Zur Professionalisierung der Erzieherinnen an Fachschulen für Sozialpädagogik - Janine Pollert - E-Book

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Janine Pollert

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Beschreibung

Masterarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Technische Universität Dortmund, Sprache: Deutsch, Abstract: Durch die derzeit steigenden Anforderungen an den Erzieherinnenberuf u. a. aufgrund des strukturellen Wandels des Arbeitsmarktes, der Pluralisierung der Familienformen, der Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft, des erhöhten Arbeitslosigkeits- und Armutsrisikos sowie der zunehmenden Bedeutung der außerfamiliären Erziehung als dritte Sozialisationsinstanz neben der Schule und der Familie, wurde eine Diskussion über die Professionalisierung des Erzieherinnenberufs ausgelöst und erneut über Reformen hinsichtlich der Erzieherinnenausbildung debattiert (vgl. Beher 2004, 103; Wahle 2009, 78; Cloos 2008, 153ff.). Dabei bezieht sich die aktuelle Diskussion v. a. auf das Hauptarbeitsfeld der Erzieherinnen, die Kindertageseinrichtungen. Die Ergebnisse der PISA-Studie sowie der Bologna-Prozess lösten eine kontroverse Debatte über die Akademisierung der Ausbildung der Erzieherinnen im Bereich ‚Pädagogik der frühen Kindheit’ aus. Es wurden und werden viele Stimmen laut, die die Verlegung der Erzieherinnenausbildung in den tertiären Sektor fordern, um das Ausbildungsniveau anzuheben. Die Debatte wirft noch viele unbeantwortete Fragen im Hinblick auf die Zukunft der Erzieherinnenausbildung auf, wobei die Tradition und die Potenziale der Fachschulen für Sozialpädagogik häufig aus dem Blick geraten. Die Fachschule wird allerdings auch in Zukunft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben, vergleicht man den aktuellen Bedarf sowie die gesamte Berufsgruppe der Erzieherinnen mit den geringen Absolventen/innenzahlen der Studiengänge im Bereich der Frühpädagogik an den Fachhochschulen. Dennoch befindet sich die Erzieherinnenausbildung derzeit im Umbruch, und die Erzieherinnen im Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe stehen durch die Konkurrenz hochschulisch qualifizierter Mitarbeiter/innen zunehmend unter Druck, ihre Professionalität unter Beweis zu stellen (vgl. Cloos 2008, 151; Diller/Rauschenbach 2006, 9ff.). Aus einer professionstheoretischen Perspektive soll daher in der vorliegenden Arbeit der Frage nachgegangen werden, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich auf den verschiedenen Handlungsebenen der Fachschule für Sozialpädagogik ergeben, sodass diese einen Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen leisten kann. Die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten werden dabei u. a. unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines Forschungsprojektes in Form von qualitativen Experteninterviews hergeleitet.

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Inhalt

 

Abbildungsverzeichnis

0. Einleitung

1. Professionalität im Erzieherinnenberuf

1.1 Der Erzieherinnenberuf - Eine Berufsgruppe im Wandel

1.2 Die Professionalität der Erzieherinnen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen

1.3 Die Professionalität der Erzieherinnen in der empirischen Rekonstruktion

2. Die Erzieherinnenausbildung auf Fachschul- und Hochschulebene vor dem Hintergrund der Professionalisierung

2.1 Der Beitrag der Fachschulen für Sozialpädagogik zur Professionalität der Erzieherinnen

2.2 Die aktuelle Fachdebatte um die Akademisierung der Erzieherinnenausbildung

2.3 Professionalisierung durch Akademisierung? Die Erzieherinnenausbildung auf Hochschulniveau

3. Forschungsprojekt zur zukünftigen Professionalisierung der Erzieherinnen im Kontext der aktuellen Fachdebatte

3.1 Angaben zum Forschungsprojekt

3.2 Frau F.: Die Fachschule als Ort der Entwicklungsbegleitung und Praxisrelevanz

3.3 Frau S.: Die Fachhochschule als Lernort der Wissenschaft und Forschung

3.4 Fazit

4. Gestaltungsmöglichkeiten an der Fachschule für Sozialpädagogik - Ein Beitrag zur Professionalität der Erzieherinnen

4.1 Veränderungen auf der Makroebene - Weiterentwicklung durch Modularisierung

4.2 Mesoebene - Gestaltungsmöglichkeiten der Einzelschule

4.3 Die Mikroebene - Möglichkeiten zur Förderung der reflexiven Kompetenz

5. Schlussbetrachtung

6. Verzeichnisse

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Anhang

Darstellung der Unterschiede von Qualifikation, Kompetenz, Performanz

Rahmenvereinbarungen der Erzieherinnenausbildung im Vergleich

Didaktische Struktur der Ausbildung an den Fachschulen für Sozialpädagogik in Nordrhein-Westfalen

Künftig vorstellbare Berufsausbildungen und Studiengänge im Bereich Sozialpädagogik für das Land Sachsen

Dimensionen des Qualifikationsrahmens Frühpädagogik B.A

 

Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1: Überblick der erwerbstätigen Erzieherinnen in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland 2006/2007 (in Anlehnung an Schilling/Wilk 2008,15)

Abbildung 2: Professionalitätsverständnis des Erzieherinnenberufs unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen (eigene Darstellung)

Abbildung 3: Selbstverständnis der Erzieherinnen (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Pyramide der sozialpädagogischen Ausbildungslandschaft (eigene Darstellung)

Abbildung 5: Handlungskompetenz: Dimensionen und deren Akzentuierungen (aus: Bader/Müller 2002, 177)O LISA Htf-s. MülbrffieidBl

Abbildung 6: Zusammenhang von Handlungsfeldern, Handlungssituationen, Lernfeldern und Lernsituationen (in Anlehnung an Friese 2000, 9)

Abbildung 7: Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen an Fachschulen für Sozialpädagogik(eigene Darstellung)

Abbildung 8: Mögliche Modelle der zukünftigen Erzieherinnenausbildung (in Anlehnung an Rauschenbach 2005, 28ff./Schmidt 2005, 725ff.)

