, das Verlorene zurückzugewinnen.

"Ich denke, Sie sollten jetzt Schluss machen!", meinte Geiger, der Bankdirektor. Gundelach rieb sich nervös die Stirn.

Es war allgemein bekannt, dass der Juwelier nicht nur innerhalb dieser Herrenrunde seiner Spielleidenschaft frönte, sondern auch regelmäßiger Gast verschiedener Spielsalons war.

"Wollen Sie Kredit, Gundelach?", erkundigte sich Brandner. "Ich bezahle Ihre Schulden und Sie unterschreiben mir einen Schuldschein. Zinslos, Sie verstehen?"

"Das ist großzügig. Sie sollten darauf eingehen", meinte Geiger, noch bevor der Betroffene selbst sich äußern konnte.

2

Es war schon nach Mitternacht, als die Spielrunde sich auflöste. Brandner wusste seine Frau bereits seit einigen Stunden schlafend im Bett, aber er selbst war noch nicht müde genug, um sich ebenfalls zur Ruhe zu begeben. Er ließ sich daher mit einem Buch in einen der schweren Sessel fallen.

Zu selben Zeit war jener Mann, der wenig später zu Brandners Mörder werden sollte, damit beschäftigt, das Küchenfenster mit Hilfe eines stabilen Schraubenziehers auszuhebeln.

Dann schlich er auf leisen Sohlen ins Wohnzimmer. Brandner drehte sich im Sessel herum. Der Eindringling trug einen auffallend breitkrempigen Schlapphut, der etwas albern wirkte und sein Gesicht im Schatten versinken ließ. Dennoch erkannte Brandner ihn. Aber er kam nicht mehr dazu, irgendetwas zu sagen, denn zwei Schüsse aus einer Pistole mit Schalldämpfer machten seinem Leben ein Ende. Später würde man feststellen, dass der Schuldschein, den Gundelach dem Hausherrn unterschrieben hatte, nicht mehr aufzufinden war.

3

Als wenige Tage später Brandner zu Grabe getragen wurde, gaben alle - bis auf Gundelach - die an jenem Abend zusammen gespielt hatten, dem so plötzlich zu Tode gekommenen das letzte Geleit. Gundelach war unterdessen vorläufig festgenommen worden, da er als Einziger ein offenkundiges Motiv zu haben schien und darüber hinaus der unter Zeugen ausgestellte Schuldschein verschwunden war.

"Mein Beileid", sagte Geiger, der Bankdirektor, zu der wie versteinert dastehenden Witwe des Ermordeten.

Sie nickte nur und sagte: "Ich hoffe, dass der Schuldige zur Rechenschaft gezogen werden wird!"

"Das wird er!", meinte Geiger zuversichtlich.

Frau Brandner lächelte zynisch. "Die Polizei hat bereits den richtigen verhaftet. Bleibt nur zu hoffen, dass man es diesem Gundelach auch beweisen kann!"

Geiger schüttelte den Kopf. "Ich für meinen Teil kann es kaum glauben, dass Gundelach einen Mord begehen könnte..."

4

Einige Tage später trafen sich Geiger und Jochimsen zufällig.

"Haben Sie schon gehört, dass man Gundelach wieder freigelassen hat?", fragte Jochimsen.

"Ach, was Sie nicht sagen! Das beruhigt mich aber. Ich konnte mir ohnehin nicht vorstellen, dass unser Freund Gundelach - auch wenn er in einer finanziell verzweifelten Situation war - deshalb zum kaltblütigen Mörder würde."

Jochimsen schüttelte den Kopf. "Es ist nicht so, dass die Polizei von seiner Unschuld überzeugt ist. Vielmehr deuten nach wie vor alle Indizien - so spärlich sie auch sein mögen auf Gundelach. Aber man kann es ihm nicht beweisen."

"Ach so ist das." Geiger zuckte die Achseln. "Nun, jeder kann auch unschuldig in die Fänge der Justiz geraten."