Abbildung 9: Verteilung der Zugangsvoraussetzung zu den Bachelor-Studiengängen im Bereich der Frühpädagogik (aus: Speth 2010, 156)

Abbildung 11: Der Beitrag der Fachhochschulen zur Professionalität der Erzieherinnen (eigene Darstellung)

Abbildung 12: Ein Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen durch das Arbeiten an Fallarbeiten (eigene Darstellung)

 

0. Einleitung

 

„Vor erst zweieinhalb Jahrzehnten fragte sich Gerhard Mayer-Vorfelder, damals noch im Amt des Kultusministers von Baden-Württemberg, ,weshalb man für den Beruf der Kindergärtnerin den Realschulabschluss brauche. Die können dann zwar unheimlich psychologisch daherreden, sind aber nicht in der Lage, ein Kind auf den Topf zu setzen'" (Cloos 2008, 151). Diese Aussage spiegelt die geringe Anerkennung des Erzieherinnenberufs in der Öffentlichkeit wider, für dessen Ausübung es keines fachlichen Wissens bedürfe. Fast dreißig Jahre später scheint diese Aussage aufgrund der durch die PISA-Studie[1] ausgelösten Diskussion über die Bedeutung der frühen Kindheit und somit über die Bedeutung ausgebildeter Fachkräfte überholt zu sein (vgl. Diller/Rauschenbach 2006, 8f.). Durch die derzeit steigenden Anforderungen an den Erzieherinnenberuf u. a. aufgrund des strukturellen Wandels des Arbeitsmarktes, der Pluralisierung der Familienformen, der Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft, des erhöhten Arbeitslosigkeits- und Armutsrisikos sowie der zunehmenden Bedeutung der außerfamiliären Erziehung als dritte Sozialisationsinstanz neben der Schule und der Familie, wurde eine Diskussion über die Professionalisierung[2] des Erzieherinnenberufs ausgelöst und erneut über Reformen hinsichtlich der Erzieherinnenausbildung debattiert (vgl. Beher 2004, 103; Wahle 2009, 78; Cloos 2008, 153ff.). Dabei bezieht sich die aktuelle Diskussion v. a. auf das Hauptarbeitsfeld der Erzieherinnen[3], die Kindertageseinrichtungen. Die Ergebnisse der PISA-Studie sowie der Bologna-Prozess[4] lösten eine kontroverse Debatte über die Akademisierung der Ausbildung der Erzieherinnen im Bereich ,Pädagogik der frühen Kindheit' aus. Es wurden und werden viele Stimmen laut, die die Verlegung der Erzieherinnenausbildung in den tertiären Sektor fordern, um das Ausbildungsniveau anzuheben. Die Debatte wirft noch viele unbeantwortete Fragen im Hinblick auf die Zukunft der Erzieherinnenausbildung auf, wobei die Tradition und die Potenziale der Fachschulen für Sozialpädagogik[5] häufig aus dem Blick geraten. Die Fachschule wird allerdings auch in Zukunft eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben, vergleicht man den aktuellen Bedarf sowie die gesamte Berufsgruppe der Erzieherinnen mit den geringen Absolventen/innenzahlen der Studiengänge im Bereich der Frühpädagogik an den Fachhochschulen. Dennoch befindet sich die Erzieherinnenausbildung derzeit im Umbruch, und die Erzieherinnen im Handlungsfeld der Kinder- und Jugendhilfe stehen durch die Konkurrenz hochschulisch qualifizierter Mitarbeiter/innen zunehmend unter Druck, ihre Professionalität unter Beweis zu stellen (vgl. Cloos 2008, 151; Diller/Rauschenbach 2006, 9ff.).

 

Aus einer professionstheoretischen Perspektive soll daher in der vorliegenden Masterarbeit der Frage nachgegangen werden, welche Gestaltungsmöglichkeiten sich auf den verschiedenen Handlungsebenen der Fachschule für Sozialpädagogik ergeben, sodass diese einen Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen leisten kann. Dabei wird im Besonderen die aktuelle Debatte um die Akademisierung der Erzieherinnenausbildung berücksichtigt, die nach den inhaltlichen und strukturellen Veränderungen an den Fachschulen seit 2004 zur Entstehung der ersten Studiengänge im Bereich ,Pädagogik der frühen Kindheit' an Fachhochschulen und Universitäten führte.

 

Die gestiegene Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben der Erzieherinnen, die Bedeutung der außerfamiliären Erziehung, Bildung und Betreuung und die damit gestiegene Verantwortung der Fachkräfte, die einen großen Einfluss auf die Qualität in den Einrichtungen haben (vgl. u. a. EPPE-Projekt ,Effective Provision of Pre-School Education'[6]), führen im Rahmen der Fachdebatte zu einem Diskurs über die Professionalität im Erzieherinnenberuf. Im Hinblick auf die Fragestellung sollen daher zunächst die Veränderungen und gestiegenen Anforderungen in den Arbeitsfeldern der Erzieherinnen dargestellt werden. Der Erzieherinnenberuf befindet sich besonders aufgrund der durch PISA ausgelösten Debatte um die Bedeutung der frühen Kindheit und die dadurch gestiegenen gesellschaftlichen Erwartungen im Wandel. Vor dem Hintergrund dieser Veränderungen soll der professionstheoretischen Perspektive folgend anschließend ein Professionalitätsverständnis entfaltet werden, das die aktuellen Entwicklungen berücksichtigt und den gestiegenen Erwartungen an den Erzieherinnenberuf gerecht wird. Anhand der Darstellung der empirischen Befunde zur Professionalität der Erzieherinnen soll im ersten Kapitel abschließend dargelegt werden, welches professionelle Selbstverständnis sich bei den Erzieherinnen vorfinden lässt, und wo Anknüpfungspunkte für eine Reform der Erzieherinnenausbildung im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um die Professionalisierung bestehen. So liefern u. a. die empirischen Ergebnisse zur Beurteilung der Erzieherinnenausbildung wichtige Ansatzpunkte für die durch die Fachdebatte hervorgebrachten neuen Ausbildungskonzepte.