5

Die mehr oder minder regelmäßigen Glücksspielabende bei Brandners fanden nun - nach dem Tod des Gastgebers - natürlich nicht mehr statt. Aber es dauerte nur wenige Wochen, da traf man erneut zusammen und zwar wieder auf einer Beerdigung. Es war Gundelach, der (mitsamt den beiden Bleikugeln im Rücken, die seinem Leben ein Ende gemacht hatten) zu Grabe getragen wurde. Jochimsen bemerkte mit Erstaunen, dass Frau Brandner bei dieser Bestattung zugegen war, und so dachte er sich, dass dies möglicherweise eine günstige Gelegenheit wäre, ihr den Kauf des Brandner'schen Unternehmens anzubieten. "Ich würde Ihnen einen vorzüglichen Preis bieten", erklärte er der Witwe.

Sie nickte. "Ja, ich bin einverstanden", sagte sie. "Um ehrlich zu sein, Sie nähmen mir mit der Firma eine große Bürde ab, denn ich verstehe nichts von geschäftlichen Dingen."

Jochimsen lächelte zufrieden. "Der Verkaufserlös, das kann ich Ihnen versichern, wird Ihnen für den Rest Ihres Lebens eine standesgemäße Existenz sichern."

Sie nickte leicht. "Das ist ein großer Tag für mich."

Jochimsen runzelte die Stirn. "Verzeihen Sie... "Würden Sie mir das näher erklären?"

Sie sah ihn mit einem offenen Blick ein paar Sekunden lang an und antwortete dann: "Es ist ein gutes Gefühl, den Mörder meines Mannes im Grab zu wissen!"

"Für die Polizei war Gundelach nicht der Mörder."

"Ach! Hören Sie doch auf!", zischte sie ihm zu, gerade noch leise genug, so dass es sonst niemand mitbekam und die Zeremonie nicht gestört wurde. "Diese Polizisten sind doch allesamt Stümper! Wie hätten sie diesen Mann sonst laufenlassen können? Erklären Sie mir den verschwundenen Schuldschein, von dem sowohl Sie, als auch Geiger übereinstimmend gesagt haben, dass er ausgestellt wurde! Nein, Gundelach ist für mich der Mörder meines Mannes, ganz gleich, was die zuständigen Beamten dazu sagen!"

"Haben Sie etwas mit Gundelachs Tod zu tun?", fragte Jochimsen zögernd. Erst schwieg sie.

"Und wenn schon...", war dann die kühle Antwort.

Als die Zeremonie beendet war, verabschiedeten sie sich voneinander und Jochimsen setzte seinen großen, breitkrempigen Schlapphut auf. Irgendwie albern, dieser Hut, dachte Frau Brandner. Aber seit sie Jochimsen kannte, hatte er stets einen gewissen Hang zur Extravaganz gehabt.

ENDE

Durchsiebt

von Alfred Bekker

1

Mein Mörder war plötzlich da.

Ich hatte nicht einmal gehört, wie er durch die Tür gekommen war.

Schritte.

Ich wartete.

Ich sah seine Silhouette.

Die große, kühne Nase - so gerade und lang wie ein Pistolenlauf.

Ich sah die Entschlossenheit in denn Linien seines Gesichts. Mir war dieser Ausdruck vertraut. Es war der unbedingte Wille zu töten.

Der Mann hielt eine automatische Pistole in der Hand. Mit Schalldämpfer - damit es nicht so einen Krach machte, wenn er mich umbrachte.

Denn genau das hatte er vor.

Mich umbringen.

Einen anderen Grund, in meine Wohnung einzudringen konnte ich mir nicht vorstellen.

Ich kenne mich ganz gut mit Waffen aus. Aber das Fabrikat konnte ich trotzdem nicht genau erkennen. Spätestens, wenn er damit einen Schuss abgab, würde sich das ändern. Nur war es dann vielleicht für mich zu spät.