 

Auf der Grundlage des zuvor erarbeiteten Professionalitätsverständnisses wird im zweiten Kapitel die Erzieherinnenausbildung auf Fachschul- und Hochschulebene betrachtet. Als traditionelle Ausbildungsstätte für Erzieherinnen hat die Fachschule für Sozialpädagogik auf

 

die gestiegenen Anforderungen, die empirischen Befunde sowie die Forderung nach mehr Professionalität mit der Rahmenvereinbarung der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2000 und den darin festgeschriebenen inhaltlichen und strukturellen Veränderungen reagiert. Daher soll zunächst untersucht werden, mit welchen Zielen und Konzepten die Fachschule für Sozialpädagogik auf der Grundlage der aktuellen Rahmenvereinbarung einen Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen leistet. Aufgrund der derzeitigen Debatte um die Akademisierung der Erzieherinnenausbildung gerät die Fachschule mit ihren strukturellen und inhaltlichen Bedingungen jedoch zunehmend in Kritik und eine Anhebung auf Hochschulniveau wird gefordert. Die ,Nach-PISA-Debatte' und der Bologna-Prozess bereiteten den Weg für die ersten Studiengänge im Bereich der Frühpädagogik. Um die Entstehung der ersten Studiengänge nachvollziehbar zu machen, wird die Fachdebatte in ihren Grundzügen dargestellt und einzelne Standpunkte werden abgebildet. Anschließend wird ein Überblick zu den entstandenen Modellversuchen der Erzieherinnenausbildung auf Hochschulniveau gegeben. Des Weiteren werden exemplarisch anhand der Beschreibung des Präsenzstudienganges ,Erziehung und Bildung im Kindesalter' an der Alice Salomon Fachhochschule in Berlin Möglichkeiten der Fachhochschule dargestellt, die zur Professionalisierung der Erzieherinnen beitragen können, sowie die Unterschiede im Professionalitätsverständnis zur Fachschule herausgearbeitet. Inwiefern die Akademisierung letztendlich zur Professionalisierung führen kann und in welche Richtung sich die Diskussion entwickelt, bedarf der genaueren Betrachtung, um zuletzt die Stärken der Fachhochschulen zur Professionalisierung der Erzieherinnen nutzen und den Entwicklungen entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten an der Fachschule für Sozialpädagogik herausstellen zu können. Aufgrund der bisher bestehenden Forschungslücke in diesem Bereich sollen im dritten Kapitel durch ein Forschungsprojekt in Form einer qualitativen Untersuchung anhand von Leitfadeninterviews erste subjektive Einschätzungen zur Professionalität der Erzieherinnen am Ende der Ausbildung bzw. des Studiums gewonnen sowie Entwicklungslinien aus Sicht der Befragten aufgezeigt werden. Dementsprechend wurden einerseits eine Abteilungsleiterin an einer Fachschule für Sozialpädagogik, und andererseits eine Professorin einer Fachhochschule, die seit einigen Jahren einen Bachelor-Studiengang im Bereich der Frühpädagogik begleitet, befragt. Nachdem allgemeine Angaben zum Forschungsprojekt bezüglich der methodischen Vorgehensweise und des Auswertungsverfahrens dargelegt wurden, werden in Form von Einzelanalysen die Ergebnisse der beiden Interviews anhand prägnanter

 

Textpassagen vorgestellt. In einem Fazit werden die Interviews verglichen und die Ergebnisse auf die Forschungsfrage zurückbezogen.

 

Basierend auf den zuvor erarbeiteten Grundlagen sowie den Ergebnissen des Forschungsprojektes sollen im vierten Kapitel abschließend Gestaltungsmöglichkeiten für die Fachschule für Sozialpädagogik systematisch hergeleitet werden. Diese können vor dem Hintergrund des entwickelten Professionalitätsverständnisses und der Fachdebatte zur Professionalisierung der Erzieherinnen auf der Makro-, Meso- und Mikroebene der Fachschule beitragen. Die Ausführungen zu den Gestaltungsmöglichkeiten verweisen auf das Potenzial, das die Fachschulen vor dem Hintergrund der ersten Erkenntnisse der Fachdebatte nutzen sollten, um einen aufgrund der aktuellen Entwicklungen unvermeidbaren Beitrag zur Professionalisierung der Erzieherinnen zu leisten.

 

In der Schlussbetrachtung werden nach einer Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte Entwicklungslinien in der Fachdebatte sowie Anschlussmöglichkeiten empirischer Forschungen herausgestellt.

 

1. Professionalität im Erzieherinnenberuf

 

Die Professionalität im Erzieherinnenberuf lässt sich nicht losgelöst von seiner historischen Entwicklung als Frauenberuf jenseits der häuslichen Kindererziehung betrachten (vgl. Cloos 2008, 151 f.). Der Beruf der Kindergärtnerin, wie der Erzieherinnenberuf früher genannt wurde, ist einer der ersten qualifizierten Berufe der Frauenerwerbsarbeitsgeschichte (vgl. Colberg-Schrader 2000, 9). Seit ihren Anfängen wird das Thema Reformen rund um die Berufsgruppe der Erzieherinnen immer wieder debattiert, zuletzt verstärkt in den 1990er- Jahren, als einzelne Bundesländer mit lediglich geringen Reformen hinsichtlich der Fachschulausbildung reagierten. Das vorläufige Bild des Erzieherinnenberufs ließ weitere Reformen allerdings zunächst nicht zu (vgl. Diller/Rauschenbach 2006, 7f.). In der Öffentlichkeit besteht noch immer eine tief verankerte gesellschaftliche Geringschätzung dieser Berufsgruppe. Viele sehen den Beruf der Erzieherin als keinen richtigen Beruf an, da, so die Argumentation, die Arbeit prinzipiell von Frauen im Privathaushalt erbracht werden könne (vgl. Ebert 2006, 227)[7]. Diese geringe öffentliche Anerkennung ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Professionsgeschichte des Erzieherinnenberufs „auf das von Schra- der-Breymann beschriebene Konstrukt der geistigen Mütterlichkeit' zurück[geht], wonach an die Geschlechter unterschiedliche soziale Rollen gebunden waren" (König 2008, 757; Hervorh. und Zus. v. J.P.). Dieses Konstrukt weist im Wesentlichen auf Attribute hin, die der Frau der bürgerlichen Familie im privaten Raum zugeschrieben wurden und war darauf ausgerichtet, die Frauen auf ihre zukünftige Rolle in ihrer Familie vorzubereiten (vgl. ebd.). Das Professionsbild der ,geistigen Mütterlichkeit' wird seit dem 20. Jahrhundert v. a. mit „fraulicher Intuition und Gemütsbildung'" (Fried 2004, 15) gleichgesetzt. Für die Ausübung dieser weiblichen Instinkte erscheine jede Form von Intellektualität unnötig (vgl. ebd.). Dieses traditionelle Bild des Erzieherinnenberufs im Sinne der geistigen Mütterlichkeit wirkt noch heute nach und die professionelle Arbeit der pädagogischen Fachkräfte wird mit der privaten Erziehung gleichgesetzt, für deren Ausübung es keiner fachlichen Kompetenzen bedarf (vgl. Kahle 2000, 16). Als wichtige biografisch erworbene Ressource gilt die Mütterlichkeit, die jedoch nicht reflektiert oder gewürdigt wird (vgl. Rabe-Klebeberg 2006, 104). „Das Berufsbild der Erzieherin hat nie wirklich das Image der wenig professionalisierbaren Alltagsnähe und das Etikett der ,Mütterlichkeit als Beruf' abstreifen können" (Rauschenbach 2005, 20). Dementsprechend ist der Erzieherinnenberuf, besonders im Bereich der Kindertagesstätte, auch heute noch mit etwa 98% fast ein reiner ,Frauenberuf' (vgl. Rauschenbach 2008, 4f.).

 

Aufgrund der gestiegenen Bedeutung der außerfamiliären Erziehung, Bildung und Betreuung konnte sich der Erzieherinnenberuf in unserer Gesellschaft fest etablieren, was sich an der gewaltig gestiegenen Zahl der Erzieherinnen in den letzten Jahrzehnten nachweisen lässt [8]. Allerdings konnte sich parallel zu dieser quantitativen Expansion noch immer kein allgemein akzeptiertes Profil der Professionalität der Erzieherinnen herausbilden. Auch heute wird der Beruf der Erzieherin in der Öffentlichkeit häufig v. a. als „karitativ geprägte Tätigkeit von jungen Frauen vor der eigenen Familiengründung" (Colberg-Schrader 2000, 10) angesehen und nicht als ein professionell ausgeübter Beruf (vgl. ebd.). Dennoch hat die PISA-Debatte den Anstoß für die Diskussion um eine grundlegende Reformierung der Erzieherinnenausbildung gegeben. Die Aufmerksamkeit gegenüber der frühen Kindheit stieg sprunghaft an und ihre Bedeutung wurde in allen Fachkreisen diskutiert. Damit wurde auch der Ruf nach einer Professionalisierung der pädagogischen Fachkräfte laut (vgl. Diller/Rauschenbach 2006, 8f.). Heute werden Erzieherinnen zunehmend als Expertinnen ihres Faches gesehen, die über theoretisch gut reflektierte Muster verfügen und sich immer wieder an neue Situationen anpassen können (vgl. Fried 2004, 15).

 

Die aktuelle Forderung der Familienministerin Kristina Schröder, Männer innerhalb von lediglich zwei Jahren zu Erziehern für Kindertageseinrichtungen umzuschulen, damit Jungen im überwiegend weiblich geprägten Kontext der Kindertageseinrichtungen auch männliche Vorbilder zur Verfügung stehen, spiegelt die noch immer bestehende Diskrepanz zwischen der Forderung nach mehr Professionalität und der öffentlichen Auffassung ,Erziehen kann jeder' wider (vgl. ZDF heute.de 20. Juni 2010, 1). Diese Diskussion zeigt darüber hinaus, dass die Berufsgruppe der Erzieherin es bis heute in der Öffentlichkeit nicht geschafft hat, ihre Gleichsetzung mit dem Arbeitsfeld der Kindertageseinrichtungen zu überwinden (vgl. Rauschenbach 2005, 20), obwohl die Berufsbezeichnung ,Erzieherin' unverkennbar für Fachkräfte definiert ist, die eine sozialpädagogische Ausbildung an einer Fachschule absolviert haben und demnach in unterschiedlichen Arbeitsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe tätig sein können (vgl. Colberg-Schrader 2000, 8).