Der Mann kam noch etwas näher. Wie er in meine Wohnung gekommen war, hatte ich nicht mitbekommen. Wie auch? Ich hatte geschlafen.

Ein Luxus, den man sich besser nicht gönnen sollte.

Ich blieb ganz ruhig. Die entsicherte Waffe hielt ich in der Rechten.

Als er mich sah, war er überraschter als ich. Vor allem wohl deshalb, weil er ein paar Kugeln in den Bauch bekam. Ich gab ihm keine Chance, auch nur einmal abzudrücken. Immer wieder drückte ich ab. Sein Körper zuckte. Das Gesicht wirkte wie ein Fleisch gewordenes Fragezeichen, während sich sein Hemd blutig färbte. Die Projektile traten aus seinem Rücken wieder aus und schlugen in die Wand. Ein Spiegel dahinter wurde blind.

Der Kerl sackte in sich zusammen. Ein einziger Schuss löste sich doch noch aus seiner Waffe, ging aber in den Boden.

Als ich ihn ausgestreckt vor mir liegen sah, atmete ich tief durch.

Ich steckte die Waffe ein. Ich hatte Durst, ging in die Küche, nahm mir ein Glas Mineralwasser und trank es leer.

Und dann hörte ich auch schon die Polizeisirenen. Ich sah aus dem kleinen Fenster in der Küche. In New York sind die Mieten hoch und jeder Quadratmeter ist kostbar. Die Küche war dementsprechend eng. Um ehrlich zu sein, ich hatte sie kaum je benutzt. In meiner Zeit bei der Legion habe ich zwar gelernt, wie man kocht. Notfalls auch mit sehr einfachen Mitteln. Im Tschad gab es nicht immer gleich ein gutes Restaurant oder wenigstens eine McDonald-Filiale um die Ecke. Und ich habe Dinge zu essen gelernt, die andere Leute nicht einmal anfassen würden. Aber wer alles isst, kann überall überleben. Wie auch immer. Ich sah aus dem Fenster und dachte: Gleich werden die Cops hier sein. Irgendwie hatte ich es in den Eiern, dass die Sirenenwagen meinetwegen unterwegs waren.

Und ich hatte auch das Gefühl, dass da jemand was ziemlich geschickt gedreht hatte.

Verdammt, dachte ich.

Aber jetzt musste ich da wohl durch.

Ich nahm mir eine Tasse Kaffee aus der Thermoskanne. So viel Zeit musste sein.

2

„Machen Sie die Tür auf! Hier spricht das NYPD!”

„Ja, sicher”, sagte ich. „Einen Moment.”

Ich öffnete die Tür.

Ein Cop in Zivil hielt mir seine Marke unter die Nase. Er faselte etwas davon, dass Schüsse zu hören gewesen wären und jemand die Polizei alarmiert hatte.

Gut möglich, dass jemand gehört hatte, was hier geschehen war. Schließlich hatte ich ja keinen Schalldämpfer benutzt.

„Lieutenant Rigder, New York Police Department”, sagte er.

„Er liegt im Wohnzimmer. Ich habe ihn erschossen, nachdem er hier eingedrungen ist und mich umlegen wollte.”

Rigder machte seinen Kollegen ein Zeichen. Sie gingen an mir vorbei. Ein kleiner dicker Mann mit riesigen Ohren tastete mich nach Waffen ab.

„Bin kitzlig”, sagte ich. „Und wenn Sie meine Knarre suchen, dann sollten Sie in der Küche nachsehen. Sie liegt auf der Anrichte mit der Schublade für das Besteck.”

„Sie wissen, dass die Waffengesetze von New York recht streng sind.”

„Ich darf eine Waffe besitzen, sie aber nicht in der Öffentlichkeit mit mir herumtragen”, sagte ich. „Aber das hier sind meine vier Wände. Nicht groß, aber hier darf ich bewaffnet sein. Und wäre ich es nicht gewesen, hätte dieser Kerl mich umgelegt!”

„Gut, wir werden Ihre Aussage zu Protokoll nehmen.”

„Hören Sie...”

„Auf unserem Revier. Sie stören hier ohnehin nur, wenn die Spurensicherung kommt.”

Ich knurrte etwas vor mich hin. Ich hoffte nur, dass es nichts Deutsches und nichts Französisches war. Jeder Hinweis auf meine wahre Nationalität und meine Herkunft konnte mich in Schwierigkeiten bringen. Und dasselbe galt für jeden Hinweis darauf, dass ich mal in der französischen Fremdenlegion gewesen war. Besser, man wusste nichts über mich. Ein Phantom mit Jedermann-Identität. So hatte ich die letzten zwei Jahrzehnte zugebracht, seit ich in Tanger beinahe von ein paar sehr unangenehmen Zeitgenossen durchsiebt worden war.

New York, Singapur, Kapstadt, Nairobi, Buenos Aires, Amsterdam, Frankfurt, Berlin... Es waren so viele Stationen gewesen, an denen ich mich mehr oder weniger lang aufgehalten hatte. Ich hatte es aufgegeben, sie zu zählen. Ich merkte sie mir nicht einmal mehr bewusst.

Und dasselbe galt für all die Namen, die ich seitdem getragen hatte

Ich wartete immer noch auf den Tag, an dem ich gezwungen war, zuerst in meinen gegenwärtigen Pass zu sehen, um mich korrekt vorstellen zu können.

Und dann auch bitteschön ein Blick in den richtigen Pass, denn ich hatte natürlich mehrere davon.

Ich war allerdings nicht so dämlich, die kostbaren Dokumente in meiner Wohnung aufzubewahren.

Aus Schaden wird man klug.

So etwas konnte mir inzwischen nicht mehr passieren.

Da sicherte ich mich gerne doppelt und dreifach ab.

Tendenziell eher dreifach.

3

Der Kaffee bei den Cops war dünn.

Zu dünn.

Die Geschichte, die ich dem Lieutenant erzählt hatte, wohl auch.

Und dann gibt es da eine unselige Erfindung, die es einem wie mir im Verlauf der letzten zwanzig Jahre immer schwerer gemacht hat, ein Phantom zu bleiben.

Ich spreche vom Computer. Vom Internet. Von riesigen Datenbanken, die die Polizeibehörden in aller Welt inzwischen für ihre Ermittlungen nutzen können.

Aber was soll’s?

Habe ich vielleicht eine andere Wahl?

Ich habe vor langer Zeit eine furchtbare Fehler gemacht und nun muss ich mich wohl für den Rest meiner Tage damit abfinden, dass ich dafür zu bezahlen habe. Ein Leben in geordneten, friedlichen Bahnen ist für mich wohl nicht mehr möglich. Das ist nunmal so. Wer einmal die Aufmerksamkeit so mächtiger Leute erregt, wie es mir leider passiert ist, für den gibt es keinen Frieden mehr. Nie mehr.

Der Lieutenant nippte an seinem Kaffee.

Und er schien ihm ebenso wenig zu schmecken wie mir.

Immerhin, das war schonmal ein Trost.

„Also, Sie behaupten, den Mann in Notwehr erschossen zu haben...”

„Ja, sicher”, sagte ich. „Zum dritten oder zwanzigsten Mal. Der Kerl wollte mich umnieten und ich bin ihm zuvorgekommen. Wollen Sie jetzt aus mir den Täter machen oder weshalb sitze ich eigentlich noch hier?”

„Immer schön ruhig bleiben”, riet mir der Lieutenant. „Es steht Ihnen jederzeit frei, einen Anwalt zu rufen.”

„Heißt das, ich sitze hier als Beschuldigter?”

„Nein, dann hätte ich Ihnen schon Ihre Rechte vorgelesen. Auf so etwas achte ich immer peinlich genau.”

„Na, das beruhigt mich ja.”

„Genau das war die Absicht.”

„Wie?”

„Sie beruhigen.”