 

Daher soll in diesem Kapitel zunächst der Beruf der Erzieherin anhand statistischer Daten beleuchtet werden, um deutlich zu machen, dass die Kindertageseinrichtung nicht das einzige Arbeitsfeld der Erzieherin ist. Anschließend sollen die Ziele sowie die veränderten Anforderungen in den Arbeitsfeldern, in denen Erzieherinnen überwiegend tätig sind, dargestellt und daraus resultierende notwendige Kompetenzen der Erzieherinnen aufgeführt werden. Werner Thole (2008) weist darauf hin, dass ein Professionalitätsmodell, das sich ausschließlich auf die Darstellung von Kompetenzen stützt, die komplexe Dynamik pädagogischen Handelns und seine besonderen Herausforderungen ignoriert. Daher soll neben der Betrachtung der in den einzelnen Arbeitsfeldern eingelagerten Wissens- und Könnenspotenziale auf der Grundlage der Besonderheiten sozialpädagogischer Arbeitsfelder anschließend ein Professionalitätsverständnis entfaltet werden, welches den aktuellen Anforderungen im Erzieherinnenberuf gerecht wird (vgl. Thole 2008, 286f.). Das Kapitel abschließend werden durch einen Forschungsüberblick zu den empirischen Befunden zur Professionalität der Erzieherinnen Anknüpfungspunkte für eine Reform der Erzieherinnenausbildung herausgestellt.

 

1.1 Der Erzieherinnenberuf - Eine Berufsgruppe im Wandel

 

Der Erzieherinnenberuf ist nicht nur das älteste Berufsbild unter den sozialen und pädagogischen Berufen, sondern zugleich bilden die Erzieherinnen hier neben den Lehramtsausgebildeten auch die größte Berufsgruppe (vgl. Rauschenbach 2005, 20). Seit 1974 lässt sich ein rasanter Anstieg hinsichtlich der beschäftigten Erzieherinnen verzeichnen. Waren nach der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 1974 lediglich insgesamt 54.913 Erzieherinnen in der Jugendhilfe tätig (vgl. Rauschenbach et al. 21996, 62), waren es 2006/2007 in Deutschland bereits 293.502 Erzieherinnen. Damit stellt diese Berufsgruppe über die Hälfte der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe dar. Innerhalb der sozialen Berufe ist der Erzieherinnenberuf in quantitativer Hinsicht der zentrale Beruf der Gegenwart. Anteilig sind von den 293.502 erwerbstätigen Erzieherinnen in der Kinder- und Jugendhilfe 257.020 Erzieherinnen, d.h. 87,6%, in Kindertageseinrichtungen tätig. Im Vergleich zum Jahr 1974 ist die Anzahl der Erzieherinnen in diesem Bereich bis um ein über 6-faches gestiegen. Neben der Kindertageseinrichtung bilden die Stationären Erziehungshilfen[9] das zweitgrößte Arbeitsfeld der Erzieherinnen. Hier sind insgesamt 24.031 Erzieherinnen beschäftigt (8,2% der Erzieherinnen insgesamt), also deutlich weniger als in Kindertageseinrichtungen. Die Anzahl der Erzieherinnen in diesem Arbeitsfeld ist im Vergleich zum Jahr 2002 sogar um 4,5% gesunken. Auch die Erzieherinnen in der Jugendarbeit lassen im Vergleich zum Jahr 2002 einen Verlust verzeichnen, der bei 11,5% liegt. 2006/2007 bilden die Erzieherinnen in der Jugendarbeit mit 4.826 Erwerbstätigen bzw. mit 1,6% anteilsmäßig die kleinste Gruppe (vgl. Schilling/Wilk 2008, 15)[10].

 

 

Abbildung 1: Überblick der erwerbstätigen Erzieherinnen in der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland 2006/2007 (in Anlehnung an Schilling/Wilk 2008,15)

 

Die in der Abbildung aufgeführten Daten verdeutlichen, dass sich die Berufsgruppe der Erzieherinnen v. a. auf ein Arbeitsfeld beziehen: auf das Feld der Kindertageseinrichtungen[11]. Daneben machen die Daten aber auch deutlich, dass nicht alle ausgebildeten Erzieherinnen in diesem Bereich arbeiten und somit auch die anderen Berufsfelder, im Besonderen die Stationären Erziehungshilfen sowie die Jugendarbeit in der Ausbildung berücksichtigt bleiben müssen (vgl. Rauschenbach 2006, 21). Ferner lässt sich konstatieren, dass sich die Berufsgruppe der Erzieherinnen überwiegend aus Frauen zusammensetzt. Besonders augenfällig wird dies im Arbeitsfeld der Kindertagesstätte, in dem etwa 98% des Personals Frauen sind (vgl. Rauschenbach 2008, 4f.). Nach dem Mikrozensus 2008 zählte der Beruf der Erzieherinnen 2006 zu den zehn von Frauen am stärksten besetzten Berufsgruppen. So waren 2006 insgesamt 445.00 Frauen als Erzieherin tätig (vgl. Statistisches Bundesamt 2008, 116)[12].