Er fand das witzig. Ich konnte aber nicht darüber lachen.

Der Lieutenant stand von seinem Platz auf. „Sitzenbleiben”, fuhr er mich barsch an, als ich dasselbe tun wollte. Er setzte sich mit seinem fetten Arsch auf die Schreibtischkante und kam mir auf eine Weise nahe, die die Aggressionsdistanz in jedem Fall unterschritt.

Sein Blick fixierte mich.

Er hatte irgendeine Unregelmäßigkeit in seinen Pupillen.

Es soll Leute geben, die aus so etwas herauslesen können, was für Krankheiten jemand hat oder sogar welche er mal bekommen wird. Ich verfügte leider nicht über solche Fähigkeiten. Es hätte mir in diesem Fall auch schon völlig gereicht, wenn ich gewusst hätte, was er eigentlich von mir wollte.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Ich hatte in all den Jahren als unsichtbares Phantom eine Art sechsten Sinn dafür bekommen, so etwas zu erkennen.

Hier stank etwas ganz gewaltig.

Er las mir ein paar Namen vor, die er sich auf einen Zettel notiert hatte.

„Sind Sie eine dieser Personen?”

„Was soll das jetzt?”

„Dann will ich Ihnen mal auf die Sprünge helfen: Sie sind alle diese Personen.”

„Ich dachte, es geht hier um den Kerl, der mich umnieten wollte! Vielleicht kümmern Sie sich mal darum, herauszufinden, wer den geschickt hat oder so!”

„Sie hatten vor 25 Jahren eine Schießerei in Tanger, Marokko.”

Ich war perplex.

Wie kann er das wissen?, ging es mir durch den Kopf. Schon diese Zusammenstellung von Namen war erstaunlich gewesen. Aber von der Sache in Tanger, so dachte ich, wusste niemand. Zumindest hier, auf der anderen Seite des großen Teichs nicht.

„Na?”, fragte er.

Ich sagte nichts.

Es hatte mir buchstäblich die Sprache verschlagen. Was die Schießerei in Tanger anging, konnte ich nicht einmal abstreiten, daran beteiligt gewesen zu sein. Die Narben an meinem Körper legten davon ein mehr als beredetes Zeugnis ab. Ich hatte damals einiges abbekommen. Aber diejenigen, die versucht hatten, meinem Leben ein Ende zu setzen noch mehr.

Ich weiß nicht, ob von den Bastarden damals jemand überlebt hatte. Ich erwachte in einer Klinik in Tanger und musste mir von der dortige Polizei eine Reihe von Fragen gefallen lassen, die ich allesamt nicht beantwortete. Angefangen von der Frage nach meinem Namen.

„Mir reicht es jetzt”, sagte ich. „Ich will einen Anwalt.”

„Ganz, wie Sie wollen!”

„Okay!”

4

Der Anwalt, den ich anrief, war gut. Aber auch einschlägig bekannt. Er hatte sich dadurch einen Namen gemacht, dass er Gangster und Mafiagrößen aus den Fängen der Justiz freipaukte. Sein Name war Myers. Und sein Vorname auch. Myers F. Myers. Wofür das F. stand, wusste ich nicht. Vielleicht für Forget it.

Ich hatte Myers in einem Club in Alphabet City kennengelernt. So nennt man den Bereich um die Avenues A,B,C und D in Manhattan. Es gibt dort viele Clubs und in einem war ich Türsteher. Aus illegalen Sachen habe ich mich seit der Sache damals in Tanger weitgehend herausgehalten. Zumindest habe ich es versucht. Aber das ist leichter gesagt als getan.

Letztlich landet man doch immer wieder bei ähnlichen Tätigkeiten, mit denen man versucht, sich seine Brötchen zu verdienen.

Töten bei der Fremdenlegion.

Unangenehme Gäste aus Clubs in Alphabet City werfen oder jemanden verprügeln, der auf Ärger aus ist.

So weit ist das nicht auseinander.

Aber wie gesagt. Es gibt da eine sehr feine Grenze. Die Grenze zwischen dem, was mein persönlicher Codex noch zulässt und was nicht. Und der Grenze zwischen dem, was jemand wie ich tun sollte und dem, was einfach nur dämlich ist.

Ich weiß, dass ich vorsichtig sein muss.

Myers kam in das Police Precinct. Er trug seinen Diplomatenkoffer, von dem ich wusste, dass nur ein Flachmann drin war. Manchmal auch genug Koks, dass man ihn als Dealer hätte festnehmen können. Aber Myers war kein Dealer. Er verteidigte nur Dealer. Er kokste selbst, stopfte es sich in die Nase oder machte sonstwas damit. Manche nehmen Drogen, um in eine bessere Welt zu entfliehen. Andere, weil sie glauben, dass sie dadurch ihre Leistung - auf welchem Gebiet auch immer - steigern zu können. Sind beide im Irrtum. Aber das sehen die meisten erst ein, wenn es zu spät ist.

Mich hat das nie gereizt. Aber das ist ein anderes Thema.

„Mann, was machen Sie für Sachen”, sagte Myers.

Wir waren allein.

Und nun wollte er wissen, was eigentlich los sei.

Ich konnte es ihm nicht sagen.

Ich wusste es nämlich selbst nicht.

Und bei dem bisschen, was ich mir zusammenreimen konnte, war ich mir letztlich nicht so ganz sicher, ob es eigentlich klug war, mit Myers darüber zu sprechen.

„Bringen Sie mich einfach so schnell wie möglich hier raus”, sagte ich.

„Das will ich ja”, sagte er.

„Na also, dann machen Sie es doch einfach.”

„Dann erzählen Sie mir etwas über den Mann, den Sie erschossen haben.”

„Das ist nicht möglich. Ich kenne ihn nicht. Und ich habe auch keine Ahnung, weshalb er mir eine Kugel in den Kopf jagen wollte. Und an seiner Absicht kann man ja wohl nicht im ernst zweifeln”

Er wollte, dass ich ihm nochmal die Geschehnisse in allen Einzelheiten schilderte. Das machte ich.

„An der Sache selbst scheint auf den ersten Blick alles klar zu sein”, sagte Myers.

„Und warum sitze ich dann immer noch hier? Warum muss ich einen Anwalt bemühen?”

„Es geht um Ihre undurchsichtige Vergangenheit. Das ist der eine Punkt, der den Ermittlern Kopfzerbrechen macht.”

„Diese Vergangenheit steht in keinem Zusammenhang zu dem, was sich in meiner Wohnung ereignet hat!”

„Das sagen Sie”, hielt Myers mir entgegen. „Aber die Ermittler sehen das anders. Sie vermuten, dass Sie ein Gangster sind und suchen jetzt nach Anhaltspunkten und Verbindungen. Und der zweite Punkt, der ihnen aufstößt, soweit ich das auf die Schnelle mitbekommen konnte, ist der Umstand, dass dieser Killer, wie Sie ihn nennen, einen Schlüsselchip hatte.” Ich sah ihn wohl ziemlich perplex an.

„Muss nachgemacht gewesen sein.”

„Oder er hat den Chip von Ihnen.”

„Nein, bestimmt nicht!”

„Die Ermittler denken, dass Sie den Mann, der sie umbringen wollte, kennen, das aber nicht zugeben wollen. Und ich habe es im Gefühl, dass die noch irgendwelche Trümpfe in der Hinterhand haben.”

„Was sollte das sein?”

Myers zuckte mit den Schultern. „Irgendeine Information, durch die sie uns in die Falle locken wollen. Ich würde an Ihrer Stelle höllisch aufpassen. Die haben Sie im Visier!”

„Wer sind die?”

„Ich dachte, Sie könnten mir das vielleicht sagen.”

„Sehen Sie einfach zu, dass ich hier rauskomme. Dann kriege ich den Rest auch ohne Sie hin, Myers.”