 

Mit der Entstehung der ersten Studiengänge im Bereich der Pädagogik der frühen Kindheit ist im Hinblick auf das Personal auch die Verteilung der Akademiker/innen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe interessant. So zeigt die Kinder- und Jugendhilfestatistik, dass im Bereich der Kindertageseinrichtungen lediglich 3,1% der Beschäftigten einen akademischen Abschluss aufweisen können, wohingegen sich in den Hilfen zur Erziehung ein Anteil von knapp 42% und in der Jugendarbeit ein Anteil von 42,5% nachweisen lässt (vgl. Rauschenbach 2006, 22ff.). Zu 72% erlangten die Erzieherinnen 2007 laut der Kinder- und Jugendhilfestatistik ihren Abschluss überwiegend auf Fachschulebene (vgl. Lange 2007, 4)[13]. Betrachtet man den Bereich der Kindertageseinrichtungen als größtes Arbeitsfeld der Erzieherinnen separat, lässt sich in Bezug auf die Tätigkeitsprofile innerhalb der Einrichtungen feststellen, dass die Erzieherinnen v. a. als Gruppenleiterinnen oder Zweit- bzw. Ergänzungskraft fungieren. Sie bilden mit 93,2% des pädagogischen Personals in der Einrichtung einen Großteil der Gruppenleitung. Auch in der Leitungsposition befindet sich (noch) ein großer Anteil an Erzieherinnen (76,4%), wobei bereits 22,3% des akademischen Personals diese Position erfüllt, was im Hinblick auf die geringe Anzahl der Akademiker/innen sehr wegweisend ist (vgl. Rauschenbach 2008, 11).

 

Aus diesen statistischen Daten lässt sich zusammenfassend folgendes schlussfolgern:

 

o Die Berufsgruppe der Erzieherinnen ist hauptsächlich im Arbeitsfeld der Kindertageseinrichtungen tätig und innerhalb der Einrichtungen fungiert sie v. a. als Gruppenleiterin oder Zweit- bzw. Ergänzungskraft. o Knapp 15% der Erzieherinnen sind hingegen in anderen Arbeitsfeldern beschäftigt. Das heißt, dass die Erzieherinnenausbildung im Besonderen für die Arbeitsfelder Kindertagesstätte, Heimerziehung (stationäre Erziehungshilfen) sowie für die Jugendarbeit ausbilden muss. o Zuletzt ist festzuhalten, dass nicht alle Erzieherinnen mit unmittelbarer personenbezogener Arbeit zu tun haben, sondern auch Leitungs-, Planungs- und Koordinationsaufgaben bewältigen müssen (vgl. hierzu u. a. Beher et al. 1999, 26f.). Betrachtet man auf der Grundlage der statistischen Daten die Beschreibung vom Informationsdienst der Bundesanstalt für Arbeit von 2002, weist auch diese darauf hin, dass Erzieherinnen in der vorschulischen Erziehung, in der Heimerziehung sowie in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit tätig sind. Anschließend folgt eine Beschreibung des Berufsbildes der Erzieherin und ihrer Aufgaben:

 

Im Kindergarten betreuen sie die Kinder in Gruppen, fördern das soziale Verhalten und helfen dem einzelnen Kind bei seiner Entwicklung. Sie regen die Kinder zu körperlich, geistig und musisch ausgerichteten Betätigungen an. Dabei malen, spielen, basteln und singen sie mit den Kindern, erzählen ihnen Geschichten und machen Ausflüge. In der Heimerziehung sind sie wichtige Bezugspersonen für die Kinder und Jugendlichen und nehmen soweit wie möglich die Elternstelle ein. Sie sorgen für Körperpflege, Essen und Bekleidung, regen zu Freizeitbeschäftigung an und organisieren Ferienaufenthalte. Darüber hinaus halten sie Kontakt zu Schulen und Ausbildungsbetrieben und begleiten die Kinder und Jugendlichen bei Arztbesuchen und zu Behörden. Im Hort betreuen sie Kinder nach Schulschluss oder auch vor Beginn des Unterrichts. In anderen Einrichtungen der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit geben sie Hilfen zur Planung und Organisation der Freizeit und helfen bei persönlichen Problemen. Zu den sozialpädagogischen Aufgaben der Erzieher/innen kommen meist noch organisatorische und verwaltungstechnische Arbeiten hinzu. Erzieher/innen sind in sozialpädagogischen Einrichtungen aller Art tätig, zum Beispiel in Tageseinrichtungen für Kinder, in Jugendzentren, Internaten, Erziehungsheimen. Sie betreuen Behinderte in speziellen Einrichtungen ebenso wie therapeutische Kinder- und Jugendwohngruppen im Rahmen der Jugendhilfe (zit. nach Ebert 2006, 247; siehe auch JobisJob Deutschland o. J., 1).

 

Noch 2010 findet man diese Berufsbeschreibung im Internet, informiert man sich als angehende Erzieherin über eine Ausbildung. Eine solche Auflistung von Tätigkeiten verweist allerdings nicht unbedingt auf einen besonderen Qualifikations- oder Professionalisierungsbedarf und arbeitet mit einem „antiquierten Berufsbild" (Hocke 2005, 226). Diese Beschreibung verstärkt das Klischee ,Erziehen kann jeder' und weist auf die Problematik der öffentlichen Anerkennung des Berufes hin. Ein Perspektivwechsel ist dringend notwendig, denn dieser Berufsbeschreibung steht die gewachsene Bedeutung der frühen Kindheit und die durch PISA ausgelöste Debatte um die Professionalisierung der Fachkräfte gegenüber, wodurch deutlich wird, dass es aufgrund der Bedeutung der außerfamiliären Erziehungsinstanzen notwendig ist, ein Anforderungsprofil der Fachkräfte zu entwickeln, das die neueren Entwicklungen mitberücksichtigt. So steigen die derzeitigen Ansprüche an die Erzieherinnen in allen drei Bereichen an, in denen Erzieherinnen überwiegend tätig sind: in den Kindertageseinrichtungen, den Hilfen zur Erziehung sowie in der Kinder- und Jugendarbeit. Die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe haben sich zu einem integralen Anteil der Gesellschaft entwickelt und leisten öffentlich organisierte Hilfe und Unterstützung. Sie besitzen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für das Heranwachsen der Kinder und Jugendlichen, womit eine hohe Verantwortung auf den Fachkräften lastet (vgl. Beher et al. 1999, 38). Im Kontext der aktuellen Entwicklungen hat die Kultusministerkonferenz 2000 ein deutlich anderes Anforderungsprofil in ihren Rahmenvereinbarungen zusammengestellt als die Bundesagentur für Arbeit. In ihrem Qualifikationsprofil[14] beschreibt sie in Bezug auf die Breitbandausbildung für die unterschiedlichen Bereiche in der Kinder- und Jugendhilfe die wesentlichen Anforderungen, die an die Fachlichkeit der Erzieherinnen gestellt werden:

 

Kinder und Jugendliche zu erziehen, zu bilden und zu betreuen erfordert Fachkräfte,

 

 die das Kind und den Jugendlichen in seiner Personalität und Subjektstellung sehen. o die Kompetenzen, Entwicklungsmöglichkeiten und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Altersgruppen erkennen und entsprechende pädagogische Angebote planen, durchführen, dokumentieren und auswerten können. o die als Personen über ein hohes pädagogisches Ethos, menschliche Integrität sowie gute soziale und persönliche Kompetenzen und Handlungsstrategien zur Gestaltung der Gruppensituation verfügen. o die im Team kooperationsfähig sind.

 

 die aufgrund didaktisch-methodischer Fähigkeiten die Chancen von ganzheitlichem und an den Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen orientiertem Lernen erkennen und nutzen können.

 

 die in der Lage sind, sich im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen wie auch mit Er-

 

wachsenen einzufühlen, sich selbst zu behaupten und Vermittlungs- und Aushandlungsprozesse zu organisieren. o die als Rüstzeug für die Erfüllung der familienergänzenden und -unterstützenden Funktion über entsprechende Kommunikationsfähigkeit verfügen. o Die aufgrund ihrer Kenntnisse von sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen die Lage von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern erfassen und die Unterstützung in Konfliktsituationen leisten können. o die Kooperationsstrukturen mit anderen Einrichtungen im Gemeinwesen entwickeln und

 

aufrechterhalten können. o die in der Lage sind, betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen sowie den Anforderungen einer zunehmenden Wettbewerbssituation der Einrichtungen und Dienste und einer stärkeren Dienstleistungsorientierung zu entsprechen. o die über didaktische Kompetenzen verfügen, um bereits bei Kindern im Kindergarten/Vorschulalter Interesse an mathematisch-naturwissenschaftlichtechnischen Sachverhalten zu wecken.

 

 die in der Lage sind, die körperliche und motorische Leistungsfähigkeit im vorschulischen Bereich zu fördern (KMK 2002, 21 f.).

 

Mit diesem Qualifikationsprofil verdeutlicht die KMK, dass Aufgaben der Erziehung, Betreuung und Bildung vereint werden müssen (während in der Berufsbeschreibung der Bundesagentur für Arbeit v. a. die Betreuungsaufgaben dargestellt werden) und neben der Arbeit mit den Kindern auch die Kooperation mit anderen Einrichtungen sowie die Kommunikation mit anderen Erwachsenen (z.B. den Eltern) gehört. Dabei sollen die Einrichtungen im Sinne einer Dienstleistungsorientierung gestaltet werden, wofür auch betriebswissenschaftliche Zusammenhänge von Bedeutung sind. Neben sozialen und personalen Kompetenzen werden didaktisch-methodische Kompetenzen sowie Fähigkeiten in der Vermittlung, Planung und Dokumentation hervorgehoben[15]. Die Auflistung der einzelnen Anforderungen an die Fachlichkeit der Erzieherinnen macht deutlich, dass diese sehr komplex sind und die Herausbildung einer Professionalität erfordern. Allerdings wird auch ersichtlich, dass v. a. das Arbeitsfeld der Kindertageseinrichtung die Qualifikationsanforderungen bestimmt. Da die vorangegangenen Ausführungen jedoch gezeigt haben, dass die Erzieherinnen auch im Bereich der Hilfen zur Erziehung sowie in der Jugendarbeit tätig sind, sollen im Folgenden die Arbeitsfelder näher beleuchtet und die neuen Anforderungen für das jeweilige Arbeitsfeld herausgestellt werden, da sich die Erwartungen mit den Veränderungen des jeweiligen Arbeitsfeldes stark gewandelt haben (vgl. Metzinger 2006, 356)[16].

 

Kindertageseinrichtungen

 

Den zentralen bundesgesetzlichen Rahmen für die Tagesbetreuung für Kinder bildet das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) bzw. Achte Sozialgesetzbuch, womit die Tagesbetreuung folglich im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern der Kinder- und Jugendhilfe und nicht dem Bildungswesen zugeordnet ist. Nach §22 KJHG sind Kindertageseinrichtungen öffentliche Einrichtungen, in denen sich Kinder einen Teil des Tages oder den ganzen Tag aufhalten (vgl. Rauschenbach/Schilling 2006, 45; Laewen 2006, 96). Die Kindertageseinrichtung ist eine familienergänzende Einrichtung, die sich als wichtige dritte Sozialisationsinstanz neben der Familie und der Schule zu einem selbstverständlichen Ort des Aufwachsens besonders für die 3-6-Jährigen, für die seit 1996 ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht, entwickelt hat. Das institutionelle Angebot kommt damit den gesellschaftlichen Entwicklungen entgegen und versucht, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten (vgl. Beher 2004, 103; Rauschenbach/Schilling 2006, 45). Ein Großteil der Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen ist im Bereich der Kindergartenerziehung beschäftigt (2002 waren es ca. 58%). Das Arbeitsfeld umfasst je-

 

doch nicht nur die Kindergartenerziehung, sondern auch die frühkindliche Erziehung[17], die Horterziehung, die Erziehung in altersgemischten Gruppen sowie die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung. Somit richtet sich das Angebot an Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre (vgl. Beher 2006, 83f.).