Er sah mich mit einem skeptischen Blick an. „Ganz wie Sie wollen”, knurrte er.

5

Myers konnte mich tatsächlich loseisen. So verwunderlich war das im Nachhinein betrachtet auch nicht. Sie hatten schließlich nichts gegen mich in der Hand. Mit Marokko hatten die USA noch nicht einmal ein Auslieferungsabkommen. Was hatte es da den Lieutenant einer Homicide Squad in New York zu interessieren, was vor mehr als zwei Jahrzehnten in Tanger geschehen war?

Ich schwieg und ließ Myers reden und seinen Job machen. Reden konnte der Kerl einfach besser als ich und zwar so, dass es auf die Cops wirklich Eindruck machte.

Fast zehn Stunden Vernehmungen lagen hinter mir, als ich wieder wieder den gewohnt bleihaltigen Smog des Big Apple in mich hineinsog, der allein schon gesundheitsgefährdender als jede filterlose Zigarette sein dürfte.

„Die Sache ist für Sie noch nicht ausgestanden, glaube ich.”

„Wenn ich Sie wieder brauche, rufe ich Sie an, Myers.”

„Tun Sie das.”

Ich sah ihm einen Augenblick lang nach. Er ging zur Tiefgarage, wo er vermutlich die S-Klasse abgestellt hatte, die ihm Klienten aus dem Drogenmilieu finanziert hatten. Er hatte auch einen original hergerichteten 54er El Dorado mit Hörnern auf der Kühlerhaube. Aber der passte in keine Parkgarage. Der Platz, den man den Blechkarossen zubilligte, hatte sich im letzten halben Jahrhundert drastisch reduziert. Das haben Autos mit Kindern gemeinsam.

Ich begab mich zur nächsten Subwaystation.

Die insgesamt doch ganz schöne Zeit im Big Apple neigte sich für jetzt wohl dem Ende zu.

Ich konnte hier nicht bleiben. Zelte abbrechen und fort.

Irgendjemand hatte mich auf dem Kieker.

Vor langer Zeit hatte ich einen großen Fehler gemacht, als ich einen Mordauftrag annahm und dachte, ich könnte einfach mit der Anzahlung verschwinden, ohne den Auftrag ausführen zu müssen. Ich kann so etwas niemandem empfehlen. Aber wie heißt es so schön, ich war jung und brauchte das Geld. Die Sache hat einigen Menschen das Leben gekostet und die Kugeln, die seit der Schießerei in Tanger bei mir ihre Narben hinterlassen haben, erinnern mich jedes Mal, wenn ich morgens beim Waschen in den Spiegel sehe an meine eigene Dummheit.

Aber man lernt ja dazu.

Ich nahm die Subway und fuhr etwas herum, das ist immer die beste Methode, um sich lästige Verfolger vom Hals zu halten. Ich war mir sicher, dass man mir folgen würde. Und ich war mir auch sicher, dass meine Wohnung von jetzt an überwacht wurde. Der Killer, das frühe Eintreffen der Polizei, die offenbar bestens darüber informiert gewesen war, dass ich etwas mit einer lange zurückliegenden Schießerei in Tanger zu tun hatte... Das waren alles keime Zufälle. Da steckte mehr dahinter.

Ich hoffte nur, nicht das, was ich befürchtete.

Ich fuhr in die Neununddreißigste. Dort hatte ich ein Schließfach. Es war nicht das einzige, aber das mit der Waffe drin. Und im Moment fühlte ich mich einfach nackt ohne Schießeisen.

Also steckte ich mir die Automatik ein.

Wenn mich irgendein Cop damit erwischte, war ich natürlich geliefert und es gab für die Justiz einen Vorwand, um mich zumindest vorübergehend festzusetzen.

Und vorübergehend konnte für mich eine Ewigkeit sein. Denn wenn ich erstmal festsaß, dann musste ich damit rechnen, dass sie mich kriegten.

Sie.