 

Rechtlich gesehen sind Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen laut §22 für die Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder zuständig, wobei sich das Leistungsangebot an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren soll. Ziel ist die Förderung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (vgl. Münder et al. 62009, 227). Nach Hedi Colberg-Schrader umfasst das fachliche Profil im Sinne des KJHG

 

nicht nur die pädagogische Gestaltung des Zusammenlebens mit Kindern, sondern auch die Kooperation mit Familien, das Inszenieren von sozialen Bezügen rund um die Einrichtung, die Mitwirkung bei der Bedarfsplanung sowie die Vertretung der Belange von Kindern vor Ort (Colberg-Schrader 2000, 20).

 

Folglich beziehen sich die formulierten Aufgaben und Anforderungen an das Personal einerseits auf die Arbeit innerhalb der Kindertageseinrichtung, wie z.B. auf die Elternarbeit oder die Interaktionsprozesse mit dem Kind, und andererseits auf das kommunalpolitische und infrastrukturelle Umfeld der Kindertageseinrichtungen, wie z.B. Vernetzungs- und Kooperationsarbeit, Zusammenarbeit mit dem Träger oder der Personal- und Finanzverwaltung. Kennzeichnend für den Diskussionsverlauf ist dabei die Forderung nach der kontinuierlichen Erweiterung der fachlichen Kompetenzen der Erzieherinnen (vgl. Beher 2004, 189).

 

Seit des ,PISA-Schocks' wird die Bedeutung der frühen Kindheit und der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten hervorgehoben. Die PISA-Studie zeigte neben der schlechten Gesamtplatzierung von Deutschland, dass in keinem anderen Industriestaat der Bildungserfolg der Schüler/innen so stark von der sozialen Herkunft der Eltern abhängt wie in Deutschland. Daher fordert man eine frühe Bildung, um diesen Zusammenhang aufzubrechen (vgl. Rauschenbach 2004, 111 ff.). Die Bildungsdebatte wurde ferner von den neurobiologischen Befunden beeinflusst, die auf sensible Phasen in der frühen Kindheit hinweisen, welche im Hinblick auf die Bildung verstärkt genutzt werden sollen. Zuletzt ging die Bildungsdiskussion mit der Qualitätsdiskussion einher, in der die Kindergärten im Hinblick auf ihre Qualität genauer untersucht werden. Momentan wird folglich die Bildungsqualität in Kindertageseinrichtungen sowie die Umsetzung neuer Bildungspläne für die Kindertageseinrichtungen diskutiert (vgl. Laewen 2006, 103; Beher 2004, 104; Schuster 2006, 146)[18]. Der aktuellen Bildungsdebatte entsprechend wird das Kind dabei als kompetentes Wesen angesehen, das ab der Geburt beginnt, sich selbst zu bilden. Die Forschung konnte jedoch zeigen, dass Selbstbildung immer in sozialen Bezügen verläuft, denn nur durch den sozialen Austausch erfährt das Kind die Bedeutung der Dinge. Damit gerät wiederum die Professionalität der Fachkraft in den Blick. Ihre Aufgabe ist es, die Bildungsprozesse des Kindes zu unterstützen und dem Kind Situationen zu ermöglichen, in denen es sich selbst bilden kann (vgl. Schäfer 2005, 30ff.; Andres 2002, 350ff.; Laewen 2002, 17; Tietze et al. 20073, 18f.). Als dritte Sozialisationsinstanz für Kinder und Jugendliche und die damit verbundene hohe gesellschaftliche Bedeutung und Erwartung muss sich die Kindertageseinrichtung ferner an die gesellschaftlichen Wandlungsprozesse immer wieder neu anpassen, was einen professionellen Umgang mit neuen Situationen von den Fachkräften erfordert. Somit steht nicht die

 

Institution als solche im Spannungsfeld der hohen Erwartungen, sondern die Fachkräfte, die sich den veränderten Anforderungen stellen müssen. Die Erweiterung des Aufgabenprofils durch die Arbeit mit unterschiedlichen Altersgruppen, die Betonung der Orientierung an den individuellen Bedürfnissen der Kinder, die Flexibilisierung der Gruppen- und Einrichtungsstrukturen (Öffnung der Einrichtungen nach innen und außen), die Forderung nach einer profilierten Elternarbeit und durch die Forderung nach verstärkter Partizipation und Selbstständigkeit der Kinder stellt die Fachkräfte vor neue Herausforderungen (vgl. Beher et al. 1999, 93f.)[19]. Die Vielfalt der unterschiedlichen Lebenslagen verlangt von den Erzieherinnen, die Betreuung, Erziehung und Bildung für sozial, religiös und kulturell heterogene Gruppen zu gewährleisten. Die Kindertagesstätte ist u. a. vor dem Hintergrund der Entstehung von Familien- bzw. Eltern-Kindzentren eine komplexe Einrichtung geworden, die v. a. von der Leitungsposition ein kompetentes Handeln auch auf der Ebene der Planung, Steuerung und Organisation verlangt (vgl. Krieg/Schneider-Vollmann 2005, 156f.). So sollen Erzieherinnen gleichzeitig

 

Vorbilder, Organisatorinnen, Kleinkindexpertinnen, Bildungsfachkräfte, Sozialmangerinnen, Lebensbewältigungshelferinnen, Freizeitpädagoginnen, Fachfrauen, Fachkräfte für integrative Erziehung, Trösterinnen, Ansprechpartnerinnen, Zuhörerinnen, manchmal auch Sorgentelefon, Gesundheitsexpertinnen, pädagogische Wegbegleiterinnen und Netzwerkexpertinnen (Metzinger 2006, 356)